Language of document : ECLI:EU:T:2019:873

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

19. Dezember 2019(*)

„Pflanzenschutzmittel – Wirkstoff 8‑Hydroxychinolin – Antrag auf Änderung der Genehmigungsbedingungen – Verfahren zur harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung – Anspruch auf rechtliches Gehör – Berechtigtes Vertrauen – Offensichtlicher Beurteilungsfehler“

In der Rechtssache T‑67/18,

Probelte, SA, mit Sitz in Murcia (Spanien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Mereu und S. Saez Moreno,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Lewis, G. Koleva und I. Naglis als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2065 der Kommission vom 13. November 2017 zur Bestätigung der Bedingungen für die Genehmigung des in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 aufgeführten Wirkstoffs 8‑Hydroxychinolin und zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2015/408 hinsichtlich der Aufnahme des Wirkstoffs 8‑Hydroxychinolin in die Liste der Substitutionskandidaten (ABl. 2017, L 295, S. 40)

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias (Berichterstatter) sowie der Richterin K. Kowalik-Bańczyk und des Richters R. Frendo,

Kanzler: E. Artemiou, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2019

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

1        Die Klägerin, die Probelte, SA, erzeugt und vertreibt unter Verwendung des Wirkstoffs 8‑Hydroxychinolin entwickelte Pflanzenschutzmittel.

2        Dieser Wirkstoff wurde durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 993/2011 der Kommission vom 6. Oktober 2011 zur Genehmigung des Wirkstoffs 8‑Hydroxychinolin gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Änderung des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission (ABl. 2011, L 263, S. 1) für einen Zeitraum von zehn Jahren genehmigt.

3        Nach Anhang I der Durchführungsverordnung Nr. 993/2011, der die Genehmigungsbedingungen für 8‑Hydroxychinolin vorsieht, dürfen nur Verwendungen als Fungizid und Bakterizid in Gewächshäusern zugelassen werden. Diese Bedingungen finden sich nunmehr in Teil B Zeile 18 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission vom 25. Mai 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Liste zugelassener Wirkstoffe (ABl. 2011, L 153, S. 1).

4        Am 31. Januar 2014 stellte die Klägerin auf der Grundlage von Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. 2009, L 309, S. 1) einen Antrag auf Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin dahin gehend, dass die Beschränkung auf dessen Verwendung in Gewächshäusern aufgehoben werde. Da das Königreich Spanien in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1490/2002 der Kommission vom 14. August 2002 mit weiteren Durchführungsbestimmungen für die dritte Stufe des Arbeitsprogramms gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414/EWG des Rates und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 451/2000 (ABl. 2002, L 224, S. 23) für diesen Wirkstoff als berichterstattender Mitgliedstaat benannt worden war, wurde dieser Antrag bei der zuständigen spanischen Behörde eingereicht.

5        Außerdem legte das Königreich Spanien der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) im September 2014 einen Bericht zu einem Vorschlag für eine harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung von 8‑Hydroxychinolin vor. Der Vorschlag wurde gemäß Art. 37 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. 2008, L 353, S. 1) eingereicht. Nach der Schlussfolgerung in Nr. 4.11.6 dieses Berichts sollte 8‑Hydroxychinolin als reproduktionstoxisch der Kategorie 2 eingestuft werden, d. h. als Stoff, der unter dem Verdacht steht, die menschliche Fortpflanzung zu gefährden.

6        Aus den obigen Ausführungen in den Rn. 4 und 5 ergibt sich, dass zwei Verfahren eingeleitet wurden, von denen eines die Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin dahin gehend, dass die Beschränkung auf dessen Verwendung in Gewächshäusern aufgehoben werde, zum Gegenstand hatte und das andere die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung dieses Wirkstoffs betraf.

 Verfahren zur harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung von 8Hydroxychinolin

7        In einer im Anschluss an die öffentliche Konsultation, in deren Rahmen sich die Klägerin geäußert hat, abgegebenen Stellungnahme vom 5. Juni 2015 sprach sich der Ausschuss für Risikobeurteilung der ECHA u. a. auf der Grundlage einer Studie, in der Missbildungen (Omphalozele) bei Kaninchen festgestellt worden waren, für eine Einstufung von 8‑Hydroxychinolin als reproduktionstoxischer Stoff der Kategorie 1B aus.

8        Am 10. März 2016 beantragte die Klägerin bei der zuständigen spanischen Behörde eine Genehmigung u. a. zur Durchführung neuer Studien zur Entwicklungstoxizität an Kaninchen und zur Ergänzung einer Studie aus dem Jahr 2006. Mit Schreiben vom 14. März 2016 gab die zuständige spanische Behörde diesem Antrag statt. Die Behörde wies in diesem Zusammenhang auf Art. 62 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 hin, wonach Versuche mit Wirbeltieren nur dann durchgeführt werden, wenn keine anderen Methoden verfügbar sind.

9        Am 14. Dezember 2016 bat die Klägerin die ECHA, ihr das Verhältnis zwischen dem Einstufungs- und Kennzeichnungsverfahren und dem Verfahren zur Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin zu erläutern. Außerdem ersuchte die Klägerin die ECHA, ihr das Verfahren darzulegen, mit dem eine erneute Beurteilung durch den Ausschuss für Risikobeurteilung der ECHA im Hinblick auf die neuen Studien herbeigeführt werden könne, die in diesem Stadium noch nicht abgeschlossen waren.

10      Am 9. Januar 2017 teilte die ECHA der Klägerin mit, dass die Europäische Kommission bereits eine noch nicht veröffentlichte Entscheidung über die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung von 8‑Hydroxychinolin getroffen habe und dass die zuständige spanische Behörde daher einen neuen Antrag auf harmonisierte Einstufung gemäß Art. 37 der Verordnung Nr. 1272/2008 stellen müsse, damit die Einstufung des Stoffes als reproduktionstoxischer Stoff der Kategorie 1B vom Ausschuss für Risikobeurteilung der ECHA erneut überprüft werde.

11      Am 20. Januar 2017 beantragte die Klägerin bei der spanischen Behörde, der ECHA die Änderung der harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung von 8‑Hydroxychinolin vorzuschlagen. Am 4. April 2017 forderte diese Behörde die Klägerin auf, ihr mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt die endgültigen Ergebnisse der oben in Rn. 8 genannten Studien verfügbar seien. Am 19. Mai 2017 antwortete die Klägerin, dass das Dossier für den Vorschlag einer neuen Einstufung sowie die fraglichen endgültigen Ergebnisse Ende Mai 2017 verfügbar seien.

12      Am 4. Mai 2017 erließ die Kommission die Verordnung (EU) 2017/776 zur Änderung der Verordnung Nr. 1272/2008 zwecks Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt (ABl. 2017, L 116, S. 1). Gemäß Art. 1 dieser Verordnung wurde Anhang VI der Verordnung Nr. 1272/2008 dahin gehend geändert, dass u. a. 8‑Hydroxychinolin in die Tabelle zur harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung aufgenommen wurde. Aus dieser Eintragung ergibt sich, dass 8‑Hydroxychinolin nunmehr u. a. als reproduktionstoxisch der Kategorie 1B eingestuft wird.

13      Am 31. Mai 2017 übermittelte die Klägerin der Kommission die Unterlagen zu den oben in Rn. 8 angeführten Studien; diese Unterlagen wurden für die Zwecke der Wiedereröffnung des Verfahrens zur harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung am selben Tag an die zuständige spanische Behörde weitergeleitet.

14      Mit Schreiben vom 28. September 2017 legte die zuständige spanische Behörde der Klägerin die Gründe dar, aus denen sie der Ansicht war, dass die sich aus den fraglichen Studien ergebenden Angaben nicht ausreichten, um die geltende Einstufung und Kennzeichnung in Frage zu stellen, und dass sie daher keinen diesbezüglichen neuen Vorschlag rechtfertigten.

 Verfahren zur Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8Hydroxychinolin

15      Auf den oben in Rn. 4 angeführten Antrag der Klägerin auf Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin hin hatte die zuständige spanische Behörde zwischenzeitlich der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 1107/2009 vorgeschlagen, die Bedingungen für die Genehmigung dieses Wirkstoffs dahin gehend zu ändern, dass dessen Verwendung nunmehr im Freien zugelassen werde. Hierzu übermittelte die zuständige spanische Behörde der EFSA am 25. März 2015 ein Addendum zum ursprünglichen Entwurf des Bewertungsberichts, der als Grundlage für die ursprüngliche Genehmigung dieses Wirkstoffs gedient hatte.

16      Die EFSA übermittelte das Addendum den Mitgliedstaaten und der Klägerin und machte es ebenfalls der Öffentlichkeit zugänglich; dabei wurde eine Frist von 60 Tagen für die Übermittlung schriftlicher Stellungnahmen eingeräumt.

17      In einem Dokument vom 9. Juni 2015 nahm die Klägerin zum Addendum zum Entwurf des Bewertungsberichts Stellung.

18      Am 4. September 2015 ersuchte die EFSA die Klägerin gemäß Art. 12 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1107/2009 um zusätzliche Informationen, die innerhalb von 90 Tagen zu erteilen waren. Die Klägerin kam diesem Ersuchen mit Schreiben vom 3. Dezember 2015 nach.

19      Am 2. Mai 2016 übermittelte die EFSA der Klägerin ihre Schlussfolgerungen zum Antrag auf Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin und forderte sie auf, etwaige vertrauliche Informationen anzugeben, die nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden dürften. Am 24. Juni 2016 nahm die Klägerin zu diesen Schlussfolgerungen Stellung. In ihren Schlussfolgerungen nimmt die EFSA Bezug auf die Beurteilung des Ausschusses für Risikobeurteilung der ECHA, wonach 8‑Hydroxychinolin als reproduktionstoxischer Stoff der Kategorie 1B einzustufen sei (vgl. oben, Rn. 7). Die EFSA fügte hinzu, dass 8‑Hydroxychinolin zudem endokrinschädliche Eigenschaften im Sinne von Nr. 3.6.5 des Anhangs II der Verordnung Nr. 1107/2009 besitze.

20      Gemäß Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 erstellte die Kommission ein Addendum zu dem in dieser Bestimmung vorgesehenen Überprüfungsbericht. Aus diesem Addendum ergibt sich, dass nach Auffassung der Kommission die Sicherheitsanforderungen für eine Verwendung von 8‑Hydroxychinolin im Freien aufgrund der beiden oben in Rn. 19 genannten Merkmale dieses Wirkstoffs nicht erfüllt sind. Mit E‑Mail vom 13. Dezember 2016 forderte die Kommission die Klägerin auf, sich bis zum 20. Januar 2017 zu diesem Addendum zu äußern.

21      Am 20. Januar 2017 widersprach die Klägerin den Schlussfolgerungen der Kommission und beantragte, alle Entscheidungen bis zum Vorliegen der Ergebnisse der oben in den Rn. 8 und 11 angeführten neuen Studien zurückzustellen.

22      Wie oben in Rn. 13 ausgeführt, übermittelte die Klägerin der Kommission am 31. Mai 2017 die Unterlagen zu den fraglichen Studien, wobei diese Unterlagen am selben Tag für die Zwecke der Wiedereröffnung des Verfahrens zur harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung an die zuständige spanische Behörde weitergeleitet wurden.

23      Am 2. Juni 2017 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie diese Informationen den Mitgliedstaaten im Rahmen der nächsten Sitzung des aus den Vertretern der Mitgliedstaaten zusammengesetzten Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (im Folgenden: Ständiger Ausschuss) übermitteln werde.

24      Im Hinblick auf die Entscheidung über den Antrag auf Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin unterbreitete die Kommission dem Ständigen Ausschuss das oben in Rn. 20 angeführte Addendum sowie einen Entwurf einer Durchführungsverordnung zur Diskussion und zur Abstimmung in den Sitzungen vom 19. und 20. Juli 2017. Der Ständige Ausschuss beschloss, die Abstimmung zu verschieben.

25      Die Kommission unterbreitete dem Ständigen Ausschuss erneut das oben in Rn. 20 angeführte Addendum sowie den in der vorstehenden Rn. 24 genannten Entwurf einer Durchführungsverordnung zur Diskussion und Abstimmung in der Sitzung vom 6. Oktober 2017.

26      Am 13. November 2017 erließ die Kommission die Durchführungsverordnung (EU) 2017/2065 zur Bestätigung der Bedingungen für die Genehmigung des in der Durchführungsverordnung Nr. 540/2011 aufgeführten Wirkstoffs 8‑Hydroxychinolin und zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2015/408 hinsichtlich der Aufnahme des Wirkstoffs 8‑Hydroxychinolin in die Liste der Substitutionskandidaten (ABl. 2017, L 295, S. 40, im Folgenden: angefochtene Durchführungsverordnung).

27      Im sechsten Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung führt die Kommission aus, dass 8‑Hydroxychinolin gemäß der Stellungnahme des Ausschusses für Risikobeurteilung der ECHA zu dem Vorschlag für eine harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung als reproduktionstoxischer Stoff der Kategorie 1B eingestuft werden sollte (vgl. oben, Rn. 5 bis 7). Ferner nimmt der siebte Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung auf die Schlussfolgerung der EFSA Bezug, wonach gewisse toxische Wirkungsweisen auf endokrine Organe beobachtet worden seien (vgl. oben, Rn. 19).

28      In den Erwägungsgründen 8 und 9 der angefochtenen Durchführungsverordnung bezieht sich die Kommission auf das Addendum zum Überprüfungsbericht und auf den Entwurf der Durchführungsverordnung, die in der Sitzung des Ständigen Ausschusses vom 6. Oktober 2017 geprüft wurden. Sie fügt hinzu, dass die Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten habe (vgl. oben, Rn. 20, 21, 24 und 25) und dass diese Stellungnahme eingehend geprüft worden sei. Dem neunten Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung zufolge konnten die oben in Rn. 27 angeführten Bedenken durch diese Stellungnahme jedoch nicht ausgeräumt werden.

29      In diesem Zusammenhang kam die Kommission erstens zu dem Schluss, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass 8‑Hydroxychinolin enthaltende Pflanzenschutzmittel generell die Anforderungen gemäß Art. 4 der Verordnung Nr. 1107/2009 erfüllten, es sei denn, die derzeit für diesen Stoff geltenden Beschränkungen würden aufrechterhalten (zehnter Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung).

30      Zweitens war die Kommission der Auffassung, dass die Bewertung des Antrags auf Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin nicht als eine Überprüfung der Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin im Sinne von Art. 21 der Verordnung Nr. 1107/2009 betrachtet werden könne (vgl. unten, Rn. 119), so dass die in der Verordnung Nr. 540/2011 festgelegten Bedingungen für die Genehmigung dieses Wirkstoffs unverändert beizubehalten und zu bestätigen seien (elfter Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung).

31      Drittens führte die Kommission aus, dass 8‑Hydroxychinolin als reproduktionstoxischer Stoff der Kategorie 1B und Stoff mit endokriner Wirkung die in Nr. 4 sechster und siebter Gedankenstriche des Anhangs II der Verordnung Nr. 1107/2009 vorgesehenen Voraussetzungen erfülle. Dieser Wirkstoff solle daher in den Anhang der Durchführungsverordnung (EU) 2015/408 der Kommission vom 11. März 2015 zur Durchführung des Artikels 80 Absatz 7 der Verordnung Nr. 1107/2009 (ABl. 2015, L 67, S. 18) aufgenommen werden (zwölfter Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung).

32      Art. 1 der angefochtenen Durchführungsverordnung bestimmt, dass die in Teil B Zeile 18 des Anhangs der Durchführungsverordnung Nr. 540/2011 festgelegten Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin bestätigt werden.

33      Nach Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung wird 8‑Hydroxychinolin als Substitutionskandidat in den Anhang der Durchführungsverordnung 2015/408 aufgenommen.

 Verfahren und Anträge der Parteien

34      Mit Klageschrift, die am 5. Februar 2018 in der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

35      Am 24. April 2018 hat die Kommission die Klagebeantwortung eingereicht.

36      Die Erwiderung und die Gegenerwiderung sind am 30. Juli bzw. 17. September 2018 eingereicht worden.

37      Mit Schreiben vom 17. September 2018 sind die Parteien über den Abschluss des schriftlichen Verfahrens und über die für sie bestehende Möglichkeit informiert worden, unter den in Art. 106 der Verfahrensordnung des Gerichts vorgesehenen Bedingungen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beantragen. Mit Schreiben vom 26. September 2018 hat die Klägerin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

38      Am 27. Mai 2019 hat das Gericht im Wege einer prozessleitenden Maßnahme eine Frage zur mündlichen Beantwortung in der mündlichen Verhandlung gestellt und die Kommission aufgefordert, anzugeben, ob die Klägerin dem Ersuchen der EFSA vom 4. September 2015 (vgl. oben, Rn. 18) nachgekommen ist. Die Kommission hat diese Frage mit Schreiben vom 7. Juni 2019 beantwortet.

39      Die mündliche Verhandlung hat am 21. Juni 2019 stattgefunden. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission die Zulässigkeit des dritten Klagegrundes in Abrede gestellt (vgl. unten, Rn. 44).

40      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Durchführungsverordnung für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

41      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

42      Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Klagegründe, nämlich erstens einen Verstoß gegen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör und gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, zweitens einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und drittens einen Verstoß gegen Anhang II Nr. 4 der Verordnung Nr. 1107/2009.

43      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die ersten beiden Klagegründe sowohl Art. 1 der angefochtenen Durchführungsverordnung, durch den die Kommission die Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin bestätigt und demzufolge den Antrag der Klägerin auf Änderung dieser Bedingungen abgelehnt hat, als auch Art. 2 dieser Verordnung betrifft, durch den die Kommission 8‑Hydroxychinolin als Substitutionskandidat in die Liste im Anhang der Durchführungsverordnung 2015/408 aufgenommen hat. Der dritte Klagegrund betrifft ausschließlich Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung.

44      In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission unter dem Gesichtspunkt der Klagebefugnis der Klägerin die Zulässigkeit des dritten Klagegrundes, mit dem die Klägerin die Rechtmäßigkeit von Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung in Abrede stellt, beanstandet. Da die Klägerin die Rechtmäßigkeit der letztgenannten Bestimmung jedoch auch mit den ersten beiden Klagegründen in Frage stellt, ist die Zulässigkeit der Klage insgesamt zu prüfen, da diese vom Unionsrichter von Amts wegen geprüft werden kann.

 Zur Zulässigkeit

45      Nach Art. 263 Abs. 4 AEUV kann jede natürliche oder juristische Person unter den in Art. 263 Abs. 1 und 2 AEUV vorgesehenen Bedingungen gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben.

46      Der Begriff „Rechtsakt mit Verordnungscharakter“ im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV ist dahin zu verstehen, dass er mit Ausnahme von Gesetzgebungsakten jede Handlung mit allgemeiner Geltung erfasst (Beschluss vom 6. September 2011, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, T‑18/10, EU:T:2011:419, Rn. 56).

47      Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin nicht Adressatin der angefochtenen Durchführungsverordnung ist. Außerdem stellt diese Verordnung keinen Gesetzgebungsakt im Sinne von Art. 289 AEUV dar, da es sich dabei um einen Durchführungsrechtsakt im Sinne von Art 291 Abs. 4 AEUV handelt.

48      Art. 1 der angefochtenen Durchführungsverordnung legt eine Maßnahme mit allgemeiner Geltung betreffend die Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin fest. Darüber hinaus führt Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung eine Maßnahme mit allgemeiner Geltung betreffend die Aufnahme von 8‑Hydroxychinolin in die Liste der Substitutionskandidaten ein. In Anbetracht der Ausführungen in den obigen Rn. 46 und 47 stellt diese Verordnung einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV dar.

49      Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Klägerin nach Art. 263 Abs. 4 AEUV die Nichtigerklärung der angefochtenen Durchführungsverordnung beantragen kann, wenn sie sowohl von deren Art. 1 als auch von deren Art. 2 unmittelbar betroffen ist (vgl. unten, Rn. 50 bis 60). Im Übrigen hängt die Frage, ob die Anerkennung der Befugnis der Klägerin, auf Nichtigerklärung dieser Bestimmungen zu klagen, erfordert, dass sie von diesen individuell betroffen ist, wiederum davon ab, ob die in Rede stehenden Bestimmungen Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen (vgl. unten, Rn. 61 bis 81).

 Zur unmittelbaren Betroffenheit der Klägerin

50      Die in Art. 263 Abs. 4 AEUV genannte Voraussetzung, dass eine natürliche oder juristische Person von der klagegegenständlichen Entscheidung unmittelbar betroffen sein muss, erfordert, dass zwei Kriterien kumulativ erfüllt sind, nämlich erstens, dass sich die beanstandete Maßnahme unmittelbar auf die Rechtsstellung des Einzelnen auswirkt, und zweitens, dass sie den Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lässt, ihre Umsetzung vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Unionsregelung ohne Anwendung weiterer Durchführungsvorschriften ergibt (vgl. Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

–       Zu Art. 1 der angefochtenen Durchführungsverordnung

51      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission mit Art. 1 der angefochtenen Durchführungsverordnung den Antrag der Klägerin auf Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin nach einer inhaltlichen Prüfung abgelehnt und damit die Bedingungen bestätigt hat, die mit der ursprünglichen Genehmigung dieses Wirkstoffs verbunden waren, die gemäß der Verordnung Nr. 993/2011 erteilt worden war. Diese Ablehnung verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Zulassungen für 8‑Hydroxychinolin enthaltenden Pflanzenschutzmittel erteilt haben, die Verwendung dieser genannten Erzeugnisse weiterhin auf Gewächshäuser zu beschränken, ohne ihnen insoweit einen Ermessensspielraum einzuräumen. Folglich wirkt sich Art. 1 der angefochtenen Durchführungsverordnung unmittelbar auf die Rechtsstellung der Klägerin als Unternehmen, das 8‑Hydroxychinolin sowie Pflanzenschutzmittel, die es enthalten, erzeugt, aus und betrifft sie somit unmittelbar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Mai 2018, BASF Agro u. a./Kommission, T‑584/13, EU:T:2018:279, Rn. 35 und 36).

–       Zu Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung

52      Nach Art. 24 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 wird ein Wirkstoff als Substitutionskandidat genehmigt, wenn er eines oder mehrere der zusätzlichen Kriterien in Anhang II Nr. 4 dieser Verordnung erfüllt. Die Liste der Substitutionskandidaten wird gemäß Art. 24 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1107/2009 erstellt, wonach diese Stoffe in einer Verordnung gesondert aufgeführt werden. Im vorliegenden Fall ist daran zu erinnern, dass 8‑Hydroxychinolin gemäß Art. 2 („Änderung des Anhangs der Durchführungsverordnung … 2015/408“) der angefochtenen Durchführungsverordnung in die Liste der Substitutionskandidaten im Anhang dieser Verordnung aufgenommen worden ist (vgl. oben, Rn. 27 und 31).

53      Was die mit der Aufnahme eines Stoffs in diese Lise verbundenen Rechtswirkungen anbelangt, ist erstens festzustellen, dass gemäß Art. 24 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 die Genehmigung eines Substitutionskandidaten für eine Dauer von höchstens sieben Jahren erneuert werden kann, im Unterschied zur Genehmigung anderer Wirkstoffe, die nach Art. 14 Abs. 2 der Verordnung für einen Zeitraum von höchstens 15 Jahren erneuert werden kann. Somit könnte die Genehmigung für 8‑Hydroxychinolin aufgrund ihrer Aufnahme als Substitutionskandidat in die Liste im Anhang der Durchführungsverordnung 2015/408 nur für eine Dauer von höchstens sieben Jahren erneuert werden und nicht für eine längere Höchstdauer, wie dies der Fall gewesen wäre, wenn dieser Stoff nicht in diese Liste aufgenommen worden wäre (Urteil vom 13. März 2018, European Union Copper Task Force/Kommission, C‑384/16 P, EU:C:2018:176, Rn. 49).

54      Was die Frage anbelangt, ob die angefochtene Durchführungsverordnung den mit ihrer Durchführung betrauten Adressaten einen Ermessensspielraum lässt, ist festzustellen, dass sich die Wirkungen dieser Verordnung, die sich auf die Gültigkeitsdauer der Erneuerung der Genehmigung für 8‑Hydroxychinolin beziehen, gegenüber der Klägerin zwar nur über den etwaigen und auf Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009, auf den deren Art. 24 Abs. 2 verweist, gestützten Erlass einer Verordnung der Kommission entfalten werden, mit der die Genehmigung dieses Stoffs für höchstens sieben Jahre erneuert wird (Urteil vom 13. März 2018, European Union Copper Task Force/Kommission, C‑384/16 P, EU:C:2018:176, Rn. 52).

55      Im Rahmen der Prüfung, ob die Klägerin als Unternehmen, das 8‑Hydroxychinolin sowie Pflanzenschutzmittel, die dieses enthalten, erzeugt, unmittelbar von Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung betroffen ist, kommt es jedoch darauf an, dass die Kommission bei dem Erlass dieser Verordnung in dem Sinne automatisch durch diesen Art. 2 gebunden ist, dass jede etwaige Erneuerung der Genehmigung für 8‑Hydroxychinolin gemäß Art. 24 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 nicht über sieben Jahre hinausgehen kann.

56      Zweitens bewirkt Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung, dass 8‑Hydroxychinolin enthaltende Pflanzenschutzmittel dem Verfahren der vergleichenden Bewertung unterliegen, das in Art. 50 der Verordnung Nr. 1107/2009 vorgesehen und bei der Prüfung jedes Antrags auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels durchzuführen ist, das einen Wirkstoff enthält, der als Substitutionskandidat zugelassen ist. Im Rahmen dieser Bewertung werden die von dem betreffenden Pflanzenschutzmittel ausgehenden Risiken für die Gesundheit oder die Umwelt mit derartigen Risiken eines alternativen Mittels oder einer nicht chemischen Methode der Schädlingsprävention oder ‑bekämpfung verglichen.

57      Zwar ist die Durchführung dieser vergleichenden Bewertung Sache der Mitgliedstaaten (Urteil vom 13. März 2018, European Union Copper Task Force/Kommission, C‑384/16 P, EU:C:2018:176, Rn. 56). Im Rahmen der Prüfung, ob die Klägerin unmittelbar von Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung betroffen ist, kommt es jedoch darauf an, dass die Mitgliedstaaten, wie sich aus Art. 50 der Verordnung Nr. 1107/2009 ergibt, vorbehaltlich der in Art. 50 Abs. 3 dieser Verordnung vorgesehenen strengen Bedingungen automatisch verpflichtet sind, diese vergleichende Bewertung bei der Prüfung jedes Antrags auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels durchzuführen, das einen Wirkstoff enthält, der als Substitutionskandidat zugelassen ist, ohne diesbezüglich über einen Ermessensspielraum zu verfügen. Diese Verpflichtung, die nach Art. 3 der angefochtenen Durchführungsverordnung für ab dem 4. April 2018 eingereichte Zulassungsanträge besteht, wirkt sich unmittelbar auf die rechtliche Regelung aus, die für Anträge auf Zulassung von 8‑Hydroxychinolin enthaltenden Pflanzenschutzmitteln anwendbar ist.

58      Was drittens die Vorschriften über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigungen für das Inverkehrbringen von Substitutionskandidaten enthaltenden Pflanzenschutzmitteln zwischen den Mitgliedstaaten anbelangt, sieht Art. 41 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1107/2009 vor, dass ein Mitgliedstaat, dem im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung ein Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen von einen Substitutionskandidaten enthaltenden Pflanzenschutzmitteln vorgelegt wird, diese Pflanzenschutzmittel zulassen kann. Dagegen ist der Mitgliedstaat – außer in den übrigen Fällen von Art. 41 Abs. 2 und unbeschadet der Anwendung von Art. 36 Abs. 3 der Verordnung – nach deren Art. 41 Abs. 1 unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen verpflichtet, eine solche Zulassung zu erteilen (Urteil vom 13. März 2018, European Union Copper Task Force/Kommission, C‑384/16 P, EU:C:2018:176, Rn. 60).

59      Worauf es jedoch im Rahmen der Prüfung, ob die Klägerin unmittelbar durch Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung betroffen ist, ankommt, ist, dass die Aufnahme eines Wirkstoffs in die Liste der Substitutionskandidaten die rechtliche Regelung zur gegenseitigen Anerkennung der Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln im oben in Rn. 58 dargelegten Sinne automatisch ändert.

60      Daraus folgt, dass die Klägerin als Unternehmen, das 8‑Hydroxychinolin sowie Pflanzenschutzmittel, die es enthalten, erzeugt, von Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV unmittelbar betroffen ist.

 Zur individuellen Betroffenheit der Klägerin

–       Zu Art. 1 der angefochtenen Durchführungsverordnung

61      Da sich Art. 1 der angefochtenen Durchführungsverordnung nach einer inhaltlichen Prüfung des von der Klägerin eingereichten Antrags darauf beschränkt, die Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin zu bestätigen und diesen Antrag somit abzulehnen, zieht er keine Durchführungsmaßnahmen im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV nach sich. Daraus folgt, dass gemäß Art 263 AEUV die unmittelbare Betroffenheit der Klägerin ausreicht, um ihr die Befugnis zu verleihen, auf Nichtigerklärung von Art. 1 der angefochtenen Durchführungsverordnung zu klagen, ohne dass hierfür eine individuelle Betroffenheit erforderlich wäre.

62      Jedenfalls ist die Klägerin von Art. 1 der angefochtenen Durchführungsverordnung individuell im Sinne von Art. 263 AEUV betroffen.

63      Nach ständiger Rechtsprechung kann nämlich eine Person, die nicht Adressat einer Entscheidung ist, nur dann geltend machen, im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV individuell betroffen zu sein, wenn die Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie daher in ähnlicher Weise individualisiert, wie es der Adressat einer solchen Entscheidung wäre (vgl. Urteil vom 13. März 2018, European Union Copper Task Force/Kommission, C‑384/16 P, EU:C:2018:176, Rn. 93 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64      Derjenige, der einen Antrag auf Genehmigung eines Wirkstoffs oder auf Änderung der Bedingungen für dessen Genehmigung gestellt hat, der das Dossier eingereicht hat und wie die Klägerin am Bewertungsverfahren beteiligt gewesen ist, wird jedoch durch einen Rechtsakt, durch den der in Rede stehende Antrag abgelehnt wird, wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften und besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt; damit ist er im oben in Rn. 63 dargelegten Sinne individualisiert (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Mai 2018, BASF Agro u. a./Kommission, T‑584/13, EU:T:2018:279, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

–       Zu Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung

65      Es ist bereits entschieden worden, dass gemäß Art. 24 Abs. 1, Art. 41 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b sowie Art. 50 der Verordnung Nr. 1107/2009 eine Verordnung, durch die ein Wirkstoff in die Liste der Substitutionskandidaten aufgenommen wird, Durchführungsmaßnahmen in Form von Rechtsakten nach sich zieht, die von der Kommission oder den Mitgliedstaaten zur Durchführung der für den fraglichen Stoff geltenden Sonderbestimmungen und somit zur Verwirklichung der Rechtswirkungen dieser Eintragung gegenüber der klageführenden Partei erlassen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2018, European Union Copper Task Force/Kommission, C‑384/16 P, EU:C:2018:176, Rn. 47 bis 62 und 66).

66      Daraus folgt, dass die Klägerin von Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung in dem oben in Rn. 63 dargelegten Sinne individuell betroffen sein muss, um dessen Rechtmäßigkeit in Frage stellen zu können.

67      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass eine Person im Verfahren zum Erlass einer Unionshandlung tätig wird, geeignet ist, diese Person hinsichtlich der fraglichen Handlung zu individualisieren, wenn in der einschlägigen Regelung Verfahrensgarantien für sie vorgesehen sind. Wenn eine Vorschrift des Unionsrechts für den Erlass einer Entscheidung die Anwendung eines Verfahrens vorschreibt, in dessen Rahmen eine natürliche oder juristische Person möglicherweise Rechte wie das Anhörungsrecht geltend machen kann, hat die besondere Rechtsstellung, die dieser Person zusteht, somit deren Individualisierung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV zur Folge (Beschluss vom 17. Februar 2009, Galileo Lebensmittel/Kommission, C‑483/07 P, EU:C:2009:95, Rn. 53, Urteil vom 2. März 2010, Arcelor/Parlament und Rat, T‑16/04, EU:T:2010:54, Rn. 119, und Beschluss vom 7. September 2010, Etimine und Etiproducts/Kommission, T‑539/08, EU:T:2010:354, Rn. 109).

68      Genau dies trifft hier zu.

69      Insbesondere ergibt sich aus Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009, dass das Verfahren zur Genehmigung eines Wirkstoffs auch für die Anträge auf Änderung der Genehmigungsbedingungen für diesen Wirkstoff anwendbar ist. Wie oben in Rn. 4 ausgeführt, wurde das Verfahren, das zum Erlass der angefochtenen Durchführungsverordnung geführt hat, auf einen von der Klägerin gemäß Art. 7 der Verordnung Nr. 1107/2009 gestellten Antrag auf Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin hin eingeleitet. Im Übrigen ergibt sich aus Art. 24 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1107/2009, dass die Art. 4 bis 21 dieser Verordnung bei der Prüfung der Frage, ob ein Wirkstoff in die Liste der Substitutionskandidaten aufzunehmen ist, anwendbar sind. Daraus folgt, dass diese Prüfung im Rahmen eines Antrags auf ursprüngliche Genehmigung oder, wie im vorliegenden Fall, eines Antrags auf Änderung der Bedingungen für die Genehmigung eines Wirkstoffs (Art. 7 bis 13 der Verordnung Nr. 1107/2009), aber auch im Rahmen eines Verfahrens zur Erneuerung oder aber der Überprüfung der Genehmigung eines solchen Wirkstoffs (Art. 14 bis 21 der Verordnung Nr. 1107/2009) durchgeführt werden kann.

70      Demzufolge kommt Art. 24 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 für die Zwecke der Aufnahme von 8‑Hydroxychinolin in die Liste der Substitutionskandidaten zur Anwendung. Wie unten in den Rn. 94, 95, 97 und 99 näher erläutert werden wird, legen Art. 12 Abs. 1 und 2 sowie Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009, die nach Art. 24 Abs. 2 Satz 1 dieser Verordnung für die Zwecke der Aufnahme eines Wirkstoffs in die Liste der Substitutionskandidaten nach Durchführung eines Verfahrens Anwendung finden, das auf einen Antrag auf Änderung der Bedingungen für die Genehmigung des in Rede stehenden Stoffs hin eingeleitet wurde, spezifische Verfahrensrechte zugunsten des Antragstellers fest.

71      Wie sich im Übrigen aus den nachstehenden Rn. 96, 100 und 101 ergibt, sind diese Rechte tatsächlich nicht nur im Hinblick auf die Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin, sondern auch in Übereinstimmung mit Art. 24 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 im Hinblick auf die Aufnahme dieses Wirkstoffs in die Liste der Substitutionskandidaten vollständig beachtet worden. Insbesondere geht aus den Anlagen A 12 bis A 15 zur Klageschrift (S. 534, 552, 558, 601 und 604 des Dossiers) hervor, dass die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Antragstellerin eigens ersucht wurde, sowohl zu den Gesichtspunkten betreffend die Reproduktionstoxizität der Kategorie 1B als auch zu denen betreffend die endokrinschädlichen Eigenschaften von 8‑Hydroxychinolin, d. h. zu den beiden Gründen, die Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung zugrunde liegen (vgl. oben, Rn. 27 und 31), Stellung zu nehmen. Darüber hinaus wurde die Klägerin aufgefordert, etwaige vertrauliche Informationen anzugeben, die nicht der Öffentlichkeit offengelegt werden dürften.

72      In diesem Zusammenhang wird die Klägerin in den Erwägungsgründen 2 und 9 der angefochtenen Durchführungsverordnung explizit als antragstellendes Unternehmen erwähnt, das das Verfahren zur Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin eingeleitet hat und in dieser Eigenschaft eigens aufgefordert wurde, zu dem Addendum zu dem diesen Wirkstoff betreffenden Überprüfungsbericht Stellung zu nehmen.

73      Daraus folgt, dass die Klägerin von Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung individuell betroffen ist.

74      Diese Schlussfolgerung wird durch die Verweise im zweiten Bezugsvermerk und im zwölften Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung auf Art. 80 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1107/2009 nicht in Frage gestellt.

75      Nach der letztgenannten Bestimmung „[erstellt d]ie Kommission … bis zum 14. Dezember 2013 eine Liste der in Anhang I der Richtlinie [91/414] aufgeführten Wirkstoffe, die die Kriterien von Anhang II Nummer 4 der vorliegenden Verordnung erfüllen und für die Artikel 50 der vorliegenden Verordnung gilt“. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung geht hervor, dass die Kommission durch sie damit betraut wurde, die bereits in die Liste von Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. 1991, L 230, S. 1) aufgenommenen Wirkstoffe zu prüfen, um festzustellen, welche von ihnen die in Anhang II Nr. 4 der Verordnung Nr. 1107/2009 genannten Kriterien erfüllten und daher in die Liste der Substitutionskandidaten aufgenommen werden sollten.

76      Dieses Verfahren führte zum Erlass der Durchführungsverordnung 2015/408, die im Anhang die Liste der Substitutionskandidaten enthält. Hierzu ist festzustellen, dass 8‑Hydroxychinolin nicht in die Liste der Substitutionskandidaten im Anhang der ursprünglichen Fassung der Durchführungsverordnung 2015/408 aufgenommen worden war. Wie die Klägerin hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, ohne dass ihr in diesem Punkt von der Kommission widersprochen worden wäre, war 8‑Hydroxychinolin in dem Verfahren, das zum Erlass der Durchführungsverordnung 2015/408 geführt hatte, von der Kommission geprüft worden und auf der Grundlage der seinerzeit verfügbaren Informationen nicht als den Kriterien von Anhang II Nr. 4 der Verordnung Nr. 1107/2009 entsprechend angesehen worden.

77      Erst im Rahmen des von der Klägerin nach Art. 7 der Verordnung Nr. 1107/2009 eingeleiteten Verfahrens zur Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin wurde dieser Wirkstoff gemäß Art. 24 dieser Verordnung und auf der Grundlage von jüngeren Informationen als denjenigen, die bei der Prüfung dieses Stoffs im Rahmen des Erlasses der Durchführungsverordnung 2015/408 berücksichtigt worden waren (vgl. oben, Rn. 7, 19 und 69 bis 72), in die Liste der Substitutionskandidaten aufgenommen.

78      Zwar räumte Art. 80 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1107/2009, aufgrund dessen die Durchführungsverordnung 2015/408 in ihrer ursprünglichen Fassung erlassen wurde, den Unternehmen, die die Genehmigung der Wirkstoffe beantragt hatten, die die Kommission gemäß dieser Bestimmung für die Zwecke einer etwaigen Aufnahme in die Liste der Substitutionskandidaten zu bewerten hatte, keine Rechte ein (Urteil vom 13. März 2018, European Union Copper Task Force/Kommission, C‑384/16 P, EU:C:2018:176‚ Rn. 88 und 89, sowie Beschluss vom 27. April 2016, European Union Copper Task Force/Kommission, T‑310/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:265‚ Rn. 22). Jedoch gewährt der im vorliegenden Fall anwendbare Art. 24 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1107/2009 (vgl. oben, Rn. 70) der Klägerin Verfahrensrechte, die sie im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV individualisieren können. Daraus folgt, dass das Urteil vom 13. März 2018, European Union Copper Task Force/Kommission (C‑384/16 P, EU:C:2018:176, Rn. 87 bis 104), in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass die Wirtschaftsteilnehmer, die die Genehmigung der in der Liste im Anhang der ursprünglichen Fassung der Durchführungsverordnung 2015/408 aufgeführten Stoffe beantragt hatten, von dieser Verordnung nicht individuell betroffen waren, die oben in Rn. 73 dargelegte Schlussfolgerung nicht in Frage stellt.

79      In diesem Zusammenhang ist die Erwähnung von Art. 80 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1107/2009 im zweiten Bezugsvermerk und im zwölften Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung so zu verstehen, dass damit die Gründe dargelegt werden, aus denen die Kommission eine einheitliche, der Durchführungsverordnung 2015/408 als Anhang beigefügte Liste der Substitutionskandidaten erstellt hat. Wie in diesem zwölften Erwägungsgrund ausgeführt wird, enthält diese Liste sowohl in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgeführte als auch auf der Grundlage der Übergangsbestimmungen des Art. 80 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 genehmigte Wirkstoffe. Außerdem sollen in diese Liste alle Wirkstoffe dieser beiden Kategorien aufgenommen werden, für die festgestellt wurde, dass sie die in Anhang II Nr. 4 dieser Verordnung genannten Kriterien erfüllen, unabhängig davon, ob diese Feststellung im Rahmen des in Art. 80 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1107/2009 vorgesehenen Verfahrens oder im Laufe eines späteren Verfahrens zur Genehmigung, Änderung der Genehmigungsbedingungen, Erneuerung oder Überprüfung der Genehmigung dieser Wirkstoffe getroffen wurde. Wie sich nämlich aus Art. 1 Abs. 2 der Durchführungsverordnung 2015/408 ergibt, hat die Kommission alle Wirkstoffe der beiden vorgenannten Kategorien in einer einzigen Liste mit Substitutionskandidaten zusammenzufassen.

80      Im Übrigen ist Art. 24 der Verordnung Nr. 1107/2009 die geeignete Rechtsgrundlage für die Aufnahme eines Wirkstoffs wie 8‑Hydroxychinolin in die Liste der Substitutionskandidaten. Daraus folgt, dass für den Erlass von Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung das in den Art. 7 bis 13 der Verordnung Nr. 1107/2009 beschriebene Verfahren auch nach deren Art. 24 Abs. 2 anwendbar war. Unter diesen Umständen kann der Verweis in der Durchführungsverordnung auf Art. 80 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1107/2009 nicht dazu führen, dass der Klägerin die ihr gemäß Art. 24 Abs. 2 dieser Verordnung zustehenden Verfahrensrechte genommen werden; diese Verfahrensrechte sind im vorliegenden Fall im Übrigen gewahrt worden (vgl. unten, Rn. 96, 100 und 101).

81      Aus den oben in den Rn. 45 bis 79 dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Klägerin befugt ist, auf die Nichtigerklärung sowohl von Art. 1 als auch von Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung zu klagen.

 Zur Begründetheit

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör und gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

82      Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe, indem sie die oben in Rn. 13 genannten Studien nicht geprüft und ihr nicht ermöglicht habe, ihren Standpunkt zur Geltung zu bringen oder an einem Meinungsaustausch zu diesen Studien teilzunehmen, gegen ihren Anspruch verstoßen, sowohl im Rahmen des durch die Entscheidung der zuständigen spanischen Behörde abgeschlossenen Verfahrens zur harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung als auch im Rahmen des Verfahrens zur Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin gehört zu werden. Zum einen seien diese Studien gemäß der Verordnung Nr. 1107/2009 mit Zustimmung der zuständigen Behörde des berichterstattenden Mitgliedstaats unterbreitet worden, und zum anderen habe das Verfahren zur harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung, in dessen Rahmen sie erstellt worden seien, das Ergebnis des Verfahrens zur Änderung der Bedingungen für die Genehmigung dieses Wirkstoffs unmittelbar beeinflusst.

83      Somit sei die Übermittlung der in Rede stehenden Studien am 31. Mai 2017 entgegen dem Vorbringen der Kommission zu einem Zeitpunkt erfolgt, der es diesem Organ ermöglicht habe, die darin enthaltenen Gesichtspunkte, die bestimmte von der EFSA in ihren Schlussfolgerungen gemäß der Verordnung Nr. 1107/2009 (vgl. oben, Rn. 19) aufgezeigte wesentliche wissenschaftliche Punkte betroffen hätten, zu bewerten, wie dies im Rahmen ähnlicher Verfahren geschehen sei.

84      Diese Umstände zeigten, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes vorliege, da die Klägerin aufgrund des Verhaltens sowohl der zuständigen spanischen Behörde als auch der Kommission darauf habe vertrauen dürfen, dass sie sich der Relevanz der in Rede stehenden Studien für die beiden anhängigen Verfahren bewusst gewesen seien und die diese Studien betreffenden Gesichtspunkte im Ständigen Ausschuss geprüft würden. Die Kommission habe im Übrigen ausdrücklich erklärt, dass dies der Fall sein werde.

85      Es ist daran zu erinnern, dass sich im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Verfahren zur Änderung der harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung von 8‑Hydroxychinolin (vgl. oben, Rn. 11 bis 14) und dem Verfahren zur Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin (vgl. oben, Rn. 15 bis 25) stellt. Wie in diesen Randnummern ausgeführt, wurde für 8‑Hydroxychinolin, einen durch die Durchführungsverordnung Nr. 993/2011 genehmigten Wirkstoff, im Übrigen im Rahmen der Verordnung Nr. 1272/2008 ein Verfahren zur harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung durchgeführt, das zum Erlass der Verordnung 2017/776, durch die 8‑Hydroxychinolin u. a. als reproduktionstoxisch der Kategorie 1B eingestuft wurde, geführt hat (vgl. oben, Rn. 12). Am 20. Januar 2017 beantragte die Klägerin bei der spanischen Behörde, der ECHA die Änderung der harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung von 8‑Hydroxychinolin vorzuschlagen, wobei sie mitteilte, dass die oben in Rn. 13 genannten Studien ausgearbeitet würden. Dieses Verfahren wurde durch das Schreiben der zuständigen spanischen Behörde vom 28. September 2017 abgeschlossen, in dem die Behörde der Klägerin die Gründe erläuterte, aus denen sie der Ansicht war, dass die sich aus den fraglichen Studien ergebenden Angaben nicht ausreichten, um die geltende Einstufung und Kennzeichnung in Frage zu stellen, und dass sie daher keinen diesbezüglichen neuen Vorschlag rechtfertigten (vgl. oben, Rn. 14). Mit dem vorliegenden Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Kommission habe dadurch, dass sie diese Studien im Rahmen des Verfahrens zur Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin nicht berücksichtigt habe, gegen den klägerischen Anspruch auf rechtliches Gehör und gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen.

86      Nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte der Europäischen Union umfasst das Recht auf eine gute Verwaltung das Recht einer jeden Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird. Der Anspruch darauf, in allen gegen eine Person eröffneten Verfahren, die zu einer beschwerenden Maßnahme führen könnten, gehört zu werden, ist nämlich ein elementarer Rechtsgrundsatz des Unionsrechts, der auch dann zu beachten ist, wenn eine Regelung für das betreffende Verfahren fehlt. Dieser Grundsatz gebietet es, dass die Adressaten von Entscheidungen, die deren Interessen spürbar beeinträchtigen, in die Lage versetzt werden, ihren Standpunkt zu den Gesichtspunkten in sachdienlicher Weise vorzutragen, die zu ihren Lasten festgestellt worden sind, um den fraglichen Rechtsakt zu stützen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. September 2000, Mediocurso/Kommission, C‑462/98 P, EU:C:2000:480, Rn. 36 und 43, sowie vom 1. Oktober 2009, Foshan Shunde Yongjian Housewares und Hardware/Rat, C‑141/08 P, EU:C:2009:598, Rn. 83).

87      Bei Rechtsakten mit allgemeiner Geltung hingegen verlangen nach den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, wie dem Anspruch auf Anhörung, Konsultierung und Information, weder der Prozess ihrer Ausarbeitung noch diese Rechtsakte selbst die Beteiligung der betroffenen Personen. Anders verhält es sich dann, wenn eine ausdrückliche Bestimmung des Rechtsrahmens, der den Erlass dieses Rechtsakts regelt, einer betroffenen Person ein solches Verfahrensrecht verleiht (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse vom 30. September 1997, Federolio/Kommission, T‑122/96, EU:T:1997:142, Rn. 75, und vom 11. September 2007, Honig-Verband/Kommission, T‑35/06, EU:T:2007:250, Rn. 45, sowie Urteil vom 15. September 2016, TAO‑AFI und SFIE‑PE/Parlament und Rat, T‑456/14, EU:T:2016:493, Rn. 69).

88      Wie oben in Rn. 48 ausgeführt, legt die angefochtene Durchführungsverordnung Maßnahmen mit allgemeiner Geltung zum einen betreffend die Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin und zum anderen hinsichtlich der Aufnahme dieses Wirkstoffs in die Liste der Substitutionskandidaten fest.

89      In diesem Zusammenhang sind die Verfahrensrechte, über die die Klägerin im Rahmen des Verfahrens zur Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin verfügt, die in der Verordnung Nr. 1107/2009 ausdrücklich vorgesehenen Rechte. Entsprechend handelt es sich bei den Verfahrensrechten, die der Klägerin im Rahmen des Verfahrens zur Einstufung und Kennzeichnung dieses Wirkstoffs zustehen, um diejenigen, die die Verordnung Nr. 1272/2008 ausdrücklich vorsieht.

90      In diesen Verordnungen werden zwei unterschiedliche Bereiche geregelt. Insbesondere legt die Verordnung Nr. 1272/2008 die materiell-rechtlichen Regeln und die Verfahren zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen fest. Dagegen legt die Verordnung Nr. 1107/2009 die materiell-rechtlichen Regeln und die Verfahren für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln fest.

91      Zwar trifft es zu, dass die sich aus dem Verfahren zur harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung eines Wirkstoffs ergebenden Gesichtspunkte, wie aus Art. 4 Abs. 1 und 7, Art. 24 sowie Anhang II Nrn. 3.6.4 und 4 der Verordnung Nr. 1107/2009 hervorgeht, materiell-rechtliche Auswirkungen auf deren Genehmigung haben können; gleichwohl handelt es sich um zwei unterschiedliche Verfahren, da jedes nach Maßgabe seiner eigenen Regeln ausgestaltet ist. Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die fraglichen Verfahren gleichzeitig ablaufen können. Außerdem hat der Umstand, dass die Kommission zur Gewährleistung der Kohärenz und der Koordinierung für die Vorlage der Bewertungsberichte gemäß der Verordnung Nr. 1107/2009 und für die Vorschläge für eine harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung gemäß der Verordnung Nr. 1272/2008 ein einheitliches Modell entwickelt hat, keinen Einfluss auf die Auslegung und die Anwendung der in diesen beiden Verordnungen festgelegten Verfahrensvorschriften.

92      Was die angebliche Verletzung der Verfahrensrechte der Klägerin im Verfahren zur Änderung der harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung von 8‑Hydroxychinolin (vgl. oben, Rn. 11) anbelangt, die die Klägerin in den Nrn. 75 und 78 der Klageschrift geltend zu machen scheint, ist darauf hinzuweisen, dass dieses Verfahren im vorliegenden Fall durch die der Klägerin mit Schreiben vom 28. September 2017 übermittelte Entscheidung der zuständigen spanischen Behörde abgeschlossen wurde, der ECHA keinen Vorschlag zur Änderung der seinerzeit geltenden harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung zu unterbreiten (vgl. oben, Rn. 14).

93      Folglich hat die Kommission keine dieses Verfahren betreffende Maßnahme erlassen. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Klage auf die Nichtigerklärung der angefochtenen Durchführungsverordnung gerichtet ist, die die Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin betrifft und allein auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1107/2009 erlassen wurde. Die Klage kann daher nicht dahin ausgelegt werden, dass sie sich auf das Verfahren zur Überprüfung der harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung des in Rede stehenden Stoffes bezieht. Demzufolge kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf eine angebliche Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör im Rahmen des Verfahrens zur Änderung der harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung berufen, um die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Durchführungsverordnung in Frage zu stellen.

94      Was den angeblichen Verstoß gegen den Anspruch der Klägerin, im Rahmen des Verfahrens zur Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin gehört zu werden, anbelangt, ist – wie die Kommission ausführt – darauf hinzuweisen, dass sich die diesbezüglichen Verfahrensrechte der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 und 2 sowie Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 ergeben.

95      Gemäß Art. 12 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 leitet die EFSA den ihr vom berichterstattenden Mitgliedstaat übermittelten Entwurf des Bewertungsberichts oder jedes Addendum zu diesem Bericht an den Antragsteller und die anderen Mitgliedstaaten weiter und macht den Entwurf des Bewertungsberichts der Öffentlichkeit zugänglich, nachdem dem Antragsteller die Möglichkeit eingeräumt wurde, die vertrauliche Behandlung bestimmter Teile des Entwurfs zu beantragen. Der Antragsteller sowie andere Wirtschaftsteilnehmer und interessierte Parteien können zu dem Entwurf des Bewertungsberichts Stellung nehmen.

96      Wie oben in Rn. 16 ausgeführt, hat die EFSA der Klägerin das Addendum zum ursprünglichen Entwurf des Bewertungsberichts für 8‑Hydroxychinolin übermittelt, wobei ihr eine Frist von 60 Tagen für die Einreichung schriftlicher Stellungnahmen eingeräumt wurde. Mit Schreiben vom 9. Juni 2015 hat die Klägerin ihre Stellungnahme übermittelt (vgl. oben, Rn. 17).

97      Zudem nimmt die EFSA gemäß Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1107/2009 innerhalb von 120 Tagen nach Ablauf der für die Übermittlung schriftlicher Stellungnahmen vorgesehenen Frist eine Schlussfolgerung dazu an, ob der Wirkstoff voraussichtlich die Genehmigungskriterien des Art. 4 der Verordnung Nr. 1107/2009 erfüllt. Nach derselben Bestimmung übermittelt die EFSA dem Antragsteller ihre Schlussfolgerung, was sie im vorliegenden Fall mit Schreiben vom 2. Mai 2016 getan hat (vgl. oben, Rn. 19).

98      Außerdem hatte die EFSA die Klägerin am 4. September 2015 gemäß Art. 12 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1107/2009 aufgefordert, innerhalb von 90 Tagen zusätzliche Informationen vorzulegen; die Klägerin ist dem mit Schreiben vom 3. Dezember 2015 nachgekommen (vgl. oben, Rn. 18).

99      Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 sieht dagegen für den Antragsteller die Möglichkeit vor, zu dem Überprüfungsbericht Stellung zu nehmen, den die Kommission unter Berücksichtigung des vom berichterstattenden Mitgliedstaat erstellten Entwurfs des Bewertungsberichts und der von der EFSA angenommenen Schlussfolgerung vorlegt.

100    Wie oben in den Rn. 20 und 21 ausgeführt, hat die Kommission die Klägerin aufgefordert, sich zu dem Addendum zum Überprüfungsbericht betreffend den Antrag auf Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin zu äußern, was die Klägerin am 20. Januar 2017 getan hat.

101    Folglich hatte die Klägerin erstens in jedem Abschnitt des aufgrund ihres Antrags auf Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin eingeleiteten Verfahrens im Einklang mit den in den Art. 12 und 13 der Verordnung Nr. 1107/2009 vorgesehenen Fristen Gelegenheit, ihren Standpunkt zur Geltung zu bringen.

102    Was zweitens die oben in Rn. 13 angeführten Studien anbelangt, ist zum einen festzustellen, dass sie nicht im Rahmen des durch die Verordnung Nr. 1107/2009 geregelten Verfahrens zur Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin erstellt wurden, sondern allein im Zusammenhang mit einem Vorschlag zur Änderung der harmonisierten Einstufungs- und Kennzeichnungselemente dieses Stoffs, der dazu bestimmt war, der EFSA gemäß Art. 37 der Verordnung Nr. 1272/2008 durch die zuständige spanische Behörde vorgelegt zu werden.

103    Zum anderen ergibt sich aus den vorstehenden Rn. 22 bis 24, dass der Ständige Ausschuss in seiner Sitzung vom 20. Juli 2017 des ungeachtet die Abstimmung über den Verordnungsvorschlag der Kommission in dieser Angelegenheit verschoben hat.

104    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus den Erwägungsgründen 6 und 10 der angefochtenen Durchführungsverordnung ergibt, der Umstand, dass 8‑Hydroxychinolin als reproduktionstoxisch der Kategorie 1B einzustufen war, den ersten Grund für die Ablehnung darstellt, die Genehmigungsbedingungen für diesen Wirkstoff zu ändern (vgl. oben, Rn. 27 und 29). Nach Anhang II Nr. 3.6.4 der Verordnung Nr. 1107/2009 schließt nämlich der Umstand, dass ein Wirkstoff gemäß der Verordnung Nr. 1272/2008 als reproduktionstoxisch der Kategorie 1B eingestuft ist oder einzustufen ist, dessen Genehmigung grundsätzlich aus. Dies würde rechtfertigen, dass jede Aufhebung der Beschränkungen, die gemäß der Durchführungsverordnung Nr. 993/2011 mit der Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin einhergehen und dessen Verwendung auf Gewächshäuser begrenzen, auszuschließen wäre (vgl. oben, Rn. 3). Da jedoch die von der Klägerin vorgelegten Studien ihres Erachtens die wissenschaftlichen Grundlagen dieser Einstufung in Frage stellten, stand es dem Ständigen Ausschuss frei, bis zur Äußerung der zuständigen spanischen Behörde zum Vorschlag der Klägerin zur Änderung der harmonisierten Einstufungs- und Kennzeichnungselemente, die zwischenzeitlich durch die Verordnung 2017/776 festgelegt worden waren (vgl. oben, Rn. 11 und 12), abzuwarten. Da 8‑Hydroxychinolin gemäß der letztgenannten Verordnung als reproduktionstoxisch der Kategorie 1B eingestuft wurde, konnte diese zeitweilige Aussetzung des streitigen Verfahrens den Interessen der Klägerin nur zugutekommen.

105    Wie sich aus den vorstehenden Rn. 14, 25 und 26 ergibt, sind die Abgabe der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses und der Erlass der angefochtenen Durchführungsverordnung durch die Kommission am 6. Oktober 2017 bzw. am 13. November 2017 erfolgt, d. h. nach dem Schreiben der zuständigen spanischen Behörde vom 28. September 2017, mit dem diese es abgelehnt hatte, das Verfahren zur Änderung der harmonisierten Einstufungs- und Kennzeichnungselemente fortzuführen. Diese Ablehnung hatte zur Folge, dass jedes Verfahren zur Änderung der Verordnung 2017/776, in der die harmonisierten Einstufungs- und Kennzeichnungselemente für 8‑Hydroxychinolin festgelegt werden und die die Kommission im Rahmen des streitigen Verfahrens gemäß Anhang II Nr. 3.6.4 der Verordnung Nr. 1107/2009 für die Zwecke des Verfahrens zur Änderung der Bedingungen für die Genehmigung dieses Wirkstoffs zu berücksichtigen hatte, ausgeschlossen wurde.

106    Drittens bestand zu dem Zeitpunkt, zu dem die oben in Rn. 13 angeführten Studien der Kommission von der Klägerin übermittelt wurden, d. h. am 31. Mai 2017, keine Möglichkeit, gemäß den Art. 12 und 13 der Verordnung Nr. 1107/2009 zusätzliche Elemente vorzulegen oder Stellungnahmen einzureichen. Selbst wenn somit die in Rede stehenden Studien die Schlussfolgerung der EFSA zur toxischen Wirkung von 8‑Hydroxychinolin auf endokrine Organe, wobei es sich nach dem siebten Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung um den zweiten Grund für die Ablehnung, die Genehmigungsbedingungen für diesen Wirkstoff zu ändern, handelte (vgl. oben, Rn. 27 und 29), in Frage gestellt hätten, wäre die Kommission nach der oben in Rn. 87 angeführten Rechtsprechung nicht verpflichtet gewesen, sie in diesem Stadium zu prüfen.

107    Aus den in den vorstehenden Rn. 101 bis 106 dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass das Verfahren zum Erlass der angefochtenen Durchführungsverordnung keine Unregelmäßigkeit aufweist, die einen Verstoß gegen das Recht der Klägerin darstellen könnte, im Hinblick auf die oben in Rn. 13 angeführten und der Kommission am 31. Mai 2017 übermittelten Studien gehört zu werden.

108    Gleiches gilt für das auf einen angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes gestützte Vorbringen.

109    Der Grundsatz des Vertrauensschutzes gehört zu den grundlegenden Prinzipien der Union. Die Berufung auf diesen Grundsatz ist an drei Voraussetzungen gebunden. Erstens muss die Unionsverwaltung dem Betroffenen präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen von zuständiger und zuverlässiger Seite gegeben haben. Zweitens müssen diese Zusicherungen geeignet sein, bei dem Adressaten begründete Erwartungen zu wecken. Drittens müssen die gegebenen Zusicherungen den geltenden Vorschriften entsprechen (vgl. Urteil vom 15. Juli 2015, Socitrel und Companhia Previdente/Kommission, T‑413/10 und T‑414/10, EU:T:2015:500, Rn. 174 und die dort angeführte Rechtsprechung).

110    Zwar hat die Kommission am 2. Juni 2017 erklärt, dass die Mitteilung, dass die oben in Rn. 13 angeführten Studien der zuständigen spanischen Behörde vorgelegt worden seien, an die Mitglieder des Ständigen Ausschusses weitergeleitet werde (vgl. oben, Rn. 23). Diese Erklärung kommt jedoch nicht einer präzisen und nicht an Bedingungen geknüpften Zusicherung in dem Sinne gleich, dass die in Rede stehenden Studien zu den Aspekten gehören würden, die von diesem Ausschuss und der Kommission geprüft würden, so dass diese unabhängig von der Entscheidung der zuständigen spanischen Behörde zu dem Vorschlag zur Änderung der harmonisierten Einstufungs- und Kennzeichnungselemente über den Antrag auf Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin entscheiden würden. Im Übrigen würde eine Auslegung, nach der diese Erklärung eine solche Zusicherung enthalte, der in Nr. 3.6.4 des Anhangs II der Verordnung Nr. 1107/2009 vorgesehenen Verpflichtung der Kommission zuwiderlaufen, die sich aus dem Verfahren, das zum Erlass der Verordnung 2017/776 geführt hat, ergebende harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung zu berücksichtigen. Folglich kann die der Klägerin am 2. Juni 2017 erteilte Antwort der Kommission allenfalls als Absichtsbekundung ausgelegt werden, dass sie prüfen werde, ob es zweckmäßig sei, mit dem Erlass der angefochtenen Durchführungsverordnung bis zur Entscheidung der zuständigen spanischen Behörde über den Vorschlag zur Änderung der harmonisierten Einstufungs- und Kennzeichnungselemente zuzuwarten. Wie sich jedoch aus der vorstehenden Rn. 105 ergibt, haben gleichwohl sowohl der Ständige Ausschuss als auch die Kommission die betreffende Entscheidung der zuständigen spanischen Behörde abgewartet.

111    Darüber hinaus sollte die Bezugnahme der zuständigen spanischen Behörde in ihrem Schreiben vom 14. März 2016 (vgl. oben, Rn. 8) auf Art. 62 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 nur auf die für Versuche mit Wirbeltieren geltenden Aufsichtsvorschriften hinweisen und kann daher keinesfalls so verstanden werden, dass der Klägerin damit präzise Zusicherungen im Sinne der oben in Rn. 109 angeführten Rechtsprechung gegeben worden wären, dass die Kommission ohne Berücksichtigung der durch die Richtlinie 2017/776 festgelegten harmonisierten Einstufungs- und Kennzeichnungselemente und trotz des Umstands, dass die zuständige spanische Behörde den Vorschlag zur Änderung der fraglichen Elemente bereits zurückgewiesen hatte, über den Antrag auf Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin entscheiden werde.

112    Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: offensichtlicher Beurteilungsfehler

113    Nach Ansicht der Klägerin bedeutet das Fehlen einer Prüfung der oben in Rn. 13 angeführten Studien, dass die Kommission die Frage der Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin nicht im Licht des aktuellen wissenschaftlichen und technischen Kenntnisstands geprüft habe. Zusammen mit den im Rahmen des ursprünglichen Genehmigungsverfahrens für den in Rede stehenden Stoff festgestellten Informationslücken stelle dieser Umstand einen offensichtlichen Beurteilungsfehler dar.

114    Die Kommission bestreitet diese Feststellungen.

115    Zwar wird ein Wirkstoff nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 gemäß Anhang II dieser Verordnung genehmigt, wenn aufgrund des wissenschaftlichen und technischen Kenntnisstands zu erwarten ist, dass unter Berücksichtigung der Genehmigungskriterien in den Nrn. 2 und 3 jenes Anhangs Pflanzenschutzmittel, die diesen Wirkstoff enthalten, die Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 dieses Artikels erfüllen.

116    Das Verfahren, nach dem die relevanten wissenschaftlichen und technischen Kenntnisse bewertet werden, ist jedoch in den Art. 7 bis 13 der Verordnung Nr. 1107/2009 festgelegt.

117    Erstens ergibt sich aus der Analyse zum ersten Klagegrund, dass die Kommission im Hinblick auf die Berücksichtigung der oben in Rn. 13 angeführten Studien nicht gegen das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör verstoßen hat.

118    Zweitens verpflichtet Anhang II Nr. 3.6.4 der Verordnung Nr. 1107/2009 die Kommission, wie oben in Rn. 104 festgestellt wurde, dazu, die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung von 8‑Hydroxychinolin, so wie sie sich aus dem Verfahren ergeben, das zum Erlass der Verordnung 2017/776 geführt hat, für die Zwecke der Prüfung des Antrags auf Änderung der Bedingungen für seine Genehmigung gemäß der Verordnung Nr. 1107/2009 zu berücksichtigen.

119    Zunächst ist 8‑Hydroxychinolin gemäß der Verordnung 2017/776 jedoch als reproduktionstoxisch der Kategorie 1B eingestuft worden (vgl. oben, Rn. 12), was nach Anhang II Nr. 3.6.4 der Verordnung Nr. 1107/2009 die Genehmigung dieses Wirkstoffs grundsätzlich ausschließt. Sodann hat die zuständige spanische Behörde mit ihrem Schreiben vom 28. September 2017 den Vorschlag zur Änderung der harmonisierten Einstufungs- und Kennzeichnungselemente für 8‑Hydroxychinolin abgelehnt (vgl. oben, Rn. 14), so dass die Kommission verpflichtet war, diese Elemente für die Zwecke des zum Erlass der angefochtenen Durchführungsverordnung führenden Verfahrens zu berücksichtigen. Schließlich ergibt sich aus dem elften Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung (vgl. oben, Rn. 30), dass die Kommission der Auffassung war, dass das streitige Verwaltungsverfahren nicht als ein Verfahren im Sinne von Art. 21 der Verordnung Nr. 1107/2009 zur Überprüfung der gemäß der Durchführungsverordnung Nr. 993/2011 erteilten Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin (vgl. oben, Rn. 2), das selbst zu einer Aufhebung der Genehmigung hätte führen können, eingestuft werden könne. Unter diesen Umständen musste die Kommission den Antrag auf Änderung der Bedingungen für die Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin ablehnen und die in der Durchführungsverordnung Nr. 993/2011 vorgesehenen Beschränkungen bestätigen (zehnter Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung).

120    Drittens bestand am 31. Mai 2017, als die Klägerin der Kommission die Studien vorlegte, deren Nichtberücksichtigung sie ihr zum Vorwurf macht, keine Möglichkeit, gemäß den Art. 12 und 13 der Verordnung Nr. 1107/2009 zusätzliche Elemente vorzulegen oder Stellungnahmen einzureichen. Außerdem legt die Klägerin nicht dar, inwiefern die in Rn. 13 angeführten Studien die Schlussfolgerung der EFSA zur toxischen Wirkung von 8‑Hydroxychinolin auf endokrine Organe in Frage stellen, wobei es sich nach dem siebten Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung bei dieser Schlussfolgerung um den zweiten Grund für die Weigerung handelt, die Genehmigungsbedingungen für diesen Wirkstoff zu ändern (vgl. oben, Rn. 27 und 29).

121    Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Anhang II Nr. 4 der Verordnung Nr. 1107/2009

122    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen Anhang II Nr. 4 dieser Verordnung verstoßen, indem sie 8‑Hydroxychinolin gemäß Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung in die Liste der Substitutionskandidaten aufgenommen habe, ohne zuvor geprüft zu haben, wie dies in Anhang II Nrn. 3.6.4 und 3.6.5 der Verordnung Nr. 1107/2009 verlangt werde, ob die Exposition von Menschen gegenüber diesem Wirkstoff unter realistisch anzunehmenden Verwendungsbedingungen vernachlässigbar sei.

123    Nach Auffassung der Kommission sieht Anhang II Nr. 4 sechster und siebter Gedankenstriche der Verordnung Nr. 1107/2009 vor, dass ein genehmigter Wirkstoff, der zugleich bestimmte alternative Voraussetzungen erfülle, in die Liste der Substitutionskandidaten aufgenommen werden müsse. Da 8‑Hydroxychinolin genehmigt worden sei und diese Voraussetzungen erfülle, sei seine Aufnahme in diese Liste gemäß Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung nicht rechtswidrig.

124    Nach Art. 83 der Verordnung Nr. 1107/2009 wurde die Richtlinie 91/414 durch diese Verordnung aufgehoben.

125    Jedoch hat die Verordnung Nr. 1107/2009 gemäß ihrem Art. 80 eine Reihe von Übergangsbestimmungen eingeführt. Insbesondere galt gemäß Art. 80 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1107/2009 die Richtlinie 91/414 weiterhin, was das Verfahren und die Bedingungen für die Genehmigung betraf, für Wirkstoffe, bezüglich deren die Vollständigkeit gemäß Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 33/2008 der Kommission vom 17. Januar 2008 mit Durchführungsbestimmungen zur Richtlinie 91/414 in Bezug auf ein reguläres und ein beschleunigtes Verfahren für die Bewertung von Wirkstoffen im Rahmen des in Artikel 8 Absatz 2 dieser Richtlinie genannten Arbeitsprogramms, die nicht in Anhang I dieser Richtlinie aufgenommen wurden (ABl. 2008, L 15, S. 5), festgestellt wurde.

126    Im vorliegenden Fall ist 8‑Hydroxychinolin, wie die Kommission in Rn. 9 der Klagebeantwortung ausführt, gemäß der Durchführungsverordnung Nr. 993/2011 für einen Zeitraum von zehn Jahren genehmigt worden (vgl. oben, Rn. 2). Dem ersten Erwägungsgrund dieser Durchführungsverordnung ist zu entnehmen, dass 8‑Hydroxychinolin gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 80 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1107/2009 nach Maßgabe der in der Richtlinie 91/414 vorgesehenen materiellen Voraussetzungen genehmigt wurde.

127    Nach Anhang II Nr. 4 sechster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1107/2009 wird ein Wirkstoff gemäß deren Art. 24 als Substitutionskandidat genehmigt, wenn er nach den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1272/2008 als reproduktionstoxische Substanz der Kategorie 1A oder 1B eingestuft ist oder einzustufen ist, jedoch nicht gemäß den Kriterien in Anhang II Nr. 3.6.4 ausgeschlossen wurde.

128    Außerdem wird nach Anhang II Nr. 4 siebter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1107/2009 ein Wirkstoff gemäß deren Art. 24 als Substitutionskandidat genehmigt, wenn auf der Grundlage der von der EFSA überprüften Auswertung von Versuchen nach auf Unions- oder internationaler Ebene akzeptierten Leitlinien oder von anderen verfügbaren Daten und Informationen festgestellt wird, dass er endokrinschädliche Eigenschaften besitzt, die schädliche Auswirkungen auf den Menschen haben können, jedoch nicht gemäß den Kriterien in Anhang II Nr. 3.6.5 ausgeschlossen wurde.

129    Schließlich kann ein Wirkstoff nach den Nrn. 3.6.4 und 3.6.5 des Anhangs II der Verordnung Nr. 1107/2009 nicht zugelassen werden, wenn er als reproduktionstoxische Substanz der Kategorie 1A oder 1B eingestuft wird bzw. einzustufen ist oder wenn festgestellt wird, dass er endokrinschädliche Eigenschaften besitzt. Diese Bestimmungen sehen jedoch eine Ausnahme von dieser Regel in dem Sinne vor, dass der fragliche Stoff trotz dieser Merkmale genehmigt wird, wenn die Exposition von Menschen gegenüber diesem Wirkstoff unter realistisch anzunehmenden Verwendungsbedingungen vernachlässigbar ist.

130    Aus den oben in den Rn. 127 bis 129 angeführten Bestimmungen ergibt sich, dass, wenn ein reproduktionstoxischer oder endokrinschädliche Eigenschaften besitzender Wirkstoff dennoch genehmigt wird, sei es, weil die in den Nrn. 3.6.4 und 3.6.5 des Anhangs II der Verordnung Nr. 1107/2009 vorgesehenen Anwendungsvoraussetzungen für die Ausnahme im Hinblick auf den Grad der Exposition von Menschen gegenüber dem betreffenden Wirkstoff als erfüllt angesehen wurden oder weil die Nrn. 3.6.4 und 3.6.5 gar nicht angewandt wurden, dieser Stoff in die Liste der Substitutionskandidaten aufgenommen werden muss.

131    Was die zweite vorstehend in Rn. 130 angeführte Fallkonstellation anbelangt, sind solche Stoffe als nicht nach den Nrn. 3.6.4 und 3.6.5 des Anhangs II der Verordnung Nr. 1107/2009 ausgeschlossene Stoffe anzusehen, die nach Maßgabe anderer als der in diesen Nummern genannten materiellen Voraussetzungen genehmigt wurden. Zu diesen Stoffen gehören auch die gemäß den materiellen Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 genehmigten Stoffe.

132    Wie sich aus dem siebten Erwägungsgrund der Durchführungsverordnung Nr. 993/2011 ergibt, wurde 8‑Hydroxychinolin aufgrund der Übergangsvorschrift des Art. 80 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1107/2009 gerade gemäß den materiellen Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 genehmigt (vgl. oben, Rn. 126). Folglich sind die Nrn. 3.6.4 und 3.6.5 des Anhangs II der Verordnung Nr. 1107/2009 während des Verfahrens zur Genehmigung von 8‑Hydroxychinolin nicht zur Anwendung gekommen. Außerdem haben die ECHA und die EFSA, wie aus den Erwägungsgründen 5 bis 7 der angefochtenen Durchführungsverordnung hervorgeht, ihre Schlussfolgerungen zu diesen Eigenschaften von 8‑Hydroxychinolin erst im Jahr 2015 bzw. im Jahr 2016 angenommen.

133    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass 8‑Hydroxychinolin, das als reproduktionstoxischer Stoff der Kategorie 1B und Stoff mit endokriner Wirkung eingestuft wurde, entgegen dem Vorbringen der Klägerin eine der beiden in den Nrn. 3.6.4, 3.6.5 und 4 des Anhangs II der Verordnung Nr. 1107/2009 festgelegten zusätzlichen alternativen Voraussetzungen (vgl. oben, Rn. 130) für die Aufnahme in die Liste der Substitutionskandidaten erfüllt. Die Kommission musste diesen Stoff daher, wie sie im zwölften Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung ausführt, in Übereinstimmung mit Art. 1 Abs. 2 der Durchführungsverordnung 2015/408 in die Liste der Substitutionskandidaten aufnehmen, ohne dass hierzu eine Prüfung der zweiten der beiden oben in Rn. 130 angeführten alternativen Voraussetzungen hinsichtlich des unter realistisch anzunehmenden Verwendungsbedingungen bestehenden Ausmaßes der Exposition von Menschen gegenüber diesem Stoff erforderlich war.

134    Demzufolge hat die Kommission damit nicht gegen Anhang II Art. 4 der Verordnung Nr. 1107/2009 verstoßen.

135    Außerdem hätte, wie sich aus der vorstehenden Rn. 129 ergibt, selbst wenn die Kommission den Grad der Exposition von Menschen gegenüber 8‑Hydroxychinolin geprüft hätte und zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass er vernachlässigbar sei, die Rechtsfolge nur in der Aufnahme dieses Wirkstoffs in die Liste der Substitutionskandidaten bestehen können, d. h. in einer Situation, die mit der, die sich aus Art. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung ergibt, identisch ist. In der mündlichen Verhandlung zu diesem Punkt befragt, hat die Klägerin diese Analyse nicht in Frage gestellt, jedoch die Stichhaltigkeit des dritten Klagegrundes mit dem Argument verteidigt, dass der Erlass der angefochtenen Durchführungsverordnung verzögert worden wäre, wenn die Kommission diese Prüfung durchgeführt hätte. Da diese Erwägung offensichtlich nichts mit den Grundsätzen für die Auslegung der Nrn. 3.6.4, 3.6.5 und 4 des Anhangs II der Verordnung Nr. 1107/2009 zu tun hat, geht der dritte Rechtsmittelgrund jedenfalls ins Leere.

136    Der dritte Klagegrund ist folglich zurückzuweisen und die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

137    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Probelte, SA, trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.

Gratsias

Kowalik-Bańczyk

Frendo

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. Dezember 2019.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.