Language of document : ECLI:EU:F:2010:2

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION (Plenum)

13. Januar 2010(*)

„Öffentlicher Dienst – Beamte – Anfechtungsklage – Erledigung der Hauptsache – Schadensersatzklage – Zulässigkeit – Vorrechte und Befreiungen – Aufhebung der Befreiung von der Gerichtsbarkeit – Vertraulichkeit der Untersuchungen des OLAF – Untersuchungen des IDOC – Zugang zu den medizinischen Unterlagen – Zugang zur Personalakte – Disziplinarverfahren – Angemessene Verfahrensdauer“

In den verbundenen Rechtssachen F‑124/05 und F‑96/06

betreffend Klagen nach Art. 236 EG und Art. 152 EA,

A, ehemaliger Beamter der Europäischen Kommission, wohnhaft in Port-Vendres (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte B. Cambier und L. Cambier, dann Rechtsanwälte B. Cambier, L. Cambier und R. Born, schließlich Rechtsanwälte B. Cambier und A. Paternostre,

Kläger in der Rechtssache F‑124/05,

G, ehemaliger Beamter der Europäischen Kommission, wohnhaft in Port-Vendres (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte B. Cambier und L. Cambier, dann Rechtsanwälte B. Cambier, L. Cambier und R. Born, schließlich Rechtsanwälte B. Cambier und A. Paternostre,

Kläger in der Rechtssache F‑96/06,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch J. Currall und V. Joris als Bevollmächtigte im Beistand des Rechtsanwalts D. Waelbroeck,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Plenum)

unter Mitwirkung des Präsidenten P. Mahoney (Berichterstatter), des Kammerpräsidenten S. Gervasoni sowie der Richter H. Kreppel, H. Tagaras und S. Van Raepenbusch,

Kanzlerin: W. Hakenberg,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. April 2009

folgendes

Urteil

1        Mit Klageschrift, die am 16. Dezember 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen und unter dem Aktenzeichen F‑124/05 in das Register der Kanzlei eingetragen worden ist, beantragt der Kläger zum einen die Aufhebung insbesondere der Entscheidung der Kommission vom 28. Februar 2005, mit der sein Antrag vom 22. Oktober 2004 auf Einstellung des gegen ihn mit Entscheidung vom 16. Januar 2004 eingeleiteten Disziplinarverfahrens abgelehnt worden ist (im Folgenden: angefochtene Entscheidung oder Entscheidung, mit der die Einstellung des Disziplinarverfahrens abgelehnt worden ist), und zum anderen die Verurteilung der Kommission zur Leistung von Schadensersatz.

2        Mit Klageschrift, die am 10. August 2006 per Telefax (und urschriftlich am 17. August 2006) bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen und unter dem Aktenzeichen F‑96/06 in das Register der Kanzlei eingetragen worden ist, beantragt derselbe Kläger die Verurteilung der Kommission zur Leistung von Schadensersatz wegen verschiedener Pflichtverletzungen, die diese begangen haben soll.

 Rechtlicher Rahmen

I –  Vorschriften über Vorrechte und Befreiungen

3        In Art. 12 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften vom 8. April 1965 im Anhang des Vertrags zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1967, Nr. 152, S. 13, im Folgenden: Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen oder Protokoll) ist bestimmt:

„Den Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften stehen im Hoheitsgebiet jedes Mitgliedstaats ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit folgende Vorrechte und Befreiungen zu:

a)      Befreiung von der Gerichtsbarkeit bezüglich der von ihnen in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen, einschließlich ihrer mündlichen und schriftlichen Äußerungen, jedoch vorbehaltlich der Anwendung der Bestimmungen der Verträge über die Vorschriften betreffend die Haftung der Beamten und sonstigen Bediensteten gegenüber den Gemeinschaften und über die Zuständigkeit des Gerichtshofes für Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und ihren Beamten sowie sonstigen Bediensteten. Diese Befreiung gilt auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit.

b)      …“

4        Art. 18 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen lautet:

„Die Vorrechte, Befreiungen und Erleichterungen werden den Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften ausschließlich im Interesse der Gemeinschaften gewährt.

Jedes Organ der Gemeinschaften hat die Befreiung eines Beamten oder sonstigen Bediensteten in allen Fällen aufzuheben, in denen dies nach seiner Auffassung den Interessen der Gemeinschaften nicht zuwiderläuft.“

5        Art. 19 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen lautet:

„Bei der Anwendung dieses Protokolls handeln die Organe der Gemeinschaften und die verantwortlichen Behörden der beteiligten Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen.“

6        Nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 des Statuts der Beamten der Europäischen Union sind die den Beamten zustehenden Vorrechte und Befreiungen ausschließlich im Interesse der Gemeinschaften gewährt.

II –  Vorschriften über Untersuchungen im Bereich der Betrugsbekämpfung

7        Im 10. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) (ABl. L 136, S. 1) heißt es:

„Bei diesen Untersuchungen, die gemäß dem Vertrag und insbesondere dem Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften und unter Wahrung des Statuts … durchzuführen sind, müssen die Menschenrechte und die Grundfreiheiten in vollem Umfang gewahrt bleiben; dies gilt insbesondere für den Billigkeitsgrundsatz, das Recht der Beteiligten, zu den sie betreffenden Sachverhalten Stellung zu nehmen, und den Grundsatz, dass sich die Schlussfolgerungen aus einer Untersuchung nur auf beweiskräftige Tatsachen gründen dürfen. …“

8        Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1073/1999 lautet:

„Informationen, die im Rahmen interner Untersuchungen mitgeteilt oder eingeholt werden, fallen, unabhängig davon, in welcher Form sie vorliegen, unter das Berufsgeheimnis und genießen den Schutz, der durch die für die Organe der Europäischen Gemeinschaften geltenden einschlägigen Bestimmungen gewährleistet ist.

Diese Informationen dürfen insbesondere nur Personen mitgeteilt werden, die in den Organen der Europäischen Gemeinschaften oder den Mitgliedstaaten aufgrund ihres Amtes davon Kenntnis erhalten dürfen; sie dürfen zu keinem anderen Zweck als der Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen verwendet werden.“

III –  Vorschriften über Disziplinarverfahren

9        Nach Art. 88 Abs. 5 des Statuts in der bis zum 30. April 2004 geltenden Fassung wird, wenn gegen den Beamten wegen desselben Sachverhalts, aufgrund dessen ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist, ein Strafverfahren eingeleitet worden ist, seine Rechtsstellung erst dann endgültig geregelt, wenn das Urteil des Gerichts rechtskräftig geworden ist.

10      Art. 25 des Anhangs IX des Statuts übernimmt die Bestimmungen von Art. 88 Abs. 5 des Statuts in der bis zum 30. April 2004 geltenden Fassung.

11      Nach Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses der Kommission vom 28. April 2004 über die Durchführung von Verwaltungsuntersuchungen und Disziplinarverfahren (im Folgenden: Beschluss über die Durchführung von Verwaltungsuntersuchungen und Disziplinarverfahren), der insoweit den Beschluss K(2002) 540 der Kommission vom 19. Februar 2002 übernimmt, wird ein Untersuchungs- und Disziplinaramt (IDOC) errichtet.

12      In Art. 2 Abs. 1 und 2 dieses Beschlusses ist bestimmt:

„1.      Das IDOC führt Verwaltungsuntersuchungen durch. Unter ‚Verwaltungsuntersuchungen‘ im Sinne der vorliegenden Bestimmungen sind alle Maßnahmen zu verstehen, die von dem hierzu beauftragten Beamten vorgenommen werden, um den Sachverhalt festzustellen und gegebenenfalls zu ermitteln, ob gegen die Dienstpflichten, denen die Beamten der Kommission unterliegen, verstoßen wurde.

2.      Das IDOC kann mit anderen Untersuchungen beauftragt werden, bei denen bestimmte Sachverhalte zu überprüfen sind, und zwar insbesondere im Rahmen der Artikel 24, 73 und 90 des Statuts.“

IV –  Vorschriften über die Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten

13      In Art. 73 Abs. 1 und 2 des Statuts ist bestimmt:

„(1)      Der Beamte wird vom Tage seines Dienstantritts an gemäß einer von den Organen der Gemeinschaften im gegenseitigen Einvernehmen nach Stellungnahme des Statutsbeirats beschlossenen Regelung für den Fall von Berufskrankheiten und Unfällen gesichert. …

(2)      Als Leistungen werden garantiert:

a)      …

b)      bei dauernder Vollinvalidität:

Zahlung eines Kapitalbetrags in achtfacher Höhe des jährlichen Grundgehalts, bemessen nach den Monatsgrundgehältern des Beamten in den letzten zwölf Monaten vor dem Unfall;

c)      bei dauernder Teilinvalidität:

Zahlung eines Teiles des unter Buchstabe b) vorgesehenen Betrages, berechnet nach der Tabelle der in Absatz 1 genannten Regelung.

…“

14      Am 13. Dezember 2005 haben die Organe der Gemeinschaften eine gemeinsame Regelung zur Sicherung der Beamten der Europäischen Gemeinschaften bei Unfällen und Berufskrankheiten erlassen, die am 1. Januar 2006 in Kraft getreten ist (im Folgenden: gemeinsame Regelung). Vorher galt die gemeinsame Regelung zur Sicherung der Beamten der Europäischen Gemeinschaften bei Unfällen und Berufskrankheiten in ihrer letzten Fassung vom 18. Juli 1997 (im Folgenden: alte gemeinsame Regelung).

15      Art. 30 der neuen gemeinsamen Regelung enthält folgende Übergangsvorschriften:

„Die [alte] gemeinsame Regelung … wird aufgehoben.

Sie gilt jedoch weiterhin für alle Entscheidungsentwürfe, die gemäß Artikel 20 Absatz 1 vor dem 1. Januar 2006 angenommen wurden …“

16      In Art. 2 Abs. 1 der neuen gemeinsamen Regelung ist Unfall definiert als jedes plötzliche, durch einen außerhalb des Organismus des Betroffenen liegenden Umstand verursachtes oder mit verursachtes Ereignis, das eine Beeinträchtigung der körperlichen oder seelischen Unversehrtheit des Versicherten zur Folge hat. In Art. 2 Abs. 1 der alten gemeinsamen Regelung ist Unfall definiert als jedes auf äußerer Einwirkung beruhende plötzliche oder gewaltsame oder außergewöhnliche Ereignis, das eine Beeinträchtigung der körperlichen oder seelischen Unversehrtheit des Beamten zur Folge hat.

17      Nach Art. 11 Abs. 1 der neuen gemeinsamen Regelung richtet sich die dauernde Voll- oder Teilinvalidität nach dem Grad der Beeinträchtigung der körperlichen und seelischen Unversehrtheit (im Folgenden: Beeinträchtigungsgrad) nach Maßgabe der europäischen Tabelle zur Bewertung der Beeinträchtigung der physischen und psychischen Integrität.

18      Nach Art. 11 Abs. 2 der neuen gemeinsamen Regelung beträgt der Beeinträchtigungsgrad bei dauernder Vollinvalidität infolge eines Unfalls oder einer Berufskrankheit 100 %, und der Versicherte erhält den in Art. 73 Abs. 2 Buchst. b des Statuts vorgesehenen Kapitalbetrag. Nach Art. 11 Abs. 3 der neuen gemeinsamen Regelung erhält der Versicherte bei dauernder Teilinvalidität infolge eines Unfalls oder einer Berufskrankheit den in Art. 73 Abs. 2 Buchst. c des Statuts vorgesehenen Kapitalbetrag, der sich nach den Sätzen der europäischen Tabelle zur Bewertung des Beeinträchtigungsgrads bemisst.

19      Nach Art. 15 der neuen gemeinsamen Regelung haben der Beamte, der einen Unfall erleidet, oder die sonstigen Anspruchsberechtigten den Unfall der Verwaltung des Organs, dem der Versicherte angehört, anzuzeigen. In der Unfallmeldung sind detaillierte Angaben über Tag und Stunde, Ursachen und Hergang des Unfalls zu machen sowie gegebenenfalls Zeugen und der ersatzpflichtige Dritte zu benennen. Der Meldung ist ein ärztliches Attest über die Art der Verletzungen und die voraussichtlichen Folgen des Unfalls beizufügen. Die Anzeige ist innerhalb der auf den Unfalltag folgenden zehn Werktage zu machen. Diese Bestimmung übernimmt im Wesentlichen Art. 16 der alten gemeinsamen Regelung.

20      Nach Art. 16 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 der neuen gemeinsamen Regelung hat der Beamte, der die Anwendung dieser Regelung aus Anlass einer Berufskrankheit verlangt, dies der Verwaltung innerhalb angemessener Frist nach Beginn der Krankheit oder nach ihrer ersten ärztlichen Feststellung anzuzeigen. Diese Bestimmung übernimmt Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 der alten gemeinsamen Regelung.

21      Nach Art. 16 Abs. 2 der neuen gemeinsamen Regelung leitet die Verwaltung eine Untersuchung ein, um die Tatsachen zu ermitteln, aus denen sich die Art der Krankheit, ihr ursächlicher Zusammenhang mit der Berufstätigkeit sowie die Umstände ihres Eintritts ergeben. Diese Bestimmung übernimmt Art. 17 Abs. 2 Unterabs. 2 der alten gemeinsamen Regelung.

22      Nach Art. 18 der neuen gemeinsamen Regelung trifft die Anstellungsbehörde die Entscheidung über das Vorliegen eines Unfalls, die Entscheidung über die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit sowie die Entscheidung über den Grad einer dauernden Invalidität nach dem Verfahren des Art. 20 der Regelung aufgrund der Stellungnahme des oder der von den Organen bestellten Ärzte und, falls der Versicherte dies verlangt, nach Einholung des Gutachtens des Ärzteausschusses nach Art. 22 der Regelung. Diese Bestimmung übernimmt im Großen und Ganzen Art. 19 der alten gemeinsamen Regelung.

23      Art. 20 der neuen gemeinsamen Regelung lautet:

„(1)      Bevor die Anstellungsbehörde eine Entscheidung gemäß Artikel 18 trifft, stellt sie dem Versicherten oder den sonstigen Anspruchsberechtigten einen Entscheidungsentwurf zu, dem sie die Stellungnahme des oder der von dem Organ bestellten Ärzte beifügt. Der Versicherte oder die sonstigen Anspruchsberechtigten können beantragen, dass der vollständige ärztliche Bericht einem Arzt ihrer Wahl übersandt oder ihm bzw. ihnen mitgeteilt wird.

(2)      Der Versicherte oder die sonstigen Anspruchsberechtigten können binnen 60 Tagen beantragen, das Gutachten des Ärzteausschusses nach Artikel 22 einzuholen. Im Antrag auf Befassung des Ärzteausschusses ist der Name des Arztes anzugeben, der den Versicherten oder die sonstigen Anspruchsberechtigten vertritt; dem Antrag ist ein Bericht dieses Arztes beizufügen, in welchem angegeben wird, in welchen medizinischen Fragen die Stellungnahme des oder der im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Regelung vom Organ bestellten Ärzte bestritten werden.

(3)      Geht bis zum Ablauf dieser Frist kein Antrag auf Einholung eines Gutachtens des Ärzteausschusses ein, so trifft die Anstellungsbehörde ihre Entscheidung entsprechend dem übermittelten Entwurf.“

24      Nach Art. 21 der alten gemeinsamen Regelung war der vollständige ärztliche Bericht, falls der Versicherte dies beantragte, einem Arzt seiner Wahl zu übersenden. Anders als in Art. 20 der neuen gemeinsamen Regelung war in Art. 21 der alten gemeinsamen Regelung aber nicht vorgesehen, dass der ärztliche Bericht, falls der Beamte dies beantragt, ihm unmittelbar mitzuteilen ist.

25      In Art. 22 Abs. 1 der neuen gemeinsamen Regelung, die im Hinblick auf die Zusammensetzung des Ärzteausschusses im Großen und Ganzen Art. 23 Abs. 1 der alten gemeinsamen Regelung übernimmt, ist bestimmt:

„(1)      Der Ärzteausschuss setzt sich aus drei Ärzten zusammen, von denen:

–        der erste von dem Versicherten oder den sonstigen Anspruchsberechtigten,

–        der zweite von der Anstellungsbehörde,

–        der dritte einvernehmlich von diesen beiden zuvor benannten Ärzten

benannt wird.

…“

26      Schließlich ist in Art. 19 Abs. 3 der neuen gemeinsamen Regelung bestimmt:

„Die Entscheidung über den Invaliditätsgrad ergeht nach der Konsolidierung der Verletzungen des Versicherten. Die Folgen des Unfalles oder der Berufskrankheit sind konsolidiert, wenn sie sich stabilisiert haben oder abzusehen ist, dass sie sich nur noch sehr langsam und in sehr begrenztem Umfang abschwächen werden. …

Kann bei Beendigung der ärztlichen Heilbehandlung der Invaliditätsgrad noch nicht endgültig bestimmt werden, so ist in der Stellungnahme des oder der in Artikel 18 genannten Ärzte oder gegebenenfalls im Bericht des Ärzteausschusses nach Artikel 22 der Zeitpunkt anzugeben, zu dem der Fall des Versicherten spätestens erneut zu prüfen ist.“

V –  Vorschriften über Leistungen im Fall der Invalidität

A –  Statut

27      Sind bei einem Beamten nach Feststellung des Invaliditätsausschusses die Voraussetzungen des Art. 78 des Statuts erfüllt, so wird er nach Art. 53 des Statuts am letzten Tag des Monats, in dem durch die Verfügung der Anstellungsbehörde festgestellt wird, dass der Beamte dauernd voll dienstunfähig ist, von Amts wegen in den Ruhestand versetzt.

28      Nach Art. 59 Abs. 4 des Statuts kann die Anstellungsbehörde den Invaliditätsausschuss mit dem Fall eines Beamten befassen, dessen Krankheitsurlaub insgesamt zwölf Monate während eines Zeitraums von drei Jahren überschreitet.

29      In Art. 78 Abs. 1 des Statuts ist bestimmt:

„Ein Beamter, der dauernd voll dienstunfähig geworden ist und deshalb einen Dienstposten seiner Funktionsgruppe nicht wahrnehmen kann, hat … Anspruch auf Invalidengeld.“

30      Nach Art. 78 Abs. 3 des Statuts wird das Invalidengeld auf 70 % des letzten Grundgehalts des Beamten festgesetzt.

31      Nach Art. 78 Abs. 4 des Statuts werden auf das Invalidengeld Beiträge zur Versorgung erhoben, die auf der Grundlage des Invalidengelds berechnet werden.

32      Entsteht die Dienstunfähigkeit durch eine Berufskrankheit, so wird nach Art. 78 Abs. 5 des Statuts der auf das Invalidengeld erhobene Beitrag zur Versorgung in voller Höhe aus dem Haushalt des Organs gezahlt.

33      Art. 13 Abs. 1 des Anhangs VIII des Statuts lautet:

„Erkennt der Invaliditätsausschuss an, dass ein noch nicht fünfundsechzig Jahre alter Beamter während der Zeit, in der er Ruhegehaltsansprüche erwirbt, dauernd voll dienstunfähig geworden ist und ein Amt seiner Laufbahn bei den Gemeinschaften nicht wahrnehmen kann, und muss der Beamte deshalb seinen Dienst aufgeben, so hat er vorbehaltlich der Vorschriften des Artikels 1 Absatz 1 für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf ein Invalidengeld gemäß Artikel 78 des Statuts.“

B –  Das Statut in der bis zum 30. April 2004 geltenden Fassung

34      Art. 53 des Statuts in der bis zum 30. April 2004 geltenden Fassung entspricht Art. 53 des Statuts.

35      In Art. 78 Abs. 1 des Statuts in der bis zum 30. April 2004 geltenden Fassung ist bestimmt:

„Ein Beamter, der dauernd voll dienstunfähig geworden ist und deshalb ein Amt seiner Laufbahn nicht wahrnehmen kann, hat … Anspruch auf Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit.“

36      Entsteht die Dienstunfähigkeit durch eine Berufskrankheit, so beträgt das Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit nach Art. 78 Abs. 2 des Statuts in der bis zum 30. April 2004 geltenden Fassung 70 % des Grundgehalts des Beamten.

37      Beruht die Dienstunfähigkeit auf einer anderen als den in Abs. 2 dieses Artikels genannten Ursachen, so entspricht das Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit nach Art. 78 Abs. 3 des Statuts in der bis zum 30. April 2004 geltenden Fassung dem Ruhegehalt, auf das der Beamte mit fünfundsechzig Jahren Anspruch gehabt hätte, wenn er bis zu diesem Lebensalter im Dienst geblieben wäre.

VI –  Vorschriften über die Personalakte

38      In Art. 26 des Statuts ist bestimmt:

„Die Personalakte des Beamten enthält:

a)      sämtliche sein Dienstverhältnis betreffenden Schriftstücke sowie jede Beurteilung seiner Befähigung, Leistung und Führung;

b)      die Stellungnahmen des Beamten zu den Vorgängen nach Buchstabe a).

Alle Schriftstücke sind in ein Verzeichnis aufzunehmen, fortlaufend zu nummerieren und lückenlos einzuordnen; das Organ darf Schriftstücke nach Buchstabe a) dem Beamten nur dann entgegenhalten oder gegen ihn verwerten, wenn sie ihm vor Aufnahme in die Personalakte mitgeteilt worden sind.

Die Mitteilung aller Schriftstücke wird durch die Unterschrift des Beamten nachgewiesen oder andernfalls durch Einschreibebrief an die letzte von dem Beamten mitgeteilte Anschrift bewirkt.

Für jeden Beamten darf nur eine Personalakte geführt werden.

Der Beamte hat auch nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst das Recht, seine vollständige Personalakte einzusehen und gegebenenfalls eine Kopie davon anzufertigen.

Die Personalakte ist vertraulich zu behandeln und darf nur in den Diensträumen der Verwaltung oder auf einem gesicherten Datenträger eingesehen werden. Ist jedoch ein den Beamten betreffender Rechtsstreit anhängig, so wird die Personalakte dem Gerichtshof der Europäischen [Union] vorgelegt.“

39      Art. 26a des Statuts lautet:

„Jeder Beamte hat das Recht, seine medizinische Akte gemäß den von den Organen festgelegten Modalitäten einzusehen.“

VII –  Vorschriften über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten

40      In Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) ist bestimmt:

„Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde:

–        …

–        …

–        der Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten,

es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.“

 Sachverhalt

41      Der Kläger ist ein ehemaliger Beamter der Besoldungsgruppe AD 15. Er trat 1979 in den Dienst der Kommission und hatte innerhalb dieses Organs verschiedene Dienstposten inne.

42      Er war vom 21. Dezember 1995 bis Juli 1997 als Nachfolger von Herrn Lamoureux Kabinettschef von Frau Cresson, Mitglied der Kommission.

43      Da der vorliegende Fall auf bestimmte Vorfälle zurückgeht, die sich in dieser Zeit im Kabinett von Frau Cresson zutrugen, sind diese hier kurz zu rekapitulieren.

I –  Die „Affäre Cresson“ als Kontext

44      Frau Cresson war vom 24. Januar 1995 bis 8. September 1999 Mitglied der Kommission. Präsident der Kommission war damals Herr Santer. Das Ressort von Frau Cresson umfasste die Bereiche Wissenschaft, Forschung und Entwicklung, Humanressourcen, allgemeine und berufliche Bildung sowie Jugend und die Gemeinsame Forschungsstelle (GFS).

45      Als Frau Cresson ihr Amt übernahm, bestand ihr Kabinett bereits. Gleichwohl äußerte sie den Wunsch, die Dienste von Herrn Berthelot, einem engen Bekannten, als „persönlicher Berater“ in Anspruch zu nehmen. Da Herr Berthelot zum damaligen Zeitpunkt bereits 66 Jahre alt war, konnte er nicht als Bediensteter auf Zeit eingestellt werden, um im Kabinett eines Mitglieds der Kommission Dienst zu tun. Herr Lamoureux, der Kabinettschef von Frau Cresson, hatte ihr im Übrigen mitgeteilt, dass er angesichts des Alters von Herrn Berthelot keine Möglichkeit für dessen Beschäftigung durch die Kommission sehe. Frau Cresson, die dennoch die Dienste von Herrn Berthelot als persönlicher Berater in Anspruch nehmen wollte, wandte sich daraufhin an die Dienststellen der Verwaltung mit der Bitte um Prüfung, unter welchen Bedingungen eine Einstellung des Betroffenen möglich wäre. Herr Berthelot wurde schließlich ab dem 1. September 1995 zunächst für sechs Monate als Gastwissenschaftler bei der Generaldirektion (GD) „Forschung“ eingestellt. Dieser Zeitraum wurde sodann bis Ende Februar 1997 verlängert. Ab April 1996 wurde die monatliche Vergütung, die Herr Berthelot als Gastwissenschaftler erhielt, in Anwendung einer Antikumulierungsvorschrift herabgesetzt, um einer von ihm in Frankreich bezogenen Rente Rechnung zu tragen. Kurz nach dieser Herabsetzung wurden im Kabinett von Frau Cresson für Herrn Berthelot 13 Dienstreiseaufträge für die Zeit vom 23. Mai bis 21. Juni 1996 erstellt, durch die er einen Betrag von etwa 6 900 Euro erlangte. Ab dem 1. September 1996 wurde Herr Berthelot in Gruppe I statt in Gruppe II der Gastwissenschaftler eingestuft. Seine bei 4 500 Euro liegenden monatlichen Bezüge erhöhten sich dadurch um etwa 1 000 Euro. Nach Ablauf seines Vertrags mit der GD „Forschung“ am 1. März 1997 wurde Herrn Berthelot ein weiterer Vertrag als Gastwissenschaftler bei der GFS angeboten, der eine Laufzeit von einem Jahr bis Ende Februar 1998 hatte.

46      Nachdem Mitglieder des Europäischen Parlaments behauptet hatten, Frau Cresson habe sich der Günstlingswirtschaft schuldig gemacht, indem sie zwei Bekannte eingestellt und begünstigt habe, wurden von verschiedenen Einrichtungen mehrere Untersuchungen durchgeführt.

47      Ein am 27. Januar 1999 unter der Ägide des Europäischen Parlaments und der Kommission eingesetzter Ausschuss unabhängiger Sachverständiger wurde mit der Erstellung eines ersten Berichts betraut, um festzustellen, in welchem Ausmaß die Kommission als Kollegium oder eines oder mehrere ihrer Mitglieder Verantwortung für die jüngsten Fälle von Betrug, Missmanagement oder Nepotismus trugen, die in parlamentarischen Debatten zur Sprache gekommen waren. In seinem am 15. März 1999 vorgelegten Bericht kam der Ausschuss in Bezug auf Herrn Berthelot zu dem Ergebnis, dass es sich um einen ausgesprochenen Fall von Günstlingswirtschaft handele.

48      Am 16. März 1999 trat die Kommission geschlossen zurück, blieb aber bis zum 8. September 1999 im Amt.

49      Am 20. Juli 1999 leitete das OLAF eine interne Untersuchung über die Umstände der Beschäftigung von Herrn Berthelot als Gastwissenschaftler bei der Kommission ein. Das OLAF schloss seinen Bericht am 23. November 1999 ab. Dieser Bericht kam zu dem Ergebnis, dass, „da erstellte bzw. deklarierte Berichte und … Dienstreisen, die die Unterschrift von Herrn René Berthelot [trügen], möglicherweise den Tatbestand der Urkundenfälschung [erfüllten], … [dieser] Bericht … gemäß den Bestimmungen von Art. 10 der Verordnung Nr. 1073/99 den zuständigen Justizbehörden zu übermitteln [sei]“.

50      Der Bericht des OLAF wurde zum Zwecke gegebenenfalls einzuleitender Disziplinarverfahren dem Generaldirektor der GD „Personal und Verwaltung“ übermittelt, außerdem der Staatsanwaltschaft Brüssel (Belgien). Aufgrund dieses Berichts wurden mehrere Disziplinarverfahren gegen Beamte und sonstige Bedienstete der Kommission eingeleitet sowie ein Verfahren, um die zu Unrecht an Herrn Berthelot gezahlten Beträge zurückzuerlangen. In diesem Stadium wurde gegen den Kläger kein Disziplinarverfahren eingeleitet.

51      Die GD „Personal und Verwaltung“ sowie später, nach seiner Errichtung durch den Beschluss K(2002) 540 der Kommission vom 19. Februar 2002, das IDOC führten zwei ergänzende Untersuchungen in Bezug auf Herrn Berthelot durch, eine zur Rolle der GD „Forschung“ und die andere zur Verwicklung der GFS. Das IDOC legte am 22. Februar 2002 einen Bericht über eine ergänzende Verwaltungsuntersuchung über die Zeit vor, in der Herr Berthelot als Gastwissenschaftler bei der GD „Forschung“ und bei der GFS beschäftigt war. Der Bericht des IDOC kam zu dem Ergebnis, dass „nach allen Beweisen und Aussagen, die im Rahmen der vorgeschriebenen ergänzenden Untersuchungen zusammengetragen worden [seien], Hintergrund der Beschäftigung von Herrn Berthelot bei der Kommission ganz offenbar die Notwendigkeit [gewesen sei], den Betroffenen für die von Frau Cresson gewünschte unmittelbare Unterstützung als persönlicher Berater zu entlohnen“.

52      Am 21. Januar 2003 beschloss das Kollegium der Kommissionsmitglieder, im Rahmen der möglichen Einleitung eines Verfahrens nach den Art. 213 Abs. 2 EG und 126 Abs. 2 EA an Frau Cresson eine Mitteilung der gegen sie erhobenen Vorwürfe zu richten.

53      Am 18. März 2003 beschuldigte Herr V., Untersuchungsrichter beim Tribunal de première instance (Gericht erster Instanz) Brüssel, Frau Cresson, Herrn Berthelot sowie acht Beamte und sonstige Bedienstete der Kommission – u. a. den Kläger – der Urkundenfälschung, des Betruges und der rechtswidrigen Vorteilsnahme. Die Kommission trat am 11. September 2003 vor der belgischen Strafjustiz als Zivilpartei auf.

54      Mit Beschluss vom 30. Juni 2004 entschied die Chambre du conseil des Tribunal de première instance Brüssel nach Kenntnisnahme der mündlichen Anklage der Staatsanwaltschaft und unter Bezugnahme auf die Gründe von deren Anklageschrift vom 3. Februar 2004, dass es keinen Anlass für eine Fortsetzung des Strafverfahrens gebe. In dem Beschluss wurde im Wesentlichen festgestellt, dass nach den Ermittlungen zwar zweifellos der Verdacht begründet sei, dass Urkundenfälschungs- und Betrugsdelikte begangen worden seien, aber keinerlei Anhaltspunkte vorlägen, konkret einen der Beschuldigten zu verdächtigen.

55      Am 7. Oktober 2004 erhob die Kommission beim Gerichtshof Klage und beantragte, festzustellen, dass sich Frau Cresson der Günstlingswirtschaft oder zumindest einer groben Fahrlässigkeit schuldig gemacht und dadurch ihre Pflichten nach den Art. 213 EG und 126 EA verletzt habe, und ihr infolgedessen ihre Ruhegehaltsansprüche oder andere an deren Stelle gewährte Vergünstigungen ganz oder teilweise abzuerkennen.

56      Mit Urteil vom 11. Juli 2006, Kommission/Cresson (C‑432/04, Slg. 2006, I‑6387), hat der Gerichtshof festgestellt, dass Frau Cresson bei der Einstellung und in Bezug auf die Beschäftigungsbedingungen von Herrn Berthelot die sich aus ihrem Amt als Mitglied der Kommission ergebenden Pflichten verletzt habe. Zum Antrag der Kommission, Frau Cresson ihre Ruhegehaltsansprüche abzuerkennen, hat der Gerichtshof aber festgestellt, dass die Feststellung von deren Pflichtverletzung für sich genommen als angemessene Sanktion anzusehen und somit von der Verhängung einer Sanktion gegen die Betroffene abzusehen sei.

II –  Sachverhalt in Bezug auf den Kläger

57      Der Kläger war vom 21. Dezember 1995 bis Juli 1997 Kabinettschef von Frau Cresson. Im Dezember 1996 ist er auf seine Bewerbung hin den Dienstposten eines Hauptberaters in der GD „Forschung“ ernannt worden. Er wollte das Kabinett von Frau Cresson nämlich wegen Spannungen, die seit Mai 1996 zwischen ihm und Frau Cresson bestanden, verlassen. Er verließ das Kabinett tatsächlich aber erst im Juli 1997, da sein Rücktritt von Frau Cresson mangels eines designierten Nachfolgers erst zu diesem Zeitpunkt angenommen wurde.

58      Im Rahmen der Untersuchung des OLAF wurde der Kläger am 15. September 1999 informell angehört. Am 17. November 1999 wurde er von der Einleitung einer ihn betreffenden Untersuchung unterrichtet. Am 19. November 1999 wurde er förmlich vernommen. Im Bericht des OLAF vom 23. November 1999 wurde im Hinblick auf den Kläger erwähnt, dass es angesichts der teilweise übereinstimmenden Aussagen von Beamten wahrscheinlich sei, dass im Büro des Klägers eine Sitzung stattgefunden habe, in der die Möglichkeit besprochen worden sei, Herrn Berthelot in die Gruppe I der Gastwissenschaftler einzustufen (Punkt 4.2.2 des Berichts des OLAF). Aufgrund des Berichts des OLAF wurde kein Disziplinarverfahren gegen den Kläger eingeleitet.

59      Die Radio télévision belge francophone (RTBF) strahlte am 27. Dezember 2000 die Sendung „Au nom de la loi“ („Im Namen des Gesetzes“) aus, die eine hohe Einschaltquote hatte und in der ein Beitrag der „Affäre Cresson“ gewidmet war. In einem kurzen Abschnitt der Sendung wurde der Name des Klägers genannt und die Aufnahme eines Schriftstücks gezeigt, das als Protokoll der Anhörung des Klägers durch das OLAF präsentiert wurde.

60      Mit Mitteilung vom 7. Februar 2001 unterrichtete die GD „Personal und Verwaltung“ den Kläger von der Entscheidung der Kommission, seine Immunität aufzuheben; Herr V., Untersuchungsrichter beim Tribunal de première instance Brüssel hatte am 18. Dezember 2000 beim Präsidenten der Kommission einen entsprechenden Antrag gestellt.

61      Im Bericht des IDOC vom 22. Februar 2002 wird in Bezug auf den Kläger festgestellt, dass es nach dem Ergebnis der Untersuchung nahe liege, dass im Büro des Klägers zwischen dem 21. und 29. November 1996 eine Sitzung stattgefunden habe, in der die Möglichkeit der Einstufung von Herrn Berthelot in die Gruppe I der Gastwissenschaftler besprochen worden sei (Punkt 4.4 des Berichts des IDOC).

62      Am 18. März 2003 (vgl. Randnr. 53 des vorliegenden Urteils) wurde der Kläger beschuldigt, als Täter oder Mittäter zum einen eine Urkundenfälschung begangen zu haben, indem er 13 Dienstreiseaufträge und 13 Dienstreiseabrechnungen erstellt habe oder habe erstellen lassen, die er jeweils mit unwahren Vermerken versehen habe oder habe versehen lassen, und zum anderen im Zusammenhang mit der Erstattung der entsprechenden Reisekosten einen Betrug. Das Schreiben des Untersuchungsrichters, mit dem der Kläger von seiner Beschuldigung unterrichtet wurde, erhielt der Kläger am 7. April 2003.

63      Der Kläger litt infolge dieser Beschuldigung unter einer Depression, wegen der er mehrmals dienstunfähig war.

64      Er übersandte der Kommission am 25. Juli 2003 eine „Meldung eines Unfalls bzw. einer Berufskrankheit“. Diese Meldung, der ein Bericht des Arztes des Klägers beigefügt war, enthielt keine ausdrücklichen Mobbingvorwürfe gegen das Organ.

65      Die Kommission bestätigte am 31. Juli 2003 den Empfang der Meldung des Klägers vom 25. Juli 2003 und teilte diesem mit, dass eine Untersuchung durchgeführt werde, um die Art und die Ursache seiner Krankheit festzustellen.

66      Im September 2003, eine Woche, nachdem der Kläger seinen Dienst nach einem Krankheitsurlaub wiederaufgenommen hatte, soll das Programm, für das er zuständig war, auf Ersuchen der GD „Personal und Verwaltung“ „gesperrt“ worden sein. Dies hatte eine neue Dienstunfähigkeit des Klägers zur Folge, die bis Anfang Januar 2004 andauerte.

67      Der Generaldirektor der GD „Forschung“ soll den Kläger am 16. Januar 2004 mündlich davon unterrichtet haben, dass die Anstellungsbehörde beabsichtige, ihn gemäß Art. 50 des Statuts aus dienstlichen Gründen seiner Stelle zu entheben. Dies soll dem Kläger am 20. Januar 2004 vom Kabinettschef des für die wissenschaftliche Forschung zuständigen Mitglieds der Kommission bestätigt worden sein; es ist aber nie dazu gekommen. Nach dieser Ankündigung war beim Kläger im Hinblick auf die Depression ein Rückfall festzustellen, was zu einer neuen Dienstunfähigkeit vom 22. Januar 2004 bis Ende 2004 führte.

68      Mit Entscheidung vom 16. Januar 2004 leitete das für Personal- und Verwaltungsangelegenheiten und damit für Untersuchungen und Disziplinarverfahren zuständige Mitglied der Kommission, Herr Kinnock, als Anstellungsbehörde ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein und setzte dieses Verfahren gemäß Art. 88 Abs. 5 des Statuts in der bis zum 30. April 2004 geltenden Fassung bis zur Rechtskraft des Urteils des belgischen Strafgerichts aus. In dieser Entscheidung wurde darauf hingewiesen, dass dem Kläger über die Beschuldigung hinaus vorgeworfen werde, als Kabinettschef von Frau Cresson aktiv an der als unrechtmäßig angesehenen Einstufung von Herrn Berthelot in die Gruppe I der Gastwissenschaftler der GD „Forschung“ und der ebenfalls als unrechtmäßig angesehenen Einstellung von Herrn Berthelot als Gastwissenschaftler bei der GFS beteiligt gewesen zu sein.

69      Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vom 3. Februar 2004 (vgl. Randnr. 54 des vorliegenden Urteils) enthielt zum Anklagepunkt der Urkundenfälschung in Bezug auf den Kläger u. a. folgende Ausführungen:

„Der [Kläger] war zwar Kabinettschef von [Frau] Cresson; er wird aber weder ausdrücklich noch mittelbar in irgendeiner Aussage erwähnt; kein Beweismittel, wie ein Schriftstück oder eine Unterschrift, erlaubt die Feststellung seiner Beteiligung; er trägt selbst zum Nachweis der Falschheit der Dienstreiseaufträge bei, indem er erklärt, dass der zweite Beschuldigte (Berthelot) dienstags zusammen mit Frau Cresson in deren Fahrzeug nach Brüssel kam, um donnerstags wieder nach Châtellerault (Frankreich) zurückzufahren; diese Tage entsprechen aber genau den in umgekehrter Richtung durchgeführten Dienstreisen …“

70      Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft kommt zu dem Ergebnis, dass gegen den Kläger, was die Anklagepunkte der Urkundenfälschung und des Betrugs angehe, keine belastenden Tatsachen vorlägen.

71      Mit Schreiben vom 25. Mai 2004 unterrichtete der Leiter des Referats „Ärztlicher Dienst – Brüssel“ der Kommission den Kläger von seiner Absicht, die Anstellungsbehörde wegen seiner krankheitsbedingten Fehlzeiten darum zu ersuchen, ein Verfahren zur Feststellung seiner Dienstunfähigkeit einzuleiten, und fragte ihn, ob er dagegen Einwände habe.

72      Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 23. Juni 2004, dass er mit der Einleitung eines solchen Verfahrens einverstanden sei, sofern es ausschließlich auf der Grundlage von Art. 78 Abs. 5 des Statuts durchgeführt werde; diese Bestimmung betrifft u. a. den Fall, dass die Dienstunfähigkeit durch eine Berufskrankheit entsteht.

73      Am 29. Juni 2004 antwortete der Leiter des Referats „Ärztlicher Dienst – Brüssel“ dem Kläger, dass er dessen Schreiben vom 23. Juni 2004 zur Kenntnis genommen habe. Er müsse ihn darauf aufmerksam machen, dass es nicht möglich sei, die Schlussfolgerungen des Invaliditätsausschusses vorwegzunehmen, insbesondere was den ursächlichen Zusammenhang der Dienstunfähigkeit mit der Berufstätigkeit angehe; der Invaliditätsausschuss werde sich mit diesem Gesichtspunkt zu befassen haben.

74      Nachdem das belgische Strafgericht am 30. Juni 2004 zugunsten des Klägers und der anderen Beschuldigten einen Einstellungsbeschluss erlassen hatte (vgl. Randnr. 54 des vorliegenden Urteils), übersandte die Kommission dem Kläger am 13. Juli 2004 ein Schreiben mit folgendem Inhalt:

„Wie Sie wissen, ist das Sie betreffende Disziplinarverfahren bis zur Entscheidung des Kollegiums [der Kommissionsmitglieder] über den Fall Cresson ausgesetzt worden.

Sobald [der Beschluss des belgischen Strafgerichts] formell rechtskräftig und vom Juristischen Dienst geprüft worden ist, werden alle Frau Cresson betreffenden Fragen dem Kollegium [der Kommissare] zur Entscheidung vorgelegt werden. Sodann werden unverzüglich die anderen Vorgänge – u. a. Ihrer – im Hinblick auf die getroffene Entscheidung überprüft und erneut der Anstellungsbehörde vorgelegt werden.“

75      Mit Entscheidung vom 20. Juli 2004 wies die Anstellungsbehörde dem Kläger mit sofortiger Wirkung den neu geschaffenen Dienstposten des „Hauptberaters für wirtschaftliche Fragen“ beim Generaldirektor der GD „Forschung“ (im Folgenden: Entscheidung über die Versetzung) zu. In Abs. 1 dieser Entscheidung wurde auf die Durchführung der Politik der Mobilität der höheren Führungskräfte und das dienstliche Interesse abgestellt.

76      Der Kläger reichte bei der Anstellungsbehörde am 14. Oktober 2004 eine Beschwerde gegen die Entscheidung über die Versetzung ein. Mit Entscheidung vom 15. März 2005 wies die Anstellungsbehörde diese Beschwerde zurück. Der Kläger erhob gegen diese Entscheidung keine Klage.

77      Am 22. Oktober 2004 stellte der Kläger gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts einen Antrag auf Einstellung des gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahrens. Er berief sich insbesondere auf den Einstellungsbeschluss des belgischen Strafgerichts.

78      Am 25. Oktober 2004 übersandte der Kläger der Kommission eine neue „Meldung eines Arbeitsunfalls und/oder einer Berufskrankheit“, in der er geltend machte, die Depression, unter der er leide, sei auf die Gesamtheit der Maßnahmen zurückzuführen, die die Kommission ihm gegenüber getroffen habe und die die Absicht erkennen ließen, ihm Schaden zuzufügen oder ihn zu mobben.

79      Der Invaliditätsausschluss legte seine Schlussfolgerungen am 29. Oktober 2004 vor. In diesen wird ausgeführt, dass der Kläger dauernd voll dienstunfähig geworden sei und ein Amt seiner Laufbahn nicht wahrnehmen könne. Der Invaliditätsausschuss habe sich in diesem Stadium noch nicht zum Vorliegen eines Zusammenhangs zwischen der festgestellten Dienstunfähigkeit und der Berufstätigkeit des Klägers geäußert; „entscheidende Angaben der entsprechenden Gremien [lägen] noch nicht vor“.

80      Mit Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 8. November 2004 wurde der Kläger gemäß Art. 53 des Statuts mit Wirkung ab dem 30. November 2004 von Amts wegen in den Ruhestand versetzt; ihm wurde ein gemäß Art. 78 Abs. 3 des Statuts festgesetztes Invalidengeld bewilligt.

81      Die Kommission bestätigte dem Kläger am 25. November 2004 den Eingang seines Schreibens vom 25. Oktober 2004 und teilte ihm mit, dass das im Juli 2003 nach Art. 73 des Statuts eingeleitete Verfahren kurz vor seinem Abschluss stehe. Wegen der von ihm erhobenen Mobbingvorwürfe sei der Antrag auf Anerkennung seiner Krankheit als Berufskrankheit an das IDOC weiterzuleiten; allein das IDOC sei – zusammen mit dem OLAF – befugt, Verwaltungsuntersuchungen durchzuführen.

82      Der Kläger übersandte der Kommission am 24. Dezember 2004 ein Schreiben, mit dem er beantragte, die Entscheidung, das IDOC mit einer Untersuchung zu betrauen, aufzuheben. Er begründete seinen Antrag zum einen damit, dass durch eine solche Untersuchung ein bereits seit etwa zwei Jahren andauerndes Verfahren noch mehr in die Länge gezogen würde, und zum anderen mit der mangelnden Unparteilichkeit dieses Amts. In diesem Schreiben forderte der Kläger die Kommission auch auf, ihm erstens mitzuteilen, ob gegen eine solche Entscheidung eine Beschwerde gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts statthaft sei, und zweitens, ob die Kommission definitiv ausgeschlossen habe, dass er einen Arbeitsunfall erlitten habe.

83      Die Kommission antwortete dem Kläger mit Schreiben vom 4. Februar 2005, dass die Entscheidung, die Sache an das IDOC abzugeben, unanfechtbar und die im Hinblick auf die Unparteilichkeit dieses Amts geäußerte Kritik nicht begründet sei. Im Übrigen habe er keine Unfallmeldung vorgenommen, da er in seiner Meldung vom 25. Juli 2003 ausdrücklich auf Art. 17 der alten gemeinsamen Regelung (der die Meldung einer Berufskrankheit betrifft) Bezug genommen habe, und nicht auf Art. 16 dieser Regelung (der die Meldung eines Unfalls betrifft).

84      Mit Entscheidung vom 28. Februar 2005 lehnte die Anstellungsbehörde den Antrag des Klägers vom 22. Oktober 2004 auf Einstellung des gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahrens ab. Diese Entscheidung wurde damit begründet, dass das Disziplinar- und das Strafverfahren voneinander unabhängig seien; dass das belgische Strafverfahren mit einem Einstellungsbeschluss geendet habe bedeute somit nicht, dass deshalb das Disziplinarverfahren einzustellen wäre. Im Übrigen müsse das gegen den Kläger gerichtete Disziplinarverfahren wegen des Zusammenhangs mit der am 7. Oktober 2004 beim Gerichtshof gegen Frau Cresson erhobenen Klage weiter ausgesetzt bleiben. Die Aufrechterhaltung der Aussetzung des gegen den Kläger gerichteten Disziplinarverfahrens sei insbesondere aus folgenden Gründen gerechtfertigt:

„In Ihrem Fall wäre jede Entscheidung in der Sache, sei es eine Einstellung oder eine Fortführung des Verfahrens, gegenüber dem Verfahren vor dem Gerichtshof gegen Frau Cresson nicht neutral und könnte als ein Versuch der ungebührlichen Beeinflussung aufgefasst werden.

Bei [dem beim Gerichtshof gegen Frau Cresson anhängigen Verfahren] handelt es sich zwar nicht um ein Strafverfahren; die Rechtsprechung zu den Gründen für die Aussetzung des Disziplinarverfahrens im Falle der Einleitung eines Strafverfahrens, Art. 25 des Anhangs IX des Statuts (… Art. 88 [Abs. 5] des Statuts [in der bis zum 30. April 2004 geltenden Fassung]), kommt dennoch zum Tragen. Das [Gericht erster Instanz] hat insoweit nämlich festgestellt, dass mit dieser Bestimmung auch das Ziel verfolgt wird, ‚den betreffenden Beamten im Rahmen des gegen ihn eingeleiteten Strafverfahrens nicht schlechter zu stellen als wenn eine solche Entscheidung der Verwaltungsbehörde nicht ergangen wäre …‘ (Urteil vom 19. [März] 1998, Tzoanos/Kommission, T‑74/96, Slg. ÖD 1998, [I‑A‑129 und] II‑343 …).“

85      Der Kläger nahm mit Schreiben vom 24. März 2005 eine dritte „Arbeitsunfall-/Berufskrankheitsmeldung“ vor.

86      Mit Schreiben vom 12. Mai 2005 teilte die Kommission dem Kläger mit, dass seine neue Meldung, die in der Sache keinerlei Änderungen bringe, einfach zu den Akten genommen werde. Im Übrigen habe das IDOC am 16. März 2005 der Sektion „Versicherungen und Berufskrankheit“ des „Amts für die Feststellung und Abwicklung individueller Ansprüche“ (PMO) einen „Beitrag“ übermittelt, aufgrund dessen das gemäß Art. 17 der alten gemeinsamen Regelung eingeleitete Untersuchungsverfahren abgeschlossen werden könne (im Folgenden: Beitrag des IDOC).

87      Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 19. Mai 2005, ihm diesen Beitrag des IDOC mitzuteilen.

88      Am 20. Mai 2005 reichte der Kläger eine Beschwerde gegen die Entscheidung ein, mit der abgelehnt worden war, seinem Antrag auf Einstellung des Disziplinarverfahrens stattzugeben.

89      Mit Schreiben vom 9. Juni 2005 lehnte der Leiter der Sektion „Versicherungen und Berufskrankheit“ des PMO es ab, dem Kläger eine Kopie des Beitrags des IDOC zu der gemäß Art. 17 der alten gemeinsamen Regelung eingeleiteten Untersuchung mitzuteilen. Er rechtfertigte diese Ablehnung „bis auf Weiteres“ mit zwei Gründen. Zum einen stelle dieser Beitrag eine vorbereitende Handlung dar, über die der vom Organ bestellte Arzt verfügen können müsse, ohne Gefahr zu laufen, dass die Verbreitung des Beitrags die Schlussfolgerungen des Berichts, den er erstellen soll, vorwegnehme. Zweitens greife die Ausnahmeregelung des Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001, wonach die Organe den Zugang zu einem Dokument verweigern dürfen, durch dessen Verbreitung der Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten beeinträchtigt würde.

90      Der Kläger beantragte bei der Anstellungsbehörde am 4. Juli 2005 mit Schreiben vom 29. Juni 2005, ihm den gesamten Schaden zu ersetzen, der ihm durch die verschiedenen Pflichtverletzungen entstanden sei, die er der Kommission vorwirft.

91      Die Beschwerde vom 20. Mai 2005 wurde von der Anstellungsbehörde mit Entscheidung vom 26. September 2005 abgelehnt.

92      Der Antrag vom 29. Juni 2005 wurde von der Anstellungsbehörde mit Entscheidung vom 10. November 2005 abgelehnt. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger am 23. Januar 2006 mit Schreiben vom 19. Januar 2005 Beschwerde ein. Diese Beschwerde wurde gemäß Art. 90 Abs. 2 Unterabs. 2 des Statuts stillschweigend abgelehnt.

93      Der Kläger erhob am 16. Dezember 2005, nachdem seine Beschwerde vom 20. Mai 2005 mit Entscheidung vom 26. September 2005 abgelehnt worden war (vgl. Randnrn. 88 und 91 des vorliegenden Urteils), die unter dem Aktenzeichen F‑124/05 in das Register der Kanzlei eingetragene Klage.

94      Am 11. Juli 2006 erging das Urteil Kommission/Cresson.

95      Am 10. August 2006 erhob der Kläger, nachdem seine Beschwerde vom 19. Januar 2006 stillschweigend abgelehnt worden war (vgl. oben Randnr. 92), die unter dem Aktenzeichen F‑96/06 in das Register eingetragene Klage.

96      Der Vizepräsident der Kommission, Herr Kallas, teilte dem Kläger am 16. Oktober 2006 mit, dass er nach eingehender Prüfung des Urteils Kommission/Cresson beschlossen habe, das gegen ihn gerichtete Disziplinarverfahren einzustellen.

97      Am 16. März 2007 teilte die Kommission dem Kläger den Entwurf einer Entscheidung mit, aufgrund der Schlussfolgerungen des vom Organ bestellten Arztes die Anerkennung der Krankheit des Klägers als Berufskrankheit abzulehnen.

98      Der Kläger beantragte am 3. Mai 2007 die Einsetzung des Ärzteausschusses gemäß Art. 22 der gemeinsamen Regelung.

99      Der Ärzteausschuss legte am 5. Dezember 2007 seinen Bericht vor, in dem er die Krankheit des Klägers einhellig als Berufskrankheit anerkannte. Die Schlussfolgerungen des Berichts des Ärzteausschusses lauten:

„1.      Infolge des psychischen Schocks, den er am [7. April] 2003 im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit erlitten hat, war [der Kläger] vorübergehend voll dienstunfähig, und zwar vom 10. April 2003 bis mindestens zum 31. August 2003.

2.      [Der Kläger] hat dann zweimal für kurze Zeit versucht, seinen Dienst wieder aufzunehmen, aber ohne Erfolg, daher Rückfälle in vorübergehende volle Dienstunfähigkeit, die offenkundig mit dem anfänglichen Krankheitsprozess zusammenhängen.

3.      Zum Zeitpunkt des Abschlusses des vorliegenden ärztlichen Gutachtens ist [der Kläger] immer noch vorübergehend voll dienstunfähig, und sein Zustand ist nicht konsolidierbar.

4.      [Der Kläger] ist in etwa zwei Jahren auf Antrag der zuerst handelnden Partei erneut zu untersuchen.

…“

100    Im Übrigen wird im Teil „Diskussion“ des Berichts des Ärzteausschusses u. a. Folgendes ausgeführt:

„Der Ärzteausschuss ist deshalb einhellig der Auffassung, dass die psychische Verfassung [des Klägers] noch in der Entwicklung begriffen ist und sein Zustand derzeit also nicht konsolidierbar ist.

Nach alledem hält es der Ärzteausschuss einhellig für gerechtfertigt, dass [beim Kläger] für die Zeit ab dem [18. März] 2003 eine Dienstunfähigkeit von über 66 % anerkannt wird.“

101    Am 28. März 2007 übersandte der Leiter der Sektion „Versicherung bei Unfall und Berufskrankheit“ des PMO dem Kläger ein Schreiben, in dem er ausführte, dass er aufgrund des Berichts des Ärzteausschusses vom 5. Dezember 2007 in der Lage sei, die Krankheit, unter der der Betreffende leide, als Berufskrankheit anzuerkennen. Diesem Schreiben war der Bericht des Ärzteausschusses vom 5. Dezember 2007 beigefügt.

102    Der Kläger übersandte dem Leiter der Sektion „Versicherung bei Unfall und Berufskrankheit“ des PMO am 8. April 2008 ein Schreiben, mit dem er diesen aufforderte, sofort über die Durchführung von Art. 73 Abs. 2 Buchst. b des Statuts zu entscheiden.

103    Der Leiter der Sektion „Versicherung bei Unfall und Berufskrankheit“ des PMO antwortete dem Kläger am 28. April 2008, dass er, da im Bericht des Ärzteausschusses vom 5. Dezember 2007 festgestellt werde, dass sein Zustand noch nicht „konsolidierbar“ und in etwa zwei Jahren erneut zu prüfen sei, derzeit noch nicht über die Anwendung von Art. 73 Abs. 2 Buchst. b des Statuts entscheiden könne.

104    Der Invaliditätsausschuss trat am 9. Juni 2008 wieder zusammen und kam aufgrund des Berichts des Ärzteausschusses vom 5. Dezember 2007 zu dem Ergebnis, dass die Dienstunfähigkeit des Klägers auf eine Berufskrankheit zurückzuführen sei.

105    Mit Entscheidung vom 16. Juni 2008, durch die die Entscheidung vom 8. November 2004 aufgehoben und ersetzt wurde, bewilligte die Anstellungsbehörde dem Kläger aufgrund der Schlussfolgerungen des Invaliditätsausschusses vom 9. Juni 2008 mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Invalidisierung, d. h. ab dem 30. November 2004, ein gemäß Art. 78 Abs. 5 des Statuts festgesetztes Invalidengeld.

106    Am 18. Februar 2009 erhob der Kläger beim Gericht eine dritte, unter dem Aktenzeichen F‑12/09 (A/Kommission) in das Register der Kanzlei eingetragene Klage, mit der er u. a. zum einen die Aufhebung der ablehnenden Entscheidung der Kommission vom 28. April 2008, über Art. 73 Abs. 2 Buchst. b des Statuts zu entscheiden, begehrt und zum anderen den Ersatz des Schadens, der ihm durch eine Gesamtheit von Pflichtverletzungen entstanden sein soll, die er der Kommission bei der Durchführung des Verfahrens der Anerkennung seiner Krankheit als Berufskrankheit vorwirft.

 Verfahren

I –  In der Rechtssache F‑124/05 vor Verbindung mit der Rechtssache F‑96/06

107    Mit besonderem Schriftsatz, der am 12. April 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, die nach Art. 3 Abs. 4 des Beschlusses 2004/752/EG, Euratom des Rates vom 2. November 2004 zur Errichtung des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (ABl. L 333, S. 7) für dieses Gericht bis zum Inkrafttreten seiner Verfahrensordnung entsprechend gegolten hat, gegen die Klage eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben.

108    Mit Schriftsatz, der am 12. Mai 2006 per Telefax bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist (der Eingang der Urschrift ist am 18. Mai 2006 erfolgt), hat der Kläger zur Einrede der Unzulässigkeit Stellung genommen.

109    Mit Beschluss vom 29. Juni 2006 hat das Gericht die Entscheidung über die Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 114 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz dem Endurteil vorbehalten.

110    Nach der Entscheidung, mit der das gegen den Kläger gerichtete Disziplinarverfahren eingestellt worden ist, hat die Kommission gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz mit besonderem Schriftsatz, der am 18. Oktober 2006 per Telefax bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist (der Eingang der Urschrift ist am 19. Oktober 2006 erfolgt), beantragt, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären.

111    Mit Schriftsatz, der am 2. November 2006 per Telefax bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist (der Eingang der Urschrift ist am 6. November 2006 erfolgt), hat der Kläger zu dem Antrag, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, Stellung genommen.

112    Mit Beschluss vom 22. November 2006 hat das Gericht die Entscheidung über den Antrag, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, gemäß Art. 114 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz dem Endurteil vorbehalten.

113    Die Kommission hat ihre Klagebeantwortung am 8. Januar 2007 per Telefax übermittelt (der Eingang der Urschrift ist am 11. Januar 2007 erfolgt).

114    Mit Beschluss vom 27. März 2007 hat das Gericht das Verfahren gemäß Art. 77 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz, nachdem die Parteien gemeinsam einen entsprechenden Antrag gestellt hatten, bis zum Abschluss des vom Kläger nach Art. 73 des Statuts eingeleiteten Verfahrens, längstens aber bis zum 30. Juni 2007 ausgesetzt. Mit Beschlüssen vom 24. Juli 2007 und 26. Oktober 2007 wurden auf derselben Grundlage, nachdem die Parteien gemeinsam entsprechende Anträge gestellt hatten, weitere Aussetzungen des Verfahrens bis zum Abschluss des vom Kläger nach Art. 73 des Statuts eingeleiteten Verfahrens, längstens aber bis zum 31. Oktober 2007 bzw. 1. März 2008 vorgenommen.

115    Im Wege prozessleitender Maßnahmen hat das Gericht die Parteien aufgefordert, schriftliche Fragen zu beantworten und bestimmte Unterlagen vorzulegen. Die Parteien sind dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen.

116    Am 9. Juli 2008 hat das Gericht beschlossen, die Rechtssache an das Plenum zu verweisen.

II –  In der Rechtssache F‑96/06 vor Verbindung mit der Rechtssache F‑124/05

117    Die Kommission hat ihre Klagebeantwortung am 20. November 2006 per Telefax übermittelt (der Eingang der Urschrift ist am 22. November 2006 erfolgt).

118    Mit Beschluss vom 27. März 2007 hat das Gericht das Verfahren gemäß Art. 77 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz, nachdem die Parteien gemeinsam einen entsprechenden Antrag gestellt hatten, bis zum Abschluss des vom Kläger nach Art. 73 des Statuts eingeleiteten Verfahrens, längstens aber bis zum 30. Juni 2007 ausgesetzt. Mit Beschlüssen vom 24. Juli 2007 und 26. Oktober 2007 wurden auf derselben Grundlage, nachdem die Parteien gemeinsam entsprechende Anträge gestellt hatten, weitere Aussetzungen des Verfahrens bis zum Abschluss des vom Kläger nach Art. 73 des Statuts eingeleiteten Verfahrens, längstens aber bis zum 31. Oktober 2007 bzw. 1. März 2008 vorgenommen.

119    Im Wege prozessleitender Maßnahmen hat das Gericht die Parteien aufgefordert, schriftliche Fragen zu beantworten und bestimmte Unterlagen vorzulegen. Die Parteien sind dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen.

120    Am 9. Juli 2008 hat das Gericht beschlossen, die Rechtssache an das Plenum zu verweisen.

III –  In den verbundenen Rechtssachen F‑124/05 und F‑96/06

121    Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 22. Januar 2009 sind die Rechtssachen F‑124/05 und F‑96/06 gemäß Art. 46 der Verfahrensordnung zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

122    Im Wege prozessleitender Maßnahmen hat das Gericht die Parteien aufgefordert, schriftliche Fragen zu beantworten und bestimmte Unterlagen vorzulegen. Die Parteien sind dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen.

 Anträge der Parteien

I –  In der Rechtssache F‑124/05

123    Der Kläger beantragt:

–        die Entscheidung, mit der die Einstellung des Disziplinarverfahrens abgelehnt worden ist, aufzuheben;

–        die Entscheidung der Kommission vom 26. September 2005, mit der seine Beschwerde vom 20. Mai 2005 zurückgewiesen worden ist, aufzuheben;

–        festzustellen, dass sein Antrag vom 22. Oktober 2004 zulässig und begründet ist;

–        festzustellen, dass die Kommission für die Pflichtverletzungen, die sie dadurch begangen hat, dass sie die Entscheidung, mit der die Einstellung des Disziplinarverfahrens abgelehnt worden ist, und die Entscheidung vom 26. September 2005 erlassen hat, haftet;

–        die Kommission zu verurteilen, an ihn und seine Familie 3 163 602 Euro zu zahlen;

–        gemäß Art. 17 Abs. 4 der Dienstanweisung für den Kanzler des Gerichts erster Instanz vom 3. Mai 1994 anzuordnen, dass sein Name bei allen den vorliegenden Rechtsstreit betreffenden Veröffentlichungen weggelassen wird;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

124    Die Kommission beantragt:

–        festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat;

–        hilfsweise, die Klage als unzulässig abzuweisen;

–        äußerst hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden, hilfsweise, die Entscheidung über die Kosten der Entscheidung vorzubehalten, die in der unter dem Aktenzeichen F‑96/06 in das Register der Kanzlei eingetragenen Rechtssache zu erlassen ist.

II –  In der Rechtssache F‑96/06

125    Der Kläger beantragt:

–        festzustellen, dass die Kommission für die von ihr begangenen Pflichtverletzungen haftet;

–        die Kommission zu verurteilen, an ihn und seine Familie 3 163 602 Euro zu zahlen;

–        gemäß Art. 17 Abs. 4 der Dienstanweisung für den Kanzler des Gerichts erster Instanz vom 3. Mai 1994 anzuordnen, dass sein Name bei allen den vorliegenden Rechtsstreit betreffenden Veröffentlichungen weggelassen wird;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

126    Die Kommission beantragt:

–        die Klage als teilweise unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet abzuweisen;

–        über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

 Rechtliche Würdigung

I –  Zur Klage F‑124/05

127    Zunächst ist der Antrag der Kommission auf Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat, zu prüfen.

A –  Vorbringen der Parteien

128    Die Kommission stützt ihren Antrag auf Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat, auf zwei Argumente. Erstens sei das Interesse des Klägers an der Aufhebung der Entscheidung, mit der die Einstellung des Disziplinarverfahrens abgelehnt worden sei, mit der im Anschluss an das Urteil Kommission/Cresson ergangenen Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 16. Oktober 2006 über die Einstellung dieses Verfahrens entfallen. Zweitens stimmten die Schadensersatzanträge der Klage F‑124/05 im Wesentlichen mit denjenigen der Klage F‑96/06 überein.

129    Der Kläger stellt klar, dass er nicht bestreite, dass die Klage, was den Antrag auf Aufhebung der ablehnenden Entscheidung über die Einstellung des Disziplinarverfahrens angehe, gegenstandslos geworden sei. Sein Schadensersatzantrag sei aber nach wie vor uneingeschränkt von Belang. Da die Klage F‑124/05 vor der Klage F‑96/06 erhoben worden sei, müsse das Gericht zunächst über die erste Klage entscheiden und diese Entscheidung dann im Rahmen der zweiten Klage berücksichtigen.

B –  Würdigung durch das Gericht

130    Mit dem Antrag vom 22. Oktober 2004 begehrte der Kläger die Einstellung des gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahrens. Mit Entscheidung vom 16. Oktober 2006 wurde dieses Verfahren eingestellt. Mit dieser Entscheidung hat der Kläger also erreicht, was er erreichen wollte.

131    Im Übrigen räumt der Kläger selbst ein, dass die Aufhebungsanträge durch die Entscheidung der Kommission, mit der das gegen ihn gerichtete Disziplinarverfahren eingestellt worden ist, gegenstandslos geworden sind. Ein solches Eingeständnis kann als Rücknahme dieser Anträge durch den Kläger gewertet werden.

132    Die Aufhebungsanträge haben sich also in der Hauptsache erledigt.

133    Hingegen sind die Schadensersatzanträge der Klage nicht gegenstandslos geworden.

134    Zunächst ist erstens festzustellen, dass der achte Klagegrund der unter dem Aktenzeichen F‑96/06 in das Register der Kanzlei eingetragenen Klage auf alle Klagegründe verweist, die in der unter dem Aktenzeichen F‑124/05 in das Register der Kanzlei eingetragenen Klage geltend gemacht werden, und zweitens, dass die Anträge der unter dem Aktenzeichen F‑96/06 in das Register eingetragenen Klage mit den Schadensanträgen der unter dem Aktenzeichen F‑124/05 in das Register eingetragenen Klage übereinstimmen.

135    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass eine Klage, wenn sie hinsichtlich der Parteien, des Streitgegenstands und der Klagegründe mit einer vor ihr erhobenen Klage übereinstimmt, nach ständiger Rechtsprechung als unzulässig abzuweisen ist (Urteile des Gerichtshofs vom 17. Mai 1973, Perinciolo/Rat, 58/72 und 75/72, Slg. 1973, 511, Randnrn. 3 bis 5, vom 19. September 1985, Hoogovens Groep/Kommission, 172/83 und 226/83, Slg. 1985, 2831, Randnr. 9, und vom 22. September 1988, Frankreich/Parlament, 358/85 und 51/86, Slg. 1988, 4821, Randnr. 12; Beschluss des Gerichts vom 19. September 2006, Vienne u. a./Parlament, F‑22/06, Slg. ÖD 2006, I‑A‑1‑101 und II‑A‑1‑377, Randnr. 12).

136    Die Klage F‑124/05 ist zwar vor der Klage F‑96/06 in das Register der Kanzlei eingetragen worden; im Hinblick auf die Verbindung der Rechtssachen F‑124/05 und F‑96/06 zu gemeinsamer mündlicher Verhandlung und gemeinsamer Entscheidung hält es das Gericht im Interesse einer geordneten Rechtspflege aber für zweckmäßig, die Schadensersatzanträge des Klägers nicht im Rahmen der unter dem Aktenzeichen F‑124/05 in das Register eingetragenen Klage zu prüfen, sondern im Rahmen der unter dem Aktenzeichen F‑96/06 in das Register eingetragenen Klage.

137    Mithin ist dem Antrag der Kommission auf Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat, in vollem Umfang stattzugeben.

II –  Zur Klage F‑96/06

A –  Zur Zulässigkeit

1.     Vorbringen der Parteien

138    In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission geltend gemacht, im Hinblick auf das vom Kläger eingeleitete Verfahren zur Anerkennung seiner Krankheit als Berufskrankheit sei die Schadensersatzklage verfrüht erhoben worden und daher unzulässig. Die Kommission beruft sich auf das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 15. Dezember 1999, Latino/Kommission (T‑300/97, Slg. ÖD 1999, I‑A‑259 und II‑1263, Randnrn. 94 und 95), in dem der Antrag eines Beamten auf Ersatz des durch seine Berufskrankheit entstandenen immateriellen Schadens mit der Begründung für verfrüht befunden worden sei, dass es zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage nicht möglich gewesen sei, die Angemessenheit der dem Betreffenden nach dem Statut zustehenden Entschädigung zu beurteilen. Im vorliegenden Fall werde im Bericht des Ärzteausschusses festgestellt, dass es mangels einer Konsolidierung des Gesundheitszustands des Klägers nicht möglich sei, dessen Invaliditätsgrad zu ermitteln, und dass der Fall des Klägers spätestens in etwa zwei Jahren erneut zu prüfen sei. Bis das Ergebnis dieser erneuten Prüfung vorliege, stehe nicht fest, welchen Betrag der Kläger nach Art. 73 Abs. 2 des Statuts erhalten könne. Ohne diese Information könne das Gericht aber nicht beurteilen, ob die vom Kläger nach dieser Bestimmung erhaltene Entschädigung einen ausreichenden Ausgleich seines Schadens darstelle.

139    Der Kläger erwidert, die Entscheidung der Anstellungsbehörde nach Art. 73 Abs. 2 des Statuts setze nicht die Festsetzung eines Invaliditätsgrads durch den Ärzteausschuss voraus. Nach Art. 11 Abs. 2 der neuen gemeinsamen Regelung betrage der Beeinträchtigungsgrad bei dauernder Vollinvalidität infolge eines Unfalls oder einer Berufskrankheit 100 %, und der Betroffene erhalte den in Art. 73 Abs. 2 Buchst. b des Statuts vorgesehenen Kapitalbetrag. Der Ärzteausschuss habe aber am 29. Oktober 2004 festgestellt, dass beim Kläger dauernde Vollinvalidität vorliege.

140    Der Kläger macht ferner geltend, das Gericht erster Instanz habe im Urteil vom 10. Dezember 2008, Nardone/Kommission (T‑57/99, Slg. ÖD 2008, I‑A‑2‑83 und II‑A‑2‑505) festgestellt, dass der im Urteil Latino/Kommission aufgestellte Grundsatz, wonach ein gegebenenfalls wegen eines Amtsfehlers zu leistender Schadensersatz die Regelung des Statuts nur ergänze und nur dann in Betracht komme, wenn festzustellen sei, dass die nach dieser Regelung erhaltenen Beträge nicht ausreichten, nicht ausnahmslos gelte. Der im Urteil Nardone/Kommission entwickelte Ansatz müsse auch in seinem Fall zum Tragen kommen, da durch die nicht gerechtfertigte Verschleppung des nach Art. 73 des Statuts eingeleiteten Verfahrens der Zustand der Ungewissheit, in dem sich der Kläger seit Jahren befinde, aufrechterhalten und die Konsolidierung seines Gesundheitszustands verhindert werde. Die Kommission lehne es aber ab, ihn zu entschädigen, solange sein Gesundheitszustand nicht konsolidiert sei. Die Kommission habe ihn so in einen „Zirkelschluss“, einen „Teufelskreis“, gezwängt, dem allein das Gericht ein Ende machen könne, indem es das Organ verurteile, ihn sofort zu entschädigen.

141    Die Kommission entgegnet darauf, dass die besonderen Umstände, die dem Urteil Nardone/Kommission zugrunde gelegen hätten, hier nicht vorlägen.

2.     Würdigung durch das Gericht

142    Vorab ist festzustellen, dass die Kommission nicht in ihrer Klagebeantwortung in der Rechtssache F‑96/06 geltend gemacht hat, dass die Klage wegen verfrühter Erhebung unzulässig sei, sondern dieses Argument lediglich wie folgt vorgebracht hat: zunächst in ihrer Klagebeantwortung in der Rechtssache F‑124/05, wobei sie klargestellt hat, dass dieses Argument auch für die Klage F‑96/06 gelte, dann in einem Schreiben vom 25. Februar 2008, das sie auf eine beide Rechtssachen betreffende prozessleitende Maßnahme des Gerichts vorgelegt hat, und schließlich in der mündlichen Verhandlung, die für beide Rechtssachen gemeinsam durchgeführt worden ist.

143    Dass die Kommission diese Unzulässigkeitseinrede nicht in ihrer Klagebeantwortung in der Rechtssache F‑96/06 geltend gemacht hat, hindert das Gericht aber nicht daran, diese Einrede zu prüfen, da die Voraussetzungen der Art. 90 und 91 des Statuts für die Zulässigkeit einer Klage zwingendes Recht sind (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 18. Dezember 2008, Belgien und Kommission/Genette, T‑90/07 P und T‑99/07 P, Slg. 2008, II‑3859, Randnr. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Übrigen ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die beiden Rechtssachen verbunden worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 18. März 1980, Forges de Thy‑Marcinelle und Monceau/Kommission, 26/79 und 86/79, Slg. 1980, 1083, Randnr. 4) und dass die Parteien in der mündlichen Verhandlung, die für beide Rechtssachen gemeinsam durchgeführt worden ist, Gelegenheit hatten, kontradiktorisch über diese Frage zu verhandeln.

144    Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht bei allen vom Kläger geltend gemachten Schäden um Gesundheitsschäden, so dass nicht von vornherein davon ausgegangen werden kann, dass sie im Rahmen des Verfahrens der Anerkennung seiner Krankheit als Berufskrankheit in vollem Umfang ersetzt werden können. Einige Rügen des Klägers betreffen Umstände, durch die einem Beamten auch ohne Vorliegen einer Berufskrankheit ein immaterieller Schaden zugefügt werden kann.

145    Insbesondere durch die zahlreichen Verletzungen der Verteidigungsrechte, die vom Kläger gerügt werden, kann diesem möglicherweise ein immaterieller Schaden zugefügt worden sein, der nichts mit einer Beeinträchtigung seiner Gesundheit zu tun hat und folglich nicht durch den in Art. 73 des Statuts vorgesehenen Kapitalbetrag wieder gutgemacht werden kann.

146    Der Kläger begehrt insbesondere auch Ersatz des immateriellen Schadens, der ihm durch die überlange Dauer des gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahrens entstanden sein soll.

147    Hierzu ist festzustellen, dass ein Disziplinarverfahren jeden Beamten im Hinblick auf seine berufliche Zukunft in einen Zustand der Ungewissheit versetzt und bei dem Beamten zwangsläufig einen gewissen Stress und eine gewisse Angst hervorruft. Dauert diese Ungewissheit übermäßig lange an, übersteigen der Stress und die Angst, die beim Beamten hervorgerufen werden, das zumutbare Maß. Bei einer überlangen Dauer des Disziplinarverfahrens wird deshalb vermutet, dass der Betroffene einen immateriellen Schaden erlitten hat.

148    Es ist unstreitig, dass auf einen solchen Zustand einer erheblichen Ungewissheit, der eine angemessene Dauer übersteigt, jeder anders reagieren kann, z. B je nach seiner psychischen Anfälligkeit. Die unangemessene Dauer eines Disziplinarverfahrens kann so seelischen Schmerz hervorrufen oder in schwereren Fällen zu einer echten psychischen Erkrankung oder zur Verschlimmerung einer bereits vorhandenen psychischen Erkrankung führen.

149    Was insbesondere den immateriellen Schaden angeht, der gegebenenfalls durch die überlange Dauer eines Disziplinarverfahrens verursacht wird, ist zu unterscheiden zwischen demjenigen, der jedem Beamten oder sonstigem Bediensteten entsteht, unabhängig davon, ob gegebenenfalls eine Krankheit auftritt, und demjenigen, der durch eine auf die überlange Dauer dieses Verfahrens zurückzuführende psychische Krankheit – oder Verschlimmerung einer solchen Krankheit – entsteht (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 2. Mai 2007, Giraudy/Kommission, F‑23/05, Slg. ÖD 2007, I‑A‑1‑121 und II‑A‑1‑657, Randnrn. 197 bis 202).

150    Ein Schadensersatzantrag, mit dem der Ersatz eines Schadens der erstgenannten Art begehrt wird, ist also unabhängig davon zulässig, wie der Stand eines von dem Beamten außerdem nach Art. 73 des Statuts eingeleiteten Verfahrens ist.

151    Hingegen ist der Schadensersatzantrag eines Beamten, mit dem dieser Ersatz des ihm durch eine Berufskrankheit entstandenen materiellen und immateriellen Schadens begehrt, nach der Rechtsprechung grundsätzlich nicht zulässig, solange das Verfahren nach Art. 73 des Statuts nicht abgeschlossen ist.

152    Die Durchführungsregelung zu Art. 73 des Statuts gewährt bei Unfall oder Berufskrankheit einen Pauschalbetrag, ohne dass der Betroffene ein Fehlverhalten des Organs nachweisen muss. Im Übrigen kann der Beamte nach der Rechtsprechung nur dann eine zusätzliche Entschädigung beantragen, wenn sich erweist, dass nach dem Statut keine angemessene Entschädigung des erlittenen Schadens gewährt werden kann (Urteile des Gerichtshofs vom 8. Oktober 1986, Leussink/Kommission, 169/83 und 136/84, Slg. 1986, 2801, Randnr. 13, und vom 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, C‑257/98 P, Slg. 1999, I‑5251, Randnr. 22; Urteile des Gerichts erster Instanz vom 14. Mai 1998, Lucaccioni/Kommission, T‑165/95, Slg. ÖD 1998, I‑A‑203 und II‑627, Randnr. 71, und Latino/Kommission, Randnr. 94).

153    Infolgedessen ist eine Klage, mit der ein Beamter Ersatz des wegen seiner Berufskrankheit erlittenen Schadens begehrte und die vor dem Abschluss des Verfahrens nach Art. 73 des Statuts erhoben worden war, als verfrüht zurückgewiesen worden, da es zur Zeit der Klageerhebung nicht möglich war, die Angemessenheit der dem Kläger nach dem Statut zustehenden Entschädigung zu beurteilen (Urteil Latino/Kommission, Randnrn. 94 und 95).

154    Das Gericht erster Instanz hat in einem neueren Urteil aber festgestellt, dass aus dem Umstand, dass das medizinische Verfahren nicht abgeschlossen sei, nicht in jedem Fall geschlossen werden könne, dass eine Klage auf Schadensersatz wegen eines Amtsfehlers, den das Organ begangen haben soll, verfrüht wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil Nardone/Kommission, Randnr. 56). In diesem Urteil wird nämlich ausgeführt, dass ein Beamter zwar gewöhnlich gegebenenfalls schneller und kostengünstiger den Nachweis dafür erbringen könne, dass er Anspruch auf eine Pauschalentschädigung gemäß Art. 73 des Statuts habe, als dafür, dass die Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Gemeinschaft vorlägen; das sei aber nicht immer der Fall (Urteil Nardone/Kommission, Randnr. 56). Wenn das Gericht erster Instanz im Urteil Latino/Kommission die Zulässigkeit einer allgemeinen Schadensersatzklage von der Ausschöpfung der Möglichkeit der Entschädigung nach Art. 73 des Statuts abhängig gemacht habe, so sei dies aus Gründen der Prozessökonomie geschehen; dieser Grundsatz erfordere eine Abwägung der verschiedenen Faktoren im Einzelfall (Urteil Nardone/Kommission, Randnr. 56).

155    Insoweit ist in Bezug auf die Feststellung und Bemessung eines durch eine Berufskrankheit entstandenen Schadens zu präzisieren, dass das zur Durchführung von Art. 73 des Statuts vorgesehene Verfahren lex specialis gegenüber den allgemeinen Vorschriften über die außervertragliche Haftung ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Giraudy/Kommission, Randnrn. 193 bis 196).

156    In den meisten Fällen ist für die Feststellung des Kausalzusammenhangs zwischen den Bedingungen der Ausübung des Dienstes und dem geltend gemachten Schaden sowie für die Bemessung dieses Schadens ein ärztliches Gutachten erforderlich, so dass es vor Abschluss des Verfahrens nach Art. 73 des Statuts für den Unionsrichter nicht sinnvoll, wenn nicht gar unmöglich wäre, diesen Kausalzusammenhang und diesen Schaden festzustellen.

157    Das trifft im vorliegenden Fall zu, so dass der im Urteil Nardone/Kommission entwickelte Ansatz nicht zum Tragen kommen kann.

158    Mit diesem Ansatz wurde der Prozessökonomie Rechnung getragen, und zwar unter „[den] besonderen Umständen, durch die [diese] Rechtssache gekennzeichnet [war]“ (Urteil Nardone/Kommission, Randnr. 57). In dieser Rechtssache war nämlich kein ärztliches Gutachten erforderlich, um den von Herrn Nardone wegen seiner Arbeit in einer staubigen und gesundheitsschädlichen Umgebung erlittenen immateriellen Schaden zu bemessen (vgl. in diesem Sinne Urteil Nardone/Kommission, Randnrn. 98 bis 123).

159    Hingegen ist in der vorliegenden Rechtssache ein ärztliches Gutachten erforderlich, um festzustellen, inwieweit der körperliche und psychische Schaden auf die Bedingungen der Ausübung der beruflichen Tätigkeit des Klägers zurückzuführen ist.

160    Überdies steht das vom Kläger nach Art. 73 des Statuts eingeleitete Verfahren, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, offenbar kurz vor dem Abschluss. Nach dem Bericht des Ärzteausschusses vom 5. Dezember 2007 sollte der Kläger nämlich in etwa zwei Jahren auf Antrag der zuerst handelnden Partei erneut untersucht werden.

161    Im Übrigen ist, wenn bei Beendigung der ärztlichen Heilbehandlung der Invaliditätsgrad noch nicht endgültig bestimmt werden kann, nach Art. 19 Abs. 3 Unterabs. 2 der gemeinsamen Regelung im Bericht des Ärzteausschusses der Zeitpunkt anzugeben, zu dem der Fall des Versicherten spätestens erneut zu prüfen ist. Diese Bestimmung ist aber unbedingt eng auszulegen. Denn wenn der Ärzteausschuss den Zeitpunkt, zu dem der Fall des Versicherten erneut zu prüfen ist, mehrmals verlegen könnte, würden bestimmte Versicherte den Kapitalbetrag gemäß Art. 73 des Statuts zu ihren Lebzeiten nie erhalten. Im Übrigen ließe sich eine weite Auslegung nicht mit dem Begriff der Konsolidierung vereinbaren, wie er in Art. 19 Abs. 3 der gemeinsamen Regelung definiert ist; danach sind die Folgen des Unfalles oder der Berufskrankheit konsolidiert, wenn sie sich stabilisiert haben oder abzusehen ist, dass sie sich nur noch sehr langsam und in sehr begrenztem Umfang abschwächen werden. Konsolidierung bedeutet also nicht, dass sich der Zustand des Patienten überhaupt nicht entwickelt, sondern eine Stabilisierung oder sehr langsame Entwicklung.

162    Nach alledem ist es im vorliegenden Fall nach dem Grundsatz der Prozessökonomie erforderlich, dass das besondere Verfahren zur Durchführung von Art. 73 des Statuts abgeschlossen ist.

163    Ohne dass auf die die Durchführung des Verfahrens nach Art. 73 des Statuts betreffenden Rügen des Klägers, einschließlich der in Randnr. 139 des vorliegenden Urteils dargelegten Rüge der Nichtanwendung von Art. 11 Abs. 2 der neuen gemeinsamen Regelung, eingegangen werden müsste, ist somit festzustellen, dass die Klage des Klägers, soweit sie auf den Ersatz des durch die Berufskrankheit, unter der er leidet, entstandenen Schadens abzielt, verfrüht ist und demzufolge als unzulässig abzuweisen ist. Dagegen ist der Schadensersatzantrag des Klägers zulässig, soweit er den Aspekt des immateriellen Schadens betrifft, der von der Krankheit, unter der der Kläger leidet, unabhängig ist.

B –  Zur Begründetheit

164    Der Kläger trägt vor, die Kommission habe zahlreiche Pflichtverletzungen begangen, die ein Mobbing gegen ihn erkennen ließen. Die Depression, unter der er leide und wegen der seine Invalidisierung erfolgt sei, sei durch diese verschiedenen Pflichtverletzungen ausgelöst worden, und wegen dieser Pflichtverletzungen sei es immer wieder zu Rückfällen gekommen. Er habe so einen sich aus dem Unterschied zwischen seinen Dienstbezügen und seinem Invalidengeld ergebenden materiellen sowie einen besonders schweren immateriellen Schaden erlitten.

165    Vorab ist festzustellen, dass der Kläger in seiner Klageschrift beantragt hatte, einen Sachverständigen zu bestellen, der den von ihm erlittenen materiellen und immateriellen Schaden hätte bemessen sollen. In der mündlichen Verhandlung ist der Kläger nicht mehr auf diesen Antrag zurückgekommen; er hat eine aktualisierte Schätzung seines Schadens vorgelegt, nach der sich dieser auf 3 163 602 Euro belaufen soll. Das ist als Rücknahme des Antrags auf Bestellung eines Sachverständigen durch den Kläger zu werten.

166    Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einer Schadensersatzklage eines Beamten die Haftung der Gemeinschaft an das Zusammentreffen mehrerer Voraussetzungen geknüpft: Die den Organen vorgeworfene Handlung muss rechtswidrig sein, es muss ein tatsächlicher Schaden eingetreten sein, und zwischen der Handlung und dem behaupteten Schaden muss ein Kausalzusammenhang bestehen (Urteil des Gerichtshofs vom 21. Februar 2008, Kommission/Girardot, C‑348/06 P, Slg. 2008, I‑833, Randnr. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 6. Mai 2009, M/EMEA, T‑12/08 P, Slg. ÖD 2009, I‑B‑1‑31 und II‑B‑1‑159, Randnr. 98).

167    Zunächst ist zu prüfen, ob die Kommission eine Pflichtverletzung begangen hat, die geeignet wäre, ihre Haftung zu begründen.

1.     Zu den der Kommission vorgeworfenen Pflichtverletzungen

168    Der Kläger stützt seine Schadensersatzklage auf acht Rügen, mit denen im Wesentlichen Folgendes beanstandet wird:

–        seine nach seiner Auffassung ungerechtfertigte Anschuldigung in der „Affäre Berthelot“ (erste Rüge);

–        verschiedene Unzulänglichkeiten und Verletzungen der Verteidigungsrechte, mit denen die Verwaltungsuntersuchungen behaftet sein sollen (zweite Rüge);

–        eine Verletzung des Grundsatzes der Vertraulichkeit der Untersuchungen des OLAF (dritte Rüge);

–        die Rechtswidrigkeit der Aufhebung seiner Befreiung von der Gerichtsbarkeit (vierte Rüge);

–        die Rechtswidrigkeit der Entscheidung über seine Versetzung (fünfte Rüge);

–        verschiedene Rechtsfehler, mit denen das Verfahren über die Anerkennung seiner Krankheit als Berufskrankheit behaftet sein soll (sechste Rüge);

–        die Rechtswidrigkeit des Gutachtens des Invaliditätsausschusses vom 29. Oktober 2004 (siebte Rüge);

–        die Rechtswidrigkeit der Einleitung und der Fortführung des gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahrens (achte Rüge).

a)     Zur ersten Rüge: nach Auffassung des Klägers ungerechtfertigte Anschuldigung in der „Affäre Berthelot“

 Vorbringen der Parteien

169    Mit der ersten Rüge beanstandet der Kläger seine nach seiner Auffassung völlig ungerechtfertigte Anschuldigung in der „Affäre Berthelot“. Indem die Kommission ihn, ohne dass irgendwelche Beweise vorgelegen hätten, als Hauptinitiator der „Affäre Berthelot“ angesehen habe, „ohne jegliche Grundlage derart schwere Vorwürfe gegen [ihn] erhoben [habe], den belgischen Justizbehörden die [von ihm abgegebene] Stellungnahme vorenthalten [habe], obwohl diese wesentlich gewesen [sei], diese Vorwürfe derart lange aufrechterhalten [habe], ohne auch nur im Geringsten ihrer Ermittlungspflicht nachgekommen zu sein, um sie zu überprüfen, und sogar ein Disziplinarverfahren gegen [ihn] eingeleitet [habe]“, habe sie gegen ihre Fürsorge- und Beistandspflicht und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, sein berechtigtes Vertrauen enttäuscht und gegen den 10. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1073/1999 verstoßen, in dem der Grundsatz genannt ist, dass sich die Schlussfolgerungen aus einer Untersuchung des OLAF nur auf beweiskräftige Tatsachen gründen dürfen.

170    In ihrer Entscheidung vom 10. November 2005, mit der der Antrag des Klägers abgelehnt wurde, vertrat die Anstellungsbehörde die Auffassung, dass die vom Kläger mit dieser ersten Rüge geltend gemachten Argumente materielle Aspekte des Disziplinarverfahrens beträfen.

171    Der Kläger hält diesem Argument in seiner Klageschrift entgegen, dass die vorliegende Rüge weiter reiche als die achte Rüge der Klage, die die Rechtswidrigkeit des Disziplinarverfahrens betrifft.

 Würdigung durch das Gericht

172    Soweit die im Rahmen der vorliegenden Rüge vorgebrachten Argumente einen starken Bezug zur achten Rüge aufweisen, mit der der Kläger die Entscheidung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen ihn rügt, werden sie im Rahmen dieser Rüge untersucht werden.

173    Soweit die vorliegende Rüge dahin verstanden werden kann, dass mit ihr beanstandet wird, dass die Untersuchungen des OLAF und des IDOC gegen den Kläger gerichtet waren, ist festzustellen, dass ein Organ im Hinblick auf die Einleitung und die Durchführung von Verwaltungsuntersuchungen über einen großen Ermessensspielraum verfügt, vorausgesetzt, es besteht der begründete Verdacht, dass ein Disziplinarvergehen begangen worden ist.

174    Im vorliegenden Fall war der Kläger aber zum Zeitpunkt der rechtswidrigen Neueinstufung von Herrn Berthelot in die Besoldungsgruppe und dessen ebenfalls rechtswidriger Einstellung bei der GFS Kabinettschef von Frau Cresson, einem Mitglied der Kommission. Außerdem betrafen Aussagen bestimmter Beamter und sonstiger Bediensteter den Kläger. Insbesondere behauptete Frau T., Assistentin in der GFS, dass sie dem Kläger auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin eine Mitteilung über die Durchführbarkeit der Neueinstufung von Herrn Berthelot und dessen möglicher Einstellung als Gastwissenschaftler bei der GFS übersandt habe.

175    Es war somit gerechtfertigt, dass das OLAF und das IDOC im Rahmen ihrer Untersuchungen geprüft haben, ob der Kläger als Kabinettschef bei den festgestellten Unregelmäßigkeiten eine Rolle gespielt hat, und wenn ja, welche.

176    Da im Zusammenhang mit der „Affäre Berthelot“ Umstände vorlagen, die geeignet waren, im Hinblick auf den Kläger einen konkreten Verdacht zu begründen, ist die Rüge, was die Einleitung und Durchführung von gegen den Kläger gerichteten Untersuchungen angeht, zurückzuweisen.

b)     Zur zweiten Rüge: Unzulänglichkeiten und Verletzungen der Verteidigungsrechte, mit denen die Verwaltungsuntersuchungen behaftet sein sollen

 Vorbringen der Parteien

177    Die zweite Rüge gliedert sich in zwei Teile. Mit dem ersten Teil der Rüge bemängelt der Kläger mehrere Unzulänglichkeiten und Verletzungen der Verteidigungsrechte, mit denen die Durchführung der Verwaltungsuntersuchungen behaftet sein soll. Mit dem zweiten Teil der Rüge beanstandet er die mangelnde Unparteilichkeit der Behörden, die die Verwaltungsuntersuchungen durchgeführt haben.

178    Im Rahmen des ersten Teils der Rüge bringt der Kläger folgende Argumente vor.

179    Als Erstes macht der Kläger geltend, er sei „in den Vordergrund gestellt worden“, während andere Personen, die bei der Neueinstufung von Herrn Berthelot in die Besoldungsgruppe und dessen Einstellung bei der GFS mitgewirkt hätten, nicht angeschuldigt worden seien.

180    Als Zweites seien bestimmte Beweismittel, die von ihm benannt worden seien, bei den mit der Durchführung der Untersuchungen betrauten Stellen nicht auf das geringste Interesse gestoßen. Erstens habe das OLAF den Terminkalender abgelehnt, den er ihm habe vorlegen wollen. Zweitens hätten sich die Kommission, das OLAF und das IDOC nicht bemüht, die Antwort von Herrn L., Leiter der Direktion „Personal und Verwaltung“ der GD „Forschung“, auf die Frage, warum das Betreten des Gebäudes Breydel in Brüssel durch drei Beamte zum Zweck einer Sitzung, die im November 1996 stattgefunden haben soll, nicht in das entsprechende Register eingetragen worden sei, zu überprüfen. Drittens hätten die Ermittler Frau M., zum maßgeblichen Zeitpunkt Leiterin des Sekretariats des Kabinettchefs, nie vernommen. Viertens seien die Widersprüche und Abweichungen zwischen den verschiedenen Aussagen nicht berücksichtigt worden.

181    Als Drittes seien dadurch, dass einem Team von Journalisten der RTBF gestattet worden sei, die Diensträume des OLAF zu betreten und vertrauliche Dokumente, in denen er unmittelbar angeschuldigt wurde, zu filmen, um sie am 27. Dezember 2000 im Rahmen der Sendung „Au nom de la loi“, die eine hohe Einschaltquote gehabt habe, zu zeigen, seine Verteidigungsrechte verletzt worden.

182    Als Viertes sei dem Bericht über eine ergänzende Verwaltungsuntersuchung vom 22. Februar 2002 eine Note vom 18. März 2002, die seine Stellungnahme enthalten habe, nicht beigefügt worden.

183    Mit dem zweiten Teil der Rüge kritisiert der Kläger insbesondere die Haltung der für die Durchführung der Untersuchung Verantwortlichen, Frau D., die es erstens unterlassen habe, das Protokoll über seine Anhörung in eine Note vom 27. März 2001 aufzunehmen, zweitens in einem Frau Cresson übersandten Schreiben vom 23. November 2001 ihn belastende Tatsachen als erwiesen hingestellt habe, und es drittens unterlassen habe, in ihre Note vom 18. März 2002 den Bericht über eine ergänzende Verwaltungsuntersuchung vom 22. Februar 2002 aufzunehmen.

184    Die Kommission macht als Erstes geltend, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung der Beamten nicht dahin ausgelegt werden könne, dass ein Beamter, der wegen Verletzung der Verpflichtungen aus dem Statut mit einer Disziplinarstrafe belegt worden sei, berechtigt wäre, sich unter Berufung auf den Umstand, dass ein anderer Beamter, der diese Verpflichtungen verletzt habe, nicht mit einer Disziplinarstrafe belegt worden sei, gegen die in seinem Fall getroffene Maßnahme zu wenden. Dies müsse erst recht im vorliegenden Fall gelten, in dem der Kläger nicht mit einer Disziplinarstrafe belegt worden sei.

185    Als Zweites bestreitet die Kommission die Behauptung des Klägers, dass die von ihm vorgebrachten tatsächlichen Gesichtspunkte nicht berücksichtigt worden seien. Die Untersuchungsberichte seien nämlich im Gutachtenstil, und nicht im Urteilsstil, formuliert; jede zwischen den Aussagen der verschiedenen Beamten festzustellende Abweichung sei darin erwähnt.

186    Die Kommission macht als Drittes geltend, in der Note des Klägers vom 18. März 2002 würden im Wesentlichen die in seiner Erklärung vom 12. September 2001 enthaltenen Behauptungen wiederholt, die dem Untersuchungsbericht des IDOC beigefügt sei. Der dem Kläger zur Stellungnahme übermittelte Entwurf eines Berichts habe daher im Hinblick auf diese Note nicht geändert werden müssen, da diese inhaltlich bei der Verfassung dieses Berichts bereits berücksichtigt worden sei.

187    Auf den zweiten Teil der Rüge entgegnet die Kommission, dass Frau D. in der Frau Cresson übersandten Note vom 23. November 2001 nicht Stellung beziehe, sondern eine Zeugenaussage wiedergebe. Von mangelnder Unparteilichkeit könne im Zusammenhang mit dieser Note deshalb keine Rede sein. Bezüglich der Note des Klägers vom 18. März 2002 verweist die Kommission auf ihre Ausführungen im Rahmen des ersten Teils der Rüge.

 Würdigung durch das Gericht

188    Was als Erstes das Argument angeht, dass andere Personen, die an der Neueinstufung von Herrn Berthelot in die Besoldungsgruppe und dessen Einstellung bei der GFS mitgewirkt hätten, nicht angeschuldigt worden seien, ist festzustellen, dass ein Organ im Hinblick auf die Einleitung und die Durchführung von Verwaltungsuntersuchungen über ein weites Ermessen verfügt, vorausgesetzt, es besteht der begründete Verdacht, dass ein Disziplinarvergehen begangen worden ist (vgl. Randnr. 173 des vorliegenden Urteils).

189    Zum einen wegen dieses weiten Ermessens und zum anderen wegen des Vorliegens von Umständen, die geeignet waren, im Hinblick auf den Kläger einen konkreten Verdacht zu begründen (vgl. Randnr. 176 des vorliegenden Urteils), kann dessen Vorbringen, dass gegen bestimmte Beamte keine Verwaltungsuntersuchungen eingeleitet worden seien, nicht die im ersten Teil der Rüge geltend gemachten Unzulänglichkeiten oder Verletzungen der Verteidigungsrechte begründen.

190    Was als Zweites das Argument des Klägers angeht, dass bestimmte Beweismittel, die er benannt habe, von den mit den Untersuchungen betrauten Stellen nicht berücksichtigt worden seien, so hat der Kläger nicht den Nachweis dafür erbracht, dass diese Stellen es unterlassen hätten, Beweise, die er geliefert haben will, zu den Akten zu nehmen und zu untersuchen.

191    Was als Drittes das Argument des Klägers angeht, die Note vom 18. März 2002 sei nicht in den Bericht über eine ergänzende Verwaltungsuntersuchung des IDOC aufgenommen worden, so ist festzustellen, dass diese Note gegenüber der diesem Bericht beigefügten Zeugenaussage des Klägers in tatsächlicher Hinsicht nichts Neues enthielt. Im Übrigen bedeutet das Recht des Beamten, sich zu den ihn betreffenden Tatsachen zu äußern, nicht, dass die Ermittler verpflichtet wären, die Schlussfolgerungen eines Berichts nach den Wünschen des angehörten Beamten abzuändern.

192    Schließlich sind als Viertes die vom Kläger im Hinblick auf eine mangelnde Unparteilichkeit der mit den Untersuchungen betrauten Stellen vorgebrachten Argumente zurückzuweisen. Denn erstens kann darin, dass die Verantwortliche der Untersuchung, Frau D., ihrer Note vom 27. März 2001 das Protokoll über die Anhörung des Klägers nicht beigefügt hat, keine solche mangelnde Unparteilichkeit gesehen werden, da dieser Bericht dem Abschlussbericht des IDOC beigefügt war. Zweitens macht die Kommission zu Recht geltend, dass nicht davon die Rede sein kann, dass Frau D. in ihrem Frau Cresson übersandten Schreiben vom 23. November 2001 den Kläger belastende Tatsachen als erwiesen hingestellt hätte; in diesem Schreiben hat Frau D. das ehemalige Mitglied der Kommission nämlich lediglich um Erläuterungen insbesondere zu der Aussage von Frau T., einer Assistentin in der GFS, gebeten. Drittens ist zu dem Argument, dass die Mitteilung vom 18. März 2002 nicht in den Bericht über eine ergänzende Verwaltungsuntersuchung des IDOC aufgenommen worden sein soll, bereits oben ausgeführt worden, dass das Recht des Beamten, sich zu den ihn betreffenden Tatsachen zu äußern, nicht bedeutet, dass die Ermittler verpflichtet wären, die Schlussfolgerungen eines Berichts nach den Wünschen des angehörten Beamten abzuändern.

193    Das Vorbringen zu der Erlaubnis, die die Kommission einem Team von Journalisten der RTBF erteilt haben soll, ein den Kläger betreffendes vertrauliches Dokument zu filmen, wird im Rahmen der dritten Rüge einer Verletzung des Grundsatzes der Vertraulichkeit der Untersuchungen des OLAF geprüft, in deren Rahmen dieselben Tatsachen geltend gemacht werden.

194    Somit ist vorbehaltlich der im Rahmen der dritten Rüge erfolgenden rechtlichen Würdigung des letztgenannten Arguments durch das Gericht festzustellen, dass die vom Kläger geltend gemachten Verletzungen der Verteidigungsrechte nicht vorliegen.

c)     Zur dritten Rüge: Verletzung des Grundsatzes der Vertraulichkeit bei den Untersuchungen des OLAF

 Vorbringen der Parteien

195    Mit der dritten Rüge wird beanstandet, dass bei den Untersuchungen des OLAF der Grundsatz der Vertraulichkeit verletzt worden sei. Der Kläger behauptet, das OLAF und/oder die Kommission hätten der RTBF im Laufe des Jahres 2000 gestattet, die Diensträume des OLAF zu betreten, ihn betreffende streng vertrauliche Dokumente einzusehen und einige davon zu filmen. So sei in der Fernsehsendung „Au nom de la loi“ vom 27. Dezember 2000, die hohe Einschaltquoten gehabt habe, das als „geheim“ eingestufte Protokoll seiner Anhörung durch das OLAF gezeigt worden, wodurch er öffentlich angeschuldigt worden sei.

196    Außerdem habe die Kommission ihre Beistandspflicht im Hinblick auf den Kläger verletzt, da sie keinerlei Anstalten gemacht habe, herauszufinden, wer für die Ausstrahlung dieses Dokuments verantwortlich gewesen sei, und die Ehre des Klägers wiederherzustellen.

197    Die Kommission hält diese Rüge für unzulässig, weil der Kläger sie in seiner gegen die Entscheidung über die Versetzung gerichteten Beschwerde vom 14. Oktober 2003 geltend gemacht habe. Diese Beschwerde sei von der Anstellungsbehörde mit Entscheidung vom 15. März 2005 zurückgewiesen worden, gegen die der Kläger innerhalb der Frist des Art. 91 des Statuts keine Klage erhoben habe.

198    Hilfsweise hält die Kommission diese Rüge für unbegründet; sie bestreitet, der RTBF gestattet zu haben, den Kläger betreffende Dokumente einzusehen.

199    Die Kommission führt erstens aus, dass das OLAF den audiovisuellen Medien im Rahmen des im Allgemeininteresse liegenden Ziels einer Information der Öffentlichkeit und im Rahmen seiner eigenen Kommunikationsstrategie allgemeine Fotos seiner Diensträume in Form einer Bilddatenbank zur Verfügung stelle und diesen Medien gestatte, allgemeine Filmaufnahmen in ihren Diensträume zu machen, ohne Zugang zu sensiblen Dokumenten oder Räumen.

200    Zweitens sei das Protokoll der Anhörung des Klägers durch das OLAF den belgischen Justizbehörden übermittelt worden; da das Protokoll auch anderen Einrichtungen als der Kommission übermittelt worden sei, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass die Kommission Journalisten der RTBF Zugang zu diesem Dokument verschafft habe.

201    Die Kommission bestreitet somit jeglichen Zusammenhang zwischen den allgemeinen Fotos der Diensträume des OLAF und der Aufnahme des in Rede stehenden vertraulichen Dokuments. Sie bedauert, dass Informationen in die Öffentlichkeit gedrungen seien, bestreitet aber, dafür verantwortlich zu sein, und weist darauf hin, dass der Kläger die Beweislast habe.

202    Zur behaupteten Verletzung ihrer Beistandspflicht macht die Kommission geltend, der Kläger habe keinen Antrag nach Art. 24 des Statuts an sie gerichtet.

 Würdigung durch das Gericht

–       Zur Zulässigkeit der Rüge

203    Zwar trifft zu, dass das Zeigen vertraulicher Dokumente in der Fernsehsendung vom 27. Dezember 2000 in der Beschwerde des Klägers vom 14. Oktober 2004 erwähnt wurde, die von der Anstellungsbehörde mit einer Entscheidung zurückgewiesen wurde, gegen die sich der Kläger nicht mit einer Klage nach Art. 91 des Statuts gewandt hat. In dieser Beschwerde erwähnte der Kläger in einem Satz, dass in der Sendung „Au nom de la loi“ ihn betreffende, nach seiner Auffassung vertrauliche Dokumente gezeigt worden seien, um ein Beispiel für die „zahlreichen Mobbingmaßnahmen“ anzuführen, die er im Zusammenhang mit der „Affäre Cresson“ habe erdulden müssen, und von denen die Maßnahme der Versetzung nur einen Gesichtspunkt darstelle.

204    Mit dieser Beschwerde hat der Kläger aber lediglich die Aufhebung der Entscheidung über die Versetzung begehrt. Mit ihr wurde kein Schadensersatz wegen behaupteter Pflichtverletzungen der Kommission beantragt.

205    Ein Beamter kann aber mehrere Beschwerden, die rechtlich jeweils einen anderen Gegenstand haben, durchaus auf denselben Beschwerdegrund, dasselbe Argument oder dieselbe Tatsache stützen (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts erster Instanz vom 19. September 2008, Chassagne/Kommission, T‑253/06 P, Slg. ÖD 2008, I‑B‑1‑43 und II‑B‑1‑295, Randnr. 149).

206    Die Unzulässigkeitseinrede der Kommission ist daher zurückzuweisen.

–       Zur Begründetheit der Rüge

207    Die Prüfung der Begründetheit dieser Rüge erfordert zunächst eine kurze Darstellung des in Rede stehenden Abschnitts der Sendung „Au nom de la loi“.

208    In einem kurzen Abschnitt der Sendung wurde der Name des Klägers genannt und eine Aufnahme gezeigt, die von dem Kommentar zu den Bildern der Sendung als das Protokoll der Vernehmung des Klägers durch das OLAF präsentiert wurde.

209    Der Name des Klägers wird im Zusammenhang mit dem Interview von Herrn H., dem Direktor der Gesellschaft H., genannt. Dieser berichtet, er sei aus eigener Initiative im Kabinett von Frau Cresson vorstellig geworden, um darum zu bitten, dass das Kabinett die Miete der von Herrn Berthelot bewohnten Wohnung übernehme, die bis dahin von der Gesellschaft H. gezahlt worden sei. Er habe zu seiner Überraschung feststellen müssen, dass der Dienstposten des Kabinettschefs umbesetzt worden sei und dass der neue Kabinettschef, d. h. der Kläger, ihm kurzerhand die Tür gewiesen und ihn gefragt habe, was dieser Quatsch solle. Es folgen Aufnahmen von den Diensträumen des OLAF, dann eine kurze Aufnahme eines auf dem Bildschirm unleserlichen Schriftstücks, das von dem Journalisten als Protokoll der Vernehmung des Klägers durch das OLAF präsentiert und wie folgt kommentiert wird:

„In einem Untersuchungsbericht des OLAF ist die Anhörung [des Klägers] enthalten. In dem Bericht wird bestätigt, dass Herr Berthelot ein- oder zweimal zusammen mit Herrn H. im Sekretariat vom Frau Cresson erschienen ist.“

210    Dann wendet sich die Sendung einem anderen Gesichtspunkt der Affäre zu.

211    In der in Rede stehenden Sendung wurden der Name des Klägers und ein Auszug des Protokolls seiner Vernehmung durch das OLAF also kurz und beiläufig genannt, ohne dass der Kläger persönlich angeschuldigt worden wäre.

212    Gleichwohl ist es natürlich bedauerlich, dass in der in Rede stehenden Sendung ein Schriftstück gezeigt worden ist, das im Kommentar zu den Bildern der Sendung als Protokoll der Anhörung des Klägers durch das OLAF präsentiert wurde.

213    Nach der Rechtsprechung hat im Rahmen einer Schadensersatzklage der Kläger zu beweisen, dass die Voraussetzungen für eine außervertragliche Haftung der Europäischen Union erfüllt sind. Diese Regel erfährt indessen eine Abmilderung, wenn ein schädigendes Ereignis auf mehrere verschiedene Ursachen zurückgeführt werden kann und das beklagte Organ keinen Beweis dafür beigebracht hat, welcher dieser Ursachen das Ereignis zuzuschreiben ist, obwohl das Organ am Besten in der Lage gewesen wäre, Beweise hierfür vorzulegen, so dass diese Unsicherheit zu seinen Lasten gehen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts erster Instanz vom 8. Juli 2008, Franchet und Byk/Kommission, T‑48/05, Slg. 2008, II‑1585, Randnrn. 182 und 183).

214    Im vorliegenden Fall kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Kommission am Besten in der Lage gewesen wäre, Beweise dafür vorzulegen, was die Ursache dafür war, dass Informationen an die Öffentlichkeit gedrungen sind. Die insofern bestehende Ungewissheit kann also nicht zu ihren Lasten gehen.

215    Die Kommission weist nämlich zu Recht darauf hin, dass sie und das OLAF nicht die einzigen Einrichtungen gewesen sind, die in Besitz des Protokolls der Anhörung des Klägers durch das OLAF waren, da dieses Protokoll zum Zweck der möglichen Einleitung eines Strafverfahrens den belgischen Justizbehörden übermittelt worden war.

216    Im Übrigen gibt die Kommission an, dass das OLAF den audiovisuellen Medien im Rahmen des im Allgemeininteresse liegenden Ziels einer Information der Öffentlichkeit und im Rahmen seiner eigenen Kommunikationsstrategie allgemeine Fotos seiner Diensträume in Form einer Bilddatenbank zur Verfügung stelle und diesen Medien gestatte, allgemeine Filmaufnahmen in seinen Diensträume zu machen. Somit lässt sich kein Zusammenhang zwischen den Fotos der Diensträume des OLAF und der Aufnahme des Dokuments feststellen, das in der Sendung als Protokoll der Anhörung des Klägers präsentiert wurde.

217    Was im Übrigen die Rüge angeht, die Kommission habe ihre Beistandspflicht verletzt, so ist festzustellen, dass der Kläger keinen Antrag auf Beistand gemäß Art. 24 des Statuts gestellt hat. In Ermangelung außergewöhnlicher Umstände war die Kommission zudem nicht verpflichtet, dem Kläger von sich aus Beistand zu leisten. Denn nur aufgrund solcher Umstände kann das Organ verpflichtet sein, ohne vorheriges Gesuch des Betroffenen von Amts wegen in einer bestimmten Form Beistand zu gewähren (Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 1986, Sommerlatte/Kommission, 229/84, Slg. 1986, 1805, Randnr. 20; Beschluss des Gerichts vom 31. Mai 2006, Frankin u. a./Kommission, F‑91/05, Slg. ÖD 2006, I‑A‑1‑25 und II‑A‑1‑83, Randnrn. 23 und 24).

218    Die Rüge, das Organ habe seine Beistandspflicht verletzt, ist somit zurückzuweisen.

219    Nach alledem ist die dritte Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

d)     Zur vierten Rüge: Rechtswidrigkeit der Aufhebung der Befreiung des Klägers von der Gerichtsbarkeit

 Vorbringen der Parteien

220    Der Kläger beanstandet mit dieser Rüge die Rechtswidrigkeit der ihm am 7. Februar 2001 mitgeteilten Entscheidung, seine Befreiung von der Gerichtsbarkeit aufzuheben.

221    Der Kläger macht geltend, die Entscheidung, die Immunität eines Beamten aufzuheben, stelle eine schwerwiegende Maßnahme dar; deshalb hätte er vor Erlass dieser Entscheidung angehört werden müssen, so wie es im Fall von Herrn W., dem Generaldirektor der GD „Industrie“, geschehen sei.

222    Der Kläger macht ferner geltend, die Entscheidung, seine Befreiung von der Gerichtsbarkeit aufzuheben, die dem belgischen Untersuchungsrichter übermittelt worden sei, sei ihm nicht mitgeteilt worden; er habe somit nicht beurteilen können, ob sie hinreichend begründet gewesen sei.

223    Schließlich vertritt der Kläger die Auffassung, die Entscheidung, seine Befreiung von der Gerichtsbarkeit aufzuheben, diskriminiere ihn und stelle einen Ermessensmissbrauch dar, da bei bestimmten Personen, obwohl sie in die „Affäre Berthelot“ verwickelt gewesen seien, die Immunität aufrechterhalten worden sei.

224    Die Kommission hält dem entgegen, die Organe seien verpflichtet, mit der Strafjustiz zusammenzuarbeiten, und im vorliegenden Fall sei es aus keinem Interesse der Gemeinschaften gerechtfertigt gewesen, es abzulehnen, die Befreiung des Klägers von der Gerichtsbarkeit aufzuheben.

225    Die Kommission vertritt die Auffassung, ein Beamter müsse nicht angehört werden, bevor eine Entscheidung über die Aufhebung seiner Befreiung von der Gerichtsbarkeit ergehe, da ihm im Rahmen des gegebenenfalls aufgrund dieser Maßnahme gegen ihn eingeleiteten Strafverfahrens Verteidigungsrechte zustünden. Selbst wenn die Behauptung des Klägers im Hinblick auf die vorherige Anhörung des Generaldirektors der GD „Industrie“ zuträfe, sei damit kein Präzedenzfall geschaffen worden, der das Organ dazu verpflichten könnte, den Beamten stets anzuhören, bevor es einem von einer Strafverfolgungsbehörde gestellten Antrag auf Aufhebung der Immunität stattgebe. Das Organ verfüge insoweit über ein Ermessen.

 Würdigung durch das Gericht

226    Nach ständiger Rechtsprechung kann sich ein Beamter, der eine ihn beschwerende Entscheidung der Anstellungsbehörde nicht innerhalb der in den Art. 90 und 91 des Statuts vorgesehenen Fristen angefochten hat, im Rahmen einer Schadensersatzklage nicht auf die angebliche Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung berufen (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Oktober 1987, Schina/Kommission, 401/85, Slg. 1987, 3911, Randnr. 9; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 27. Juni 1991, Valverde Mordt/Gerichtshof, T‑156/89, Slg. 1991, II‑407, Randnr. 144).

227    Da der Kläger die Maßnahme, mit der seine Befreiung von der Gerichtsbarkeit aufgehoben worden ist und von der er mit einem Schreiben der GD „Personal und Verwaltung“ vom 7. Februar 2001 unterrichtet worden ist, nicht innerhalb der in den Art. 90 und 91 des Statuts vorgesehenen Fristen angefochten hat, ist die Natur dieser Maßnahme zu prüfen, um festzustellen, ob es sich bei dieser Maßnahme um eine beschwerende Maßnahme oder um ein Verhalten ohne Entscheidungscharakter handelt.

228    Diese Frage ist vom Gericht von Amts wegen zu prüfen, da sie die Einhaltung des Vorverfahrens und der Rechtsbehelfsfristen betrifft.

229    Für einen Beamten beschwerend sind solche Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, die seine Interessen durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung beeinträchtigen (Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1989, Bossi/Kommission, 346/87, Slg. 1989, 303, Randnr. 23).

230    Nach der Rechtsprechung besitzen die den Europäischen Gemeinschaften durch das Protokoll eingeräumten Vorrechte und Befreiungen zwar insofern nur funktionalen Charakter, als durch sie eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit und der Unabhängigkeit der Gemeinschaften verhindert werden soll; sie sind jedoch ausdrücklich den Beamten und sonstigen Bediensteten der Organe der Gemeinschaften zuerkannt worden. Der Umstand, dass die Vorrechte und Befreiungen den öffentlichen Interessen der Gemeinschaften dienen sollen, rechtfertigt die den Organen verliehene Befugnis, die Immunität gegebenenfalls aufzuheben, bedeutet aber nicht, dass diese Vorrechte und Befreiungen den Gemeinschaften und nicht unmittelbar deren Beamten und sonstigen Bediensteten gewährt worden wären. Das Protokoll verleiht mithin den darin bezeichneten Personen ein subjektives Recht (vgl. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 15. Oktober 2008, Mote/Parlament, T‑345/05, Slg. 2008, II‑2849, Randnrn. 27 und 28).

231    Die Befreiung von der Gerichtsbarkeit gemäß Art. 12 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen schützt die Beamten und sonstigen Bediensteten bezüglich der von ihnen in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen vor Strafverfolgungsmaßnahmen der Behörden der Mitgliedstaaten. Eine Entscheidung über die Aufhebung der Immunität eines Beamten oder sonstigen Bediensteten ändert somit dessen Rechtsstellung allein durch die Aufhebung dieses Schutzes dadurch, dass sie dessen Stellung als dem allgemeinen Recht der Mitgliedstaaten unterworfene Person wiederherstellt und ihn damit, ohne dass eine Durchführungsvorschrift erforderlich wäre, Maßnahmen, insbesondere solchen des Freiheitsentzugs und der Strafverfolgung, aussetzt, die das allgemeine Recht vorsieht (vgl. entsprechend Urteil Mote/Parlament, Randnr. 34).

232    Der Ermessensspielraum, der den nationalen Behörden nach der Aufhebung der Immunität in Bezug auf die Wiederaufnahme oder die Einstellung des gegen den Beamten oder sonstigen Bediensteten eingeleiteten Strafverfahrens belassen wird, wirkt sich darauf, dass dessen Rechtsstellung unmittelbar berührt wird, nicht aus, da die mit der Entscheidung über die Aufhebung der Immunität verbundenen Wirkungen sich auf die Beseitigung des Schutzes beschränken, den der Betroffene aufgrund seiner Eigenschaft als Beamter oder sonstiger Bediensteter genossen hat, und keine zusätzliche Durchführungsmaßnahme voraussetzen (vgl. entsprechend Urteil Mote/Parlament, Randnr. 35).

233    Die Entscheidung, mit der die Kommission die Befreiung des Klägers von der Gerichtsbarkeit aufgehoben hat, stellt für diesen somit eine beschwerende Maßnahme dar.

234    Da der Kläger die Entscheidung, mit der seine Immunität aufgehoben worden ist, aber nicht innerhalb der in den Art. 90 und 91 des Statuts vorgesehenen Fristen angefochten hat, kann er sich im Rahmen einer Schadensersatzklage nicht auf die Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung berufen.

235    Infolgedessen ist die vierte Rüge als unzulässig zurückzuweisen.

e)     Zur fünften Rüge: Rechtswidrigkeit der Entscheidung über die Versetzung des Klägers

 Vorbringen der Parteien

236    Der Kläger vertritt die Auffassung, die Entscheidung über die Versetzung sei nicht hinreichend begründet und entgegen dem dienstlichen Interesse ergangen, und sie stelle eine verdeckte Disziplinarstrafe dar.

237    Die Kommission hält diese Rüge für unzulässig. Die Entscheidung über die Versetzung sei Gegenstand einer Beschwerde vom 14. Oktober 2004 gewesen, die mit Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 15. März 2005 zurückgewiesen worden sei. Der Kläger habe diese Entscheidung nicht innerhalb der Frist des Art. 91 des Statuts angefochten.

238    Hilfsweise macht die Kommission geltend, die Entscheidung über die Versetzung entspreche dem dienstlichen Interesse, und weist auf das weite Ermessen hin, über das die Organe im Hinblick auf die Organisation ihrer Dienststellen verfügten.

 Würdigung durch das Gericht

239    Wie bereits im Rahmen der vierten Rüge ausgeführt, kann sich ein Beamter, der eine ihn beschwerende Entscheidung der Anstellungsbehörde nicht innerhalb der in den Art. 90 und 91 des Statuts vorgesehenen Fristen angefochten hat, im Rahmen einer Schadensersatzklage nicht auf die angebliche Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung berufen.

240    Im vorliegenden Fall hat der Kläger am 19. Oktober 2004 gemäß Art. 90 des Statuts eine vom 14. Oktober 2004 datierende Beschwerde gegen die ihm gegenüber ergangene Versetzungsentscheidung eingereicht, aber nach der Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 15. März 2005, mit der seine Beschwerde zurückgewiesen wurde, keine Klage gemäß Art. 91 des Statuts erhoben.

241    Demzufolge kann sich der Kläger im Rahmen der vorliegenden Schadensersatzklage nicht auf die angebliche Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung berufen.

242    Die fünfte Rüge ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

f)     Zur sechsten Rüge: Unregelmäßigkeiten, mit denen das nach Art. 73 des Statuts eingeleitete Verfahren behaftet sein soll

243    Diese Rüge gliedert sich in zwei Teile. Der erste Teil der Rüge richtet sich gegen die Entscheidung, mit der ausgeschlossen worden sein soll, dass der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten habe, der zweite gegen die Entscheidung, das IDOC mit einer ergänzenden Untersuchung zu betrauen.

244    Darüber hinaus hat der Kläger in Schreiben, die er dem Gericht übersandt hat, und in der mündlichen Verhandlung verschiedene Unregelmäßigkeiten beanstandet, mit denen das nach Art. 73 des Statuts eingeleitete Verfahren behaftet sein soll. Er hat insbesondere den „Zirkelschluss“, den „Teufelskreis“ kritisiert, in den ihn die Kommission gezwängt habe: Auf der einen Seite werde durch die Verschleppung des nach Art. 73 des Statuts eingeleiteten Verfahrens der Zustand der Ungewissheit, in der er sich seit Jahren befinde, aufrechterhalten und die Konsolidierung seines Gesundheitszustands verhindert; auf der anderen Seite lehne es die Kommission ab, ihn zu entschädigen, solange sein Gesundheitszustand nicht konsolidiert sei.

245    Hierzu ist festzustellen, dass Art. 48 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz, die entsprechend gegolten hat, zwar das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens untersagt, sofern sie nicht auf erst während des Verfahrens zutage getretene rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden; jedoch ist ein Angriffsmittel, das eine Erweiterung eines bereits zuvor vorgebrachten Angriffsmittels darstellt, als zulässig anzusehen (Urteil des Gerichtshofs vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, Slg. 2007, I‑3569, Randnr. 38).

246    Im vorliegenden Fall werden die vom Kläger vorgebrachten weiteren Beanstandungen nicht auf erst während des Verfahrens zutage getretene rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt; da sie lediglich im Zusammenhang mit der Frage geltend gemacht worden sind, ob eine Klage auf Ersatz eines durch eine Berufskrankheit entstandenen Schadens wegen verfrühter Erhebung unzulässig ist, können sie auch nicht als Erweiterung der beiden Teile der sechsten Rüge oder anderer vorher vorgebrachter Rügen angesehen werden.

247    Außerdem hat der Kläger am 18. Februar 2009 beim Gericht eine dritte, unter dem Aktenzeichen F‑12/09 in das Register der Kanzlei eingetragene Klage erhoben, mit der er u. a. die Aufhebung der Entscheidung der Kommission vom 28. April 2008 beantragt, mit der diese es abgelehnt hat, über die Anwendung von Art. 73 Abs. 2 Buchst. b des Statuts zu entscheiden, sowie den Ersatz des Schadens, der ihm durch eine Gesamtheit von Pflichtverletzungen entstanden sein soll, die er der Kommission bei der Durchführung des Verfahrens der Anerkennung seiner Krankheit als Berufskrankheit vorwirft, u. a. die Verschleppung dieses Verfahrens.

248    Diese Beanstandungen sind daher im vorliegenden Verfahren als unzulässig zurückzuweisen, so dass das Gericht nur die beiden Teile der Rüge zu prüfen hat, die in der Klageschrift geltend gemacht werden.

 Zum ersten Teil der Rüge: nach Auffassung des Klägers ungerechtfertigter Ausschluss des Vorliegens eines Arbeitsunfalls

–       Vorbringen der Parteien

249    Der Kläger macht geltend, er habe bereits in seiner ersten Meldung vom 25. Juli 2003 und sodann während des gesamten Verfahrens stets behauptet, dass er an einer Berufskrankheit leide und/oder einen Arbeitsunfall erlitten habe. Die Kommission habe aber nicht geprüft, ober er einen Arbeitsunfall erlitten habe.

250    Die Kommission hält dem entgegen, sie habe in Anbetracht der Umstände des konkreten Falles und der eigenen Meldungen des Klägers zu Recht ein Verfahren zur Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit – und nicht eines Unfalls – eingeleitet.

–       Würdigung durch das Gericht

251    Art. 2 der alten gemeinsamen Regelung, die zum Zeitpunkt der Einreichung der Meldungen des Klägers gegolten hat, definiert Unfall als jedes auf äußerer Einwirkung beruhende plötzliche oder gewaltsame oder außergewöhnliche Ereignis, das eine Beeinträchtigung der körperlichen oder seelischen Unversehrtheit des Beamten zur Folge hat.

252    Nach Art. 16 der alten gemeinsamen Regelung haben der Beamte, der einen Unfall erleidet, oder die sonstigen Anspruchsberechtigten den Unfall der Verwaltung des Organs, dem der Versicherte angehört, anzuzeigen. In der Unfallmeldung sind detaillierte Angaben über Tag und Stunde, Ursachen und Hergang des Unfalls zu machen sowie gegebenenfalls Zeugen und der ersatzpflichtige Dritte zu benennen. Der Meldung ist ein ärztliches Attest über die Art der Verletzungen und die voraussichtlichen Folgen des Unfalls beizufügen. Die Anzeige ist innerhalb der auf den Unfalltag folgenden zehn Werktage zu machen.

253    Nach Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 der alten gemeinsamen Regelung hat der Beamte, der die Anwendung dieser Regelung aus Anlass einer Berufskrankheit verlangt, dies der Verwaltung innerhalb angemessener Frist nach Beginn der Krankheit oder nach ihrer ersten ärztlichen Feststellung anzuzeigen.

254    Der Kläger übersandte der Kommission am 25. Juli 2003 ein Schreiben, mit dem er anzeigte, unter einem schweren Depressionsanfall zu leiden, und in dem als Betreff angegeben war: „Unfall-/Berufskrankheitsmeldung (Artikel 17 der [alten gemeinsamen Regelung])“.

255    Am 25. Oktober 2004 übersandte der Kläger der Kommission eine weitere Meldung: Er leide wegen des Mobbings, das er habe erdulden müssen, unter einer schweren Depression. Der Betreff dieses Schreibens lautete: „… Anerkennung meines Gesundheitszustands als Berufskrankheit und/oder Arbeitsunfall – Folgen für die Durchführung der Verfahren gemäß den Art. 73 und 78 des Statuts …“

256    Es ist festzustellen, dass in der Meldung des Klägers vom 25. Juli 2003, auch wenn darin sowohl der Ausdruck „Unfall“ als auch der Ausdruck „Berufskrankheit“ verwendet werden, ausdrücklich auf Art. 17 der alten gemeinsamen Regelung Bezug genommen wird, der das Verfahren über die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit betrifft, und nicht auf Art. 16 dieser Regelung, der die Anerkennung eines Ereignisses als Unfall betrifft. Inhaltlich betraf diese Meldung die Depression, unter der der Kläger litt, also eine Krankheit.

257    Auch in der Meldung des Klägers vom 25. Oktober 2004 werden im Betreff sowohl der Ausdruck „Unfall“ als auch der Ausdruck „Berufskrankheit“ verwendet; die Meldung betraf aber wieder die Depression, unter der der Kläger litt.

258    Angesichts der eigenen Meldungen des Klägers vertritt die Kommission also zu Recht die Auffassung, dass diese nicht auf die Anerkennung eines Ereignisses als Unfall, sondern auf die Anerkennung der Krankheit, unter der der Kläger litt, als Berufskrankheit abzielten; sie hat mithin zu Recht das Verfahren zur Anerkennung dieser Krankheit als Berufskrankheit eingeleitet.

259    Der erste Teil der Rüge ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil der Rüge: Unregelmäßigkeiten des Verfahrens beim IDOC

–       Zur behaupteten Rechtswidrigkeit der Befassung des IDOC

260    Der Kläger macht geltend, die Entscheidung, das IDOC mit der Angelegenheit zu befassen, sei rechtswidrig; diese Entscheidung sei auf der Grundlage von Art. 2 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 2 des Beschlusses über die Durchführung von Verwaltungsuntersuchungen und Disziplinarverfahren erlassen worden. Was die erste Alternative angehe, so sei eine Untersuchung, die durchgeführt werde, um festzustellen, ob gegen die Dienstpflichten, denen die Beamten der Kommission unterliegen, verstoßen worden sei, in keiner Weise hilfreich, um – in medizinischer Hinsicht – festzustellen, ob die Krankheit, unter der er leide, eine Berufskrankheit darstelle. Was die zweite Alternative angehe, so seien seine tatsächlichen Angaben zum Nachweis des Mobbings, dem er ausgesetzt gewesen sei, unbestreitbar gewesen und hätten keinerlei ergänzende Untersuchung erfordert.

261    Die Kommission macht geltend, die Entscheidung, das IDOC mit der Angelegenheit zu befassen, sei auf der Grundlage von Art. 2 Abs. 2 des Beschlusses über die Durchführung von Verwaltungsuntersuchungen und Disziplinarverfahren erlassen worden, aufgrund der vom Kläger in seinem Schreiben vom 25. Oktober 2004 erhobenen Mobbingvorwürfe. Im Rahmen des nach Art. 73 des Statuts eingeleiteten Verfahrens über die Anerkennung der Krankheit des Klägers als Berufskrankheit sei nämlich zu prüfen gewesen, ob sich das Organ fehlerhaft verhalten habe.

262    Hierzu ist festzustellen, dass das IDOC nach Art. 2 Abs. 2 des Beschlusses über die Durchführung von Verwaltungsuntersuchungen und Disziplinarverfahren mit Untersuchungen beauftragt werden kann, insbesondere im Rahmen von Art. 73 des Statuts.

263    Nach der Rechtsprechung ist Ziel einer gemäß Art. 73 des Statuts durchgeführten Verwaltungsuntersuchung, objektiv alle Tatsachen zu ermitteln, aus denen sich der ursächliche Zusammenhang der Krankheit mit der Berufstätigkeit sowie die Umstände ihres Eintritts ergeben. In Fällen, in denen bei der Prüfung des ursächlichen Zusammenhangs der Krankheit, unter der der betreffende Beamte leidet, mit der Berufstätigkeit das Augenmerk auf dessen Arbeitsbedingungen gerichtet ist, sind im Rahmen der Untersuchung sowohl die Arbeitsbedingungen des betreffenden Beamten als auch seine Krankheit als solche objektiv und eingehend zu untersuchen (vgl. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 3. März 2004, Vainker/Parlament, T‑48/01, Slg. ÖD 2004, I‑A‑51 und II‑197, Randnr. 129).

264    Vorliegend ist aber erstens festzustellen, dass auf die vom Kläger am 25. Juli 2003 eingereichte Meldung hin am 31. Juli 2003 gemäß Art. 73 des Statuts ein Verfahren zur Anerkennung der Depression des Klägers als Berufskrankheit eingeleitet wurde, und zweitens, dass der Kläger der Kommission am 25. Oktober 2004 eine weitere Meldung übersandte, in der er behauptete, dass die Depression, an der er leide, auf das Mobbing zurückzuführen sei, das er habe erdulden müssen.

265    Die Kommission hat deshalb zu Recht eine umfassende Untersuchung sowohl in Bezug auf die Krankheit, an der der Kläger litt, als auch in Bezug auf dessen Arbeitsbedingungen durchgeführt.

266    Sie hat daher auf das Schreiben des Klägers vom 25. Oktober 2004 zu Recht das IDOC mit einer Verwaltungsuntersuchung über die Bedingungen, unter denen der Kläger seinen Dienst ausgeübt hat, betraut, mit der festgestellt werden sollte, ob dieser tatsächlich einem Mobbing ausgesetzt war.

267    Das Vorbringen des Klägers ist folglich als unbegründet zurückzuweisen.

–       Zur behaupteten mangelnden Unparteilichkeit des IDOC

268    Der Kläger macht geltend, dem IDOC fehle es für die Durchführung einer Verwaltungsuntersuchung an Unparteilichkeit und Unabhängigkeit, da gewisse Personen, die dort tätig seien, die von ihm als Mobbing empfundenen Maßnahmen veranlasst hätten.

269    Die Kommission entgegnet, anhand der Behauptungen des Klägers ließen sich die Vorgänge und die Verantwortlichen nicht identifizieren.

270    Das Gericht ist der Auffassung, dass die Rüge der fehlenden Unparteilichkeit des IDOC als unbegründet zurückzuweisen ist, da der Kläger im Hinblick auf die Personen, derentwegen die Unparteilichkeit dieses Amts beeinträchtigt sein soll, keine hinreichend genauen Angaben gemacht hat. Der Umstand allein, dass das IDOC einen Bericht erstellt hat, der Schlussfolgerungen enthielt, die der Kläger nicht teilte, reicht nicht aus, um einen Mangel an Unparteilichkeit dieses Amts zu beweisen.

–       Zur verweigerten Mitteilung des Beitrags des IDOC an den Kläger

271    Der Kläger beanstandet, dass sich die Anstellungsbehörde auf den Beitrag des IDOC vom 16. März 2005 berufe, obwohl ihm dessen Mitteilung mit Schreiben vom 9. Juni 2005 verweigert worden sei.

272    Die Kommission hält dem entgegen, die Weigerung, dem Kläger den Beitrag des IDOC mitzuteilen, sei aus zwei Gründen gerechtfertigt gewesen. Erstens handele es sich bei diesem Beitrag im Rahmen des durch die gemeinsame Regelung festgelegten Verfahrens um eine vorbereitende Handlung, über die der vom Organ bestellte Arzt verfügen können müsse, ohne Gefahr zu laufen, dass die Verbreitung des Beitrags die Schlussfolgerungen des ärztlichen Berichts vorwegnehme. Zweitens dürften die Organe nach der Ausnahmeregelung des Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 den Zugang zu einem Dokument verweigern, durch dessen Verbreitung der Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten beeinträchtigt würde.

273    Das Gericht weist vorsorglich darauf hin, dass das Vorbringen im Hinblick auf die Verweigerung einer Mitteilung des Beitrags des IDOC vom 16. März 2005, falls mit ihm die Rechtmäßigkeit der am 9. Juni 2005 durch den Leiter der Sektion „Versicherungen und Berufskrankheit“ des PMO erlassenen Entscheidung in Zweifel gezogen sollte, mit der es abgelehnt wurde, dem Kläger diesen Beitrag mitzuteilen, und die für diesen eine beschwerende Maßnahme darstellt, als unzulässig zurückzuweisen wäre. Wie bereits im Rahmen der vierten Rüge ausgeführt, kann sich ein Beamter, der eine ihn beschwerende Entscheidung der Anstellungsbehörde nicht innerhalb der in den Art. 90 und 91 des Statuts vorgesehenen Fristen angefochten hat, im Rahmen einer Schadensersatzklage nämlich nicht auf die angebliche Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung berufen.

274    Vorliegend beanstandet der Kläger aber, dass die Kommission auf der Auffassung beharrt habe, ihm den Zugang zu diesem Dokument verweigern zu dürfen, obwohl sie sich ihm gegenüber auf dieses Dokument berufen habe. Mit diesem Argument wird somit die Rechtmäßigkeit eines Verhaltens der Verwaltung in Zweifel gezogen. Folglich ist es zur Stützung der Schadensersatzanträge zulässig.

275    Nach Art. 26 des Statuts ist für jeden Beamten eine Personalakte zu führen, die sämtliche sein Dienstverhältnis betreffenden Schriftstücke und jede Beurteilung seiner Befähigung, Leistung und Führung sowie die Stellungnahmen des Beamten zu diesen Vorgängen enthält. Das Organ darf dem Beamten Schriftstücke nur dann entgegenhalten oder gegen ihn verwerten, wenn sie ihm vor Aufnahme in die Personalakte mitgeteilt worden sind. Nach der Rechtsprechung sollen mit diesen Bestimmungen die Verteidigungsrechte des Beamten gewährleistet werden (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 28. Juni 1972, Brasseur/Parlament, 88/71, Slg. 1972, 499, Randnr. 11, vom 7. Oktober 1987, Strack/Kommission, 140/86, Slg. 1987, 3939, Randnr. 7, und vom 1. Oktober 1991, Vidrányi/Kommission, C‑283/90 P, Slg. 1991, I‑4339, Randnrn. 20 und 21).

276    In Bezug auf den Zugang zu den medizinischen Unterlagen im Rahmen eines Verfahrens zur Anerkennung einer Berufskrankheit hat die gemeinsame Regelung ein besonderes Verfahren geschaffen, das die Übersendung des vollständigen ärztlichen Berichts, auf dem die Entscheidung beruht, die die Anstellungsbehörde zu treffen beabsichtigt, an den von dem Beamten gewählten Arzt – falls der Beamte dies nach der Zustellung eines Entscheidungsentwurfs gemäß Art. 21 der gemeinsamen Regelung beantragt – und die Anrufung eines Ärzteausschusses, dem der von dem Beamten ernannte Arzt angehört, vorsieht (vgl. Urteile Strack/Kommission, Randnr. 9, und Vidrányi/Kommission, Randnr. 22).

277    Denn die Wahrung der Rechte des Beamten gebietet es, diesem Zugang zu den medizinischen Unterlagen einzuräumen (vgl. Urteil Strack/Kommission, Randnr. 10). Diese dem Beamten zuerkannte Möglichkeit muss jedoch mit den Erfordernissen der ärztlichen Schweigepflicht in Einklang stehen, nach denen jeder Arzt zu beurteilen hat, ob er Personen, die er behandelt oder untersucht, die Art ihrer etwaigen Leiden mitteilen kann (Urteil Strack/Kommission, Randnr. 11 und die dort angeführte Rechtsprechung). Indem die Regelung einen indirekten Zugang zu den medizinischen Unterlagen, über die Einschaltung eines von dem Beamten benannten Vertrauensarztes, vorsieht, bringt sie die Rechte des Beamten mit den Erfordernissen der ärztlichen Schweigepflicht in Einklang (Urteil Strack/Kommission, Randnr. 12, Urteil Vainker/Parlament, Randnr. 137).

278    In der Rechtsprechung wird klargestellt, dass die Wahrung der Rechte des Beamten es gebietet, ihm nicht nur Zugang zu den medizinischen Unterlagen einzuräumen, sondern auch zu den tatsächlichen Feststellungen, die der gemäß Art. 73 des Statuts zu treffenden Entscheidung als Grundlage dienen (vgl. Urteil Strack/Kommission, Randnr. 10). So ist den Schriftstücken, die sich auf die tatsächlichen Feststellungen über einen bei der Arbeit aufgetretenen Zwischenfall beziehen und damit als Grundlage für ein Verfahren auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gemeinsamen Regelung dienen können, ebenfalls ein medizinischer Charakter zuzuerkennen (Urteil Strack/Kommission, Randnr. 13; Urteile des Gerichts erster Instanz vom 12. Juli 1990, Vidrányi/Kommission, T‑154/89, Slg. 1990, II‑445, Randnr. 33, und Vainker/Parlament, Randnr. 136).

279    In diesem Zusammenhang hat das Gericht erster Instanz festgestellt, dass es unerlässlich ist, dass der vollständige ärztliche Bericht, dessen Übersendung an den Arzt seiner Wahl der Beamte beantragen kann und der den Mitgliedern des in der gemeinsamen Regelung vorgesehenen Ärzteausschusses zu übersenden ist, gegebenenfalls den Bericht über die Verwaltungsuntersuchung enthält. Auf diese Weise kann der Beamte, wenn er einen dahin gehenden Antrag gestellt hat, über die Einschaltung eines Vertrauensarztes zu den im Untersuchungsbericht enthaltenen Feststellungen Stellung nehmen und prüfen, ob es zweckmäßig ist, die Einholung eines Gutachtens des Ärzteausschusses zu beantragen (Urteil des Gerichts erster Instanz, Vidrányi/Kommission, Randnrn. 34 und 35).

280    Im Übrigen schließt der medizinische Charakter bestimmter Schriftstücke nicht aus, dass diese gegebenenfalls auch das Dienstverhältnis des Beamten betreffen können. In diesem Fall müssen sich diese Schriftstücke in der Personalakte befinden (vgl. Urteil Strack/Kommission, Randnr. 13; Urteil des Gerichts erster Instanz, Vidrányi/Kommission, Randnr. 36).

281    Zum einen hat also die Akte, anhand deren der vom Organ bestellte Arzt oder der Ärzteausschuss über die berufliche Ursache einer Krankheit befindet, medizinischen Charakter und kann daher nur mittelbar über einen von dem Beamten benannten Arzt eingesehen werden; zum anderen müssen verwaltungsmäßige Angaben, die sich in dieser Akte befinden und einen Einfluss auf das Dienstverhältnis des Beamten haben können, auch in seiner Personalakte enthalten sein, in der sie der Beamte gemäß Art. 26 des Statuts unmittelbar einsehen kann (vgl. Urteil des Gerichtshofs, Vidrányi/Kommission, Randnr. 24).

282    Alle dem vom Organ bestellten Arzt oder dem Ärzteausschuss vorgelegten Schriftstücke werden somit von den in der gemeinsamen Regelung vorgesehenen Bestimmungen erfasst. Die Aufnahme einiger dieser Schriftstücke in die Personalakte des Beamten und die für den Beamten bestehende Möglichkeit, in diese Einsicht zu nehmen, sind daher nur dann geboten, wenn diese Schriftstücke von der Verwaltung, der der Beamte untersteht, zur Beurteilung oder Änderung seines Dienstverhältnisses verwendet werden (vgl. Urteil des Gerichtshofs, Vidrányi/Kommission, Randnr. 25).

283    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission dem Kläger, als dieser mit Schreiben vom 19. Mai 2005 beantragt hat, ihm den Beitrag des IDOC mitzuteilen, noch keinen Entscheidungsentwurf in Bezug auf seinen Antrag auf Anerkennung der Berufskrankheit zugestellt hatte. Ein solcher Entwurf wurde dem Kläger nämlich erst am 16. März 2007 zugestellt. Vor diesem Zeitpunkt konnte der Beitrag des IDOC somit nach der gemeinsamen Regelung als vorbereitende Handlung angesehen werden.

284    Allerdings beruft sich die Anstellungsbehörde in ihrer Entscheidung vom 10. November 2005, mit der der Schadensersatzantrag des Klägers abgelehnt wurde, im Rahmen ihrer Begründung der Ablehnung dieses Antrags auf den Beitrag des IDOC.

285    Die Anstellungsbehörde führt in ihrer Entscheidung vom 10. November 2005 nämlich aus, dass „das IDOC … im Übrigen am 16. März 2005 zu dem Schluss gekommen [ist], dass keiner der Punkte, auf die [der Kläger] seine Vorwürfe gestützt hat, objektiv das Merkmal der Ungebührlichkeit aufweist, das sie nach seiner Auffassung aufweisen sollen und das ein wesentliches Merkmal des Mobbings im Sinne von Art. 12a des Statuts darstellt“, und dass „die Entscheidungen, die ihm gegenüber ergangen sind, … im Interesse der Organe und unter strenger Befolgung aller Rechtsvorschriften ergangen [sind]“.

286    Da sich die Anstellungsbehörde im Rahmen des Erlasses einer den Kläger beschwerenden Maßnahme auf den Beitrag des IDOC beruft, ist davon auszugehen, dass es sich bei diesem Beitrag um ein das Dienstverhältnis des Klägers betreffendes Schriftstück im Sinne von Art. 26 des Statuts gehandelt hat.

287    Der Kläger hätte also nach Art. 26 des Statuts Zugang zu diesem Beitrag des IDOC haben müssen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs, Strack/Kommission, Randnr. 13, und Vidrányi/Kommission, Randnrn. 24 und 25; Urteil des Gerichts erster Instanz, Vidrányi/Kommission, Randnr. 36).

288    Folglich hat die Kommission dadurch, dass sie es abgelehnt hat, dem Kläger den Beitrag des IDOC mitzuteilen, obwohl dieser, wie aus der Entscheidung der Kommission vom 10. November 2005 hervorgeht, das Dienstverhältnis des Klägers betraf, gegen Art. 26 des Statuts verstoßen.

289    Das Vorbringen der Kommission, dass es sich erstens bei dem Beitrag des IDOC um eine vorbereitende Handlung im Rahmen des ärztlichen Verfahrens handele und zweitens die Ausnahmeregelung des Art. 4 Abs. 2 2. Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 eingreife, wonach die Organe den Zugang zu einem Dokument verweigern dürfen, durch dessen Verbreitung der Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten beeinträchtigt würde, steht diesem Ergebnis nicht entgegen.

290    Was das erste Argument der Kommission angeht, ist nämlich festzustellen, dass sich die Kommission, da sie sich dafür entschieden hatte, von dem Beitrag des IDOC außerhalb des Rahmens des ärztlichen Verfahrens Gebrauch zu machen, um eine das Dienstverhältnis des Klägers betreffende Entscheidung zu treffen, nicht auf den vorbereitenden Charakter dieses Beitrags im Rahmen des ärztlichen Verfahrens berufen kann.

291    Was das Argument einer Beeinträchtigung des Schutzes des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten angeht, ist festzustellen, dass sich bereits aus dem Titel der Verordnung Nr. 1049/2001 ergibt, dass diese den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission betrifft.

292    Die Rechte eines Beamten oder sonstigen Bediensteten, der um Mitteilung eines sein Dienstverhältnis betreffenden Schriftstücks ersucht, sind aber nicht dieselben wie diejenigen eines beliebigen Unionsbürgers, der Zugang zu Dokumenten eines Organs beantragt.

293    Die einschlägigen Rechte der Beamten und sonstigen Bediensteten ergeben sich nämlich aus den besonderen Bestimmungen des Art. 26 des Statuts, die den Organen nach der Rechtsprechung besondere Verpflichtungen auferlegen, um die Verteidigungsrechte des Betroffenen zu gewährleisten. Die Beamten haben somit ein eigenes Recht aus Art. 26 des Statuts.

294    Im Übrigen gelten für den Antrag eines Beamten gegebenenfalls besondere Vorschriften für den öffentlichen Dienst über den Zugang zu besonderen Arten von Schriftstücken, wie z. B. medizinischen Unterlagen.

295    Nach alledem steht die Ausnahmeregelung des Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001, auf die sich die Kommission beruft, der Anwendung der Bestimmungen des Art. 26 des Statuts nicht entgegen. Nach dieser Ausnahmeregelung war die Kommission daher nicht befugt, die Mitteilung des Beitrags des IDOC an den Kläger zu verweigern.

296    Die Kommission hat somit dadurch, dass sie es unterlassen hat, dem Kläger Zugang zum Beitrag des IDOC zu gewähren, obwohl dieser sein Dienstverhältnis betraf, einen Amtsfehler begangen.

g)     Zur siebten Rüge: Rechtswidrigkeit des Gutachtens des Invaliditätsausschusses vom 29. Oktober 2004

 Vorbringen der Parteien

297    Mit dieser Rüge zieht der Kläger die Rechtmäßigkeit des Gutachtens des Invaliditätsausschusses vom 29. Oktober 2004 in Zweifel. Er macht geltend, der Invaliditätsausschuss hätte sich zu einem möglichen Zusammenhang zwischen der Dienstunfähigkeit, die er bei ihm festgestellt habe, und den Bedingungen der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit äußern müssen.

298    Die Kommission habe dadurch gegen Art. 78 des Statuts verstoßen, dass sie die die Tatsachenermittlung im Rahmen des in dieser Vorschrift genannten Verfahrens vom vorherigen Abschluss des Verfahrens gemäß Art. 73 des Statuts abhängig gemacht habe. Der Kläger habe in seinem Schreiben vom 23. Juni 2004 beantragt, gemäß Art. 78 Abs. 5 des Statuts festzustellen, dass seine Dienstunfähigkeit in Ausübung seines Dienstes entstanden sei. Der Kläger beruft sich insoweit auf das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 27. Februar 1992, Plug/Kommission (T‑165/89, Slg. 1992, II‑367).

299    Die Kommission macht geltend, der Invaliditätsausschuss übe seine Befugnisse in der Weise aus, dass er über die Ergebnisse der Untersuchung gemäß Art. 73 des Statuts verfüge, wenn er sich zu dem Zusammenhang zwischen der Dienstunfähigkeit eines Beamten und dessen dienstlicher Tätigkeit äußere. Die Arbeiten des Invaliditätsausschusses seien somit in zwei Stufen organisiert. In einer ersten Stufe beschränke sich der Invaliditätsausschuss darauf, sich zur Dienstunfähigkeit des Betroffenen zu äußern. Sodann warte er ab, bis ihm die Ergebnisse der Untersuchung nach Art. 73 des Statuts vorlägen. In einer zweiten Stufe trete er erneut zusammen und äußere sich zum Zusammenhang zwischen den Umständen der dienstlichen Tätigkeit des Beamten und dessen Dienstunfähigkeit. Das Gericht erster Instanz habe einen solchen Verfahrensablauf im Urteil Lucaccioni/Kommission gebilligt.

300    Durch eine solche Gestaltung des Verfahrens sei dem Kläger nicht bis zum Ausgang des Verfahrens nach Art. 73 des Statuts das Invalidengeld gemäß Art. 78 Abs. 3 des Statuts genommen worden. Die einzige Frage, die offen gelassen worden sei, habe die Leistungen gemäß Art. 78 Abs. 5 des Statuts und insbesondere die Zahlung der Beiträge zum Versorgungssystem durch das Organ betroffen. In ihren Schriftsätzen weist die Kommission darauf hin, dass dem Kläger die Leistungen gemäß Art. 78 Abs. 5 des Statuts, wenn die berufliche Ursache seiner Dienstunfähigkeit anerkannt werden sollte, rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Invalidisierung zuerkannt würden. Nach der Entscheidung vom 28. März 2008, mit der die Krankheit des Klägers als Berufskrankheit anerkannt worden ist, hat die Kommission dem Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen die Entscheidung vom 16. Juni 2008 vorgelegt, mit der die Entscheidung vom 8. November 2004 aufgehoben und ersetzt worden ist; mit dieser Entscheidung hat die Anstellungsbehörde dem Kläger in Anbetracht der Schlussfolgerungen des Invaliditätsausschusses vom 9. Juni 2008 mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Invalidisierung, d. h. dem 30. November 2004, ein gemäß Art. 78 Abs. 5 des Statuts festgesetztes Invalidengeld bewilligt.

 Würdigung durch das Gericht

301    Wie bereits im Rahmen der vierten Rüge ausgeführt, kann sich ein Beamter, der eine ihn beschwerende Entscheidung der Anstellungsbehörde nicht innerhalb der in den Art. 90 und 91 des Statuts vorgesehenen Fristen angefochten hat, im Rahmen einer Schadensersatzklage nicht auf die angebliche Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung berufen.

302    Deshalb kann sich der Kläger, da er gegen die Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 8. November 2004, mit der er in den Ruhestand versetzt wurde und ihm ein gemäß Art. 78 Abs. 3 des Statuts, und nicht gemäß Art. 78 Abs. 5 des Statuts, festgesetztes Invalidengeld bewilligt wurde, keine Beschwerde eingelegt hat, im Rahmen der vorliegenden Schadensersatzklage nicht auf die Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung berufen.

303    Mit der vorliegenden Rüge zieht der Kläger aber nicht die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 8. November 2004 in Zweifel, sondern beanstandet lediglich das Gutachten des Invaliditätsausschusses vom 29. Oktober 2004, soweit darin im Hinblick auf das bereits nach Art. 73 des Statuts eingeleitete Verfahren nicht auf einen möglichen Zusammenhang zwischen der bei ihm festgestellten Dienstunfähigkeit und seiner dienstlichen Tätigkeit eingegangen worden ist.

304    Somit ist zu prüfen, ob der Kläger mit der vorliegenden Rüge der Rechtswidrigkeit des Gutachtens des Invaliditätsausschusses nicht versucht, die Unzulässigkeit einer Rüge der Rechtswidrigkeit der Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 8. November 2004 – mangels einer Beschwerde und einer Klage gegen diese Entscheidung – zu umgehen.

305    Eine solche Frage, die die Einhaltung des Vorverfahrens und der Rechtsbehelfsfristen betrifft ist, ist vom Gericht von Amts wegen zu prüfen.

306    Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei dem Gutachten des Invaliditätsausschusses um eine vorbereitende Handlung im Rahmen des Verfahrens der Versetzung in den Ruhestand (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 3. Juni 1997, H/Kommission, T‑196/95, Slg. ÖD 1997, I‑A‑133 und II‑403, Randnr. 48; Beschluss des Gerichts erster Instanz vom 15. November 2006, Jiménez Martínez/Kommission, T‑115/05, Slg. ÖD 2006, I‑A‑2‑269 und II‑A‑2‑1409, Randnrn. 29 und 30).

307    Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass einem Beamten durch eine vorbereitende Handlung unabhängig von der abschließenden Entscheidung, die damit vorbereitet wird, ein Schaden entsteht; im vorliegenden Fall ist aber festzustellen, dass der Kläger nicht geltend macht, dass ihm durch das Gutachten des Invaliditätsausschusses ein Schaden entstanden wäre, der sich von dem Schaden unterscheidet, der ihm durch die auf der Grundlage dieses Gutachtens ergangene Entscheidung – die Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 8. November 2004 – hätte entstehen können.

308    Der Kläger macht nämlich geltend, dass das Gutachten des Invaliditätsausschusses rechtswidrig sei, da dieser darin in Erwartung der Ergebnisse des Verfahrens nach Art. 73 des Statuts nicht auf die Ursache seiner Dienstunfähigkeit eingegangen sei.

309    Dem Kläger könnte ein Schaden aber allenfalls entstanden sein durch die Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 8. November 2004, mit der der Kläger in den Ruhestand versetzt wurde und ihm ein nach Art. 78 Abs. 3, und nicht nach Art. 78 Abs. 5 des Statuts bemessenes Invalidengeld bewilligt wurde.

310    Da sich die Rüge der Rechtswidrigkeit des Gutachtens des Invaliditätsausschusses gegen eine vorbereitende Handlung richtet und der Kläger nicht dargetan hat, inwiefern ihm durch diese Handlung ein von der abschließenden Entscheidung unabhängiger Schaden entstanden sein soll, während er jedenfalls nicht die Aufhebung der Entscheidung vom 8. November 2004 beantragt oder innerhalb der vorgesehenen Frist eine Schadensersatzklage erhoben hat, um sich gegen die Folgen dieser Entscheidung zu wenden, ist diese Rüge als unzulässig zurückzuweisen.

h)     Zur achten Rüge: Rechtswidrigkeit der Einleitung und der Fortführung des gegen den Kläger gerichteten Disziplinarverfahrens

 Vorbemerkung

311    Mit dieser Rüge beanstandet der Kläger, dass gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet und fortgeführt worden sei, obwohl die dem zugrunde liegenden Tatsachen zu keinem Zeitpunkt erwiesen gewesen seien. Diese Rüge verweist auf sämtliche im Rahmen der Klage F‑124/05 geltend gemachten Klagegründe.

312    Nach der Rechtsprechung bewirkt die Verweisung in einer Klageschrift auf eine Klageschrift, die der Kläger in einer anderen Rechtssache eingereicht hat, nicht, dass die darin geltend gemachten Klagegründe in die erstgenannte Klageschrift einbezogen werden (vgl. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 5. Dezember 2006, Angelidis/Parlament, T‑424/04, Slg. ÖD 2006, I‑A‑2‑323 und II‑A‑2‑1649, Randnr. 42).

313    Somit ist vorab zu prüfen, ob die Rüge, soweit sie in einer Verweisung auf sämtliche in der Klage F‑124/05 vorgebrachten Klagegründe besteht, im Hinblick auf die Anforderungen des Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und des Art. 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz, die zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift für das Gericht entsprechend gegolten hat, zulässig ist.

314    Der Zweck des Art. 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz besteht darin, dass das Gericht über hinreichend klar formulierte Klagegründe entscheiden kann.

315    Bei der Auslegung dieser Bestimmung dürfen die formellen Anforderungen aber nicht überspannt werden; andernfalls würde das gerichtliche Verfahren nur schwerfälliger (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts erster Instanz vom 11. Juni 2009, Othman/Rat und Kommission, T‑318/01, Slg. 2009, II‑1627, Randnr. 57).

316    Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles soll die Verweisung es dem Kläger in Anbetracht des Zusammenhangs zwischen den Rechtssachen F‑124/05 und F‑96/06 ersparen, in der unter dem Aktenzeichen F‑96/06 in das Register eingetragenen Klageschrift Ausführungen von ungefähr 30 Seiten, die bereits in der unter dem Aktenzeichen F‑124/05 in das Register eingetragenen Klageschrift enthalten sind, zu wiederholen und Anhänge im Umfang von mehreren hundert Seiten, die der letztgenannten Klageschrift beigefügt waren, erneut vorzulegen.

317    Außerdem sind die Rechtssachen F‑124/05 und F‑96/06 mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 22. Januar 2009 verbunden worden.

318    Unter diesen Umständen kann sich daraus, dass die achte Rüge in einer Verweisung auf sämtliche in der Klageschrift F‑124/05 geltend gemachten Klagegründe besteht, nicht die Unzulässigkeit dieser Rüge ergeben.

319    Im vorliegenden Urteil werden die sechs Klagegründe der Klage F‑124/05 nun nacheinander geprüft, wobei sie jeweils als ein Teil der der mit der vorliegenden Klage geltend gemachten achten Rüge angesehen werden. Die Teile der Klagegründe der Klage F‑124/05 werden dabei als Unterteilungen der Teile der achten Rüge der vorliegenden Klage geprüft.

320    Außerdem sind der erste Klagegrund der Klage F‑124/05, mit dem geltend gemacht wird, dass die Anstellungsbehörde es abgelehnt habe, Konsequenzen aus dem von dem belgischen Gericht erlassenen Einstellungsbeschluss zu ziehen, obwohl die Anstellungsbehörde selbst einen Zusammenhang zwischen dem Strafverfahren und dem Disziplinarverfahren hergestellt habe, und der zweite Klagegrund dieser Klage, mit dem eine Missachtung der materiellen Rechtskraft dieses Einstellungsbeschlusses geltend gemacht wird, zusammen zu behandeln, da sie beide die Auswirkungen der Entscheidung des belgischen Strafgerichts auf das Disziplinarverfahren betreffen.

 Zum ersten und zum zweiten Teil der Rüge: Nichtbeachtung der Folgen des Einstellungsbeschlusses der belgischen Justiz

–       Vorbringen der Parteien

321    Der Kläger macht geltend, das gegen ihn gerichtete Disziplinarverfahren sei ausschließlich wegen des von den belgischen Behörden eingeleiteten Strafverfahrens eingeleitet worden. Dies ergebe sich aus der Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 16. Januar 2004 über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen ihn, in der ganz klar ein Zusammenhang zwischen dem Disziplinar- und dem Strafverfahren hergestellt werde. Der Sachverhalt, aus dem sich der strafrechtliche Vorwurf ergeben habe, sei derselbe wie der dem Disziplinarverfahren zugrunde liegende; die Verfahren unterschieden sich nur in der – strafrechtlichen oder disziplinarrechtlichen – Beurteilung. Im Übrigen lasse der zeitliche Zusammenfall der beiden Verfahren keinen Zweifel daran, dass zwischen ihnen ein enger Zusammenhang bestehe. Deshalb hätte das Disziplinarverfahren eingestellt werden müssen, um die Konsequenzen aus dem rechtskräftigen Einstellungsbeschluss des belgischen Strafgerichts vom 30. Juni 2004 zu ziehen, in dem festgestellt worden sei, dass der der Beschuldigung zugrunde liegende Sachverhalt nicht erwiesen sei. Anders zu entscheiden, würde auf eine Missachtung der materiellen Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses und der Souveränität der Mitgliedstaaten hinauslaufen.

322    Die Kommission entgegnet, das Vorbringen des Klägers gehe in tatsächlicher Hinsicht fehl, da in der Entscheidung über die Einleitung des Disziplinarverfahrens ausdrücklich klargestellt sei, dass die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe nicht nur auf die Beschuldigung, sondern auch auf den Bericht des IDOC vom 22. Februar 2002 über ergänzende Verwaltungsuntersuchungen gestützt seien. Das belgische Strafgericht sei lediglich befugt, nach dem belgischen Strafgesetzbuch über die Anklagepunkte zu entscheiden; bei der Beurteilung des Falles unter disziplinarrechtlichen Gesichtspunkten sei die Anstellungsbehörde nicht an die vom Strafgericht im Hinblick auf andere Bestimmungen erfolgte Beurteilung gebunden. Jedenfalls gingen die Rügen eines Verstoßes gegen den Grundsatz, dass das Strafverfahren das Disziplinarverfahren hemme, und einer Missachtung der materiellen Rechtskraft im vorliegenden Fall ins Leere, da es an einer abschließenden Disziplinarentscheidung fehle.

–       Würdigung durch das Gericht

323    Nach der Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz werden mit Art. 88 Abs. 5 des Statuts in der bis zum 30. April 2004 geltenden Fassung (jetzt Art. 25 des Anhangs IX des Statuts) zwei Zwecke verfolgt. Zum einen soll diese Bestimmung vermeiden helfen, die Stellung des betreffenden Beamten in einem Strafverfahren, das aufgrund von Handlungen, die auch Gegenstand eines gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahrens innerhalb seines Gemeinschaftsorgans sind, zu beeinträchtigen. Zum anderen ermöglicht die Aussetzung des Disziplinarverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens eine Berücksichtigung der tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts im Disziplinarverfahren. Art. 25 des Anhangs IX des Statuts enthält nämlich den Grundsatz, dass das Strafverfahren das Disziplinarverfahren hemmt, was insbesondere dadurch gerechtfertigt ist, dass die nationalen Strafgerichte über weiter gehende Untersuchungsbefugnisse verfügen als die Anstellungsbehörde. Daher ist die Verwaltung in Fällen, in denen dieselbe Tat sowohl einen Straftatbestand verwirklichen als auch eine Verletzung der Dienstpflichten des Beamten darstellen kann, an die vom Strafgericht im Strafverfahren getroffenen Feststellungen gebunden. Hat das Strafgericht die Tatsachen festgestellt, kann die Verwaltung diese anschließend unter den Begriff der disziplinarrechtlich zu ahndenden Pflichtverletzung subsumieren und dabei insbesondere prüfen, ob sie den Tatbestand einer Verletzung von Dienstpflichten verwirklichen (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 10. Juni 2004, François/Kommission, T‑307/01, Slg. 2004, II‑1669, Randnr. 75).

324    Im vorliegenden Fall geht aus der Begründung der Entscheidung, mit der die Einstellung des Disziplinarverfahrens abgelehnt worden ist, hervor, dass die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Kläger nicht nur auf dem in Belgien wegen Urkundenfälschung und Betrug im Zusammenhang mit den Dienstreiseaufträgen und Dienstreisekostenabrechnungen von Herrn Berthelot eingeleiteten Strafverfahren beruhte, sondern auch darauf, dass der Kläger aktiv an der rechtswidrigen Neueinstufung von Herrn Berthelot und an dessen rechtswidriger Einstellung bei der GFS beteiligt gewesen sein soll.

325    Im schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft war angegeben, dass der Kläger in keiner Aussage ausdrücklich oder mittelbar erwähnt worden sei, dass kein Beweisstück die Feststellung seiner Beteiligung an der Tat erlaube, und dass er selbst zum Nachweis beigetragen habe, dass die Dienstreiseaufträge falsch gewesen seien. Im Einstellungsbeschluss, in dem auf den schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft Bezug genommen wurde, wurde festgestellt, dass nach den Ermittlungen zwar zweifellos der Verdacht begründet gewesen sei, dass Urkundenfälschungs- und Betrugsdelikte begangen worden seien, aber keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass konkret einer der Beschuldigten zu verdächtigen sei.

326    Durch den Einstellungsbeschluss sind die Disziplinarbehörden also lediglich daran gehindert, den Kläger im Hinblick auf die Erstellung der Dienstreiseaufträge und Dienstreisekostenabrechnungen von Herrn Berthelot der Urkundenfälschung oder des Betrugs im Sinne des belgischen Strafrechts zu beschuldigen. Die Disziplinarbehörde ist durch den Beschluss aber nicht daran gehindert, im Hinblick auf die Neueinstufung von Herrn Berthelot in die Besoldungsgruppe und dessen Einstellung bei der GFS disziplinarrechtliche Vorwürfe zu erheben.

327    Somit sind die ersten beiden Teile der achten Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil der Rüge: angeblich ungerechtfertigte Herstellung eines Zusammenhangs zwischen dem gegen den Kläger gerichteten Disziplinarverfahren und dem Verfahren gegen das ehemalige Mitglied der Kommission

–       Vorbringen der Parteien

328    Der Kläger macht hilfsweise geltend, die Entscheidung, mit der die Einstellung des Disziplinarverfahrens abgelehnt worden sei, sei insoweit rechtswidrig, als mit ihr die Aussetzung dieses Verfahrens aufrechterhalten worden sei; diese Aussetzung sei zu Unrecht an den Ausgang des damals beim Gerichtshof gegen Frau Cresson anhängigen Verfahrens geknüpft worden.

329    Der Kläger beanstandet insbesondere die entsprechende Anwendung von Art. 25 des Anhangs IX des Statuts, auf die die Anstellungsbehörde die angefochtene Entscheidung gestützt habe; das Urteil Tzoanos/Kommission sei im vorliegenden Fall überhaupt nicht einschlägig, da es den Fall betreffe, dass ein Beamter zwei Verfahren ausgesetzt sei, einem Straf- und einem Disziplinarverfahren, während es vorliegend zwei Verfahren gebe, die zwei verschiedene Personen beträfen. Die Argumentation der Anstellungsbehörde, durch Art. 25 des Anhangs IX des Statuts solle gewährleistet werden, dass der Beamte nicht dadurch schlechter gestellt werde, dass vor Abschluss des Strafverfahrens eine Disziplinarentscheidung ergehe, sei widersprüchlich; im vorliegenden Fall benachteilige ihn die angefochtene Entscheidung, anstatt seine Interessen zu schützen.

330    Außerdem sei die Begründung der angefochtenen Entscheidung insoweit nicht nachvollziehbar, als darin ausgeführt werde, dass „[i]n Ihrem Fall … jede Entscheidung in der Sache, sei es eine Einstellung oder eine Fortführung des Verfahrens, gegenüber dem Verfahren vor dem Gerichtshof gegen Frau Cresson nicht neutral [wäre] und … daher als ein Versuch der ungebührlichen Beeinflussung aufgefasst werden [könnte]“. Der Kläger frage sich, wer beeinflusst werden könnte: die Anstellungsbehörde selbst, der Gerichtshof, das Gericht? Die Anstellungsbehörde habe dadurch, dass sie dieses Argument vorgebracht habe, gegen ihre Begründungspflicht aus Art. 25 Abs. 2 des Statuts verstoßen; die angefochtene Entscheidung sei daher rechtswidrig.

331    Die Kommission antwortet auf das Vorbringen des Klägers im Wesentlichen, dass die Anstellungsbehörde nach keiner Bestimmung verpflichtet gewesen sei, das Verfahren auszusetzen; bei vernünftiger Betrachtungsweise habe man aber nicht gegen einen Beamten vorgehen können, bevor über den Fall der Person, in deren Interesse der Beamte offenbar gehandelt habe, entschieden gewesen sei. Die Interessen des Klägers seien durch die Aussetzungsentscheidung nicht verletzt, sondern vielmehr geschützt worden. Das sei daran zu erkennen, dass das beklagte Organ, nachdem der Gerichtshof gegen das ehemalige Mitglied der Kommission keine Sanktion verhängt habe, beschlossen habe, das Disziplinarverfahren gegen den Kläger einzustellen.

–       Würdigung durch das Gericht

332    Nach Auffassung des Klägers genügt die Entscheidung, mit der die Einstellung des Disziplinarverfahrens abgelehnt wurde, zum einen aufgrund ihrer inkohärenten Begründung nicht dem in Art. 25 des Statuts vorgesehenen Erfordernis der Begründung von Entscheidungen; zum anderen sei die Entscheidung rechtsfehlerhaft.

333    Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass die Begründung es dem Richter ermöglichen soll, die angefochtene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen, und den Betroffenen so ausreichend unterrichten soll, dass er erkennen kann, ob die Entscheidung rechtmäßig oder mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung erlaubt (Urteile des Gerichts erster Instanz vom 23. April 2002, Campolargo/Kommission, T‑372/00, Slg. ÖD 2002, I‑A‑49 und II‑223, Randnr. 49, und vom 17. Oktober 2006, Bonnet/Gerichtshof, T‑406/04, Slg. ÖD 2006, I‑A‑2‑213 und II‑A‑2‑1097, Randnr. 67).

334    Der Kläger stützt seinen Antrag auf Einstellung des gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahrens hauptsächlich auf den Einstellungsbeschluss des belgischen Strafgerichts.

335    In der Entscheidung, mit der die Einstellung des Disziplinarverfahrens abgelehnt worden ist, wird klargestellt, dass es sich bei dem Disziplinar- und dem Strafverfahren um verschiedene, voneinander unabhängige Verfahren handele. Das Tribunal de première instance Brüssel habe den Sachverhalt nur unter Bezugnahme auf das belgische Strafrecht gewürdigt, und nicht im Hinblick auf die von der Kommission in Bezug auf Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht erhobenen Vorwürfe. Folglich habe der Ausgang des belgischen Verfahrens keinen Einfluss auf das Disziplinarverfahren, und der Umstand, dass das belgische Strafverfahren mit einer Einstellung geendet habe, bedeute nicht, dass deshalb das Disziplinarverfahren eingestellt werden müsste.

336    Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Hinweise in der angefochtenen Entscheidung dafür ausreichen, dass der Kläger beurteilen kann, ob die Gründe, aus denen sein Antrag auf Einstellung des Disziplinarverfahrens abgelehnt worden ist, stichhaltig sind, und dass das Gericht seine Kontrollfunktion wahrnehmen kann.

337    Im Übrigen wird in der angefochtenen Entscheidung unabhängig von der Antwort auf den Einstellungsantrag des Klägers ausgeführt, dass das Disziplinarverfahren ausgesetzt bleiben müsse.

338    Die Anstellungsbehörde hat die Aufrechterhaltung der Aussetzung mit dem Zusammenhang gerechtfertigt, der zwischen dem gegen den Kläger gerichteten Disziplinarverfahren und dem beim Gerichtshof gegen Frau Cresson eingeleiteten Verfahren bestehe.

339    Ungeachtet des in der Tat unklaren Hinweises auf einen „Versuch der ungebührlichen Beeinflussung“ reichen die in einer solchen Begründung enthaltenen Hinweise dafür aus, dass der Kläger beurteilen kann, ob die Gründe, aus denen die Aussetzung des Disziplinarverfahrens aufrechterhalten wird, stichhaltig sind, und das Gericht seine Kontrollfunktion wahrnehmen kann.

340    Die Rüge einer unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung ist folglich als unbegründet zurückzuweisen.

341    Was den gerügten Rechtsfehler anbelangt, so war zwar die Anstellungsbehörde nach keiner Bestimmung verpflichtet, das Verfahren bis zur Verkündung des Urteils Kommission/Cresson auszusetzen; zwischen dem Fall des Klägers und dem Fall von Frau Cresson bestand aber insoweit ein Zusammenhang, als der Kläger zu der Zeit, als ein Teil der Frau Cresson vorgeworfenen Betrugsdelikte begangen wurden, deren Kabinettschef war, und dieser Zusammenhang stellte einen Umstand dar, den die Kommission berücksichtigen durfte.

342    Abgesehen davon, dass eine solche Aussetzung zur Folge hatte, dass das Disziplinarverfahren länger dauerte, war die Entscheidung, den Kläger nicht zu belangen, bis der Fall des ehemaligen Mitglieds der Kommission geregelt war, daher für sich genommen rechtmäßig und sachgerecht.

343    Nach alledem ist der dritte Teil der achten Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum vierten Teil der Rüge: nicht genügend Tatsachen, die die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gerechtfertigt hätten

–       Vorbringen der Parteien

344    Der Kläger macht geltend, gegen ihn sei ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden, obwohl die Tatsachen, die dies gerechtfertigt hätten, „nie festgestellt worden [seien]; [in dem Beschluss des Tribunal de première instance Brüssel sei] sogar festgestellt worden, dass sie nicht erwiesen [seien]“.

345    Die Kommission vertritt die Auffassung, die Entscheidung, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, könne nur im Ausnahmefall des Vorliegens einer Schädigungsabsicht einen Amtsfehler darstellen, d. h. wenn zu dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung getroffen werde, keine Indizien gegen den Betroffenen sprächen. Das sei im vorliegenden Fall aber nicht der Fall gewesen; es habe der begründete Verdacht bestanden, dass der Kläger in schwere Rechtsverstöße verwickelt gewesen sei.

–       Würdigung durch das Gericht

346    Mit dem vorliegenden Teil der Rüge wird die Rechtswidrigkeit der Entscheidung über die Einleitung des Disziplinarverfahrens geltend gemacht.

347    Zwischen den Parteien besteht nach ihrem Vorbringen Uneinigkeit über den Umfang des Ermessens, das einem Organ bei der Entscheidung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zukommt, und demzufolge über den Umfang der Kontrolle, die der Unionsrichter im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit einer solchen Entscheidung auszuüben hat.

348    Der Kläger vertritt nämlich die Auffassung, dass die Entscheidung, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, rechtswidrig sei, wenn die Tatsachen, auf die die Einleitung dieses Verfahrens gestützt werde, nicht erwiesen seien, was darauf hinausläuft, dass der Richter diese Entscheidung einer normalen Kontrolle zu unterziehen habe. Hingegen vertritt die Kommission die Auffassung, dass eine solche Entscheidung nur im Ausnahmefall des Vorliegens einer Schädigungsabsicht einen Amtsfehler darstellen könne, was dazu führt, dass sich die gerichtliche Kontrolle auf die Frage des Ermessensmissbrauchs zu beschränken habe.

349    Es ist somit als Erstes der Umfang des Ermessens zu bestimmen, über das die Anstellungsbehörde verfügt, wenn sie die Entscheidung trifft, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, und der sich daraus ergebende Umfang der gerichtlichen Kontrolle, bevor als Zweites zu prüfen ist, ob im vorliegenden Fall die Entscheidung, mit der die Kommission ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger eingeleitet hat, nicht rechtswidrig war.

350    Vor Prüfung dieser Fragen sind zwei Vorbemerkungen zu machen.

351    Erstens ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Handlung auf die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten abzustellen, die zur Zeit der Vornahme der Handlung bestanden haben (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Februar 1979, Frankreich/Kommission, 15/76 und 16/76, Slg. 1979, 321, Randnr. 7). Umstände, die gegebenenfalls nach Erlass der Entscheidung über die Einleitung des Disziplinarverfahrens durch die Untersuchung im Rahmen dieses Verfahrens zutage gebracht wurden, können die Rechtmäßigkeit der genannten Entscheidung nicht beeinträchtigen, denn Gegenstand der Untersuchung war gerade die Prüfung der Frage, ob der Anfangsverdacht begründet war (vgl. entsprechend Urteil Giraudy/Kommission, Randnr. 145).

352    Zweitens ist der Richter dadurch, dass das Disziplinarverfahren eingestellt worden ist, ohne dass eine Disziplinarstrafe gegen den betreffenden Beamten verhängt worden wäre, nicht daran gehindert, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen diesen Beamten zu überprüfen.

353    Es bestünde nämlich die Gefahr von Willkür, wenn der Anstellungsbehörde die absolute und uneingeschränkte Befugnis zugestanden würde, ein Disziplinarverfahren gegen einen Beamten einzuleiten und es sodann ohne Disziplinarstrafe einzustellen, ohne dass der Beamte die Möglichkeit hätte, die Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens zu gegebener Zeit anzufechten, weil es an einer Disziplinarstrafe fehlt, gegen die er einen etwaigen Rechtsbehelf eingelegen könnte.

354    Dem Ermessen der Anstellungsbehörde bei der Entscheidung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens müssen daher rechtlich Grenzen gesetzt sein, die der gerichtlichen Kontrolle unterliegen.

355    Die Argumentation der Kommission steht dieser Feststellung im Übrigen nicht entgegen. Die Kommission vertritt nämlich nicht die Auffassung, dass die Entscheidung, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, überhaupt keiner gerichtlichen Kontrolle unterliegen dürfe, sondern dass eine solche Kontrolle auf die Frage des Ermessensmissbrauchs beschränkt sein müsse.

356    Nach Art. 86 Abs. 1 des Statuts in der Fassung, die bis zum 30. April 2004 und damit zu der Zeit gegolten hat, als die Entscheidung, ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger einzuleiten, ergangen ist, kann gegen Beamte, die vorsätzlich oder fahrlässig Pflichten verletzen, eine Disziplinarstrafe verhängt werden.

357    Aus der Verwendung des Ausdrucks „kann“ in dieser Bestimmung folgt logischerweise, dass gegen den Beamten, der eine seiner Pflichten verletzt, nicht stets eine Disziplinarstrafe zu verhängen ist, sondern lediglich verhängt werden kann.

358    Folglich wird der Anstellungsbehörde mit Art. 86 Abs. 1 des Statuts in der bis zum 30. April 2004 geltenden Fassung zwangsläufig ein weites Ermessen eingeräumt, sowohl hinsichtlich der Frage, ob die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zweckmäßig ist, als auch hinsichtlich der Entscheidung, ob am Ende dieses Verfahrens eine Disziplinarstrafe verhängt wird.

359    Nach der Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz besteht der Zweck einer Entscheidung, mit der ein Disziplinarverfahren gegen einen Beamten eingeleitet wird, darin, es der Anstellungsbehörde zu ermöglichen, zu untersuchen, ob der betreffende Beamten die ihm zur Last gelegten Handlungen tatsächlich begangen hat und wie schwer sie wiegen, und den Beamten hierzu anzuhören, um sich eine Meinung darüber zu bilden, ob es zum einen angebracht ist, das Disziplinarverfahren ohne weitere Veranlassung einzustellen oder eine Disziplinarstrafe gegen den Beamten zu verhängen, und ob es zum anderen gegebenenfalls erforderlich ist, vor Verhängung dieser Disziplinarstrafe ein Verfahren vor dem Disziplinarrat nach Anhang IX des Statuts einzuleiten (Urteile des Gerichts erster Instanz vom 13. März 2003, Pessoa e Costa/Kommission, T‑166/02, Slg. ÖD 2003, I‑A‑89 und II‑471, Randnr. 36, und vom 5. Oktober 2005, Rasmussen/Kommission, T‑203/03, Slg. ÖD 2005, I‑A‑279 und II‑1287, Randnr. 41).

360    In Anbetracht des Gegenstands und des Sinns und Zwecks eines Disziplinarverfahrens, wie sie in der Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz klargestellt werden, setzt die rechtmäßige Einleitung eines solchen Verfahrens entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung also nicht voraus, dass die dem Betroffenen zur Last gelegten Handlungen „erwiesen“ sind. Durch das Disziplinarverfahren sollen die dem Betroffenen zur Last gelegten Handlungen gerade erst geklärt werden.

361    Somit kann das Argument des Klägers, dass gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet und fortgeführt worden sei, obwohl die Tatsachen, die es rechtfertigten, nicht „erwiesen“ gewesen seien, nicht verfangen.

362    Der Auffassung des Klägers diametral entgegengesetzt, ist die Argumentation der Kommission zu prüfen, wonach die Entscheidung, ein Disziplinarverfahren gegen einen Beamten einzuleiten, nur im Ausnahmefall eines Ermessensmissbrauchs rechtswidrig sein soll.

363    Nach ständiger Rechtsprechung hat der Begriff des Ermessensmissbrauchs eine ganz präzise Bedeutung; er betrifft den Fall, dass eine Verwaltungsbehörde ihre Befugnisse zu einem anderen Zweck als dem ausübt, zu dem sie ihr übertragen worden sind. Eine Entscheidung ist nur dann ermessensmissbräuchlich, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie zu anderen als den angegebenen Zwecken getroffen wurde (Urteile des Gerichts erster Instanz vom 11. Juni 1996, Anacoreta Correia/Kommission, T‑118/95, Slg. ÖD 1996, I‑A‑283 und II‑835, Randnr. 25, und vom 6. Juli 1999, Séché/Kommission, T‑112/96 und T‑115/96, Slg. ÖD 1999, I‑A‑115 und II‑623, Randnr. 139).

364    Der Ermessensmissbrauch stellt somit einen Fall einer besonders schweren Rechtswidrigkeit dar.

365    Es bestünde aber die Gefahr von Willkür, wäre eine Entscheidung, mit der ein Disziplinarverfahren gegen einen Beamten eingeleitet wird, nur dann rechtswidrig, wenn es sich um einen Fall von Ermessensmissbrauch handelt. Schwere Versäumnisse der Anstellungsbehörde in diesem Bereich könnten nämlich nicht geahndet werden.

366    Nach alledem ist zum Schutz der Rechte des betroffenen Beamten davon auszugehen, dass die Anstellungsbehörde ihre Befugnisse nicht nur dann rechtswidrig ausübt, wenn nachweislich ein Fall von Ermessensmissbrauch vorliegt, sondern auch wenn es an hinreichend genauen relevanten Anhaltspunkten dafür fehlt, dass der Betroffene eine disziplinarrechtlich zu ahndende Pflichtverletzung begangen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Franchet und Byk/Kommission, Randnr. 352).

367    In Anbetracht des weiten Ermessens, über das die Anstellungsbehörde verfügt, und der Grenzen, die diesem zu setzen sind, hat sich die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob der Sachverhalt, von dem die Verwaltung bei der Einleitung des Disziplinarverfahrens ausgegangen ist, zutreffend festgestellt worden ist, ob die zur Last gelegten Handlungen nicht offensichtlich fehlerhaft beurteilt worden sind und ob kein Ermessensmissbrauch vorliegt (vgl. entsprechend im Bereich der Disziplinarstrafen Urteile des Gerichts erster Instanz vom 15. Mai 1997, N/Kommission, T‑273/94, Slg. ÖD 1997, I‑A‑97 und II‑289, Randnr. 125, und vom 17. Mai 2000, Tzikis/Kommission, T‑203/98, Slg. ÖD 2000, I‑A‑91 und II‑393, Randnr. 50).

368    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass es nach den Berichten des OLAF und des IDOC nicht ausgeschlossen war, dass der Kläger an der rechtswidrigen Neueinstufung von Herrn Berthelot in die Besoldungsgruppe beteiligt war.

369    Nach dem Bericht des OLAF vom 23. November 1999 soll es nämlich aufgrund von teilweise übereinstimmenden Aussagen von Beamten wahrscheinlich sein, dass im Büro des Klägers eine Sitzung stattgefunden habe, in der die Möglichkeit besprochen worden sei, Herrn Berthelot in die Gruppe I der Gastwissenschaftler einzustufen. Im Bericht des IDOC vom 22. Februar 2002 wird festgestellt, dass nach dem Ergebnis der Untersuchung davon auszugehen sei, dass zwischen dem 21. und 29. November 1996 tatsächlich eine solche Sitzung stattgefunden habe.

370    Somit bestand der begründete Verdacht, dass der Kläger zumindest an der Neueinstufung von Herrn Berthelot in die Besoldungsgruppe – bei der zum Zeitpunkt der Einleitung des Disziplinarverfahrens gegen den Kläger davon ausgegangen wurde, dass sie rechtswidrig war – aktiv beteiligt war, auch wenn die Aussagen verschiedener Beamten durch kein Schriftstück gestützt wurden und der Kläger die Wahrheit einer Reihe von Zeugenaussagen in Zweifel zog. Die Entscheidung, ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger einzuleiten, ist somit auf hinreichend genaue und relevante tatsächliche Angaben gestützt worden.

371    Unter diesen Umständen hat die Anstellungsbehörde dadurch, dass sie ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger eingeleitet hat, nicht die Grenzen überschritten, die ihrem Ermessen gesetzt sind.

372    Demzufolge ist der vierte Teil der achten Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum fünften Teil der Rüge: Verletzung der Fürsorge- und der Beistandspflicht sowie des Grundsatzes des Vertrauensschutzes

–       Vorbringen der Parteien

373    Der Kläger wirft der Kommission vor, ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet und fortgeführt zu haben, „das parteiisch durchgeführt worden [sei] und in dem die Anstellungsbehörde nicht alles in ihrer Macht Stehende getan [habe], um den genauen Ablauf des Geschehens aufzuklären“. Dadurch habe die Kommission ihre Fürsorge- und ihre Beistandspflicht sowie den Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt. Der Kläger weist insoweit auf die zahlreichen Mängel und Verletzungen der Verteidigungsrechte hin, mit denen die verschiedenen Verwaltungsuntersuchungen behaftet gewesen seien und die dem auf dieser Grundlage durchgeführten Disziplinarverfahren jegliche Glaubwürdigkeit nähmen.

374    Die Kommission vertritt die Auffassung, sie habe ihre Fürsorge- und ihre Beistandspflicht nicht verletzt. Zum einen könne die Anstellungsbehörde, wenn der begründete Verdacht bestehe, dass ein Beamter seine Pflichten aus dem Statut verletzt habe, durch die Fürsorgepflicht keinesfalls daran gehindert sein, ein Disziplinarverfahren gegen den Betroffenen einzuleiten; zum anderen könne dem Organ nicht vorgeworfen werden, nicht alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen zu haben, um festzustellen, ob die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe berechtigt gewesen seien oder nicht.

–       Würdigung durch das Gericht

375    Es ist zu prüfen, ob die Kommission dadurch, dass sie ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger eingeleitet und fortgeführt hat, ihre Fürsorge- und ihre Beistandspflicht sowie den Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt hat.

376    Als Erstes ist festzustellen, dass die Fürsorgepflicht nach ständiger Rechtsprechung das Gleichgewicht zwischen den wechselseitigen Rechten und Pflichten widerspiegelt, das das Statut in den Beziehungen zwischen der Behörde und den Beamten geschaffen hat. Diese Pflicht gebietet es insbesondere, dass die Anstellungsbehörde bei der Entscheidung über die Situation eines Beamten sämtliche Umstände berücksichtigt, die geeignet sind, ihre Entscheidung zu beeinflussen, und dass sie dabei nicht nur dem dienstlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des betroffenen Beamten Rechnung trägt (Urteile des Gerichts erster Instanz vom 20. Juni 1990, Burban/Parlament, T‑133/89, Slg. 1990, II‑245, Randnr. 27, und Séché/Kommission, Randnr. 147).

377    Es kann nicht angenommen werden, dass die Anstellungsbehörde durch die Erfordernisse der Fürsorgepflicht als solche daran gehindert wäre, ein Disziplinarverfahren gegen einen Beamten einzuleiten und fortzuführen. Eine solche Entscheidung wird nämlich vor allem im Interesse des Organs daran getroffen, dass etwaige Verstöße eines Beamten gegen seine Dienstpflichten festgestellt und gegebenenfalls geahndet werden.

378    Der Kommission kann daher nicht vorgeworfen werden, dass sie ihre Fürsorgepflicht verletzt hätte, nur weil sie ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger eingeleitet hat.

379    Was die anderen vom Kläger im Hinblick auf die Einleitung und Fortführung des gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahrens vorgebrachten Rügen angeht, so ist zum einen festzustellen, dass diese im Rahmen der anderen Teile der achten Rüge zurückgewiesen worden sind, und zum anderen, dass die besondere Rüge der überlangen Dauer dieses Verfahrens weiter unten geprüft werden wird.

380    Als Zweites ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung Gegenstand der Beistandspflicht nach Art. 24 des Statuts die Verteidigung des Beamten durch das Organ gegen Angriffe Dritter und von Kollegen oder Vorgesetzten als Personen ist, nicht aber gegen Handlungen des Organs selbst, für deren Überprüfung andere Bestimmungen des Statuts gelten (Urteile des Gerichts erster Instanz vom 18. Februar 1993, Mc Avoy/Parlament, T‑45/91, Slg. 1993, II‑83, Randnr. 60, und vom 13. Juli 1995, Saby/Kommission, T‑44/93, Slg. ÖD 1995, I‑A‑175 und II‑541, Randnr. 54).

381    Es ist aber festzustellen, dass es sich bei dem OLAF, der GD „Personal und Verwaltung“ und dem IDOC, gegen deren Untersuchungen sich der Kläger wendet, im Verhältnis zum Organ nicht um Dritte handelt. Im Übrigen benennt der Kläger nicht einmal Beweismittel für Handlungen von Kollegen oder Vorgesetzten, die den Beistand des Organs erfordert hätten.

382    Die vom Kläger geltend gemachte Verletzung der Beistandspflicht liegt somit nicht vor.

383    Als Drittes ist festzustellen, dass das Recht auf Vertrauensschutz nach ständiger Rechtsprechung zwar jedem Einzelnen zusteht, wenn sich herausstellt, dass die Verwaltung bei ihm begründete Erwartungen geweckt hat; ein Beamter kann einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes aber nicht geltend machen, wenn die Verwaltung ihm keine konkreten Zusicherungen gegeben hat (Urteile des Gerichts erster Instanz vom 27. März 1990, Chomel/Kommission, T‑123/89, Slg. 1990, II‑131, Randnr. 26, und Séché/Kommission Randnr. 160).

384    Im vorliegenden Fall hat die Verwaltung dem Kläger keine konkrete Zusicherung gegeben, auf die er sich berufen könnte. Der Kommission kann daher keine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes vorgeworfen werden.

385    Nach alledem ist der fünfte Teil der Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum sechsten Teil der Rüge: Verstoß der Disziplinarbehörde gegen ihre Verpflichtung, innerhalb angemessener Frist tätig zu werden

–       Vorbringen der Parteien

386    Der Kläger vertritt die Auffassung, die angemessene Frist, innerhalb deren die Anstellungsbehörde hätte entscheiden müssen, sei verstrichen gewesen. Er beruft sich auf das Urteil François/Kommission, in dem festgestellt worden sei, dass die Disziplinarbehörden, auch wenn keine Verjährungsfristen vorgesehen seien, verpflichtet seien, so vorzugehen, dass die Einleitung des Disziplinarverfahrens innerhalb angemessener Frist erfolge. Im vorliegenden Fall gehe der in Rede stehende Sachverhalt auf die Jahre 1995—1997 zurück, und die Verwaltung habe von den Vorgängen und Verhaltensweisen, die Zuwiderhandlungen gegen die Dienstpflichten eines Beamten darstellen könnten, Kenntnis erlangt, als der Bericht des OLAF im November 1999 vorgelegt worden sei, spätestens jedoch 2002. Die Anstellungsbehörde habe aber erst am 16. Januar 2004 ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet. Seit dem Einstellungsbeschluss der belgischen Justiz vom 30. Juni 2004 sei der Grundsatz, dass das Strafverfahren das Disziplinarverfahren hemme, nicht mehr zum Tragen gekommen; seitdem sei aber im Rahmen des Disziplinarverfahrens keine Untersuchungsmaßnahme mehr durchgeführt worden. Somit sei gegen den Grundsatz, nach dem die Anstellungsbehörde verpflichtet sei, innerhalb angemessener Frist zu entscheiden, verstoßen worden.

387    Die Kommission vertritt die Auffassung, im vorliegenden Fall hätten ganz besondere Umstände vorgelegen. Die „Affäre Berthelot“ sei im Kontext weiter reichender Untersuchungen zu sehen, die durchgeführt worden seien, um festzustellen, inwieweit die Kommission als Kollegium oder einzelne ihrer Mitglieder für Betrug, Missmanagement oder Vetternwirtschaft verantwortlich gewesen seien. Derart umfangreiche Untersuchungen hätten nicht innerhalb der normal für Disziplinarverfahren geltenden Fristen durchgeführt werden können. Insgesamt seien drei Verwaltungsuntersuchungen durchgeführt und ein Strafverfahren eingeleitet worden, woraus die Komplexität des betreffenden Sachverhalts ersichtlich sei.

388    Im Übrigen hätten bei der Prüfung der Dauer des Disziplinarverfahrens die Zeiten, in denen das Disziplinarverfahren ordnungsgemäß ausgesetzt gewesen sei, unberücksichtigt zu bleiben, da das Organ keinen Einfluss auf die Dauer von Gerichtsverfahren habe.

389    Schließlich sei das Argument, das Frau Cresson in der Rechtssache, in der das Urteil Kommission/Cresson ergangen sei, im Hinblick auf eine überlange Verfahrensdauer vorgebracht habe, vom Gerichtshof in den Randnrn. 90 bis 92 dieses Urteils zurückgewiesen worden.

–       Würdigung durch das Gericht

390    Die Disziplinarbehörden sind nach dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verpflichtet, das Disziplinarverfahren mit Umsicht zu betreiben und jede Verfahrenshandlung in angemessenem zeitlichem Abstand zur vorhergehenden Maßnahme vorzunehmen (Urteil François/Kommission, Randnr. 47; Urteil des Gerichts vom 8. November 2007, Andreasen/Kommission, F‑40/05, Slg. ÖD 2007, I‑A‑1‑337 und II‑A‑1‑1859, Randnr. 194 und die dort angeführte Rechtsprechung, Rechtsmittel anhängig beim Gericht der Europäischen Union, Rechtssache T‑17/08 P).

391    Diese Verpflichtung zur Umsicht und zur Einhaltung einer angemessenen Frist gilt auch für die Einleitung des Disziplinarverfahrens, insbesondere im Fall der Erlangung der Kenntnis von Vorgängen und Verhaltensweisen, die Zuwiderhandlungen gegen die Dienstpflichten eines Beamten darstellen können, und zwar von der Erlangung dieser Kenntnis an. Auch wenn nämlich keine Verjährungsfrist vorgesehen ist, sind die Disziplinarbehörden doch verpflichtet, so vorzugehen, dass die Einleitung des Disziplinarverfahrens innerhalb angemessener Frist erfolgt (Urteil François/Kommission, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

392    Die überlange Dauer eines Disziplinarverfahrens kann somit sowohl auf die Durchführung der vorherigen Verwaltungsuntersuchungen als auch auf das Disziplinarverfahren selbst zurückzuführen sein. Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Dauer eines Disziplinarverfahrens ist nicht allein auf den Zeitraum abzustellen, der mit der Entscheidung, ein solches Verfahren einzuleiten, beginnt. Bei der Frage, ob das Disziplinarverfahren nach seiner Einleitung mit der gebotenen Umsicht betrieben worden ist, spielt es eine Rolle, dass zwischen dem angeblichen Disziplinarvergehen und der Entscheidung, das Disziplinarverfahren einzuleiten, ein mehr oder weniger langer Zeitraum gelegen hat.

393    Die Angemessenheit einer Verfahrensdauer ist jedoch nach den Umständen jeder einzelnen Rechtssache, insbesondere nach den Interessen, die in dem Rechtsstreit für den Betroffenen auf dem Spiel stehen, nach der Komplexität der Rechtssache sowie nach dem Verhalten des Klägers und dem der zuständigen Behörden, zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

394    Kein bestimmter Faktor ist allein maßgebend. Jeder Faktor ist einzeln zu prüfen; dann ist die gemeinsame Wirkung der Faktoren zu bewerten. Bestimmte Beispiele für eine der Anstellungsbehörde zuzurechnende Verzögerung können bei isolierter Betrachtungsweise nicht als unangemessen erscheinen, wohl aber bei einer Gesamtbetrachtung. Die Erfordernisse in Bezug auf eine umsichtige Verfahrensführung gehen jedoch nicht über das hinaus, was mit dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung zu vereinbaren ist.

395    Hat ein Verfahren wegen von der Anstellungsbehörde getroffener Entscheidungen die gewöhnlich als angemessen anzusehende Dauer überschritten, obliegt es dieser Behörde, das Vorliegen besonderer Umstände darzutun, die diese Überschreitung rechtfertigen können (vgl. entsprechend zur Erstellung von Beurteilungen Urteil des Gerichtshofs vom 5. Mai 1983, Ditterich/Kommission, 207/81, Slg. 1983, 1359, Randnr. 26).

396    Nach diesen Grundsätzen ist zu prüfen, ob das Disziplinarverfahren in angemessener Frist durchgeführt worden ist. Als Erstes sind dazu die Hauptereignisse in Erinnerung zu rufen, die zur Einleitung dieses Verfahrens geführt haben, sowie dessen Hauptabschnitte; als Zweites ist dann zu prüfen, ob die objektiv festgestellte Dauer als angemessen angesehen werden kann.

397    In der Entscheidung vom 16. Januar 2004, mit der ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger eingeleitet wurde, wurde diesem vorgeworfen, aktiv an der Neueinstufung von Herrn Berthelot in die Besoldungsgruppe und an dessen Einstellung bei der GFS beteiligt gewesen zu sein.

398    Herr Berthelot wurde aber mit Wirkung vom 1. September 1996 neu eingestuft, und ein Vertrag als Gastwissenschaftler in der GFS wurde ihm mit Wirkung vom 1. März 1997 angeboten. Die Entscheidung, das Disziplinarverfahren einzuleiten, ist also mehr als sieben Jahre nach den dem Kläger zur Last gelegten Handlungen eingeleitet worden. Diese Zeitspanne ist für sich betrachtet zweifellos ungewöhnlich lang für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen einen Beamten.

399    Das OLAF schloss seinen Untersuchungsbericht über die Beschäftigungsbedingungen von Herrn Berthelot als Gastwissenschaftler bei der Kommission am 23. November 1999 ab, das IDOC seinen Bericht über eine ergänzende Verwaltungsuntersuchung über die Zeit, in der Herr Berthelot als Gastwissenschaftler bei der GD „Forschung“ beschäftigt war, am 22. Februar 2002. Zwischen der Vorlage dieses letzten Berichts und der Einleitung des Disziplinarverfahrens wurde keine weitere Untersuchung durchgeführt. Die Entscheidung, ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger einzuleiten, ist also etwa zwei Jahre nach dem letzten Bericht über eine Verwaltungsuntersuchung getroffen worden. Auch diese Zeitspanne ist bei einem Disziplinarverfahren gegen einen Beamten ungewöhnlich lang.

400    Das einzige Ereignis, das nach der Vorlage des letzten Untersuchungsberichts für das Disziplinarverfahren von Bedeutung gewesen ist, ist die Beschuldigung des Klägers durch die belgischen Strafbehörden am 18. März 2003. Zwischen diesem Ereignis und der Einleitung sind aber zehn Monate vergangen, was wiederum ungewöhnlich lang ist.

401    Mit Beschluss der Anstellungsbehörde vom 16. Januar 2004 wurde das Disziplinarverfahren eingeleitet und sofort gemäß Art. 88 Abs. 5 des Statuts in der bis zum 30. April 2004 geltenden Fassung ausgesetzt, wonach, wenn gegen den Beamten wegen desselben Sachverhalts bereits ein Strafverfahren eingeleitet worden ist, seine Rechtsstellung erst dann endgültig geregelt wird, wenn das Urteil des angerufenen Gerichts rechtskräftig geworden ist. Nach der Verkündung des Einstellungsbeschlusses des belgischen Strafgerichts am 30. Juni 2004 teilte die Kommission dem Kläger mit Schreiben vom 13. Juli 2004 mit, dass das gegen ihn gerichtete Disziplinarverfahren bis zur Entscheidung des Kollegiums der Kommissionsmitglieder über den Fall von Frau Cresson ausgesetzt worden sei.

402    Das Disziplinarverfahren ist schließlich mit Entscheidung vom 16. Oktober 2006 eingestellt worden, d. h. etwa 10 Jahre nach den zur Last gelegten Handlungen.

403    Es ist somit als Zweites zu prüfen, ob die Kommission den Nachweis erbringt, dass eine objektiv bereits derart lange, auf den ersten Blick überlange Dauer unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles dennoch als angemessen anzusehen ist.

404    Zunächst ist festzustellen, dass Frau Cresson in der Rechtssache, in der das Urteil Kommission/Cresson ergangen ist, ein ähnliches Argument vorgebracht hatte wie dasjenige, das der Kläger in der vorliegenden Rechtssache vorträgt. Sie hatte nämlich geltend gemacht, dass die Einleitung eines Disziplinarverfahrens durch eine Mitteilung der Vorwürfe am 21. Januar 2003, mehr als sieben Jahre nach dem von der Kommission beanstandeten Sachverhalt, insbesondere angesichts der Existenz verschiedener seit langem verfügbarer Berichte über diesen Sachverhalt und der mangelnden Komplexität der Angelegenheit inakzeptabel sei (vgl. Urteil Kommission/Cresson, Randnr. 78).

405    Der Gerichtshof hat dieses Argument zurückgewiesen; da Art. 213 Abs. 2 EG noch nie zuvor herangezogen worden sei, um ein Verfahren gegen ein Kommissionsmitglied wegen dessen Verhalten während seiner Amtszeit einzuleiten, habe die Kommission es als erforderlich ansehen dürfen, besondere Sorgfalt walten zu lassen.

406    Die Kommission hat es zwar, wie der Gerichtshof festgestellt hat, zu Recht als erforderlich ansehen dürfen, im Hinblick auf die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen Frau Cresson besondere Sorgfalt walten zu lassen; das enthob das Organ aber nicht von seiner Verpflichtung, ein etwaiges Disziplinarverfahren gegen den Kläger in angemessener Frist durchzuführen.

407    Zwischen dem Fall des Klägers und dem Fall von Frau Cresson bestand zwar insofern ein Zusammenhang, als der Kläger Kabinettschef von Frau Cresson war, als ein Teil der Frau Cresson vorgeworfenen Betrugsdelikte begangen wurde. Wie das Gericht bereits im Rahmen des dritten Teils der vorliegenden Rüge festgestellt hat (vgl. Randnrn. 341 und 342 des vorliegenden Urteils), stellte dieser Zusammenhang einen Umstand dar, den die Kommission berücksichtigen durfte.

408    Allerdings bestanden zwischen den beiden Fällen erhebliche Unterschiede, aufgrund deren das beklagte Organ daran gehindert war, die im Hinblick auf das ehemalige Mitglied der Kommission getroffenen Entscheidungen automatisch und unterschiedslos auf den Kläger zu übertragen.

409    Erstens war die dienstrechtliche Stellung des Klägers eine andere als diejenige von Frau Cresson. Als Mitglied der Kommission, das für ein befristetes Mandat politisch ernannt wurde, war Frau Cresson nämlich zum einen politisch für ihre Handlungen und diejenigen der Personen, die für sie und gemäß ihren Weisungen handelten, verantwortlich; zum anderen unterlag sie dem besonderen Verfahren gemäß den Art. 213 EG und 126 EA. Frau Cresson war seit über drei Jahren aus dem Dienst ausgeschieden, als ein Verfahren nach diesen Bestimmungen gegen sie eingeleitet wurde. Der Kläger hingegen unterlag als Beamter nach dem Statut einer Loyalitätspflicht gegenüber den Europäischen Gemeinschaften und sollte seine Laufbahn innerhalb der Kommission fortsetzen. Von einem Beamten kann aber schwerlich erwartet werden, dass er weiter normal seinen Dienst tut und weiterhin seine Loyalität gegenüber den Gemeinschaften wahrt, zu der er nach dem Statut verpflichtet ist, wenn seine dienstliche Führung über Jahre Gegenstand aufeinanderfolgender Untersuchungen ist und er so mit der Vorstellung leben muss, dass möglicherweise ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet wird.

410    Zweitens war der Kläger zwar eine Zeit lang Kabinettschef von Frau Cresson; chronologisch betrachtet stand er aber am Rande der Ereignisse, wegen deren gegen Frau Cresson Vorwürfe erhoben wurden. Als der Kläger am 21. Dezember 1995 zum Kabinettschef von Frau Cresson ernannt wurde, war die rechtswidrige Anstellung von Herrn Berthelot nämlich bereits erfolgt; dieser hatte bereits seit dem 1. September 1995 die Stellung eines Gastwissenschaftlers in der GD „Forschung“ inne.

411    Zwar sind dem Kläger seine Beteiligung bei der Einstufung von Herrn Berthelot in die Besoldungsgruppe und bei dessen rechtswidriger Einstellung bei der GFS vorgeworfen worden; aus dem Umstand, dass Herr Berthelot bereits bei Frau Cresson angestellt war, als der Kläger seinen Dienst in deren Kabinett aufnahm, war aber ersichtlich, dass der Kläger bei den festgestellten Unregelmäßigkeiten nicht als Katalysator fungiert haben konnte, sondern ihm allenfalls eine Nebenrolle zukam. Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass „nicht davon die Rede sein [kann], dass der [Kläger] der Hauptinitiator der gesamten Affäre gewesen wäre“.

412    Diese erheblichen Unterschiede zwischen der Situation des ehemaligen Mitglieds der Kommission und der Situation des Klägers sind Gesichtspunkte, auf die es bei der Beurteilung der Frage, ob die ungewöhnlich lange und auf den ersten Blick überlange Dauer (vgl. Randnrn. 398 bis 402 des vorliegenden Urteils) dieses Verfahrens dennoch als angemessen angesehen kann, maßgeblich ankommt.

413    Zwar lag den speziell gegen den Kläger erhobenen Vorwürfen dasselbe wichtige Allgemeininteresse zugrunde, nämlich das Vertrauen der Bürger in das ordnungsgemäße Funktionieren der europäischen Organe auf höchster Ebene und darauf, dass keine Einflussnahme oder Verschleierung einer solchen vorlagen. Insoweit war der Fall des Klägers in disziplinarrechtlicher Hinsicht nicht auf einen einzelnen Zwischenfall zurückzuführen, sondern war Teil einer allgemeineren Situation, die wegen der Probleme, die durch sie zutage traten, Auswirkungen hatte, die weit über die Situation des Klägers hinausgingen.

414    Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles und unter Abwägung aller genannten Gesichtspunkte, insbesondere der maßgeblichen Unterschiede zwischen dem Fall des Klägers und dem des ehemaligen Mitglieds der Kommission, ist, ohne dass das in Rede stehende weiter gehende öffentliche Interesse außer Acht gelassen würde, aber festzustellen, dass die Kommission nicht dargetan hat, dass die ungewöhnlich lange Dauer sowohl des Zeitraums, der der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorausgegangen ist, als auch des Disziplinarverfahrens selbst dennoch als angemessen angesehen werden könnte.

415    Nach alledem hat die Kommission dadurch Amtsfehler begangen, dass sie es zum einen unterlassen hat, dem Kläger den Beitrag des IDOC mitzuteilen, und zum anderen unter Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht ein Disziplinarverfahren eingeleitet und fortgeführt hat.

2.     Zum Schaden und zum Kausalzusammenhang

416    Als Erstes ist festzustellen, dass dem Kläger dadurch, dass die Kommission es unterlassen hat, ihm den Beitrag des IDOC mitzuteilen, ein immaterieller Schaden zugefügt worden ist, der sich aus dem Gefühl ergibt, im Hinblick auf ein für die Ausübung seiner Verteidigungsrechte wesentliches Dokument einer durch Undurchsichtigkeit gekennzeichneten Haltung ausgesetzt gewesen zu sein (vgl. zu einem durch die Verletzung der Verteidigungsrechte entstandenen Schaden Urteil des Gerichts vom 11. September 2008, Bui Van/Kommission, F‑51/07, Slg. ÖD 2008, I‑A‑1‑289 und II‑A‑1‑1533, Randnrn. 93 und 94, Rechtsmittel anhängig beim Gericht der Europäischen Union, Rechtssache T‑491/08 P).

417    Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles hält das Gericht nach billigem Ermessen die Zuerkennung eines Schadensersatzbetrags von 5 000 Euro an den Kläger für angemessen.

418    Als Zweites ist festzustellen, dass der Kläger dadurch, dass das Organ im Hinblick auf die Einleitung und die Fortführung des Disziplinarverfahrens seine Verpflichtung, in angemessener Frist tätig zu werden, verletzt hat, in einen lange andauernden Zustand der Ungewissheit versetzt worden ist, was einen zu ersetzenden immateriellen Schaden darstellt. Da zum einen die Entscheidung, ein Disziplinarverfahren einzuleiten mehr als sieben Jahre nach den dem Kläger zur Last gelegten Handlungen ergangen ist und zum anderen das Verfahren nach seiner Einleitung ungefähr drei Jahre gedauert hat, so dass zwischen den zur Last gelegten Handlungen und der Einstellung des Disziplinarverfahrens insgesamt ungefähr zehn Jahre vergangen sind, ist dem Kläger nach billigem Ermessen ein Schadensersatzbetrag von 25 000 Euro zuzuerkennen.

419    Nach alledem ist die Kommission zu verurteilen, an den Kläger als Ersatz für den ihm durch die von ihr begangenen Pflichtverletzungen zugefügten immateriellen Schaden 30 000 Euro zu zahlen.

 Kosten

420    Nach Art. 122 der Verfahrensordnung finden die Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels über die Prozesskosten und Gerichtskosten nur auf die Rechtssachen Anwendung, die ab dem Inkrafttreten dieser Verfahrensordnung, d. h. ab dem 1. November 2007, beim Gericht anhängig gemacht werden. Die insoweit geltenden Bestimmungen der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz finden weiterhin entsprechende Anwendung auf die Rechtssachen, die beim Gericht vor diesem Zeitpunkt anhängig waren.

421    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 88 dieser Verfahrensordnung tragen jedoch in Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und ihren Bediensteten die Organe ihre Kosten selbst.

422    Ferner kann das Gericht nach Art. 87 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist.

423    Schließlich entscheidet das Gericht nach Art. 87 § 6 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz, wenn es die Hauptsache für erledigt erklärt, über die Kosten nach freiem Ermessen.

424    Was die Aufhebungsanträge der unter dem Aktenzeichen F‑124/05 in das Register eingetragenen Klage angeht, ist festzustellen, dass diese Anträge durch die Entscheidung vom 16. Oktober 2006, mit der das Disziplinarverfahren gegen den Kläger eingestellt worden ist und mit der das beklagte Organ dem Kläger das gewährt hat, was er mit diesen Klageanträgen begehrt hat, gegenstandslos geworden ist.

425    Was die Schadensersatzanträge der unter den Aktenzeichen F‑124/05 und F‑96/06 in das Register eingetragenen Klagen angeht, ist hingegen festzustellen, dass nur zwei der zahlreichen Pflichtverletzungen, die vom Kläger geltend gemacht worden sind, als erwiesen angesehen worden sind, und dass dem Kläger Schadensersatz in einem viel geringeren Umfang zuerkannt worden ist, als er beantragt hatte.

426    Nach alledem erscheint es bei angemessener Berücksichtigung der Umstände des Falles geboten, dass die Kommission neben ihren eigenen Kosten die Hälfte der Kosten des Klägers trägt. Der Kläger trägt die Hälfte seiner Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Plenum)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Über die vom Kläger mit der unter dem Aktenzeichen F‑124/05 in das Register der Kanzlei eingetragenen Klage geltend gemachten Anträge braucht nicht entschieden zu werden.

2.      Die Europäische Kommission wird verurteilt, an den Kläger 30 000 Euro als Ersatz seines immateriellen Schadens zu zahlen.

3.      Die Europäische Kommission trägt neben ihren eigenen Kosten die Hälfte der Kosten, die dem Kläger im Zusammenhang mit den unter den Aktenzeichen F‑124/05, A/Kommission, und F‑96/06, G/Kommission, in das Register der Kanzlei eingetragenen Klagen entstanden sind.

4.      Der Kläger trägt die Hälfte seiner eigenen Kosten, die ihm im Zusammenhang mit den unter den Aktenzeichen F‑124/05, A/Kommission, und F‑96/06, G/Kommission, in das Register der Kanzlei eingetragenen Klagen entstanden sind.

Mahoney

 

      Gervasoni

Kreppel

Tagaras

Van Raepenbusch

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. Januar 2010.

Die Kanzlerin

 

       Der Präsident

W. Hakenberg

 

       P. Mahoney

Inhaltsverzeichnis


Rechtlicher Rahmen

I – Vorschriften über Vorrechte und Befreiungen

II – Vorschriften über Untersuchungen im Bereich der Betrugsbekämpfung

III – Vorschriften über Disziplinarverfahren

IV – Vorschriften über die Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten

V – Vorschriften über Leistungen im Fall der Invalidität

A – Statut

B – Das Statut in der bis zum 30. April 2004 geltenden Fassung

VI – Vorschriften über die Personalakte

VII – Vorschriften über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten

Sachverhalt

I – Die „Affäre Cresson“ als Kontext

II – Sachverhalt in Bezug auf den Kläger

Verfahren

I – In der Rechtssache F‑124/05 vor Verbindung mit der Rechtssache F‑96/06

II – In der Rechtssache F‑96/06 vor Verbindung mit der Rechtssache F‑124/05

III – In den verbundenen Rechtssachen F‑124/05 und F‑96/06

Anträge der Parteien

I – In der Rechtssache F‑124/05

II – In der Rechtssache F‑96/06

Rechtliche Würdigung

I – Zur Klage F‑124/05

A – Vorbringen der Parteien

B – Würdigung durch das Gericht

II – Zur Klage F‑96/06

A – Zur Zulässigkeit

1.  Vorbringen der Parteien

2.  Würdigung durch das Gericht

B – Zur Begründetheit

1.  Zu den der Kommission vorgeworfenen Pflichtverletzungen

a)  Zur ersten Rüge: nach Auffassung des Klägers ungerechtfertigte Anschuldigung in der „Affäre Berthelot“

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

b)  Zur zweiten Rüge: Unzulänglichkeiten und Verletzungen der Verteidigungsrechte, mit denen die Verwaltungsuntersuchungen behaftet sein sollen

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

c)  Zur dritten Rüge: Verletzung des Grundsatzes der Vertraulichkeit bei den Untersuchungen des OLAF

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

–  Zur Zulässigkeit der Rüge

–  Zur Begründetheit der Rüge

d)  Zur vierten Rüge: Rechtswidrigkeit der Aufhebung der Befreiung des Klägers von der Gerichtsbarkeit

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

e)  Zur fünften Rüge: Rechtswidrigkeit der Entscheidung über die Versetzung des Klägers

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

f)  Zur sechsten Rüge: Unregelmäßigkeiten, mit denen das nach Art. 73 des Statuts eingeleitete Verfahren behaftet sein soll

Zum ersten Teil der Rüge: nach Auffassung des Klägers ungerechtfertigter Ausschluss des Vorliegens eines Arbeitsunfalls

–  Vorbringen der Parteien

–  Würdigung durch das Gericht

Zum zweiten Teil der Rüge: Unregelmäßigkeiten des Verfahrens beim IDOC

–  Zur behaupteten Rechtswidrigkeit der Befassung des IDOC

–  Zur behaupteten mangelnden Unparteilichkeit des IDOC

–  Zur verweigerten Mitteilung des Beitrags des IDOC an den Kläger

g)  Zur siebten Rüge: Rechtswidrigkeit des Gutachtens des Invaliditätsausschusses vom 29. Oktober 2004

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

h)  Zur achten Rüge: Rechtswidrigkeit der Einleitung und der Fortführung des gegen den Kläger gerichteten Disziplinarverfahrens

Vorbemerkung

Zum ersten und zum zweiten Teil der Rüge: Nichtbeachtung der Folgen des Einstellungsbeschlusses der belgischen Justiz

–  Vorbringen der Parteien

–  Würdigung durch das Gericht

Zum dritten Teil der Rüge: angeblich ungerechtfertigte Herstellung eines Zusammenhangs zwischen dem gegen den Kläger gerichteten Disziplinarverfahren und dem Verfahren gegen das ehemalige Mitglied der Kommission

–  Vorbringen der Parteien

–  Würdigung durch das Gericht

Zum vierten Teil der Rüge: nicht genügend Tatsachen, die die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gerechtfertigt hätten

–  Vorbringen der Parteien

–  Würdigung durch das Gericht

Zum fünften Teil der Rüge: Verletzung der Fürsorge- und der Beistandspflicht sowie des Grundsatzes des Vertrauensschutzes

–  Vorbringen der Parteien

–  Würdigung durch das Gericht

Zum sechsten Teil der Rüge: Verstoß der Disziplinarbehörde gegen ihre Verpflichtung, innerhalb angemessener Frist tätig zu werden

–  Vorbringen der Parteien

–  Würdigung durch das Gericht

2.  Zum Schaden und zum Kausalzusammenhang

Kosten


* Verfahrenssprache: Französisch.