Language of document : ECLI:EU:C:2015:368

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NILS WAHL

vom 4. Juni 2015(1)

Rechtssache C‑103/14

Bronius Jakutis

Kretingalės kooperatinė ŽŪB

gegen

Nacionalinė mokėjimo agentūra prie Žemės ūkio ministerijos

Lietuvos valstybė

(Vorabentscheidungsersuchen des Vilniaus apygardos administracinis teismas [Litauen])

„Vorabentscheidungsersuchen – Gemeinsame Agrarpolitik – Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 – Gültigkeit der Art. 10 Abs. 1 und 132 Abs. 2 der Verordnung Nr. 73/2009, des Durchführungsbeschlusses C(2012) 4391 final der Kommission und des Arbeitsdokuments DS2011/14/REV2 der Kommission vom 20. Oktober 2011 im Licht der Beitrittsakte von 2003, der Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes, der ordnungsgemäßen Verwaltung, des fairen Wettbewerbs und der Nichtdiskriminierung sowie der Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik gemäß Art. 39 AEUV – Modulation der in den neuen Mitgliedstaaten den Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe gewährten Direktzahlungen – Kürzung der ergänzenden nationalen Direktzahlungen – Höhe der in den alten und in den neuen Mitgliedstaaten geltenden Direktzahlungen – Vergleich – Vereinheitlichung der jeweiligen Höhen der Direktzahlungen im Jahr 2012 – Fehlen von Daten, die die Feststellung der einheitlichen Höhe der in den alten und in den neuen Mitgliedstaaten geltenden Direktzahlungen erlauben – Begründungmangel – Fehlende Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union“





I –    Einleitung

1.        Die vorliegende Rechtssache betrifft die komplexe Frage, ob ein Vergleich der jeweiligen Höhen der Direktzahlungen an die Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union trotz der großen Unterschiede zwischen den Beträgen der in den verschiedenen Mitgliedstaaten gewährten Zahlungen möglich ist.

2.        Ein solcher Vergleich ist insbesondere zur Feststellung erforderlich, ob die Modulation der Direktzahlungen und die Kürzung der ergänzenden nationalen Direktzahlungen im Jahr 2012 in den am 1. Mai 2004 der Union beigetretenen neuen Mitgliedstaaten (im Folgenden: Mitgliedstaaten der EU‑10) möglich waren. Die erhebliche Bedeutung dieser Frage für die Betriebsinhaber der Mitgliedstaaten der EU‑10 liegt auf der Hand.

3.        Nach der sogenannten „phasing-in“-Regelung wurden die Direktzahlungen für Betriebsinhaber in den Mitgliedstaaten der EU‑10 nach deren Beitritt zur Union schrittweise eingeführt und sollten im Jahr 2013 dieselbe Höhe wie in den anderen Mitgliedstaaten erreichen. In diesem Vorabentscheidungsersuchen geht es um das Problem des Vergleichs der jeweiligen Höhen der Direktzahlungen, die 2012 in den Mitgliedstaaten der EU‑10 und in den Mitgliedstaaten der Union in ihrer Zusammensetzung am 30. April 2004 (im Folgenden Mitgliedstaaten der EU‑15) galten.

4.        Das Vorabentscheidungsersuchen des Vilniaus apygardos administracinis teismas (Litauen) betrifft zum einen die Auslegung bestimmter Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates(2) und zum anderen die Gültigkeit bestimmter Vorschriften dieser Verordnung sowie des Durchführungsbeschlusses C(2012) 4391 final der Kommission(3) und ihres Arbeitsdokuments DS2011/14/REV2(4). Die Prüfung der Vorlagefragen erfordert insbesondere die Beachtung der Art. 39 AEUV, der Beitrittsakte von 2003(5) und bestimmter allgemeiner Grundsätze des Unionsrechts.

5.        Im Gegensatz zum Gerichtshof, der erstmals mit Fragen zur Anwendung der Modulation und der Kürzungen der ergänzenden nationalen Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 befasst ist, hatte das Gericht der Europäischen Union bereits über Direktklagen zu entscheiden, mit denen die Nichtigerklärung einschlägiger Rechtsakte der Union beantragt wurde(6). Die Frage der Auslegung des Begriffs „Höhe der Direktzahlungen“ im Sinne von Art. 10 Abs. 2 der Verordnung Nr. 73/2009 ist allerdings nach wie vor offen(7).

II – Rechtlicher Rahmen – Unionsrecht

A –    Beitrittsakte von 2003

6.        Art. 9 der Beitrittsakte von 2003 bestimmt:

„Die Bestimmungen dieser Akte, die eine nicht nur vorübergehende Aufhebung oder Änderung von Rechtsakten der Organe zum Gegenstand haben oder bewirken, haben denselben Rechtscharakter wie die durch sie aufgehobenen oder geänderten Bestimmungen und unterliegen denselben Regeln wie diese.“

B –    Verordnung (EG) Nr. 1259/1999

7.        Die Verordnung (EG) Nr. 1259/1999 des Rates(8) fand gemäß Art. 1 auf Direktzahlungen Anwendung, die im Rahmen der Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe gewährt und zum Teil oder vollständig durch die Abteilung Garantie des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) finanziert wurden(9).

8.        Anhang II Kapitel 6 Nr. 27 der Beitrittsakte von 2003 sah verschiedene Änderungen der Verordnung Nr. 1259/1999 vor, darunter die Einfügung der Art. 1a, 1b und 1c über die Stützungsregelungen in den neuen Mitgliedstaaten.

9.         Art. 1a der Verordnung Nr. 1259/1999 legt für Direktzahlungen in den neuen Mitgliedstaaten eine Regelung der schrittweisen Erhöhung fest (sogenannte „phasing-in“-Regelung):

„Einführung von Stützungsregelungen in neuen Mitgliedstaaten

In der Tschechischen Republik, Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und der Slowakei (nachstehend „neue(r) Mitgliedstaat(en)“ genannt) werden die im Rahmen der Stützungsregelungen nach Artikel 1 gewährten Direktzahlungen nach folgendem Schema eingeführt, in dem die Steigerungsstufen als Prozentsatz der Höhe derartiger Zahlungen in der Gemeinschaft in ihrer Zusammensetzung am 30. April 2004 ausgedrückt werden:

2004: 25 %

2005: 30 %

2006:35 %

2007: 40 %

2008: 50 %

2009: 60 %

2010: 70 %

2011: 80 %

2012: 90 %

ab 2013: 100 %.“

10.       Art. 1b, der ebenfalls durch Anhang II Kapitel 6 Nr. 27 der Beitrittsakte von 2003 in die Verordnung Nr. 1259/1999 eingefügt wurde, legt eine Regelung für die einheitliche Flächenzahlung fest, die die Mitgliedstaaten der EU‑10 wahlweise anwenden können.

11.      Art. 1c der Verordnung Nr. 1259/1999 erlaubt den neuen Mitgliedstaaten die Gewährung von ergänzenden nationalen Direktzahlungen. Art. 1c Abs. 2 letzter Unterabsatz bestimmt:

„Der Gesamtbetrag der Direktbeihilfe, die dem Betriebsinhaber nach dem Beitritt in dem neuen Mitgliedstaat im Rahmen der einschlägigen EU‑Regelung einschließlich aller ergänzenden staatlichen Direktzahlungen gewährt werden kann, darf nicht die Höhe der Direktbeihilfe überschreiten, auf die er im Rahmen der für die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in ihrer Zusammensetzung am 30. April 2004 geltenden Regelung Anspruch hätte.“

C –    Verordnung (EG) Nr. 1782/2003

12.      Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik wurde parallel zu den mit den Mitgliedstaaten der EU‑10 geführten Beitrittsverhandlungen durchgeführt. Im Rahmen dieser Reform wurde die Verordnung Nr. 1259/1999 durch die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates(10) ersetzt.

13.      Die Verordnung Nr. 1782/2003 führte ein System der Modulation der Direktzahlungen(11) ein. Art. 10 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„Alle in einem Mitgliedstaat einem Betriebsinhaber in einem Kalenderjahr zu gewährenden Direktzahlungen werden jedes Jahr bis 2012 um folgende Prozentsätze gekürzt:

–        2005: 3 %

–        2006: 4%

–        2007: 5 %

–        2008: 5 %

–        2009: 5 %

–        2010: 5 %

–        2011: 5 %

–        2012: 5 %“

14.      Die Verordnung Nr. 1782/2003 wurde dann am 2. März 2004 durch zwei Rechtsakte des Rates der Europäischen Union geändert, zum einen durch den Beschluss 2004/281/EG des Rates(12), zum anderen durch die Verordnung (EG) Nr. 583/2004 des Rates(13).

15.      Die Verordnung Nr. 583/2004 sieht die Durchführung der Modulationsregelung in den neuen Mitgliedstaaten vor. Die vierte Begründungserwägung lautet:

„Die Betriebsinhaber in den neuen Mitgliedstaaten werden Direktzahlungen nach einem abgestuften Verfahren erhalten. Im Interesse der Ausgewogenheit zwischen den verschiedenen Maßnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft bzw. der ländlichen Entwicklung sollte das System der Modulation in den neuen Mitgliedstaaten erst angewandt werden, wenn das Niveau der Direktzahlungen in den neuen Mitgliedstaaten mindestens dem Niveau der Gemeinschaft am 30. April 2004 entspricht.“

16.      Mit der Verordnung Nr. 583/2004 wurde in die Verordnung Nr. 1782/2003 auch ein Art. 12 a eingefügt, der in Abs. 1 bestimmt:

„Die Artikel 10 und 12 gelten für die neuen Mitgliedstaaten erst ab dem Beginn des Kalenderjahrs, in dem das Niveau der Direktzahlungen in den neuen Mitgliedstaaten mindestens dem Niveau dieser Zahlungen in der Gemeinschaft in ihrer Zusammensetzung am 30. April 2004 entspricht.“

17.      Was die zweite Änderung der Verordnung Nr. 1782/2003 vom 22. März 2004 betrifft, so ergänzte der genannte Beschluss 2004/281/EG diese Verordnung durch die Art. 143 a, 143 b und 143 c, die im Wesentlichen den Art. 1 a, 1 b und 1 c der Verordnung Nr. 1259/1999 entsprechen.

18.      Art. 143 a legt dasselbe Zeitschema für die Einführung der Direktzahlungen wie Art. 1a der Verordnung Nr. 1259/1999 fest, während Art. 143 c Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 1782/2003 in der Fassung des Beschlusses 2004/281 bestimmt:

„Der Gesamtbetrag der Direktbeihilfe, die einem Betriebsinhaber in dem neuen Mitgliedstaat nach dem Beitritt in dem neuen Mitgliedstaat im Rahmen der einschlägigen Direktzahlungen einschließlich aller ergänzenden staatlichen Direktzahlungen gewährt werden kann, darf nicht die Höhe der Direktbeihilfe überschreiten, auf die er im Rahmen der jeweiligen Direktzahlung Anspruch hätte, die zu diesem Zeitpunkt in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in ihrer Zusammensetzung am 30. April 2004 gilt.“

D –    Verordnung Nr. 73/2009

19.      Die Verordnung Nr. 1782/2003 wurde durch die Verordnung Nr. 73/2009 aufgehoben. Letztere sieht eine schrittweise Erhöhung der Kürzung der Direktzahlungen im Wege der Modulation vor. Art. 7 der Verordnung Nr. 73/2009 enthält die Vorschriften über die Modulation in den Mitgliedstaaten der EU‑15. Er lautet:

(1)       Alle einem Betriebsinhaber in einem bestimmten Kalenderjahr zu gewährenden Direktzahlungen, die 5 000 EUR überschreiten, werden jedes Jahr bis 2012 um folgende Prozentsätze gekürzt:

a)      2009 um 7 %;

b)       2010 um 8 %;

c)      2011 um 9 %;

d)      2012 um 10 %.

(2)       Die Kürzungen gemäß Absatz 1 werden für Beträge von über 300 000 EUR um 4 Prozentpunkte angehoben.

…“

20.       Art. 10 der Verordnung Nr. 73/2009 enthält Sondervorschriften für die Modulation in den neuen Mitgliedstaaten. Er lautet:

„(1)       Artikel 7 gilt für Betriebsinhaber in einem neuen Mitgliedstaat in einem bestimmten Kalenderjahr nur, wenn die Höhe der Direktzahlungen, die in diesem Mitgliedstaat und Kalenderjahr gemäß Artikel 121 gilt, unter Berücksichtigung jeglicher Kürzungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 mindestens der zu dem Zeitpunkt anwendbaren Höhe in den anderen Mitgliedstaaten als den neuen Mitgliedstaaten entspricht.

(2)       Gilt Artikel 7 für Betriebsinhaber in einem neuen Mitgliedstaat, so wird der gemäß Artikel 7 Absatz 1 anwendbare Prozentsatz begrenzt auf die Differenz zwischen der Höhe der gemäß Artikel 121 geltenden Direktzahlungen und der Höhe in den anderen als den neuen Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung jeglicher Kürzungen gemäß Artikel 7 Absatz 1.

…“

21.       Art. 121 der Verordnung Nr. 73/2009 legt ein Zeitschema für die Einführung von Direktzahlungen in den neuen Mitgliedstaaten fest, das keine wesentlichen Änderungen gegenüber den früheren Verordnungen enthält:

„In den neuen Mitgliedstaaten außer Bulgarien und Rumänien werden die Direktzahlungen nach folgendem Schema eingeführt, in dem die Steigerungsstufen als Prozentsatz der Höhe dieser Zahlungen in den anderen als den neuen Mitgliedstaaten ausgedrückt sind:

–        60 % im Jahr 2009,

–        70 % im Jahr 2010,

–        80 % im Jahr 2011,

–        90 % im Jahr 2012,

–        ab 2013 100 %

–        …“

22.       Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 begrenzt die Gewährung von ergänzenden nationalen Direktzahlungen und hatte ursprünglich folgenden Wortlaut:

„Ab 2012 darf der Gesamtbetrag der Direktbeihilfe, die einem Betriebsinhaber in dem neuen Mitgliedstaat nach dem Beitritt im Rahmen der einschlägigen Direktzahlungen einschließlich aller ergänzenden nationalen Direktzahlungen gewährt werden kann, nicht die Höhe der Direktbeihilfe überschreiten, auf die er im Rahmen der jeweiligen Direktzahlung Anspruch hätte, die zu diesem Zeitpunkt in den anderen als den neuen Mitgliedstaaten gilt; dabei wird der Anwendung des Artikels 7 in Verbindung mit Artikel 10 Rechnung getragen.“

23.      Diese Vorschrift ist nachfolgend in allen Amtssprachen berichtigt worden. Nach der Berichtigung vom 18. Februar 2010(14) hat die Vorschrift folgenden Wortlaut:

„Der Gesamtbetrag der Direktbeihilfe, die einem Betriebsinhaber in dem neuen Mitgliedstaat nach dem Beitritt im Rahmen der einschlägigen Direktzahlungen einschließlich aller ergänzenden nationalen Direktzahlungen gewährt werden kann, darf nicht die Höhe der Direktbeihilfe überschreiten, auf die er im Rahmen der jeweiligen Direktzahlung Anspruch hätte, die zu diesem Zeitpunkt in den anderen als den neuen Mitgliedstaaten gilt; dabei wird ab 2012 der Anwendung des Artikels 7 in Verbindung mit Artikel 10 Rechnung getragen.“

E –    Durchführungsbeschluss C(2012) 4391

24.      Der Durchführungsbeschluss C(2012) 4391 zur Genehmigung ergänzender nationaler Direktzahlungen in Litauen für das Jahr 2012 umfasst zwei Artikel mit folgendem Wortlaut:

„Artikel 1

(1)       Litauen wird ermächtigt, für das Jahr 2012 gemäß den Bedingungen seines Antrags vom 22. März 2012 ergänzende nationale Direktzahlungen zu gewähren.

(2)       Die Obergrenze, bis zu der die ergänzenden nationalen Direktbeihilfen gewährt werden dürfen, und die Höchstsätze sind im Anhang dieses Beschlusses aufgeführt.

(3)       Für die Zahlungen ist der Wechselkurs anzuwenden, der für die im Rahmen der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Artikel 122 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 gewährten Zahlungen gilt.

(4)       Sofern der Gesamtbetrag aller Direktzahlungen, für die ein Betriebsinhaber gemäß der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 in Betracht kommt, einschließlich aller ergänzenden nationalen Direktzahlungen, 5 000 [Euro] überschreitet, wird die Höhe der ergänzenden einzelstaatlichen Direktzahlungen, für die der Betriebsinhaber gemäß dem Anhang dieses Beschlusses in Betracht kommt, für den 5 000 EUR überschreitenden Betrag um 10 % gekürzt. Dieser Prozentsatz wird um 4 Prozentpunkte angehoben, sofern der Gesamtbetrag aller Direktzahlungen, einschließlich aller ergänzenden nationalen Direktzahlungen, 300 000 [Euro] überschreitet, wobei die Kürzung nur auf den Teil des Gesamtbetrags angewendet wird, der 300 000 [Euro] überschreitet und aus ergänzenden einzelstaatlichen Direktzahlungen besteht.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Republik Litauen gerichtet.“

III – Ausgangsrechtsstreit, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

25.            Auf Antrag der Kretingalės kooperatinė ŽŪB (Landwirtschaftliche Genossenschaft Kretingalė) auf Gewährung von Beihilfen für landwirtschaftliche und andere Flächen erließ die Nacionalinė mokėjimo agentūra prie Žemės ūkio ministerijos (Nationale Zahlstelle im litauischen Ministerium für Landwirtschaft, im Folgenden: NMA) am 22. Mai 2013 die Entscheidung Nr. 165, bei der sie die Modulation der vom Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) finanzierten Direktzahlungen sowie die Kürzung der ergänzenden nationalen Direktzahlungen anwandte. In der Entscheidung Nr. 165 ist angegeben, dass sie aufgrund von Art. 7 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 73/2009, Art. 1 Abs. 4 des Durchführungsbeschlusses C(2012) 4391 und aufgrund des Erlasses Nr. 55 der litauischen Regierung vom 23. Januar 2013 über die im Jahr 2012 gezahlten ergänzenden nationalen Direktzahlungen (nutarimas Nr. 55 „Dėl 2012 metų papildomų nacionalinių tiesioginių išmokų“) (im Folgenden: Regierungserlass Nr. 55) erlassen wurde.

26.      Auf einen Antrag von Herrn Jakutis hin wegen Beihilfen für landwirtschaftliche und andere Flächen erließ die NMA am 5. Juni 2013 die Entscheidung Nr. 2223. Gemäß dieser Entscheidung waren, da der Gesamtbetrag der Herrn Jakutis für 2012 gewährten Direktzahlungen einschließlich der ergänzenden nationalen Direktzahlungen 5 000 Euro (17 264 litauische Litas [LTL]) überstieg, die ergänzenden nationalen Direktzahlungen in seinem Fall zu kürzen. In der Entscheidung Nr. 2223 ist angegeben, dass sie aufgrund von Art. 1 Abs. 4 des Durchführungsbeschlusses C(2012) 4391 und dem Erlass Nr. 55 der litauischen Regierung vom 23. Januar 2013 erging.

27.      Herr Jakutis und Kretingalės kooperatinė ŽŪB haben vor dem Vilniaus apygardos administracinis teismas eine Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung Nr. 2223 der NMA vom 5. Juni 2013 bzw. der Entscheidung Nr. 165 der NMA vom 22. Mai 2013 erhoben.

28.      Herr Jakutis und Kretingalės kooperatinė ŽŪB sind der Ansicht, für die Anwendung der Modulation der Direktzahlungen oder der Kürzung der ergänzenden nationalen Direktzahlungen in Litauen für das Jahr 2012 gebe es keine Rechtsgrundlage. Nach den Bestimmungen der Beitrittsakte von 2003 könne, solange nicht tatsächlich feststehe, dass die Beträge und die jeweiligen Höhen der an litauische Betriebe geleisteten Direktzahlungen denjenigen der Mitgliedstaaten der EU‑15 entsprächen, die Modulation nach den Art. 7 und 10 der Verordnung Nr. 73/2009 nicht auf die Direktzahlungen an die litauischen Betriebe angewendet werden.

29.      Die NMA hat gegenüber den Klagen von Herrn Jakutis und Kretingalės kooperatinė ŽŪB eingewendet, sie sei für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Regierungserlasses oder gar des Beschlusses der Europäischen Kommission nicht zuständig. Das litauische Ministerium für Landwirtschaft als Verfahrensbeteiligter weist dagegen darauf hin, dass der Regierungserlass Nr. 55 zur Durchführung der Verordnung Nr. 73/2009 und des Durchführungsbeschlusses C(2012) 4391 erlassen worden sei, obwohl die Ansicht bestanden habe, die Modulation und die Kürzungen der ergänzenden nationalen Direktzahlungen seien auf die Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2012 nicht anwendbar.

30.      Aufgrund von Zweifeln an der Auslegung und der Gültigkeit bestimmter Vorschriften der Verordnung Nr. 73/2009 hat das Vilniaus apygardos administracinis teismas (Litauen) mit Beschluss vom 10. Februar 2014 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Betreffend die Bestimmung der Höhe der Direktzahlungen in den alten und den neuen EU‑Mitgliedstaaten nach Art. 10 Abs. 1 in Verbindung mit den Art. 7 und 121 der Verordnung Nr. 73/2009:

a)      Ist Art. 7 Abs. 1 in Verbindung mit den Art. 10 Abs. 1 und 121 der Verordnung Nr. 73/2009 dahin auszulegen, dass im Jahr 2012 bei den alten EU‑Mitgliedstaaten die Höhe der Direktzahlungen, die 5 000 Euro übersteigen, bei 90 % liegt?

b)      Falls die erste Frage bejaht wird, bedeutet dies, dass sich im Jahr 2012 die Höhe der Direktzahlungen in den neuen und den alten EU‑Mitgliedstaaten auf der Grundlage des Inhalts und der Ziele der Art. 10 Abs. 1 und 121 der Verordnung Nr. 73/2009 nicht entsprochen hat?

c)      Verstoßen der letzte Halbsatz von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 („… unter Berücksichtigung jeglicher Kürzungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 …“) und das Arbeitsdokument DS/2011/14/REV2 der Kommission, in dem zu Zwecken des Vergleichs eine andere Grundlage für Direktzahlungen vorgesehen ist – in den neuen EU‑Mitgliedstaaten wird die Höhe der Direktzahlungen ohne erfolgte Anwendung der Modulation (90 % gemäß Art. 121) bestimmt, während in den alten EU‑Mitgliedstaaten eine Modulation angewandt worden ist (100 % abzüglich 10 % gemäß Art. 7 Abs. 1) –, gegen die Beitrittsakte von 2003 und unionsrechtliche Grundsätze, u. a. gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes, der ordnungsgemäßen Verwaltung, des fairen Wettbewerbs und der Nichtdiskriminierung sowie gegen die Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik nach Art. 39 AEUV?

2.      Betreffend die Unvereinbarkeit von Art. 10 Abs. 1 und des letzten Halbsatzes von Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 sowie der auf Grundlage dieser Bestimmungen getroffenen unionsrechtlichen Maßnahmen mit der Beitrittsakte von 2003 und den Grundsätzen des Unionsrechts:

a)      Verstoßen der letzte Halbsatz von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 („… unter Berücksichtigung jeglicher Kürzungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 …“) und der letzte Halbsatz von Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz („… dabei wird ab 2012 der Anwendung des Artikels 7 in Verbindung mit Artikel 10 Rechnung getragen“) sowie das Arbeitsdokument DS/2011/14/REV2 der Kommission und der Durchführungsbeschluss C(2012) 4391 der Kommission, die auf der Grundlage dieser Bestimmungen erlassen wurden, gegen die Beitrittsakte von 2003, die keine Modulation von Direktzahlungen und keine Kürzung ergänzender nationaler Direktzahlungen in den neuen EU‑Mitgliedstaaten und/oder kein Jahr vorschreibt, für das davon ausgegangen wird, dass sich die Direktzahlungen in den neuen und den alten EU‑Mitgliedstaaten entsprechen?

b)      Verstoßen Art. 10 Abs. 1 und Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 sowie das Arbeitsdokument DS/2011/14/REV2 der Kommission und der Durchführungsbeschluss C(2012) 4391 der Kommission, soweit nach ihrem Inhalt und ihren Zielen im Jahr 2012 in den neuen EU‑Mitgliedstaaten, die wesentlich weniger Unterstützungsleistungen als die alten EU‑Mitgliedstaaten erhalten, die Modulation von Direktzahlungen und die Kürzung ergänzender nationaler Direktzahlungen zur Anwendung kommen, gegen unionsrechtliche Grundsätze, u. a. gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes, des fairen Wettbewerbs und der Nichtdiskriminierung sowie gegen die Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik nach Art. 39 AEUV, insbesondere gegen das Ziel einer Steigerung der Produktivität der Landwirtschaft?

c)      Verstößt die im Wege der Berichtigung (ABl. 2010, L 43, S. 7) erfolgte Änderung von Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 („… dabei wird ab 2012 der Anwendung des Artikels 7 in Verbindung mit Artikel 10 Rechnung getragen“) – mit der eine Änderung nicht technischer Art vorgenommen wurde und der Inhalt der Bestimmung mit der Festlegung, dass für das Jahr 2012 von einer Entsprechung der Direktzahlungen in den neuen und den alten EU‑Mitgliedstaaten ausgegangen werde, grundlegend geändert wurde – gegen unionsrechtliche Grundsätze, u. a. gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Nichtdiskriminierung?

d)      Ist das Wort „dydis” [„Niveau“/„Höhe“] in dem in Anhang II Kapitel 6.A („Landwirtschaft“) Nr. 27 Buchst. b der Beitrittsakte vorgesehenen Art. 1c gleichbedeutend mit dem Wort „lygis“ [„Höhe“] in Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009?

3.      Verstoßen der Durchführungsbeschluss C(2012) 4391 der Kommission und das Arbeitsdokument DS/2011/14/REV 2 der Kommission, die nicht im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind und die keine hinreichende Begründung enthalten (sie wurden einzig und allein in der Annahme erlassen, dass sich die Höhe der Direktzahlungen in den neuen und den alten EU‑Mitgliedstaaten im Jahr 2012 entspreche), gegen die Beitrittsakte von 2003 und gegen unionsrechtliche Grundsätze, u. a. gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und der ordnungsgemäßen Verwaltung? Falls ja, ist Art. 1 Abs. 4 des Durchführungsbeschlusses der Kommission wegen Verstoßes gegen die Verordnung Nr. 73/2009 und gegen die Beitrittsakte von 2003 für ungültig zu erklären?

31.      Herr Jakutis und Kretingalės kooperatinė ŽŪB, die Republik Litauen, die Republik Polen, der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen abgegeben und waren alle mit Ausnahme der Republik Polen in der Sitzung vom 25. Februar 2015 vertreten.

IV – Rechtliche Würdigung

A –    Vorbemerkungen

1.      Zur Zulässigkeit der Vorlagefragen, soweit sie die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts und das Arbeitsdokument DS2011/14/REV2 betreffen.

32.      Das vorlegende Gericht hat Zweifel an der Vereinbarkeit bestimmter Vorschriften der Verordnung Nr. 73/2009 mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, der ordnungsgemäßen Verwaltung, des fairen Wettbewerbs und der Nichtdiskriminierung, ohne jedoch näher auszuführen, inwiefern diese Vorschriften gegen die genannten Grundsätze verstoßen könnten.

33.      Nach Art. 94 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs muss das Vorabentscheidungsersuchen eine Darstellung der Gründe, aus denen das vorlegende Gericht Zweifel bezüglich der Auslegung oder der Gültigkeit bestimmter Vorschriften des Unionsrechts hat, und den Zusammenhang enthalten, den es zwischen diesen Vorschriften und dem auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren nationalen Recht herstellt.

34.      Nach ständiger Rechtsprechung ist das durch Art. 267 AEUV geschaffene Verfahren ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten die Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts gibt, die sie zur Entscheidung des bei ihnen anhängigen Rechtsstreits benötigen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Unionsrechts betreffen(15).

35.      Der Gerichtshof hat jedoch die Notwendigkeit hervorgehoben, dass das nationale Gericht die genauen Gründe angibt, aus denen ihm die Auslegung des Unionsrechts fraglich und die Vorlage von Vorabentscheidungsfragen an den Gerichtshof erforderlich erscheinen(16). Demnach ist es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs unerlässlich, dass das nationale Gericht ein Mindestmaß an Erläuterungen zu den Gründen für die Wahl der Gemeinschaftsbestimmungen, um deren Auslegung es ersucht, und zu dem Zusammenhang gibt, den es zwischen diesen Bestimmungen und den auf den Rechtsstreit anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften herstellt(17).

36.      Die Vorlageentscheidung enthält meines Erachtens keine ausreichenden Angaben, um diesen Erfordernissen zu genügen, soweit es um die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes, der ordnungsgemäßen Verwaltung und des fairen Wettbewerbs geht. Zu den behaupteten Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und des fairen Wettbewerbs macht das vorlegende Gericht keinerlei Ausführungen.

37.      Zum Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, den das vorlegende Gericht kurz unter Verweis auf den Durchführungsbeschluss C(2012) 4391 anführt, ist zu bemerken, dass sich aus Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergibt, dass dieser Grundsatz die Behandlung von Angelegenheiten durch die Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Union und die damit einhergehenden Qualitätserfordernisse betrifft.

38.      Der Durchführungsbeschluss C(2012) 4391 der Kommission erging im Rahmen eines Verfahrens zwischen der Kommission und der Republik Litauen. Die litauischen Betriebsinhaber waren in diesem Verfahren weder Beteiligte – in welchem Fall sie unter den Schutz des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung fielen – noch Adressaten des Durchführungsbeschlusses. Das vorlegende Gericht macht jedoch keine Ausführungen zum behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, den die Kommission gegenüber der Republik Litauen begangen haben soll und der rechtliche Folgen in der beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtssache haben könnte. Zudem betreffen die Erwägungen des vorlegenden Gerichts in diesem Zusammenhang eher die Begründung des Durchführungsbeschlusses C(2012) 4391, die in den nachstehenden Nrn. 146 ff. dieser Schlussanträge geprüft wird.

39.      Im Übrigen erläutert das vorlegende Gericht in keiner Weise die Verbindung zwischen den einzelnen Grundsätzen und der tatsächlichen Situation oder den anwendbaren nationalen Vorschriften. Mangels solcher Angaben lässt sich nicht bestimmen, um welches konkrete Auslegungsproblem es in Bezug auf die einzelnen Grundsätze des Unionsrechts, um deren Auslegung das Gericht ersucht, gehen könnte(18).

40.      Folglich schlage ich dem Gerichtshof vor, festzustellen, dass die ihm vorgelegten Fragen 1 Buchst. c und 2 Buchst. b unzulässig sind, soweit sie die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes, der ordnungsgemäßen Verwaltung und des fairen Wettbewerbs betreffen. Dagegen werden das Diskriminierungsverbot und der Gleichbehandlungsgrundsatz in den Nrn. 108 ff. der vorliegenden Schlussanträge näher behandelt.

41.      Was das Arbeitsdokument DS2011/14/REV2 betrifft, so ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nur Maßnahmen sein können, die verbindliche Rechtswirkungen entfalten können, die die Interessen des Klägers beeinträchtigen, indem sie seine Rechtsstellung in qualifizierter Weise verändern(19). Anfechtbare Handlungen sind insoweit grundsätzlich Maßnahmen, die den Standpunkt der Kommission beim Abschluss eines Verwaltungsverfahrens endgültig festlegen und verbindliche Rechtswirkungen erzeugen sollen, die die Interessen des Klägers berühren, was Zwischenmaßnahmen, die der Vorbereitung der endgültigen Entscheidung dienen und keine solche Wirkung haben, ausschließt(20).

42.      Nach Aussage der Kommission ist das Arbeitsdokument DS2011/14/REV2 den Mitgliedstaaten auf den Sitzungen des Verwaltungsausschusses für Direktzahlungen im Juli und Oktober vorgelegt worden(21). Es handelt es sich um einen Vorschlag der Kommission zur Anwendung von Art. 132 der Verordnung Nr. 73/2009 und zu den Voraussetzungen für die Gewährung der ergänzenden nationalen Direktzahlungen im Jahr 2012.

43.      Dagegen ist die endgültige Entscheidung, die Rechtswirkungen in Bezug auf die Gewährung der ergänzenden nationalen Direktzahlungen erzeugt, der Durchführungsbeschluss C(2012)4391, mit dem die Kommission die Gewährung der ergänzenden nationalen Direktzahlungen in Litauen im Jahr 2012 genehmigte. Meines Erachtens ist das Arbeitsdokument DS2011/14/REV2 eine vorbereitende Maßnahme, die keine Rechtswirkungen entfaltet. Es kann daher nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein.

44.      Demzufolge kann seine Gültigkeit auch nicht im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens in Frage gestellt werden, da eine Feststellung des Gerichtshofs in Bezug auf seine Rechtswidrigkeit keine Rechtswirkungen erzeugte(22).

45.      Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, festzustellen, dass die Frage 1 Buchst. c, die Frage 2 Buchst. a und b sowie die Frage 3 unzulässig sind, soweit sie das Arbeitsdokument DS2011/14/REV2 betreffen.

2.      Weitere vorab zu behandelnde Punkte

46.      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Urteil LAISA und CPC España/Rat(23) eine Bestimmung einer Beitrittsakte, die die rechtliche Natur von Vorschriften betrifft, mit denen Rechtsakte der Organe aufgehoben oder geändert werden, wie Art. 9 der Beitrittsakte von 2003, nicht bewirkt, dass die Vorschriften, auf die sie sich bezieht, der Rechtmäßigkeitskontrolle zu unterwerfen sind. Im Gegenteil konkretisiert eine solche Bestimmung die in Art. 7 der Beitrittsakte von 2003 genannten Ausnahmen in Bezug auf das Verfahren der Änderung oder Aufhebung der Regelungen der Beitrittsakte(24).

47.      Die Rechtmäßigkeit der Vorschriften des von der Beitrittsakte von 2003 nicht nur vorübergehend geänderten abgeleiteten Rechts kann daher nicht in Frage gestellt werden.

48.       Obwohl die Vorschriften der in der vorliegenden Rechtssache fraglichen Verordnung Nr. 73/2009 tatsächlich teilweise denselben Inhalt haben wie die durch die Beitrittsakte von 2003 geänderten Vorschriften der Verordnung Nr. 1259/1999, handelt es sich bei den Vorschriften, deren Gültigkeit vom vorlegenden Gericht in Frage gestellt wird, insbesondere bei Art. 10 Abs. 1 letzter Halbsatz („unter Berücksichtigung jeglicher Kürzungen gemäß Artikel 7 Absatz 1“) und Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz („dabei wird ab 2012 der Anwendung des Artikels 7 in Verbindung mit Artikel 10 Rechnung getragen“), dagegen um später erlassene Vorschriften. Folglich unterliegen sie der Rechtmäßigkeitskontrolle.

49.      Als letzter vorab zu behandelnder Punkt ist darauf hinzuweisen, dass das System der Modulation im Jahr 2012 auslief, dass aber, um den Betrag der Direktzahlungen für das Kalenderjahr 2013 auf einem ähnlichen Niveau wie dem des Jahres 2012 zu halten, die Verordnung (EU) Nr. 671/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates(25) für das Kalenderjahr 2013 einen Anpassungsmechanismus vorsah, der eine der Modulation und den Nettoobergrenzen entsprechende Wirkung hatte. Diese Verordnung legte für die Mitgliedstaaten der EU‑10 keine besonderen Regeln für die genannte Anpassung fest. Hingegen fand der Anpassungsmechanismus keine Anwendung auf bulgarische und rumänische Betriebsinhaber, da nach dem in der Beitrittsakte von 2005(26) vorgesehenen Mechanismus der schrittweisen Einführung der Direktzahlungen solche Zahlungen in Bulgarien und Rumänien auch nach der Anpassung der Zahlungen an die Betriebsinhaber während des Übergangszeitraums weiterhin niedriger als die Direktzahlungen in den anderen Mitgliedstaaten im Jahr 2013 waren(27).

50.      Im weiteren Verlauf dieser Schlussanträge werde ich zunächst die ersten beiden Unterfragen der ersten Vorlagefrage, die die Auslegung der Art. 7 Abs. 1, 10 Abs. 1 und 121 der Verordnung Nr. 73/2009 betreffen, zusammen behandeln. Die Frage 1 Buchst. c, die Frage 2 Buchst. a und b und die Frage 3 betreffen die Gültigkeit bestimmter Vorschriften der Verordnung Nr. 73/2009 und des Durchführungsbeschlusses C(2012) 4391 insbesondere im Hinblick auf die Beitrittsakte von 2003, Art. 39 AEUV und einige allgemeine Grundsätze des Unionsrechts. Die Frage 1 Buchst. c und die Frage 2 Buchst a und b sind aus den in Nr. 88 dieser Schlussanträge dargelegten Gründen zusammen zu prüfen. Die Frage 2 Buchst. c betrifft die Gültigkeit von Art. 132 Abs. 2 der Verordnung Nr. 73/2009 in der Fassung seiner am 18. Februar 2010 veröffentlichten Berichtigung und die Frage 2 Buchst. d betrifft die Bedeutung der beiden in der Beitrittsakte von 2003 bzw. der Verordnung Nr. 73/2009 verwendeten litauischen Begriffe. Diese Fragen und die Frage 3 sind in der Reihenfolge, in der sie vom vorlegenden Gericht gestellt worden sind, getrennt zu prüfen.

B –    Zur Vorlagefrage 1 Buchst. a und b

51.      Mit seiner Frage 1 Buchst. a und b möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 im Jahr 2012 90 % betrug und ob dies bedeutet, dass die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2012 im Sinne von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 der in den Mitgliedstaaten der EU‑15 entsprach. Wenn die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 der Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 entsprach, hätte dies zur Folge, dass die Modulation im Sinne von Art. 7 in Verbindung mit Art. 10 der Verordnung Nr. 73/2009 in den Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2012 anwendbar war.

1.      Vorbringen der Parteien

52.      Herr Jakutis und Kretingalės kooperatinė ŽŪB sowie die litauische Regierung sind der Ansicht, im Jahr 2012 habe die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 nicht 90 % betragen, während die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 90 % betragen habe. Dies bedeute, dass im Jahr 2012 die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 derjenigen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 nicht entsprochen habe. Nur die Höhe der 5 000 Euro überschreitenden Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 habe 90 % betragen, da die Modulation nur anwendbar gewesen sei, wenn der tatsächlich an den Betriebsinhaber gezahlte Betrag 5 000 Euro überstiegen habe. Die Gesamthöhe der Zahlungen sei deshalb in den Mitgliedstaaten der EU‑15 höher als 90 % gewesen.

53.      Demgegenüber sind die polnische Regierung und die Kommission der Ansicht, die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 habe im Jahr 2012 90 % betragen und die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 und die in den Mitgliedstaaten der EU‑10 seien im Jahr 2012 gleich gewesen.

2.      Zum Begriff der „Höhe der Direktzahlungen“

54.      Für die Beantwortung der Vorlagefrage 1 Buchst. a und b ist die Bestimmung des Begriffs „Höhe der Direktzahlungen“ im Sinne von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 wesentlich. Trotz seiner beträchtlichen Bedeutung für die Anwendung der Modulationsregelung in den Mitgliedstaaten der EU‑10 ist dieser Begriff in den Rechtsvorschriften der Union über die Modulation nicht definiert.

55.      Die Kommission macht geltend, Art. 10 der Verordnung Nr. 73/2009 und die einschlägigen Vorschriften der Beitrittsakte von 2003 beruhten auf einem Vergleich der „gemeinsamen“ Beihilfehöhen und nicht der nominellen Beihilfehöhen. Derselbe Ansatz habe für den Vergleich der gemeinsamen Beihilfehöhen auch dem Beschluss der Kommission 2009/444(28) zugrunde gelegen. Insbesondere hielten Art. 3 und Anhang III dieses Beschlusses die Ergebnisse der Anwendung der Modulation im Jahr 2012 in den neuen Mitgliedstaaten fest. Im Übrigen sei die Rechtmäßigkeit dieses Beschlusses vom Gericht im Urteil Polen/Kommission(29) bestätigt worden, das implizit den Vergleich der gemeinsamen Beihilfehöhen als rechtmäßig anerkannt habe.

56.      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die dem Urteil Polen/Kommission zugrunde liegende Rechtssache die Aufteilung der durch die Modulation erzielten Einsparungen zwischen den Mitgliedstaaten betraf. In dieser Rechtssache hatte die Republik Polen sich eher um den Nachweis bemüht, dass die Modulation in ihrem Fall im Jahr 2012 anwendbar war, um die sich aus der Modulation ergebenden Beträge erhalten zu können. Folglich war die Auslegung der Anwendungsvoraussetzungen für die Modulation in den Mitgliedstaaten der EU‑10 für das Jahr 2012 im Rahmen dieser Rechtssache nicht streitig. Dieses Urteil kann meines Erachtens nicht in dem Sinne verstanden werden, dass das Gericht diese Auslegung in einer Weise bestätigt hat, die die vorliegende Rechtssache zumindest berührt.

57.      Der Ausdruck „Höhe der Direktzahlungen“ in Art. 10 der Verordnung Nr. 73/2009 ist erstmals durch die Verordnung Nr. 583/2004 eingeführt worden, mit der u. a. die Verordnung Nr. 1782/2003 geändert wurde. Mit der erstgenannten Verordnung wurde Art. 12a über die Modulation in den Mitgliedstaaten der EU‑10 in die Verordnung Nr. 1782/2003 eingefügt.

58.      Dagegen finden sich die Ausdrücke „Höhe dieser Zahlungen“ in Art. 121 der Verordnung Nr. 73/2009 und „Höhe der Direktbeihilfe“ in Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 bereits in der Beitrittsakte von 2003 in ihrem Anhang II Kapitel 6 Nr. 27 Buchst. b, der insbesondere die Art. 1a und 1c der Verordnung Nr. 1259/1999 betrifft(30).

59.      Art. 1a der Verordnung Nr. 1259/1999 sah die Einführung von Stützungsregelungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 in Steigerungsstufen vor, die als Prozentsatz „der Höhe derartiger Zahlungen in der Gemeinschaft in ihrer Zusammensetzung am 30. April 2004“ ausgedrückt sind. Art. 1c dieser Verordnung betraf die ergänzenden nationalen Direktzahlungen, deren Gesamtbetrag zusammen mit den Direktzahlungen „nicht die Höhe der Direktbeihilfe überschreiten [darf], auf die [der Betriebsinhaber] im Rahmen der für die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in ihrer Zusammensetzung am 30. April 2004 geltenden Regelung Anspruch hätte“(31). Der in diesen Vorschriften verwendete Begriff „Höhe“ ist jedoch in den Rechtsvorschriften der Union über die Direktzahlungen und die ergänzenden nationalen Direktzahlungen ebenfalls nicht definiert.

60.      Es ist zu prüfen, ob die in diesen Vorschriften verwendeten fraglichen Ausdrücke – „anwendbare Höhe in den anderen Mitgliedstaaten als den neuen Mitgliedstaaten“, „Höhe derartiger Zahlungen in der Gemeinschaft in ihrer Zusammensetzung am 30. April 2004“ und „Höhe der Direktbeihilfe, auf die er im Rahmen der für die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in ihrer Zusammensetzung am 30. April 2004 geltenden Regelung [der Union] Anspruch hätte“ dieselbe Bedeutung haben. Die ersten beiden scheinen sich auf die allgemeine Höhe der Direktzahlungen, die dritte auf die individuelle Höhe der Direktzahlung für den einzelnen Betriebsinhaber zu beziehen.

61.      Da die Ziele der Anwendung der Modulation und die der Kürzung der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 dieselben sind – nämlich sicherzustellen, dass die Höhe der Direktzahlungen und die der den Betriebsinhabern in den Mitgliedstaaten der EU‑10 gewährten ergänzenden nationalen Direktzahlungen die Höhe der von den Betriebsinhabern in den Mitgliedstaaten der EU‑15 bezogenen Direktzahlungen nicht überschreitet –, kann der Begriff der „Höhe der Direktbeihilfe“ in Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 meines Erachtens zur Auslegung des Begriffs der „Höhe der Direktzahlungen“ in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009(32) herangezogen werden.

62.      Nach Ansicht der Kommission beruht der Mechanismus des „phasing-in“ auf einem Vergleich der „gemeinsamen Beihilfehöhen“. Dies setzt voraus, dass es tatsächlich bereits eine gemeinsame Höhe der in den Mitgliedstaaten der EU‑15 anwendbaren Direktzahlungen gibt. Es ist deshalb die Höhe der in den Mitgliedstaaten der EU‑15 anwendbaren Direktzahlungen zu prüfen.

63.      Aus dem Bericht der Kommission betreffend die Aufteilung der Direktbeihilfen für die Betriebsinhaber in den Mitgliedstaaten für das Haushaltsjahr 2005 nach dem Beitritt der Mitgliedstaaten der EU‑10(33) ergibt sich beispielsweise, dass die Gesamtbeträge der den Betriebsinhabern gewährten Beihilfen beträchtlich voneinander abweichen, und zwar auch innerhalb der Mitgliedstaaten der EU‑15.

64.      Folglich steht fest, dass die „Höhe“ der Beihilfen nicht dem Gesamtbetrag oder dem nominellen Wert der Beihilfen entsprechen kann. Wäre nämlich die Höhe dem Betrag gleichzusetzen, könnte es keine gemeinsame Höhe in den Mitgliedstaaten der EU‑15 geben. In dieser Hinsicht steht meines Erachtens fest, dass der Vergleich der Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 und der Mitgliedstaaten der EU‑10, wie auch die Kommission hervorgehoben hat, voraussetzt, dass die berücksichtigten Höhen für diese Gruppen von Mitgliedstaaten jeweils „gemeinsam“ sind und die individuellen Beträge der einzelnen Mitgliedstaaten außer Betracht bleiben.

65.      Verweist der Ausdruck „Höhe der Direktzahlungen“ nicht auf den Betrag der Direktzahlungen, ist meines Erachtens aber die Schlussfolgerung möglich, dass er sich auf die Berechnungsmethoden für die zu gewährenden Direktzahlungen bezieht(34).

66.      Folgt man dieser Auslegung, kommt man zu dem Schluss, dass die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 derjenigen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 zumindest dann entspricht, wenn die Methoden für die Gewährung der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 und in den Mitgliedstaaten der EU‑15 dieselben sind.

67.      Die Bezugnahme in Art. 1c der Verordnung Nr. 1259/1999 in Anhang II Kapitel 6 Nr. 27 Buchst. b der Beitrittsakte von 2003 auf die „Höhe der Direktbeihilfe, auf die [der Betriebsinhaber] im Rahmen der für die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in ihrer Zusammensetzung am 30. April 2004 geltenden Regelung [der Union] Anspruch hätte“(35), bestätigt diese Auslegung, die einen Vergleich der Direktzahlungsregelungen bzw. der Methoden für die Gewährung von Direktzahlungen impliziert. Es sind daher als nächstes die Berechnungsmethoden für Direktzahlungen zu prüfen.

3.      Zu den Berechnungsmethoden für Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 und der EU‑10

68.      Um die Berechnungsmethoden für Direktzahlungen vergleichen zu können, sind zunächst die Situation der Mitgliedstaaten der EU‑15 sowie die Entwicklung dieser Methoden zu untersuchen.

69.      Die verschiedenen vor der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik im Jahr 2003(36) in den Mitgliedstaaten der EU‑15 bestehenden Regelungen über Direktzahlungen waren im Anhang der Verordnung Nr. 1259/1999 aufgeführt. Die Verordnung Nr. 1782/2003 führte eine Regelung über eine einheitliche Betriebsprämie ein, d. h. ein System der entkoppelten betriebsbezogenen Einkommensbeihilfen, das ohne Änderung der an die Betriebsinhaber tatsächlich geleisteten Zahlungen verschiedene bestehende Direktzahlungen in einer einzigen Zahlung kombiniert, die auf der Basis der bisherigen Ansprüche in einem Bezugszeitraum unter Berücksichtigung der vollen Anwendung der durch die Agenda 2000 eingeführten Maßnahmen und der mit der Verordnung Nr. 1782/2003 vorgenommenen Änderungen der Beihilfebeträge zu bestimmen ist(37).

70.      Die Mitgliedstaaten verfügten im Rahmen der Regelung über eine einheitliche Betriebsprämie über verschiedene Optionen in Bezug auf die Festlegung der Regelung und auf mögliche Ausnahmen zur vollständigen Entkoppelung. Bei der Einführung dieser Regelung hatten die Mitgliedstaaten die Wahl zwischen drei Hauptmodellen für die Berechnung der Zahlungsansprüche: einem „historischen Modell“, das die von einem einzelnen Betriebsinhaber während eines Bezugszeitraums erhaltenen Zahlungen berücksichtigt und zu je Hektar unterschiedlichen Beihilfebeträgen berechtigt, einem „regionalen Modell“, das alle in einer Region erhaltenen Zahlungen berücksichtigt, die sodann durch die Hektarzahl der berechtigten Flächen dividiert werden, und das zu einer Abschlagszahlung berechtigt, und einem „gemischten Modell“, das beide Modelle kombiniert und entweder „statisch“ oder „dynamisch“ sein kann(38). Die Verordnung Nr. 73/2009 dehnte sodann die Entkoppelung der Direktbeihilfe aus und vereinfachte die Funktionsweise der Regelung über eine einheitliche Betriebsprämie.

71.      Da die Mitgliedstaaten der EU‑15, die alle zur Anwendung der Regelung über eine einheitliche Betriebsprämie verpflichtet sind, verschiedene Modelle für die Berechnung der Direktzahlungen gewählt haben, weichen selbstverständlich auch die von ihnen angewendeten Methoden für die Berechnung von Direktzahlungen voneinander ab, obwohl sie alle nur einer Direktzahlungsregelung unterliegen(39). Da Art. 10 der Verordnung Nr. 73/2009 jedoch eine „gemeinsame“ Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 voraussetzt, muss eine solche Höhe zwangsläufig auch bei solchen Unterschieden zwischen den Berechnungsmethoden existieren.

72.      Was die in den Mitgliedstaaten der EU‑10 anwendbare Regelung betrifft, ergibt sich aus Anhang II Kapitel 6 Nr. 27 Buchst. b der Beitrittsakte von 2003, durch den der Art. 1b in die Verordnung Nr. 1259/1999 eingefügt worden ist, dass diese Mitgliedstaaten die Möglichkeit hatten, sich für eine neue Übergangsregelung, insbesondere für die nur in den neuen Mitgliedstaaten anwendbare Regelung für die einheitliche Flächenzahlung, zu entscheiden.

73.      Der Anwendungszeitraum für die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß der Beitrittsakte von 2003 erstreckte sich bis Ende 2006 und konnte auf Antrag eines neuen Mitgliedstaats zweimal um ein Jahr verlängert werden. Da das „phasing-in“ der Direktbeihilfen für die Mitgliedstaaten der EU‑10 gemäß der Beitrittsakte von 2003 bis 2013 fortgalt, hätte nach den Vorschriften dieser Akte die Grundregelung(40) der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 und den Mitgliedstaaten der EU‑10 sogar schon vor dem Ende des Zeitraums des „phasing-in“ im Jahre 2013 identisch sein müssen. Aus Art. 143b Abs. 9 der Verordnung Nr. 1782/2003 in der Fassung der durch den Beschluss 2004/281/EG geänderten Beitrittsakte von 2003 ergibt sich jedoch, dass der Anwendungszeitraum für die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung zunächst bis Ende 2010 und dann durch Art. 122 Abs. 3 der Verordnung Nr. 73/2009 bis zum 31. Dezember 2013 verlängert wurde(41).

74.      Von den Mitgliedstaaten der EU‑10 haben sich nur die Republik Malta und die Republik Slowenien für die auch in den Mitgliedstaaten der EU‑15 anwendbare Regelung über eine einheitliche Betriebsprämie entschieden. Die übrigen Mitgliedstaaten der EU‑10 wenden noch immer die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung an. Diese Regelung steht den Mitgliedstaaten der EU‑15 nicht offen.

75.      Folgt man der Auslegung, wonach die jeweiligen „Höhen“ der Direktzahlungen die Berechnungsmethode für die zu gewährenden Direktzahlungen bestimmen, wird der Vergleich der jeweiligen Höhen der Direktzahlungen schwieriger, da die Methoden der Gewährung unterschiedlich sind, insbesondere wenn die Beihilferegelungen nicht identisch sind, was für die meisten der Mitgliedstaaten der EU‑15 und der EU‑10 im Jahr 2012 der Fall war.

76.      Da es jedoch, wie ich bereits in Nr. 71 dieser Schlussanträge ausgeführt habe, eine gemeinsame Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 auch angesichts unterschiedlicher Modelle von Betriebsprämienregelungen geben können muss, ist auch der Schluss zulässig, dass sich die Regelung über eine einheitliche Betriebsprämie und die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung im Hinblick auf den Vergleich der jeweiligen Höhen der Direktzahlungen entsprechen.

77.      Die allgemeine Systematik der Verordnung Nr. 73/2009 bestätigt diese Auslegung. Die Verordnung behielt für die Mitgliedstaaten der EU‑10 die Möglichkeit bei, die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung bis Ende 2013 weiterhin anzuwenden. Dagegen mussten diese Mitgliedstaaten gemäß Art. 121 dieser Verordnung von 2013 an stets 100 % der auf diese Zahlungen in anderen als den neuen Mitgliedstaaten anwendbaren Höhe erreichen. Hieraus ergibt sich, dass die beiden Regelungen im Hinblick auf den Vergleich der jeweiligen Höhen der Direktzahlungen einander entsprechen und daher allein der Umstand, dass die Mehrzahl der Mitgliedstaaten der EU‑10 sich für eine Direktzahlungsregelung entschieden haben, die sich von der in den Mitgliedstaaten der EU‑15 verwendeten unterscheidet, die Möglichkeit eines Vergleichs der gemeinsamen Höhen nicht ausschließen kann.

78.      Nunmehr ist zu prüfen, ob die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2012 mindestens der in den Mitgliedstaaten der EU‑15 anwendbaren Höhe der Direktzahlungen im Sinne von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 entsprach.

4.      Zum Vergleich der jeweiligen Höhen der Direktzahlungen im Jahr 2012

79.      Für einen Vergleich der jeweiligen Höhen der Direktzahlungen ist entscheidend, ob zur Bestimmung der Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 im Jahr 2012 zu berücksichtigen ist, dass nur die Direktzahlungen über 5 000 Euro in den Mitgliedstaaten der EU‑15 einer Modulation unterliegen.

80.      Die Kommission hebt hervor, die Auswirkung der Obergrenze von 5 000 Euro sei nominell, da die praktischen Folgen dieser Obergrenze in den verschiedenen Mitgliedstaaten der EU‑10 unterschiedlich seien. Außerdem werde der Vergleich der jeweiligen Höhen der in den Mitgliedstaaten der EU‑15 und der in den Mitgliedstaaten der EU‑10 geltenden Direktzahlungen ex ante vorgenommen. Folglich sei es praktisch unmöglich gewesen, die Auswirkung der Direktzahlungen unter 5 000 Euro in den Mitgliedstaaten der EU‑15 zu berücksichtigen, um zu beurteilen, ob die Modulation in den Mitgliedstaaten der EU‑10 für das Jahr 2012 anwendbar gewesen sei.

81.      Insoweit bezieht sich, wie ich schon festgestellt habe, die Höhe der Direktzahlungen auf die Berechnungsmethode für Direktzahlungen. Im System der Modulation sind nach dieser Methode nur die Direktzahlungen über 5 000 Euro durch Modulation zu kürzen. Ganz offenkundig erhalten in allen Mitgliedstaaten der EU‑15 bestimmte Betriebsinhaber Direktzahlungen, die 5 000 Euro nicht übersteigen und somit nicht der Modulation unterliegen. Wäre die Obergrenze von 5 000 Euro für die Bestimmung der Höhe der Direktzahlungen zu berücksichtigen, überstiege die Gesamthöhe der Direktzahlungen 90 %, da bei den Betriebsinhabern der Mitgliedstaaten der EU‑15, die Beträge unter 5 000 Euro erhalten, die Höhe der Beihilfe stets 100 % betragen würde.

82.      Eine solche Auslegung widerspräche jedoch der allgemeinen Systematik der Verordnung Nr. 73/2009. Die Angaben „unter Berücksichtigung jeglicher Kürzungen gemäß Art. 7 Abs. 1“ in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 und dabei „ab 2012 der Anwendung des Artikels 7 in Verbindung mit Artikel 10“ in Art. 132 Abs. 2 der Verordnung Nr. 73/2009 sind nämlich in die Verordnung eingefügt worden, derweil das System der Modulation bis zum Ende des Jahres 2012 fortgeführt werden sollte und die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2013 100 % der Höhe der in den Mitgliedstaaten der EU‑15 anwendbaren Direktzahlungen erreichen sollte.

83.      Meines Erachtens bringen die Art. 10 und 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009, wie die Kommission geltend gemacht hat, klar zum Ausdruck, dass das Jahr 2012 das erste – und, da die Modulation im Jahr 2012 beendet wurde, das einzige – Kalenderjahr war, in dem die verbindliche Modulation in den Mitgliedstaaten der EU‑10 Anwendung fand(42).

84.      Wäre die Obergrenze von 5 000 Euro für die Bestimmung der Höhe der Direktzahlungen relevant gewesen und hätte infolgedessen die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 im Jahr 2012 90 % überschritten, wäre die Modulation in den Mitgliedstaaten der EU‑10 zu keinem Zeitpunkt anwendbar gewesen, da das Jahr 2012 das einzige Jahr war, in dem die jeweiligen Höhen der Direktzahlungen vor dem Ende des Modulationszeitraums hätten einheitlich sein können(43). Unter diesen Umständen hätte der Gesetzgeber weder einen Grund gehabt, Abs. 2 und 3 in den Art. 10 der Verordnung Nr. 73/2009 einzufügen, noch das Jahr 2012 in Art. 132 Abs. 2 der Verordnung Nr. 73/2009 aufzunehmen. Deshalb hätte die Verpflichtung, die in den Mitgliedstaaten der EU‑15 angewandte Modulation für den Vergleich der jeweiligen Höhen zu berücksichtigen, keine Berechtigung gehabt.

85.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefrage 1 Buchst. a und b zu antworten, dass die Art. 7 Abs. 1, 10 Abs. 1 und 121 der Verordnung Nr. 73/2009 dahin auszulegen sind, dass im Jahr 2012 die Höhe der in den Mitgliedstaaten der EU‑15 anwendbaren Direktzahlungen 90 % der Gesamthöhe der Direktzahlungen betrug und die Höhe der Direktzahlungen in den neuen Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2012 der in den Mitgliedstaaten der EU‑15 entsprach.

C –    Zur Vorlagefrage 1 Buchst. c und zur Vorlagefrage 2 Buchst. a und b

86.      Mit seiner Vorlagefrage 1 Buchst. c möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Umstand, dass der Vergleich der Direktzahlungen auf unterschiedlicher Grundlage erfolgt, da die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 ohne Anwendung der Modulation, in den Mitgliedstaaten der EU‑15 hingegen nach Anwendung der Modulation bestimmt wird, die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass Art. 10 Abs. 1 letzter Halbsatz der Verordnung Nr. 73/2009 gegen die Beitrittsakte von 2003 und gegen bestimmte allgemeine Grundsätze des Unionsrechts sowie gegen die Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik verstößt.

87.      Wie erinnerlich habe ich schon in Nr. 85 dieser Schlussanträge ausgeführt, dass Art. 10 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 dahin auszulegen ist, dass der Vergleich der jeweiligen Höhen tatsächlich auf den von dem vorlegenden Gericht genannten Grundlagen zu erfolgen hat. Die Frage 1 Buchst. c betrifft somit die Gültigkeit von Art. 10 Abs. 1 letzter Halbsatz der Verordnung Nr. 73/2009 im Hinblick auf die Beitrittsakte von 2003, die angeführten Grundsätze des Unionsrechts und die Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik.

88.      Folglich sind diese und die Frage 2 Buchst. a und b, die ebenfalls die Gültigkeit von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 betrifft, zusammen zu prüfen. Die Frage 2 Buchst. a und b betrifft darüber hinaus die Gültigkeit von Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 sowie die Gültigkeit des Durchführungsbeschlusses C(2012) 4391. Da die Anwendung von Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 von Art. 10 abhängt – denn die Anwendung der Kürzung der ergänzenden nationalen Direktzahlungen erfordert ebenfalls einen Vergleich der jeweiligen Höhen der Direktzahlungen auf der Grundlage der Art. 7 und 10 der Verordnung Nr. 73/2009(44), – sind alle diese Fragen zusammen zu behandeln, indem zunächst die Beitrittsakte von 2003, sodann die allgemeinen Grundsätze und schließlich die Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik zu untersuchen sind.

89.      Ich möchte daran erinnern, dass ich dem Gerichtshof in den Nrn. 40 und 45 dieser Schlussanträge vorgeschlagen habe, festzustellen, dass diese Fragen teilweise unzulässig sind, soweit sie die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes, der ordnungsgemäßen Verwaltung und des fairen Wettbewerbs sowie das Arbeitsdokument DS2011/14/REV2 betreffen. Was die allgemeinen Grundsätze betrifft, werde ich daher nur auf den Grundsatz der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung eingehen.

1.      Zur Beitrittsakte von 2003

90.      Herr Jakutis und Kretingalės kooperatinė ŽŪB machen geltend, die Art. 10 Abs. 1 letzter Halbsatz und 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz letzter Halbsatz der Verordnung Nr. 73/2009 sowie der Durchführungsbeschluss C(2012) 4391 verstießen gegen die Beitrittsakte von 2003, welche weder eine Modulation der Direktzahlungen, noch eine Kürzung der ergänzenden nationalen Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10, noch ein Jahr, von dem an die Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 und in den Mitgliedstaaten der EU‑10 als einander entsprechend angesehen werden könnten, festgelegt habe. Dagegen ist die Kommission der Ansicht, die Verpflichtung, jegliche gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 erfolgte Kürzung zu berücksichtigen, sei erforderlich, um das Gleichgewicht zwischen den von der Beitrittsakte von 2003 vorgesehenen Beihilfehöhen zu gewährleisten und die Vereinbarkeit der verbindlichen Modulation mit den Bestimmungen dieser Akte sicherzustellen.

91.      Zwar sieht die Beitrittsakte von 2003 keine verbindliche Anwendung der Modulation auf Betriebsinhaber der Mitgliedstaaten der EU‑10 vor. Die Modulation ist nämlich eine neue Maßnahme, die nach Abschluss der Beitrittsakte von 2003 im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik durch die Verordnung Nr. 1782/2003 erlassen wurde. Art. 12a der Verordnung Nr. 1782/2003, der die Modulation in den Mitgliedstaaten der EU‑10 regelt, wurde später durch die Verordnung Nr. 583/2004 in die Verordnung Nr. 1782/2003 eingefügt.

92.      Die einzigen Vorschriften der Beitrittsakte von 2003, die mittelbar auf den Vergleich der jeweiligen Höhen der Direktbeihilfen Bezug nehmen, sind die Art. 1a und 1c der Verordnung Nr. 1259/1999 in Anhang II Kapitel 6 Nr. 27 dieser Beitrittsakte, deren Wortlaut vorstehend wiedergegeben ist(45).

93.      Art. 1a der Verordnung Nr. 1259/1999 legt nur fest, dass die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2013 100 % der Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 beträgt, während Art. 1 c dieser Verordnung klar zum Ausdruck bringt, dass verhindert werden soll, dass die in den Mitgliedstaaten der EU‑10 geltende Regelung, einschließlich der Gewährung der ergänzenden nationalen Direktzahlungen, zu einer Höhe der Direktbeihilfe führt, die diejenige übersteigt, die sich aus der in den Mitgliedstaaten der EU‑15 anwendbaren Regelung ergibt. Auch wenn nach diesem Art. 1c der Gesamtbetrag der in den Mitgliedstaaten der EU‑10 an einen Betriebsinhaber zahlbaren Direktbeihilfen, einschließlich der ergänzenden nationalen Direktzahlungen, die Höhe der Direktbeihilfe nicht überschreiten darf, auf die er gemäß der entsprechenden in den Mitgliedstaaten der EU‑15 geltenden Regelung Anspruch hätte, ist meines Erachtens klar, dass der genannte Art. 1c einen Vergleich der jeweiligen Höhen der Direktzahlungen impliziert. Sind die Höhen der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 und in der EU‑10 gleich, ist der Betrag der in den Mitgliedstaaten der EU‑10 einem einzelnen Betriebsinhaber zu gewährenden ergänzenden nationalen Direktzahlungen zu kürzen, um den eventuellen Änderungen der Höhe in den Mitgliedstaaten der EU‑15 Rechnung zu tragen.

94.      Im Licht dieser Erwägungen ist die Gültigkeit der einschlägigen Vorschriften der Verordnung Nr. 73/2009 im Hinblick auf die Beitrittsakte von 2003 zu prüfen, wobei mit Art. 10 Abs. 1 der Verordnung zu beginnen ist.

95.      Art. 1a der Verordnung Nr. 1259/1999 in der Beitrittsakte von 2003 bestimmt nicht, dass die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 nicht vor dem Jahr 2013 erreichen darf, sondern nur, dass im Jahr 2013 die Höhe von 100 % erreicht sein muss. Dagegen kann, wenn die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 auch weniger als 100 % vor dem Jahr 2013 betragen kann, die Höhe in den Mitgliedstaaten der EU‑15 derjenigen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 sogar vor dem Jahr 2013 entsprechen.

96.      Da es zum einen nicht gegen die Beitrittsakte von 2003 verstößt, dass die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 der in den Mitgliedstaaten der EU‑10 sogar schon vor dem Jahr 2013 entspricht, und zum anderen gemäß dieser Beitrittsakte die Höhe der Direktbeihilfen, einschließlich der ergänzenden nationalen Direktzahlungen, in den Mitgliedstaaten der EU‑10 die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 nicht überschreiten kann, steht es meines Erachtens mit der Beitrittsakte von 2003 in Einklang, eine Verringerung der Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 für einen Vergleich der jeweiligen Höhen zu berücksichtigen.

97.      Ich erinnere daran, dass die in den Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2012 anwendbare Modulation infolge dieses auf unterschiedlicher Grundlage erfolgenden Vergleichs – bei den Mitgliedstaaten der EU‑15 nach Anwendung der Modulation und bei den Mitgliedstaaten der EU‑10 vor Anwendung der Modulation – nicht mit der in den Mitgliedstaaten der EU‑15 anwendbaren Modulation identisch ist, sondern nur die Beträge über 300 000 Euro betrifft(46). Diese Methode der Anwendung der Modulation in den Mitgliedstaaten der EU‑10 verhindert nicht nur, dass die in den Mitgliedstaaten der EU‑15 im Jahr 2012 angewandte Modulation zu einer Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 führt, die niedriger ist als die der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10, sondern vermeidet auch, dass die in den Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2012 angewandte Modulation bewirkt, dass die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 bis unter die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 abnimmt.

98.      Folglich steht Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 insoweit mit der Beitrittsakte von 2003 im Einklang.

99.      Zur Vereinbarkeit von Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 mit der Beitrittsakte von 2003 ist zu bemerken, dass dieser Artikel ausdrücklich auf das Jahr 2012 Bezug nimmt, um die sich aus den Art. 7 und 10 der Verordnung Nr. 73/2009 ergebende Modulation zu berücksichtigen.

100. Wie ich in den vorstehenden Nummern dieser Schlussanträge ausgeführt habe, steht die Verpflichtung, die Modulation in den Mitgliedstaaten der EU‑15 bei der Anwendung der Modulation nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 in den Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2012 zu berücksichtigen, mit der Beitrittsakte von 2003 im Einklang. Aus denselben Gründen entspricht die Verpflichtung, im Jahr 2012 die Modulation bei der Gewährung der ergänzenden nationalen Direktzahlungen zu berücksichtigen, der Beitrittsakte von 2003. Sie ist nämlich erforderlich, um zu verhindern, dass die Höhe der Direktzahlungen einschließlich der ergänzenden nationalen Direktzahlungen die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 eventuell überschreitet.

101. Daher steht die Beitrittsakte von 2003 einer ausdrücklichen Nennung des Jahres nicht entgegen, von dem an eine Kürzung der Direktzahlungen, etwa durch Modulation, in den Mitgliedstaaten der EU‑10 anwendbar ist, falls die Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 und den Mitgliedstaaten der EU‑10 eine einheitliche Höhe erreicht haben, was meines Erachtens im Jahr 2012 der Fall war.

102. Schließlich werden die von der Kommission vertretene Auslegung des Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 und die Anwendung dieses Artikels auf die in Litauen im Jahr 2012 gewährten ergänzenden nationalen Direktzahlungen durch den Durchführungsbeschluss C(2012) 4391 bestätigt. Um die Gültigkeit dieses Beschlusses zu beurteilen, ist deshalb zu prüfen, ob diese Auslegung der Kommission zutrifft.

103. Das Arbeitsdokument DS2011/14/REV2, auf das sich die Kommission in ihrem Durchführungsbeschluss C(2012) 4391 bezieht, enthält detaillierte Ausführungen zur Modulation und zu der Art und Weise, wie Kürzungen der ergänzenden nationalen Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2012 vorzunehmen waren. Nach diesem Arbeitsdokument werden die ergänzenden nationalen Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten, die die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung anwenden, und in den Mitgliedstaaten, die die Regelung über eine einheitliche Betriebsprämie anwenden, in unterschiedlicher Weise gekürzt(47).

104.  Art. 132 Abs. 5 der Verordnung Nr. 73/2009 erlaubt den Mitgliedstaaten, die die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung anwenden, Finanzrahmen für spezifische Sektoren festzulegen(48). Wie die Kommission ausgeführt hat, entsprechen diese sektoriellen Finanzrahmen der Differenz zwischen dem Gesamtbeitrag der Beihilfe für den spezifischen Sektor, wie er sich aus der Anwendung von Art. 132 Abs. 2 erster Unterabsatz Buchst. a oder b der Verordnung Nr. 73/2009 ergibt (nämlich 100 % der von den Mitgliedstaaten der EU‑15 gewährten Beihilfe nach dem in diesem Zusammenhang anwendbaren Buchst. a), und dem Gesamtbetrag der Direktzahlungen, die in dem betreffenden Sektor in Litauen für das betreffende Jahr im Rahmen der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung zur Verfügung standen.

105. Wie die Kommission weiter erläutert hat, werden gemäß der Modulation in den Mitgliedstaaten der EU‑10, die die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung anwenden, bei Betriebsinhabern, die Direktzahlungen und ergänzende nationale Direktzahlungen erhalten haben, deren Gesamtbetrag 5 000 Euro nicht überschreitet, die ergänzenden nationalen Direktzahlungen nicht gekürzt, da den Betriebsinhabern in den Mitgliedstaaten der EU‑15 gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 ein „Freibetrag“ von 5 000 Euro zusteht. Überschreitet der Gesamtbetrag der Zahlungen, auf die der Betriebsinhaber Anspruch hat, 5 000 Euro, wird der Teil der ergänzenden nationalen Direktzahlungen, der 5000 Euro übersteigt, um 10 % gekürzt, da nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 73/2009 diese Kürzung im Rahmen der Modulation vorzunehmen ist. Übersteigt der Gesamtbetrag aller geschuldeten Zahlungen 300 000 Euro, wird der Teil der ergänzenden nationalen Direktzahlungen, der 300 000 Euro übersteigt, um zusätzliche 4 Prozentpunkte gekürzt.

106. Diese Auslegung steht meines Erachtens mit der Beitrittsakte von 2003 in Einklang. Diese Berechnungsmethode erlaubt nämlich, dafür zu sorgen, dass die in den Mitgliedstaaten der EU‑15 angewandte verbindliche Modulation mit den Zielen der Beitrittsakte von 2003 in Einklang steht, ohne dass aber die Höhe der Direktzahlungen einschließlich der ergänzenden nationalen Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 unter die Höhe der in den Mitgliedstaaten der EU‑15 anzuwendenden Direktzahlungen sinkt. Da die ergänzenden nationalen Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 zusätzlich zu den Direktzahlungen gewährt werden, sind meines Erachtens alle Beträge über 5 000 Euro proportional zur Modulation in den Mitgliedstaaten der EU‑15 zu kürzen, um das Gleichgewicht zwischen den in den Mitgliedstaaten der EU‑15 gewährten Direktzahlungen einerseits und den in den Mitgliedstaaten der EU‑10 gewährten Direktzahlungen einschließlich der ergänzenden nationalen Direktzahlungen andererseits zu gewährleisten.

107. Aufgrund der vorausgegangenen Erwägungen ist meines Erachtens klar, dass die Prüfung der Art. 10 Abs. 1 und 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 sowie des Durchführungsbeschlusses C(2012) 4391 im Hinblick auf die Beitrittsakte von 2003 nichts ergeben hat, was die Gültigkeit dieser Vorschriften und dieses Beschlusses beeinträchtigen könnte.

2.      Diskriminierungsverbot und Gleichbehandlungsgrundsatz

108. Herr Jakutis und Kretingalės kooperatinė ŽŪB machen geltend, dass die einschlägigen Vorschriften und Rechtsakte, da nach ihrem Wortlaut und ihren Zielen die Modulation der Direktzahlungen und die Kürzung der ergänzenden nationalen Direktzahlungen für das Jahr 2012 auf Betriebsinhaber angewendet würden, die eine eindeutig geringere Direktbeihilfe erhielten als diejenigen in den Mitgliedstaaten der EU‑15, gegen die Grundsätze des Unionsrechts und gegen die Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik verstießen. Die Kommission meint dagegen, dass die Situation der Mitgliedstaaten der EU‑10, soweit sie den Mechanismus des „phasing-in“ anwendeten, nicht mit der der Betriebsinhaber in den Mitgliedstaaten der EU‑15 identisch sei.

109. Zunächst ist in Erinnerung zu rufen, dass das Diskriminierungsverbot und der Gleichbehandlungsgrundsatz allgemeine Grundsätze des Unionsrechts sind, die in Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind, wonach vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist(49). Die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch eine unterschiedliche Behandlung setzt voraus, dass die betreffenden Sachverhalte im Hinblick auf alle Merkmale, die sie kennzeichnen, vergleichbar sind(50).

110. Zum Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vertreten die Parteien zwei unterschiedliche Standpunkte. Herr Jakutis und Kretingalės kooperatinė ŽŪB sind der Ansicht, der Vergleich der Direktzahlungen auf unterschiedlicher Grundlage habe zu einer ungerechtfertigten Kürzung der Zahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 für das Jahr 2012 geführt und zeige, dass vergleichbare Situationen unterschiedlich behandelt worden seien. Demgegenüber ist die litauische Regierung der Ansicht, der Grundsatz der Nichtdiskriminierung sei beeinträchtigt, da der in den Mitgliedstaaten der EU‑10 pro Hektar gezahlte Betrag sich objektiv von dem in den Mitgliedstaaten der EU‑15 gezahlten unterscheide und diese Gruppen von Mitgliedstaaten sich daher in unterschiedlichen Situationen befänden, so dass sie nicht durch identische Anwendung der Modulation gleich behandelt werden dürften.

111. Meines Erachtens ist sowohl die eine wie auch die andere Behauptung falsch.

112. Die vorliegende Rechtssache ist kein „klassischer“ Fall der Diskriminierung. Zunächst ergibt sich die unterschiedliche Behandlung der Mitgliedstaaten der EU‑10 und der EU‑15 aus dem Primärrecht, insbesondere der Beitrittsakte von 2003, deren Ziel es ist, für die Mitgliedstaaten der EU‑10 Modalitäten zur Anpassung an das Unionsrecht festzulegen, die entweder günstiger oder weniger günstig sind als der für die Mitgliedstaaten der EU‑15 geltende gemeinschaftliche Besitzstand. Daher befinden sich diese beiden Gruppen von Mitgliedstaaten nicht in vergleichbaren Situationen im Sinne der „klassischen“ Rechtsprechung zum Diskriminierungsverbot.

113.  Der Gerichtshof hatte nämlich bereits Gelegenheit, festzustellen, dass die Situation der Landwirtschaft in den Mitgliedstaaten der EU‑10 völlig anders als in den Mitgliedstaaten der EU‑15 war, was es rechtfertigte, die Beihilfen der Union, insbesondere diejenigen, die sich aus den Regelungen über Direktzahlungen ergeben, schrittweise anzuwenden, damit die erforderliche Umstrukturierung des Agrarsektors, die in den Mitgliedstaaten der EU‑10 im Gange war, nicht gestört wurde. Die Mitgliedstaaten der EU‑10 befinden sich in einer Situation, die mit derjenigen der Mitgliedstaaten der EU‑15 nicht vergleichbar ist, die ohne eine Einschränkung Anspruch auf Direktzahlungen haben. Ein wirksamer Vergleich ist deshalb ausgeschlossen“(51).

114. Somit ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten der EU‑10 zumindest bis zum Ende des „phasing-in“-Zeitraums sich in einer Situation befinden, die nicht mit der der Mitgliedstaaten der EU‑15 vergleichbar ist. Zum einen erhalten Mitgliedstaaten der EU‑10 Direktzahlungen, die den Prozentsätzen nach dem ursprünglich in der Beitrittsakte von 2003 festgelegten Schema entsprechen, zum anderen können sie ergänzende nationale Direktzahlungen gewähren; diese Option steht den Mitgliedstaaten der EU‑15 nicht offen(52). Die unterschiedliche Situation der Mitgliedstaaten der EU‑15 und der Mitgliedstaaten der EU‑10 ergibt sich also unmittelbar aus den Bestimmungen der Beitrittsakte von 2003.

115. Darüber hinaus ist der Hinweis angebracht, dass zwar die Modulation in den Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2012 anwendbar war, der für die Modulation zu berücksichtigende Prozentsatz aber auf die Differenz zwischen der sich aus dem Mechanismus des „phasing-in“ ergebenden Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 und der Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 unter Berücksichtigung aller gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 vorgenommenen Kürzungen (d. h. unter Berücksichtigung der Modulation in den Mitgliedstaaten der EU‑15) begrenzt war. In ihrem Arbeitsdokument DS2011/14/REV2 folgerte die Kommission daraus, dass die „Basis“-Modulation in den Mitgliedstaaten der EU‑10 nicht anwendbar sei, weil im Jahr 2012 diese Differenz 0 % betragen habe. Nur die sogenannte „progressive“ Modulation, nämlich die, die auf Direktzahlungen über 300 000 Euro anwendbar sei, gelte in den Mitgliedstaaten der EU‑10. Folglich unterlägen nur die Direktzahlungen über 300 000 Euro der Modulation von 4 %.

116. Meines Erachtens ist diese unmittelbar aus Art. 10 Abs. 2 der Verordnung Nr. 73/2009 folgende Auslegung der in den Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2012 anwendbaren Modulation zutreffend. Die Behauptung, dass diese Modulation in den Mitgliedstaaten der EU‑10 und in den Mitgliedstaaten der EU‑15 in gleicher Weise angewendet werde, ist daher falsch.

117. Da die Mitgliedstaaten der EU‑10 befugt sind, ergänzende nationale Direktzahlungen zu gewähren, und die Mitgliedstaaten der EU‑10, die die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung anwenden, alle eine sektorielle Herangehensweise für die Gewährung von ergänzenden nationalen Direktzahlungen gewählt haben(53) – was in Verbindung mit der Anwendung der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung den Vergleich zwischen den Direktzahlungen und den ergänzenden nationalen Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 einerseits und den Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 andererseits praktisch unmöglich macht –, lassen sich die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 und die Höhe der Direktzahlungen und der ergänzenden nationalen Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 nicht gegenüberstellen, um zu beurteilen, ob in Bezug auf die Kürzung der ergänzenden nationalen Direktzahlungen eventuell gegen das Diskriminierungsverbot und den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen worden ist.

118. Jedenfalls geht jeder Vergleich ins Leere, da sich die Mitgliedstaaten der EU‑15 und die der EU‑10 nicht in vergleichbaren Situationen befinden und auch nicht gleich behandelt werden dürfen. Im Übrigen handelt es sich um eine unmittelbare Folge der Beitrittsakte von 2003, deren Rechtmäßigkeit, da Primärrecht, nicht in Frage gestellt werden kann.

119. Nach alledem ist meines Erachtens klar, dass die Prüfung der Art. 10 Abs. 1 und 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 sowie des Durchführungsbeschlusses C(2012) 4391, der die Auslegung von Art. 132 der Verordnung Nr. 73/2009 betrifft, im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot und den Grundsatz der Gleichbehandlung nichts ergeben hat, was die Gültigkeit dieser Vorschriften und dieses Beschlusses beeinträchtigen könnte.

3.      Zu den Zielen der Gemeinsamen Agrarpolitik

120. Was die in Art. 39 AEUV genannten Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik betrifft, so verfügt der Unionsgesetzgeber auf dem Gebiet der Gemeinsamen Agrarpolitik über ein weites Ermessen, das der politischen Verantwortung entspricht, die ihm die Art. 40 und 43 AEUV übertragen. Der Gerichtshof hat wiederholt entschieden, dass die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme nur dann beeinträchtigt sein kann, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist(54). Folglich hat sich die Kontrolle durch den Gerichtshof auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob die betreffende Maßnahme nicht mit einem offensichtlichen Irrtum oder einem Ermessensmissbrauch behaftet ist oder ob die betreffende Stelle die Grenzen ihres Ermessensspielraums nicht offensichtlich überschritten hat(55).

121. Da sich die unterschiedliche Situation der Mitgliedstaaten der EU‑15 und der Mitgliedstaaten der EU‑10 und der Grundsatz, wonach die Gesamthöhe der Direktzahlungen einschließlich der ergänzenden nationalen Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 nicht überschreiten darf, unmittelbar aus der Beitrittsakte von 2003 ergeben, hat der Gesetzgeber der Union meines Erachtens keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen oder die Grenzen seines Ermessens offensichtlich überschritten, als er Art. 10 Abs. 1 letzter Halbsatz und Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz letzter Halbsatz der Verordnung Nr. 73/2009 sowie den Durchführungsbeschluss C(2012) 4391 erließ.

122. Wie ich schon ausgeführt habe, handelt es sich bei der Verpflichtung, die in den Mitgliedstaaten der EU‑15 anwendbare verbindliche Modulation für den Vergleich der jeweiligen Höhen der Direktzahlungen im Jahr 2012 zu berücksichtigen, in Wirklichkeit meines Erachtens eher um eine notwendige Bedingung, um das in der Beitrittsakte von 2003 vorgesehene Gleichgewicht zwischen den jeweiligen Höhen der Direktzahlungen zu gewährleisten.

123. Nach alledem steht meines Erachtens fest, dass die Prüfung der Art. 10 Abs. 1 und 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 sowie des Durchführungsbeschlusses C(2012) 4391 im Hinblick auf die Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik nichts ergeben hat, was die Gültigkeit dieser Vorschriften und dieses Beschlusses beeinträchtigen könnte.

D –    Zur Vorlagefrage 2 Buchst. c

124. Mit seiner Frage 2 Buchst. c möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 in der Fassung der am 18. Februar 2010 veröffentlichten Berichtigung die Grundsätze des Unionsrechts verletzt, insbesondere die des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, der ordnungsgemäßen Verwaltung, des fairen Wettbewerbs und der Nichtdiskriminierung, soweit mit dieser im Wege der Berichtigung erfolgten Änderung keine nur technische Korrektur, sondern eine inhaltliche Änderung vorgenommen wurde.

125. Was die Beurteilung betrifft, ob die Berichtigung vom 18. Februar 2010 nur eine Berichtigung eines materiellen Fehlers darstellt, die keine Auswirkung auf den Inhalt der Verordnung Nr. 73/2009 hat, so sind nach ständiger Rechtsprechung für die Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts nicht nur der Wortlaut dieser Vorschrift, sondern auch ihr Kontext und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden(56).

126. Nach Ansicht der Kommission handelt es sich um eine Berichtigung technischer Art. Laut ihren Erklärungen erfolgte die Änderung von Art. 132 Abs. 2 der Verordnung Nr. 73/2009 in Form der Berichtigung vom 18. Februar 2010 in allen Amtssprachen. In der in allen Amtssprachen abgefassten ursprünglichen Fassung von Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz sei zwar das Jahr 2012 genannt worden, doch in einigen Sprachfassungen(57) habe es am Satzanfang, in anderen(58) dagegen am Satzende, aber an einer nicht ganz passenden Stelle gestanden.

127. Die französische wie auch die litauische Sprachfassung gehören zu der ersten Gruppe von Sprachfassungen, in denen vor der Änderung das Jahr am Satzanfang stand. Es wurde folgende Änderung vorgenommen:

À partir de 2012, le montant total des aides directes pouvant être octroyées, après l’adhésion, à un agriculteur dans les nouveaux États membres au titre du paiement direct applicable, y compris tout paiement direct national complémentaire, ne dépasse pas le niveau de l’aide directe à laquelle cet agriculteur aurait droit au titre du paiement direct correspondant applicable, au moment considéré, dans les États membres autres que les nouveaux États membres, compte tenu, à partir de 2012, de l’application conjointe de l’article 7 et de l’article 10 [Ab 2012 darf Der Gesamtbetrag der Direktbeihilfe, die einem Betriebsinhaber in dem neuen Mitgliedstaat nach dem Beitritt im Rahmen der einschlägigen Direktzahlungen einschließlich aller ergänzenden nationalen Direktzahlungen gewährt werden kann, darf nicht die Höhe der Direktbeihilfe überschreiten, auf die er im Rahmen der jeweiligen Direktzahlung Anspruch hätte, die zu diesem Zeitpunkt in den anderen als den neuen Mitgliedstaaten gilt; dabei wird ab 2012 der Anwendung des Artikels 7 in Verbindung mit Artikel 10 Rechnung getragen].“(59)

128. Dagegen ist in der englischen und in allen anderen Sprachfassungen der zweiten Gruppe die Vorschrift des Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 in der Weise berichtigt worden, dass die Erwähnung des Jahres 2012 am Satzende umgestellt wurde:

„The total direct support which a farmer may be granted in the new Member States after accession under the relevant direct payment, including all complementary national direct payments, shall not exceed the level of direct support a farmer would be entitled to receive under the corresponding direct payment then applicable to the Member States in the Member States other than the new Member States, from 2012, taking into account, from 2012, the application of Article 7 in conjunction with Article 10.“(60)

129. Ebenso wie die Kommission stelle ich fest, dass durch die Erwähnung des Jahres 2012 am Beginn des Satzes Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 in dem Sinne verstanden werden könnte, dass das Verbot – wonach Betriebsinhaber der Mitgliedstaaten der EU‑10 keine höheren Zahlungen als in der in den Mitgliedstaaten der EU‑15 geltenden Höhe erhalten dürfen – ausschließlich das Jahr 2012 betroffen hätte. Eine solches Verständnis wäre offensichtlich falsch und mit den Bestimmungen der Beitrittsakte von 2003 nicht vereinbar.

130. Obwohl Art. 132 Abs. 2 der Verordnung Nr. 73/2009 zwar in allen Sprachfassungen berichtigt wurde, zeigt doch die ursprüngliche Fassung der Vorschrift in spanischer, tschechischer, dänischer, estnischer, griechischer, englischer, italienischer, lettischer, maltesischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer, slowakischer, slowenischer, finnischer und schwedischer Sprache den Willen des europäischen Gesetzgebers. Meines Erachtens ist daher offensichtlich, dass die Umstellung der Erwähnung des Jahres 2012 im fraglichen Satz nur eine Berichtigung technischer Natur und keine inhaltliche Änderung der rechtlichen Verpflichtung ist.

131. Folglich stellt die durch die Berichtigung vorgenommene Änderung eine bloße Berichtigung eines materiellen Fehlers ohne Auswirkung auf den Inhalt der anwendbaren Rechtsvorschriften dar und macht daher Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 in keiner Weise rechtswidrig.

E –    Zur Vorlagefrage 2 Buchst. d

132. Mit der zweiten Frage Buchst. d möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das litauische Wort „dydis“ („Betrag“ oder „Höhe“ in der [deutschen] Fassung) in Art. 1c in Anhang II Kapitel 6 Rn. 27 Buchst. b der Beitrittsakte von 2003 dieselbe Bedeutung hat wie das Wort „lygis“ („Höhe“ in der [deutschen] Fassung) in Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009.

133. Wie erinnerlich wurde mit Anhang II Kapitel 6 Nr. 27 Buchst. b der Beitrittsakte von 2003 u. a. Art. 1c in die Verordnung Nr. 1259/1999 eingefügt.

134. Zunächst ist zu bemerken, dass das vorlegende Gericht weder in seiner Vorlagefrage noch an anderer Stelle seiner Vorlageentscheidung gesagt hat, auf welchen Unterabsatz oder selbst Absatz von Art. 1c es sich bezieht. Art. 1c der Verordnung Nr. 1259/1999 umfasst nämlich zehn Absätze, und das Wort „dydis“ wird in diesem Artikel mehrfach verwendet(61). Sogar das Wort „lygis“, das die Vorlagefrage unter Bezugnahme auf Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 nennt, wird in dem genannten Art. 1c verwendet.

135. Meines Erachtens ist es jedoch möglich, die Frage auszulegen, um auf sie eine zweckdienliche Antwort geben zu können.

136. Was die Entstehungsgeschichte von Art. 132 der Verordnung Nr. 73/2009 betrifft, so legt dieser Artikel im Wesentlichen dieselben Regeln fest wie Art. 143c der Verordnung Nr. 1782/2003, der seinerseits die in Art. 1c der Verordnung Nr. 1259/1999 aufgeführten Maßnahmen übernommen hat.

137. Angesichts dessen und unter Berücksichtigung des letzten Teils von Frage 2 Buchst. d, der einen Vergleich zwischen dem Wort „dydis“ und einem in Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 verwendeten Wort verlangt, handelt es sich meines Erachtens bei dem Wort „dydis“, auf das das vorlegende Gericht in seiner Vorlagefrage 2 Buchst. d verweist, um das in Art. 1c Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 1259/1999 genannte.

138. Zu beachten ist, dass der einschlägige litauische Begriff, der in Art. 143c Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 1782/2003 ebenso wie in Art. 1c Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 1259/1999 verwendet wird, „dydis“ lautet. Dieser Begriff ist also erst mit Erlass der Verordnung Nr. 73/2009 geändert worden, die in Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz den Ausdruck „lygis“ verwendet.

139. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs kann die in einer der Sprachfassungen einer Vorschrift des Unionsrechts verwendete Formulierung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Vorschrift herangezogen werden oder insoweit Vorrang vor den anderen sprachlichen Fassungen beanspruchen. Die Bestimmungen des Unionsrechts müssen nämlich – im Licht der Fassungen in allen Sprachen der Union – einheitlich ausgelegt und angewandt werden. Weichen die verschiedenen Sprachfassungen eines Textes des Unionsrechts voneinander ab, muss die fragliche Vorschrift nach der allgemeinen Systematik und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört(62).

140. In mehreren anderen Sprachfassungen als der litauischen von Art. 1c Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 1259/1999 und Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 (jedenfalls in der spanischen, dänischen, deutschen, estnischen, englischen, französischen, italienischen, portugiesischen, finnischen und schwedischen Sprachfassung) sind die in den beiden Verordnungen verwendeten Begriffe im Wesentlichen gleich geblieben.

141. Außerdem wird diese Änderung in den Begründungserwägungen der Verordnung Nr. 73/2009 in keiner Weise erwähnt. Im Gegenteil, in der 48. Begründungserwägung heißt es nur, dass „[d]ie Bedingungen für die Gewährung dieser ergänzenden nationalen Direktzahlungen aufrechterhalten werden [sollten]“.

142. Damit erweist sich meines Erachtens, dass die Änderung des Wortlauts der litauischen Fassung von Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 den Sinn dieses Unterabsatzes gegenüber den Artikeln der früheren Verordnungen nicht verändert. Diese Feststellung wird dadurch bestätigt, dass Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 die in Anhang II Kapitel 6 Nr. 27 Buchst. b der Beitrittsakte von 2003 genannten Maßnahmen übernommen hat.

143. Somit schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Frage 2 Buchst. d zu antworten, dass das Wort „dydis" in Art. 1c Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 1259/1999 in Anhang II Kapitel 6 Nr. 27 Buchst. b der Beitrittsakte von 2003 dieselbe Bedeutung hat wie das Wort „lygis“ in Art. 1c Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009.

F –    Zur Vorlagefrage 3

144. Mit seiner dritten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob der Durchführungsbeschluss (2012) 4391, der nicht im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde und der dem vorlegenden Gericht zufolge nicht begründet wurde, gültig ist.

145. Was die Veröffentlichung betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 297 Abs. 2 AEUV die Veröffentlichung von Beschlüssen nicht zwingend erforderlich ist, wenn sich aus diesen deren Adressat ergibt. Solche Beschlüsse werden den Adressaten bekannt gegeben und durch diese Bekanntgabe wirksam. Infolgedessen stellt die Tatsache, dass der Durchführungsbeschluss C(2012) 4391, dessen Adressat die Republik Litauen ist, im Amtsblatt der Europäischen Union nicht veröffentlicht wurde, keinen Verstoß gegen die Grundsätze des Unionsrechts dar.

146.  Was sodann die Begründung des Durchführungsbeschlusses C(2012) 4391 betrifft, so ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dieser sei ohne Rücksicht auf die Tatsache erlassen worden, dass keine Informationen vorgelegen hätten, die die einheitliche Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 und in den Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2012 bestätigt hätten.

147. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Ausgangspunkt des vorlegenden Gerichts falsch ist. Die Tatsache, dass die jeweiligen Höhen der Direktzahlungen – die sich auf die Berechnungsmethoden für Direktzahlungen und nicht auf die nominellen Beträge der Direktzahlungen beziehen – im Jahr 2012 das gleiche Niveau erreicht hatten, folgt nämlich unmittelbar aus den Bestimmungen der Verordnung Nr. 73/2009.

148. Es war daher nicht erforderlich, dass die Kommission ihren Beschluss in dieser Hinsicht begründet.

149. Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Anforderungen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet(63).

150.  Im vierten Erwägungsgrund des Durchführungsbeschlusses C(2012) 4391 nimmt die Kommission Bezug auf Art. 132 Abs. 2 der Verordnung Nr. 73/2009, wonach der Gesamtbetrag der Direktbeihilfe einschließlich der ergänzenden nationalen Direktzahlungen für einen Betriebsinhaber in den Mitgliedstaaten der EU‑10 nicht die Höhe der Direktzahlungen überschreiten darf, die in den Mitgliedstaaten der EU‑15 unter Berücksichtigung der Modulation gemäß Art. 7 und 10 der Verordnung Nr. 73/2009 gewährt wird. Aus den beiden letztgenannten Artikeln geht hervor, dass die jeweiligen Höhen der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 und in den Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2012 einander entsprachen.

151. Folglich ist der Durchführungsbeschluss C(2012) 4391 in Bezug auf die Kürzungen der ergänzenden nationalen Direktzahlungen ausreichend begründet.

V –    Ergebnis

152. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die vom Vilniaus apygardos administracinis teismas (Litauen) vorgelegten Fragen wie folgt zu antworten:

1)      Was die Frage 1 Buchst. a und b betrifft, so sind Art. 7 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 und Art. 121 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 dahin auszulegen, dass im Jahr 2012 die Höhe der in den Mitgliedstaaten der Union in ihrer Zusammensetzung am 30. April 2004 anwendbaren Direktzahlungen 90 % der Höhe der Gesamthöhe der Direktzahlungen betrug und die Höhe der Direktzahlungen in den am 1. Mai 2004 der Union beigetretenen Mitgliedstaaten im Jahr 2012 der in den alten Mitgliedstaaten entsprach.

2)       Was die Frage 1 Buchst. c, die Frage 2 Buchst. a und b und die Frage 3 betrifft, so hat die Prüfung der Vorlagefragen nichts ergeben, was die Gültigkeit der Art. 10 Abs. 1 letzter Halbsatz und 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz letzter Halbsatz der Verordnung Nr. 73/2009 oder die Gültigkeit des Durchführungsbeschlusses C(2012) 4391 der Kommission vom 2. Juli 2012 zur Genehmigung ergänzender nationaler Direktzahlungen in Litauen für das Jahr 2012 (bekannt gegeben unter K[2012] 4391) beeinträchtigen könnte.

3)      Was die Frage 2 Buchst. c betrifft, so hat die Prüfung der Vorlagefrage nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 in der Fassung der am 18. Februar 2010 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Berichtigung beeinträchtigen könnte.

4)      Was die Frage 2 Buchst. d betrifft, so hat das Wort „dydis“ in Art. 1c Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 1259/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 zur Festlegung von Gemeinschaftsregeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik in Anhang II Kapitel 6 Nr. 27 Buchst. b der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge vom 23. September 2003 die gleiche Bedeutung wie das Wort „lygis“ in Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003.


3 – Durchführungsbeschluss der Kommission vom 2. Juli 2012 zur Genehmigung ergänzender nationaler Direktzahlungen in Litauen für das Jahr 2012 (bekannt gegeben unter K[2012] 4391).


4 – Vom 20. Oktober 2011 (im Folgenden: Arbeitsdokument DS2011/14/REV2).


5 – Akte vom 23. September 2003 über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. L 236, S. 33; im Folgenden: Beitrittsakte von 2003).


6 – So haben in der Rechtssache T‑386/13 der Bezirk Kėdainių, Litauen (Kėdainių rajono Okainių ŽŪB) und 134 weitere Kläger beim Gericht beantragt, den Durchführungsbeschluss C(2012) 4391 –der auch im Rahmen des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens angefochten wird – für nichtig zu erklären und gemäß Art. 277 AEUV den Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 sowie teilweise den Art. 10 Abs. 1 dieser Verordnung für unanwendbar zu erklären. Mit dem Beschluss Kėdainių rajono Okainių u. a./Rat und Kommission (T‑386/13, EU:T:2014:754) hat das Gericht die Klage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, dass die Klage auf Nichtigerklärung dieses Beschlusses nicht fristgerecht eingereicht und die Einrede der Rechtswidrigkeit inzident erhoben wurde. Dagegen hat die Republik Litauen in der Rechtssache T‑533/13 beim Gericht beantragt, Art. 1 Abs. 4 des Durchführungsbeschlusses C(2013) 4487 final der Kommission vom 19. Juli 2013 zur Genehmigung ergänzender nationaler Direktzahlungen in Litauen für das Jahr 2013 für nichtig zu erklären. Das Verfahren wurde ausgesetzt, bis der Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache über die Vorlagefragen entschieden hat.


7 – Was die Modulation betrifft, so hatte die Republik Polen in der Rechtssache T‑333/09 (Urteil Polen/Kommission, T‑333/09, EU:T:2012:449) beantragt, Anhang I der Entscheidung 2009/444/CE vom 10. Juni 2009 über die Zuweisung der sich aus der Modulation nach den Artikeln 7 und 10 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates ergebenden Beträge an die Mitgliedstaaten für die Jahre 2009 bis 2012 (ABl. L 148, S. 29) für nichtig zu erklären. Das Gericht ging in diesem Urteil nicht ausdrücklich auf die Frage der jeweiligen Höhen der Direktzahlungen ein. Im Urteil Agrargenossenschaft Neuzelle (C‑545/11, EU:C:2013:169) hatte der Gerichtshof ebenfalls Gelegenheit, zur Modulation und zu den Kürzungen ergänzender Direktzahlungen in den alten Mitgliedstaaten in den Jahren 2009 bis 2012 Stellung zu nehmen, behandelte jedoch nicht die Frage der jeweiligen Höhen der Direktzahlungen.


8 – Verordnung vom 17. Mai 1999 zur Festlegung von Gemeinschaftsregeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 160, S. 113).


9 – Mit Ausnahme derjenigen nach der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung bzw. Aufhebung bestimmter Verordnungen (ABl. L 160, S. 80).


10 – Verordnung vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Betriebsinhaber und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001 (ABl. L 270, S. 1).


11 – Nach der fünften Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1782/2003 wurde das auf Gemeinschaftsebene verbindliche System der schrittweisen Kürzung der Direktzahlungen in den Jahren 2005 bis 2012 eingeführt, um ein besseres Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Maßnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft und denen zur Förderung der ländlichen Entwicklung herzustellen. Die Einsparungen sollten für die Finanzierung von Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums verwendet werden.


12 – Beschluss zur Anpassung der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge infolge der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 93, S. 1).


13 – Verordnung vom 22. März 2004 zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1782/2003, (EG) Nr. 1786/2003 über die gemeinsame Marktorganisation für Trockenfutter und (EG) Nr. 1257/1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) infolge des Beitritts der Tschechischen Republik, Estlands, Zyperns, Lettlands, Litauens, Ungarns, Maltas, Polens, Sloweniens und der Slowakei zur Europäischen Union (ABl. L 91, S. 1).


14 – ABl. L 43, S. 7.


15 – Vgl. Urteil Meilicke (C‑83/91, EU:C:1992:332, Rn. 22 und 24) sowie Beschluss Dhumeaux et Cie u. a. (C‑116/05, EU:C:2005:738, Rn. 18 und 19 und die dort angegebene Rechtsprechung).


16 – Beschlüsse Laguillaumie (C‑116/00, EU:C:2000:350, Rn. 16 und die dort angegebene Rechtsprechung) sowie Dhumeaux et Cie u. a. (C‑116/05, EU:C:2005:738, Rn. 21). Vgl. in diesem Sinne auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Gullotta und Farmacia di Gullotta Davide & C. (C‑497/12, EU:C:2015:168, Nrn. 88 bis 94).


17 – Beschlüsse Laguillaumie (C‑116/00, EU:C:2000:350, Rn. 16 und die dort angegebene Rechtsprechung), Hanssens u. a. (C‑75/04, EU:C:2005:53, Rn. 9) sowie Dhumeaux et Cie u. a. (C‑116/05, EU:C:2005:738, Rn. 21).


18 – Vgl. in diesem Sinne Beschluss Laguillaumie (C‑116/00, EU:C:2000:350, Rn. 18 und 19).


19 – Urteile Sucrimex und Westzucker/Kommission (133/79, EU:C:1980:104, Rn. 15), IBM/Kommission (60/81, EU:C:1981:264, Rn. 9) sowie Schönberger/Parlament (C‑261/13 P, EU:C:2014:2423, Rn. 13). Vgl. auch die Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón in der Rechtssache Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:7, Nr. 74).


20 – Urteile Athinaïki Techniki/Kommission (C‑521/06 P, EU:C:2008:422, Rn. 42) und NDSHT/Kommission (C‑322/09 P, EU:C:2010:701, Rn. 48).


21 – Die Zusammenfassungen der Protokolle dieser Sitzungen können in englischer Sprache unter der folgenden Internet-Adresse abgerufen werden: http://ec.europa.eu/agriculture/committees/direct-payments-pre-2013-reform_en.htm.


22 – Vgl. in diesem Sinne das Urteil Friesland Coberco Dairy Foods (C‑11/05, EU:C:2006:312, Rn. 40 und 41) sowie die Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón in der Rechtssache Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:7, Nr. 72). Nach diesem Urteil können die Beschlüsse eines gemäß Unionsrecht eingerichteten Ausschusses, die für die nationalen Behörden nicht von verbindlichem Charakter sind, nicht Gegenstand einer Gültigkeitsprüfung im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 267 AEUV sein.


23 – 31/86 und 35/86, EU:C:1988:211.


24 – Vgl. in diesem Sinne Urteil LAISA und CPC España/Rat (31/86 und 35/86, EU:C:1988:211, Rn. 14).


25 – Verordnung vom 11. Juli 2012 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates hinsichtlich der Gewährung von Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe für das Jahr 2013 (ABl. L 204, S. 11).


26 – Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens und die Anpassungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht (ABl. L 157, S. 203) vom 21. Juni 2005.


27 – Begründungserwägungen 2 und 7 der Verordnung Nr. 671/2012.


28 – S. Fußnote Nr. 7 dieser Schlussanträge.


29 – T‑333/09, EU:T:2012:449.


30 –      Auf die verschiedenen Begriffe der litauischen Fassung dieser Verordnungen werde ich in den Nrn. 132 bis 142 dieser Schlussanträge eingehen.


31 – Der Wortlaut dieses Artikels der Verordnung Nr. 73/2009 ist gegenüber dem Wortlaut der Beitrittsakte von 2003 ebenfalls geringfügig geändert worden. So heißt es in Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 wie folgt: „darf … nicht die Höhe der Direktbeihilfe überschreiten auf die er im Rahmen der jeweiligen Direktzahlung Anspruch hätte, die zu diesem Zeitpunkt in den anderen als den neuen Mitgliedstaaten gilt“.


32 – Zu beachten ist, dass bestimmte Sprachfassungen in Art. 10 Abs. 1 und Art. 1c Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 in dieser Hinsicht verschiedene Ausdrücke verwenden (insbesondere die estnische und die finnische Fassung), während in anderen Fassungen die Ausdrücke dieselben sind. Weichen die verschiedenen Sprachfassungen einer Vorschrift des Unionsrechts voneinander ab, muss die fragliche Vorschrift nach der allgemeinen Systematik und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (Urteil Ivansson u. a., C‑307/13, EU:C:2014:2058, Rn. 40). Folglich können sich diese einzelnen Unterschiede nicht auf die Auslegung von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 73/2009 auswirken.


33 – Die Berichte können in englischer Sprache unter den folgenden Internet-Adressen abgerufen werden: http://ec.europa.eu/agriculture/cap-funding/beneficiaries/direct-aid/pdf/annex1-2005_en.pdf und http://ec.europa.eu/agriculture/cap-funding/beneficiaries/direct-aid/pdf/annex2-2005_en.pdf.


34 – Die Welthandelsorganisation (WHO) und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) haben verschiedene Methoden entwickelt, die es erlauben, die Höhe der landwirtschaftlichen Beihilfen zu klassifizieren und zu messen. Diese Methoden, insbesondere das „Aggregate Measurement of Support“ (AMS) (aggregiertes Stützungsmaß) und „Producer Support Estimate“(PSE) (geschätzte Stützungszahlungen an Erzeuger) können für die Klassifikation und den Vergleich der Beihilfehöhen in verschiedenen Ländern verwendet werden. Doch sind diese verschiedenen Systeme zu unterschiedlichen Zwecken entwickelt worden und führen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen (vgl. in diesem Sinne die Untersuchung von Anne Effland: „Classifying and Measuring Agricultural Support: Identifying Differences Between the WTO and OECD Systems“ EIB-74, US Department of Agriculture, Economic Research Service, März 2011, die unter der folgenden Adresse im Internet abrufbar ist: http://www.ers.usda.gov/media/129064/eib74.pdf]. Diese Systeme können als solche nicht zur Auslegung des in der Verordnung verwendeten Begriffs „Höhe“ herangezogen werden.


35 – Hervorhebungen nur hier.


36 –      Wie erinnerlich wurde die Reform der GAP parallel zu den Beitrittsverhandlungen mit den Mitgliedstaaten der EU‑10 durchgeführt.


37 – Begründungserwägungen 24 und 25 der Verordnung Nr. 1782/2003.


38 – Vgl. das Dokument der Kommission betreffend die Regelung über eine einheitliche Betriebsprämie, auf Französisch abrufbar unter der Internet-Adresse: http://ec.europa.eu/agriculture/direct-support/pdf/factsheet-single-payment-scheme_fr.pdf. Zu den unterschiedlichen Regelungen in den 28 Mitgliedstaaten vgl. die Karte unter der Internet-Adresse: http://ec.europa.eu/agriculture/direct-support/images/map-direct-payments_en.gif.


39 – Diese Regelung räumt nämlich den Mitgliedstaaten bei ihrer Wahl ein weites Ermessen ein. So ist in der Lehre darauf hingewiesen worden, dass man „unter Berücksichtigung der Verordnung [Nr. 1782/2003] sowie der Gesamtheit der Durchführungsbestimmungen insgesamt auf ungefähr 500 Artikel und 50 Anhänge kommt, die zwei ‚entkoppelte Regelungen‘ umfassen (die einheitliche Zahlung und die vereinfachte Regelung für die neuen Mitgliedstaaten), 17 gekoppelte Regelungen (davon sechs Übergangsregelungen), zwei entkoppelte Modelle (historisch und regional), sechs Arten der Regionalisierung (auf historischer, pauschaler, hybrider, statischer oder dynamischer Grundlage sowie die Variante für die neuen Mitgliedstaaten), die Option einer aufgeschobenen Entkoppelung für Milchprämien, die Möglichkeit einer Differenzierung für die Dauerweideflächen oder Grünlandflächen; 10 Optionen der teilweisen Wiederankoppelung bestimmter Produktionen, die mögliche Nichtanwendung der Entkoppelung für einen Übergangszeitraum von drei Jahren, die Möglichkeit, bestimmte Beihilferegelungen nicht zu entkoppeln, und, zu guter Letzt, wenigstens zehn unterschiedliche Arten von Zahlungsansprüchen im Rahmen der Betriebsprämienregelung“ (Bianchi, D., La politique agricole commune(PAC). Toute la PAC, rien d’autre que la PAC, Bruylant, Brüssel, 2006, S. 294).


40 – Das heißt die Regelung, die vor den insbesondere aufgrund des „phasing-in“ bzw. der Modulation erfolgten Kürzungen galt.


41 – Auch nach diesem Datum können die Mitgliedstaaten, die die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung anwenden, sich nach Art. 36 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Betriebsinhaber im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 (ABl. L 347, S. 608) dafür entscheiden, diese Regelung weiterhin bis zum 31. Dezember 2013 anzuwenden. Nach einer Mitteilung der Kommission vom 13. November 2014 betreffend die Entscheidungen der Mitgliedstaaten über die Durchführung der neuen Direktbeihilfenregelung (Decisions taken by Member States for the implementation of the new direct support system; auf Englisch abrufbar unter der Internet-Adresse: http://ec.europa.eu/agriculture/direct-support/direct-payments/docs/implementation-decisions-ms_en.pdf) haben alle zehn Mitgliedstaaten, die die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung anwenden, darunter die Republik Bulgarien und Rumänien, sich dafür entschieden, diese Regelung bis 2020 beizubehalten.


42 – Der für das Jahr 2013 eingeführte Berichtigungsmechanismus ist demgegenüber in den Mitgliedstaaten der EU‑10 ohne spezifische Regelung anwendbar, vgl. Nr. 49 dieser Schlussanträge.


43 – Da im Jahr 2011 der Prozentsatz der Modulation für die Mitgliedstaaten der EU‑15 nur 9 % und die Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑10 80 % betrug, ist klar, dass die jeweiligen Höhen der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 und in den Mitgliedstaaten der EU‑10 im Jahr 2011 noch sehr unterschiedlich waren.


44 – Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 enthält die Wendung „dabei wird ab 2012 der Anwendung des Artikels 7 in Verbindung mit Artikel 10 Rechnung getragen“.


45 –      Vgl. Nr. 59 dieser Schlussanträge.


46 – Diese Auslegung folgt unmittelbar aus Art. 10 Abs. 2 der Verordnung Nr. 73/2009, deren Gültigkeit im vorliegenden Verfahren nicht in Frage steht. Nach dem Arbeitsdokument DS2011/14/REV2 war die Differenz zwischen der sich aus dem „phasing-in“-Mechanismus in den Mitgliedstaaten der EU‑10 ergebenden Höhe der Direktzahlungen und der Höhe der Direktzahlungen in den Mitgliedstaaten der EU–15 unter Berücksichtigung aller gemäß Art. 7 Abs. 1 vorgenommenen Kürzungen im Jahr 2012 gleich Null, da die jeweiligen Höhen in den Mitgliedstaaten der EU‑15 und in den Mitgliedstaaten der EU‑10 90 % betrugen. Da der zu berücksichtigende Prozentsatz Null beträgt, ist auch der Prozentsatz der die Beträge zwischen 5 000 und 300 000 Euro betreffenden Modulation gleich Null. Entsprechend beträgt der Prozentsatz der die Beträge über 300 000 Euro betreffenden progressiven Modulation, d. h. die um 4 Prozentpunkte erhöhte Kürzung, 4 %.


47 – Der Durchführungsbeschluss C(2012) 4391 betrifft nur die Republik Litauen, die die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung anwendet. Die Prüfung dieser Auslegung, die sich bereits aus dem Arbeitsdokument DS2011/14/REV2 ergibt, konzentriert sich also auf ihre Auswirkungen auf die Mitgliedstaaten der EU‑10, die die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung anwenden.


48 – Die Kommission hat vorgetragen, dass diese sektorielle Herangehensweise im Jahr 2012 in allen Mitgliedstaaten angewendet worden sei, die die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung angewandt hätten, einschließlich Litauen. Im Rahmen der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung wiesen die ergänzenden nationalen Direktzahlungen besondere Eigenarten auf, da sie den Mitgliedstaaten erlaubten, Sektoren zu stützen, die in diesen Mitgliedstaaten sonst nicht in den Genuss einer Beihilfe kämen. Entscheide sich ein Mitgliedstaat für die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung, würden alle im Rahmen der europäischen Stützungsregelungen bewirkten Zahlungen neu gruppiert, um sie entsprechend der beihilfeberechtigten Hektarflächen zu gleichen Teilen zuzuteilen, so dass alle Betriebsinhaber innerhalb des gesamten Staatsgebietes einen einheitlichen Betrag pro Hektar erhielten. Die im Rahmen der Regelung über eine einheitliche Betriebsprämie vorgenommenen Zahlungen seien differenzierter, da ein Mitgliedstaat bestimmten Sektoren eine höhere Beihilfe gewähren könne, indem die Beträge in Bezug auf die Zahlungsansprüche differenziert würden.


49 – Urteile Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission (C‑550/07 P, EU:C:2010:512, Rn. 54 und 55 und die dort angeführte Rechtsprechung), IBV & Cie (C‑195/12, EU:C:2013:598, Rn. 49 und 50) sowie Feakins (C‑335/13, EU:C:2014:2343, Rn. 47).


50 – Urteile Arcelor Atlantique und Lorraine u. a. (C‑127/07, EU:C:2008:728, Rn. 25), IBV & Cie (C‑195/12, EU:C:2013:598, Rn. 51) sowie Feakins (C‑335/13, EU:C:2014:2343, Rn. 49).


51 – Vgl. in diesem Sinne Urteile Polen/Rat (C‑273/04, EU:C:2007:622, Rn. 87 und 88) und Polen/Kommission (C‑335/09 P, EU:C:2012:385, Rn. 100 und 101).


52 – Hierzu ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten der EU‑10, die die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung anwenden, die Möglichkeit behalten haben, auch nach Ablauf des „phasing‑in“‑Zeitraums eine ergänzende Beihilfe zu gewähren. Die achte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 671/2012 hat folgenden Wortlaut: „Den neuen Mitgliedstaaten wurde es infolge der schrittweisen Einführung der Direktzahlungen in diesen Mitgliedstaaten gestattet, ergänzende nationale Direktzahlungen zu gewähren. Diese Möglichkeit wird im Jahr 2013, wenn der Zeitplan für die schrittweise Einführung der Direktzahlungen in den neuen Mitgliedstaaten vollständig erfüllt sein wird, nicht mehr zur Verfügung stehen. In den neuen Mitgliedstaaten, die die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung anwenden, haben die ergänzenden nationalen Direktzahlungen bei der Stützung der Einkommen der Betriebsinhaber in bestimmten Sektoren eine wichtige Rolle gespielt. … Aus diesem Grund und zur Vermeidung eines plötzlichen drastischen Rückgangs der Stützung im Jahr 2013 in den Sektoren, in denen bis 2012 ergänzende nationale Direktzahlungen … gewährt wurden, ist es angebracht, in diesen Mitgliedstaaten die Möglichkeit vorzusehen, vorbehaltlich der Genehmigung durch die Kommission den Betriebsinhabern im Jahr 2013 nationale Übergangsbeihilfen zu gewähren.“ Die Möglichkeit, diese vorübergehenden nationalen Beihilfen zu gewähren, ist durch die Verordnung Nr. 1307/2013 noch einmal für den Zeitraum 2015 bis 2020 verlängert worden.


53 – Vgl. Nr. 104 dieser Schlussanträge.


54 – Urteile Bavaria und Bavaria Italia (C‑343/07, EU:C:2009:415, Rn. 81) und Panellinios Syndesmos Viomichanion Metapoiisis Kapnou (C‑373/11, EU:C:2013:567, Rn. 40).


55 – Urteile Jippes u. a. (C‑189/01, EU:C:2001:420, Rn. 80); Spanien/Kommission (C‑304/01, EU:C:2004:495, Rn. 23), Unitymark und North Sea Fishermen’s Organisation (C‑535/03, EU:C:2006:193, Rn. 55), Bavaria und Bavaria Italia (C‑343/07, EU:C:2009:415, Rn. 82) sowie Panellinios Syndesmos Viomichanion Metapoiisis Kapnou (C‑373/11, EU:C:2013:567, Rn. 41).


56 – Urteil Premis Medical (C‑273/09, EU:C:2010:809, Rn. 30).


57 – Unter anderem in der bulgarischen, der deutschen, der französischen, der litauischen und der niederländische Sprachfassung.


58 – In der spanischen, der tschechischen, der dänischen, der estnischen, der griechischen, der englischen, der italienischen, der lettischen, der maltesischen, der polnischen, der portugiesischen, der rumänischen, der slowakischen, der finnischen und der schwedischen Sprachfassung.


59 –      Hervorhebungen und Streichungen nur hier. Die litauische Berichtigung vom 18. Februar 2010 (ABl. L 43, S. 7) enthielt einen Fehler: Obwohl die Erwähnung des Jahres 2012 am Ende der Vorschrift eingefügt wurde, wurde sie am Anfang des Satzes nicht gestrichen. Deshalb musste die litauische Fassung von Art. 132 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung Nr. 73/2009 am 15. Mai 2013 ein zweites Mal berichtigt werden (ABl. L 130, S. 60).


60 –      Hervorhebungen und Streichungen nur hier.


61 –       Entweder in der Grundform „dydis“ oder in der deklinierten Form „dydžio“.


62 – Vgl. insbesondere Urteil Ivansson u. a. (C‑307/13, EU:C:2014:2058, Rn. 40).


63 –      Vgl. insbesondere Urteil Frankreich/Rat (C‑479/07, EU:C:2009:131).