Language of document : ECLI:EU:F:2009:39

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST

DER EUROPÄISCHEN UNION (Erste Kammer)

28. April 2009(*)

„Öffentlicher Dienst – Beamte – Interne Untersuchung des OLAF – Entscheidung des OLAF, Informationen den nationalen Justizbehörden zu übermitteln – Beschwerende Maßnahme – Zulässigkeit – Verteidigungsrechte“

In den verbundenen Rechtssachen F‑5/05 und F‑7/05

betreffend eine Klage nach den Art. 236 EG und 152 EA,

Antonello Violetti, wohnhaft in Cittiglio (Italien), und die zwölf anderen im Anhang zu diesem Urteil namentlich aufgeführten Beamten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt É. Boigelot,

Kläger in der Rechtssache F‑5/05,

Nadine Schmit, ehemalige Beamtin der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, wohnhaft in Ispra (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte É. Boigelot, P.-P. Van Gehuchten und P. Reyniers,

Klägerin in der Rechtssache F‑7/05,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Currall und C. Ladenburger als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bauer und A. Vitro als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kreppel (Berichterstatter) sowie der Richter H. Tagaras und S. Gervasoni,

Kanzler: S. Boni, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juli 2007

folgendes

Urteil

1        Mit den am 11. Januar bzw. 17. Februar 2005 bei der Kanzlei des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften eingegangenen Klagen begehren die Kläger erstens die Aufhebung der Entscheidung des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF), eine interne Untersuchung einzuleiten, der im Rahmen dieser internen Untersuchung durchgeführten Untersuchungsmaßnahmen, der Entscheidung des OLAF, sie betreffende Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, und des am Ende der Untersuchung erstellten Berichts sowie zweitens die Verurteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zur Leistung von Schadensersatz.

 Rechtlicher Rahmen

2        Das durch den Beschluss 1999/352/EG, EGKS, Euratom der Kommission vom 28. April 1999 [zur Errichtung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF)] (ABl. L 136, S. 20), errichtete OLAF ist u. a. beauftragt mit der Durchführung interner Verwaltungsuntersuchungen zur Aufdeckung schwerwiegender Handlungen im Zusammenhang mit der Ausübung der beruflichen Tätigkeiten, die eine Verletzung der Verpflichtungen der Beamten und Bediensteten der Gemeinschaften darstellen können, die disziplinarrechtlich und gegebenenfalls strafrechtlich geahndet werden kann.

3        Die Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen des [OLAF] (ABl. L 136, S. 1) regelt die Kontrollen, Überprüfungen und sonstigen Maßnahmen, die die Bediensteten des OLAF in Ausübung ihrer Befugnisse durchführen. Die vom OLAF durchgeführten Untersuchungen umfassen „externe“ Untersuchungen, die außerhalb der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen der Gemeinschaft durchgeführt werden, und „interne“ Untersuchungen, die innerhalb dieser Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen der Gemeinschaft durchgeführt werden.

4        Nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1073/1999 wird die Einleitung interner Untersuchungen vom Direktor des OLAF von sich aus oder auf Ersuchen des Organs, der Einrichtung oder des Amtes oder der Agentur, bei dem bzw. der die Untersuchung durchgeführt werden soll, beschlossen.

5        Nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1073/1999 erstellt das OLAF nach einer von ihm durchgeführten Untersuchung unter der Verantwortung seines Direktors einen Bericht, aus dem u. a. die Ergebnisse der Untersuchung, einschließlich der Empfehlungen des Direktors zu den zweckmäßigen Folgemaßnahmen, hervorgehen. Nach Abs. 4 dieses Artikels wird der nach Abschluss einer internen Untersuchung erstellte Bericht mit allen Schriftstücken dem betreffenden Organ, der betreffenden Einrichtung oder dem betreffenden Amt oder der betreffenden Agentur übermittelt, das bzw. die gegebenenfalls die gemäß den Ergebnissen der Untersuchung erforderlichen disziplinarrechtlichen und justiziellen Folgemaßnahmen ergreift.

6        In Art. 10 („Übermittlung von Informationen durch das [OLAF]“) der Verordnung Nr. 1073/1999 ist in Abs. 2 bestimmt:

„Unbeschadet der Artikel 8, 9 und 11 übermittelt der Direktor des [OLAF] den Justizbehörden des betreffenden Mitgliedstaats die bei internen Untersuchungen vom [OLAF] eingeholten Informationen über gegebenenfalls strafrechtlich zu ahndende Handlungen. Vorbehaltlich der Untersuchungserfordernisse unterrichtet er gleichzeitig den betreffenden Mitgliedstaat.“

7        Nach Art. 14 der Verordnung Nr. 1073/1999 kann jeder Beamte und jeder sonstige Bedienstete der Europäischen Gemeinschaften beim Direktor des OLAF nach den in Art. 90 Abs. 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Statut) vorgesehenen Modalitäten Beschwerde gegen eine ihn beschwerende Maßnahme einlegen, die das OLAF im Rahmen einer internen Untersuchung ergriffen hat.

8        Durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 723/2004 des Rates vom 22. März 2004 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften (ABl. L 124, S. 1) ist in das Statut folgender Art. 90a eingefügt worden:

„Jede Person, auf die dieses Statut Anwendung findet, kann an den Direktor des [OLAF] einen Antrag gemäß Artikel 90 Absatz 1 auf Erlass einer sie betreffenden Entscheidung im Zusammenhang mit einer Untersuchung des [OLAF] richten. Sie kann sich auch mit einer Beschwerde gemäß Artikel 90 Absatz 2 an ihn wenden, wenn im Zusammenhang mit einer Untersuchung des [OLAF] eine sie beschwerende Maßnahme ergangen ist.“

9        Art. 4 („Unterrichtung des Betroffenen“) des Beschlusses 1999/396/EG, EGKS, Euratom der Kommission vom 2. Juni 1999 über die Bedingungen und Modalitäten der internen Untersuchungen zur Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der Interessen der Gemeinschaft (ABl. L 149, S. 57) lautet:

„In den Fällen, in denen die Möglichkeit einer persönlichen Implikation eines Mitglieds, eines Beamten oder Bediensteten der Kommission besteht, ist der Betroffene rasch zu unterrichten, sofern dies nicht die Untersuchung beeinträchtigt. Auf keinen Fall dürfen eine dieser Personen mit Namen nennende Schlussfolgerungen am Ende der Untersuchung gezogen werden, ohne dass dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wurde, sich zu den ihn betreffenden Tatsachen zu äußern.

In den Fällen, in denen aus ermittlungstechnischen Gründen absolute Geheimhaltung gewahrt werden muss, und die die Hinzuziehung einer innerstaatlichen Justizbehörde erfordern, kann dem betreffenden Mitglied, Beamten oder Bediensteten der Kommission mit Zustimmung des Präsidenten bzw. des Generalsekretärs der Kommission zu einem späteren Zeitpunkt Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.“

 Sachverhalt

10      Im Laufe des Jahres 2002 erstellte die in der Generaldirektion „Gemeinsame Forschungsstelle“ (im Folgenden: GFS) für das interne Audit zuständige Stelle einen Bericht über die Anwendung von Art. 73 des Statuts im Hinblick auf die Mitarbeiter dieser Generaldirektion in Ispra (Italien) (im Folgenden: Bericht der GFS über das interne Audit). In diesem Bericht wurden u. a. folgende Sachverhalte beschrieben:

„–      230 Bedienstete der GFS in Ispra (20 % aller Bediensteten in Ispra) sollen unter einer dauernden Teilinvalidität leiden.

–        Von 1996 bis 2002 sind Zahlungen wegen dauernder Teilinvalidität in Höhe von 5,7 Millionen Euro an Bedienstete der GFS geleistet worden.

–        Jeder Leistungsempfänger soll durchschnittlich 25 000 Euro erhalten haben.

–        46 Bedienstete sollen zusammen ungefähr 3 Millionen Euro erhalten haben, ein jeder mehr als 35 000 Euro.

–        23 Bedienstete sollen zusammen etwas mehr als 2 Millionen Euro erhalten haben, ein jeder mehr als 50 000 Euro.

–        8 Bedienstete sollen zusammen mehr als 1 Million Euro erhalten haben, ein jeder mehr als 80 000 Euro.

–        1 Bediensteter, möglicherweise 2, soll ungefähr 300 000 Euro erhalten haben.

–        76 bereits unter einer dauernden Teilinvalidität leidende Bedienstete sollen einen zweiten Unfall erlitten haben, der eine weitere dauernde Teilinvalidität zur Folge gehabt haben soll.

–        30 % der Leistungsempfänger sollen mehr als eine Zahlung wegen dauernder Teilinvalidität erhalten haben.

–        10 % der Leistungsempfänger sollen 3 oder mehr (bis zu 11) Zahlungen wegen dauernder Teilinvalidität erhalten haben.“

11      In dem Bericht der GFS über das interne Audit wurde festgestellt, dass es, da die Arbeitsbedingungen am Arbeitsort in Ispra eine solche Zahl von Unfällen nicht rechtfertigen könnten und der Verdacht bestehe, dass die Unfallmeldungen nicht der Wahrheit gemäß erfolgt seien, erforderlich sei, das OLAF von diesen Sachverhalten zu unterrichten; es wurde vorgeschlagen, die Häufigkeit der Unfallmeldungen der Bediensteten der GFS in Ispra mit der Häufigkeit solcher Meldungen anderer Bediensteter der Kommission zu vergleichen.

12      Am 14. Oktober 2002 leitete der Direktor des OLAF auf der Grundlage des Berichts der GFS über das interne Audit nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1073/1999 eine interne Untersuchung wegen Verdachts auf Betrug zulasten des Gemeinschaftshaushalts bei der Verwaltung der Mittel der Krankenkasse in der GFS in Ispra (im Folgenden: Entscheidung, eine interne Untersuchung einzuleiten) ein.

13      Am 13. Januar 2003 wurde der ehemalige Direktor des Instituts für Umwelt und Nachhaltigkeit (im Folgenden: IES), einer Stelle der GFS, von den mit der internen Untersuchung betrauten Bediensteten des OLAF vernommen. Bei seiner Vernehmung gab er an, dass er, da er selbst wegen mehrerer privater Unfälle, die sich zwischen 1997 und 2001 ereignet gehabt hätten, Zahlungen erhalten hätte, „überrascht [gewesen sei über] die gewisse Leichtigkeit, mit der die Kommission Zahlungen wegen Unfalls [gewährt habe]“, und fügte sogar hinzu, dass ihm bei einem seiner Unfälle eine Zahlung angeboten worden sei, obwohl er den Bericht des Amtsarztes noch nicht übermittelt gehabt habe und „die zurückbleibenden Schmerzen [unter denen er infolge dieses Unfalls gelitten habe] [als Rechtfertigung] für eine Zahlung schwach gewesen“ seien. Der ehemalige Direktor des IES bemerkte ferner Folgendes:

„Mir schien der Vorgang [der Feststellung des Vorliegens und des Grades der dauernden Teilinvalidität wegen Unfalls] für einen sich in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ereignenden Unfall überaus leicht zu sein. Letztlich gibt es da einen seit mehreren Jahren ansässigen Amtsarzt, … der den Grad der Invalidität vorschlägt. Ich habe den Eindruck, dass die Beurteilung durch den Amtsarzt von dem [die Krankenkasse] beratenden Arzt nicht grundlegend in Frage gestellt wurde. Dieses Problem könnte einfach gelöst werden, wenn man den beratenden Arzt durch einen ortsfremden Arzt ersetzte. Die Gefahr ist hoch, da die beiden Ärzte etwa gleich alt sind (ungefähr 60), in derselben Gegend wohnen und sich kennen dürften.“

14      Auf Ersuchen der mit der Untersuchung betrauten Bediensteten des OLAF führte die Direktion C des OLAF eine Prüfung der elektronisch gespeicherten Daten der GD „Personal und Verwaltung“ über die Zahl und die Beträge der Zahlungen nach Art. 73 des Statuts durch und glich diese Daten mit denjenigen aus der Datenbank des vor 1998 gültigen Buchführungssystems der Kommission ab. Auf der Grundlage einer solchen Prüfung stellte das OLAF fest, dass 42 Bedienstete der GFS in Ispra zwischen Januar 1986 und Juli 2003 jeweils mindestens neun Unfälle gemeldet hatten und dass diese Fälle, die auf den ersten Blick verdächtig erscheinen könnten, näher untersucht werden müssten.

15      Mit einem Schreiben vom 5. August 2003 (im Folgenden: Schreiben vom 5. August 2003) übermittelte der Generaldirektor des OLAF der Staatsanwaltschaft Varese nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 im Laufe der internen Untersuchung erlangte Informationen über nach Auffassung des OLAF gegebenenfalls strafrechtlich zu ahndende Handlungen (im Folgenden: Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln). Diesem Schreiben war als Anhang das von den mit der internen Untersuchung betrauten Bediensteten verfasste „Hinweisschreiben“ vom 23. Juli 2003 (im Folgenden: Hinweisschreiben vom 23. Juli 2003) beigefügt, in dem die in der voranstehenden Randnummer erwähnten 42 Beamten der GFS in Ispra beschuldigt wurden. Außerdem war dem Schreiben vom 5. August 2003 das Protokoll der Vernehmung des ehemaligen Direktors des IES als Anhang beigefügt.

16      Aufgrund der ihr vom OLAF mit dem Schreiben vom 5. August 2003 übermittelten Informationen leitete die Staatsanwaltschaft Varese Ermittlungen über möglicherweise begangene Straftaten ein.

17      Am 7. April 2004 sandte das OLAF den Klägern, die zu den 42 in dem Hinweisschreiben vom 23. Juli 2003 beschuldigten Beamten gehörten, folgendes Schreiben:

„Am 14. Oktober 2002 hat das OLAF eine interne Untersuchung über die Anwendung der Unfallversicherungsregelung nach Art. 73 des Statuts in Ispra eingeleitet. Die Untersuchung hat sich auf diejenigen Beamten konzentriert, die in dem Zeitraum zwischen Januar 1986 und Juli 2003 mehr als neun Unfälle gemeldet haben. Es ist festgestellt worden, dass Sie zu diesem Personenkreis gehören. Am 5. August 2003 hat das OLAF der Staatsanwaltschaft Varese (Italien) einen Bericht übermittelt, um diese Behörde von möglicherweise begangenen Straftaten zu unterrichten, die gegebenenfalls strafrechtlich zu ahnden wären, wenn sich herausstellen sollte, dass sie tatsächlich begangen worden sind. …“

18      Zwischen dem 11. und dem 30. Juni 2004 wandten sich die Kläger der Rechtssache F‑5/05 nach Art. 90a des Statuts jeweils mit einer Beschwerde gegen die Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, an den Direktor des OLAF. Ebenfalls zwischen dem 11. und dem 30. Juni 2004 wandten sie sich nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts jeweils mit einer Beschwerde gegen die oben genannte Entscheidung an die Anstellungsbehörde und machten geltend, die Entscheidung sei weder formgerecht begründet noch inhaltlich richtig und habe sie in ihrer Ehre verletzt; sie beantragten ferner jeweils, dass die Kommission ihnen nach Art. 24 des Statuts Beistand leiste.

19      Mit einem Schreiben vom 9. Juli 2004, das bei der Kommission am 16. Juli 2004 einging, reichte auch die Klägerin in der Rechtssache F‑7/05 eine Beschwerde gegen die Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, ein und verlangte von der Kommission die Zahlung von 500 000 Euro Schadensersatz.

20      Mit einer E-Mail vom 16. Juli 2004 forderte Herr Violetti, einer der Kläger in der Rechtssache F‑5/05, die GFS in Ispra auf, ihm Einsicht in seine Krankenunterlagen und insbesondere in die ihn betreffenden Unterlagen über die Anwendung von Art. 73 des Statuts zu gestatten. Dieser Antrag wurde vom Ärztlichen Dienst mit der Begründung zurückgewiesen, diese Unterlagen seien vom OLAF versiegelt worden und nicht zugänglich. Entsprechende Anträge der anderen Kläger in den Rechtssachen F‑5/05 und F‑7/05 wurden ebenfalls zurückgewiesen.

21      Am 20. August 2004 ersuchte die Staatsanwaltschaft Varese die Kommission um Aufhebung der Pflicht zur Zurückhaltung und Aufhebung der Immunität einiger der in dem Hinweisschreiben vom 23. Juli 2003 genannten Beamten. Die Kommission gab diesem Ersuchen am 28. September 2004 statt.

22      Da das OLAF auf die von den Klägern an es gerichteten Beschwerden nicht innerhalb der Viermonatsfrist des Art. 90 Abs. 2 des Statuts eine Antwort erteilte, galten diese als stillschweigend abgelehnt.

23      Mit Entscheidungen vom 15., 21. und 28. Oktober 2004 wies die Anstellungsbehörde die von den Klägern in der Rechtssache F‑5/05 an sie gerichteten Beschwerden mit der Begründung zurück, dass „es … nicht Sache der Kommission [sei], zu vom OLAF in Ausübung seiner Befugnisse durchgeführten Tätigkeiten Stellung zu nehmen“. Ebenso zurückgewiesen wurden die Anträge auf Beistandsleistung durch die Kommission gemäß Art. 24 des Statuts; die Anstellungsbehörde vertrat die Auffassung, dass gegen die Betroffenen aufgrund ihrer Dienststellung oder ihres Amtes keinerlei Drohung, Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung oder Anschlag gerichtet worden sei und dass die vom OLAF eingeleitete Untersuchung in Einklang mit den geltenden Vorschriften durchgeführt worden sei.

24      Gemäß Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 erstellte das OLAF am 25. November 2004 am Ende der internen Untersuchung einen Bericht, aus dem der festgestellte Sachverhalt, die Höhe des den Gemeinschaften entstandenen Schadens und die Ergebnisse der Untersuchung, einschließlich der Empfehlungen des Direktors des OLAF zu den zweckmäßigen Folgemaßnahmen dieser Untersuchung, hervorgingen (im Folgenden: Abschlussbericht der Untersuchung). Dieser Bericht wurde dem Generalsekretär der Kommission, den Generaldirektoren der GD Personal und Verwaltung und der GFS sowie dem Direktor des Amts für die Feststellung und Abwicklung individueller Ansprüche übermittelt.

25      Im Abschlussbericht der Untersuchung wurde festgestellt, dass die Bediensteten der GFS in Ispra drei- bis viermal so häufig Unfälle gemeldet gehabt hätten wie die übrigen, an anderen Dienstorten tätigen Bediensteten der Kommission und dass die Wahrscheinlichkeit, dass diese Meldungen zu der Feststellung einer dauernden Teilinvalidität führten, in der GFS in Ispra zwei- bis dreimal so hoch gewesen sei wie bei der Kommission im Übrigen. Ferner wurde festgestellt, dass es einigen der in dem Hinweisschreiben vom 23. Juli 2003 beschuldigten 42 Beamten gelungen sei, sich beachtliche Beträge auszahlen zu lassen, indem sie mehrere Unfälle gemeldet hätten, die aber nur minder schwer gewesen seien. Im Abschlussbericht wurde aber betont, dass es aufgrund der im Rahmen der internen Untersuchung durchgeführten Maßnahmen, auch wenn diese Schwächen im Hinblick auf die Rolle des von der Kommission mit der Begutachtung des Grades der dauernden Invalidität betrauten Arztes aufgezeigt hätten, wegen des rein verwaltungsmäßigen Charakters dieser Untersuchung nicht möglich gewesen sei, festzustellen, dass betrügerische Unfallmeldungen vorlägen, und dass es unter diesen Umständen Sache der italienischen Justizbehörden sei, die Frage zu beantworten, ob die 42 beschuldigten Beamten tatsächlich Straftaten begangen hätten. Im Übrigen wurde im Abschlussbericht nicht vorgeschlagen, Disziplinarverfahren gegen diese Beamten zu einzuleiten.

26      Am 21. Februar 2005 wies das OLAF die von den Klägern in der Rechtssache F‑5/05 eingelegten Beschwerden ausdrücklich zurück.

27      Die Staatsanwaltschaft Varese ordnete eine gerichtsmedizinische Begutachtung sämtlicher von den 42 in dem Hinweisschreiben vom 23. Juli 2003 beschuldigten Beamten gemeldeter Unfälle (im Folgenden: gerichtsmedizinische Begutachtung) an. Auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft übermittelte das OLAF am 15. April 2005 Kopien der für die Durchführung dieser Begutachtung erforderlichen Unterlagen.

28      Am 15. Juni 2005 ergab die gerichtsmedizinische Begutachtung, dass die medizinischen Tatsachen nicht ausreichten, um betrügerische Unfallmeldungen nachzuweisen. Auf einen entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft Varese hin beschloss der Ermittlungsrichter des Gerichts Varese daher am 12. Juli 2005, das Verfahren einzustellen.

29      Mit Schreiben vom 9. Oktober 2006 unterrichtete das OLAF die Kläger von der Einstellung des Verfahrens.

 Verfahren und Anträge der Parteien

30      Die Klage F‑5/05 ist ursprünglich am 11. Januar 2005 unter dem Aktenzeichen T‑22/05 in das Register der Kanzlei des Gerichts erster Instanz eingetragen worden.

31      Die Kläger beantragen,

–        die Vorlage aller vom OLAF versiegelten, die Kläger betreffenden Akten anzuordnen;

–        die Vorlage des Abschlussberichts der Untersuchung anzuordnen;

–        die gegen die Kläger durchgeführte Untersuchung aufzuheben;

–        das Schreiben des OLAF über die „Bekanntmachung der Untersuchung und die Unterrichtung der italienischen Justizbehörden“ aufzuheben;

–        den den italienischen Justizbehörden übermittelten Untersuchungsbericht aufzuheben;

–        „jede Maßnahme, die infolge dieser Entscheidungen und/oder in Bezug auf diese nach der vorliegenden Klage ergehen sollte“, aufzuheben;

–        das OLAF und die Kommission zur Zahlung von Schadensersatz zu verurteilen, dessen Höhe nach billigem Ermessen auf 30 000 Euro für jeden Kläger geschätzt wird, vorbehaltlich einer Erhöhung und/oder Herabsetzung im Laufe des Verfahrens;

–        der Kommission in jedem Fall die Kosten aufzuerlegen, einschließlich des Honorars und der Auslagen des von den Klägern für die Erhebung der vorliegenden Klage zugezogenen Rechtsanwalts.

32      Nach Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz, die nach Art. 3 Abs. 4 des Beschlusses 2004/752/EG, Euratom des Rates vom 2. November 2004 zur Errichtung des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (ABl. L 333, S. 7) auf das Gericht bis zum Inkrafttreten seiner Verfahrensordnung entsprechend anwendbar ist, hat die Kommission mit besonderem Schriftsatz, der am 27. April 2005 bei der Kanzlei des Gerichts erster Instanz eingegangen ist, die Einrede erhoben, die Klage T‑22/05 sei unzulässig.

33      Die Kommission beantragt,

–        die Klage als unzulässig abzuweisen;

–        über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

34      Die Klage F‑7/05 ist ursprünglich am 17. Februar 2005 unter dem Aktenzeichen T‑84/05 in das Register der Kanzlei des Gerichts erster Instanz eingetragen worden.

35      Die Klägerin beantragt,

–        die Vorlage aller vom OLAF versiegelten, die Klägerin betreffenden Akten anzuordnen;

–        die Vorlage des Abschlussberichts der Untersuchung anzuordnen;

–        die gegen die Klägerin durchgeführte Untersuchung aufzuheben;

–        das Schreiben des OLAF über die „Bekanntmachung der Untersuchung und die Unterrichtung der italienischen Justizbehörden“ aufzuheben;

–        den den italienischen Justizbehörden übermittelten Untersuchungsbericht aufzuheben;

–        jede Maßnahme, die infolge dieser Entscheidungen und/oder in Bezug auf diese nach der vorliegenden Klage ergehen sollte, aufzuheben;

–        das OLAF und die Kommission zur Zahlung von Schadensersatz zu verurteilen, dessen Höhe nach billigem Ermessen auf 30 000 Euro geschätzt wird, vorbehaltlich einer Erhöhung und/oder Herabsetzung im Laufe des Verfahrens;

–        der Kommission in jedem Fall die Kosten aufzuerlegen, einschließlich des Honorars und der Auslagen des von der Klägerin für die Erhebung der vorliegenden Klage hinzugezogenen Rechtsanwalts.

36      Nach Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz hat die Kommission mit besonderem Schriftsatz, der am 27. April 2005 bei der Kanzlei des Gerichts erster Instanz eingegangen ist, die Einrede erhoben, die Klage T‑84/05 sei unzulässig. Sie beantragt,

–        die Klage als unzulässig abzuweisen;

–        über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

37      Mit Beschluss des Präsidenten der Vierten Kammer des Gerichts erster Instanz vom 3. Mai 2005 sind die Rechtssachen T‑22/05 und T‑84/05 nach Art. 50 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren sowie zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

38      Mit Schreiben vom 31. Mai 2005, die bei der Kanzlei des Gerichts erster Instanz am selben Tag mit Fernkopie eingegangen sind (die Urschriften sind am 2. Juni 2005 eingegangen), hat der Rat der Europäischen Union beantragt, in den Rechtssachen T‑22/05 und T‑84/05 zur Unterstützung der Anträge der Kommission als Streithelfer zugelassen zu werden.

39      Mit einem Schriftsatz, der am 21. Juni 2005 bei der Kanzlei des Gerichts erster Instanz eingegangen ist, haben sich die Kläger zu den von der Kommission erhobenen Einreden der Unzulässigkeit geäußert.

40      Mit Beschluss des Präsidenten der Vierten Kammer des Gerichts erster Instanz vom 13. Juli 2005 ist der Rat in den Rechtssachen T‑22/05 und T‑84/05 als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden.

41      Mit einem am 30. September 2005 mit Fernkopie bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen, lediglich die Zulässigkeit der verbundenen Klagen T‑22/05 und T‑84/05 betreffenden Streithilfeschriftsatz (die Urschrift ist am 4. Oktober 2005 eingegangen) beantragt der Rat,

–        die Klagen als unzulässig abzuweisen;

–        über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

42      Mit Beschluss vom 15. Dezember 2005 hat das Gericht erster Instanz die Rechtssachen T‑22/05 und T‑84/05 nach Art. 3 Abs. 3 des Beschlusses 2004/752 an das Gericht verwiesen. Die Klagen wurden bei der Kanzlei des Gerichts unter den Aktenzeichen F‑5/05 bzw. F‑7/05 in das Register eingetragen.

43      Mit einem Schriftsatz, der am 20. Dezember 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger zu dem vom Rat in den Rechtssachen F‑5/05 und F‑7/05 eingereichten Streithilfeschriftsatz Stellung genommen.

44      Mit Beschluss der Ersten Kammer des Gerichts vom 21. März 2006 ist die Entscheidung über die in den Rechtssachen F‑5/05 und F‑7/05 erhobenen Einreden der Unzulässigkeit dem Endurteil vorbehalten worden.

45      Mit ihrer Klagebeantwortung, die am 20. Juni 2006 mit Fernkopie bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist (die Urschrift ist am selben Tag eingegangen), beantragt die Kommission unter Aufrechterhaltung aller ihrer Anträge auf Abweisung der Klagen als unzulässig,

–        die Klagen für unbegründet zu erklären;

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

46      Mit seinem Streithilfeschriftsatz zur Begründetheit der Klagen, der am 20. Juni 2006 bei der Kanzlei des Gerichtshofs mit Fernkopie eingegangen ist (die Urschrift ist am 22. Juni 2006 eingegangen), beantragt der Rat unter Aufrechterhaltung aller seiner Anträge, die Klagen als unzulässig abzuweisen, hilfsweise,

–        die Klagen für unbegründet zu erklären;

–        über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

47      Mit einer Klageschrift, die am 30. Juni 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Herr Verheyden, ein ehemaliger Beamter, eine unter dem Aktenzeichen F‑72/06 in das Register eingetragene Klage u. a. auf Aufhebung der Entscheidung, die interne Untersuchung einzuleiten, und auf Aufhebung der Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, erhoben.

48      Mit einem Schriftsatz, der am 10. Juli 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger zu dem vom Rat zur Begründetheit der Klagen eingereichten Streithilfeschriftsatz Stellung genommen.

49      Gemäß Art. 64 § 3 Buchst. a und d der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz hat das Gericht den Parteien Fragen gestellt und die Kommission aufgefordert, die Krankenunterlagen und Verwaltungsakten betreffend die Unfälle, die die Kläger zwischen Januar 1986 und Juli 2003 erlitten haben sollen, den Abschlussbericht der Untersuchung und sämtliche die Untersuchung betreffenden Unterlagen der Kommission, insbesondere des OLAF, vorzulegen. Die Kläger und die Kommission sind den Aufforderungen des Gerichts nachgekommen.

50      Mit Beschluss des Präsidenten der Ersten Kammer des Gerichts vom 13. Juni 2007 sind die verbundenen Rechtssachen F‑5/05 und F‑7/05 nach Art. 50 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz mit der Rechtssache F‑72/06 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren verbunden worden.

51      In der mündlichen Verhandlung, die am 3. Juli 2007 stattgefunden hat, haben die Kläger erklärt, dass ihre Klagen, soweit sie auf die Vorlage des Abschlussberichts der Untersuchung und ihrer Krankenunterlagen gerichtet gewesen seien, gegenstandslos geworden seien.

52      Mit Beschlüssen der Ersten Kammer des Gerichts vom 2. August 2007 sind die mündliche Verhandlung in den verbundenen Rechtssachen F‑5/05 und F‑7/05 und die mündliche Verhandlung in der Rechtssache F‑72/06 wiedereröffnet worden.

53      Gemäß Art. 64 § 3 Buchst. c und d der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz hat das Gericht die Kommission und den Rat aufgefordert, die Materialien zu Art. 90a des Statuts vorzulegen und mitzuteilen, welche Maßnahmen des OLAF ihrer Meinung nach beschwerend und Gegenstand einer Beschwerde nach Art. 90a des Statuts sein könnten. Die Kommission und der Rat sind der Aufforderung des Gerichts nachgekommen.

54      Die Kläger haben zu den Antworten der Kommission und des Rates auf die in der vorstehenden Randnummer genannten prozessleitenden Maßnahmen Stellung genommen.

 Rechtliche Würdigung

 Zum Gegenstand des Verfahrens

55      Die Kläger begehren im Wesentlichen:

–        die Aufhebung der Entscheidung, die interne Untersuchung einzuleiten;

–        die Aufhebung der im Rahmen der internen Untersuchung erfolgten Maßnahmen (im Folgenden: Untersuchungsmaßnahmen des OLAF);

–        die Aufhebung der Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln;

–        die Aufhebung des Abschlussberichts der Untersuchung;

–        die Aufhebung einer „[jeden] Maßnahme, die infolge dieser Entscheidungen und/oder in Bezug auf diese nach der vorliegenden Klage ergehen sollte“;

–        die Verurteilung der Kommission, an sie Schadensersatz zu zahlen.

 Zu den Anträgen auf Aufhebung der Entscheidung, die interne Untersuchung einzuleiten, der Untersuchungsmaßnahmen des OLAF und des Abschlussberichts der Untersuchung

56      Nach Art. 91 Abs. 2 des Statuts ist eine Klage nur zulässig, wenn bei der Verwaltung zuvor eine Beschwerde im Sinne von Art. 90 Abs. 2 innerhalb der dort vorgesehenen Frist eingereicht worden ist und diese Beschwerde ausdrücklich oder stillschweigend abgelehnt worden ist.

57      Im vorliegenden Fall geht aus den Akten hervor, dass sich die Kläger mit den beim Direktor des OLAF eingereichten Beschwerden nur gegen die Entscheidung gewandt haben, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln. Folglich sind die Anträge auf Aufhebung der Entscheidung, die interne Untersuchung einzuleiten, der Untersuchungsmaßnahmen des OLAF und des Abschlussberichts der Untersuchung, denen keinerlei Beschwerde vorausgegangen ist, als unzulässig zurückzuweisen, auch wenn es sich bei diesen Maßnahmen, wie die Kläger geltend machen, um beschwerende Maßnahmen im Sinne von Art. 90a des Statuts handeln sollte.

 Zu den Anträgen auf Aufhebung einer „[jeden] Maßnahme, die infolge und/oder in Bezug auf diese Entscheidungen nach der vorliegenden Klage ergehen sollte“

58      Nach Art. 44 Abs. 1 Buchst. c und d der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz muss die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe sowie die Anträge des Klägers enthalten. Diese Angaben müssen hinreichend klar und deutlich sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage zu ermöglichen, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen.

59      Im vorliegenden Fall lassen die oben genannten Anträge nicht klar erkennen, welche Maßnahme oder welche Maßnahmen aufgehoben werden sollen, und sind deshalb als unzulässig zurückzuweisen.

 Zu den Anträgen auf Aufhebung der Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln

 Zur Zulässigkeit

–       Vorbringen der Parteien

60      Die Kommission und der Rat beantragen, die oben genannten Anträge als unzulässig zurückzuweisen, da eine Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999, Informationen den nationalen Justizbehörden zu übermitteln (im Folgenden: Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999) nach der Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte keine beschwerende Maßnahme darstelle. Bei einer derartigen Entscheidung handele es sich lediglich um eine vorbereitende Maßnahme im Hinblick auf eine abschließende Entscheidung, die die nationalen Justiz- oder Verwaltungsbehörden gegebenenfalls träfen, wobei Letztere über die Folgemaßnahmen frei entschieden und die einzigen Behörden seien, die Entscheidungen erlassen könnten, die die Rechtsstellung der von der Maßnahme betroffenen Person ändern könnten (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 19. April 2005, Tillack/Kommission, C‑521/04 P[R], Slg. 2005, I‑3103; Beschlüsse des Gerichts erster Instanz vom 18. Dezember 2003, Gómez Reino/Kommission, T‑215/02, Slg. ÖD 2003, I‑A‑345 und II‑1685, und vom 13. Juli 2004, Comunidad Autónoma de Andalucía/Kommission, T‑29/03, Slg. 2004, II‑2923; Beschluss des Präsidenten des Gerichts erster Instanz vom 15. Oktober 2004, Tillack/Kommission, T‑193/04 R, Slg. 2004, II‑3575; Urteile des Gerichts erster Instanz vom 6. April 2006, Camós Grau/Kommission, T‑309/03, Slg. 2006, II‑1173, und vom 4. Oktober 2006, Tillack/Kommission, T‑193/04, Slg. 2006, II‑3995).

61      Die Kläger sind anderer Auffassung. Art. 90a des Statuts sei erlassen worden, um es dem Gemeinschaftsrichter zu ermöglichen, die vom OLAF im Rahmen seiner Untersuchungen durchgeführten Maßnahmen zu überprüfen; im vorliegenden Fall habe die Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, einen unverhältnismäßigen Eingriff in bestimmte ihrer Grundrechte, wie die Verteidigungsrechte, das Recht auf eine kontradiktorische, be- und entlastende Umstände berücksichtigende Ermittlung des Sachverhalts und des Rechts auf Achtung des Privatlebens, bedeutet und habe somit ihre Rechtsstellung in qualifizierter Weise geändert. Diese Entscheidung stelle auch eine beschwerende Maßnahme im Sinne von Art. 90a des Statuts dar.

62      Was die von der Kommission und dem Rat angeführte Rechtsprechung angehe, so sei diese im vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil die Entscheidungen in Rechtssachen ergangen seien, die Fälle vor der Einfügung von Art. 90a in das Statut betroffen hätten. Jedenfalls würde diese Rechtsprechung, wenn sie im vorliegenden Fall bestätigt werden sollte, den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verletzen, wie er in den Art. 6 und 13 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert sei.

63      Die Kommission und der Rat weisen das Argument, die von ihnen angeführte Rechtsprechung sei nicht einschlägig, zurück. Bereits vor Erlass des Art. 90a des Statuts habe eine nahezu identische Vorschrift existiert, nämlich Art. 14 der Verordnung Nr. 1073/1999, nach der die Beamten sie beschwerende Maßnahmen des OLAF im Wege einer Anfechtungsklage hätten anfechten können. Trotz dieser Vorschrift hätten es die Gemeinschaftsgerichte aber in ständiger Rechtsprechung abgelehnt, eine Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 als beschwerend anzusehen.

64      Nach Auffassung der Kommission kann auch das Argument, der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes würde verletzt, wenn die Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, nicht als beschwerende Maßnahme eingestuft werden sollte, nicht durchgreifen. Den von einer Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 betroffenen Personen stehe es nämlich stets frei, das nationale Gericht zu ersuchen, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Frage vorzulegen, ob diese Entscheidung gültig sei. Zudem sei es diesen Personen stets unbenommen, vor den Gemeinschaftsgerichten eine Klage auf Ersatz des durch die Maßnahme der Übermittlung gegebenenfalls verursachten Schadens zu erheben.

65      Die Kläger bestreiten nicht, dass Art. 90a des Statuts im Wesentlichen den Inhalt von Art. 14 der Verordnung Nr. 1073/1999 aufgegriffen habe, weisen aber den Ansatz der Kommission und des Rates zurück, dass lediglich die gegebenenfalls von der Anstellungsbehörde oder dem nationalen Strafgericht auf der Grundlage der Ergebnisse der internen Untersuchung erlassene abschließende Entscheidung eine beschwerende Maßnahme darstellen könne.

66      Im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme aufgefordert, mitzuteilen, welche Maßnahmen des OLAF aus ihrer Sicht als Gegenstand einer Beschwerde nach Art. 90a des Statuts und dann einer nachfolgenden Klage in Frage kämen, teilen die Kommission und der Rat mit, dass es sich um vom OLAF im Rahmen einer internen Untersuchung ergriffene Maßnahmen handele, die gegenüber einem Beamten oder Bediensteten verbindliche Rechtswirkungen entfalteten, der von den Beschuldigungen, die Gegenstand der Untersuchung seien, nicht betroffen sei. Es handele sich insbesondere um die Durchsuchung der persönlichen Sachen beim Betreten des Büros eines nicht unmittelbar betroffenen Beamten oder Bediensteten, um die Beschlagnahme solcher persönlicher Sachen, um die Vernehmung eines nicht unmittelbar betroffenen Beamten oder Bediensteten, bei der das OLAF angeblich unzulässige Methoden angewandt habe, oder um das Abhören des Telefonanschlusses eines nicht unmittelbar betroffenen Beamten oder Bediensteten. Solche Maßnahmen könnten nämlich im Hinblick auf die nicht unmittelbar Betroffenen nicht als vorbereitende Maßnahmen im Hinblick auf eine mit einer Anfechtungsklage anfechtbare abschließende Entscheidung angesehen werden, da der nicht unmittelbar betroffene Beamte oder Bedienstete in dem später erstellten Untersuchungsbericht nicht beschuldigt werden könne. Mithin könne dieser die ihm gegenüber getroffenen Maßnahmen des OLAF später in keiner Weise inzident anfechten und müsse diese somit unmittelbar anfechten können, damit insbesondere der gerichtliche Schutz seiner subjektiven Rechte gewährleistet sei.

67      Was hingegen die Frage angehe, ob Maßnahmen wie die oben beschriebenen, die aber gegen einen von den Beschuldigungen, die Gegenstand der Untersuchung seien, betroffenen Beamten oder Bediensteten ergriffen würden, als beschwerende Maßnahmen angesehen werden könnten, so könnten diese Maßnahmen ausnahmsweise als solche angesehen werden, unter der Voraussetzung, dass sie streng von allen anderen Untersuchungsmaßnahmen getrennt würden, die nur die Schlussfolgerungen des OLAF vorbereiteten und inzident anzufechten seien. Im vorliegenden Fall sei aber festzustellen, dass keine dieser Ausnahmen vorliege, da die Kläger nicht behaupteten, dass gegen sie eine solche, als beschwerend einstufbare Maßnahme ergriffen worden sei.

68      Die Kläger teilen mit, dass sie den Standpunkt der Kommission und des Rates, der darauf hinauslaufe, nicht unmittelbar betroffene Beamte und Bedienstete gegenüber im Rahmen einer internen Untersuchung beschuldigten Beamten und Bediensteten bevorzugt zu behandeln, nicht zu teilen vermöchten. Ein solcher Standpunkt sei nicht nur diskriminierend, sondern auch nicht mit dem Zweck von Art. 90a des Statuts zu vereinbaren, der im Lichte des zehnten Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 1073/1999 auszulegen sei, in dem ausdrücklich bestimmt sei, dass die Untersuchungen unter Wahrung des Statuts durchzuführen seien und dass die Menschenrechte und die Grundfreiheiten in vollem Umfang gewahrt bleiben müssten, insbesondere das Recht der Beteiligten, zu den sie betreffenden Sachverhalten Stellung zu nehmen, und der Grundsatz, dass sich die Schlussfolgerungen aus einer Untersuchung nur auf beweiskräftige Tatsachen gründen dürften.

–       Würdigung durch das Gericht

69      Vorab ist festzustellen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber nach der Errichtung des OLAF durch den Beschluss 1999/352, um die Tätigkeiten dieses Amts einer effektiven gerichtlichen Kontrolle zu unterwerfen, in Art. 14 der Verordnung Nr. 1073/1999 vorgesehen hat, dass „[i]n Erwartung der Änderung des Statuts … jeder Beamte [oder] jeder sonstige Bedienstete der Europäischen Gemeinschaften beim Direktor des Amtes nach den in Artikel 90 Absatz 2 des Statuts vorgesehenen Modalitäten Beschwerde gegen eine ihn beschwerende Maßnahme einlegen [kann], die das Amt im Rahmen einer internen Untersuchung ergriffen [hat]“ und dass „Artikel 91 des Statuts … auf die im Zusammenhang mit der Beschwerde ergehenden Entscheidungen Anwendung [findet]“. In der Folge ist den Beamten und anderen Bediensteten durch die Verordnung Nr. 723/2004 die Möglichkeit eingeräumt worden, vor den Gemeinschaftsgerichten die Aufhebung bestimmter Maßnahmen des OLAF zu betreiben, indem Art. 90a in das Statut eingefügt worden ist, dessen Satz 2 bestimmt, dass jede Person, auf die das Statut Anwendung findet, „… sich … mit einer Beschwerde gemäß Artikel 90 Absatz 2 an [den Direktor des OLAF] wenden [kann], wenn im Zusammenhang mit einer Untersuchung des Amtes eine sie beschwerende Maßnahme ergangen ist“.

70      Es stellt sich daher die bislang in der Gemeinschaftsrechtsprechung noch nicht aufgeworfene Frage, ob eine Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 eine beschwerende Maßnahme im Sinne von Art. 90a des Statuts darstellt.

71      Art. 90a des Statuts ist vom Gemeinschaftsgesetzgeber 2004 erlassen worden, um den gerichtlichen Rechtsschutz der Personen, auf die das Statut Anwendung findet, zu gewährleisten. Angesichts einer so ausdrücklichen und vor so kurzer Zeit erfolgten Ermächtigung im Statut, kann sich das Gericht auf dem besonderen Gebiet, für das es zuständig ist, nicht der Verantwortung entziehen, die ihm der Gesetzgeber auf diese Weise übertragen hat.

72      Zudem stellt diese Regelung das Gegenstück zu den neuen Befugnissen dar, die der Gesetzgeber dem OLAF beim Erlass der Verordnung Nr. 723/2004 zugewiesen hat, sei es im Bereich der Betrugsbekämpfung mit Art. 22a des Statuts oder im Disziplinarbereich mit den Bestimmungen des Anhangs IX des Statuts. Art. 90a des Statuts spiegelt somit das Bestreben des Gesetzgebers wider, die Stärkung der Rolle des OLAF mit entsprechenden gerichtlichen Rechtsschutzgarantien zu flankieren.

73      Im Übrigen ist der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, der sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergibt und in den Art. 6 und 13 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert ist (Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, Slg. 2008, I‑6351, Randnr. 335). In der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, hat der Gerichtshof im Zusammenhang mit den von den Klägern geltend gemachten Verteidigungsrechten, insbesondere dem Anspruch auf rechtliches Gehör, festgestellt, dass die Effektivität der Kontrolle durch den Gemeinschaftsrichter, die sich insbesondere auf die Rechtmäßigkeit der Begründung der beschwerenden Maßnahme erstrecken muss, voraussetzt, dass die fragliche Gemeinschaftsbehörde diese Begründung den von dieser Maßnahme betroffenen Personen so weit wie möglich zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Maßnahme erlassen wird, oder wenigstens so bald wie möglich danach mitteilt, um den betreffenden Personen die fristgemäße Wahrnehmung ihres Rechts auf gerichtlichen Rechtsschutz zu ermöglichen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, Randnr. 336).

74      Da die Kläger ihre Argumentation über die Garantie eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes im vorliegenden Fall gerade auf den Anspruch auf rechtliches Gehör stützen, ist festzustellen, dass ein Beamter nicht in den Genuss einer solchen Garantie käme, wenn der Gemeinschaftsrichter, bevor der Beamte durch eine Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 vor dem nationalen Strafrichter beschuldigt wird, nicht in der Lage wäre, zu überprüfen, ob der Beamte vorher angehört worden ist oder ob Art. 4 des Beschlusses 1999/396, nach dem zu einem späteren Zeitpunkt Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden kann, vom OLAF eingehalten worden ist. Eine solche Überprüfung der Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 ist in diesem Stadium des Verfahrens umso wichtiger, als das OLAF die Stellungnahmen der Betroffenen, wenn der Generalsekretär der Kommission zustimmt, zu einem späteren Zeitpunkt einholen kann – unter Umständen zu einem viel späteren Zeitpunkt.

75      Im Übrigen kann eine Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 erhebliche Folgen für die Laufbahn der betreffenden Personen haben. Denn nach Art. 43 des Statuts „[wird] [ü]ber Befähigung, Leistung und dienstliche Führung aller Beamten … regelmäßig, mindestens aber alle zwei Jahre … eine Beurteilung erstellt“. Wenn aber das OLAF der Auffassung ist, dass von einem Beamten begangene Handlungen gegebenenfalls strafrechtlich zu ahnden sind und deshalb Informationen den nationalen Justizbehörden übermittelt, so ist dieser Umstand, den die Anstellungsbehörde meistens durch das OLAF selbst erfährt oder durch den betreffenden Beamten, wenn dieser z. B. vor dem nationalen Richter als Zeuge vernommen wird, geeignet, sich negativ auf die durch die Verwaltung im Rahmen der Beurteilung dieses Beamten anzustellende Bewertung auszuwirken, insbesondere im Hinblick auf dessen dienstliche Führung.

76      Außerdem ändert sich die Natur des Personen, die von einer Untersuchung des OLAF betroffen sind, garantierten gerichtlichen Rechtsschutzes, wenn der Direktor des OLAF eine Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 trifft. Wenn diese Personen nämlich, bevor eine solche Entscheidung ergeht, gegebenenfalls in den Genuss eines von den Gemeinschaftsgerichten garantierten gerichtlichen Rechtsschutzes gegen mögliche Verletzungen ihrer Rechte kommen, wird dieser Schutz nach dem Erlass der Entscheidung von den nationalen Justizbehörden gewährt, die vom OLAF die im Rahmen der internen Untersuchung erlangten Informationen erhalten haben.

77      Angesichts ihrer möglichen Folgen ist es aber schwer vorstellbar, Entscheidungen nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 nicht als beschwerende Maßnahmen im Sinne von Art. 90a des Statuts anzusehen, zumal der Gemeinschaftsgesetzgeber selbst es für nötig erachtet hat, die internen Untersuchungen des OLAF mit strengen Verfahrensgarantien zu flankieren und insbesondere die einschneidendsten Maßnahmen, die das OLAF im Rahmen solcher Untersuchungen trifft, zu denen wegen ihrer Auswirkungen gewiss Entscheidungen nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 zählen, von der Beachtung des Grundsatzes der Verteidigungsrechte abhängig zu machen. Nachdem es im zehnten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1073/1999 heißt, dass bei den Untersuchungen des OLAF „die Menschenrechte und die Grundfreiheiten in vollem Umfang gewahrt bleiben müssen“ und dass „dies … insbesondere für den Billigkeitsgrundsatz, das Recht der Beteiligten, zu den sie betreffenden Sachverhalten Stellung zu nehmen, und den Grundsatz [gilt], dass sich die Schlussfolgerungen aus einer Untersuchung nur auf beweiskräftige Tatsachen gründen dürfen“, ist in Art. 4 Abs. 6 Buchst. b nämlich bestimmt, dass alle durch die Verträge oder auf deren Grundlage geschaffenen Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen Vorschriften über „die Wahrung der Rechte der von einer internen Untersuchung betroffenen Personen“ erlassen.

78      Wenn das Gericht diese Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 nicht ausübte, obwohl bei einer Entscheidung, die eine Person betrifft, auf die das Statut Anwendung findet, es allein dazu in der Lage ist, dies rechtzeitig zu tun, bliebe eine mögliche Verletzung der Vorschriften der Verordnung Nr. 1073/1999, mit denen die Verteidigungsrechte geschützt werden sollen, unbeanstandet. Der nationale Richter bliebe nämlich mit den Informationen befasst, die ihm das OLAF übermittelt hat, während eine Beanstandung einer solchen Rechtswidrigkeit durch den Gemeinschaftsrichter wegen Missachtung der Verteidigungsrechte bedeutete, dass sich das nationale Gericht nicht auf solche Informationen stützen dürfte. Übrigens hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass eine solche Verletzung der Verteidigungsrechte durch das OLAF einen Verstoß gegen die für das Untersuchungsverfahren geltenden wesentlichen Formvorschriften darstellt (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 8. April 2003, Gómez-Reino/Kommission, C‑471/02 P[R], Slg. 2003, I‑3207, Randnr. 64).

79      Wenn das OLAF, wie der vorliegende Fall zeigt, unter Verstoß gegen Art. 4 des Beschlusses 1999/396 vom Generalsekretär der Kommission keine Zustimmung erhalten hätte und nicht einmal darum ersucht hätte, ohne dass der Gemeinschaftsrichter diese Rechtswidrigkeit feststellen könnte, wäre der Beamte außerdem ohne sein Wissen rechtswidrig Gegenstand von Verfahren, in denen er mehrere Monate lang unmittelbar beschuldigt wird. Dass dem Betroffenen womöglich erst zu einem späteren Zeitpunkt Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird und dass dieser somit möglicherweise nicht in der Lage ist, seine Rechte vor einem Gericht geltend zu machen, sei es vor einem gemeinschaftlichen oder einem nationalen, rechtfertigt umso mehr die Zulässigkeit einer unmittelbar gegen die Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 gerichteten Anfechtungsklage. Unter solchen Umständen kommen die vor dem nationalen Richter garantierten Verfahrensrechte nämlich, solange der betreffende Beamte von dem gegen ihn laufenden Ermittlungsverfahren nicht unterrichtet ist, nicht zum Tragen. Zudem kann nur eine gerichtliche Kontrolle im Stadium des Erlasses der Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 rechtzeitig die Beachtung der Befugnisse des Generalsekretärs der Kommission gewährleisten, der einzigen Stelle außerhalb des OLAF, der das Recht zusteht, die Durchführung der Untersuchung in gewissem Umfang zu überprüfen, um, bevor die nationalen Justizbehörden mit der Sache befasst werden, über die Aufrechterhaltung der Geheimhaltung der Untersuchung zu entscheiden.

80      Im Übrigen kann die gerichtliche Kontrolle einer Maßnahme wie einer Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 im Rahmen einer Schadensersatzklage nicht effektiv ausgeübt werden. Zwar kann der Beamte mit einer solchen Klage den durch eine Untersuchung des OLAF erlittenen Schaden ersetzt bekommen (vgl. Urteil Camós Grau/Kommission). Zum einen muss einer solchen Schadensersatzklage bei einem Gemeinschaftsbeamten aber ein zweistufiges, verhältnismäßig langwieriges Vorverfahren vorausgehen, und zum anderen kann sie die Beachtung der Verteidigungsrechte nicht zu dem Zeitpunkt gewährleisten, in dem diese verletzt werden können.

81      Nach ständiger Rechtsprechung verlangt ein effektiver gerichtlicher Rechtsschutz, dass der Betroffene, dessen Interessen durch eine beschwerende Maßnahme verletzt sind, die Anordnung vorläufiger Schutzmaßnahmen beantragen kann, und zwar im Wege der einstweiligen Anordnung. Nach Art. 102 § 1 der Verfahrensordnung ist ein Antrag auf Aussetzung des Vollzugs einer solchen Maßnahme aber nur zulässig, wenn der Antragsteller die Maßnahme durch Klage beim Gericht angefochten hat. Die Zulassung einer Klage unmittelbar gegen die Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 würde es dem betreffenden Beamten, wenn er die Ergebnisse der Untersuchung kennt, somit unter Umständen ermöglichen, die Aussetzung des Vollzugs dieser Entscheidung zu erwirken, wenn auch die dafür erforderlichen Voraussetzungen der Dringlichkeit und eines Schadens erfüllt sind.

82      Und schließlich kann eine effektive Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer Maßnahme wie einer Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 dazu beitragen, dass das OLAF – dem Willen des Gesetzgebers entsprechend – streng auf die Rechtmäßigkeit der Untersuchungen achtet und die Grundrechte der davon betroffenen Personen in vollem Umfang beachtet. Es ist festzustellen, dass das OLAF im vorliegenden Fall auf die Beschwerden, mit denen sich die Kläger in der Rechtssache F‑5/05 gemäß Art. 90a des Statuts an es gewandt hatten, erst am 21. Februar 2005 eine Antwort erteilt hat, also nach Erhebung der Klagen, und dass nur die Kommission, die die beanstandete Maßnahme nicht ergriffen hat, ausdrücklich auf die an sie gerichteten Beschwerden geantwortet hat. Eine derartige Fallgestaltung, bei der sich die Behörde, die eine angefochtene Entscheidung getroffen hat, zu den gegen diese erhobenen Einwänden nicht äußert, ist schwerlich mit dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung zu vereinbaren und offenbart die Nachteile, die das Fehlen einer eindeutig bekräftigten und effektiven gerichtlichen Kontrolle mit sich bringen kann. Diese Feststellung kann im vorliegenden Fall durch die Prüfung der Begründetheit der Klage nicht entkräftet werden.

83      Nach alledem ist es gerechtfertigt, Entscheidungen nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 als beschwerende Maßnahmen im Sinne von Art. 90a des Statuts einzustufen.

84      Keines der von der Kommission vorgebrachten Argumente vermag dieses Ergebnis zu erschüttern.

85      Als Erstes machen die Kommission und der Rat geltend, dass eine vom Direktor des OLAF nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 getroffene Entscheidung nur eine vorbereitende Maßnahme im Hinblick auf eine gegebenenfalls von den nationalen Verwaltungs- oder Justizbehörden zu treffende abschließende Entscheidung darstelle.

86      Hierzu ist festzustellen, dass nach einer gefestigten Rechtsprechung bei Handlungen oder Entscheidungen, die in einem mehrphasigen Verfahren, insbesondere am Ende eines internen Verfahrens, ergehen, eine anfechtbare Handlung zwar grundsätzlich nur bei Maßnahmen vorliegt, die den Standpunkt des Organs am Ende dieses Verfahrens definitiv festlegen, nicht aber bei Zwischenmaßnahmen, die die endgültige Entscheidung nur vorbereiten sollen; die Maßnahmen zur Vorbereitung einer Entscheidung sind nicht beschwerend, und erst anlässlich einer Klage gegen die am Ende des Verfahrens erlassene Entscheidung kann der Kläger die Rechtswidrigkeit der vorhergehenden, eng mit dieser Entscheidung zusammenhängenden Handlungen geltend machen (Beschluss des Gerichts erster Instanz vom 11. Februar 2003, Pflugradt/EZB, T‑83/02, Slg. ÖD 2003, I‑A‑47 und II‑281, Randnr. 34).

87      Wenn der Direktor des OLAF aber eine Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 erlässt, äußert er sich auf der Grundlage der vorläufigen oder endgültigen Ergebnisse der von seinen Stellen durchgeführten Untersuchung über das Vorliegen von gegebenenfalls strafrechtlich zu ahndenden Handlungen und vertritt die Auffassung, dass die Person oder die Personen, gegen die sich die Untersuchung gerichtet hat, strafrechtlich belangt werden könnten. Diese Entscheidung wird von einer unabhängigen Gemeinschaftseinrichtung im Rahmen eines besonderen, von dem nationalen gerichtlichen Verfahren verschiedenen Verfahren in eigener Verantwortung getroffen. Sie geht keiner anderen beschwerenden Maßnahme aus dem Zuständigkeitsbereich des Direktors des OLAF voraus und legt somit den Standpunkt der Behörde, von der sie erlassen worden ist, fest. Insofern ist sie nicht mit der Verfügung vergleichbar, mit der die Anstellungsbehörde ein Disziplinarverfahren gegen einen Beamten einleitet und mit der der Erlass einer späteren und abschließenden Entscheidung derselben Behörde vorbereitet werden soll.

88      Wenn eine Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 als eine vorbereitende Maßnahme für das nationale gerichtliche Ermittlungsverfahren und für die später gegebenenfalls von der Anstellungsbehörde zu treffenden Entscheidungen anzusehen wäre, müsste erst recht gelten, dass alle Maßnahmen des OLAF im Zusammenhang mit einer von ihm durchgeführten Untersuchung, die der Entscheidung der Übermittlung meistens vorangehen, auch lediglich vorbereitende Maßnahmen darstellen. Ein solcher Ansatz ließe sich aber zum einen nicht mit dem eindeutigen Wortlaut des Art. 90a des Statuts und dem Willen seiner Verfasser vereinbaren, die, indem sie jeder Person, auf die das Statut Anwendung findet, das Recht zuerkannt haben, eine Beschwerde gegen „eine sie beschwerende Maßnahme“ zu erheben, das Vorhandensein solcher Maßnahmen vorausgesetzt haben, und würde zum anderen, wie die Kläger zu Recht vorbringen, Art. 90a des Statuts völlig gegenstandslos und überflüssig machen.

89      Zudem handelt es sich bei den von der Kommission und dem Rat in ihrer Antwort auf die schriftliche Frage des Gerichts angeführten Beispielen für beschwerende Maßnahmen, die Gegenstand einer Beschwerde nach Art. 90a des Statuts sein können, wie der Durchsuchung oder Beschlagnahme persönlicher Sachen beim Betreten des Büros eines von der Untersuchung nicht unmittelbar betroffenen Beamten oder Bediensteten oder der Vernehmung unter Verwendung unzulässiger Methoden oder dem Abhören des Telefonanschlusses eines von der Untersuchung nicht unmittelbar betroffenen Beamten oder Bediensteten, im Gegensatz zu der Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 streng genommen nicht um echte Verwaltungsentscheidungen. Zwar ziehen diese Maßnahmen nicht unbedingt spätere Entscheidungen nach sich; sie beeinträchtigen die Interessen und die Rechtsstellung dieses Beamten oder Bediensteten aber nicht mehr, als es die streitige Entscheidung der Übermittlung im Hinblick auf die Personen tut, die Gegenstand der Untersuchung des OLAF sind. Insbesondere wirken sich diese Maßnahmen als solche grundsätzlich nicht auf das Dienstverhältnis und die Laufbahn dieser nicht unmittelbar betroffenen Beamten oder Bediensteten aus, während sich eine Entscheidung der Übermittlung wie die hier streitige sofort negativ auf die Interessen, die Laufbahn und den Ruf der betreffenden Personen auswirkt.

90      Die Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 kann somit nicht nur als eine Zwischenentscheidung oder vorbereitende Entscheidung angesehen werden, wenn Art. 90a des Statuts nicht völlig ausgehöhlt werden soll. Sie stellt vielmehr die Maßnahme dar, mir der der Direktor des OLAF, dem dazu im Rahmen der Gemeinschaften eine besondere und ausschließliche Verantwortung übertragen ist, sich über das Vorliegen von gegebenenfalls strafrechtlich zu ahndenden Handlungen erklärt und sich dafür entscheidet, die nationalen Justizbehörden damit zu befassen, damit diese Handlungen die entsprechende strafrechtliche Behandlung erfahren.

91      Im Übrigen hat der Gerichtshof auf dem Gebiet des Disziplinarrechts der Beamten in einer Rechtssache, in der die Stellungnahme eines Disziplinarrats angefochten worden war, festgestellt, dass eine solche Stellungnahme eine beschwerende Maßnahme darstellt, die Gegenstand einer Klage sein kann, sofern diese Stellungnahme, obwohl sie von einer beratenden Einrichtung ausgeht, am Ende einer Untersuchung erfolgt ist, die der Disziplinarrat in völliger Unabhängigkeit und nach einem besonderen kontradiktorischen Verfahren unter Beachtung der Grundprinzipien der Verteidigungsrechte durchführen muss (Urteil des Gerichtshofs vom 29. Januar 1985, F/Kommission, 228/83, Slg. 1985, 275, Randnr. 16). Erst recht muss eine solche Überlegung entsprechend für Entscheidungen nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 gelten, da diese, abgesehen davon, dass sie nicht eine später und abschließend erfolgende Entscheidung des Direktors des OLAF vorbereiten sollen, von einer unabhängigen Gemeinschaftseinrichtung ausgehen und auch im Rahmen oder am Ende einer Untersuchung ergehen, bei deren Durchführung „das Recht der Beteiligten, zu den sie betreffenden Sachverhalten Stellung zu nehmen, [in vollem Umfang gewahrt bleiben muss]“.

92      Um die Einstufung der Entscheidungen nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 als beschwerende Maßnahmen in Zweifel zu ziehen, berufen sich die Kommission und der Rat als Zweites auf Präzedenzentscheidungen.

93      Hierzu ist festzustellen, dass die Gemeinschaftsgerichte in den dem Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs Tillack/Kommission (Randnr. 34), dem Beschluss des Präsidenten des Gerichts erster Instanz Tillack/Kommission (Randnr. 46) und dem Urteil des Gerichts erster Instanz Tillack/Kommission (Randnrn. 68 bis 70) zugrunde liegenden Fällen zwar festgestellt haben, dass eine nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 getroffene Entscheidung die Rechtsstellung der von den Informationen betroffenen Person nicht in qualifizierter Weise geändert habe.

94      Diese Entscheidungen sind aber in Bezug auf eine Person ergangen, die nicht Gemeinschaftsbeamter war, und in Verfahren nach Art. 230 EG, und nicht nach Art. 236 EG. Der Gerichtshof und das Gericht erster Instanz, die nicht über die Tragweite von Art. 90a des Statuts zu befinden hatten, haben festgestellt, dass der Kläger über ausreichende Verfahrensrechte vor dem nationalen Gericht verfüge und dass es sich bei der Maßnahme der Übermittlung der ihn betreffenden Informationen durch das OLAF nur um eine vorbereitende Maßnahme handele. Dieser Fall liegt aber anders als der vorliegende. Bei einem gegenüber den Gemeinschaften Außenstehenden, dessen beruflicher Werdegang und wirtschaftliche Lage nicht unmittelbar von Maßnahmen der gemeinschaftlichen Behörden abhängen, steht dem Gemeinschaftsrichter nämlich keine besondere Befugnis zu, anstelle des nationalen Richters die Beachtung der Grundrechte und der Anforderungen an ein faires Verfahren zu gewährleisten.

95      Was die Entscheidungen des Gerichts erster Instanz in den dem Beschluss Comunidad Autónoma de Andalucía/Kommission und dem Urteil Camós Grau/Kommission zugrunde liegenden Fällen angeht, ist festzustellen, dass sich das Gericht erster Instanz in diesen Entscheidungen mit der Rechtsnatur des Berichts, mit dem das OLAF eine Untersuchung abschließt, befasst hat, und nicht mit der Einstufung einer Entscheidung wie der im vorliegenden Fall angefochtenen als beschwerende Maßnahme.

96      Schließlich ist festzustellen, dass sowohl der Gerichtshof als auch das Gericht erster Instanz bereits in Betracht gezogen haben, dass eine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der beschwerenden Maßnahmen des OLAF vom Gemeinschaftsrichter ausgeübt werden kann, und zwar im Rahmen einer Anfechtungsklage (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 30. März 2004, Rothley u. a./Parlament, C‑167/02 P, Slg. 2004, I‑3149, Randnr. 50; Beschluss des Präsidenten des Gerichts erster Instanz vom 2. Mai 2000, Rothley u. a./Parlament, T‑17/00 R, Slg. 2000, II‑2085, Randnr. 107; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 26. Februar 2002, Rothley u. a./Parlament, T‑17/00, Slg. 2002, II‑579, Randnr. 73).

97      Mithin sind die Anträge der Kläger auf Aufhebung der Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, zulässig.

 Zur Begründetheit

98      Zur Stützung ihrer Anträge auf Aufhebung machen die Kläger im Wesentlichen fünf Klagegründe geltend: erstens den Umstand, dass die Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, ohne taugliche Grundlage getroffen worden sei, zweitens die Verletzung des Grundprinzips der Wahrung der Verteidigungsrechte, drittens die Verletzung von Art. 26 Abs. 7 des Statuts, viertens, im Hinblick auf die Verpflichtung, beschwerende Entscheidungen zu begründen, die Verletzung von Art. 25 Abs. 2 des Statuts, fünftens die Rechtswidrigkeit der Verordnung Nr. 1073/1999 und des Beschlusses 1999/396.

99      Zu prüfen ist der zweite Klagegrund der Verletzung des Grundprinzips der Achtung der Verteidigungsrechte.

–       Vorbringen der Parteien

100    Die Kläger machen geltend, das OLAF habe gegen das im vorliegenden Fall durch Art. 4 des Beschlusses 1999/396 gewährleistete Grundprinzip der Wahrung der Verteidigungsrechte verstoßen, da ihnen vor der Entscheidung des OLAF, die sie betreffenden Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, keine Gelegenheit gegeben worden sei, zu den der Übermittlung zugrunde liegenden Sachverhalten Stellung zu nehmen. Es sei durch keinen besonderen Umstand der Untersuchung gerechtfertigt gewesen, dass sich das OLAF der Verpflichtung, dieses Prinzip zu beachten, entzogen habe, und jedenfalls habe der Generalsekretär der Kommission keine entsprechende Zustimmung erteilt.

101    Zu ihrer Verteidigung weist die Kommission vorab darauf hin, dass die Regeln, die das OLAF bei der Durchführung seiner internen Untersuchungen im Hinblick auf die Verteidigungsrechte zu beachten habe, zum einen diejenigen in Art. 4 Abs. 1 Satz 1 des Beschlusses 1999/396 und zum anderen diejenigen in Art. 4 Abs. 1 Satz 2 dieses Beschlusses seien, und zwar nur diese (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts erster Instanz Gómez-Reino/Kommission, Randnr. 65).

102    Was Art. 4 Abs. 1 Satz 1 des Beschlusses 1999/396 angehe, nach dem ein Beamter, der gegebenenfalls von einer Untersuchung des OLAF betroffen sei, rasch zu unterrichten sei, sofern dies nicht die Untersuchung beeinträchtige, sei aber hiergegen im vorliegenden Fall nicht verstoßen worden, da die Unterrichtung der Kläger, wenn sie erfolgt wäre, wegen der Gefahr der Beseitigung bestimmter Unterlagen die Wirksamkeit der Ermittlungen der italienischen Justizbehörden beeinträchtigt hätte. Was Art. 4 Abs. 1 Satz 2 des Beschlusses 1999/396 angehe, sei dieser auf die Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 nicht anwendbar, wenn die Übermittlung der Informationen an nationale Justizbehörden im Laufe der internen Untersuchung erfolge und nicht an deren Ende.

103    Jedenfalls seien die Kläger rechtzeitig von sämtlichen sie betreffenden Informationen unterrichtet worden, da ihnen im Rahmen des italienischen Strafverfahrens die Anhänge des Schreibens vom 5. August 2003, nämlich das Hinweisschreiben vom 23. Juli 2003 und das Protokoll der Vernehmung des ehemaligen Direktors des IES, übermittelt worden seien.

–       Würdigung durch das Gericht

104    Vorab ist festzustellen, dass nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 des Beschlusses 1999/396 „[i]n den Fällen, in denen die Möglichkeit einer persönlichen Implikation eines Mitglieds, eines Beamten oder Bediensteten der Kommission besteht, … der Betroffene rasch zu unterrichten [ist], sofern dies nicht die Untersuchung beeinträchtigt“. Art. 4 Abs. 1 Satz 2 dieses Beschlusses bestimmt, dass „[a]uf keinen Fall … eine dieser Personen mit Namen nennende Schlussfolgerungen am Ende der Untersuchung gezogen werden [dürfen], ohne dass dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wurde, sich zu den ihn betreffenden Tatsachen zu äußern“.

105    Wie das Gericht erster Instanz in seinem Urteil vom 8. Juli 2008, Franchet und Byk/Kommission (T‑48/05, Slg. 2008, II‑1585, Randnrn. 133 und 145), festgestellt hat, ist der Direktor des OLAF, wenn er beabsichtigt, eine Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 zu treffen, nach den oben angeführten Bestimmungen des Art. 4 Abs. 1 des Beschlusses 1999/396 verpflichtet, falls die Informationen ein Mitglied, einen Beamten oder einen Bediensteten der Kommission mit Namen nennende Schlussfolgerungen enthalten, diesem, bevor die Informationen den nationalen Justizbehörden übermittelt werden, Gelegenheit zu geben, sich zu den ihn betreffenden Tatsachen zu äußern.

106    Im vorliegenden Fall geht aus den Akten hervor, dass das OLAF in dem dem Schreiben vom 5. August 2003 als Anhang beigefügten Hinweisschreiben vom 23. Juli 2003 u. a. die Kläger als Personen aufführt, die gegebenenfalls Straftaten begangen haben. Somit hat das Schreiben vom 5. August 2003 die Kläger „mit Namen nennende Schlussfolgerungen“ enthalten.

107    Folglich hätten die Kläger vor der Übermittlung des Schreibens vom 5. August 2003 an die italienischen Justizbehörden grundsätzlich über die sie betreffenden Tatsachen unterrichtet und dazu angehört werden müssen.

108    Zwar sieht Art. 4 Abs. 2 des Beschlusses 1999/396 für den Fall, in dem aus ermittlungstechnischen Gründen absolute Geheimhaltung gewahrt werden muss und die Hinzuziehung einer innerstaatlichen Justizbehörde erforderlich ist, eine Ausnahme vor. In solchen Fällen kann dem betreffenden Beamten mit Zustimmung des Generalsekretärs der Kommission zu einem späteren Zeitpunkt Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.

109    Allerdings machen die Kläger, ohne dass die Kommission dem widersprochen hätte, geltend, dass der Generalsekretär der Kommission nicht die Zustimmung dazu erteilt habe, dass ihnen zu einem späteren Zeitpunkt Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werde; er sei nicht einmal darum ersucht worden.

110    Die Pflicht, die Zustimmung des Generalsekretärs der Kommission zu beantragen und zu erhalten, ist keine bloße Formalität, die gegebenenfalls später erfüllt werden könnte. Denn, wie in dem Urteil Byk/Kommission (Randnr. 151) festgestellt worden ist, würde das Erfordernis, diese Zustimmung einzuholen, sonst seine Daseinsberechtigung verlieren, nämlich sicherzustellen, dass die Verteidigungsrechte der betreffenden Beamten beachtet werden, dass ihre Unterrichtung nur in wirklichen Ausnahmefällen hinausgeschoben wird und dass die Beurteilung dieser Ausnahmelage nicht nur Sache des OLAF ist, sondern zugleich das Urteil des Generalsekretärs der Kommission erfordert.

111    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass das OLAF gegen Art. 4 des Beschlusses 1999/396 verstoßen und die Verteidigungsrechte der Kläger verletzt hat.

112    Zudem ist die Wahrung der Verteidigungsrechte in jedem gegen eine Person eingeleiteten Verfahren, das zu einer den Betreffenden beschwerenden Maßnahme führen kann, nach ständiger Rechtsprechung ein Grundprinzip des Gemeinschaftsrechts und selbst dann sicherzustellen, wenn es keine einschlägigen Verfahrensregeln gibt (vgl. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 23. April 2002, Campolargo/Kommission, T‑372/00, Slg. ÖD, I‑A‑49 und II‑223, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dieses Prinzip, nach dem der Betreffende von der zuständigen Behörde normalerweise vor Erlass der ihn beschwerenden Maßnahme anzuhören ist, gilt sowohl im Disziplinarbereich als auch in allen anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes der Gemeinschaft (vgl. Urteil Campolargo/Kommission, Randnr. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

113    Folglich wäre das OLAF, selbst wenn Art. 4 Abs. 1 Satz 2 des Beschlusses 1999/396, wie die Kommission geltend macht, nicht auf eine Entscheidung nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1073/1999 anwendbar sein sollte, wenn die Übermittlung der Informationen an die nationalen Justizbehörden im Laufe der Untersuchung erfolgt, nach dem Grundprinzip der Wahrung der Verteidigungsrechte grundsätzlich nicht minder verpflichtet gewesen, die Kläger vor der Übermittlung der Informationen aufzufordern, zu den sie betreffenden Tatsachen alle zweckdienlichen Hinweise zu geben. Es ist aber unstreitig, das dies nicht der Fall gewesen ist, ohne dass dies durch irgendeinen besonderen Umstand gerechtfertigt werden könnte.

114    Wenn die Kommission geltend macht, dass die Kläger rechtzeitig über sämtliche sie betreffenden Informationen unterrichtet worden seien, da ihnen im Rahmen des italienischen Strafverfahrens das Schreiben vom 5. August 2003 und seine Anhänge übermittelt worden seien, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein solcher nach der Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, eingetretener Umstand den Verstoß gegen Art. 4 des Beschlusses 1999/396 aufgewogen hätte.

115    Daraus folgt, ohne dass es erforderlich wäre, die anderen Klagegründe zu prüfen, dass die Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, aufzuheben ist.

 Zu den Schadensersatzanträgen

 Vorbringen der Parteien

116    Die Kläger begehren im Wesentlichen den Ersatz des immateriellen Schadens, der erstens durch die Entscheidung, die interne Untersuchung einzuleiten, und die Untersuchungsmaßnahmen des OLAF entstanden sein soll, zweitens dadurch, dass das OLAF ungerechtfertigt und unter Verletzung der Verteidigungsrechte sie betreffende Informationen den italienischen Justizbehörden übermittelt habe, drittens dadurch, dass der Abschlussbericht der Untersuchung Schlussfolgerungen enthalte, die jeglicher Tatsachengrundlage entbehrten, und viertens dadurch, dass das OLAF auf die Beschwerden, die sie eingereicht hätten, um über die Einzelheiten der Untersuchung unterrichtet zu werden, in keiner Weise reagiert habe. Insbesondere habe die Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Varese zur Folge gehabt, und dieses Ermittlungsverfahren habe sie nicht nur in einen Zustand der Unruhe im Hinblick auf mögliche Strafverfolgungsmaßnahmen versetzt, sondern sie darüber hinaus in ihrer Ehre verletzt und ihrem beruflichen Ansehen geschadet.

117    Zu ihrer Verteidigung macht die Kommission geltend, die oben genannten Anträge seien unzulässig, da sie keinerlei Angaben enthielten, aufgrund deren das ihr von den Klägern vorgeworfene Verhalten bestimmt werden könne, was einen Verstoß gegen Art. 44 Abs. 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz darstelle. Selbst wenn sie den Anforderungen des Art. 44 Abs. 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz genügen sollten, seien sie jedenfalls auch nicht begründet, da sie „in vollem Umfang“ in den als unzulässig zurückzuweisenden Anträgen auf Aufhebung wurzelten.

118    Zur Begründetheit bringt die Kommission vor, der von den Klägern geltend gemachte immaterielle Schaden sei einzig und allein auf die autonome Entscheidung der italienischen Justizbehörden, ein Strafverfahren einzuleiten, zurückzuführen, so dass es an der Kausalität zwischen den beanstandeten Fehlern und dem behaupteten Schaden fehle.

119    Die Beklagten erwidern, die Anträge auf Schadensersatz seien zulässig, und insbesondere sei die Behauptung der Kommission, der Schaden, den sie ersetzt verlangten, sei unmittelbar durch die autonome Entscheidung der italienischen Justizbehörden, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren einzuleiten, verursacht worden, unzutreffend. Es sei unvorstellbar gewesen, dass die Staatsanwaltschaft Varese, nachdem sich das OLAF mit einem Schreiben an sie gewandt habe, in dem von als Betrug, Beihilfe zum Betrug und Urkundenfälschung eingestuften Handlungen die Rede gewesen sei, es ablehnen würde, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren einzuleiten.

 Würdigung durch das Gericht

–       Zur Zulässigkeit

120    In dem durch Art. 90a des Statuts eingeführten System der Rechtsbehelfe ist eine Klage auf Ersatz von durch das OLAF verursachten Schäden nur zulässig, wenn ihr ein vorprozessuales Verfahren gemäß den Bestimmungen des Statuts vorausgegangen ist. Dieses Verfahren ist je nachdem unterschiedlich, ob der Schaden, für den Ersatz beantragt wird, auf einer beschwerenden Maßnahme im Sinne von Art. 90a des Statuts oder auf einem Verhalten des OLAF beruht, bei dem es sich nicht um eine Entscheidung handelt. Im ersten Fall muss der Betreffende beim Direktor des OLAF fristgemäß eine Beschwerde gegen die fragliche Maßnahme einlegen. Im zweiten Fall muss das Verwaltungsverfahren dagegen mit einem Antrag nach Art. 90 Abs. 1 des Statuts auf Schadensersatz eingeleitet und gegebenenfalls mit einer Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung über den Antrag fortgesetzt werden (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts erster Instanz vom 28. Juni 1996, Y/Gerichtshof, T‑500/93, Slg. ÖD 1996, I‑A‑335 und II‑977, Randnr. 64). Wenn aber ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer Anfechtungsklage und einer Schadensersatzklage besteht, ist Letztere als Zusatz zur Anfechtungsklage zulässig, ohne dass ihr notwendigerweise ein Antrag an die Verwaltung auf Ersatz des behaupteten Schadens und eine Beschwerde vorausgegangen sein müssen, mit der die Richtigkeit der stillschweigenden oder ausdrücklichen Ablehnung des Antrags bestritten wird (vgl. entsprechend Urteil Y/Gerichtshof, Randnr. 66).

121    Im vorliegenden Fall ist der Antrag auf Ersatz des behaupteten Schadens, soweit er durch die Entscheidung, die interne Untersuchung einzuleiten, die Untersuchungsmaßnahmen des OLAF, den Inhalt des Abschlussberichts der Untersuchung und die Weigerung des OLAF, den von den Klägern erhobenen Beschwerden stattzugeben, verursacht worden sein soll, als unzulässig zurückzuweisen, da die Betreffenden nicht den Anforderungen an das vorprozessuale Verfahren genügt haben. Wenn es sich nämlich bei den von den Klägern beanstandeten Verhaltensweisen um beschwerende Maßnahmen im Sinne von Art. 90a des Statuts handeln sollte, hätte gegen diese eine Beschwerde eingelegt werden müssen, was nicht geschehen ist. Ebenso hätten die Kläger, wenn diese Verhaltensweisen keine Entscheidungen darstellen sollten, zunächst einen Antrag nach Art. 90 Abs. 1 des Statuts auf Schadensersatz stellen und dann eine Beschwerde einlegen müssen, was sie nicht getan haben.

122    Hingegen besteht zwischen dem Antrag auf Ersatz des behaupteten Schadens, soweit er durch die Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, verursacht worden sein soll, der, anders als die Kommission meint, mit der Klageerhebung hinreichend begründet war, und den Anträgen auf Aufhebung der Übermittlungsentscheidung ein unmittelbarer Zusammenhang, und der Antrag ist deshalb als Zusatz zu diesen Anträgen als zulässig anzusehen.

123    Es ist somit nur die Begründetheit des Antrags auf Ersatz des durch die Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, verursachten Schadens zu prüfen.

–       Zur Begründetheit

124    Wie bereits festgestellt, ist die Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, unter Verstoß gegen die Bestimmungen des Art. 4 des Beschlusses 1999/396 über die Verteidigungsrechte ergangen und hat allein wegen der Verletzung dieser wesentlichen Formvorschriften einen immateriellen Schaden auf Seiten der Kläger verursacht. Ein solcher Schaden ist im vorliegenden Fall umso ausgeprägter, als diese Entscheidung die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens durch die italienischen Justizbehörden zur Folge hatte.

125    Was hingegen den durch das italienische Ermittlungsverfahren hervorgerufenen Zustand der Unruhe, die Verletzung der Ehre und die Schädigung des beruflichen Ansehens verursachten Schaden angeht, ist festzustellen, dass die Entstehung der Haftung der Gemeinschaft nach einer ständigen Rechtsprechung an das Zusammentreffen mehrerer Voraussetzungen geknüpft ist: Das dem Organ vorgeworfene Verhalten muss rechtswidrig sein, es muss ein Schaden entstanden sein, und zwischen dem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden muss ein Kausalzusammenhang bestehen (Urteil des Gerichtshofs vom 16. Dezember 1987, Delauche/Kommission, 111/86, Slg. 1987, 5345, Randnr. 30; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 17. Oktober 2002, Cocchi und Hainz/Kommission, T‑330/00 und T‑114/01, Slg. ÖD 2002, I‑A‑193 und II‑987, Randnr. 97). Zudem muss, damit ein Kausalzusammenhang bejaht werden kann, grundsätzlich der Beweis für einen unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Fehler des Gemeinschaftsorgans und dem geltend gemachten Schaden erbracht werden (Urteile des Gerichts erster Instanz vom 5. Oktober 2004, Sanders u. a./Kommission, T‑45/01, Slg. 2004, II‑3315, Randnr. 149, vom 5. Oktober 2004, Eagle u. a./Kommission, T‑144/02, Slg. 2004, II‑3381, Randnr. 148, und vom 12. September 2007, Combescot/Kommission, T‑250/04, Slg. ÖD 2007, I‑A‑1‑0000 und II‑A‑1‑0000, Randnr. 95).

126    Im vorliegenden Fall waren die italienischen Justizbehörden nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwar verpflichtet, die vom OLAF übermittelten Informationen aufmerksam zu prüfen und daraus die angemessenen Folgen ziehen, um die Wahrung des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten, konnten im Rahmen ihrer Befugnisse aber den Inhalt und die Tragweite dieser Informationen und folglich die Frage der gegebenenfalls zu ergreifenden Folgemaßnahmen frei beurteilen. Demzufolge ist der behauptete immaterielle Schaden unmittelbar allein durch das Verhalten der italienischen Justizbehörden verursacht worden, die beschlossen haben, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und sodann Untersuchungsmaßnahmen durchzuführen (vgl. in diesem Sinne Urteil Tillack/Kommission, Randnr. 122). Insoweit haben die Kläger nicht den Beweis für einen unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen der Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, und dem in ihrem Zustand der Unruhe, der Verletzung ihrer Ehre und der Schädigung ihres beruflichen Ansehens bestehenden immateriellen Schaden erbracht.

127    Mithin sind die Schadensersatzanträge nur insoweit begründet, als sie auf den Ersatz des Schadens gerichtet sind, der durch den Verstoß gegen die Bestimmungen des Art. 4 des Beschlusses 1999/396 über die Verteidigungsrechte verursacht worden ist.

128    Was den Ersatz dieses Schadens angeht, so stellt die Aufhebung einer angefochtenen Maßnahme als solche nach ständiger Rechtsprechung zwar einen angemessenen und grundsätzlich – sofern nämlich diese Maßnahme keine ausdrücklich negative Beurteilung der Fähigkeiten des Klägers enthält, die ihn verletzen könnte – hinreichenden Ersatz des gesamten immateriellen Schadens dar, den der Kläger aufgrund der aufgehobenen Maßnahme erlitten haben kann (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 8. Juli 2004, Schochaert/Rat, T‑136/03, Slg. ÖD 2004, I‑A‑215 und II‑957, Randnr. 34); diese Rechtsprechung kann im vorliegenden Fall aber keine Anwendung finden.

129    Angesichts der Natur und der Bedeutung des von den Klägern erlittenen Schadens, der in dem Verstoß gegen die Bestimmungen des Art. 4 des Beschlusses 1999/396 über die Verteidigungsrechte besteht, kann die Aufhebung der Entscheidung, die Informationen den italienischen Justizbehörden zu übermitteln, nämlich keinen angemessenen und hinreichenden Ersatz des durch deren Unrechtmäßigkeit verursachten Schadens darstellen. Unter diesen Umständen wird dieser Schaden durch eine Verurteilung der Kommission, an jeden Kläger 3 000 Euro zu zahlen, angemessen wiedergutgemacht.

 Kosten

130    Nach Art. 122 der Verfahrensordnung finden die Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels über die Prozesskosten und Gerichtskosten nur auf die Rechtssachen Anwendung, die ab dem Inkrafttreten dieser Verfahrensordnung, d. h. ab dem 1. November 2007, beim Gericht anhängig gemacht werden. Die insoweit geltenden Bestimmungen der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz finden weiterhin entsprechende Anwendung auf die Rechtssachen, die beim Gericht vor diesem Zeitpunkt anhängig waren.

131    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen im Wesentlichen unterlegen ist, ist sie zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

132    Nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz trägt der Rat als Streithelfer seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung vom 5. August 2003, mit der das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung Herrn Violetti, Frau Schmit und die zwölf anderen im Anhang zu diesem Urteil namentlich aufgeführten Beamten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften betreffende Informationen den italienischen Justizbehörden übermittelt hat, wird aufgehoben.

2.      Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften wird verurteilt, an Herrn Violetti, Frau Schmit und jeden der zwölf anderen im Anhang zu diesem Urteil namentlich aufgeführten Beamten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften 3 000 Euro zu zahlen.

3.      Im Übrigen werden die beiden Klagen abgewiesen.

4.      Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kläger.

5.      Der Rat der Europäischen Union trägt seine eigenen Kosten.

Kreppel

Tagaras

Gervasoni

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 28. April 2009.

Die Kanzlerin

 

       Der Präsident

W. Hakenberg

 

       S. Gervasoni

Die vorliegende Entscheidung sowie die darin zitierten und noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlichten Entscheidungen der Gemeinschaftsgerichte sind auf der Internetseite des Gerichtshofs verfügbar: www.curia.europa.eu

Anhang

Anna Bassi Perucchini, wohnhaft in Reno di Leggiuno (Italien),

Marco Basso, wohnhaft in Varano Borghi (Italien),

Ernesto Brognieri, wohnhaft in Barasso (Italien),

Sergio Brusorio, wohnhaft in Sesto Calende (Italien),

Natale Cao, wohnhaft in Ispra (Italien),

Renato Cazzaniga, wohnhaft in Ispra (Italien),

Elvidio Flammini, wohnhaft in Varese (Italien),

Luigi Magistri, wohnhaft in Ispra (Italien),

Reginella Molinari Canale, wohnhaft in Ispra (Italien),

Giuseppe Morelli, wohnhaft in Besozzo (Italien),

Nadia Valentini, wohnhaft in Varese (Italien),

Giuseppe Zara, wohnhaft in Ispra (Italien).


* Verfahrenssprache: Französisch.