Language of document : ECLI:EU:C:2018:487

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MICHAL BOBEK

vom 21. Juni 2018(1)

Rechtssache C337/17

Feniks sp. z o.o.

gegen

Azteca Products & Services SL

(Vorabentscheidungsersuchen des Sąd Okręgowy w Szczecinie [Bezirksgericht Stettin, Polen])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen – Besondere Zuständigkeiten – Verfahren, die einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag zum Gegenstand haben – Actio pauliana“






I.      Einführung

1.        In der Frühzeit des Römischen Reiches war jeder Fremde ein Staatsfeind. Die Rechte und der Schutz des ius civile, das nur den römischen Bürgern vorbehalten war, galten nicht für ihn(2). Später, insbesondere in der Kaiserzeit, wurde ein gewisser Grad an rechtlicher Vielfalt zugelassen, insbesondere in den sich immer weiter ausdehnenden Provinzen des Reiches. Außerdem wurde die Anwendbarkeit des ius civile auf Nichtbürger durch verschiedene rechtliche Gestaltungen zunehmend ermöglicht, wie z. B. durch die formula ficticia(3), die bei Gaius wie folgt dargelegt wird: „Ferner wird das römische Bürgerrecht für einen Nichtrömer fingiert, wenn er wegen etwas klagt oder gegen ihn geklagt wird, wofür von unseren Gesetzen eine Klage vorgesehen ist, wenn es nur gerecht ist, eine Klage auch auf den Nichtrömer auszudehnen.“(4)

2.        Eine solche Klage war bei den Organen – bzw. im Rahmen des Organisationsaufbaus – des Römischen Reiches im weiteren Sinne einzulegen. Politisch gesehen gab es innerhalb des Reiches keine souveränen Staaten, zwischen denen Rechtskollisionen im heutigen Sinne (also zwischen gleichwertigen souveränen Rechtsordnungen) auftreten konnten. Als um 150 bis 125 vor Christi Geburt ein Prätor namens Paulus anscheinend erstmals eine Klage zuließ, mit der der Gläubiger jegliche Rechtshandlungen, die der Schuldner in betrügerischer Absicht zulasten des Gläubigers vornahm, anfechten konnte, ein Klagetyp, der später als actio pauliana bekannt wurde(5), stellte sich die Frage nach der Zuständigkeit für eine solche Klage einfach nicht.

3.        Anno Domini 2018 hat sich die Sachlage geändert. Die polnischen Unternehmen Feniks sp. z o.o. mit Sitz in Stettin (im Folgenden: Feniks) und COLISEUM 2101 sp. z o.o. ebenfalls mit Sitz in Stettin (im Folgenden: COLISEUM) gingen ein Vertragsverhältnis über ein Bauentwicklungsprojekt in Polen ein. COLISEUM schloss weitere Verträge mit Subunternehmern, konnte diese aber nicht bezahlen. Stattdessen zahlte Feniks die Subunternehmer aus. COLISEUM wurde so zur Schuldnerin von Feniks.

4.        Später verkaufte COLISEUM ein in Polen belegenes Grundstück an die Azteca Products & Services SL mit Sitz in L’Alcora (Spanien) (im Folgenden: Azteca). Der Kaufpreis wurde mit einer bereits bestehenden Forderung von Azteca gegen COLISEUM verrechnet.

5.        Feniks reichte nach den Bestimmungen des polnischen Zivilgesetzbuchs, die einen Klagetyp namens „actio pauliana“ vorsehen, Klage gegen Azteca ein und begehrte die Feststellung der Unwirksamkeit des Kaufvertrags über die Immobilie gegenüber Feniks. Die Klage wurde beim Sąd Okręgowy w Szczecinie (Bezirksgericht Stettin, Polen), dem vorlegenden Gericht eingereicht. Dieses hat Zweifel an der internationalen Zuständigkeit der polnischen Gerichte. Eine Zuständigkeit der polnischen Gerichte könne nur dann festgestellt werden, wenn im Sinne der Verordnung Nr. 1215/2012 nach der betreffenden Klage „ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden“(6). Anderenfalls liege die internationale Zuständigkeit nach der allgemeinen Zuständigkeitsregel beim Mitgliedstaat des Sitzes des Beklagten, in diesem Fall also Spanien, wo Azteca ihren Sitz habe.

II.    Rechtsrahmen

A.      Unionsrecht

6.        Da das Ausgangsverfahren am 11. Juli 2016 eingeleitet wurde, findet die Verordnung Nr. 1215/2012 zeitlich Anwendung(7).

7.        Die Erwägungsgründe 15 und 16 dieser Verordnung lauten:

„(15)      Die Zuständigkeitsvorschriften sollten in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten. Diese Zuständigkeit sollte stets gegeben sein außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist. …

(16)      Der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten sollte durch alternative Gerichtsstände ergänzt werden, die entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege zuzulassen sind. …“

8.        Die Verordnung Nr. 1215/2012 ist nach ihrem Art. 1 Abs. 2 Buchst. b nicht anzuwenden auf „Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren“.

9.        In Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 heißt es: „Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.“

10.      Art. 5 Abs. 1 lautet: „Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, können vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats nur gemäß den Vorschriften der Abschnitte 2 bis 7 dieses Kapitels verklagt werden.“

11.      Art. 7 Abs. 1 in Kapitel II Abschnitt 2 der Verordnung bestimmt: „Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:

1.      a)      wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre;

b)      im Sinne dieser Vorschrift – und sofern nichts anderes vereinbart worden ist – ist der Erfüllungsort der Verpflichtung

–        für den Verkauf beweglicher Sachen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen;

–        für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen;

c)      ist Buchstabe b nicht anwendbar, so gilt Buchstabe a“.

B.      Nationales Recht

12.      In den Art. 527 ff. des Ustawa z dnia 23 kwietnia 1964 – Kodeks cywilny (Gesetz vom 23. April 1964, das das polnische Zivilgesetzbuch bildet, Dziennik Ustaw 2017, Nr. 459) (im Folgenden: Zivilgesetzbuch) ist das Instrument der sogenannten actio pauliana im polnischen Recht verankert. Art. 527 lautet:

„§ 1.      Hat ein Dritter infolge einer die Gläubiger benachteiligenden Rechtshandlung des Schuldners einen Vermögensvorteil erlangt, kann jeder Gläubiger die Feststellung der Unwirksamkeit dieser Handlung ihm gegenüber verlangen, wenn der Schuldner in dem Bewusstsein gehandelt hat, die Gläubiger zu benachteiligen, und der Dritte davon Kenntnis hatte oder bei Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt Kenntnis hätte haben können.

§ 2.      Eine Rechtshandlung des Schuldners benachteiligt die Gläubiger, wenn der Schuldner infolge dieser Handlung zahlungsunfähig wurde oder das Ausmaß seiner Zahlungsunfähigkeit im Verhältnis zum Zeitpunkt vor der Vornahme der Handlung zugenommen hat.

§ 3.      Hat infolge einer die Gläubiger benachteiligenden Rechtshandlung des Schuldners eine Person, die dem Schuldner nahesteht, einen Vermögensvorteil erlangt, wird vermutet, dass diese Person davon Kenntnis hatte, dass der Schuldner in dem Bewusstsein gehandelt hat, die Gläubiger zu benachteiligen.

§ 4.      Hat infolge einer die Gläubiger benachteiligenden Rechtshandlung des Schuldners ein Unternehmer, der in einer ständigen Geschäftsbeziehung zum Schuldner steht, einen Vermögensvorteil erlangt, wird vermutet, dass er davon Kenntnis hatte, dass der Schuldner in dem Bewusstsein gehandelt hat, die Gläubiger zu benachteiligen.“

13.      Gemäß Art. 530 des Zivilgesetzbuchs werden „[d]ie Bestimmungen der vorstehenden Artikel entsprechend angewandt, wenn der Schuldner mit dem Vorsatz gehandelt hat, künftige Gläubiger zu benachteiligen. Hat ein Dritter einen Vermögensvorteil jedoch entgeltlich erlangt, kann der Gläubiger die Feststellung der Unwirksamkeit der Handlung nur dann verlangen, wenn dem Dritten der Vorsatz des Schuldners bekannt war.“

14.      Art. 531 des Zivilgesetzbuchs lautet wie folgt:

„§ 1.      Die Feststellung der Unwirksamkeit einer die Gläubiger benachteiligenden Rechtshandlung erfolgt im Wege der Klage oder durch Anfechtung gegenüber dem Dritten, der infolge dieser Handlung einen Vermögensvorteil erlangt hat.

§ 2.      Hat der Dritte über den erlangten Vorteil verfügt, kann der Gläubiger seinen Anspruch unmittelbar gegen die Person geltend machen, zu deren Gunsten die Verfügung erfolgt ist, wenn diese Person die Umstände gekannt hat, die die Feststellung der Unwirksamkeit der vom Schuldner vorgenommenen Handlung begründen, oder wenn die Verfügung unentgeltlich erfolgte.“

15.      Art. 533 des Zivilgesetzbuchs sieht vor, dass „[e]in Dritter, der einen Vermögensvorteil infolge einer die Gläubiger benachteiligenden Rechtshandlung des Schuldners erlangt hat, … sich von seiner Pflicht zur Befriedigung des Anspruchs des Gläubigers auf Feststellung der Unwirksamkeit der Handlung befreien [kann], indem er diesen Gläubiger befriedigt oder ihn über zu seiner Befriedigung hinreichendes Vermögen des Schuldners in Kenntnis setzt“.

III. Sachverhalt, nationales Verfahren und Vorlagefragen

16.      Das Unternehmen COLISEUM 2101 sp. z o.o. hat seinen Sitz in Stettin (Polen). Als Generalunternehmerin schloss es mit der ebenfalls in Stettin ansässigen Gesellschaft Feniks sp. z o.o. als Investorin (im Folgenden: Klägerin) einen Vertrag. Dieser betraf Arbeiten, die in Danzig (Polen) erbracht werden sollten. COLISEUM verpflichtete eine Reihe Subunternehmer, gegenüber denen sie jedoch später ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nachkam.

17.      Nach den Bestimmungen über die Gesamtschuldnerschaft im polnischen Recht zahlte Feniks gemäß Verträgen mit Vorbehaltsklauseln und Schuldvereinbarungen die von COLISEUM geschuldeten 757 828,10 PLN. Dementsprechend schuldet COLISEUM Feniks einen Gesamtbetrag von 1 396 495,48 PLN.

18.      Mit einem in Stettin unterzeichneten Vertrag vom 30. Januar 2012 verkaufte COLISEUM eine in Stettin belegene Immobilie an die Azteca Products & Services SL mit Sitz in L’Alcora (Spanien) (im Folgenden: Beklagte).

19.      Die Beklagte schuldete COLISEUM daher einen Betrag von 6 079 275 PLN. Gleichzeitig schuldete COLISEUM der Beklagten aus verschiedenen Darlehensverträgen einen Betrag von 4 987 861,30 PLN. Mit einem separaten in Stettin geschlossenen Vertrag vom 31. Januar 2012 vereinbarten die Beklagte und COLISEUM, ihre gegenseitigen Ansprüche miteinander zu verrechnen. Die Beklagte war somit zur Zahlung von 1 091 413,70 PLN an COLISEUM verpflichtet.

20.      Nach Ansicht der Klägerin ist COLISEUM zahlungsunfähig, hat das Ausmaß dieser Zahlungsunfähigkeit durch den Kaufvertrag zugenommen und hat COLISEUM bei Abschluss des Vertrags absichtlich zulasten ihrer derzeitigen und zukünftigen Gläubiger gehandelt.

21.      Die Klägerin reichte daher am 11. Juli 2016 beim Sąd Okręgowy w Szczecinie (Bezirksgericht Stettin) Klage gegen die Beklagte ein und beantragte, den Kaufvertrag gegenüber der Klägerin für unwirksam zu erklären.

22.      Zum Nachweis der internationalen Zuständigkeit dieses Gerichts berief sich die Klägerin auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1215/2012. Das Tatbestandsmerkmal „sprawy dotyczące umowy“ („Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“) müsse so ausgelegt werden, dass es sich auf Situationen beziehe, in denen ein Vertrag der Grund für die Klage sei und der sich auf den Vertrag beziehende Anspruch unmittelbar geklärt werden könne. Es handelt sich hierbei um eine actio pauliana gegen die Beklagte.

23.      Die Beklagte bestritt die Zuständigkeit der polnischen Gerichte und beantragte die Klageabweisung. Die Feststellung der Unwirksamkeit einer Rechtshandlung betreffe nicht einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne von Art. 7 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1215/2012. Der vorliegende Anspruch falle auch unter keine andere besondere oder ausschließliche Zuständigkeitsregelung der Verordnung Nr. 1215/2012. Da sie als Beklagte in Spanien ihren Sitz habe, müsse die Klage gemäß der allgemeinen Regelung in Art. 4 der Verordnung Nr. 1215/2012 in diesem Mitgliedstaat eingereicht werden.

24.      Unter diesen Umständen hat der Sąd Okręgowy w Szczecinie (Bezirksgericht Stettin) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen vorzulegen:

1.      Bilden „ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens“ im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1215/2012, wenn eine Klage gegen einen in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Käufer auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Kaufvertrags über eine in einem anderen Mitgliedstaat belegene Immobilie wegen Benachteiligung der Gläubiger des Verkäufers erhoben wird und der Vertrag in diesem anderen Mitgliedstaat geschlossen und vollständig durchgeführt worden ist?

2.      Ist die vorstehende Frage in Anwendung der Lehre vom „acte éclairé“ unter Verweis auf das Urteil des Gerichtshofs vom 17. Juni 1992, Handte (C‑26/91, EU:C:1992:268), zu beantworten, obwohl jenes Urteil die Haftung eines Herstellers für Mängel der Ware in einem Fall betraf, in dem der Hersteller nicht voraussehen konnte, an wen die Ware weiterverkauft wird und wer deswegen Ansprüche gegen ihn wird geltend machen können, während die vorliegende Klage gegen den Käufer auf „Feststellung der Unwirksamkeit eines Immobilienkaufvertrags“ wegen einer Benachteiligung der Gläubiger des Verkäufers zu ihrer Begründetheit die Kenntnis des Käufers von dem Umstand erfordert, dass die Rechtshandlung (der Kaufvertrag) unter Benachteiligung der Gläubiger vorgenommen wurde, so dass der Käufer damit rechnen muss, mit einer solchen Klage von einem persönlichen Gläubiger des Schuldners überzogen zu werden?

25.      Schriftliche Erklärungen sind von der Klägerin, der Beklagten, der polnischen Regierung, der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Kommission eingereicht worden. Die Klägerin, die Beklagte, die polnische Regierung und die Kommission haben in der Sitzung vom 11. April 2018 mündliche Ausführungen gemacht.

IV.    Würdigung

26.      Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob bei der im polnischen Zivilgesetzbuch geregelten actio pauliana „ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden“ im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2015. Ferner fragt es, ob das Urteil des Gerichtshofs Handte(8) auf den vorliegenden Fall übertragbar ist.

27.      Die beiden Fragen werde ich zusammen erörtern. Zunächst möchte ich die Hintergründe und verschiedenen derzeit geltenden Arten der actio pauliana darstellen (A). Danach werde ich die europäischen Zuständigkeitsregeln bezüglich der actio pauliana erörtern und darlegen, weshalb im speziellen Kontext des vorliegenden Falles bei diesem Klagetyp weder ein „Vertrag“ noch „Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden“ (B). Schließlich werde ich das Problem auf einer abstrakteren Ebene betrachten: Nach verschiedenen Entscheidungen des Gerichtshofs, die klarstellen, was die actio pauliana nicht ist, ist es nun vielleicht an der Zeit, die Frage zu erörtern, was eine actio pauliana wie die im Ausgangsverfahren eigentlich ist und wie sie hinsichtlich der Zuständigkeitsregeln zu behandeln ist (C).

A.      Der Ursprung und die verschiedenen Arten der actio pauliana

28.      Die Wurzeln der actio pauliana liegen im römischen Recht (1). Heutzutage finden sich zwar noch einige, ihrem Ursprung geschuldete Charakteristika, doch gibt es in den Mitgliedstaaten unterschiedliche nationale Arten der actio pauliana (2).

1.      Römisches Recht

29.      Wie Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer es ausgedrückt hat, hatte sich die actio pauliana bereits zu römischer Zeit von einem „Vollstreckungsinstrument, das dem Gläubiger das Recht gab, den Schuldner als Sklaven zu verkaufen“, zu einem Verfahren entwickelt, „das es dem Gläubiger ermöglichte, die vom Schuldner in betrügerischer Absicht zu seinem Nachteil vorgenommene Handlung anzufechten“, indem er eine „Klage gegen den Dritterwerber der streitbefangenen Sache“ richtete(9).

30.      In der klassischen Zeit scheinen für den Umgang mit einer Übertragung von Vermögenswerten in betrügerischer Absicht zwei Verfahrensarten zur Verfügung gestanden zu haben: die restitutio in integrum ob fraudem und das interdictum fraudatorium(10).

31.      Die restitutioin integrum ob fraudem ermöglichte es dem Insolvenzverwalter (curator bonorum), beim Magistraten einen Beschluss zu beantragen, dass der in betrügerischer Absicht übertragene Vermögenswert in das Vermögen des Schuldners zurückzuführen sei. Dieser Rechtsbehelf wurde in der Regel nach der Einleitung des Insolvenzverfahrens, aber vor der Verwertung des Vermögens eingelegt. Dadurch war es möglich, die in betrügerischer Absicht übertragenen Vermögenswerte bei der Verwertung des Schuldnervermögens zu berücksichtigen.

32.      Das interdictum fraudatorium war ein einem bestimmten Gläubiger zur Verfügung stehender Rechtsbehelf. Der betroffene Gläubiger konnte beim Magistraten den Beschluss (interdictum) beantragen, die in betrügerischer Absicht übertragenen Vermögenswerte dem Schuldnervermögen wieder zuzuführen, so dass er Ersatz für den durch diese Übertragung entstandenen Schaden fordern konnte.

33.      Die beiden Rechtsbehelfe scheinen in der justinianischen Kodifikation zu einer Klage mit dem Namen pauliana verschmolzen zu sein(11). Interessant dabei ist (vielleicht auch von Bedeutung für die heutige Rechtslage), dass anscheinend davon ausgegangen wurde, dass die beiden Klagen ihrem Wesen nach hinreichend ähnlich waren, unabhängig davon, ob sie im Rahmen des Insolvenzverfahrens oder von einem einzelnen Gläubiger angestrengt wurden, so dass die Verschmelzung der zuvor gesonderten Rechtsbehelfe unter einem gemeinsamen Namen gerechtfertigt schien.

34.      Jedenfalls scheint Einigkeit über die drei prägenden Merkmale dieses Klagetyps zu bestehen(12): erstens ein tatsächlicher Schaden (objektiver Natur), der zum Zeitpunkt der Klageeinreichung bestand (eventus damni); zweitens die Absicht des Schuldners, seine Gläubiger zu schädigen (consilium fraudis), d. h. seine Absicht, einen eventus damni zu bewirken; drittens Bösgläubigkeit beim Dritten (scientia fraudis), also das Bewusstsein des Dritterwerbers dessen, dass der Schuldner die betrügerische Handlung mit consilium fraudis vorgenommen hat.

2.      Derzeitige nationale Ausgestaltung dieses Klagetyps

35.      Heutzutage bezeichnet die actio pauliana allgemein einen Rechtsbehelf bestimmter Art, der es einem Gläubiger ermöglicht, eine Rechtshandlung im Verhältnis zu ihm selbst für unwirksam erklären zu lassen, wenn diese Rechtshandlung von einem Schuldner mit der Absicht vorgenommen wurde, sein Vermögen durch die Übertragung auf einen Dritten zu schmälern. Die Klage des Gläubigers richtet sich typischerweise unmittelbar gegen den Dritten. Das Rechtsinstitut der actio pauliana wird als ein „Verfahren zum Schutz des Gläubigers in Fällen, in denen der Schuldner zur Umgehung der Begleichung seiner Schulden sein pfändbares Vermögen verringert“, beschrieben(13).

36.      Diese gemeinsamen Merkmale weisen bei näherem Hinsehen allerdings zahlreiche Unterschiede auf, vielleicht weniger dem Typus nach, gewiss aber hinsichtlich der Art und Weise, wie das Rechtsinstitut angewandt wird. Wie in dem Film „Cloud Atlas“(14) bleiben – metaphorisch gesprochen – eine Reihe (allgemeiner) Themen und Motive den gesamten Film hindurch gleich, während die (tatsächlichen) Zeitpunkte, Gesichter und Orte, die diese Themen bebildern und wiederholen, sich immer wieder ändern. Aus vergleichender Sicht gibt es gegenwärtig zwei gemeinsame Merkmale, mindestens aber auch zwei erhebliche Unterschiede in den Mitgliedstaaten.

37.      Das erste gemeinsame Merkmal ist das Dreiecksverhältnis zwischen den drei Parteien, das auf i) einer bestehenden Forderung des Gläubigers gegenüber dem Schuldner, ii) einer Übertragung vom Schuldner auf den Dritten und iii) einer „betrügerischen Absicht“ auf Seiten des Schuldners sowie einer Kenntnis dieser Absicht auf Seiten des Erwerbers beruht. In diesem Dreiecksverhältnis hat die actio pauliana im Wesentlichen in allen Rechtsordnungen eine Schutzfunktion: die Beschränkung der rechtlichen Wirkung der Verfügung über Vermögensgegenstände des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, wenn diese Verfügung den Möglichkeiten des Gläubigers zur Eintreibung seiner Forderung im Wege steht(15).

38.      Ein zweites relativ weitgehend gemeinsames Merkmal ist eine innersystematische Unterscheidung der actio pauliana zwischen ihrer allgemeineren Form im Zivilrecht und ihrer spezifischeren Ausprägung im Insolvenzrecht(16). Der wesentliche Unterschied der beiden Formen „liegt in den Rechtsfolgen, die die Klage jeweils bewirkt“: Im Zivilrecht sind die Folgen „auf die Person des klagenden Gläubigers beschränkt“, während im Insolvenzrecht alle am Insolvenzverfahren beteiligten Gläubiger von der Klage profitieren(17).

39.      Bezüglich der Unterschiede scheint zunächst auf der Ebene der konzeptionellen Einordnung keine Einigkeit zu bestehen, ob der actio pauliana ein dinglicher, mit den in betrügerischer Absicht übertragenen Vermögenswerten verbundener Anspruch oder ein schuldrechtlicher, mit dem individuellen Gläubiger verbundener Anspruch zugrunde liegt. Es wird vertreten, dass wohl die zweite Konzeption vorherrsche, „auch wenn bestimmte dingliche Wirkungen [der actio pauliana] anerkannt werden“(18).

40.      Der Ursprung dieser Unterscheidung liegt jedoch viel tiefer. Er steht in Zusammenhang mit der systematischen Auffassung von und der Klassifizierung der actio pauliana in der jeweiligen Rechtsordnung. Einige nationale Rechtssysteme regeln diesen Klagetyp im Verfahrensrecht bei der Vollstreckung in das Vermögen. Andere Rechtsordnungen regeln ihn im materiellen Recht, wie z. B. im Vertrags- und Schuldrecht. In einigen Systemen gilt diese Klageart als allgemeiner Rechtsbehelf, der systematisch mit der Frage der Gültigkeit oder der Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften verknüpft ist. Diese letzte Konzeption trifft wohl auch auf das im Vorlagebeschluss angeführte polnische Recht zu.

41.      Zweitens und für den vorliegenden Fall von größerer Bedeutung ist eine rechtsvergleichende Studie, die weitere Unterschiede bei der Einordnung der actio pauliana im Hinblick auf die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit und das dafür geltende Recht enthüllt(19). Bei beiden Rechtskonzeptionen sorgt der Umstand, dass die actiopauliana ein Dreiecksverhältnis zwischen dem Gläubiger, dem Schuldner und einem Übertragungsempfänger betrifft, für Schwierigkeiten bei der Einordnung der in diesem Zusammenhang begründeten rechtlichen Beziehungen. Die Schwierigkeiten ergeben sich aus der Vielzahl der miteinander verbundenen Faktoren und beteiligten Interessen, die Probleme bei der Bestimmung „eines dieser Interessen als vorrangig und leitend“ aufwirft(20).

B.      Die actiopauliana und die unionsrechtlichen Zuständigkeitsregeln

42.      Bei der internationalen Zuständigkeit ist zunächst die Frage zu klären, ob eine spezifische actio pauliana im Rahmen eines Insolvenzverfahrens oder außerhalb eines solchen angestrengt wird. In Abhängigkeit von der Antwort gelten unterschiedliche Regelungen für die Zuständigkeit und das anzuwendende Recht.

43.      Der Gerichtshof hat schon früh klargestellt, dass eine im Rahmen von Insolvenzverfahren angestrengte actio pauliana nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1215/2012 (und den ihrer Vorläufer) fällt, da deren Art. 1 Abs. 2 Buchst. b Insolvenzstreitigkeiten ausschließt(21).

44.      Die besonderen Zuständigkeitsregelungen für Insolvenzverfahren sind in der Insolvenzverordnung festgelegt(22). Der Gerichtshof hat für die Frage, wann eine Klage auf Erklärung der Unwirksamkeit einer Handlung im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren steht, weitere Beurteilungskriterien festgelegt. Deren Anwendung mag nicht immer einfach sein, da sie stark von den tatsächlichen und rechtlichen Umständen des Einzelfalls abhängt(23).

45.      Im vorliegenden Fall erwähnt der Vorlagebeschluss, dass COLISEUM insolvent sei. Der von der Gesellschaft gestellte Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens scheint jedoch nicht erfolgreich gewesen zu sein. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin die Klage gegen die Beklagte erhob, war COLISEUM daher nicht Gegenstand eines Insolvenzverfahrens. Demzufolge sind für die Feststellung der internationalen Zuständigkeit die Regelungen der Verordnung Nr. 1215/2012 einschlägig.

46.      Doch enthalten weder die Verordnung Nr. 1215/2012 noch ihre rechtlichen Vorläufer eine Bestimmung darüber, welches Gericht für eine Klage wie die im Ausgangsverfahren vorliegende actio pauliana zuständig ist. Gleichermaßen schweigen die Rom‑I‑(24) und die Rom‑II‑(25)Verordnung, die das anwendbare Recht in vertraglichen bzw. außervertraglichen Beziehungen regeln, zu dieser Frage und liefern daher keine Anhaltspunkte dafür, wie die actio pauliana behandelt werden könnte(26).

47.      Abgesehen davon hatte der Gerichtshof bereits Gelegenheit, sich zwischen den verschiedenen in diesem Zusammenhang in Betracht kommenden (und ausgeschlossenen) Gerichtsständen zu entscheiden (1). Die in der vorliegenden Rechtssache aufgeworfene Kernfrage ist die, ob ein Gerichtsstand, der bisher nicht ausdrücklich geprüft wurde (nämlich derjenige, wenn „ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden“), in einem Fall wie dem vorliegenden gegeben sein kann (2).

1.      Bereits ausgeschlossene Gerichtsstände

48.      Der Gerichtshof hat festgestellt, dass für eine Klage, die in ihren Kernmerkmalen der im vorliegenden Verfahren ähnlich ist(27), nicht die ausschließlichen oder besonderen Gerichtsstände für dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen(28), für die Vollstreckung von Entscheidungen(29), für einstweilige Maßnahmen(30) und für deliktische Ansprüche(31) gelten können.

49.      Im Urteil Reichert I(32) hat der Gerichtshof festgestellt, dass für die zivilrechtliche actio pauliana des französischen Rechts nicht die ausschließliche Zuständigkeit für dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen gelte. In jener Rechtssache hatten die in Deutschland wohnhaften Reicherts ihrem Sohn eine Immobilie in Frankreich geschenkt. Die Dresdner Bank, ihre Gläubigerin, focht diese Übertragung vor einem französischen Gericht an.

50.      Der Gerichtshof führte aus, dass die ausschließliche Zuständigkeit für dingliche Ansprüche „nicht alle Klagen umfasst, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, sondern nur solche, die … darauf gerichtet sind, Umfang oder Bestand einer unbeweglichen Sache, das Eigentum, den Besitz oder das Bestehen anderer dinglicher Rechte hieran zu bestimmen und den Inhabern dieser Rechte den Schutz der mit ihrer Rechtsstellung verbundenen Vorrechte zu sichern“. Dies war bei der in jener Rechtssache in Rede stehenden Klage nicht gegeben, da sie „ihre Grundlage … im Forderungsrecht, einem persönlichen Recht des Gläubigers gegenüber seinem Schuldner [hat], und … dem Schutz des Zugriffs des Gläubigers auf das Vermögen des Schuldners [dient]. Hat sie Erfolg, so bewirkt sie, dass der vom Schuldner absichtlich zur Beeinträchtigung der Gläubigerrechte vorgenommene Verfügungsakt allein gegenüber dem Gläubiger unwirksam ist. Zudem erfordert ihre Prüfung weder die Beurteilung von Tatsachen noch die Anwendung der Regeln und Gebräuche des Ortes, an dem die Sache belegen ist, die die Zuständigkeit eines Gerichts des Staates begründen können, in dem die unbewegliche Sache belegen ist“(33). Der Gerichtshof schloss mit der Feststellung, dass dieses Ergebnis nicht davon berührt werde, dass nach den geltenden nationalen Publizitätsregeln für Rechte an unbeweglichen Sachen die Vornahme von Handlungen in dem Staat erforderlich sein kann, in dem die Sache belegen ist(34).

51.      Kurze Zeit später ergänzte der Gerichtshof in der Rechtssache Reichert II(35), dass die gleiche actio pauliana weder in den Bereich einer einstweiligen Maßnahme falle, noch eine Klage im Rahmen des Vollstreckungsrechts sei. Sie beziehe sich auch nicht auf eine unerlaubte Handlung.

52.      Er erläuterte, dass erstens die in Rede stehende Klage nicht mit einer einstweiligen oder Sicherungsmaßnahme gleichgesetzt werden könne und dass sie zweitens „zwar so die Interessen des Gläubigers wahrt, insbesondere im Hinblick auf eine spätere Zwangsvollstreckung aus dem Schuldverhältnis, jedoch nicht auf die Entscheidung in einem Verfahren gerichtet ist, das die ‚Inanspruchnahme von Zwangsmitteln, insbesondere bei der Herausgabe oder Pfändung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen im Hinblick auf die Vollstreckung von Entscheidungen oder Urkunden‘ zum Gegenstand hat“(36). Als Drittes ergänzte der Gerichtshof, dass die Zuständigkeit für deliktische Ansprüche nicht gegeben sei, weil es nicht Zweck einer derartigen Klage sei, „den Schuldner zum Ersatz des Schadens verurteilen zu lassen, den er dem Gläubiger durch seine zur Beeinträchtigung von dessen Rechten vorgenommene Verfügungshandlung verursacht hat, sondern dem Gläubiger gegenüber die Wirkungen der Verfügungshandlung seines Schuldners zu beseitigen. Die Klage richtet sich nicht nur gegen den Schuldner, sondern auch gegen den – am Schuldverhältnis zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner nicht beteiligten – durch die Verfügung Begünstigten, und zwar bei unentgeltlichen Verfügungen auch dann, wenn den Begünstigten kein Verschulden trifft“(37).

53.      In diesen beiden Urteilen hat der Gerichtshof die Anwendbarkeit der Regelungen über die besondere und die ausschließliche Zuständigkeit geprüft, die im Rahmen der actio pauliana in Frage kommen könnten, mit Ausnahme der Regelung für den Fall, dass ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden. Die mögliche Anwendbarkeit dieses Gerichtsstands, der ich mich im folgenden Abschnitt zuwenden werde, bildet die Kernfrage der vorliegenden Rechtssache.

2.      Die vorliegende Rechtssache: Bilden „ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens“?

54.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind „die Begriffe ‚Vertrag‘ und ‚Ansprüche aus einem Vertrag‘ autonom auszulegen, um die einheitliche Anwendung der Verordnung in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten“(38). Im Urteil Handte, eine Entscheidung, auf die sich das vorlegende Gericht beruft, sowie in verwandter Rechtsprechung hat der Gerichtshof erläutert, dass die Anwendbarkeit dieses Gerichtsstands zwar das Bestehen einer „von einer Partei gegenüber einer anderen freiwillig eingegangenen Verpflichtung“(39), auf die sich die Klage des Klägers stützt, nicht jedoch den Abschluss eines Vertrags voraussetze(40). Mit anderen Worten beruht die Möglichkeit des Rückgriffs auf diesen Gerichtsstand auf der Grundlage der Klage(41) und nicht auf der Identität der Parteien(42). Gleichwohl ist die Feststellung einer Verpflichtung unerlässlich, „weil sich die Zuständigkeit des nationalen Gerichts … nach dem Ort bestimmt, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre“(43).

55.      Einige meinen, der Gerichtshof habe in den Urteilen Reichert I und II die Anwendbarkeit eines Gerichtsstands für Ansprüche aus einem Vertrag auf die französische actio pauliana bereits stillschweigend ausgeschlossen. In diesem Sinne hat Generalanwalt Gulmann in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Reichert II ausgeführt, dass „es schwerlich richtig oder zweckmäßig wäre, anzunehmen, dass diese Klage ihre Grundlage im Vertragsrecht hat. Dies gilt selbst dann, wenn die Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner … auf einem Vertrag beruht, und selbst dann, wenn die angefochtene Verfügung in der Übertragung des Vermögensgegenstands besteht.“(44) Ähnlich äußerte sich Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache Deko Marty Belgium, als er feststellte, dass, „[a]uch wenn es [im Urteil Reichert I] nicht ausdrücklich festgestellt wurde, … sich der Entscheidung entnehmen [lässt], dass die Gerichte des Staates zuständig sind, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat“(45). Auch in der Lehre wird eine ähnliche Auffassung vertreten(46).

56.      Gleichwohl bleibt die Tatsache, dass der Gerichtshof den Gerichtsstand für Fälle, in denen ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, zu keiner Zeit ausdrücklich ausgeschlossen hat. Dies geschah aus dem einfachen Grund, dass im speziellen Kontext der beiden Reichert-Entscheidungen diese Frage vom vorlegenden Gericht nicht gestellt worden war. In der vorliegenden Rechtssache hingegen ist eine Frage nach dem Gerichtsstand ausdrücklich gestellt worden.

57.      Sicherlich stimmt es, dass die mutmaßlich betrügerische Handlung (zwischen dem Schuldner und dem Übertragungsempfänger) in den meisten Fällen vertraglicher Natur ist. Oftmals ist auch das zugrunde liegende Recht, das der Gläubiger mit der actio pauliana zu schützen versucht, vertragsrechtlich begründet.

58.      Im vorliegenden Fall besteht wohl eine ähnliche Konstellation, obwohl nicht vollständig geklärt ist, ob die Klägerin die Schulden von COLISEUM aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher (aufgrund einer gesetzlichen Gesamtschuldnerschaft) Verpflichtungen oder aufgrund einer Mischung aus beiden beglichen hat.

59.      Allerdings stellt sich, auch wenn man annimmt, dass beide Rechtsbeziehungen in der vorliegenden Rechtssache (Klägerin-COLISEUM, COLISEUM-Beklagte) vertragsrechtlicher Natur sind, die Frage, ob diese vertragliche Grundlage ein hinreichender Grund ist, für die in Rede stehende actio pauliana im Ergebnis den Gerichtstand für „Ansprüche aus einem Vertrag“ als gegeben anzusehen.

60.      Die Beklagte, die polnische und die schweizerische Regierung sowie die Kommission sind der Auffassung, dass die actio pauliana des Ausgangsverfahrens nicht in den Anwendungsbereich von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1215/2012 falle.

61.      Dem Ergebnis dieser Auffassung der Verfahrensbeteiligten stimme ich zu, allerdings aus anderen Gründen.

62.      Zöge man die Anwendbarkeit des Gerichtsstands für vertragliche Ansprüche in Betracht, stellt sich unmittelbar die Frage, auf welchen der beiden (potenziell) beteiligten Verträge abzustellen wäre. Auf welchen der beiden Verträge bezöge sich dann die actio pauliana?

63.      Drei Fallkonstellationen sind theoretisch denkbar.

64.      Erstens könnte sich die actio pauliana auf den zuerst geschlossenen Vertrag zwischen der Klägerin (als Gläubigerin) und COLISEUM (als Schuldnerin) beziehen. Diese Verknüpfung der actio pauliana mit diesem Vertrag hätte die logische Folge, dass bestimmte durch diesen ersten Vertrag begründete Rechte und Pflichten geschützt würden, namentlich die Rückzahlung des der Schuld von COLISEUM entsprechenden Betrags. Danach hätte sich die Zuständigkeit der Zweitforderung (der actio pauliana) nach der Zuständigkeit für den ersten Vertrag zu richten(47).

65.      Abgesehen von der Frage, ob dieser Ansatz nach dem jeweiligen nationalen Recht überhaupt möglich wäre und welche Rechtsbeziehung genau zwischen der Klägerin und COLISEUM auf nationaler Ebene besteht(48), bleibt es Tatsache, dass eine solche Anknüpfung zu schwach und zu weit entfernt wäre. Die Übertragung von Eigentum auf einen Dritten hat schlicht sehr wenig mit dem ersten, also dem Originalvertrag zu tun. Eine solch weit gefasste Definition von „Vertrag oder Ansprüche[n] aus einem Vertrag, die den Gegenstand des Vertrages bilden“ liefe dem Grundgedanken eines besonderen Gerichtsstands zuwider. Dies würde auch schlicht bedeuten, dass jede spätere Rechtshandlung einer der Parteien des Originalvertrags immer einen „vertraglichen Anspruch“ beträfe, weil nach dieser Denkweise der Vermögensschwund bei einer Vertragspartei immer mit dem Originalvertrag verknüpft wäre.

66.      Zweitens könnte die Verknüpfung der actio pauliana mit dem später zum mutmaßlichen Nachteil der Klägerin geschlossenen Vertrag zwischen COLISEUM und der Beklagten zweckmäßiger erscheinen. In gewisser Weise wäre das schlüssiger: Ziel der actio pauliana ist nämlich die Unwirksamkeit eines Bestandteils des zweiten Vertrags, der Vermögensverfügung, die Gegenstand des späteren Vertrags ist.

67.      Dieser zweite Ansatz ist gleichwohl auch problematisch. Die Klägerin möchte letztlich nicht den späteren Vertrag für unwirksam oder sogar nichtig erklären lassen, sondern ihre Rechte schützen. Dafür ist grundsätzlich irrelevant, ob diese Rechte durch den Verkauf der vom späteren Vertrag erfassten Vermögensgegenstände oder in anderer Weise geschützt werden, z. B. dadurch, dass der Übertragungsempfänger sich bereit erklärt, die Klägerin zu befriedigen, „oder sie über zu ihrer Befriedigung hinreichendes Vermögen des Schuldners [hier COLISEUM] in Kenntnis setz[t]“(49). Mit anderen Worten ist eine solche actio pauliana auch von spezifischen und konkreten Pflichten aus dem späteren Vertrag losgelöst. Das einzige Element, das die beiden Rechtshandlungen gemeinsam zu haben scheinen, ist die Festsetzung eines bestimmten Geldbetrags.

68.      Wie dem auch sei, ist hinzuzufügen und zu betonen, dass beide oben dargestellten Ansätze die Voraussetzung „einer freiwillig von einer Person einer anderen gegenüber eingegangenen Verpflichtung“(50) nicht erfüllen, dass also die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Verpflichtung eingegangen ist. Auch wenn die Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht verlangt, dass zwischen den Prozessparteien und Vertragsparteien Personengleichheit besteht, ist die Ansicht problematisch, dass die bloße Erhebung einer actio pauliana ein materiell-rechtliches Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten begründen soll, das z. B. aus einer Art gesetzlichem Forderungsübergang, entstanden durch eine Handlung von COLISEUM (als ursprüngliche Schuldnerin der Klägerin), entstanden sein könnte(51).

69.      Drittens ließe sich vielleicht auch argumentieren, in Anlehnung an den Vorschlag von Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Ergo Insurance(52) im Zusammenhang mit einer Rückgriffsklage eines Versicherungsunternehmens gegen ein anderes (die nicht durch einen Vertrag miteinander verbunden waren, aber jeweils einen Vertrag mit der für einen Unfall verantwortlichen Partei geschlossen hatten), dass es auf das Bestehen vertraglicher Verpflichtungen ankommt, in denen die entsprechende Forderung wurzelt und ohne die der Kläger keine Rechtsgrundlage für eine Klage hätte. Dann müsste auch nicht einer der beiden Verträge als Anknüpfungspunkt bestimmt werden. Aus diesem Blickwinkel betrifft die actio pauliana vertragliche Ansprüche, da sie jedenfalls in den „Dunstkreis“ eines Vertrags fällt, ohne dass speziell bestimmt werden müsste, welcher Vertrag dies ist.

70.      Während dieser Ansatz in dem konkreten Versicherungskontext eine pragmatische Lösung sein mag, bei dem letztendlich tatsächlich alle Beteiligten durch ein Vertragsnetzwerk miteinander in Beziehung stehen, wäre die Schlussfolgerung, dass der Sachverhalt „vertraglicher“ Natur ist, unabhängig davon, welcher Vertrag diese Schlussfolgerung erlaubt, im vorliegenden Fall kaum hinnehmbar. Nicht nur deshalb, weil diese Lösung auf einer Reihe eher fraglicher Annahmen gründete, sondern auch aus ganz praktischen Gründen: damit Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1215/2012 anwendbar ist, muss der jeweilige Leistungsort bestimmt werden. Beide vom vorliegenden Verfahren betroffenen Verträge haben einen gesonderten Vertragsgegenstand und daher eigenständig definierte Leistungsorte.

71.      Zusammenfassend scheint es in diesem konkreten Fall nicht möglich, sich auf den einen oder den anderen Vertrag zu stützen, der zwischen der Klägerin und COLISEUM bzw. COLISEUM und der Beklagten bestehen könnte, um den Gerichtsstand für „vertragliche Ansprüche“ als gegeben anzusehen.

72.      Aus diesen Gründen ist mein erstes Zwischenergebnis dies, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1215/2012 dahin auszulegen ist, dass die Wendung, dass „ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden“, eine Klage wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nicht erfasst, bei der gegen einen in einem Mitgliedstaat ansässigen Käufer Klage mit dem Ziel erhoben wird, dass ein Vertrag über den Verkauf einer in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Immobilie wegen Benachteiligung der Gläubiger des Verkäufers für unwirksam erklärt wird.

C.      Was ist die actio pauliana für die Zwecke der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit?

73.      Im Lauf der Zeit hat der Gerichtshof in der oben angeführten Rechtsprechung(53) die Anwendbarkeit verschiedener Gerichtsstände auf die actio pauliana ausgeschlossen: unerlaubte Handlungen, einstweilige Maßnahmen, Vollstreckung von Urteilen und die ausschließliche Zuständigkeit für dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen. Im vorstehenden Abschnitt der vorliegenden Schlussanträge habe ich vorgeschlagen, im Kontext der vorliegenden Rechtssache auch den Gerichtsstand für vertragliche Ansprüche auszuschließen.

74.      Juristische Einfachheit ist eine Tugend. Jedoch – wie bei vielen anderen guten Dingen – ist eine Voraussetzung dafür, dass sie weiterhin gut bleiben, ein gesundes Maß. Nach Jahren des juristischen Völkerballspiels, bei dem (im Hinblick auf die jeweilige Formulierung der Vorlagefragen sehr verständlich) negative Antworten entstanden sind und ein Gerichtsstand nach dem anderen ausschied, und wenn künftig nicht andere Gerichtsstände in gleicher Weise geprüft werden sollten (obgleich der Vorrat an vernünftigerweise vorstellbaren Gerichtsständen mittlerweile sehr geschrumpft ist), ist es nun möglicherweise an der Zeit, positive Leitlinien aufzustellen: nicht nur dazu, was die actio pauliana nicht ist, sondern auch, was sie im Rahmen der internationalen Zuständigkeit sein könnte.

75.      Dies wäre auch aus zwei weiteren Gründen ratsam. Erstens scheint sich nach der Prüfung der meisten vernünftigerweise vorstellbaren besonderen (und ausschließlichen) Gerichtsstände nun deutlich eine grundsätzliche Erklärung herauszubilden, weshalb der allgemeine Gerichtsstand gemäß Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 für eine actio pauliana wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende einschlägig ist (1). Zweitens könnte die Diskussion solcher Probleme – ungeachtet der durch ein solches Ergebnis im Einzelfall möglicherweise auftretenden Schwierigkeiten, die nach meiner Auffassung jedoch keinen Einfluss auf die grundsätzliche Antwort haben können – Anregungen für künftige unionsrechtliche gesetzgeberische Überlegungen geben (2).

1.      Actio pauliana mit der Natur eines Chamäleons

76.      Kurz gesagt ist der Grund, weshalb die actio pauliana des Ausgangsverfahrens nicht in die Schubladen der (besonderen oder ausschließlichen Zuständigkeiten) nach der Verordnung Nr. 1215/2012 passt, die chamäleonhafte Natur dieser Klage. Die besonderen Gerichtsstände, insbesondere diejenigen für Verträge und unerlaubte Handlungen, basieren im Wesentlichen (aus Ex-ante-Sicht) auf der Rechtsinhaberschaft. Im Gegensatz dazu gründet die actio pauliana wie die des Ausgangsverfahrens, die es anscheinend auch in einer Reihe anderer Mitgliedstaaten gibt, (aus Ex-ante-Sicht) auf einer unbestimmten Rechtsinhaberschaft: Nicht nur ein Vertrag, sondern jedwede Rechtshandlung, die zum Nachteil des Gläubigers vorgenommen wird, kann angefochten werden.

77.      Es ist tatsächlich wahrscheinlich, dass die actio pauliana sich in der Praxis häufig – auf die eine oder andere Art und Weise – auf einen Vertrag beziehen wird. Dies heißt jedoch nicht, dass diese Grundlage in jedem Fall gegeben sein wird. Vielmehr kann davon in zweifacher Hinsicht abgewichen werden. Zunächst kann das zugrunde liegende Recht des Gläubigers anderer Natur sein: Es kann sich aus dem Gesetz ergeben oder ein Recht auf Entschädigung für einen entstandenen Schaden sein oder sich auf eine gesetzliche Verpflichtung gründen. Zweitens, und vielleicht sogar wichtiger, kann die mutmaßlich betrügerische Handlung des Schuldners, die angefochten wird, nicht vertraglicher Natur sein. Sie könnte eine unerlaubte Handlung sein. Sie könnte auch eine andere einseitige Rechtshandlung mit dem Ziel der Schädigung des Gläubigers sein.

78.      In Anbetracht der Besonderheiten des vorliegenden Falles scheint die actio pauliana, wie sie im Vorlagebeschluss beschrieben wird, einen weiten Anwendungsbereich zu haben. Gemäß den Art. 527 ff. des polnischen Zivilgesetzbuchs scheint sie ein Rechtsbehelf gegen jedwede Rechtshandlung eines Schuldners zum Nachteil von Gläubigern zu sein. Wie die polnische Regierung in der mündlichen Verhandlung betont hat, zeigt der Wortlaut, dass der Gläubiger sie nutzen kann, um seine Rechte zu schützen, unabhängig davon, ob die mutmaßlich betrügerische Handlung vertraglicher oder nicht vertraglicher Natur ist(54).

79.      Erst wenn sie erhoben wird, und nur dann, erhält die Klage einen vertraglichen oder anderen Inhalt. Wie ein metaphorisches Chamäleon scheint eine actio pauliana wie die des Ausgangsverfahrens sich an die mit ihr angefochtene Rechtshandlung anpassen zu können. Bevor das Chamäleon nicht mit dem jeweiligen Hintergrund in Kontakt gekommen ist, kann sein Farbwechsel nicht vorausgesagt werden. Diese einzigartige Fähigkeit verhindert eine Einordnung in die Kategorien der Verordnung Nr. 1215/2012, die für die Anwendbarkeit der einzelnen besonderen Gerichtsstände verlangt, dass die Farbe im Voraus bekannt und vorhersehbar ist.

80.      Dieses Problem scheint sich bereits beim Prozess des schrittweisen Ausschlusses durch den Gerichtshof über die Jahre gestellt zu haben, was zusammenfassend bedeutet, dass dieser Klagetyp nicht einfach abstrakt, allgemein und im Vorhinein unter einen bestimmten Gerichtsstand subsumiert werden kann. Auch wenn sie natürlich im Hinblick auf eine vorgegebene nationale Form der actio pauliana vorgenommen wurden, gelten diese Ausschlüsse auf einer allgemeineren Ebene im Hinblick auf die Antwort im Grundsätzlichen.

81.      Zwei zusätzliche Anmerkungen sind hierzu wohl angebracht. Erstens zum Gerichtsstand der unerlaubten Handlung(55): Es ist richtig, dass die betrügerische Natur der Eigentumsübertragung die actio pauliana in die Nähe des Deliktsrechts rückt. Man könnte meinen, dass die actio pauliana unabhängig davon, welche Rechtshandlung des Schuldners konkret angefochten wird, immer als auf eine Art unerlaubte Handlung bezogen angesehen werden könnte: im Wesentlichen auf eine Art Betrug(56).

82.      Unabhängig von den Gründen, aus denen der Gerichtshof diesen Gerichtsstand bereits im Urteil Reichert II ausgeschlossen hat(57), entsteht durch die Einordnung der actio pauliana als stets auf eine unerlaubte Handlung bezogen ein zweifaches Problem: konzeptionell und pragmatisch. Konzeptionell gesehen führt die mögliche Anwendbarkeit auf eine weit verstandene („chamäleonhafte“) actio pauliana zu ähnlichen Problemen wie die Anwendung des Gerichtsstands für vertragliche Ansprüche(58). Pragmatisch gesehen schüfe die Einordnung der actio pauliana als stets auf eine unerlaubte Handlung bezogen noch einen neuen Gerichtsstand im Rahmen von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012, der potenziell von dem nach Art. 7 Abs. 1 und/oder Art. 4 Abs. 1 abwiche.

83.      Zweitens hat der Gerichtshof im selben Urteil auch die Anwendbarkeit des Gerichtsstands für einstweilige Maßnahmen ausgeschlossen(59). Man könnte jedoch argumentieren, dass die actio pauliana bis zur Erfüllung der Forderung des Gläubigers eine Art Pfandrecht an der Sache begründet, über die in betrügerischer Weise verfügt wurde. Aus dieser Sicht hat sie eine ähnliche Wirkung.

84.      In Bezug auf die materiell-rechtlichen Anforderungen hinsichtlich einstweiliger Maßnahmen ist es ziemlich häufig, dass das nationale Recht die Gewährung einer solchen daran knüpft, dass ein konkreter fumus boni iuris vorliegt (Vermutung einer hinreichenden rechtlichen Grundlage, die weitgehend dem Common-Law-Konzept eines „good and arguable case“ entspricht) und dass ein periculum in mora gegeben ist (die Gefahr, dass das Recht des Antragstellers durch Zeitablauf vereitelt wird)(60). Ähnliche Anforderungen wurden auch auf Unionsrechtsebene aufgestellt(61).

85.      In Anbetracht der funktionellen Gleichartigkeit der actio pauliana einerseits und der Sicherungsmaßnahmen andererseits könnte man meinen, dass ähnliche Kriterien wie der fumus boni iuris und das periculum in mora auch im Rahmen der actio pauliana Anwendung finden könnten. Damit würde die internationale Zuständigkeit zugunsten des Klägers verschoben, wenn Anzeichen für die Begründetheit der Klage vorliegen und ferner Anhaltspunkte zeigen, dass die betrügerische Übertragung absichtlich so angelegt wurde, dass eine gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs des Klägers erschwert wird (durch Wahl eines Übertragungsempfängers, der in einem Mitgliedstaat ansässig ist, der im Übrigen keinen Bezug zu der bereits bestehenden Rechtsbeziehung zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger aufweist).

86.      Wie verlockend ein solcher Ansatz auch immer sein mag, berücksichtigt er doch nicht, dass die actio pauliana kein Nebenverfahren einleitet, in dem über die Begründetheit der Hauptsache (über die in einem anderen Verfahren entschieden wird) vorweg entschieden wird(62). Es ist eher das Gegenteil der Fall: Die actio pauliana erstrebt und bewirkt (im Erfolgsfall) eine Sachentscheidung aus eigenem Recht. Die faktische Verbindung, die als ihr Ergebnis begründet wird, ist ihrerseits das vom Gläubiger angestrebte Ergebnis der Begründetheit. Sie ist daher im Grunde (je nach Regelung im jeweiligen nationalen Recht) eine vollwertige Hauptsacheklage, für die die leichteren Beweislastregelungen nicht ausreichen, wie sie der fumus boni iuris und das periculum in mora mutmaßlich darstellen.

87.      Zusammenfassend führt die einzigartige Natur der actio pauliana, die – auch bei Betrachtung auf einer abstrakteren Ebene – eine erneute Diskussion über einen der vom Gerichtshof bereits ausgeschlossenen Gerichtsstände nicht rechtfertigt, zu meinem zweiten Zwischenergebnis, dass das Gericht, das für eine Klage wie die des Ausgangsverfahrens zuständig ist, gemäß Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 zu bestimmen ist.

2.      Mögliche Schwierigkeiten bei der Anwendung der allgemeinen Regel

88.      Bei Anwendung auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens führt die allgemeine Regel aus Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 zu einer Zuweisung der Zuständigkeit für den Anspruch der Klägerin an die spanischen Gerichte. Wie bereits in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert, scheint diese Lösung unpraktisch, da sowohl die Klägerin als auch COLISEUM in Polen ansässig sind und da auch weitere Elemente des Falles in diesem Mitgliedstaat belegen sind (Ort des Bauentwicklungsprojekts, Ort der betreffenden Immobilie, Abschluss des Vertrags über deren Verkauf). „Nur“ der Sitz der Beklagten befindet sich in Spanien.

89.      Außerdem könnte, wie das vorlegende Gericht feststellt, der Gläubiger nicht nur gezwungen sein, eine actio pauliana gegen den Übertragungsempfänger (wie die Beklagte) zu erheben, sondern auch gegen potenzielle andere Erwerber der betreffenden Vermögensgegenstände. Falls die Zuständigkeit anhand des Wohnsitzes des Beklagten zu bestimmen sein sollte, müsste der Gläubiger weitere Klagen vor den Gerichten (möglicherweise) mehrerer Mitgliedstaaten erheben. Dies könnte zu unverhältnismäßig hohen Kosten führen, so dass sich als Ergebnis der Zuständigkeitsregelungen der Schaden des Gläubigers erhöhte.

90.      Es könnte also argumentiert werden, dass das im 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1215/2012 verankerte Ziel einer geordneten Rechtspflege, das die Anwendung besonderer Gerichtsstände rechtfertigt, die Zuständigkeit nach Polen verschieben sollte, da es dort eine engere Verbindung zwischen dem Mitgliedstaat und dem Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens gäbe.

91.      Diese Logik ist nicht überzeugend.

92.      Erstens kann die Bezugnahme auf ein in einem Erwägungsgrund genanntes Ziel, auf das sich die besonderen Gerichtsstände stützen, nicht an sich die Anwendung der allgemeinen Regelung verdrängen, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung der besonderen Zuständigkeit nicht gegeben sind.

93.      Zweitens ist der Sitz des Beklagten exakt der Hauptanknüpfungspunkt für die Anwendung der Verordnung Nr. 1215/2012. Daher begründet die Tatsache, dass „nur“ der Sitz des Beklagten in Mitgliedstaat A liegt, während alle anderen Elemente in Mitgliedstaat B belegen sind, nicht die Zuständigkeit von Mitgliedstaat B, wenn keiner der besonderen oder ausschließlichen Gerichtsstände Anwendung finden kann. Darüber hinaus lässt die (stillschweigend abwertende) Aussage, dass sich „nur“ der Sitz der Beklagten in Spanien befindet, die Tatsache unberücksichtigt, dass die Kenntnis der Beklagten von der mutmaßlich betrügerischen Absicht von COLISEUM zunächst einmal festgestellt werden muss, was zu Beweiszwecken mit Spanien verbunden sein könnte.

94.      Drittens stünde die Gewährung einer besonderen Zuständigkeit aufgrund der Umstände eines konkreten Falles (abgesehen von der Verletzung der Zuständigkeitsregelungen in der Verordnung Nr. 1215/2012) einer tatsächlichen Vermutung der Kenntnis des Betrugs seitens des Übertragungsempfängers (wie der Beklagten) gleich. Die Zuständigkeitsbestimmung in dieser Weise nähme den Erfolg der actio pauliana in ihrer Gesamtheit faktisch vorweg. Ob die Kenntnis und die weiteren Voraussetzungen für eine erfolgreiche actio pauliana vorliegen, ist jedoch der Begründetheitsprüfung der Rechtssache vorbehalten.

95.      Strukturell gesehen bedeutete dies (ohne damit jedoch irgendeine Aussage zur Begründetheit im vorliegenden Fall zu treffen), dass es zu Zwecken der Bestimmung der Zuständigkeit eine „Annahme des Betrugs“ gäbe, die dazu führte, dass der Beklagte zum Gerichtsstand des Klägers gezogen werden könnte. Dies könnte in einem begründeten Actio-pauliana-Fall vielleicht funktionieren. Aber was ist mit den unbegründeten Fällen? Was ist mit möglicherweise schikanösen Verfahren? Dies zeigt nochmals den Zirkelschluss dieses Ansatzes, bei dem faktisch zuerst die Begründetheit und dann die Zuständigkeit festgestellt werden müsste.

96.      Viertens, wie stark auch immer die Versuchung sein mag, Argumente zugunsten des Klägers für eine Klage unter denen der vorliegenden Rechtssache ähnlichen Umständen zu suchen, wäre dieser Ansatz völlig ungerechtfertigt in Fällen, in denen sich verschiedene tatsächliche Anhaltspunkte auf verschiedene Mitgliedstaaten bezögen. Was wäre, wenn eine tschechische Firma ein Entwicklungsprojekt mit einem polnischen Bauunternehmer für eine Immobilie in der Slowakei begönne und die polnische Firma eine Immobilie in Österreich auf eine deutsche Firma übertrüge?

97.      Mit anderen Worten, es ist eine grundsätzliche Lösung erforderlich, die von den tatsächlichen Anhaltspunkten im Einzelfall weitgehend unabhängig ist. Während ich die attraktive Flexibilität von Regelungen wie der des forum non conveniens, die eine Abweichung im Licht des Sachverhalts des Einzelfalls zulassen, voll und ganz anerkenne und begrüße, bleibt doch die Tatsache bestehen, dass die Systematik und die Logik des Brüsseler Übereinkommens und der Verordnungen auf anderen Voraussetzungen aufgebaut sind(63). Was in einem aus 28 Rechtsordnungen bestehenden vielfältigen Rechtsraum naturgemäß benötigt wird, sind ex ante vernünftigerweise vorhersehbare und daher bisweilen vielleicht etwas unflexible Regelungen und weniger faktische Erklärungen aus Ex-post-Sicht (weitestgehend dafür, weshalb man sich selbst für zuständig erklärt), die sich stark auf eine Reihe tatsächlicher Anhaltspunkte stützen.

98.      Alles in allem scheint die actio pauliana beim derzeitigen Zustand des Unionsrechts eines der wenigen Beispiele zu sein, das nur die Anwendbarkeit der allgemeinen Regelung erlaubt und eine gleichermaßen seltene Bestätigung, dass „es keine eindeutige Grundlage für die Annahme gibt, dass es stets oder auch nur häufig eine Alternative zu den Gerichten des Wohnsitzes des Beklagten geben sollte“(64).

V.      Ergebnis

99.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Fragen des Sąd Okręgowy w Szczecinie (Bezirksgericht Stettin, Polen) wie folgt zu antworten:

Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass die Wendung in dieser Bestimmung, dass „ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden“, nicht eine Klage wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende erfasst, bei der gegen einen in einem Mitgliedstaat ansässigen Käufer Klage mit dem Ziel erhoben wird, dass ein Vertrag über den Verkauf einer in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Immobilie wegen Benachteiligung des Gläubigers des Verkäufers für unwirksam erklärt wird.

Das für eine solche Klage zuständige Gericht ist gemäß Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 zu bestimmen.


1      Originalsprache: Englisch.


2      Vgl. z. B. Rattigan, W. H., De Iure Personarum or A Treatise on the Roman Law of Persons, Wildy & Sons, London, 1873, S. 126 bis 130, oder Rein, W., Das Römische Privatrecht und der Civilprozess bis in das erste Jahrhundert der Kaiserherrschaft, K. F. Koehler, Leipzig, 1836, S. 47 bis 48 und 106.


3      Vgl. z. B. Sullivan, W. P., „Consent in Roman Choice of Law“, Critical Analysis of Law, Bd. 3, Nr. 1, 2016, S. 165 und 166, oder Aldo, C., „Legal Pluralism in Practice“, du Plessis, P. J., Aldo, C., und Tuori, K. (Hrsg.), The Oxford Handbook of Roman Law and Society, Oxford University Press, Oxford, 2016, S. 286 und 287.


4      Gaius, Institutiones, Buch 4:37: „Item civitas romana peregrino fingitur, si eo nomine agat aut cum eo agatur quo nomine nostris legibus actio constituta est, si modo iustum sit eam actionem etiam ad peregrinum extendi …“.


5      Eindringlich dargestellt von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache Deko Marty Belgium (C‑339/07, EU:C:2008:575, Nrn. 24 bis 26.)


6      Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 (ABl. 2012, L 351, S. 1).


7      Art. 66 Abs. 1 dieser Verordnung.


8      Urteil vom 17. Juni 1992, Handte (C‑26/91, EU:C:1992:268).


9      Schlussanträge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache Deko Marty Belgium (C‑339/07, EU:C:2008:575, Nrn. 24 bis 26).


10      Für eine Beschreibung der beiden Verfahrensarten vgl. z. B. Talamanca, M., Istituzioni di Diritto Romano, Dott. A. Giuffrè Editore, Mailand, 1990, S. 659; Kaser, M., Das römische Privatrecht, Erster Abschnitt, Das altrömische, das vorklassische und das klassische Recht, 2. Aufl., C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München, 1971, S. 252; Marrone, M., Lineamenti di Diritto Privato Romano, GGiappichelli Editore, Turin, 2001, S. 299; Guarino, A., Diritto Privato Romano, Editore Jovene Napoli, Neapel, 2001, S. 1020; Impallomeni, G., „Azione Revocatoria (Diritto Romano)“, Novíssimo Digesto Italiano, Bd. II, 1957, Unione Tipografico – Editrice Torinese, Turin, S. 147; Fernández Barreiro, A., und Paricio Serrano, J., Fundamentos de Derecho Privado Romano, 9. Aufl., Marcial Pons, Ediciones Jurídicas y Sociales, Madrid, 2016, S. 105.


11      Vgl. z. B. Marrone, M., Lineamenti di Diritto Privato Romano, GGiappichelli Editore, Turin, 2001, S. 300; Guarino, A., Diritto Privato Romano, Editore Jovene Napoli, Neapel, 2001, S. 1020; Kaser, M., Das römische Privatrecht, Zweiter Abschnitt, Die nachklassischen Entwicklungen, 2. Aufl., C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München, 1975, S. 94 und 95; Kaser, M., Knütel, R., Lohsse, S., Römisches Privatrecht – Ein Studienbuch, 21. Aufl., C. H. Beck, München, 2017, Abschnitt 9.12; Fernández Barreiro, A., und Paricio Serrano, J., Fundamentos de Derecho Privado Romano, 9. Aufl., Marcial Pons, Ediciones Jurídicas y Sociales, Madrid, 2016, S. 106.


12      Vgl. z. B. Marrone, M., Lineamenti di Diritto Privato Romano, GGiappichelli Editore, Turin, 2001, S. 299; Guarino, A., Diritto Privato Romano, Editore Jovene Napoli, Neapel, 2001, S. 1021; Talamanca, M., Istituzioni di Diritto Romano, Dott. A Giuffrè Editore, Mailand, 1990, S. 659;Impallomeni, G., „Azione Revocatoria (Diritto Romano)“, Novíssimo Digesto Italiano, Bd. II, 1957, Unione Tipografico – Editrice Torinese, Turin, S. 148; Fernández Barreiro, A., und Paricio Serrano, J., Fundamentos de Derecho Privado Romano, 9. Aufl., Marcial Pons, Ediciones Jurídicas y Sociales, Madrid, 2016,S105; Carballo Piñeiro, L., „Acción Pauliana e integración Europea: una propuesta de ley aplicable“, Revista Española de Derecho Internacional, Bd. LXIV, 2012, S. 48.


13      Vgl. z. B. Pretelli, I., „Cross-Border Credit Protection Against Fraudulent Transfers of Assets: Actio Pauliana in the Conflict of Laws“, Yearbook of Private International Law, Bd. 13, 2011, S. 590. Eine ähnliche Beschreibung findet sich bei Linna, T., „Actio Pauliana – ‚Actio Europensis?‘ Some Cross-Border Insolvency Issues“, Journal of Private International Law, Bd. 10, 2014, S. 69. Siehe auch Virgós Soriano, M., und Garcimartín Alférez, F., Derecho procesal civil internacional: litigación internacional, 2. Aufl., Thomson Civitas, Cizur Menor, 2007, S. 704 und 705, oder Göranson, U., „Actio pauliana outside bankruptcy and the Brussels Convention“, Sumampouw, M., u. a. (Hrsg.), Law and Reality: Essays on National and International Procedural Law in Honour of Cornelis Carel Albert Voskuil, T.M.C Asser Instituut, Den Haag, 1992, S. 91.


14      Cloud Atlas, Regie: Tykwer, T., Wachowski, L., und Wachowski, L., 2012.


15      Virgós Soriano, M., und Garcimartín Alférez, F., Derecho procesal civil internacional: litigación internacional, 2. Aufl., Thomson Civitas, Cizur Menor, 2007, S. 704 und 705, 24.44.


16      Vgl. in diesem Sinne z. B. McCormack, G., Keay, A., Brown, S., European Insolvency Law: Reform and Harmonization, Edward Elgar Publishing Ltd, Cheltenham, 2017, S. 159; Göranson, U., „Actio pauliana outside bankruptcy and the Brussels Convention“, Sumampouw, M., u. a. (Hrsg.), Law and Reality: Essays on National and International Procedural Law in Honour of Cornelis Carel Albert Voskuil, T.M.C Asser Instituut, Den Haag, 1992, S. 90; Linna, T., „Actio Pauliana – ‚Actio Europensis?‘ Some Cross-Border Insolvency Issues“, Journal of Private International Law, Bd. 10, 2014, S. 69; Pretelli, I., „Cross-Border Credit Protection Against Fraudulent Transfers of Assets: Actio Pauliana in the Conflict of Laws“, Yearbook of Private International Law, Bd. 13, 2011, S. 598 und 599.


17      Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache Deko Marty Belgium (C‑339/07, EU:C:2008:575, Nr. 27 und die weiteren dort angeführten Nachweise).


18      Vgl. z. B. Göranson, U., „Actio pauliana outside bankruptcy and the Brussels Convention“, Sumampouw, M., u. a. (Hrsg.), Law and Reality: Essays on National and International Procedural Law in Honour of Cornelis Carel Albert Voskuil, T.M.C Asser Instituut, Den Haag, 1992, S. 92.


19      Für einen rechtsvergleichenden Überblick siehe z. B. Pretelli, I., „Cross-Border Credit Protection Against Fraudulent Transfers of Assets: Actio Pauliana in the Conflict of Laws“, Yearbook of Private International Law, Bd. 13, 2011, S. 590.


20      Vgl. z. B. Göranson, U., „Actio pauliana outside bankruptcy and the Brussels Convention“, Sumampouw, M., u. a. (Hrsg.), Law and Reality: Essays on National and International Procedural Law in Honour of Cornelis Carel Albert Voskuil, T.M.C Asser Instituut, Den Haag, 1992, S. 93.


21      Vgl. Urteil vom 22. Februar 1979, Gourdain (133/78, EU:C:1979:49, Rn. 4 bis 6), betreffend allgemeine Ausführungen zu Verfahren in Insolvenzstreitigkeiten. Für die Anwendung dieser allgemeinen Ausführungen auf Insolvenzverfahren vgl. Urteil vom 12. Februar 2009, Deko Marty Belgium (C‑339/07, EU:C:2009:83).


22      Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (ABl. 2015, L 141, S. 19). Diese hat die Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (ABl. 2000, L 160, S. 1) ersetzt.


23      Vgl. in diesem Zusammenhang Urteile vom 12. Februar 2009, Deko Marty Belgium (C‑339/07, EU:C:2009:83), vom 10. September 2009, German Graphics Graphische Maschinen (C‑292/08, EU:C:2009:544), und vom 19. April 2012, F‑Tex (C‑213/10, EU:C:2012:215). Vgl. auch den Virgos-Schmit-Bericht zum Insolvenz-Übereinkommen, Dokument des Rates vom 3. Mai 1996, 6500/1/96 REV1 DRS 8 (CFC), Nr. 77, S. 53 und 54, abgedruckt in Moss, G., Fletcher, I. F., und Isaacs, S., The EC Regulation on Insolvency proceedings – A Commentary and Annotated Guide, 2. Aufl., Oxford University Press, 2009, S. 381 ff.


24      Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. 2008, L 177, S. 6).


25      Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II) (ABl. 2007, L 199, S. 40).


26      Allerdings findet sich in der Entstehungsgeschichte der Rom‑II-Verordnung ein Hinweis darauf, dass die Frage bedacht wurde. Eine vorgeschlagene (jedoch nicht angenommene) Fassung von Art. 10 („Gläubigeranfechtung“) sah vor, dass „[d]ie Bedingungen und die Auswirkungen eines Schuldverhältnisses, bei dem ein Gläubiger einen von einem Schuldner mit einem Dritten geschlossenen Vertrag, der die Befriedigung des Gläubigers [Erfüllung der Forderung] gefährdet, anfechten kann, … sich nach dem Recht [bestimmen], das auf das bestehende Schuldverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger anzuwenden ist“. Vgl. Vermerk des Generalsekretariats des Rates für den Ausschuss für Zivilrecht (Rom II), (Nr. Vordokument 10231/99 JUSTCIV 112) Nr. 11982/99 JUSTCIV 150, vom 9. Dezember 1999.


27      Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass sich die polnische actio pauliana von der französischen unterscheidet, die in den in diesem Abschnitt der Schlussanträge angeführten Rechtssachen (Fn. 32 und 35) erörtert wurde. Wie bereits oben in den Nrn. 36 bis 41 dargestellt, können sich die beiden Varianten der actio pauliana zwar in ihren konkreten verfahrens- und materiell-rechtlichen Voraussetzungen unterscheiden. Es ist jedoch genauso richtig, dass beide Systeme hinsichtlich ihrer Merkmale insgesamt recht gut vergleichbar sind, wie insbesondere oben in Nr. 35 ausgeführt worden ist.


28      Art. 16 Abs. 1 des Brüsseler Übereinkommens (jetzt Art. 24 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012).


29      Art. 16 Abs. 5 des Brüsseler Übereinkommens (jetzt Art. 24 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1215/2012).


30      Art. 24 des Brüsseler Übereinkommens (jetzt Art. 35 der Verordnung Nr. 1215/2012).


31      Art. 5 Abs. 3 des Brüsseler Übereinkommens (jetzt Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012).


32      Urteil vom 10. Januar 1990, Reichert und Kockler (C‑115/88, EU:C:1990:3).


33      Urteil vom 10. Januar 1990, Reichert und Kockler (C‑115/88, EU:C:1990:3, Rn. 11 und 12).


34      Urteil vom 10. Januar 1990, Reichert und Kockler (C‑115/88, EU:C:1990:3, Rn. 13).


35      Urteil vom 26. März 1992, Reichert und Kockler (C‑261/90, EU:C:1992:149, Rn. 12 bis 21).


36      Urteil vom 26. März 1992, Reichert und Kockler (C‑261/90, EU:C:1992:149, Rn. 35 sowie 27 und 28).


37      Urteil vom 26. März 1992, Reichert und Kockler (C‑261/90, EU:C:1992:149, Rn. 19).


38      In jüngster Vergangenheit z. B. Urteil vom 7. März 2018, flightright u. a. (C‑274/16, C‑447/16 und C‑448/16, EU:C:2018:160, Rn. 58).


39      Urteil vom 17. Juni 1992, Handte (C‑26/91, EU:C:1992:268, Rn. 15). Wie in dessen Rn. 17 ausgeführt, ging es in dieser Rechtssache um eine Kette international verknüpfter Warenlieferungsverträge, bei der sich „die vertraglichen Verpflichtungen der Parteien von Vertrag zu Vertrag unterscheiden [können], so dass die vertraglichen Ansprüche, die der spätere Erwerber gegen seinen unmittelbaren Verkäufer geltend machen kann, nicht notwendigerweise dieselben sind wie die, die der Hersteller in seinen Beziehungen zum ersten Käufer vereinbart hat“. Vgl. auch Urteile vom 17. September 2002, Tacconi (C‑334/00, EU:C:2002:499, Rn. 22), und vom 21. Januar 2016, ERGO Insurance und Gjensidige Baltic (C‑359/14 und C‑475/14, EU:C:2016:40, Rn. 44).


40      Urteil vom 7. März 2018, flightright u. a. (C‑274/16, C‑447/16 und C‑448/16, EU:C:2018:160, Rn. 58 bis 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).


41      Urteil vom 7. März 2018, flightright u. a. (C‑274/16, C‑447/16 und C‑448/16, EU:C:2018:160, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). Für eine andere Sichtweise vgl. auch Urteile vom 13. März 2014, Brogsitter (C‑548/12, EU:C:2014:148, Rn. 24 und 25), und vom 14. Juli 2016, Granarolo (C‑196/15, EU:C:2016:559, Rn. 21).


42      Im Gegensatz zur Zuständigkeit bei Verbraucherverträgen gemäß Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012, die nur für die jeweiligen Vertragsparteien gilt – Urteil vom 25. Januar 2018, Schrems (C‑498/16, EU:C:2018:37, Rn. 43 bis 45).


43      Urteil vom 17. September 2002, Tacconi (C‑334/00, EU:C:2002:499, Rn. 22).


44      Schlussanträge von Generalanwalt Gulmann in der Rechtssache Reichert II (C‑261/90, EU:C:1992:78, S. I‑2164).


45      Schlussanträge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache Deko Marty Belgium (C‑339/07, EU:C:2008:575, Nr. 32).


46      Ancel, B.,„De la loi applicable à une donation attaquée par la voie de l’action paulienne“, Revue critique de droit international privé, 1992, S. 714, Rn. 12. Derselben Auffassung ist Forner Delaygua, J., „The Actio Pauliana under the ECJ – a critical look on Reichert II“, Gemeinsame Prinzipien des Europäischen Privatrechts, 2003, S. 291 bis 301.


47      Dies war die Begründung für die vorgeschlagene Regelung zum anwendbaren Recht in dem oben genannten Entwurf des Art. 10 der Rom‑II-Verordnung (siehe oben, Fn. 26).


48      Siehe oben, Nr. 58.


49      Wie in Art. 533 des Zivilgesetzbuchs (oben, in Rn. 15 der vorliegenden Schlussanträge angeführt).


50      Siehe oben (Fn. 39).


51      Im Gegensatz dazu jedoch z. B. Urteile vom 7. März 2018, flightright u. a. (C‑274/16, C‑447/16 und C‑448/16, EU:C:2018:160), oder vom 20. Juli 2017, MMA IARD (C‑340/16, EU:C:2017:576).


52      Schlussanträge von Generalanwältin Sharpston in den verbundenen Rechtssachen ERGO Insurance und Gjensidige Baltic (C‑359/14 und C‑475/14, EU:C:2015:630, Nrn. 57 bis 62).


53      Nrn. 48 bis 53 der vorliegenden Schlussanträge.


54      Siehe Nrn. 12 bis 15 der vorliegenden Schlussanträge.


55      Urteil vom 26. März 1992, Reichert und Kockler (C‑261/90, EU:C:1992:149).


56      Und damit zurückkommen auf ihren römisch-rechtlichen Ursprung aus verschiedenen Arten der fraus (oben, Nr. 30).


57      Urteil vom 26. März 1992, Reichert and Kockler (C‑261/90, EU:C:1992:149, Rn. 19).


58      Oben in den Nrn. 57 bis 72 der vorliegenden Schlussanträge erörtert.


59      Urteil vom 26. März 1992, Reichert und Kockler (C‑261/90, EU:C:1992:149, Rn. 35). Derzeit findet sich die Zuständigkeitsregelung für Sicherungsmaßnahmen in Art. 35 der Verordnung Nr. 1215/2012.


60      Calvo Caravaca, A.‑L., und Carrascosa González, J., Litigación internacional en la Unión Europea I, Competencia judicial y validez de resoluciones en materia civil y mercantil en la Unión Europea. Comentario al Reglamento Bruselas I Bis, Cizur Menor (Navarra), Editorial Aranzadi, 2017, S. 535.


61      Vgl. z. B. Urteile vom 9. November 1995, Atlanta Fruchthandelsgesellschaft u. a. (I) (C‑465/93, EU:C:1995:369, Rn. 32), und vom 17. Juli 1997, Krüger (C‑334/95, EU:C:1997:378, Rn. 44).


62      Dies spiegelt sich auch wider in zwei Hauptvoraussetzungen, die der Gerichtshof für die Anwendbarkeit dieses Gerichtsstands entwickelt hat – siehe insbesondere Urteil vom 17. November 1998, Van Uden (C‑391/95, EU:C:1998:543, Rn. 37 und 40).


63      Vgl. in diesem Zusammenhang Urteil vom 1. März 2005, Owusu (C‑281/02, EU:C:2005:120, Rn. 37 bis 46). Für eine weitere Erörterung siehe Briggs, A., „Some Points of Friction between English and Brussels Convention Jurisdiction“, Andenas, M., und Jacobs, F. (Hrsg.), European Community Law in the English Courts, Clarendon Press, Oxford, 1998, S. 278 bis 279; Briggs, A., The Conflict of Laws, 3. Aufl., Oxford University Press, Oxford, 2013, S. 52 bis 54; Dickinson, A., „Legal Certainty and the Brussels Convention – Too Much of a Good Thing?“, De Vareilles-Sommières, P. (Hrsg.), Forum Shopping in the European Judicial Area, Hart Publishing, Oxford und Portland, 2007, S. 115 ff.; Fentiman, R., „Foreign Law and the Forum Conveniens“, Nafiger, J., und Symeonides, S. (Hrsg.), Law and Justice in a Multistate World, Essays in Honor of Arthur T. von Mehren, Transnational Publishers Inc, Ardsley, New York, 2002, S. 291.


64      Göranson, U., „Actio pauliana outside bankruptcy and the Brussels Convention“, Sumampouw, M., u. a. (Hrsg.), Law and Reality: Essays on National and International Procedural Law in Honour of Cornelis Carel Albert Voskuil, T.M.C Asser Instituut, Den Haag, 1992, S. 97.