Language of document : ECLI:EU:T:2012:589

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

8. November 2012(*)

„Gemeinschaftsmarke – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke Nutriskin Protection Complex – Absolute Eintragungshindernisse – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 – Entscheidungspraxis des HABM – Begründungspflicht – Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑415/11

Paul Hartmann AG mit Sitz in Heidenheim an der Brenz (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin N. Aicher,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch K. Klüpfel und A. Poch als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 26. Mai 2011 (Sache R 1524/2010-1) über die Anmeldung des Zeichens Nutriskin Protection Complex als Gemeinschaftsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas (Berichterstatter), der Richterin K. Jürimäe und des Richters K. O’Higgins,

Kanzler: C. Heeren, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 1. August 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 26. Oktober 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2012

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 31. März 2010 meldete die Klägerin, die Paul Hartmann AG, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen Nutriskin Protection Complex.

3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 3 und 5 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 3: „Medizinische Haarpflegeprodukte“;

–        Klasse 5: „Pharmazeutische Erzeugnisse; chemische Erzeugnisse für die Körperpflege zum Schutz, zur Pflege und zur Reinigung der Haut; medizinische Hautpflegeprodukte“.

4        Mit Entscheidung vom 29. Juni 2010 wies die Prüferin die Anmeldung auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 zurück.

5        Am 5. August 2010 legte die Klägerin beim HABM gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 gegen die Entscheidung der Prüferin Beschwerde ein.

6        Mit Entscheidung vom 26. Mai 2011 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass das angemeldete Zeichen beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 sei und dass ihm keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung zukomme. Im Wesentlichen stellte die Beschwerdekammer fest, dass das Wortzeichen Nutriskin Protection Complex von den relevanten Verkehrskreisen als Kennzeichnung eines zur Ernährung und zum Schutz der Haut beitragenden Produkts (bzw. Komplexes) verstanden werde. Somit wirke dieses Zeichen beschreibend für die Funktion der von der Anmeldung betroffenen Waren. Zudem habe der Ausdruck „Nutriskin Protection Complex“ eine klare Bedeutung im Hinblick auf die angemeldeten Waren, da er auf ihren Verwendungszweck und ihren Inhalt konkret Bezug nehme. Somit sei er nicht geeignet, sie nach ihrer Herkunft zu unterscheiden, und habe deshalb keine Unterscheidungskraft.

 Anträge der Parteien

7        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

8        Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit

9        Das HABM ist der Auffassung, dass die Klage nicht die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfülle. Es macht geltend, die Klägerin sehe davon ab, eine Rechtsnorm zu nennen, aufgrund deren sie ihre Klage erhebe, und sie habe die Verletzung einer Rechtsnorm der Verordnung Nr. 207/2009 durch die angefochtene Entscheidung nicht klar und ausdrücklich gerügt. Daher sei die Argumentation der Klägerin nicht hinreichend klar, damit das HABM ohne Schwierigkeiten die spezielle Rechtsvorschrift feststellen könne, auf die sie ihre Rügen und die von ihr geltend gemachten Klagegründe stütze.

10      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Diese Angaben müssen hinreichend klar sein, damit der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, über die Klage entscheiden kann. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage daher erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich, aus der Klageschrift selbst ergeben (Urteile des Gerichts vom 29. Januar 1998, Dubois et Fils/Rat und Kommission, T‑113/96, Slg. 1998, II‑125, Randnr. 29, vom 10. April 2003, Travelex Global and Financial Services und Interpayment Services/Kommission, T‑195/00, Slg. 2003, II‑1677, Randnr. 26, und vom 10. Mai 2006, Galileo International Technology u. a./Kommission, T‑279/03, Slg. 2006, II‑1291, Randnr. 36).

11      Nach der Rechtsprechung braucht ein Kläger jedoch die spezielle Rechtsvorschrift, auf die er seine Rüge stützt, nicht ausdrücklich anzugeben, sofern sein Vorbringen genügend klar ist, um es der Gegenpartei und dem Gemeinschaftsrichter zu ermöglichen, die Vorschrift ohne Schwierigkeiten festzustellen (Urteile des Gerichts Galileo International Technology u. a./Kommission, Randnr. 47, und vom 30. September 2009, JOOP!/HABM [!], T‑75/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 17).

12      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass in der Klageschrift nicht angegeben wird, aufgrund welcher Rechtsnorm die Klage erhoben wird, dass sie keine kurze Darstellung der geltend gemachten Klagegründe enthält und dass eine ausdrückliche Nennung von Klagegründen im Sinne der Verordnung Nr. 207/2009 fehlt.

13      Zum einen ist jedoch davon auszugehen, dass die vorliegende Klage aufgrund von Art. 65 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 erhoben wird, da sie die Aufhebung einer Entscheidung einer Beschwerdekammer des HABM im Sinne dieses Artikels zum Gegenstand hat.

14      Zum anderen ist festzustellen, dass sich die verschiedenen von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe aus dem Inhalt der Klageschrift ableiten lassen. Im Übrigen geht aus der Klagebeantwortung des HABM hervor, dass es sowohl die Rechtsgrundlage als auch die verschiedenen Klagegründe und Argumente der Klägerin erkennen und darauf eingehen konnte.

15      Daraus folgt, dass die Klageschrift hinreichend genaue Angaben enthält, um es dem Gericht und dem HABM zu ermöglichen, die Rechtsgrundlage der Klage und die Klagegründe zu ermitteln, und somit den oben genannten Anforderungen an die Genauigkeit entspricht.

16      Die Klage ist daher zulässig.

 Zur Begründetheit

17      Die Klägerin stützt ihre Klage im Wesentlichen auf drei Gründe, und zwar erstens auf eine fehlerhafte Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009, zweitens auf die Nichtbeachtung der Entscheidungspraxis des HABM und eine insoweit fehlende Begründung und drittens auf eine fehlerhafte Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009.

 Zum ersten Klagegrund, mit dem eine fehlerhafte Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 gerügt wird

18      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die Beschwerdekammer Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 fehlerhaft angewendet habe, da sie davon ausgegangen sei, dass das angemeldete Zeichen für die von der Anmeldung erfassten Waren beschreibend sei. Bei dem Bestandteil „Nutriskin“ des angemeldeten Zeichens handele es sich um eine sprachliche Neuschöpfung, deren Zusammenfügung aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination zu einem Begriff führe, der keinen unmittelbar beschreibenden Eindruck erwecke. Außerdem habe das HABM keine beschreibende Verwendung des Ausdrucks „Nutriskin“ in Bezug auf die angemeldeten Waren feststellen können, und deshalb beruhe die Unterstellung einer Beschreibungseignung dieses Ausdrucks auf rein spekulativen Erwägungen. Daher dürfe man aus der beschreibenden Bedeutung der anderen Bestandteile des Zeichens, „Protection“ und „Complex“, nicht auf eine beschreibende Bedeutung des Zeichens insgesamt schließen.

19      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

20      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 beschreibende Marken, d. h. Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Merkmale der Waren- oder Dienstleistungsgruppen dienen können, für die die Eintragung beantragt wird, von der Eintragung ausgeschlossen sind. Dabei verfolgt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass beschreibende Zeichen oder Angaben der Kategorien von Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, von jedermann frei verwendet werden können. Diese Bestimmung erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden (Urteil des Gerichtshofs vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, Slg. 2003, I‑12447, Randnrn. 29 bis 31, sowie Urteile des Gerichts vom 12. Juni 2007, MacLean‑Fogg/HABM [LOKTHREAD], T‑339/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 27, und vom 10. Februar 2010, O2 [Germany]/HABM [Homezone], T‑344/07, Slg. 2010, II‑153, Randnr. 20).

21      Nur den unmittelbar beschreibenden Angaben wird die Eintragung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 versagt. Dabei ist es jedoch nicht notwendig, dass das angemeldete Zeichen bereits als beschreibende Angabe bekannt ist; vielmehr genügt es, dass es als solche verwendet werden kann. Auch der Prüfer hat nicht zu beweisen, dass das angemeldete Zeichen bei Angaben im geschäftlichen Verkehr, insbesondere in der Werbung, gemeinhin verwendet wird. Ein Wortzeichen kann daher von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (Urteil HABM/Wrigley, Randnr. 32).

22      Ein Zeichen fällt dann unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 aufgestellte Verbot, wenn es zu den fraglichen Waren oder Dienstleistungen einen hinreichend direkten und konkreten Bezug aufweist, der es dem angesprochenen Publikum ermöglicht, unmittelbar eine Beschreibung dieser Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (Urteile des Gerichts vom 22. Juni 2005, Metso Paper Automation/HABM [PAPERLAB], T‑19/04, Slg. 2005, II‑2383, Randnr. 25, und LOKTHREAD, Randnr. 29).

23      Um eine Marke, die aus einer sprachlichen Neuschöpfung oder einem Wort mit mehreren Bestandteilen besteht, als beschreibend im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 ansehen zu können, genügt es zudem nicht, dass für jeden dieser Bestandteile gegebenenfalls ein beschreibender Charakter festgestellt wird. Ein solcher Charakter muss auch für die Neuschöpfung oder das zusammengesetzte Wort selbst festgestellt werden (Urteile PAPERLAB, Randnr. 26, LOKTHREAD, Randnr. 30, und Homezone, Randnr. 26).

24      Nach der Rechtsprechung hat eine Marke, die aus einer sprachlichen Neuschöpfung oder einem Wort mit mehreren Bestandteilen besteht, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst einen die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung bzw. dem Wort und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht. Dies setzt voraus, dass die sprachliche Neuschöpfung oder das Wort aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren bzw. seinen Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, so dass sie bzw. es über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht (Urteil PAPERLAB, Randnr. 27, und entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 12. Februar 2004, Campina Melkunie, C‑265/00, Slg. 2004, I‑1699, Randnrn. 39 bis 41). Insoweit ist auch die Analyse des fraglichen Ausdrucks anhand der maßgeblichen lexikalischen und grammatikalischen Regeln von Bedeutung (Urteile des Gerichts vom 12. November 2008, EOS/HABM [PrimeCast], T‑373/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 20, und Homezone, Randnr. 27).

25      Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass das relevante Publikum unstreitig einerseits aus der allgemeinen Öffentlichkeit, insbesondere aus den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Endverbrauchern der von der Anmeldung erfassten Waren, und andererseits aus spezialisierten Fachkreisen aus dem Bereich der Haar-, Haut- und Körperpflegeprodukte und dem pharmazeutischen Bereich besteht. Da es sich, wie die Beschwerdekammer ausgeführt hat, bei dem angemeldeten Wortzeichen um einen aus englischen Worten zusammengesetzten Ausdruck handelt, ist gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 das Verständnis des englischsprachigen Verkehrs maßgeblich. Schließlich ist unter Berücksichtigung der Art der verfahrensgegenständlichen Waren der Ansicht der Beschwerdekammer zu folgen, dass die hier relevanten Verkehrskreise einen durchschnittlichen Grad an Aufmerksamkeit haben.

26      Zweitens ist festzustellen, dass das angemeldete Zeichen aus drei Bestandteilen besteht. Die beiden letzten, „Protection“ und „Complex“, gehören zum Grundwortschatz der englischen Sprache und haben eine unmittelbar beschreibende Bedeutung, was die Klägerin nicht bestreitet. Hinsichtlich des Bestandteils „Nutriskin“ ist der Beschwerdekammer beizupflichten, dass er eine sprachliche Neuschöpfung darstellt, die sich aus den Begriffen „nutri“ und „skin“ zusammensetzt. Die Klägerin bestreitet den beschreibenden Charakter dieses Bestandteils.

27      Zunächst ist festzustellen, dass der Begriff „skin“ das englische Wort für Haut ist und der Begriff „nutri“ als Hinweis auf die Ernährung verstanden werden muss, da die maßgeblichen Verkehrskreise den Begriff als eine Abkürzung des Wortes nutrition (Ernährung) und anderer Worte mit ähnlicher Bedeutung, die vom lateinischen Verb „nutrire“ abgeleitet sind, ansehen. Sodann ist festzustellen, dass zwischen der sprachlichen Neuschöpfung „Nutriskin“ und der bloßen Summe ihrer beschreibenden Bestandteile „nutri“ und „skin“ kein merklicher Unterschied besteht. Daraus folgt, dass der Bestandteil „Nutriskin“ von den maßgeblichen englischsprachigen Verkehrskreisen als „Hauternährung“ verstanden wird und somit Hauternährungsprodukte bezeichnet. Dem Vorbringen der Klägerin, der Bestandteil „Nutriskin“ bedeute „Ernährungshaut“ und sei daher beschreibend für Haut enthaltende Waren, die nicht von der Anmeldung erfasst seien, ist nicht zu folgen. Der Sinngehalt des angemeldeten Zeichens ist nämlich im Hinblick auf die betroffenen Waren zu prüfen; im vorliegenden Fall sind dies Haar- und Hautpflegeprodukte. Somit ist der Sinngehalt zu untersuchen, den der Begriff „Nutriskin“ für die maßgeblichen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren haben könnte. Hierzu ist festzustellen, dass der genannte Begriff von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht als Bezeichnung für Haut enthaltende Waren verstanden werden kann. Vielmehr wird dieser Begriff in Bezug auf die angemeldeten Waren von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Beschreibung einer Eigenschaft von Haar- und Hautpflegeprodukten verstanden, nämlich ihrer hauternährenden Funktion. Diese beschreibende Bedeutung des Bestandteils „Nutriskin“ wird außerdem durch die zwei ebenfalls beschreibenden Bestandteile verstärkt, die das Zeichen ergänzen, nämlich „Protection“ und „Complex“.

28      Aus den vorstehenden Ausführungen geht hervor, dass die Beschwerdekammer zu Recht entschieden hat, dass der Begriff „Nutriskin“ für die von der Anmeldung erfassten Waren beschreibend ist, da er für die maßgeblichen Verkehrskreise eine Verweisung auf die hauternährende Funktion der genannten Waren darstellt.

29      Was drittens die Gesamtbeurteilung des angemeldeten Zeichens angeht, ist zunächst festzustellen, dass aus der oben in den Randnrn. 26 bis 28 durchgeführten Analyse hervorgeht, dass das Zeichen aus drei beschreibenden Bestandteilen besteht. Sodann ist anzumerken, dass das Zeichen Nutriskin Protection Complex als Ganzes betrachtet in seiner Struktur nicht ungewöhnlich ist. Die Zusammenfügung seiner Bestandteile entspricht nämlich den grammatikalischen Regeln der englischen Sprache. Schließlich ist festzustellen, dass das angemeldete Zeichen in seiner Gesamtheit bei den relevanten Verkehrskreisen keinen Eindruck erweckt, der von dem durch das bloße Nebeneinander der beschreibenden Bestandteile des Zeichens hervorgerufenen Eindruck stark genug abweicht, um ihre Bedeutung oder Tragweite zu verändern.

30      Die Beschwerdekammer hat somit zu Recht festgestellt, dass eine der möglichen Bedeutungen des angemeldeten Zeichens jene einer Ware oder eines Komplexes ist, die bzw. der durch Pflege (oder Ernährung) zum Schutz der Haut beiträgt, und dass das Verhältnis zwischen dieser Bedeutung zu den in der Anmeldung genannten Waren hinreichend direkt und konkret ist, um es den maßgeblichen Verkehrskreisen zu ermöglichen, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der Waren oder eines ihrer Merkmale zu erkennen, so dass folglich das angemeldete Zeichen beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 ist.

31      Schließlich ist hinsichtlich der auf das Fehlen einer beschreibenden Verwendung des angemeldeten Zeichens gestützten Rüge darauf hinzuweisen, dass das HABM nach der Rechtsprechung (vgl. oben, Randnr. 21) nicht beweisen muss, dass das angemeldete Wortzeichen tatsächlich als beschreibende Angabe verwendet wird. Vielmehr genügt es, dass das Zeichen diesem Zweck dienen kann und eine solche Verwendung in der Zukunft vernünftigerweise erwartet werden kann. Diese Rüge der Klägerin ist somit zurückzuweisen.

32      Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund, mit dem die Nichtbeachtung der Entscheidungspraxis des HABM und eine insoweit fehlende Begründung gerügt werden

33      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ihrer Anmeldung im Verhältnis zu anderen, vergleichbaren Marken, die eingetragen worden seien, willkürlich zu strenge Kriterien angewendet worden seien. Die Beschwerdekammer habe sich zudem nicht mit den von der Klägerin ausdrücklich angeführten gegenteiligen Entscheidungen auseinandergesetzt und habe nicht dargelegt, warum eine abweichende Entscheidung im vorliegenden Fall gerechtfertigt erscheine.

34      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

35      Wie vorab festzustellen ist, rügt die Klägerin in ihrer Klageschrift, dass bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens zu strenge Kriterien angewendet worden seien. Sie äußert sich hierzu aber im Rahmen ihrer Ausführungen zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009, und aus dem Kontext ihres Vorbringens geht hervor, dass es die Beurteilung des beschreibenden Charakters des Zeichens betrifft. Somit ist davon auszugehen, dass sich die Klägerin auf die Beurteilung des beschreibenden und nicht unterscheidungskräftigen Charakters des angemeldeten Zeichens bezieht, was sie im Übrigen in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts bestätigt hat.

36      Erstens ist zur Rüge, die Entscheidungspraxis des HABM sei nicht beachtet worden, darauf hinzuweisen, dass das HABM nach der Rechtsprechung verpflichtet ist, seine Befugnisse im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts auszuüben. Zwar muss es nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, doch muss die Anwendung dieser Grundsätze mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden. Somit kann sich derjenige, der ein Zeichen als Marke anmeldet, nicht auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Demgemäß muss diese Prüfung in jedem Einzelfall erfolgen. Die Eintragung eines Zeichens als Marke hängt von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 73 bis 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdekammer aufgrund einer strengen und umfassenden Prüfung unter Berücksichtigung der von der Anmeldung erfassten Waren und der Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise zu dem Schluss gelangt, dass das angemeldete Zeichen beschreibend sei. Wie das Gericht im Rahmen seiner Analyse des ersten Klagegrundes ausgeführt hat (vgl. oben, Randnrn. 20 bis 31), hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass der Eintragung des angemeldeten Zeichens als Gemeinschaftsmarke das Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 entgegensteht. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin erfolgte die Beurteilung des von ihr angemeldeten Zeichens nicht anhand zu strenger Kriterien, sondern im Einklang mit der Rechtsprechung auf der Grundlage einer korrekten Auslegung und Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009.

38      Da sich die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Eintragungsfähigkeit des angemeldeten Zeichens als Gemeinschaftsmarke somit unmittelbar auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 gründet, kann sie nach der Rechtsprechung (siehe oben, Randnr. 36) nicht mit der bloßen Tatsache in Frage gestellt werden, dass die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall nicht der Entscheidungspraxis des HABM gefolgt sein soll.

39      Was zweitens das Vorbringen zur Begründung der angefochtenen Entscheidung angeht, so sind nach Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 die Entscheidungen des HABM mit Gründen zu versehen. Daher muss das HABM, wenn es die Eintragung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke ablehnt, zur Begründung seiner Entscheidung das dieser Eintragung entgegenstehende absolute oder relative Eintragungshindernis sowie die Bestimmung, aus der es abgeleitet wird, angeben und darlegen, welchen Sachverhalt es als erwiesen zugrunde gelegt hat, der seiner Auffassung nach die Anwendung der herangezogenen Bestimmung rechtfertigt (Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2008, Reber/HABM – Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli [Mozart], T‑304/06, Slg. 2008, II‑1927, Randnr. 46).

40      Jedoch kann von den Beschwerdekammern nicht verlangt werden, bei ihren Ausführungen alle von den Verfahrensbeteiligten vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln. Die Begründung kann daher auch implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe für die Entscheidung der Beschwerdekammer zu erfahren, und dem zuständigen Gericht ausreichende Angaben an die Hand gibt, damit es seine Kontrolle wahrnehmen kann (vgl. Urteil Mozart, Randnr. 55).

41      Die Beschwerdekammer hat in ihrer Entscheidung ausgeführt, dass die Eintragung des angemeldeten Zeichens aufgrund seines beschreibenden Charakters nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 abgelehnt werden müsse, und die tatsächlichen Umstände dargelegt, die die Anwendung dieser Bestimmung rechtfertigten. Die Begründung der angefochtenen Entscheidung hat es somit zum einen der Klägerin ermöglicht, die Gründe für das gefundene Ergebnis zu erfahren, und zum anderen dem Gericht ausreichende Angaben an die Hand gegeben, damit es seine Kontrolle wahrnehmen kann. Außerdem war die Beschwerdekammer nicht verpflichtet, speziell auf das Vorbringen der Klägerin zu den Lösungen im Rahmen von Entscheidungen über ähnliche Marken einzugehen, da diese Entscheidungen keinen Einfluss auf den Erlass der angefochtenen Entscheidung haben.

42      Daraus folgt, dass die angefochtene Entscheidung ausreichend begründet ist und den oben in den Randnrn. 39 und 40 genannten, von der Unionsrechtsprechung aufgestellten Anforderungen entspricht.

43      Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ist der zweite Klagegrund in vollem Umfang zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund, mit dem eine fehlerhafte Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gerügt wird

44      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die Beschwerdekammer auf der Grundlage einer fehlerhaften Beurteilung festgestellt habe, dass dem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft fehle. Sie trägt vor, dass das angemeldete Zeichen entgegen den Behauptungen der Beschwerdekammer nicht beschreibend sei, dass seine Verwendung im Zusammenhang mit entsprechenden Waren durch Dritte keine beschreibende Verwendung darstelle und dass ein Überraschungseffekt nicht erforderlich sei, um dem Zeichen Unterscheidungskraft zu verleihen. Dadurch, dass die Beschwerdekammer die fehlende Unterscheidungskraft auf der Grundlage dieser Argumentation hergeleitet habe, ohne andere Gründe zu nennen, habe sie zu Unrecht auf das Bestehen eines Eintragungshindernisses gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geschlossen.

45      Das HABM tritt diesem Vorbringen entgegen.

46      Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 ist ein Zeichen bereits dann von der Eintragung als Gemeinschaftsmarke ausgeschlossen, wenn nur eines der dort genannten absoluten Eintragungshindernisse vorliegt (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 19. September 2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, Slg. 2002, I‑7561, Randnr. 29, und des Gerichts vom 26. Oktober 2000, Community Concepts/HABM [Investorworld], T‑360/99, Slg. 2000, II‑3545, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Wie sich aus der Prüfung des ersten Klagegrundes ergibt, hat die Beschwerdekammer zu Recht entschieden, dass das angemeldete Zeichen beschreibend für die betroffenen Waren ist und dass daher einer Eintragung als Gemeinschaftsmarke das absolute Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 entgegensteht.

48      Daraus folgt, dass dieser Klagegrund ins Leere geht.

49      Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

 Kosten

50      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Paul Hartmann AG trägt die Kosten.

Papasavvas

Jürimäe

O’Higgins

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. November 2012.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.