Language of document : ECLI:EU:C:2002:437

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

FRANCIS G. JACOBS

vom 11. Juli 2002(1)

Rechtssache C-112/00

Firma Eugen Schmidberger Internationale

Transporte und Planzüge

gegen

Republik Österreich

1.
    Bei dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Innsbruck (Österreich) geht es im Wesentlichen um den Umfang der Verpflichtung eines Mitgliedstaats, wichtige Transitrouten zur Sicherstellung des freien Warenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft freizuhalten, und insbesondere handelt es sich darum, ob ein Mitgliedstaat zu diesem Zweck erforderlichenfalls eine Versammlung mit umweltpolitischer Zielsetzung, deren Veranstalter ihr Grundrecht der Meinungs- und der Versammlungsfreiheit ausüben, untersagen muss, und unter welchen Umständen er in diesem Zusammenhang für einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht haftet.

Sachverhalt und Verfahren

2.
    Die wichtigsten Transitrouten zwischen Norditalien und Süddeutschland - über die auch ein großer Teil des Verkehrs zwischen ganz Italien und Nordeuropa fließt - führen über die Alpen. Der Gebirgscharakter dieser Region lässt nur eine beschränkte Zahl an Straßen zu und verschärft die verschiedenen die Umwelt belastenden Verkehrsauswirkungen. Die Haupt-, wenn nicht die einzige innergemeinschaftliche Route, die Schwerlastfahrzeuge ohne größeren Umweg befahren können, führt durch den Brenner-Korridor, einen wichtigen Teil des transeuropäischen Verkehrsnetzes in den österreichischen Alpen. Die Umweltbelastung entlang dieser Route, die in Österreich immer Anlass zu großer Sorge war, hat beunruhigende Ausmaße angenommen(2).

3.
    Die widerstreitenden Belange des Verkehrs und des Umweltschutzes in der Region wurden in der von der Gemeinschaft 1996 genehmigten Alpenkonvention anerkannt(3). In der Präambel dieses Übereinkommens wird die Bedeutung der Alpen als Lebens- und Wirtschaftsraum für die einheimische Bevölkerung und als Träger bedeutender Verkehrswege für andere Regionen hervorgehoben, die Notwendigkeit der Behebung ökologischer Schäden mit hohem Aufwand, beträchtlichen Kosten und langfristigem Einsatz anerkannt und das Ziel vorgegeben, wirtschaftliche Interessen mit den ökologischen Erfordernissen in Einklang zu bringen. In Artikel 2 Absatz 1 verpflichten sich die Vertragsparteien zu einer ganzheitlichen Politik des Schutzes und der Erhaltung unter Beachtung des Vorsorge-, Kooperations- und Verursacherprinzips. Nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe j haben sie zur Erreichung dieses Zieles insbesondere geeignete Maßnahmen zu ergreifen, und zwar auf dem Gebiet des Verkehrs

„mit dem Ziel, Belastungen und Risiken im Bereich des inneralpinen und alpenquerenden Verkehrs auf ein Maß zu senken, das für Menschen, Tiere und Pflanzen sowie deren Lebensräume erträglich ist, unter anderem durch eine verstärkte Verlagerung des Verkehrs, insbesondere des Güterverkehrs, auf die Schiene, vor allem durch Schaffung geeigneter Infrastrukturen und marktkonformer Anreize, ohne Diskriminierung aus Gründen der Nationalität“(4).

4.
    Die von der österreichischen Regierung ergriffenen Maßnahmen gegen die Umweltbelastung durch den Verkehr umfassen ein allgemeines Fahrverbot für LKWs an Samstagen von 15 Uhr bis 24 Uhr und an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 Uhr bis 22 Uhr(5) sowie für Fahrzeuge, die bestimmte Lärmgrenzwerte überschreiten, täglich von 22 Uhr bis 5 Uhr. Es bestehen allerdings verschiedene Ausnahmen, insbesondere für Tier-, Gefahrgut- und Eiltransporte.

5.
    Außerdem gibt es ein „Ökopunkte“-System(6), durch das die Straßenbenutzung und die NOx-Emissionen (Stickoxid) von LKWs im Transit durch Österreich gesteuert und eingeschränkt werden sollen, und die Gebühren für die Brenner-Autobahn sind nachts offenbar wesentlich höher. Fahrzeuge über 7,5 t dürfen die parallel zur Brenner-Autobahn laufende Bundesstraße nicht jederzeit benutzen, jedoch wird für Straßenfahrzeuge eine ebenfalls parallel laufende Eisenbahnstrecke zum „Huckepack-Verkehr“ oder als „rollende Landstraße“ durch den Korridor angeboten.

6.
    Die Firma Eugen Schmidberger Internationale Transporte und Planzüge (nachstehend: Klägerin) ist ein kleines Transportunternehmen mit Sitz in Rot an der Rot, Süddeutschland, dessen Haupttätigkeit offenbar darin besteht, zwischen dieser Region und Norditalien über die Brenner-Autobahn Holz- und Stahltransporte durchzuführen. Ihre LKWs scheinen den Lärmgrenzwerten für eine Befreiung vom Nachtfahrverbot in Österreich zu entsprechen.

7.
    Am 15. Mai 1998 kündigte das Transitforum Austria Tirol, ein Umweltschutzverein, bei den zuständigen österreichischen Behörden gemäß den einschlägigen österreichischen Rechtsvorschriften eine Versammlung auf der Brenner-Autobahn an der italienischen Grenze an, die eine Blockade der Strecke von Freitag, dem 12. Juni 1998, 11 Uhr, bis Samstag, dem 13. Juni 1998, 15 Uhr, bedeuten würde. Es ist darauf hingewiesen worden, dass darüber hinaus der Donnerstag, der 11. Juni, in diesem Jahr in Österreich ein gesetzlicher Feiertag war und dass natürlich am Samstag, dem 13., und Sonntag, dem 14. Juni, die gewöhnlichen Wochenendbeschränkungen galten.

8.
    Erklärtes Hauptziel der Versammlung war, wie sich aus den Akten des vorlegenden Gerichts ergibt, die nationalen und Gemeinschaftsbehörden aufzufordern, die verschiedenen Maßnahmen zur Beschränkung und zur Verringerung des Schwerlastverkehrs auf der Brenner-Autobahn und der dadurch verursachten Umweltbelastung zu verstärken.

9.
    Die örtlich zuständigen Behörden sahen keine rechtliche Grundlage für eine Untersagung der beantragten Versammlung - hatten aber offenbar die mögliche gemeinschaftsrechtliche Dimension der Frage nicht näher geprüft - und duldeten sie daher. Wie es scheint, waren diese Behörden, die Polizei, die Veranstalter der Versammlung und die Automobilclubs gemeinsam bestrebt, die durch die Blockade verursachten Behinderungen zu begrenzen. Die Versammlung wurde einer breiten Öffentlichkeit angekündigt; es wurden anscheinend Ausweichrouten (die allerdings länger waren)(7) vorgeschlagen, und es wurden Sonderzüge bereitgestellt, um Transportunternehmen die Benutzung der Einrichtungen der „rollenden Landstraße“ am Brenner zu ermöglichen. Diese Maßnahmen wurden dem Gerichtshof jedoch nicht im Einzelnen dargelegt.

10.
    Tatsächlich war die Autobahn vom 12. Juni, 9 Uhr, bis 13. Juni, 15.30 Uhr, für den gesamten Verkehr gesperrt und stand für den Schwerlastverkehr (soweit die Lärmgrenzwerte für die Nacht erfüllt waren) ab 14. Juni, 22 Uhr, wieder offen. Praktisch wird die Blockade wohl hauptsächlich Fahrzeuge über 7,5 t betroffen haben, da die anderen Fahrzeuge auf der parallelen Hauptstraße durch den Brenner-Korridor fahren konnten (diese Route wird aber aufgrund der Blockade überlastet und ohnehin für den Fernverkehr weniger geeignet gewesen sein).

11.
    Die Klägerin erhob vor den österreichischen Gerichten Klage gegen die Republik Österreich und machte im Wesentlichen geltend, die Behörden hätten ihre Verpflichtung zur Sicherstellung des freien Warenverkehrs entsprechend dem EG-Vertrag nicht erfüllt und hafteten der Klägerin dafür, soweit sie daran gehindert gewesen sei, mit ihren Fahrzeugen auf der normalen Transitroute zu fahren. Sie verlangte Schadensersatz für Stehzeiten, Verdienstausfall und weitere damit zusammenhängende Kosten.

12.
    Die Republik Österreich machte im Wesentlichen geltend, die Behörden hätten nach Abwägung der verschiedenen widerstreitenden Belange eine vernünftige Entscheidung getroffen. Sie seien zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass das unveräußerliche demokratische Recht der Versammlungsfreiheit in diesem Fall ausgeübt werden könne und dies keine ernsthafte oder dauerhafte Störung des Fernverkehrs mit sich bringe.

13.
    Die Klage wurde in der ersten Instanz abgewiesen, da die Beweislast für den Schaden nicht gemäß dem anwendbaren österreichischen Recht erfüllt sei. Das Landesgericht Innsbruck hielt eine Verhinderung vorgesehener Transporte durch die Versammlung nicht für nachgewiesen, weshalb sich die Prüfung der Frage erübrige, ob der Staat, wäre ein Schaden nachgewiesen, nach Gemeinschaftsrecht hafte.

14.
    Das Oberlandesgericht Innsbruck, bei dem die Berufung anhängig ist, hält es jedoch nicht für zulässig, das Verfahren auf diese Weise zu beenden, ohne zuvor eine Reihe wichtiger Aspekte des Gemeinschaftsrechts zu prüfen, und hat dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.    Sind die Grundsätze des freien Warenverkehrs im Sinne der Artikel 28 ff. EG (früher Artikel 30 EG-Vertrag) oder andere gemeinschaftsrechtliche Vorschriften dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat dazu verpflichtet ist, wichtige Transitrouten entweder unbedingt oder wenigstens so weit möglich und zumutbar von allen Beschränkungen und Behinderungen freizuhalten, und zwar unter anderem auch dadurch, dass eine auf einer Transitroute angemeldete Versammlung mit politischem Charakter dann nicht bewilligt werden darf oder wenigstens später aufgelöst werden muss, wenn oder sobald sie mit vergleichbarer Öffentlichkeitswirkung auch außerhalb der Transitroute abgehalten werden kann?

2.    Stellt der von einem Mitgliedstaat in seinen nationalen Vorschriften über das Versammlungsrecht und die Versammlungsfreiheit unterlassene Hinweis darauf, dass bei der Abwägung zwischen der Versammlungsfreiheit und dem öffentlichen Interesse auch die Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, vor allem der Grundfreiheiten und hier insbesondere die Vorschriften über den freien Warenverkehr zu beachten sind, wenn deshalb eine 28 Stunden dauernde Versammlung mit politischem Charakter bewilligt und durchgeführt wird, durch welche in Verbindung mit einem schon bestehenden nationalen generellen Feiertagsverbot eine wesentliche Route des innergemeinschaftlichen Warentransports für vier Tage - mit einer kurzen Unterbrechung von wenigen Stunden - unter anderem für den größten Teil des LKW-Verkehrs gesperrt wird, einen hinreichend schweren Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht dar, um bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine Haftung des Mitgliedstaats nach den Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts zu begründen?

3.    Stellt die Entscheidung einer nationalen Behörde, wonach die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, insbesondere über den freien Warenverkehr und über die allgemeine Mitwirkungs- und Treuepflicht des Artikels 10 EG (früher Artikel 5 EG-Vertrag), einer 28 Stunden dauernden Versammlung mit politischem Charakter, durch welche in Verbindung mit einem schon bestehenden nationalen generellen Feiertagsverbot eine wesentliche Route des innergemeinschaftlichen Warentransports für vier Tage - mit einer kurzen Unterbrechung von wenigen Stunden - unter anderem für den größten Teil des LKW-Verkehrs gesperrt wird, nicht entgegenstünden, so dass diese Versammlung nicht zu untersagen ist, einen hinreichend schweren Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht dar, um bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine Haftung des Mitgliedstaats nach den Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts zu begründen?

4.    Ist die Zielsetzung einer von der Behörde bewilligten Versammlung mit politischem Charakter, nämlich auf einen gesunden Lebensraum hinzuarbeiten und auf die gesundheitliche Gefährdung der Bevölkerung durch einen ständig steigenden LKW-Transitverkehr hinzuweisen, höherwertig einzustufen als die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts über den freien Warenverkehr im Sinne des Artikels 28 EG?

5.    Ist ein den Staatshaftungsanspruch rechtfertigender Schaden bereits dann gegeben, wenn der Geschädigte zwar sämtliche Voraussetzungen für die Erzielung eines Verdienstes nachweisen kann, im vorliegenden Fall also die Möglichkeit grenzüberschreitender Warentransporte mit von ihm betriebenen, aber durch die 28 Stunden dauernde Versammlung 4 Tage stillstehenden LKWs, nicht aber den Ausfall einer konkreten Transportfahrt nachweisen kann?

6.    Im Falle der Verneinung der vierten Frage:

    Muss der Mitwirkungs- und Treueverpflichtung nationaler Behörden, insbesondere der Gerichte im Sinne des Artikels 10 EG, und dem Effizienzgrundsatz dadurch Rechnung getragen werden, dass nationale, die Geltendmachung gemeinschaftsrechtlich begründeter Ansprüche, wie hier des Staatshaftungsanspruchs, beschränkende Regeln des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts so lange nicht anzuwenden sind, bis über den Inhalt des gemeinschaftsrechtlichen Anspruchs, soweit erforderlich nach Befassung des Gerichtshofes der EG im Vorabentscheidungsverfahren, vollständige Klarheit gewonnen ist?

15.
    Schriftliche und mündliche Erklärungen haben abgegeben die Klägerin, die österreichische Regierung als beklagte Partei des Ausgangsverfahrens und nach Artikel 20 der Satzung des Gerichtshofes als Mitgliedstaat, die griechische, die italienische und die niederländische Regierung sowie die Kommission. In der mündlichen Verhandlung sind zudem Erklärungen abgegeben worden für die finnische Regierung.

Zulässigkeit - Nationale Vorschriften über den Nachweis des Schadens - Fragen 5 und 6

16.
    Die Klägerin verlangt im Ausgangsverfahren von der Republik Österreich Ersatz für einen Schaden, der ihr durch den Verstoß des Staates gegen seine Verpflichtung zur Sicherstellung des freien Warenverkehrs entsprechend Artikel 28 EG entstanden sein soll. Vor dem Gerichtshof ist zwar ausführlich behandelt worden, welchen Umfang diese Verpflichtung hat und wie sie mit der Ausübung bestimmter grundlegender Menschenrechte in Einklang gebracht werden kann; ein vielleicht grundlegenderes Problem in dieser Rechtssache, in der es um den Nachweis des Schadens als Voraussetzung für den Schadensersatz geht, hat jedoch die österreichische Regierung aufgeworfen, indem sie die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens in Zweifel zieht. Diese Frage ist vorzuziehen.

17.
    Die österreichische Regierung trägt im Wesentlichen vor, da die Klägerin nicht in der Lage gewesen sei, das Vorliegen eines konkreten Schadens nachzuweisen, bestehe kein Grund, sich zu fragen, ob die übrigen Voraussetzungen für die Staatshaftung erfüllt seien.

18.
    Das Problem bzw. Problembündel, um das es hier geht, hat zwei Seiten: Zum einen stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens und zum anderen die Frage nach der Vereinbarkeit einer nationalen Bestimmung oder Regelung, die zur Abweisung eines Schadensersatzanspruchs ohne umfassende Prüfung in der Sache führen könnte, mit dem Gemeinschaftsrecht. Die Problematik wird von der österreichischen Regierung in Bezug auf Frage 5 des vorlegenden Gerichts aufgeworfen und scheint auch Frage 6 zu betreffen. Ich werde daher die Fragen 5 und 6 gleich nach Prüfung der Zulässigkeit der Vorlage behandeln, da diese Probleme eng miteinander verknüpft sind.

19.
    Es erscheint jedoch angebracht, zuerst kurz die Rechtsprechung des Gerichtshofes in Erinnerung zu rufen.

Haftung eines Mitgliedstaats für einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht: Schadensersatz

20.
    Seit dem Urteil Francovich(8) steht fest, dass ein Mitgliedstaat vom Geschädigten wegen Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht in Haftung genommen werden kann. Die Regeln, denen diese Haftung unterliegt, sind in einer Reihe von Urteilen weiter erläutert worden - am ausführlichsten vielleicht im Urteil Brasserie du Pêcheur(9) -, nämlich in dem Sinne, dass sie den Regeln im Bereich der außervertraglichen Haftung der Gemeinschaft nach Artikel 288 EG entsprechen, wie sie in der Rechtsprechung entwickelt wurden(10).

21.
    Das Gemeinschaftsrecht erkennt einen Entschädigungsanspruch an, sofern drei Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich dass die Rechtsnorm, gegen die verstoßen worden ist, bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, dass der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und schließlich dass zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht(11).

22.
    Diese drei Voraussetzungen sind erforderlich und ausreichend, um für den Einzelnen einen Entschädigungsanspruch unmittelbar aus dem Gemeinschaftsrecht zu begründen, auch wenn die Haftung des Staates auf der Grundlage des nationalen Rechts unter weniger einschränkenden Voraussetzungen ausgelöst werden kann. Der Staat hat die Folgen des verursachten Schadens im Rahmen des nationalen Haftungsrechts zu beheben, wobei die dort festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein dürfen als bei entsprechenden innerstaatlichen Ansprüchen; auch dürfen diese Voraussetzungen nicht so ausgestaltet sein, dass die Erlangung der Entschädigung praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert ist(12).

23.
    Es ist Sache der nationalen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, die Kriterien festzulegen, anhand deren der Umfang der Entschädigung bestimmt werden kann, doch muss die Entschädigung dem entstandenen Schaden angemessen sein, so dass ein effektiver Schutz der Rechte des Einzelnen gewährleistet ist. Die Kriterien dürfen nicht ungünstiger sein als bei entsprechenden Ansprüchen nach nationalem Recht; auch dürfen sie nicht so ausgestaltet sein, dass die Entschädigung praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert ist. Das nationale Gericht kann prüfen, ob sich der Geschädigte in angemessener Form um die Verhinderung des Schadenseintritts oder um die Begrenzung des Schadensumfangs bemüht hat, doch darf der Verlust einer Gewinnmöglichkeit nicht vollständig vom ersatzfähigen Schaden ausgeschlossen werden, da andernfalls insbesondere bei Rechtsstreitigkeiten wirtschaftlicher oder kommerzieller Natur ein Ersatz des Schadens tatsächlich unmöglich werden könnte(13).

24.
    Damit besteht nach Gemeinschaftsrecht ein Entschädigungsanspruch, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind. Die Durchsetzung dieses Anspruchs ist jedoch weitgehend den nationalen Gerichten überlassen und unterliegt dem nationalen Prozessrecht, wobei bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Insbesondere muss die nationale Rechtsordnung den Grundsätzen der Gleichwertigkeit (die Kriterien dürfen nicht ungünstiger sein als bei entsprechenden Ansprüchen nach nationalem Recht) und der Effizienz (die Erlangung der Entschädigung darf nicht praktisch unmöglich oder übermäßig schwer sein) entsprechen.

Vorlagebeschluss und Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

25.
    Die fünfte Vorlagefrage geht im Wesentlichen dahin, ob in diesem Zusammenhang einem Wirtschaftsteilnehmer in der Situation der Klägerin ein Entschädigungsanspruch zusteht, wenn er zwar nachweisen kann, dass ohne den angeblichen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht (der selbstverständlich als solcher nachweisbar sein muss) eine Verdienstmöglichkeit für ihn bestanden hätte, aber nicht nachweisen kann, dass er durch den Verstoß tatsächlich einen konkreten Verdienstausfall hatte. In seiner Begründung äußert das vorlegende Gericht überdies Zweifel hinsichtlich der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Bestimmung des Umfangs des Schadens: Darf im nationalen Recht die Ersatzfähigkeit auf bestimmte identifizierbare und quantifizierbare Schäden begrenzt werden, oder können auch, etwa aufgrund eines Pauschalsatzes, Stehzeiten, in denen kein Verdienst möglich war, berücksichtigt werden, selbst wenn der Verlust einer konkreten Verdienstmöglichkeit nicht nachgewiesen werden kann?

26.
    Die sechste Vorlagefrage geht im Wesentlichen dahin, ob ein nationales Gericht eine bei ihm anhängige Klage auf Ersatz eines angeblich durch einen Verstoß des Staates gegen Gemeinschaftsrecht entstandenen Schadens abweisen kann, ohne vorher die gemeinschaftsrechtlichen Aspekte zu prüfen, wenn nach dem nationalen Recht bestehende Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs fehlen. Anstoß zu dieser Frage geben die den nationalen Stellen einschließlich der Gerichte nach Artikel 10 EG obliegende Pflicht, die Einhaltung des Vertrages sicherzustellen, und das Effizienzgebot im Bereich dieser Ansprüche. Das vorlegende Gericht scheint insbesondere Bedenken in dem Sinne zu haben, dass die österreichischen Vorschriften über die Substanziierung von Schadensersatzansprüchen, auf deren alleiniger Grundlage das erstinstanzliche Gericht die Klage abwies, zu strikt sein könnten, um dem Effizienzgrundsatz zu entsprechen, und dass gemeinschaftsrechtlich begründete Ansprüche durch diese Vorschriften unterlaufen werden könnten.

27.
    Die österreichische Regierung ist der Auffassung, es sei Sache des nationalen Rechts, die Kriterien für die Bestimmung des Umfangs des Ersatzes festzulegen, sofern das Gleichwertigkeits- und das Effizienzgebot beachtet würden. Nach österreichischem Recht setze ein Schadensersatzanspruch den Nachweis eines tatsächlichen, nicht bloß hypothetischen Schadens voraus. Die Klage sei in der ersten Instanz abgewiesen worden, weil die Klägerin einen solchen tatsächlichen Schaden nicht nachgewiesen habe. Dieses Kriterium gelte für Ansprüche nach nationalem Recht ebenso wie für gemeinschaftsrechtliche Ansprüche, so dass von einer Nichtbeachtung des Gleichwertigkeitsgebots keine Rede sein könne. Ebenso wenig könne davon gesprochen werden, dass es die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs unmöglich mache oder übermäßig erschwere, denn seine Anwendung sei in Österreich gängige Praxis, ohne dass dies zu Problemen oder Beanstandungen geführt hätte. Das Fehlen des notwendigen Schadensnachweises stelle bei einem Anspruch auf Schadensersatz ein absolutes Verfahrenshindernis dar, so dass die Fragen des vorlegenden Gerichts für die Erledigung des Rechtsstreits irrelevant oder jedenfalls verfrüht seien, falls die Sache an das Landesgericht zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts zurückverwiesen werde.

28.
    Die Klägerin trägt vor, sie könne den Ausfall von sieben konkreten Fahrten aufgrund der Blockade nachweisen, doch müsse es jedenfalls möglich sein, für den Verdienstausfall im Wege einer Klage gegen den Staat wegen Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht eine Entschädigung zu erlangen. Um einen effektiven Rechtsschutz des Geschädigten sicherzustellen, könne die Entschädigung auf der Grundlage von Pauschalsätzen entsprechend der Dauer der Stehzeiten, in denen ein Verdienst unmöglich gewesen sei, festgesetzt werden. Durch Abweisung der Klage allein aufgrund des nationalen Rechts ohne Prüfung der Begründetheit nach Gemeinschaftsrecht habe das Erstgericht das Gemeinschaftsrecht völlig umgangen. Mit einer solchen Umgehung verstoße ein nationales Gericht gegen seine Mitwirkungspflicht nach Artikel 10 EG, wonach es vor Abweisung einer Klage sämtliche gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkte zu prüfen und erforderlichenfalls dem Gerichtshof vorzulegen habe.

Beurteilung

a) Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens

29.
    In dieser Hinsicht teile ich die Bedenken der österreichischen Regierung nicht.

30.
    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist es allein Sache des nationalen Gerichts, die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung und die Erheblichkeit der vorgelegten Fragen zu beurteilen. Betreffen die vorgelegten Fragen die Auslegung des Gemeinschaftsrechts, so ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden. In Ausnahmefällen kann der Gerichtshof zur Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit die Umstände untersuchen, unter denen er angerufen wird. Er kann jedoch die Entscheidung über eine Vorlagefrage nur ablehnen, wenn die erbetene Auslegung offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung erforderlich sind(14). Vorliegend behauptet die österreichische Regierung im Wesentlichen, das Problem sei hypothetischer Natur.

31.
    Sie hat allerdings selbst die Möglichkeit erwähnt, dass über die Rechtssache erst nach weiterer Aufklärung des Sachverhalts abschließend befunden wird. Folglich ist es, da eine solche weitere Aufklärung überflüssig wäre, wenn sich herausstellte, dass im Gemeinschaftsrecht keine Anspruchsgrundlage zu finden ist, nicht sinnlos, wenn das vorlegende Gericht vor einer Entscheidung über die Notwendigkeit weiterer Sachverhaltsaufklärung um Erläuterungen zu den möglicherweise erheblichen gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkten bittet. Die Antworten des Gerichtshofes können für diese Entscheidung erheblich sein oder in einem späteren Verfahrensstadium erheblich werden. Die Fragen sind im vorliegenden Fall nicht hypothetisch, auch wenn sie am Ende vielleicht nicht alle für eine Lösung nützlich sein werden. Überdies ist es Sache des nationalen Gerichts, zu entscheiden, in welchem Verfahrensstadium es einer Vorabentscheidung des Gerichtshofes bedarf(15).

b) Fragen 5 und 6

32.
    Diese Fragen betreffen die Anwendung nationaler Vorschriften über die Substanziierung des entstandenen Schadens, insbesondere soweit sie dazu führen können, dass von einer weiteren Prüfung eines gemeinschaftsrechtlichen Entschädigungsanspruchs abgesehen wird.

33.
    Wie bereits erwähnt, unterliegen solche Ansprüche dem nationalen Recht, sofern die Grundsätze der Gleichwertigkeit und der Effizienz gewahrt sind. Da im Zusammenhang mit den gegebenen Rechtsbehelfen oder dem einschlägigen Verfahren von Diskriminierung keine Rede ist, ist der Gleichwertigkeitsgrundsatz nicht betroffen. Es braucht nur untersucht zu werden, ob der Effizienzgrundsatz beachtet ist. Die folgenden Ausführungen sollten dem vorlegenden Gericht bei seiner Prüfung dienlich sein.

34.
    Das Gemeinschaftsrecht gebietet eine Entschädigung unter drei Voraussetzungen: i) Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes eines Staates gegen ii) eine Rechtsvorschrift, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, und iii) Bestehen eines unmittelbaren Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verstoß und dem entstandenen Schaden. Die dritte Voraussetzung schließt das Vorliegen eines Schadens ein(16); liegt kein Schaden vor oder ist er nicht nachweisbar, so muss ein Entschädigungsanspruch scheitern. Es ist daher wichtig, dass nationale Vorschriften, um dem Effizienzgrundsatz zu genügen, die Erlangung einer Entschädigung für eine bestimmte Art von Schaden oder dessen Nachweis nicht unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Tun sie das, so dürfen sie nicht angewandt werden, und zwar weder vor noch nach der Prüfung anderer gemeinschaftsrechtlicher Gesichtspunkte.

35.
    In diesem Zusammenhang besteht kein Zwang, die drei Voraussetzungen der Staatshaftung in einer besonderen Reihenfolge zu prüfen. Da es sich um kumulative Voraussetzungen handelt, genügt es für das Scheitern des Anspruchs, dass eine von ihnen nicht vorliegt. Ist ein Schaden (und/oder Kausalzusammenhang) nicht nachweisbar, so braucht nicht geprüft zu werden, ob gegen eine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, verstoßen wurde und ob der Verstoß hinreichend qualifiziert war. Im Gegenteil, die Erfordernisse der Prozessökonomie würden einer solchen Vorgehensweise wohl widersprechen.

36.
    Das vorlegende Gericht bittet um Erläuterungen zu der Frage, ob die Klägerin einen Anspruch wegen Verdienstausfalls auch dann verfolgen können muss, wenn sie nicht den Ausfall einer konkreten Fahrt nachweisen kann, sondern nur, dass für sie ohne den behaupteten Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht eine Verdienstmöglichkeit bestanden hätte. Es ist jedoch schwierig, ohne genaue Kenntnis des Inhalts und der Wirkungen der nationalen Bestimmung oder Regelung, die der Verfolgung dieses Anspruchs entgegensteht, eine passende Erläuterung zu geben(17).

37.
    Jedoch ist klar, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der an der Ausübung seiner Geschäfte gehindert wird, wirtschaftliche Verluste erleidet und dafür grundsätzlich eine Entschädigung erlangen können muss. Wenn die Klägerin aufgrund eines Verstoßes der österreichischen Behörden gegen Gemeinschaftsrecht daran gehindert war, ihren Geschäften nachzugehen, darf das österreichische Recht eine Entschädigung nicht ausschließen.

38.
    Das Vorbringen der Klägerin, sie sei an der Durchführung einer Reihe von konkreten Fahrten gehindert gewesen, wurde, wie es scheint, vom Landesgericht im Wesentlichen deshalb zurückgewiesen, weil ihre Tatsachenbehauptungen während des Verfahrens geändert wurden und auf einer Reihe von vorgelegten Belegen die Daten offenbar nachträglich abgeändert worden waren, was ihre Glaubwürdigkeit minderte.

39.
    Die Sorge des vorlegenden Gerichts, die Durchsetzung der nach österreichischem Recht bestehenden Pflicht, alle notwendigen anspruchsbegründenden Tatsachen vollständig und richtig anzugeben sowie das Begehren vollständig und richtig vorzutragen, könnte der Prüfung eines gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkts Abbruch tun, scheint mir angesichts solcher konkreten Behauptungen unerheblich. Stützt ein Kläger einen Anspruch auf die Stornierung identifizierbarer Aufträge, so lässt sich kaum nachvollziehen, wie die Forderung, dass er seiner Behauptungs- und Beweislast vollständig und richtig nachkomme, auf irgendeine Weise die Geltendmachung dieses Anspruchs übermäßig erschweren können soll.

40.
    Überdies muss die Beurteilung der Glaubwürdigkeit dem zuständigen nationalen Gericht vorbehalten bleiben. Hier gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass irgendwelche Kriterien angewandt worden wären, die die Geltendmachung eines Anspruchs übermäßig erschweren würden, oder dass überhaupt andere Kriterien angewandt worden wären als die unabhängige und freie Würdigung des Gerichts.

41.
    Sind konkrete Auftragsstornierungen nicht nachweisbar, so bedeutet dies jedoch nicht, dass der Klägerin keinerlei Schaden entstanden sein kann. Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass ein solcher Schaden durch den Bericht eines Buchprüfers oder die Vernehmung des Buchhalters der Klägerin nachgewiesen werden könne. Ein solcher Nachweis käme auch für die Feststellung des Umfangs eines Schadens in Betracht.

42.
    Das Landesgericht hat das Angebot der Klägerin, eine schriftliche Erklärung ihres Steuerberaters vorzulegen, offenbar mit der Begründung zurückgewiesen, eine solche Erklärung sei kein Sachverständigengutachten, sondern gebe nur den Wissensstand des Verfassers wieder, der mangels weiterer Urkunden nicht nachprüfbar sei; sie sei jedenfalls entsprechend den Grundsätzen des österreichischen Zivilprozessrechts unmittelbar mündlich vor Gericht abzugeben.

43.
    Das Erfordernis, einen Beweis unmittelbar und mündlich vor Gericht zu führen, scheint die Geltendmachung eines Anspruchs nicht übermäßig zu erschweren, sondern erscheint als völlig normale Verfahrensweise bei vielen Gerichten. Die Nichtzulassung eines bestimmten Beweismittels könnte jedoch unter bestimmten Umständen als Behinderung angesehen werden. Kann ein entgangener Gewinn zu einem bestimmten Zeitpunkt nur durch das Testat eines Buchhalters nachgewiesen werden, so erschiene eine Vorschrift, die die Führung eines solchen Beweises verbietet, als ein Ausschluss jeder Anspruchsverfolgung. Dies wäre aber nur dann der Fall, wenn es keinen anderen zulässigen und nicht übermäßig schwierigen Weg gäbe, den gleichen Sachverhalt zu beweisen.

44.
    In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass als allgemeine Regel die Beweislast den Kläger trifft. Es ist jedoch nicht hinnehmbar, wenn diese Last in Verfahrensvorschriften so erschwert wird, dass gemeinschaftsrechtlich begründete Ansprüche undurchsetzbar werden, wie es z. B. in der Rechtssache San Giorgio(18) der Fall war, in der der Gerichtshof befand, dass im Fall einer gemeinschaftsrechtswidrig erhobenen Abgabe eine Vermutung oder Beweisregel, die dem Abgabenpflichtigen, um die Erstattung erlangen zu können, den Beweis auferlege, dass die Abgabe nicht auf andere abgewälzt worden sei, oder bestimmte Beweismittel ausschließe, nicht zulässig sei.

45.
    Eine andere vom vorlegenden Gericht besonders gestellte Frage geht dahin, ob dann, wenn zwar der Verlust einer Verdienstmöglichkeit, nicht aber die genaue Höhe des Schadens nachgewiesen werden kann, eine Entschädigung zuzusprechen ist, etwa auf der Grundlage eines Pauschalsatzes für jede Stunde, in der LKWs standen.

46.
    Es ist nicht Sache des Gerichtshofes, einer nationalen Rechtsordnung eine bestimmte Methode der Schadensberechnung vorzugeben. Es ist lediglich daran zu erinnern, dass die Entschädigung dem entstandenen Schaden angemessen sein muss. Der allgemeine Grundsatz für die Berechnung eines Vermögensschadens ist der, dass die Lage des Geschädigten, wie sie durch den Schadensfall entstanden ist, mit seiner (hypothetischen) Lage ohne den fraglichen Schadensfall verglichen werden muss(19). Kann der Schaden in der Praxis nicht auf diese Weise genau berechnet werden, so erscheint stattdessen eine abstrakte pauschale Entschädigung sinnvoll, solange sie „dem entstandenen Schaden angemessen“ ist.

47.
    Zu den Fragen der Beweisführung ist ferner hervorzuheben, dass ein Kläger, der sich in der Situation der Klägerin befindet, einen Kausalzusammenhang zwischen dem fraglichen Verstoß und dem entstandenen Schaden nachweisen muss und dass für die Beurteilung der Frage, ob einschlägige nationale Vorschriften akzeptabel sind, ähnliche Überlegungen wie die oben angeführten gelten.

48.
    Falls schließlich die Voraussetzungen für eine Entschädigung vorliegen sollten, stünde es sicherlich nicht im Widerspruch zum Effizienzgebot, wenn das vorlegende Gericht das Verhalten der Klägerin berücksichtigte und feststellte, ob sie sich in angemessener Form um die Verhinderung des Schadenseintritts oder um die Begrenzung des Schadensumfangs bemüht hat(20), insbesondere im Hinblick auf die Wahl der zur Verfügung stehenden Ausweichrouten oder anderen Transportmittel.

49.
    Das Ergebnis zu den Fragen 5 und 6 lässt sich wie folgt zusammenfassen:

-    Nach Gemeinschaftsrecht muss gegen den Staat auf Entschädigung geklagt werden können, wenn der Kläger nachweisen kann, dass ihm ein Schaden entstanden ist, der in Form eines unmittelbaren Kausalzusammenhangs auf einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine gemeinschaftsrechtliche Vorschrift, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, zurückgeführt werden kann.

-    Ein solcher Schaden umfasst den Verlust einer Gewinnmöglichkeit, wenn alle sonstigen Voraussetzungen für die Entschädigung vorliegen.

-    Nationale Vorschriften, die einen Entschädigungsanspruch für einen solchen Schaden ausschließen oder dem Kläger den Nachweis eines solchen Schadens unmöglich machen oder übermäßig erschweren, dürfen weder vor noch nach der Prüfung anderer gemeinschaftsrechtlicher Gesichtspunkte angewandt werden.

-    Fehlen solche Vorschriften und kann der Kläger das Vorliegen eines solchen Schadens nicht nachweisen, so braucht das nationale Gericht, bei dem die Klage anhängig ist, jedoch nicht andere gemeinschaftsrechtliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

-    Die Entschädigung muss dem entstandenen Schaden angemessen sein, kann aber, wenn der entsprechende Vermögenswert nicht genau bestimmt werden kann, auf der Grundlage einer angemessenen Pauschalregelung berechnet werden.

Freier Warenverkehr und politische Versammlungen - „Hinreichend qualifizierter Verstoß“ gegen das Gemeinschaftsrecht - Fragen 1 bis 4

50.
    Mit seinen ersten vier Fragen ersucht das vorlegende Gericht um Erläuterung einiger miteinander zusammenhängender Probleme, die zum Tragen kommen, wenn der Schaden und ein unmittelbarer Zusammenhang nachweisbar sind und es zu prüfen hat, ob die österreichischen Behörden einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht begangen haben, der hinreichend qualifiziert ist, um die Haftung gegenüber der Klägerin zu begründen.

51.
    Erstens (Frage 1) möchte das Gericht wissen, ob ein Mitgliedstaat nach Artikel 28 EG verpflichtet ist, wichtige Transitrouten zur Sicherstellung des freien Warenverkehrs freizuhalten, und inwieweit er etwa eine Versammlung mit umweltpolitischer Zielsetzung, durch die solche Routen blockiert werden, untersagen muss. Weiter fragt das Gericht, ob im Fall des Ausgangsverfahrens entweder (Frage 2) das Fehlen einer Rechtsvorschrift, nach der der Grundsatz des freien Warenverkehrs bei der Abwägung zwischen der Versammlungsfreiheit und dem öffentlichen Interesse zu berücksichtigen ist, oder (Frage 3) die Entscheidung einer nationalen Behörde, dass das Gemeinschaftsrecht einer solchen Versammlung nicht entgegensteht, einen hinreichend schweren Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht darstellt, um eine Haftung des Mitgliedstaats zu begründen. Schließlich fragt das Gericht (Frage 4), ob die umweltpolitische Zielsetzung einer Versammlung höher einzustufen ist als die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über den freien Warenverkehr.

52.
    Zunächst lassen sich ziemlich kurz zwei Feststellungen treffen, mit denen die Fragen 2 und 4 weitgehend beantwortet werden.

53.
    Erstens haben nationale Behörden, wie insbesondere die griechische Regierung und die Kommission ausführen und das vorlegende Gericht selbst bemerkt, in jedem Fall im Einklang mit den Vorschriften des EG-Vertrags zu handeln. Bei Vertragsvorschriften mit unmittelbarer Wirkung bedarf es keiner spezifischen Umsetzung in nationales Recht. Zudem gehen sie wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts abweichendem nationalem Recht vor(21). Daher kann ein von den nationalen Behörden etwa begangener Verstoß gegen solche Vorschriften nur darin liegen, dass die Versammlung geduldet wurde, und nicht in einem Versäumnis des Gesetzgebers, auf die Notwendigkeit, den Vertrag zu berücksichtigen, hinzuweisen.

54.
    Zweitens ist der Gesundheits- und der Umweltschutz in den Alpen zwar eindeutig ein wichtiges Anliegen, doch ist im vorliegenden Verfahren nicht über das Problem eines unmittelbaren Konflikts zwischen diesem Anliegen und dem freien Warenverkehr zu entscheiden. Meines Erachtens ist das Ziel der Versammlung für die Beurteilung einer etwaigen Haftung des Mitgliedstaats unerheblich. Wie wir noch sehen werden, kann es zwar sein, dass sich ein Mitgliedstaat, wenn Privatpersonen den freien Warenverkehr behindern, einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht vorhalten lassen muss(22); dies ist aber eine Folge seines eigenen Verhaltens, diese Handlungen nicht zu verhindern. Soweit Fragen nach dem Zweck eine Rolle spielen können, ist nur der Zweck in Betracht zu ziehen, den die Behörden verfolgt haben, indem sie die Versammlung duldeten, und es scheint, dass die Beweggründe der Behörden mit dem verfassungsmäßigen Recht der Versammlungsteilnehmer auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit zusammenhingen. Auf das mit der Ausübung dieser Freiheitsrechte verfolgte spezifische Ziel kann es nicht ankommen.

55.
    Daher braucht die vierte Frage des vorlegenden Gerichts in der Form, wie sie gestellt wurde, nicht beantwortet zu werden. Zu prüfen ist jedoch, ob sich die nationalen Behörden auf Überlegungen, die mit den verfassungsmäßigen Rechten der Versammlungsteilnehmer zusammenhängen, stützen können, eine Problematik, die auch das vorlegende Gericht aufgeworfen hat und in den Erklärungen vor dem Gerichtshof ausführlich erörtert worden ist.

56.
    Die zu behandelnden Fragen sind daher die,

i)    ob eine zeitweilige Sperre einer wichtigen Transitroute durch eine private Versammlung, die die Behörden eines Mitgliedstaats duldeten, dem Mitgliedstaat als Beschränkung des freien Warenverkehrs zuzurechnen und daher nach Artikel 28 ff. EG zu beurteilen ist;

ii)    ob eine solche Beschränkung des freien Handelsverkehrs gegebenenfalls durch die verfassungsmäßigen Rechte der Versammlungsteilnehmer gerechtfertigt sein kann;

iii)    falls ein Verstoß gegen Artikel 28 ff. EG nachweisbar ist, ob dieser Verstoß hinreichend qualifiziert ist, um eine Haftung des Mitgliedstaats für die dadurch verursachten Schäden zu begründen.

Beschränkung des freien Warenverkehrs

57.
    Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c EG umfasst die Gemeinschaft „einen Binnenmarkt, der durch die Beseitigung der Hindernisse für den freien Waren- ... [verkehr] gekennzeichnet ist“.

58.
    Nach Artikel 14 Absatz 2 EG umfasst der Binnenmarkt einen „Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren ... gewährleistet ist“.

59.
    Unter der Überschrift „Der freie Warenverkehr“ verbietet Artikel 28 EG mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten, und Artikel 29 verbietet mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung.

60.
    Artikel 10 EG lautet:

„Die Mitgliedstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus diesem Vertrag oder aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben. Sie erleichtern dieser die Erfüllung ihrer Aufgabe.

Sie unterlassen alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrags gefährden könnten.“

61.
    Zwei Probleme sind relativ einfach zu lösen.

62.
    Erstens gilt der in den Artikeln 3 Absatz 1 Buchstabe c, 14 Absatz 2 und 28 ff. EG verankerte Grundsatz des freien Warenverkehrs gleichermaßen für die Einfuhr, die Ausfuhr und die Durchfuhr von Waren. Was die Durchfuhr von Waren angeht, ergibt sich dies implizit aus Artikel 30 EG und wird durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes bestätigt(23). Im vorliegenden Fall ist es gleichgültig, ob die Sperre der Brenner-Autobahn die Einfuhr, die Ausfuhr oder nur die Durchfuhr von Waren nach, aus oder durch Österreich betraf.

63.
    Zweitens kann die zeitweilige Sperre einer wichtigen Transitroute durch einen Mitgliedstaat eine Beschränkung des freien Warenverkehrs darstellen. Der Gerichtshof hat entschieden, dass Artikel 28 darauf abzielt, alle unmittelbaren oder mittelbaren, tatsächlichen oder potenziellen Beeinträchtigungen der Einfuhrströme im innergemeinschaftlichen Handel zu beseitigen(24). Ferner hat er entschieden, dass Maßnahmen, die den Verkehr der Waren aufhalten, eine Beschränkung des freien Warenverkehrs bewirken(25). Meines Erachtens ist der österreichischen Regierung darin zuzustimmen, dass es auch bei wichtigen Transitrouten keine absolute Pflicht, den ungehinderten Transit von Waren zu jeder Zeit ohne Rücksicht auf die Kosten sicherzustellen, geben kann, deren Nichterfüllung stets einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht darstellt. Verzögerungen beispielsweise durch erforderliche Reparaturen sind verkehrsbedingt, und ihre Ursachen können unvermeidlich sein. Die Ursachen der zeitweiligen Blockade der Brenner-Autobahn waren aber nicht verkehrsbedingt, und die Blockade war nicht unvermeidlich. Daher war die fragliche Blockade grundsätzlich geeignet, eine Beschränkung des freien Warenverkehrs darzustellen.

64.
    Zwei weitere, näher zu prüfende Fragen sind die, ob die Auswirkungen der fraglichen Blockade hinreichend schwer wiegen, um die Anwendbarkeit der Verbote des Vertrages auszulösen, und ob die fragliche Blockade den österreichischen Behörden zuzurechnen ist.

- De minimis

65.
    Allgemein heißt es, für Artikel 28 EG gelte keine De-minimis-Regel. Wie ich jedoch bereits Gelegenheit hatte, zu erläutern(26), hat der Gerichtshof die Möglichkeit bejaht, dass manche Beschränkungen zu ungewisse und indirekte Wirkungen haben, als dass sie geeignet wären, den Handel zu behindern. Meines Erachtens können sie auch so geringfügig und von so kurzer Dauer sein, dass sie in dieselbe Kategorie fallen. Zum Beispiel dürfte es wohl fraglos ausgeschlossen erscheinen, dass eine kurze Verzögerung des Verkehrs auf einer Straße, die gelegentlich für den innergemeinschaftlichen Transport genutzt wird, in irgendeiner Weise unter Artikel 28 fällt. Eine längere Unterbrechung auf einer wichtigen Transitroute kann dagegen anders zu beurteilen sein.

66.
    Im vorliegenden Fall wissen wir nicht genau, in welchem Umfang der alpenquerende Handelsstrom durch Verzögerungen oder zusätzliche Kosten behindert wurde; soweit bekannt, hat sich nur die Klägerin über die Blockade beklagt, ohne aber bis jetzt einen konkreten Schaden nachweisen zu können. Jedoch scheinen den Brenner-Korridor hauptsächlich im innergemeinschaftlichen Handel jährlich Waren im Umfang von 33 Millionen Tonnen zu passieren(27). Insbesondere unter Berücksichtigung der Wochenend- und Nachtfahrverbote bedeutet dies selbst für ein 28-Stunden-Intervall, in dem die Route normalerweise frei gewesen wäre, einen nicht zu vernachlässigenden Handelsstrom. Hinzu kommt, dass praktisch der gesamte Überland-Handelsverkehr Italiens mit der übrigen Gemeinschaft über eine der wenigen Alpenrouten führt.

67.
    Vor diesem Hintergrund stellt meines Erachtens eine Blockade wie die streitige eine zu schwerwiegende Behinderung des freien Warenverkehrs dar, um unter eine etwa geltende De-minimis-Regel fallen zu können.

- Ist die Blockade den österreichischen Behörden zuzurechnen?

68.
    Die fragliche Beschränkung beruht vor allem auf dem autonomen und freiwilligen Verhalten von Privatpersonen und nur in zweiter Linie auf dem Umstand, dass die österreichischen Behörden die Versammlung duldeten. Ist die Blockade der Brenner-Autobahn (auch) diesen Behörden zuzurechnen?

69.
    Im Urteil Kommission/Frankreich(28) war der Gerichtshof mit der Untätigkeit der französischen Behörden bei Gewalttaten befasst, die Privatpersonen und Protestbewegungen französischer Landwirte gegen landwirtschaftliche Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten verübt hatten. Diese Taten bestanden u. a. im Anhalten von Lastwagen mit solchen Erzeugnissen in Frankreich und in der Vernichtung ihrer Ladung, in Angriffen auf Lastwagenfahrer, in der Bedrohung französischer Supermärkte, die landwirtschaftliche Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten verkauften, sowie in der Beschädigung solcher in französischen Geschäften ausliegenden Waren(29).

70.
    Der Gerichtshof führte aus, dass Artikel 28 EG nicht nur auf den Staat zurückzuführende Maßnahmen verbiete, sondern auch, insbesondere in Verbindung mit Artikel 10 EG, dass ein Mitgliedstaat es versäume, ausreichende Maßnahmen zur Beseitigung von Hemmnissen für den freien Verkehr zu treffen, die von Privatpersonen in seinem Gebiet geschaffen worden seien. Im Licht ihrer ausschließlichen Zuständigkeit für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung stehe es zwar im Ermessen der Mitgliedstaaten, zu entscheiden, welche Maßnahmen in einer bestimmten Situation am geeignetsten seien, doch sei es Sache des Gerichtshofes, unter Berücksichtigung dieses Ermessens die Geeignetheit der ergriffenen Maßnahmen zu prüfen(30).

71.
    Die fraglichen Vorfälle umfassten schwerwiegende strafbare Handlungen, die seit mehr als zehn Jahren regelmäßig vorgekommen seien, die französischen Behörden seien wiederholt an ihre Pflicht zur Sicherstellung des freien Warenverkehrs erinnert worden, und es seien nur sehr wenige präventive oder repressive Maßnahmen ergriffen worden, obwohl die Behörden über die Vorfälle oft vorher informiert gewesen seien und die Verantwortlichen oft hätten identifiziert werden können(31).

72.
    Das Verteidigungsvorbringen, dass Anlass zu der Befürchtung bestanden habe, bei entschiedenerem Vorgehen der zuständigen Behörden könne es zu noch schwereren und gewalttätigen Reaktionen der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer kommen, wies der Gerichtshof mit folgender Feststellung zurück: „Der betreffende Mitgliedstaat hat alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um die volle, wirksame und korrekte Anwendung des Gemeinschaftsrechts im Interesse aller Wirtschaftsteilnehmer sicherzustellen, sofern er nicht nachweist, dass sein Tätigwerden Folgen für die öffentliche Ordnung hätte, die er mit seinen Mitteln nicht bewältigen könnte.“(32)

73.
    Der Gerichtshof stellte daher fest, dass die französische Regierung dadurch gegen die Verpflichtungen aus Artikel 28 in Verbindung mit Artikel 10 EG-Vertrag (und aus den gemeinsamen Marktorganisationen für landwirtschaftliche Erzeugnisse) verstoßen habe, „dass sie nicht alle erforderlichen und angemessenen Maßnahmen ergriffen hat, damit der freie Warenverkehr mit Obst und Gemüse nicht durch Handlungen von Privatpersonen beeinträchtigt wird“.

74.
    Es kann hinzugefügt werden, dass der Rat nach dem Urteil Kommission/Frankreich - und damit einige Monate nach den im vorliegenden Fall maßgebenden Ereignissen - die Verordnung Nr. 2679/98(33) erließ, in der die Pflichten der Mitgliedstaaten für den Fall erläutert werden, dass der freie Warenverkehr durch Handlungen von Privatpersonen blockiert wird.

75.
    Dieser Verordnung unterliegen möglicherweise gegen die Artikel 28 ff. des Vertrages verstoßende Behinderungen des freien Warenverkehrs, für die ein Mitgliedstaat verantwortlich ist, gleichgültig, ob sie sich aus einem Handeln oder aus einem Nichteinschreiten dieses Mitgliedstaats ergeben, und die a) aufgrund einer physischen oder sonstigen Verhinderung, Verzögerung oder Umleitung der Einfuhr von Waren in, ihrer Ausfuhr aus oder ihrer Verbringung durch den Mitgliedstaat eine schwerwiegende Beeinträchtigung des freien Warenverkehrs hervorrufen, b) einen ernsthaften Schaden für die betroffenen Personen verursachen und c) ein unmittelbares Handeln verlangen, um jedes Fortbestehen, jede Ausdehnung oder Verschlimmerung der Beeinträchtigung oder des Schadens zu verhindern. Ein „Nichteinschreiten“ liegt vor, wenn die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats angesichts von Behinderungen, die durch Handlungen von Personen verursacht werden, es unterlassen, im Rahmen ihrer Befugnisse alle erforderlichen, der Situation angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, um die Behinderung zu beseitigen und den freien Warenverkehr in ihrem Gebiet sicherzustellen(34).

76.
    Tritt eine solche Behinderung ein, so hat der betroffene Mitgliedstaat alle erforderlichen, der Situation angemessenen Maßnahmen zu treffen, um den freien Warenverkehr in seinem Gebiet nach Maßgabe des Vertrages sicherzustellen und die Kommission zu unterrichten(35). Jedoch darf die Verordnung „nicht so ausgelegt werden, dass sie in irgendeiner Weise die Ausübung der in den Mitgliedstaaten anerkannten Grundrechte, einschließlich des Rechts oder der Freiheit zum Streik, beeinträchtigt“(36).

77.
    Die Klägerin stützt sich in ihren Erklärungen weitgehend auf das Urteil Kommission/Frankreich, das einen ganz ähnlich gelagerten Fall betreffe. Im vorliegenden Fall sei eine wichtige Transitroute vier Tage lang (zählt man den Feiertag und die Wochenendfahrverbote mit) stillgelegt gewesen, wodurch der innergemeinschaftliche Handel offensichtlich behindert gewesen sei. LKWs seien in dieser Zeit an der Benutzung der Brenner-Autobahn gehindert worden, und es sei unerheblich, dass, anders als im französischen Fall, keine Gewalt angewandt worden sei. Solche Vorfälle könnten sich mit Zustimmung der Regierung wiederholen, wie das an dem gleichen Feiertag im Jahr 2000 geschehen sei.

78.
    In den Erklärungen der anderen Verfahrensbeteiligten werden die beiden Fälle als unterschiedlich angesehen. Zwar werde durch die Blockade einer wichtigen Transitroute der freie Warenverkehr grundsätzlich behindert, doch seien die Umstände des vorliegenden Falles von denen der Rechtssache Kommission/Frankreich sehr verschieden: Nur eine einzige Route sei gesperrt gewesen, und zwar nur einmal und für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum; eine Verhinderung von Einfuhren, gleicher welcher Art oder welchen Ursprungs, sei weder bezweckt noch bewirkt worden, und es habe kein strafbares Verhalten gegeben.

79.
    Es trifft zu, dass zwischen den beiden Fällen mehrere bedeutende Unterschiede bestehen: Hier gab es keine Gewalttaten oder strafbare Handlungen, die Proteste waren nicht gegen Produkte aus anderen Mitgliedstaaten gerichtet, sondern allgemein gegen den Güterverkehr, und die Brenner-Autobahn wurde seit mehr als zehn Jahren nicht mehr regelmäßig blockiert.

80.
    Andererseits enthalten die Artikel 28 ff. EG objektive Verbote von Beschränkungen des Warenverkehrs. Die von den für eine Beschränkung Verantwortlichen verfolgten Zwecke oder die Qualifizierung einer Beschränkung nach den gemäß nationalem Recht bestehenden Kategorien sind grundsätzlich irrelevant. Die beschränkende Wirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel kann dieselbe sein, wenn eine Blockade einer wichtigen Transitroute nicht spezifisch gegen ausländische Produkte gerichtet ist und durch nach nationalem Recht erlaubte Handlungen verursacht wird. Überdies ist daran zu erinnern, dass Artikel 28 EG auch für Maßnahmen gilt, die den Warenverkehr in der Gemeinschaft nur potenziell behindern. Klar ist, dass ähnliche Blockaden auf der Brenner-Autobahn künftig wieder organisiert werden können. Außerdem habe ich oben dargelegt, warum die Auswirkungen der Beschränkung meines Erachtens nicht unerheblich waren.

81.
    Meines Erachtens sollten daher die Unterschiede zwischen der Rechtssache Kommission/Frankreich und der vorliegenden Rechtssache in erster Linie auf der Ebene der Rechtfertigung der fraglichen Blockade (siehe nachstehende Analyse) berücksichtigt werden und sich nicht unmittelbar auf die Frage auswirken, ob die Beschränkung den österreichischen Behörden zugerechnet werden kann.

82.
    Zur Zurechenbarkeit hat der Gerichtshof im Urteil Kommission/Frankreich festgestellt, dass Artikel 28 EG nicht nur Maßnahmen, die auf den Staat zurückzuführen sind und selbst Beschränkungen für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten schaffen, verbietet, sondern auch dann Anwendung finden kann, wenn ein Mitgliedstaat keine Maßnahmen ergriffen hat, um gegen Beeinträchtigungen des freien Warenverkehrs einzuschreiten, deren Ursachen nicht auf den Staat zurückzuführen sind.

83.
    In den Erklärungen der Verfahrensbeteiligten wird nicht bestritten, dass die Mitgliedstaaten generell verpflichtet sind, die wichtigen Transitrouten für den freien Warenverkehr frei zu halten. Diese Verpflichtung erhält besondere Bedeutung im Fall eines Mitgliedstaats, durch dessen Gebiet die wichtigste innergemeinschaftliche Transitroute zwischen zwei anderen Mitgliedstaaten führt, die zum transeuropäischen Verkehrsnetz gehört. Im vorliegenden Fall haben die österreichischen Behörden ein durch Privatpersonen verursachtes Hindernis für den freien Warenverkehr nicht verhindert.

84.
    Daher würde das Verhalten der Behörden, wenn es nicht unmittelbar unter Artikel 28 fallen sollte, zumindest unter die Artikel 28 ff. in Verbindung mit Artikel 10 EG fallen.

Rechtfertigung

85.
    Für einen Verstoß gegen den Vertrag reicht es nicht aus, dass eine Beschränkung, für die ein Mitgliedstaat verantwortlich ist, grundsätzlich unter die Artikel 28 ff. fällt. Eine solche Beschränkung könnte nach Artikel 30 EG oder nach der Cassis-de-Dijon-Rechtsprechung gerechtfertigt sein.

86.
    Nach Artikel 30 EG steht Artikel 28 Durchfuhrbeschränkungen nicht entgegen, „die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit ... gerechtfertigt sind“, sofern sie „weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen“. Nach der Cassis-de-Dijon-Rechtsprechung(37) müssen Beschränkungen, die keine echte Diskriminierung darstellen, hingenommen werden, soweit sie notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen des öffentlichen Interesses gerecht zu werden.

87.
    Bestimmte Beschränkungen, z. B. die verbreiteten Wochenend- und Nachtfahrverbote für LKWs, die in mehreren Mitgliedstaaten bestehen (und für die die Kommission versucht, Harmonisierungsregeln aufzustellen), könnten aus Gründen des Umwelt- oder Gesundheitsschutzes gerechtfertigt sein. Andererseits ist es klar, dass es kein legitimes, im öffentlichen Interesse liegendes Ziel gab, das die Untätigkeit der französischen Behörden im Fall Kommission/Frankreich hätte rechtfertigen können.

88.
    Im vorliegenden Fall waren die österreichischen Behörden der Ansicht, sie hätten die Versammlung zu dulden, weil die Versammlungsteilnehmer ihre Grundrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit nach der österreichischen Verfassung ausübten.

89.
    Dies scheint der erste Fall zu sein, in dem sich ein Mitgliedstaat auf die Notwendigkeit des Grundrechtschutzes beruft, um eine Beschränkung einer der Grundfreiheiten(38) des Vertrages zu rechtfertigen. Solche Fälle waren vielleicht selten, weil Beschränkungen der Grundfreiheiten des Vertrages gewöhnlich nicht zum Schutz von Grundrechten Einzelner auferlegt werden, sondern aufgrund von Zielen, die im weiteren öffentlichen Interesse liegen, wie die Gesundheit oder der Verbraucherschutz. Es ist aber denkbar, dass solche Fälle künftig häufiger vorkommen: Viele der vom Gerichtshof derzeit anerkannten Rechtfertigungsgründe ließen sich auch so formulieren, als wären sie auf Überlegungen gestützt, die sich auf Grundrechte beziehen(39).

90.
    Wesentlich ist, dass zuerst klar unterschieden wird zwischen dem im vorliegenden Fall aufgeworfenen Problem und den Problemen, die in früheren Fällen aufgeworfen wurden.

91.
    Im Urteil ERT(40) hat der Gerichtshof auf die Urteile Cinéthèque(41) und Demirel(42) verwiesen und festgestellt:

„Fällt eine ... [nationale] Regelung dagegen in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts, so hat der Gerichtshof, wenn er im Vorabentscheidungsverfahren angerufen wird, dem vorlegenden Gericht alle Auslegungskriterien an die Hand zu geben, die es benötigt, um die Vereinbarkeit dieser Regelung mit den Grundrechten beurteilen zu können, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat und die sich insbesondere aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergeben.“

92.
    Auf der Grundlage dieser allgemeinen Formel hat der Gerichtshof im Urteil ERT ausgeführt, dass ein Mitgliedstaat, der sich auf eine der akzeptierten Rechtfertigungen (wie z. B. die öffentliche Ordnung, Sicherheit und Gesundheit) beruft, um eine im Vertrag verankerte Grundfreiheit (z. B. die Dienstleistungsfreiheit) zu beschränken, die gemeinschaftsrechtlich anerkannten Grundrechte einzuhalten hat.

93.
    Vor dem Urteil ERT hatte der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Mitgliedstaaten solche Grundrechte bei der Durchführung von Gemeinschaftsrecht zu beachten haben(43).

94.
    Die vorliegende Rechtssache liegt insofern anders, als sich ein Mitgliedstaat auf die Notwendigkeit beruft, Grundrechte seiner Verfassung zu beachten, und zwar um eine Beschränkung einer Grundfreiheit aus dem Vertrag zu rechtfertigen.

95.
    In einem solchen Fall sollte der Gerichtshof meines Erachtens demselben zweistufigen Ansatz folgen wie bei der Beurteilung der traditionellen Rechtfertigungsgründe, z. B. der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, die sich ebenfalls auf eine spezifische Situation im betroffenen Mitgliedstaat beziehen. Daher ist festzustellen,

a)    ob Österreich, indem es sich auf die in der österreichischen Rechtsordnung anerkannten spezifischen Grundrechte, wie sie hier in Rede stehen, beruft, nach Gemeinschaftsrecht ein legitimes, im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgt, das eine Beschränkung einer Grundfreiheit nach dem Vertrag rechtfertigt, und

b)    wenn ja, ob die fragliche Beschränkung zu dem angestrebten Ziel in einem angemessenen Verhältnis steht.

- Das angestrebte Ziel

96.
    Auf den ersten Blick mag es überzogen und als unangemessene Einmischung erscheinen, die Frage zu stellen, ob ein Mitgliedstaat, der sich auf ein in seiner Rechtsordnung anerkanntes Grundrecht beruft, ein legitimes, im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgt.

97.
    Stellen wir uns aber einmal für einen Augenblick eine (rein hypothetische) Rechtsordnung vor, die ausdrücklich ein Grundrecht auf Schutz vor unlauterem Wettbewerb durch andere Unternehmen, insbesondere durch ausländische Unternehmen vorsieht, oder eine nationale Rechtsprechung, die ein solches Recht als Aspekt des Grundrechts auf freie wirtschaftliche Betätigung oder des Eigentumsrechts anerkennt. Zu berücksichtigen ist überdies, dass es trotz eines Grundkonsenses, wie er sich in der Europäischen Menschenrechtskonvention hinsichtlich eines Kernbestands an Grundrechten niederschlägt, zwischen den Katalogen der Mitgliedstaaten eine Reihe von Abweichungen gibt, die oft Ausdruck der Geschichte und insbesondere der politischen Kultur des jeweiligen Mitgliedstaats sind.

98.
    Daher kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass ein Mitgliedstaat, der sich auf die Notwendigkeit beruft, ein Recht zu schützen, das in seiner Rechtsordnung als Grundrecht anerkannt ist, ein Ziel verfolgt, das nach Gemeinschaftsrecht als unrechtmäßig anzusehen ist.

99.
    Vorliegend haben wir es aber mit einem einfacheren Fall zu tun.

100.
    Wie bereits ausgeführt, berufen sich die österreichischen Behörden auf die Grundrechte der Meinungs- und der Versammlungsfreiheit, wie sie in der österreichischen Rechtsordnung anerkannt sind.

101.
    In der Gemeinschaftsrechtsordnung schützt der Gerichtshof diese oder sehr ähnliche Rechte als allgemeine Rechtsgrundsätze. Nach ständiger Rechtsprechung gehören die Grundrechte „zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat. Dabei geht der Gerichtshof von den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten sowie von den Hinweisen aus, die die völkerrechtlichen Verträge über den Schutz der Menschenrechte geben, an deren Abschluss die Mitgliedstaaten beteiligt waren oder denen sie beigetreten sind ... Hierbei hat die Europäische Menschenrechtskonvention eine besondere Bedeutung.“(44) Artikel 6 Absatz 2 EU bestätigt, dass die Union die Grundrechte zu achten hat, wie sie in der Konvention gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten ergeben. Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleistet die Meinungsäußerungsfreiheit, die die „Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein[schließt]“. Artikel 11 dieser Konvention gewährleistet ferner das Recht, sich friedlich zu versammeln und sich frei zusammenzuschließen. Vor kurzem wurden die Freiheit der Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit in den Artikeln 11 und 12 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(45) bekräftigt.

102.
    Meines Erachtens verfolgt ein Mitgliedstaat, der versucht, ein gemeinschaftsrechtlich anerkanntes Grundrecht zu schützen, automatisch ein legitimes Ziel. Das Gemeinschaftsrecht kann den Mitgliedstaaten nicht verbieten, Ziele zu verfolgen, die die Gemeinschaft selbst zu verfolgen hat.

103.
    Folglich hat Österreich ein legitimes, im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgt, das eine Beschränkung einer Grundfreiheit zu rechtfertigen vermag, als es versuchte, die Grundrechte der Versammlungs- und der Meinungsfreiheit der Versammlungsteilnehmer zu schützen.

- Verhältnismäßigkeit

104.
    Die nächste Frage ist die, ob die Tatsache, dass die Versammlung zugelassen wurde, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt werden kann.

105.
    Meines Erachtens ist dann, wenn sich ein Mitgliedstaat auf die Notwendigkeit, ein Grundrecht zu schützen, beruft, die übliche Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen. Die Situation ist mit der in den Fällen vergleichbar, in denen die öffentliche nationale Ordnung oder Sicherheit in Frage steht. In beiden Situationen geht es um die einheitliche Anwendung und die Wirksamkeit der Grundfreiheiten im Sinne des Vertrages.

106.
    Ist jedoch die Beschränkung wie im vorliegenden Fall in erster Linie Privatpersonen zuzuschreiben, so lässt sich eine allzu strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung vielleicht weniger rechtfertigen. Die Frage ist nicht so sehr die, was die österreichischen Behörden getan haben, sondern die, ob sie es versäumt haben, Handlungen anderer zu verhindern, und was sie hierzu hätten unternehmen müssen. Soll ein Mitgliedstaat eine Grundfreiheit des Vertrages aktiv vor einem Eingriff durch Privatpersonen schützen, so verfügt er bei der Entscheidung darüber, wann er handeln soll und welche Maßnahmen zur Beseitigung oder Begrenzung dieses Eingriffs zu treffen sind, zweifellos über ein Ermessen(46).

107.
    In der vorliegenden Rechtssache spricht eine Reihe von Gesichtspunkten dafür, dass die österreichischen Behörden die Grenzen ihres Ermessens nicht überschritten haben und dass die Zulassung der Versammlung nicht zu einer Beschränkung des freien Warenverkehrs geführt hat, die zu dem angestrebten Ziel außer Verhältnis stand(47).

108.
    Erstens handelte es sich um eine Störung von verhältnismäßig kurzer Dauer, die aus einem isolierten Anlass verursacht wurde, und der einzige Hinweis auf eine ähnliche Störung bezieht sich auf einen anderen isolierten Anlass etwa zwei Jahre später. Im vorliegenden Fall betraf die Blockade einen 28-Stunden-Zeitraum, in dem die Autobahn sonst frei gewesen wäre. Die unmittelbare Nähe dieses Zeitraums zu anderen Zeiten, in denen die Autobahn ohnehin für bestimmte Arten des Güterverkehrs gesperrt war, wird zwar von den Versammlungsteilnehmern beabsichtigt gewesen sein, doch kann man diese Zeiten nicht künstlich der verursachten Blockadezeit als deren Teil hinzurechnen. (Es kann auch gesagt werden, dass die Wochenend-, Feiertags- und Nachtfahrverbote selbst voll und ganz den Verpflichtungen Österreichs - und der Gemeinschaft - aus der Alpenkonvention entsprechen.)

109.
    Zweitens wurden Maßnahmen ergriffen, um die verursachte Störung in Grenzen zu halten. Diese Maßnahmen scheinen ernsthaft und mit nicht unbeträchtlichem Aufwand in Angriff genommen worden zu sein, auch wenn sie dem Gerichtshof nicht im Einzelnen in völlig klarer Weise erläutert wurden und die Klägerin die Behauptungen der österreichischen Regierung zur Verfügbarkeit der „rollenden Landstraße“ bestreitet.

110.
    Drittens hätten überzogene Auflagen an die Versammlung deren Teilnehmern die Rechte nehmen können, die die Behörden schützen wollten. Die Klägerin und das vorlegende Gericht weisen darauf hin, dass die Versammlung in der Nähe der Autobahn oder zeitlich so begrenzt hätte durchgeführt werden können, dass keine nennenswerte Störung verursacht worden wäre. Doch hätten die Teilnehmer ihrem Standpunkt nicht annähernd solchen Nachdruck verleihen können, wenn sie die Autobahn nicht lange genug blockiert hätten, um der Versammlung „Biss“ zu geben. Ihre Appelle an die nationalen und die Gemeinschaftsbehörden wären, wenn überhaupt, nur schwach vernommen worden, wenn sie sich auf einem Feld neben der Autobahn hätten versammeln müssen oder ihnen nur die Verursachung einer kurzen und symbolischen Verkehrsunterbrechung gestattet worden wäre.

111.
    Es ist sogar vorstellbar, dass solche Auflagen Reaktionen hervorgerufen hätten, die zu größeren Störungen als eine geplante und in Zusammenarbeit mit den Behörden kontrollierte Versammlung geführt hätten. Die Duldung der Versammlung verursachte andererseits nur ein zeitlich begrenztes Hindernis für den freien Warenverkehr, und der kontinuierliche Güterverkehr durch den Brenner-Korridor wurde nicht in derselben Weise beeinträchtigt, wie dies bei den Freiheitsrechten der protestierenden Personen der Fall gewesen wäre, wenn die Versammlung gar nicht zugelassen worden wäre.

112.
    Nach alledem kann eindeutig die Ansicht vertreten werden, dass unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht gegen Artikel 28 EG verstoßen wurde.

Hinreichend qualifizierter Verstoß

113.
    Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass hier nicht auf Feststellung einer Vertragsverletzung des betreffenden Mitgliedstaats geklagt wird. Im Ausgangsverfahren geht es um einen Anspruch auf Schadensersatz, für den ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht nicht ausreicht; dieser Verstoß muss außerdem „hinreichend qualifiziert“ sein.

114.
    Das entscheidende Kriterium für die Frage, ob ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht als hinreichend qualifiziert anzusehen ist, besteht darin, dass der betreffende Mitgliedstaat insbesondere bei der Ausübung seiner Rechtsetzungsbefugnis die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat - eine Entscheidung, die grundsätzlich den nationalen Gerichten obliegt. Der Gerichtshof hat dafür jedoch Kriterien aufgestellt. Gesichtspunkte, die in Betracht gezogen werden können, sind u. a. das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, der Umfang des Ermessensspielraums, den die verletzte Vorschrift den nationalen Behörden belässt, die Frage, ob der Verstoß mit oder ohne Vorsatz begangen oder der Schaden mit oder ohne Vorsatz zugefügt wurde, und die Entschuldbarkeit oder Unentschuldbarkeit eines etwaigen Rechtsirrtums. Ein Verstoß, der nach einem Urteil des Gerichtshofes, in dem er festgestellt wird, fortbesteht oder sich eindeutig aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergibt, ist stets hinreichend qualifiziert, und ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht, bei dem die nationalen Behörden über keinen Ermessensspielraum verfügen, löst stets die Haftung aus(48).

115.
    Die Rechtsprechung in diesem Bereich betraf hauptsächlich den Erlass, die Beibehaltung oder die Durchführung von Vorschriften oder ihren Nichterlass, und nicht den Erlass von individuellen Verwaltungsakten, um den es im vorliegenden Fall geht. Zwei Punkte sind jedoch klar: Die Frage stellt sich nur, wenn ein Mitgliedstaat die Grenzen seines nach dem Gemeinschaftsrecht bestehenden Ermessens überschritten hat, und der Begriff der „Qualifiziertheit“ bezieht sich auf die Art und Weise, in der er dies getan hat.

116.
    Entscheidend ist daher folgende Frage: Haben die österreichischen Behörden, indem sie die Versammlung duldeten, die Grenzen ihres Ermessens so offenkundig und erheblich überschritten, dass darin ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht im Sinne der Brasserie-du-Pêcheur-Rechtsprechung liegt?

117.
    Meines Erachtens ergibt sich aus den oben angestellten Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit, nach denen es höchst zweifelhaft ist, ob die österreichischen Behörden unter den Umständen des vorliegenden Falles überhaupt gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen haben, dass ein solcher Verstoß jedenfalls nicht hinreichend qualifiziert wäre, um die Haftung Österreichs auszulösen. Insbesondere zeigen die verhältnismäßig kurze Dauer der Verkehrsunterbrechung, ihr isoliertes Auftreten und die von den Behörden zur Begrenzung der durch die Versammlung verursachten Störung ergriffenen Maßnahmen, dass die österreichischen Behörden die Grenzen ihres Ermessens nicht offenkundig und erheblich überschritten haben.

118.
    Zusammenfassend ergibt sich auf der Grundlage des vorgetragenen Sachverhalts meines Erachtens, dass das vorlegende Gericht Folgendes feststellen könnte:

-    Im Hinblick auf den Zweck, den Bürgern die Ausübung ihrer Rechte der Meinungs- und der Versammlungsfreiheit zu ermöglichen,

-    stellt die Zulassung einer Versammlung, durch die eine von mehreren wichtigen Transitrouten durch die Alpen für einen 28-Stunden-Zeitraum einmalig gesperrt würde,

-    sofern angemessene Vorkehrungen dahin gehend getroffen wurden, dass die Störung des Güterverkehrs, die ausreichen muss, um der Versammlung nicht ihre Wirkung zu nehmen, nicht über das für diesen Zweck erforderliche Maß hinausgeht,

keinen hinreichend qualifizierten Verstoß des Staates gegen Gemeinschaftsrecht dar, um seine Haftung gegenüber Personen, denen ein unmittelbar durch die Versammlung verursachter Schaden entsteht, zu begründen.

Ergebnis

119.
    Nach alledem sollte der Gerichtshof meines Erachtens die Fragen des Oberlandesgerichts Innsbruck wie folgt beantworten:

-    Nach Gemeinschaftsrecht muss gegen den Staat auf Entschädigung geklagt werden können, wenn der Kläger nachweisen kann, dass ihm ein Schaden entstanden ist, der in Form eines unmittelbaren Kausalzusammenhangs auf einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine gemeinschaftsrechtliche Vorschrift, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, zurückgeführt werden kann.

-    Ein solcher Schaden umfasst den Verlust einer Gewinnmöglichkeit, wenn alle sonstigen Voraussetzungen für die Entschädigung vorliegen.

-    Nationale Vorschriften, die einen Entschädigungsanspruch für einen solchen Schaden ausschließen oder dem Kläger den Nachweis eines solchen Schadens unmöglich machen oder übermäßig erschweren, dürfen nicht angewandt werden.

-    Fehlen solche Vorschriften und kann der Kläger das Vorliegen eines solchen Schadens nicht nachweisen, so braucht das nationale Gericht, bei dem die Klage anhängig ist, jedoch nicht andere gemeinschaftsrechtliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

-    Die Entschädigung muss dem entstandenen Schaden angemessen sein, kann aber, wenn der entsprechende Vermögenswert nicht genau bestimmt werden kann, auf der Grundlage einer angemessenen Pauschalregelung berechnet werden.

-    Der unterlassene Hinweis eines Mitgliedstaats in einer nationalen Vorschrift, daß Vertragsbestimmungen mit unmittelbarer Wirkung zu beachten sind, kann keinen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht darstellen.

-    Das mit einer genehmigten politischen Versammlung verfolgte Ziel ist unerheblich für die Frage, ob ihre Duldung durch die Behörden eines Mitgliedstaats einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht darstellt, um die Haftung des Mitgliedstaats zu begründen.

-    Auf der Grundlage des dem Gerichtshof vorgetragenen Sachverhalts könnte das vorlegende Gericht Folgendes feststellen:

    -    Im Hinblick auf den Zweck, den Bürgern die Ausübung ihrer Rechte der Meinungs- und der Versammlungsfreiheit zu ermöglichen,

    -    stellt die Zulassung einer Versammlung, durch die eine von mehreren wichtigen Transitrouten durch die Alpen für einen 28-Stunden-Zeitraum einmalig gesperrt würde,

    -    sofern angemessene Vorkehrungen getroffen wurden, dass die Störung des Güterverkehrs, die ausreichen muss, um der Versammlung nicht ihre Wirkung zu nehmen, nicht über das für diesen Zweck erforderliche Maß hinausgeht,

    keinen hinreichend qualifizierten Verstoß des Staates gegen Gemeinschaftsrecht dar, um seine Haftung gegenüber Personen, denen ein unmittelbar durch die Versammlung verursachter Schaden entsteht, zu begründen.


1: -     Originalsprache: Englisch.


2: -    Vgl. u. a. Protokoll Nr. 9 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 361); Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, insbesondere Anhang I Abschnitte 2.3, 2.8 und 2.10; Urteil des Gerichtshofes vom 26. September 2000 in der Rechtssache C-205/98 (Kommission/Österreich, Slg. 2000, I-7367), insbesondere auch Nrn. 5 f. der Schlussanträge des Generalanwalts Saggio; Bericht der Kommission an den Rat über den Straßengütertransitverkehr durch Österreich (KOM[2000] 862 endg.).


3: -    Vgl. Beschluss des Rates vom 26. Februar 1996 über den Abschluss des Übereinkommens zum Schutz der Alpen (Alpenkonvention) (ABl. 1996, L 61, S. 31). Das Übereinkommen wurde am 7. November 1991 in Salzburg unterzeichnet und trat am 6. März 1995 in Kraft. Es wurde von der Gemeinschaft und einer Reihe von Mitgliedstaaten und Nichtmitgliedstaaten der Alpenregion, darunter Österreich, Deutschland und Italien, unterzeichnet.


4: -    Im Mai 2000 wurde ein ausführliches Protokoll über die Durchführung der Alpenkonvention im Bereich Verkehr verabschiedet, und am 16. Januar 2001 legte die Kommission einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Unterzeichnung des Protokolls im Namen der Gemeinschaft (KOM[2001] 18 endg.) vor.


5: -    Ähnliche Verbote bestehen in sechs weiteren Mitgliedstaaten, doch sind die österreichischen offenbar die strengsten (vgl. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über ein transparentes System harmonisierter Bestimmungen über Fahrverbote für schwere Lastkraftwagen im grenzüberschreitenden Güterverkehr auf ausdrücklich bezeichneten Straßen, KOM[1998] 115 endg., ABl. 1998, C 198, S. 17, mit den Erläuterungen der Kommission dazu).


6: -    Ursprünglich 1992 zwischen der Gemeinschaft und Österreich vereinbart, jetzt geregelt in der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 über verfahrenstechnische Einzelheiten im Zusammenhang mit dem System von Transitrechten (Ökopunkten) für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich, begründet durch Artikel 11 des Protokolls Nr. 9 zur Akte über den Beitritt Norwegens, Österreichs, Finnlands und Schwedens (ABl. 1994, L 341, S. 20) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission vom 30. Juli 1996 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 über ein System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich (ABl. 1996, L 190, S. 13); siehe auch Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Ökopunktesystems für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich für das Jahr 2004 (KOM[2001] 807 endg., ABl. 2002, C 103 E, S. 230).


7: -    Eine im Verfahren genannte Ausweichroute, nämlich über die Tauern-Autobahn, scheint um etwa 240 km (etwa 55 % bis 60 %) länger zu sein als die Strecke München-Verona; natürlich würde der Unterschied im Einzelfall vom konkreten Start- und Zielort abhängen.


8: -    Urteil des Gerichtshofes vom 19. November 1991 in den verbundenen Rechtssachen C-6/90 und C-9/90 (Francovich u. a., Slg. 1991, I-5357).


9: -    Urteil vom 5. März 1996 in den verbundenen Rechtssachen C-46/93 und C-48/93 (Brasserie du Pêcheur und Factortame, Slg. 1996, I-1029).


10: -    Ebd., Randnrn. 41 bis 43.


11: -    Ebd., Randnrn. 47 und 51.


12: -    Ebd., Randnrn. 66 und 67.


13: -    Ebd., Randnrn. 82 bis 87; vgl. außerdem Urteil des Gerichtshofes vom 8. März 2001 in den verbundenen Rechtssachen C-397/98 und C-410/98 (Metallgesellschaft u. a., Slg. 2001, I-1727, Randnr. 91).


14: -    Vgl. als jüngeres Beispiel für diese Rechtsprechung das Urteil vom 19. Februar 2002 in der Rechtssache C-35/99 (Manuele Arduino, Slg. 2002, I-1529, Randnrn. 24 und 25 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).


15: -    Vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 30. März 2000 in der Rechtssache C-236/98 (JämO, Slg. 2000, I-2189, Randnrn. 28 bis 34, insbesondere Randnrn. 30 und 32 mit weiteren Nachweisen).


16: -    Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass es sich um einen materiellen Schaden handelt, der einen bestimmbaren oder zumindest annähernd berechenbaren wirtschaftlichen Wert hat. Ob auch für einen immateriellen Schaden wie Schmerz oder Rufschädigung ein Entschädigungsanspruch gegeben sein kann, scheint noch nicht geprüft worden zu sein; in der Praxis dürfte es eher unwahrscheinlich sein, dass ein Verstoß des Staates gegen eine gemeinschaftsrechtliche Vorschrift, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, einen solchen Schaden verursacht.


17: -    Offenbar wird nach § 1293 ABGB zwischen dem tatsächlichen Schaden und dem entgangenen Gewinn unterschieden (damnum emergens und lucrum cessans), was beim Beweis eine Rolle spielen kann. Vgl. U. Magnus (ed.), Unification of Tort Law: Damages (2001), Kluwer/European Centre of Tort and Insurance Law, S. 10 und 11.


18: -    Urteil des Gerichtshofes vom 9. November 1983 in der Rechtssache 199/82 (San Giorgio, Slg. 1983, 3595, insbesondere Randnr. 14).


19: -    Vgl. U. Magnus, a. a. O., S. 195 f. mit weiteren Nachweisen.


20: -    Diese Möglichkeit wurde im Urteil Brasserie du Pêcheur (Randnr. 84) ausdrücklich anerkannt.


21: -    Vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 28. Juni 2001 in der Rechtssache C-118/00 (Larsy, Slg. 2001, I-5063, Randnrn. 50 bis 53).


22: -    Urteil des Gerichtshofes vom 9. Dezember 1997 in der Rechtssache C-265/95 (Kommission/Frankreich, Slg. 1997, I-6959, insbesondere Randnrn. 31 und 32); ferner in einem anderen Zusammenhang Urteil des Gerichtshofes vom 21. September 1989 in der Rechtssache 68/88 (Kommission/Griechenland, Slg. 1989, 2965, Randnrn. 22 bis 28), eingehender erörtert unten in Nrn. 68 f.


23: -    Siehe z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 26. September 2000 in der Rechtssache C-23/99 (Kommission/Frankreich, Slg. 2000, I-7653).


24: -    Vgl. z. B. Urteil C-265/95 (Kommission/Frankreich, angeführt in Fußnote 22, Randnr. 29).


25: -    Urteil C-23/99 (Kommission/Frankreich, angeführt in Fußnote 23, Randnr. 22).


26: -    In meinen Schlussanträgen in der Rechtssache C-379/98 (Preussen Elektra, Slg. 2001, I-2099, Randnr. 204); vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 18. Juni 1998 in der Rechtssache C-266/96 (Corsica Ferries France, Slg. 1998, I-3949, Randnr. 31), vom 21. September 1999 in der Rechtssache C-44/98 (BASF, Slg. 1999, I-6269, Randnr. 16) und vom 13. Januar 2000 in der Rechtssache C-254/98 (TK-Heimdienst, Slg. 2000, I-151, Randnr. 30).


27: -    Zahlen von 1999, entnommen aus Lack of coherence in forecasting traffic growth - The case of Alpine Traffic (CEMT/CM(2001)21), dem Ministerrat der Europäischen Verkehrsministerkonferenz in Lissabon am 29. und 30. Mai 2001 vorgelegt, S. 59 und 72.


28: -    Oben angeführt in Fußnote 22.


29: -    Randnr. 2 des Urteils.


30: -    Randnrn. 30 bis 35 des Urteils. (Der letztere Punkt ist in Vertragsverletzungsverfahren eindeutig von Belang, doch hat der Gerichtshof im Kontext einer innerstaatlichen Schadensersatzklage eine wesentlich andere Rolle; siehe unten, Nr. 113).


31: -    Randnrn. 40 bis 53 des Urteils.


32: -    Randnr. 56 des Urteils.


33: -    Verordnung (EG) Nr. 2679/98 des Rates vom 7. Dezember 1998 über das Funktionieren des Binnenmarktes im Zusammenhang mit dem freien Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 337, S. 8).


34: -    Artikel 1.


35: -    Artikel 3 und 4.


36: -    Artikel 2.


37: -    Urteil des Gerichtshofes vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78 (Rewe, Slg. 1979, 649, Randnr. 8).


38: -    Dieser Begriff ist nicht zu verwechseln mit dem im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention, deren voller Titel lautet: „Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten“.


39: -    Vgl. Rechtssache C-36/02 (Omega, beim Gerichtshof anhängig).


40: -    Urteil des Gerichtshofes vom 18. Juni 1991 in der Rechtssache C-260/89 (ERT, Slg. 1991, I-2925).


41: -    Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juli 1985 in den Rechtssachen 60/84 und 61/84 (Cinéthèque, Slg. 1985, 2605).


42: -    Urteil des Gerichtshofes vom 30. September 1987 in der Rechtssache 12/86 (Demirel, Slg. 1987, 3719).


43: -    Urteil des Gerichtshofes vom 13. Juli 1989 in der Rechtssache 5/88 (Wachauf, Slg. 1989, 2609, Randnr. 19).


44: -    Urteil ERT, angeführt in Fußnote 40, Randnr. 41. Neben solchen allgemeinen Feststellungen kann hinsichtlich der Meinungs- und der Versammlungsfreiheit z. B. auf die Urteile des Gerichtshofes vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-235/92 P (Montecatini/Kommission, Slg. 1999, I-4539, Randnr. 137) und vom 6. März 2001 in der Rechtssache C-274/99 P (Connolly/Kommission, Slg. 2001, I-1611, Randnrn. 37 ff.) verwiesen werden.


45: -    Vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission am 7. Dezember 2000 in Nizza feierlich proklamiert (ABl. 2000, C 364, S. 1).


46: -    Dies ergibt sich eindeutig aus dem Urteil Kommission/Frankreich, angeführt in Fußnote 22. Im Vereinigten Königreich hat sich das House of Lords in der Rechtssache R v Chief Constable of Sussex ex parte International Traders Ferry Ltd [1999] 2 AC 418 auf denselben Standpunkt gestellt.


47: -    An dieser Stelle ist daran zu erinnern, dass das Ziel der Versammlung als solches nicht maßgeblich ist, wenn es um den Schutz der Meinungs- und der Versammlungsfreiheit geht; siehe oben, Nr. 54.


48: -    Urteil Brasserie du Pêcheur, Randnrn. 55 bis 57; vgl. außerdem z. B. Urteile des Gerichtshofes vom 26. März 1996 in der Rechtssache C-392/93 (British Telecommunications, Slg. 1996, I-1631, Randnr. 42) und vom 8. Oktober 1996 in den Rechtssachen C-178/94 C-179/94, C-188/94, C-189/94, C-190/94 (Dillenkofer u. a., Slg. 1996, I-4845, Randnr. 25).