Language of document : ECLI:EU:C:2023:846

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

TAMARA ĆAPETA

vom 9. November 2023(1)

Rechtssache C551/22 P

Europäische Kommission

gegen

Fundación Tatiana Pérez de Guzmán el Bueno,

Stiftung für Forschung und Lehre (SFL),

Einheitlicher Abwicklungsausschuss (SRB)

„Rechtsmittel – Wirtschafts- und Währungspolitik – Bankenunion – Einheitlicher Abwicklungsmechanismus – Verordnung (EU) Nr. 806/2014 – Art. 18 Abs. 7 – Zulässigkeit – Urheber einer Handlung – Anfechtbare Handlung – Art. 86 Abs. 2 – Nichtigkeitsklage – Abwicklung von Banco Popular“






I.      Einführung

1.        Nach der globalen Finanzkrise von 2008 führte der Unionsgesetzgeber eine Reihe von Maßnahmen ein, die als Bankenunion bezeichnet werden und darauf abzielen, die Finanzmärkte der Union vor künftigen Instabilitäten zu schützen.

2.        Eine dieser Maßnahmen ist der Einheitliche Abwicklungsmechanismus (SRM), der 2014 festgelegt wurde(2). Sein Hauptziel ist es, eine geordnete Abwicklung ausfallender Banken ohne Einsatz von Steuergeldern zu ermöglichen und gleichzeitig die finanzielle Stabilität zu fördern(3). Kurz gesagt: Wenn eine Bank ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, kann der Einheitliche Abwicklungsausschuss (SRB) unter bestimmten Bedingungen ein Abwicklungskonzept festlegen, das von der Europäischen Kommission innerhalb von 24 Stunden gebilligt werden muss.

3.        Am 6. Juni 2017 wurde der SRM zum ersten Mal in Bezug auf die Banco Popular Español, S.A. (im Folgenden: Banco Popular) angewendet.

4.        Die Hauptfrage, die sich in dem aus diesem Beschluss resultierenden Rechtsbehelf stellt, lautet: Wer ist rechtlich für das Abwicklungskonzept für Banco Popular verantwortlich, und wer sollte dementsprechend mit einer Nichtigkeitsklage vor den Unionsgerichten verklagt werden? Ist es der SRB, der das Abwicklungskonzept festgelegt hat(4)? Ist es die Kommission, die es in seiner Gesamtheit gebilligt hat(5)? Oder ist die Abwicklung der Banco Popular deren gemeinsamer Rechtsakt?

5.        Nach dem Urteil des Gerichts vom 1. Juni 2022, Fundación Tatiana Pérez de Guzmán el Bueno und SFL/SRB (T‑481/17, EU:T:2022:311, im Folgenden: angefochtenes Urteil), ist das Abwicklungskonzept(6) eine anfechtbare Handlung, für die der SRB rechtlich verantwortlich ist.

6.        Mit dem vorliegenden Rechtsmittel wendet sich die Kommission gegen die Feststellung, dass die Klage sich gegen den SRB richtet. Ihrer Ansicht nach hätte die Klage gegen die Kommission selbst erhoben werden müssen, da das Abwicklungskonzept erst nach seiner Billigung in Kraft trete.

7.        Bei dem angefochtenen Urteil handelt es sich um eine von sechs vom Gericht entschiedenen Pilotrechtssachen, die stellvertretend für mehr als 100 Direktklagen von natürlichen und juristischen Personen ausgewählt wurden, die vor der Abwicklung der Banco Popular an deren Kapital beteiligt waren(7).

II.    Maßgeblicher rechtlicher Rahmen

8.        An dem in der SRM-Verordnung festgelegten Abwicklungsverfahren sind in verschiedenen Phasen die Europäische Zentralbank (EZB), der SRB, die Kommission und unter Umständen der Rat der Europäischen Union beteiligt. Der 24. Erwägungsgrund der SRM-Verordnung lautet wie folgt:

„Da nur Organe der Union die Abwicklungspolitik der Union festlegen dürfen und da bei der Festlegung jedes spezifischen Abwicklungskonzepts ein Ermessensspielraum verbleibt, ist es notwendig, für die angemessene Einbeziehung des Rates und der Kommission als Organe zu sorgen, die gemäß Artikel 291 AEUV Durchführungsbefugnisse ausüben dürfen. Die Bewertung der Aspekte von durch den Ausschuss gefassten Abwicklungsbeschlüssen, bei denen ein Ermessensspielraum besteht, sollte durch die Kommission erfolgen. Wegen der beträchtlichen Auswirkungen der Abwicklungsbeschlüsse auf die finanzielle Stabilität der Mitgliedstaaten und der Union als solche sowie auf die Haushaltshoheit der Mitgliedstaaten, ist es wichtig, dass dem Rat Durchführungsbefugnisse zum Erlass bestimmter Beschlüsse im Zusammenhang mit der Abwicklung übertragen werden. Deshalb sollte es dem Rat obliegen, auf Vorschlag der Kommission eine wirksame Kontrolle über die durch den Ausschuss vorgenommene Bewertung der Frage auszuüben, ob ein öffentliches Interesse besteht, und etwaige erhebliche Änderungen an dem Betrag aus dem Fonds zu bewerten, der im Rahmen einer konkreten Abwicklungsmaßnahme in Anspruch genommen werden soll. Darüber hinaus sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um weitere Kriterien und Bedingungen festzulegen, die vom Ausschuss bei der Ausübung seiner verschiedenen Befugnisse zu berücksichtigen sind. Diese Übertragung von Abwicklungsaufgaben sollte in keiner Weise das Funktionieren des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen behindern. Die [Europäische Bankenaufsichtsbehörde] sollte deshalb ihre Rolle behalten und weiterhin ihre bestehenden Befugnisse und Aufgaben wahrnehmen. Sie sollte die kohärente Anwendung der für alle Mitgliedstaaten geltenden Rechtsvorschriften der Union weiterentwickeln und einen Beitrag dazu leisten sowie für eine stärkere Konvergenz der Abwicklungsverfahren in der Union als Ganzes sorgen.“

9.        In Art. 18 der SRM-Verordnung ist das Abwicklungsverfahren im Einzelnen festgelegt. Die folgenden Absätze dieser Bestimmung sind für das vorliegende Rechtsmittel relevant:

„(7)      Unmittelbar nach der Festlegung des Abwicklungskonzepts übermittelt der Ausschuss es der Kommission.

Innerhalb von 24 Stunden ab Übermittlung des Abwicklungskonzepts durch den Ausschuss hat die Kommission das Abwicklungskonzept entweder zu billigen oder in den Fällen, die nicht unter Unterabsatz 3 dieses Absatzes fallen, hinsichtlich der Aspekte des Abwicklungskonzepts, bei denen ein Ermessensspielraum besteht, Einwände zu erheben.

Innerhalb von 12 Stunden nach Übermittlung des Abwicklungskonzepts durch den Ausschuss kann die Kommission dem Rat vorschlagen,

a)      gegen das Abwicklungskonzept Einwände mit der Begründung zu erheben, dass das vom Ausschuss angenommene Abwicklungskonzept nicht das Kriterium des öffentlichen Interesses nach Absatz 1 Buchstabe c erfüllt,

b)      eine erhebliche Änderung des Betrags des Fonds, der im Abwicklungskonzept des Ausschusses vorgesehen ist, zu billigen oder Einwände zu erheben.

Für die Zwecke des Unterabsatzes 3 handelt der Rat mit einfacher Mehrheit.

Das Abwicklungskonzept kann nur in Kraft treten, wenn weder der Rat noch die Kommission innerhalb von 24 Stunden nach seiner Übermittlung durch den Ausschuss Einwände erheben.

Der Rat bzw. die Kommission haben die Gründe für die Ausübung ihres Rechts, Einwände zu erheben, anzugeben.

Wenn der Rat innerhalb von 24 Stunden ab der Übermittlung des Abwicklungskonzepts durch den Ausschuss den Vorschlag der Kommission zur Änderung des Abwicklungskonzepts aus den in Unterabsatz 3 Buchstabe b genannten Gründen gebilligt hat oder wenn die Kommission gemäß Unterabsatz 2 Einwände erhoben hat, ändert der Ausschuss das Abwicklungskonzept innerhalb von acht Stunden nach Maßgabe der angegebenen Gründe.

Wenn in dem vom Ausschuss angenommenen Abwicklungskonzept der Ausschluss bestimmter Verbindlichkeiten unter den außergewöhnlichen Umständen nach Artikel 24 Absatz 5 vorgesehen ist und wenn ein solcher Ausschluss einen Beitrag aus dem Fonds oder einer alternativen Finanzierungsquelle erfordert, um die Integrität des Binnenmarktes zu schützen, kann die Kommission den vorgeschlagenen Ausschluss verbieten oder Änderungen verlangen; hierfür gibt sie angemessene Gründe auf der Grundlage der Verletzung der Anforderungen nach Artikel 27 und nach dem von der Kommission gemäß Artikel 44 Absatz 11 der Richtlinie 2014/59/EU erlassenen delegierten Rechtsakt an.

(8)      Wenn der Rat Einwände dagegen erhebt, ein Institut abzuwickeln, weil das Kriterium des öffentlichen Interesses nach Absatz 1 Buchstabe c nicht erfüllt ist, wird das jeweilige Unternehmen nach dem anwendbaren nationalen Recht geordnet liquidiert.“

III. Dem Verfahren vor dem Gericht zugrunde liegender Sachverhalt

10.      Der für das vorliegende Rechtsmittel maßgebliche Sachverhalt, der im angefochtenen Urteil näher erläutert wird, lässt sich wie folgt zusammenfassen.

11.      Die Probleme der Banco Popular begannen im Jahr 2016 und erreichten am 3. Juni 2017 ihren Höhepunkt, als der SRB beschloss, das Vermarktungsverfahren für die Banco Popular einzuleiten und den Fondo de Reestructuración Ordenada Bancaria (Fonds zur geordneten Umstrukturierung von Kreditinstituten, im Folgenden: FROB) über die Vermarktungsanforderungen informierte.

12.      Am 6. Juni 2017 stellte die EZB fest, dass die Banco Popular gemäß Art. 18 Abs. 4 Buchst. c der SRM-Verordnung ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt und teilte diese Bewertung dem SRB gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 der SRM-Verordnung mit(8).

13.      Am 7. Juni 2017 teilte der FROB dem SRB mit, dass er am selben Tag um 3.12 Uhr ein verbindliches Angebot der Banco Santander, S.A. (im Folgenden: Banco Santander) erhalten habe, die Aktien der Banco Popular für den Betrag von 1 Euro zu erwerben. Der FROB schlug dem SRB vor, dieses Angebot anzunehmen.

14.      In seiner Präsidiumssitzung vom 7. Juni 2017 nahm der SRB das Angebot von Banco Santander an und legte das Abwicklungskonzept fest(9). Das Konzept wurde der Kommission um 5.13 Uhr zur Billigung vorgelegt. Um 6.30 Uhr billigte die Kommission das Abwicklungskonzept mit einem an den SRB gerichteten Beschluss.

IV.    Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

15.      Mit einer am 2. August 2017 beim Gericht eingereichten Klage erhoben die Fundación Tatiana Pérez de Guzmán el Bueno und die Stiftung für Forschung und Lehre (SFL) Klage gegen den SRB auf Nichtigerklärung des Abwicklungskonzepts(10).

16.      Das Gericht prüfte von Amts wegen die Zulässigkeit der Klage und kam zu dem Schluss, dass die Klage zu Recht gegen den SRB gerichtet gewesen sei.

17.      Das Gericht hielt es für entscheidend, dass die Kommission die dem SRB übertragenen Zuständigkeiten nicht durch eine Änderung des Abwicklungskonzepts oder dessen rechtlicher Wirkungen ausüben könne(11). Dies sei so, weil die Billigung der Kommission nur hinsichtlich der Aspekte des Abwicklungskonzepts erforderlich sei, bei denen ein Ermessensspielraum bestehe, was darauf abziele, eine tatsächliche Übertragung von Befugnissen im Sinne des Urteils des Gerichtshofs in der Rechtssache Meroni  zu vermeiden(12).

18.      Um das Vorbringen der Kommission, das Abwicklungskonzept sei nur eine vorbereitende Handlung, zu deren Billigung sie nicht verpflichtet sei, zurückzuweisen, stützte sich das Gericht auf das Urteil in der Rechtssache ABLV Bank u. a.(13). Es unterschied zwischen der von der EZB vorgenommenen Bewertung der Lage als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend und dem Abwicklungskonzept: In der Rechtssache ABLV Bank u. a.  habe der Gerichtshof festgestellt, dass die zuvor genannte Bewertung keine Rechtswirkungen gegenüber den Rechtsmittelführern erzeugt habe, während das Abwicklungskonzept und dessen Anwendung Rechtswirkungen gegenüber den Rechtsmittelführern erzeugt habe(14). Das Gericht begründete diese Schlussfolgerung damit, dass die Kommission im Gegensatz zu den Befugnissen des SRB bezüglich der EZB weder Einwände hinsichtlich der rein technischen Aspekte des Abwicklungskonzepts erheben noch diese ändern könne.

19.      Das Gericht wies auch das Argument des Parlaments und des Rates zurück, wonach sich Art. 86 der SRM-Verordnung nur auf die Beschlüsse des SRB beziehe, für die keine Billigung der Kommission erforderlich sei. Es führte aus, dass das Abwicklungskonzept von der Überprüfung durch den Beschwerdeausschuss ausgeschlossen sei und dass es keine andere Ausnahme gebe, die es den Prüfungsbefugnissen der Unionsgerichte nach Art. 86 der SRM-Verordnung entziehen würde(15).

20.      Schließlich verwies das Gericht auf die Grundsätze der Rechtssicherheit und des wirksamen gerichtlichen Schutzes(16), um seine Feststellung zu stützen, dass das Abwicklungskonzept eine anfechtbare Handlung nach Art. 263 AEUV sei.

V.      Verfahren vor dem Gerichtshof

21.      Mit ihrem am 17. August 2022 eingelegten Rechtsmittel beantragt die Kommission,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Gericht die Nichtigkeitsklage für zulässig erklärt hat;

–        die in der Rechtssache T‑481/17 erhobene Nichtigkeitsklage für unzulässig zu erklären und sie folglich insgesamt abzuweisen;

–        der Fundación Tatiana Pérez de Guzmán und der SFL (Klägerinnen im ersten Rechtszug) die Kosten aufzuerlegen, die der Kommission im Rahmen des vorliegenden Verfahrens und vor dem Gericht entstanden sind.

22.      Der SRB beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

23.      Die SFL beantragt,

–        das Rechtsmittel der Kommission gegen das angefochtene Urteil wegen fehlender Prozessführungsbefugnis zurückzuweisen;

–        hilfsweise, das Rechtsmittel der Kommission zurückzuweisen;

–        der Kommission die im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels entstandenen Kosten aufzuerlegen.

24.      Das Parlament, das dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Kommission beigetreten ist, beantragt, dem Rechtsmittel der Kommission in vollem Umfang stattzugeben.

25.      Der Rat ist dem Rechtsstreit insoweit beigetreten, als er die Abweisung der Nichtigkeitsklage gegen das Abwicklungskonzept in der Sache unterstützt.

26.      In der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2023 haben das Parlament, der Rat, die Kommission, die SFL und der SRB mündliche Ausführungen gemacht.

VI.    Würdigung

27.      Die Kommission macht drei Rechtsmittelgründe geltend. Erstens habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es zu dem Schluss gekommen sei, dass das Abwicklungskonzept, wie es vom SRB festgelegt worden sei, verbindliche Rechtswirkungen erzeuge. Zweitens macht die Kommission geltend, dass das Gericht einer Klage gegen den falschen Beklagten stattgegeben und damit die Verteidigungsrechte der Kommission verletzt habe. Schließlich macht die Kommission geltend, dass die Begründung des Gerichts widersprüchlich sei.

28.      Alle drei Rechtsmittelgründe laufen auf eine einzige Frage hinaus: Hat das Gericht zu Recht festgestellt, dass eine Klage gegen das Abwicklungskonzept für Banco Popular gegen den SRB erhoben werden kann? Ich werde diese Gründe daher zusammen prüfen.

29.      Meine Würdigung wird zeigen, dass das Gericht falsch entschieden hat. Der rechtlich verantwortliche Urheber des Abwicklungskonzepts ist die Kommission, und in einer Situation wie der vorliegenden, in der die Kommission das Abwicklungskonzept gebilligt hat, kann eine Nichtigkeitsklage nur gegen dieses Organ erhoben werden.

30.      Diese Schlussfolgerung ergibt sich aus der SRM-Verordnung, mit der der Unionsgesetzgeber das Abwicklungsverfahren organisiert und die Aufgaben auf verschiedene Akteure verteilt hat. Im Gegensatz zu einem der Argumente der Kommission bin ich jedoch nicht der Meinung, dass die Meroni-Doktrin eine solche Lösung vorschreibt(17).

31.      Der Unionsgesetzgeber hätte dem SRB die Befugnis übertragen können, unter den in der Ermächtigungsnorm festgelegten Bedingungen und vorbehaltlich einer gerichtlichen Überprüfung in Einzelfällen eigenständig Abwicklungskonzepte zu beschließen. Das hat er jedoch nicht getan. Der Gesetzgeber hat sich vielmehr dafür entschieden, dem SRB eine solche eigenständige Befugnis nicht einzuräumen, sondern sie zusätzlich der Billigung durch die Kommission zu unterwerfen.

32.      Um meine Feststellungen zu untermauern, werde ich wie folgt vorgehen. Zunächst werde ich den SRB und seine Rolle sowie die der Kommission und des Rates im Rahmen der SRM-Verordnung beschreiben (Abschnitt A.1.). Danach werde ich zeigen, dass es vier verschiedene Szenarien gibt, nach denen das Abwicklungsverfahren in Kraft treten kann (Abschnitt A.2.). Anschließend werde ich erläutern, dass die Meroni-Doktrin in ihrer heutigen Form keine Einbeziehung der Kommission oder des Rates in die vom SRB getroffenen Einzelfallentscheidungen erfordert (Abschnitt B.1.). Ich werde dann zeigen, dass die Kommission aufgrund der Entscheidung des Gesetzgebers, dies dennoch zu tun, die rechtlich verantwortliche Urheberin des Abwicklungskonzepts ist (Abschnitt B.2.). Daher haben die Kläger ihre Klage zu Unrecht gegen den SRB gerichtet und das Gericht hat die Klage zu Unrecht zugelassen.

A.      Über den SRB und die Rolle der verschiedenen Akteure im Abwicklungsverfahren

1.      Über den SRB

33.      Im 31. Erwägungsgrund der SRM-Verordnung heißt es, dass es sich beim SRB „um eine spezifische Agentur der Union mit einer den besonderen Aufgaben entsprechenden spezifischen Struktur handeln [sollte], die sich am Modell der anderen Agenturen der Union orientiert“(18). Der SRB ist eine von mehr als 35 Agenturen, die es auf Unionsebene gibt, jede mit ihrer spezifischen Struktur, ihren Aufgaben und Befugnissen. Wie von verschiedenen Wissenschaftlern hervorgehoben wurde, tragen die Verträge diesem Prozess der „Agenturisierung“ noch nicht angemessen Rechnung(19), von dem der SRB nur eine Erscheinungsform ist.

34.      Nach Art. 16 Abs. 1 der SRM-Verordnung ist der SRB befugt, zu entscheiden, ob eine Abwicklung durchgeführt werden soll. Der SRB leitet ein Abwicklungsverfahren ein, nachdem die EZB festgestellt hat, dass ein Kreditinstitut ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt(20). Unter bestimmten Voraussetzungen kann der SRB jedoch auch eine eigene Bewertung der Lage als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend vornehmen(21). Obwohl also grundsätzlich die von der EZB vorgenommene Bewertung das Abwicklungsverfahren auslöst, kann der SRB dieses auch selbst initiieren.

35.      Der SRB kann nur dann entscheiden, die Abwicklung durchzuführen, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt(22). Wenn sich der SRB dafür entscheidet, die Abwicklung durchzuführen, dann entscheidet er auch über das zu verwendende Abwicklungsinstrument(23).

36.      Alle an dem Verfahren vor dem Gerichtshof Beteiligten waren sich einig, dass diese Entscheidungen des SRB Ermessensentscheidungen sind und der Kontrolle der Kommission unterliegen(24).

37.      Stellt der SRB fest, dass die Abwicklung im öffentlichen Interesse liegt, kann die Kommission dem Rat innerhalb von zwölf Stunden nach Erhalt des Abwicklungskonzepts vorschlagen, gegen die Feststellung, dass die Abwicklung das Kriterium des öffentlichen Interesses erfüllt, Einwände zu erheben(25). In dieser Hinsicht wird der Ermessensspielraum des SRB durch die Kommission und den Rat eingeschränkt.

38.      Stellt der SRB jedoch fest, dass die Abwicklung nicht im öffentlichen Interesse liegt, so sieht die SRM-Verordnung nicht vor, dass die Kommission oder der Rat widersprechen können. Ohne einer künftigen Entscheidung des Gerichtshofs in dieser Hinsicht vorgreifen zu wollen(26), scheint es mir, dass eine Anfechtung der Feststellung, dass eine Abwicklung nicht im öffentlichen Interesse liegt, nur gegen den SRB gerichtet werden kann, da er die endgültige Entscheidung in dieser Angelegenheit trifft.

39.      Neben der Entscheidung, ob die Abwicklung durchgeführt werden soll oder nicht, ist der SRB befugt, eine Reihe weiterer Einzelfallentscheidungen im Abwicklungsverfahren zu treffen(27).

40.      So erstellt der SRB beispielsweise Abwicklungspläne(28) und gibt Leitlinien und Anweisungen an die nationalen Abwicklungsbehörden zur Sicherstellung einer wirkungsvollen und kohärenten Anwendung seiner besonderen Befugnisse gemäß der SRM-Verordnung heraus(29). Er ist befugt, das Kreditinstitut oder sein Mutterunternehmen anzuweisen, im Rahmen einer Frühintervention an potenzielle Erwerber heranzutreten, und von der zuständigen nationalen Behörde den Entwurf eines vorläufigen Abwicklungskonzepts zu verlangen(30).

41.      Der SRB entscheidet auch darüber, wer eine faire, vorsichtige und realistische Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten eines Kreditinstituts vornimmt, bevor über eine Abwicklung entschieden wird, und wählt eine von staatlichen Stellen unabhängige Person aus, die diese Bewertung vornimmt(31). Während der Durchführung der Abwicklung ist der SRB gegenüber den nationalen Abwicklungsbehörden zur Überwachung und zur Erteilung von Weisungen befugt(32). Schließlich verfügt der SRB über Untersuchungsbefugnisse(33) und kann gegen Unternehmen, die seine Untersuchungsbeschlüsse nicht einhalten, Sanktionen verhängen(34).

42.      Das Abwicklungskonzept des SRB bedarf der Billigung durch die Kommission bzw. in bestimmten Fällen durch den Rat. Solange diese Billigung nicht erteilt ist, ist das vom SRB festgelegte Abwicklungskonzept nicht rechtsverbindlich. Dies führt mich zu den vier möglichen Szenarien für das Inkrafttreten eines Abwicklungskonzepts.

2.      Die vier möglichen Szenarien nach der Festlegung eines Abwicklungskonzepts durch den SRB

43.      In Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 5 der SRM-Verordnung heißt es, dass das Abwicklungskonzept „nur in Kraft treten [kann], wenn weder der Rat noch die Kommission innerhalb von 24 Stunden nach seiner Übermittlung durch den Ausschuss Einwände erheben“. Im restlichen Teil von Art. 18 Abs. 7 der SRM-Verordnung sind vier Szenarien für das Inkrafttreten des Abwicklungskonzepts unter Beteiligung des SRB, der Kommission und gegebenenfalls auch des Rats niedergelegt.

44.      Die Abwicklung der Banco Popular umfasst nur das erste Szenario. Meine Würdigung, die zu dem Schluss führt, dass die Kommission der einzige rechtlich verantwortliche Akteur ist, gegen den eine gegen ein Abwicklungskonzept gerichtete Klage erhoben werden sollte, gilt für dieses Szenario. Es ist nicht meine Absicht, pauschale Lösungen vorzuschlagen, aber ich halte es für wichtig, das vorliegende Szenario von den anderen Szenarien zu unterscheiden. Dies wird uns helfen, die Beziehung zwischen der Kommission und dem SRB bei der Lösung des vorliegenden Falls besser zu verstehen.

a)      Erstes Szenario: Billigung des Abwicklungskonzepts des SRB durch die Kommission

45.      Die Kommission kann das Abwicklungskonzept innerhalb von 24 Stunden nach seiner Übermittlung durch den SRB billigen(35).

46.      So war es auch bei der Abwicklung der Banco Popular. Die Kommission hatte keine Einwände und billigte das Abwicklungskonzept ausdrücklich in seiner Gesamtheit.

47.      Da in diesem Szenario keine Einwände erhoben wurden, trat das Abwicklungskonzept in Kraft(36).

48.      Bei der Abwicklung der Banco Popular heißt es in Art. 12.1 des Abwicklungskonzepts, dass es am 7. Juni 2017 um 6.30 Uhr in Kraft treten sollte. Dabei handelt es sich um den Zeitpunkt, in dem die Kommission das Abwicklungskonzept billigte, anstelle des Zeitpunkts, in dem der SRB es der Kommission übermittelte (5.13 Uhr).

49.      Dennoch kam es in diesem Rechtsstreit zu unterschiedlichen Auslegungen bezüglich des Inkrafttretens(37). Einerseits stellte das Gericht fest, dass Art. 12 des Abwicklungskonzepts den Zeitpunkt seines Inkrafttretens vorsehe, was es zu dem Schluss veranlasste, dass das Abwicklungskonzept selbst eine Handlung sei, die in Kraft treten könne(38). Auf der anderen Seite macht die Kommission geltend, dass es ihre Billigung sei, die für das Inkrafttreten des Abwicklungskonzepts entscheidend sei(39).

50.      Wie ich unter Abschnitt B.2. ausführen werde, geht aus dem Wortlaut und der Systematik der SRM-Verordnung klar hervor, dass es in diesem Szenario speziell die Billigung der Kommission ist, die das Abwicklungskonzept zu einem verbindlichen Rechtsakt macht.

b)      Zweites Szenario: Schweigen

51.      Das zweite Szenario, das von der Kommission in der mündlichen Verhandlung als höchst unwahrscheinlich bezeichnet wurde, besteht in einem 24 Stunden langen Schweigen der Kommission auf die Übermittlung des Abwicklungskonzepts hin.

52.      Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 5 der SRM-Verordnung lässt den Schluss zu, dass das Abwicklungskonzept, bei Ausbleiben jeglicher Einwände (auch in der Gestalt völligen Schweigens), ohne die Billigung der Kommission in Kraft tritt.

53.      Eine mögliche Auslegung ist, dass in dieser Situation das Abwicklungskonzept selbst der einzige Rechtsakt wäre, der verbindliche Rechtswirkungen erzeugt. Dies würde dem Vorbringen der Kommission zuwiderlaufen, dass ihre Billigung die wesentliche Bedingung für das Inkrafttreten eines Abwicklungskonzepts sei.

54.      Man kann dieses Szenario auch so verstehen, dass die Billigung der Kommission hier stillschweigend erfolgt und zugleich die notwendige Bedingung für das Inkrafttreten des Abwicklungskonzepts darstellt. Dies ist das Argument der Kommission im vorliegenden Rechtsmittelverfahren.

55.      Ich kann der Kommission zustimmen, dass dieses Szenario mit dem ersten Szenario gleichgesetzt werden kann und dass die Anfechtung trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Billigung gegen die Kommission als für das Abwicklungskonzept rechtlich Verantwortliche zu richten ist.

56.      Das Fehlen jeglicher ausdrücklicher Handlungen der Kommission sollte jedoch mit Vorsicht betrachtet werden, da dies suggerieren könnte, dass ihre Rolle bei der Billigung des vom SRB ausgearbeiteten Abwicklungskonzepts nicht wesentlicher, sondern lediglich symbolischer Natur gewesen sei(40). Da es sich bei der Abwicklung der Banco Popular um die erste Abwicklung im Rahmen der SRM-Verordnung handelte, ist nicht absehbar, ob die Kommission in Zukunft Abwicklungskonzepte stillschweigend billigen würde. Derzeit können wir nur darauf vertrauen, dass die Kommission nicht in dieser Weise handeln wird(41).

c)      Drittes Szenario: Einwände der Kommission gegen die Aspekte des Abwicklungskonzepts, bei denen ein Ermessensspielraum besteht

57.      Die Kommission kann Einwände gegen die Aspekte des Abwicklungskonzepts, bei denen ein Ermessensspielraum besteht(42), erheben(43). In diesem Fall muss sie ihre Einwände begründen(44).

58.      Im angefochtenen Urteil vertrat das Gericht die Auffassung, dass die Kommission weder Einwände hinsichtlich der rein technischen Aspekte des Abwicklungskonzepts erheben noch diese ändern könne(45). Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass das Abwicklungskonzept eigenständige Rechtswirkungen erzeuge. Auch der SRB vertrat in seiner Erwiderung einen ähnlichen Standpunkt.

59.      Die Einwände der Kommission könnten tatsächlich nur Ermessensfragen betreffen. Der Teil des Konzepts, bei dem ein Ermessensspielraum besteht, beruht jedoch auf den Schlussfolgerungen, die aus den Teilen, bei denen kein Ermessensspielraum besteht, gezogen werden. So könnte die Kommission beispielsweise Einwände gegen die Wahl des vom SRB vorgeschlagenen Abwicklungsinstruments erheben, weil sie aus der Bewertung der Bank eine andere Schlussfolgerung zieht.

60.       Bei diesem Szenario hat der SRB acht Stunden Zeit, um das Abwicklungskonzept nach Maßgabe der Gründe der Kommission zu ändern(46).

61.      Wenn die Kommission Einwände gegen das Abwicklungskonzept erhoben hat, kann es auf jeden Fall nicht in Kraft treten, ohne dass diese Einwände berücksichtigt werden. Meines Erachtens ist es auch bei diesem Szenario vertretbar, die Kommission für das Abwicklungskonzept verantwortlich zu machen.

d)      Viertes Szenario: Beteiligung des Rates

62.      Die Abwicklung muss im öffentlichen Interesse erforderlich sein(47). Darüber hinaus ist das Bail-in ein mögliches Abwicklungsinstrument, für das die Mittel des einheitlichen Abwicklungsfonds (im Folgenden: Fonds) verwendet werden können(48). Dies sind die beiden Aspekte des Abwicklungskonzepts, die der Kontrolle durch den Rat unterliegen.

63.      Innerhalb von zwölf Stunden nach Übermittlung des Abwicklungskonzepts(49) kann die Kommission dem Rat – erstens – vorschlagen, gegen das Abwicklungskonzept Einwände zu erheben, wenn die Abwicklung nicht im öffentlichen Interesse liegt, oder – zweitens –, den Vorschlag der Kommission zu einer erheblichen Änderung des in Anspruch zu nehmenden Betrags des Fonds zu billigen oder Einwände zu erheben.

64.      Der Rat handelt in diesem Szenario mit einfacher Mehrheit(50) und hat die Gründe für die Ausübung seines Rechts, Einwände zu erheben, anzugeben(51).

65.      Erhebt der Rat Einwände bezüglich des Vorliegens des öffentlichen Interesses, wird das jeweilige Unternehmen nach nationalem Recht liquidiert(52). Der Rat hat somit die Möglichkeit, die Abwicklung ganz zu stoppen.

66.      Wenn der Rat den Vorschlag der Kommission, Einwände zu erheben oder die Inanspruchnahme des Fonds zu ändern, billigt, ändert der SRB das Abwicklungskonzept innerhalb von acht Stunden entsprechend(53).

67.       Ähnlich wie im dritten Szenario erhebt die Kommission Einwände, aber anders als im dritten Szenario kann sie diese dem SRB nicht ohne die Zustimmung des Rates auferlegen. Es gibt also mehrere sich daran anschließende Verläufe: Der Rat kann zustimmen, er kann aber auch den Standpunkt der Kommission ablehnen und damit dem ursprünglichen Konzept des SRB zustimmen.

68.      Was ist die anfechtbare Handlung in diesem vierten Szenario? Führt der Standpunkt des Rates zur Ablehnung eines Abwicklungskonzepts (z. B. wegen fehlenden öffentlichen Interesses), ist die einzige anfechtbare Handlung der Standpunkt des Rates. Das Abwicklungskonzept existiert in einem solchen Szenario nicht.

69.      Stimmt der Rat jedoch nicht mit der Kommission überein und bestätigt er das öffentliche Interesse an der Abwicklung, kann das Konzept in Kraft treten. Und dennoch hat die Kommission das Konzept nicht gebilligt. Wer sollte Beklagter bei einer gegen ein solches Konzept gerichteten Klage sein: allein der Rat? Der Rat und die Kommission gemeinsam? Eine ähnliche Frage stellt sich, wenn die Höhe der zu verwendenden Fondsmittel bei Uneinigkeit zwischen dem Rat und der Kommission geändert wird.

70.      Die SRM-Verordnung schweigt zu diesen Fragen.

71.      Auch hier neige ich bei abstrakter Bewertung dieser Situationen zu der Feststellung – ohne eine andere Lösung ausschließen zu wollen, wenn sich eine konkrete Frage stellt –, dass die Kommission bei der Anfechtung des Abwicklungskonzepts stets einbezogen werden muss (gemeinsam mit dem Rat oder auch allein). Wie ich unter Abschnitt B.2. erläutern werde, spricht das Ausmaß, in dem die Kommission im Gegensatz zum Rat am Abwicklungsverfahren beteiligt ist, für einen solchen Standpunkt.

B.      Die Kommission ist rechtlich verantwortlich für das Abwicklungskonzept für Banco Popular

72.      Wie bereits erwähnt, schlage ich dem Gerichtshof vor, festzustellen, dass das Gericht die SRM-Verordnung falsch ausgelegt hat, als es feststellte, dass das Abwicklungskonzept für Banco Popular ein Rechtsakt sei, der dem SRB und nicht der Kommission zuzurechnen sei. Ich schlage daher vor, dass der Gerichtshof dem Rechtsmittel stattgibt und das angefochtene Urteil aufhebt. Allerdings stimmen meine Argumente nicht vollständig mit denen der Kommission überein.

73.      Vor allem stimme ich nicht mit dem Argument der Kommission überein, dass die Meroni-Doktrin vorschreibe, dass das Abwicklungskonzept der Kommission zuzurechnen sei. Eine solche Auslegung ergibt sich allerdings stattdessen aus dem Wortlaut und der Systematik der SRM-Verordnung.

74.      Bevor ich die Gründe für eine solche Lesart der SRM-Verordnung darlege (2), werde ich zunächst erläutern, wie die Meroni-Doktrin heute verstanden werden sollte (1).

1.      Übertragung von Befugnissen mit Ermessensspielraum: vom Urteil Meroni zum Urteil ESMA

75.      Eines der Argumente, auf die sich die Kommission im vorliegenden Rechtsmittelverfahren stützt, ist, dass die Erteilung von Befugnissen mit Ermessensspielraum an den SRB gegen die Meroni-Doktrin und den Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts verstoße(54). Schaut man in die Gesetzgebungsgeschichte, so wurde dem SRB nach dem Tätigwerden des Rates im Gesetzgebungsverfahren(55) nicht die Befugnis eingeräumt, verbindliche Rechtswirkungen gegenüber Einzelpersonen zu erzeugen. Dies wurde als notwendig erachtet, um die Einhaltung der Meroni-Doktrin sicherzustellen.

76.      Die Doktrin ist nach dem Urteil Meroni  benannt, das 1958 erging(56). Damals gab es noch keine Kommission, wie wir sie heute kennen, sondern die Hohe Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Die Hohe Behörde übertrug die Befugnisse für Finanzgeschäfte im Bereich des Regelwerks für Schrott an einen privaten Verband. Der Gerichtshof stellte fest, dass die Hohe Behörde nur genau umgrenzte Ausführungsbefugnisse übertragen durfte, die in vollem Umfang unter der Aufsicht der Hohen Behörde stehen mussten(57).

77.      Das Urteil Meroni  wurde zur Blaupause für die Beurteilung der Übertragung von Befugnissen im Unionsrecht(58). Sie wird oft als eine Regel verstanden, nach der Befugnisse mit Ermessensspielraum nicht übertragen werden können(59).

78.      Der Ausschluss der Übertragung von Befugnissen mit Ermessensspielraum an andere Stellen als die Kommission entspricht jedoch nicht der heutigen Realität(60). Viele auf Unionsebene eingerichtete Agenturen sind befugt, rechtsverbindliche Entscheidungen zu treffen, die zwangsläufig mit einem gewissen Ermessensspielraum verbunden sind(61).

79.      Lord Diplock bot eine Definition des Ermessens an, die ich für nützlich und im Unionskontext anwendbar halte: „Das Konzept des Ermessens der Verwaltung selbst beinhaltet ein Recht, zwischen mehr als einer möglichen Handlungsalternative zu wählen, bei der es für vernünftige Personen Raum gibt, unterschiedliche Meinungen darüber zu haben, welche vorzuziehen ist.“(62)

80.      Der Ermessensspielraum ist notwendigerweise Teil der Rechtsetzung, d. h. des Erlasses von Vorschriften, die für alle unter den gleichen Bedingungen allgemein verbindlich sind und sich aus politischen Entscheidungen ergeben. Diese Befugnis wird zunehmend auf die Exekutive übertragen(63). In der Europäischen Union kann der Erlass allgemeiner Vorschriften nur an die Kommission übertragen werden(64). Es kann argumentiert werden, dass die Rechtsetzung in der Europäischen Union bei den Organen der Europäischen Union verbleiben muss.

81.      Ermessensspielraum besteht jedoch auch bei Einzelfallentscheidungen(65). Die Anwendung einer bestimmten Regel auf einen individuellen Sachverhalt erfolgt selten, wenn überhaupt, automatisch(66); sie erfordert regelmäßig eine Auswahl. Solche Ermessensentscheidungen im Einzelfall werden durch übergeordnete allgemeine Regeln gelenkt und begrenzt.

82.      Die Entwicklung des Rechts zur Befugnisübertragung in der Europäischen Union ist nicht im Jahr 1958 stehen geblieben. Mein Argument ist, dass die heutige Meroni-Doktrin eine Unterscheidung zwischen der Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen und Befugnissen mit Ermessensspielraum zum Erlass von Einzelfallentscheidungen erfordert. Erstere kann nicht an Agenturen übertragen werden. Letztere hingegen schon, jedoch muss die Ausübung dieser Befugnisse durch die Ermächtigungshandlung hinreichend eingeschränkt werden.

83.      Dies ergibt sich aus der nach dem Urteil Meroni  entwickelten Rechtsprechung.

84.      Der erste relevante Fall ist das Urteil Romano(67). In dieser Rechtssache wurde die Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer (im Folgenden: Verwaltungskommission) vom Rat ermächtigt, die Umrechnungskurse für die nationalen Stellen bei der Festsetzung der Beträge festzulegen, die einer Person geschuldet werden, um die Differenz zwischen den Rentenansprüchen aus mehr als einem Mitgliedstaat auszugleichen.

85.      Der Gerichtshof stellte fest, dass eine Einrichtung wie die Verwaltungskommission nicht ermächtigt sein kann, „Rechtsakte mit normativem Charakter“ zu erlassen(68). Der Gerichtshof verwies auf Art. 155 des EWG-Vertrags, in dem die Befugnisse der Kommission geregelt waren. Der Fehler des Rates bestand also offenbar darin, dass er diese Befugnis nicht an die Kommission übertragen hat(69). Bei dieser Schlussfolgerung bezog sich der Gerichtshof auf die Art. 173 und 177 des EWG-Vertrags (jetzt Art. 263 und 267 AEUV), in denen seinerzeit die gerichtliche Überprüfbarkeit von Entscheidungen von Einrichtungen wie der Verwaltungskommission nicht erwähnt wurde.

86.      Folglich war der von der Verwaltungskommission festgelegte Umrechnungskurs für die nationalen Stellen bei der Festlegung der zu zahlenden Rentenbeträge nicht bindend.

87.      Die nächste relevante Rechtssache ist ESMA, auch bekannt als „Leerverkaufs“-Fall(70). Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (im Folgenden: ESMA) wurde als Teil der Reaktion der Europäischen Union auf die Finanzkrise mit dem Ziel errichtet, die Finanzmarktaufsicht auf Unionsebene zu stärken(71). Im Jahr 2012 erhielt die ESMA zusätzlich die Befugnis, Beschlüsse betreffend einzelne Marktteilnehmer zu fassen, wenn sie der Ansicht ist, dass „die ordnungsgemäße Funktionsweise und Integrität der Finanzmärkte oder die Stabilität des gesamten oder eines Teils des Finanzsystems in der Union [bedroht]“ ist(72).

88.      Das Vereinigte Königreich beantragte die Nichtigerklärung der Bestimmung, mit der der ESMA diese Befugnis eingeräumt wurde. Das Vereinigte Königreich machte geltend, dass gegen die Meroni- sowie die Romano-Doktrin verstoßen worden sei, da der ESMA eine Befugnis mit Ermessensspielraum zum Erlass von Rechtsakten mit Gesetzeskraft eingeräumt worden sei. Darüber hinaus argumentierte das Vereinigte Königreich, dass die Art. 290 und 291 AEUV die Übertragung und Umsetzung von Befugnissen im Unionsrecht abschließend regelten, so dass derartige Befugnisse nicht an Agenturen übertragen werden könnten(73).

89.      Der Gerichtshof befasste sich in der Rechtssache ESMA mit den Anforderungen aus dem Urteil Meroni  im Zusammenhang mit dem Vertrag von Lissabon und kam zu dem Schluss, dass es weiterhin untersagt ist, einer Einrichtung „weitreichende Ermessensentscheidungen“ einzuräumen(74). Er stellte fest, dass die der ESMA eingeräumten Befugnisse jedoch genau eingegrenzt und gerichtlich überprüfbar sind. Die ESMA ist nur dann befugt zu handeln, wenn eine „Bedrohung für die ordnungsgemäße Funktionsweise und die Integrität der Finanzmärkte oder die Stabilität des gesamten Finanzsystems oder eines Teils davon in der Union mit grenzübergreifenden Auswirkungen“ besteht(75).

90.       Der Gerichtshof erachtete es nicht als relevant, dass die Bestimmung dieser weit gefassten Begriffe an sich schon das Gebrauchmachen eines Ermessensspielraums beinhalten kann(76). Stattdessen betonte er die Notwendigkeit, dass die ESMA spezifisches technisches Fachwissen einsetzt(77). In Verbindung mit dem, was der Gerichtshof als ausreichende Beschränkung der Ausübung der Befugnisse der ESMA ansah, stellte er fest, dass nicht gegen das Verbot der Übertragung von Befugnissen mit Ermessensspielraum aus dem Urteil Meroni verstoßen wurde.

91.      Sodann befasste sich der Gerichtshof mit dem Urteil Romano. Auf Vorschlag von Generalanwalt Jääskinen(78) stellte der Gerichtshof fest, dass die Einschränkung aus dem Urteil Romano nicht mehr gilt, da die Art. 263 und 267 AEUV nunmehr ausdrücklich die gerichtliche Überprüfbarkeit von Rechtsakten von Agenturen zulassen(79).

92.      Bei der Einzelfallentscheidung betreffend einen bestimmten Marktteilnehmer hat die ESMA unabhängig von den Zwängen der Ermächtigungsnorm sicherlich Ermessen ausgeübt. Im Anschluss an das Urteil ESMA  komme ich daher zu dem Schluss, dass die Übertragung von Ermessen auf Agenturen bei Einzelfallentscheidungen zulässig ist, solange es einer gerichtlichen Überprüfung unterliegt.

93.      Insgesamt lässt sich aus den Urteilen Romano  und ESMA  schließen, dass die Befugnis zum Erlass von Rechtsakten mit allgemeiner Geltung nicht auf Agenturen übertragen werden kann, dass aber Agenturen klar umgrenzte Ausführungsbefugnisse eingeräumt werden können, die gerichtlich überprüft werden können(80).

94.      Daher würde es nicht gegen die Meroni-Doktrin verstoßen, wenn dem SRB die Befugnis eingeräumt würde, ohne Billigung der Kommission über ein Abwicklungskonzept zu entscheiden. Die SRM-Verordnung schränkt die Ausübung der Befugnisse des SRB ein und gibt hinreichend genaue Leitlinien vor: Der SRB kann die Abwicklung nur dann durchführen, wenn er feststellt, dass die Durchführung im öffentlichen Interesse liegt. Diese Feststellung ist ermessensabhängig, aber nicht willkürlich, denn die SRM-Verordnung beschränkt sie auf das Erfordernis, eines der in ihrem Art. 14 Abs. 2 genannten Abwicklungsziele zu erreichen(81). Außerdem ist zu bewerten, ob diese Ziele beeinträchtigt würden, wenn die Bank nach nationalem Recht liquidiert würde(82).

95.      Dies lässt Raum für unterschiedliche Lösungen im Einzelfall, doch wurden die wichtigsten politischen Entscheidungen in der SRM-Verordnung getroffen: Dort sind Situationen aufgeführt, in denen ein Markteingriff erforderlich ist, wobei eine Abwägung erforderlich ist zwischen den Ergebnissen, die sich ergeben, wenn die Bank ihrem Schicksal auf dem Markt überlassen wird, und wenn die Union eingreift. Wäre die Einzelfallentscheidung allein dem SRB überlassen worden, hätte sie zudem der gerichtlichen Überprüfung durch die Unionsgerichte unterlegen.

96.      Die Übertragung der Befugnis zum Erlass individueller Ermessensentscheidungen an den SRB stünde im Einklang mit den im Urteil Meroni  bis zum Urteil ESMA  eingeführten Standards, auch wenn für das Inkrafttreten des Abwicklungskonzepts keine Billigung der Kommission erforderlich wäre.

97.      Und doch hat der Unionsgesetzgeber das Abwicklungsverfahren nicht derart ausgestaltet. Im nächsten Abschnitt werde ich zeigen, dass die gesetzgeberischen Entscheidungen in der SRM-Verordnung und nicht die Meroni-Doktrin für die Entscheidung über das vorliegende Rechtsmittel relevant sind.

2.      Weshalb ist die Kommission rechtlich verantwortlich für das Abwicklungskonzept für Banco Popular?

98.      Die Schlussfolgerung, dass die Kommission rechtlich für das Abwicklungskonzept verantwortlich ist und die richtige Beklagte bei dieser Nichtigkeitsklage ist, ergibt sich aus dem Wortlaut und der Systematik der SRM-Verordnung. Sie ist somit das Ergebnis der vom Unionsgesetzgeber getroffenen Entscheidung.

99.      Sobald der SRB sein Ermessen ausübt und ein Abwicklungskonzept festlegt, muss er dieses Konzept der Kommission zur Billigung übermitteln.

100. Dieses Abwicklungskonzept kann nur dann in Kraft treten, wenn weder die Kommission noch der Rat innerhalb von 24 Stunden nach seiner Übermittlung durch den SRB Einwände erhebt. Es ist also offensichtlich, dass das vom SRB festgelegte Abwicklungskonzept ohne die Billigung der Kommission (oder in bestimmten Fällen des Rates) kein verbindlicher Rechtsakt werden kann.

101. Das Gericht gelangte auf der Grundlage von Art. 16 Abs. 1(83) und Art. 47 der SRM-Verordnung(84) zu dem Schluss, dass der SRB der eigentliche Urheber der Abwicklung sei und fortan der Beklagte in Nichtigkeitsverfahren sein sollte. Der Unionsgesetzgeber hat das Abwicklungsverfahren jedoch so konzipiert, dass die Unabhängigkeit des SRB beim Erlass des Abwicklungskonzepts nicht ausreicht, um ihm die rechtliche Urheberschaft an diesem Rechtsakt zu verleihen. Rechtlich gesehen existiert das Abwicklungskonzept nicht, wenn es nicht von der Kommission gebilligt wurde.

102. Die Kommission argumentiert, und ich stimme ihr voll und ganz zu, dass die Begründung des Gerichts widersprüchlich sei. Einerseits hat das Gericht anerkannt, dass die Billigung des Abwicklungskonzepts durch die Kommission eine notwendige Voraussetzung für dessen Inkrafttreten sei(85). Andererseits hat es festgestellt, dass das Abwicklungskonzept eine Handlung sei, die in Kraft treten und eigenständige Rechtswirkungen erzeugen könne(86).

103. Im vorliegenden Fall erzeugte das Abwicklungskonzept eindeutig keine eigenständigen Rechtswirkungen. Es wurde erst ab dem Zeitpunkt rechtsverbindlich, als die Kommission es ausdrücklich billigte.

104. Eine gewisse Verwirrung im angefochtenen Urteil ergibt sich daraus, dass es im Abwicklungsverfahren zwei formelle Handlungen gibt: das vom SRB beschlossene Abwicklungskonzept und die von der Kommission erteilte Billigung. Wenn es zwei formelle Handlungen gibt, welche ist dann anfechtbar?

105. Diese Frage ist irreführend. Der Begriff der anfechtbaren Handlung ist nicht eine Frage der Form, sondern des Inhalts. Die richtige Frage ist vielmehr, was in diesem Fall angefochten wird. Das Interesse der Kläger besteht offensichtlich in der Nichtigerklärung des Abwicklungskonzepts selbst oder von Teilen davon. Die Billigung der Kommission ist für sie nur insoweit relevant, als es ohne sie kein Abwicklungskonzept gäbe.

106. In diesem Sinne ist die Billigung der Kommission keine eigenständige Handlung. Sie bezieht sich auf das Abwicklungskonzept, wie es vom SRB vorgelegt wurde, und ist ohne dessen Inhalt bedeutungslos. Obwohl die Billigung der Kommission nur eine halbe Seite lang ist, ist das Abwicklungskonzept Gegenstand der Billigung und somit wesentlicher Bestandteil dieser Entscheidung.

107. Ebenso kann das Abwicklungskonzept nicht von seiner Billigung getrennt werden, ohne die es nicht zustande kommen kann. Keine der beiden Handlungen kann gesondert angefochten werden.

108. Meiner Ansicht nach kann die anfechtbare Handlung nur das Abwicklungskonzept sein, wie es von der Kommission gebilligt wurde. Man kann es auch umgekehrt beschreiben: Die Billigung der Kommission ist eine anfechtbare Handlung, aber das Abwicklungskonzept ist ein wesentlicher Bestandteil dieser Billigung.

109. Es bleibt die Frage, wer als der rechtlich relevante Urheber dieser untrennbaren Handlungen anzusehen ist.

110. Die Kommission macht insoweit geltend, dass das Gericht die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu mehrteiligen Verfahren völlig außer Acht gelassen habe. Nach dieser Rechtsprechung erzeuge nur die Handlung, die das gesamte Verfahren abschließe, verbindliche Rechtswirkungen(87). Diese Rechtsprechung ist nach Ansicht der Kommission nicht nur auf vertikale mehrteilige Verfahren (wenn sowohl Unions- als auch nationale Einrichtungen einbezogen seien), sondern auch auf horizontale mehrteilige Verfahren wie das Abwicklungsverfahren anwendbar. Die Kommission argumentiert dementsprechend, dass ihre Billigung das Abwicklungsverfahren abschließe und daher die anfechtbare Handlung darstelle. Dies ist jedoch nur dann vertretbar, wenn die Billigung nicht von dem Rechtsakt, den sie billigt, getrennt wird.

111. Diese Rechtsprechung besagt, dass der rechtlich relevante Urheber  eines Rechtsakts die Stelle ist, deren Entscheidung das Verfahren abgeschlossen hat. Da das Verfahren mit der Billigung des Abwicklungskonzepts abgeschlossen wird, ist diese Stelle die Kommission(88).

112. Mit ihrer Billigung billigt die Kommission das gesamte Abwicklungskonzept, sowohl die technischen Aspekte als auch solche, bei denen ein Ermessensspielraum besteht. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung zutreffend dargelegt hat, sind diese Aspekte voneinander abhängig und untrennbar.

113. Nichts im Wortlaut der SRM-Verordnung deutet darauf hin, dass die Kommission nur die Teile des Abwicklungskonzepts, bei denen ein Ermessensspielraum besteht, billigt. Das Gegenteil ist der Fall. In Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 2 der SRM-Verordnung heißt es, dass „die Kommission das Abwicklungskonzept entweder zu billigen oder … hinsichtlich der Aspekte des Abwicklungskonzepts, bei denen ein Ermessensspielraum besteht, Einwände zu erheben [hat]“(89). Im Gegensatz zu Einwänden, die sich nur gegen die Aspekte des Abwicklungskonzepts richten, bei denen ein Ermessensspielraum besteht, betrifft eine Billigung das Abwicklungskonzept in seiner Gesamtheit.

114. Das Gericht hat seine Entscheidung daher zu Unrecht auf die Befugnis der Kommission gestützt, nur hinsichtlich der Aspekte des Abwicklungskonzepts, bei denen ein Ermessensspielraum besteht, Einwände zu erheben(90). Die Teile, bei denen kein Ermessensspielraum besteht, sind tatsächlicher Natur und können falsch sein, aber ihnen liegt keine Entscheidung zugrunde. Wenn die Kommission das Abwicklungskonzept billigt, billigt sie zwingend auch die Tatsachenfeststellungen, auf deren Grundlage die Ermessensentscheidungen getroffen wurden.

115. Nach der Billigung durch die Kommission erzeugt ein Abwicklungskonzept Rechtswirkungen gegenüber Dritten und die Kommission ist rechtlich für das gesamte Abwicklungskonzept verantwortlich. Es ist daher nicht erforderlich, den SRB als Mitbeklagten einzubeziehen.

116. Zur Stützung ihres Arguments bezüglich der Urheberschaft der anfechtbaren Handlung in dieser Rechtssache hat sich die Kommission in ihrem zweiten Rechtsmittelgrund auf ihre Verteidigungsrechte berufen. Sie hat geltend gemacht, dass ihr Recht, das Abwicklungskonzept zu verteidigen, eingeschränkt wäre, wenn sie nicht die Beklagte wäre(91).

117. Das ist ein verdrehtes Argument. Die uneingeschränkte Möglichkeit, die Handlung zu verteidigen, wird nur dann bedeutsam, wenn die Kommission rechtlich dafür verantwortlich ist. Das Recht auf Verteidigung ergibt sich nicht aus der rechtlichen Verantwortlichkeit der Kommission, sondern ist vielmehr deren Folge. Die Urheberschaft der Kommission ergibt sich aus dem Wortlaut und der Systematik der SRM-Verordnung, wonach das Rechtsleben des Abwicklungskonzepts mit der Billigung durch die Kommission beginnt. Ihr Recht, das Konzept zu verteidigen, ergibt sich aus dieser Urheberschaft.

118. Aus demselben Grund kann das parallele Argument des SRB, dass seine Verteidigungsrechte verletzt würden, wenn er nicht als Beklagter auftrete, nicht überzeugen. Wenn der SRB rechtlich nicht für das Abwicklungskonzept verantwortlich sein soll, gibt es keinen Grund, warum er die vollen Verteidigungsrechte genießen sollte. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er einem Rechtsstreit gegen das Abwicklungskonzept nicht beitreten kann.

119. Die anfechtbare Handlung ist daher die Billigung des Abwicklungskonzepts für Banco Popular durch die Kommission. Diese Billigung, deren wesentlicher Bestandteil das Abwicklungskonzept ist, erzeugt Rechtswirkungen und ist daher gerichtlich überprüfbar(92).

120. Die Argumentation des Gerichts auf der Grundlage von Art. 86 Abs. 2 der SRM-Verordnung(93), wonach das vom SRB beschlossene Abwicklungskonzept einen anfechtbaren Rechtsakt darstelle, weil gegen seine Beschlüsse ein Rechtsbehelf eingelegt werden könne, ändert nichts an der bisherigen Schlussfolgerung. Es gibt andere Beschlüsse, die dem SRB zuzurechnen sind, wie z. B. der Beschluss, das Abwicklungsverfahren nicht einzuleiten, die unter diese Bestimmung fallen(94).

121. Darüber hinaus vertrat das Gericht die Auffassung, dass das Abwicklungskonzept eigenständig verbindliche Rechtswirkungen erzeuge, da der FROB verpflichtet sei, es umzusetzen(95). Bei dieser Schlussfolgerung scheint das Gericht Art. 13 des Abwicklungskonzepts außer Acht gelassen zu haben, wonach dieses Konzept an den FROB gerichtet ist und ihm nach seiner Billigung durch die Kommission oder den Rat mitgeteilt wird. Dies spricht daher für das Argument der Kommission, dass ihre Billigung für das Inkrafttreten des Abwicklungskonzepts gegenüber dem Adressaten, der nationalen Abwicklungsbehörde, maßgeblich sei.

122. Sämtliche vorstehende Erwägungen lassen den Schluss zu, dass die Kommission die rechtlich verantwortliche Urheberin des Abwicklungskonzepts ist.

123. Es gibt jedoch noch eine weitere Frage, die zu klären ist. Um eine wirksame gerichtliche Überprüfung durch die Unionsgerichte sicherzustellen, müssen rechtsverbindliche Rechtsakte eine Begründung enthalten(96). Ohne die Gründe zu kennen, ist es für die von einem Rechtsakt betroffene Person schwierig, eine sinnvolle Anfechtung vorzubereiten.

124. Die Begründung dafür, auf welche Weise die Abwicklung der Banco Popular die Voraussetzungen der SRM-Verordnung erfüllt, ist im Abwicklungskonzept selbst enthalten. Mit der Billigung dieses Abwicklungskonzepts billigt die Kommission auch dessen Begründung und muss darauf vorbereitet sein, diese vor den Unionsgerichten zu verteidigen(97).

125. Es ist nicht unerheblich, ob die Kommission die Begründung der Abwicklung der Banco Popular tatsächlich in vollem Umfang verteidigen kann. Dies ist nur dann möglich, wenn die Kommission die tatsächliche Urheberin dieses Rechtsakts ist.

126. Gemäß Art. 43 Abs. 3 der SRM-Verordnung verfügt die Kommission (wie die EZB) über einen Vertreter, der als ständiger Beobachter zur Teilnahme an den Präsidiumssitzungen und Plenarsitzungen des SRB berechtigt ist, der an den Aussprachen teilnimmt und Zugang zu allen Unterlagen hat(98).

127. In der Rechtssache Algebris(99), ebenfalls im Zusammenhang mit der Abwicklung der Banco Popular, stellte das Gericht fest, dass die Kommission tatsächlich an der Vorbereitung der Abwicklung beteiligt gewesen sei und das ihr vom SRB vorgelegte Abwicklungskonzept ordnungsgemäß bewertet habe. Der Umstand, dass sie dies in 77 Minuten getan hat, wurde durch ihre Beteiligung während des gesamten Verfahrens, das zu dem Abwicklungskonzept führte, ausgeglichen, das seinem Wesen nach eine Dringlichkeitssituation darstellt(100).

128. Die Billigung des Abwicklungskonzepts der Banco Popular durch die Kommission scheint kein bloßes Abnicken zu sein. Mit ihrer Billigung hat die Kommission den Inhalt des Abwicklungskonzepts gebilligt.

129. Das Abwicklungskonzept selbst war dieser Billigung jedoch nicht beigefügt(101). In der Rechtssache Algebris  stellte das Gericht in gewisser Abweichung vom angefochtenen Urteil fest, dass die Bezugnahme der Kommission auf das Abwicklungskonzept und die darin enthaltene Begründung ausreichten, um der Begründungspflicht nachzukommen. Es vertrat die Auffassung, dass „das Abwicklungskonzept und seine Begründung als Teil des Kontexts anzusehen [sind]“(102), in dem die Billigung der Kommission erfolgt sei.

130. Im vorliegenden Fall kam jedoch in der mündlichen Verhandlung die Frage auf, wie der Einzelne eine Direktklage nach Art. 263 Abs. 4 AEUV erheben kann, wenn er die Gründe, auf die die Kommission ihre Billigung gestützt hat, nicht der Billigungsentscheidung selbst entnehmen kann.

131. Die Kommission gab zur Antwort, dass es nicht praktikabel sei, das Abwicklungskonzept zusammen mit der Billigung zu veröffentlichen, da es vertrauliche Informationen enthalte. Aus der Billigung gehe jedoch eindeutig hervor, dass sie sich auf die Abwicklung der Banco Popular beziehe, die vom SRB auf seiner Website veröffentlicht worden und somit öffentlich zugänglich sei(103).

132. Ich bin der Ansicht, dass die Kommission in Zukunft ihrer im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Billigung die nicht vertrauliche Fassung des Abwicklungskonzepts beifügen sollte. Zwar zeigt die hohe Zahl der derzeit beim Gericht anhängigen Klagen, dass die Betroffenen Kenntnis von dem Abwicklungskonzept hatten, doch würde die gemeinsame Veröffentlichung von Billigung und Abwicklungskonzept deutlich machen, dass die Kommission mit ihrer Billigung das gesamte Abwicklungskonzept einschließlich der Gründe, auf denen es beruht, billigt.

133. Zusammenfassend bin ich der Ansicht, dass das Abwicklungskonzept keine isolierte rechtliche Existenz besitzt und daher nicht unabhängig von der Billigung durch die Kommission angefochten werden kann. Die Klage sollte sich gegen die Billigung des Abwicklungskonzepts des SRB durch die Kommission richten. Es handelt sich somit um eine einzige anfechtbare Handlung, deren Urheberin die Kommission ist.

VII. Ergebnis

134. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor,

–        das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 1. Juni 2022, Fundación Tatiana Pérez de Guzmán el Bueno und SFL/SRB (T‑481/17, EU:T:2022:311), aufzuheben, soweit damit die Klage gegen das vom SRB beschlossene Abwicklungskonzept für zulässig erklärt wird;

–        die von der Fundación Tatiana Pérez de Guzmán el Bueno und der SFL eingereichte Nichtigkeitsklage als unzulässig abzuweisen;

–        der Fundación Tatiana Pérez de Guzmán el Bueno und der SFL ihre eigenen Kosten im Verfahren vor dem Gericht und die Kosten aufzuerlegen, die dem SRB und der Banco Santander, SA in diesem Verfahren entstanden sind;

–        der Fundación Tatiana Pérez de Guzmán el Bueno und der SFL ihre eigenen Kosten im Rechtsmittelverfahren und die Kosten aufzuerlegen, die dem SRB und der Kommission in diesem Verfahren entstanden sind;

–        den übrigen Streithelfern vor dem Gericht ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit der Klage und den Streithelfern vor dem Gerichtshof ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit dem Rechtsmittel aufzuerlegen.


1      Originalsprache: Englisch.


2      Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1, im Folgenden: SRM-Verordnung).


3      Weitere Informationen unter https://www.srb.europa.eu/en/about. Siehe auch sechster Erwägungsgrund der SRM-Verordnung.


4      Beschluss SRB/EES/2017/08 der Präsidiumssitzung des SRB vom 7. Juni 2017 betreffend den Erlass eines Abwicklungskonzepts für die Banco Popular Español, S.A. (im Folgenden: Abwicklungskonzept).


5      Beschluss (EU) 2017/1246 der Kommission vom 7. Juni 2017 zur Billigung des Abwicklungskonzepts für Banco Popular Español S.A. (ABl. 2017, L 178, S. 15, im Folgenden: Billigung der Kommission).


6      Ein zweites Rechtsmittel gegen dieses Urteil ist beim Gerichtshof in der Rechtssache C‑448/22 P, SFL/SRB,  anhängig. Dieses Rechtsmittel betrifft nicht die Zulässigkeit. Sollte der Gerichtshof dem Rechtsmittel in der vorliegenden Rechtssache stattgeben, wäre dieses zweite Rechtsmittel wohl gegenstandslos und würde entsprechend zurückgewiesen.


7      In drei dieser Pilotrechtssachen wurde das Abwicklungskonzept des SRB zusammen mit der Billigung der Kommission angefochten. Die Zulässigkeit wurde in keiner dieser Rechtssachen bestritten. Siehe Urteil vom 1. Juni 2022, Del Valle Ruíz u. a./Kommission und SRB (T‑510/17, EU:T:2022:312), vom 1. Juni 2022, Eleveté Invest Group u. a./Kommission und SRB (T‑523/17, EU:T:2022:313), und vom 1. Juni 2022, Aeris Invest/Kommission und SRB (T‑628/17, EU:T:2022:315). Gegen diese Urteile sind beim Gerichtshof Rechtsmittel in den Rechtssachen C‑541/22 P, García Fernández u. a./Kommission und SRB, und C‑535/22 P, Aeris Invest/Kommission und SRB, anhängig. Das Rechtsmittel in der Rechtssache C‑539/22 P, Del Valle Ruíz u. a./Kommission und SRB wurde am 22. Juli 2023 eingereicht, aber zurückgezogen. Die vierte Pilotrechtssache vor dem Gericht betraf nur den Beschluss der Kommission zur Billigung des Abwicklungskonzepts, und die Zulässigkeit wurde nicht bestritten. Siehe Urteil vom 1. Juni 2022, Algebris (UK) und Anchorage Capital Group/Kommission (T‑570/17, EU:T:2022:314). Gegen dieses Urteil wurde kein Rechtsmittel eingelegt. Die sechste Pilotrechtssache schließlich betraf eine Klage auf teilweise Nichtigerklärung des Abwicklungskonzepts des SRB. Die Kommission war in dieser Rechtssache Streithelferin, aber die Zulässigkeit wurde nicht in Frage gestellt. Das Gericht hat jedoch von Amts wegen durch Beschluss entschieden, dass die Klage unzulässig ist, weil sie die Voraussetzungen für eine Teilnichtigkeit nicht erfüllt. Siehe Beschluss vom 24. Oktober 2019, Liaño Reig/SRB (T‑557/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:771). Dieser Beschluss wurde im Rechtsmittelverfahren vom Gerichtshof bestätigt, der in seinem Urteil vom 4. März 2021, Liaño Reig/SRB (C‑947/19 P, EU:C:2021:172), feststellte, dass das Gericht keinen Fehler begangen hat, als es feststellte, dass die streitige Bestimmung nicht vom Abwicklungskonzept des SRB abtrennbar ist.


8      Eine nicht vertrauliche Fassung dieser Bewertung kann unter https://www.bankingsupervision.europa.eu/ecb/pub/pdf/ssm.2017_FOLTF_ESPOP.en.pdf?ed492d2c6735d43ab422f25ed966d712 abgerufen werden.


9      Siehe Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 30 bis 33 der SRM-Verordnung, in dem die verfügbaren Abwicklungsinstrumente aufgeführt sind. In diesem Fall wurde das Instrument der Unternehmensveräußerung genutzt (siehe Art. 24 der SRM-Verordnung), bei dem alle bestehenden Aktien (hartes Kernkapital) und die Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals der Banco Popular herabgeschrieben wurden. Die Instrumente des Ergänzungskapitals wurden in neue Aktien umgewandelt, die dann zum Preis von 1 Euro an Banco Santander übertragen wurden.


10      Das Königreich Spanien, das Europäische Parlament, der Rat, die Kommission sowie Banco Santander sind dem Rechtsstreit zur Unterstützung des SRB beigetreten.


11      Angefochtenes Urteil (Rn. 132).


12      Angefochtenes Urteil (Rn. 129 und 130), unter Bezugnahme auf das Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7).


13      Urteil vom 6. Mai 2021, ABLV Bank u. a./EZB (C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:369).


14      Angefochtenes Urteil (Rn. 135), unter Bezugnahme auf das Urteil vom 6. Mai 2021, ABLV Bank u. a./EZB (C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:369, Rn. 66).


15      Angefochtenes Urteil (Rn. 140).


16      Angefochtenes Urteil (Rn. 145 bis 147).


17      Für eine Erläuterung dieser Doktrin siehe Nr. 76 unten.


18      In der mündlichen Verhandlung ist das Parlament gebeten worden, zu erläutern, was mit diesem Erwägungsgrund gemeint war. Die Antwort lautete, dass damit klargestellt werden sollte, dass der SRB über mehr Zuständigkeiten verfüge, als den Agenturen üblicherweise zugestanden würden, ohne jedoch die Tatsache zu ändern, dass der SRB Teil eines komplexen Verwaltungsverfahrens sei. Die SFL hat in der mündlichen Anhörung erklärt, dass der SRB aufgrund seiner zentralisierten Entscheidungsbefugnis mit keiner anderen Agentur vergleichbar sei.


19      Die „Agenturisierung“ wurde als ein Prozess beschrieben, bei dem öffentliche Befugnisse auf spezialisierte öffentlich-rechtliche Einrichtungen übertragen werden, die von den traditionell verstandenen legislativen oder exekutiven Institutionen getrennt sind. Verhoest, K., van Thiel, S., und De Vadder, S., „Agencification in Public Administration“, Oxford Research Encyclopaedia of Politics, 2021, S. 2.


20      Die EZB tut dies nach Anhörung des SRB gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 der SRM-Verordnung.


21      Ebd.


22      Art. 18 Abs. 5 der SRM-Verordnung. Der SRB hat seinen Ansatz für die Bewertung des öffentlichen Interesses im Jahr 2019 veröffentlicht. Siehe https://www.srb.europa.eu/system/files/media/document/2019-06-28_draft_pia_paper_v12.pdf.


23      Art. 23 Abs. 1 der SRM-Verordnung.


24      Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 2 der SRM-Verordnung.


25      Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 3 der SRM-Verordnung.


26      Der Rechtsstreit über den Beschluss des SRB, kein Abwicklungskonzept für die ABLV Bank zu beschließen, ist noch nicht abgeschlossen. Ursprünglich fochten die Kläger die von der EZB vorgenommene Bewertung der Lage als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend an. Diese Klagen wurden vom Gericht mit den Beschlüssen vom 6. Mai 2019, ABLV Bank/EZB (T‑281/18, EU:T:2019:296), und vom 6. Mai 2019, Bernis u. a./EZB (T‑283/18, EU:T:2019:295), abgewiesen. Der Gerichtshof bestätigte diese Beschlüsse in seinem Urteil vom 6. Mai 2021, ABLV Bank u. a./EZB (C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:369), in dem er feststellte, dass die von der EZB vorgenommene Bewertung nicht anfechtbar ist, wohl aber der Beschluss des SRB, die Abwicklung nicht fortzusetzen. In einem Nebenverfahren, in dem dieser Beschluss des SRB angefochten wurde, ließ das Gericht die Klage zu, wies sie aber mit Urteil vom 6. Juli 2022, ABLV Bank/SRB (T‑280/18, EU:T:2022:429), in der Sache ab. Gegen dieses Urteil ist derzeit in der Rechtssache C‑602/22 P (ABLV Bank/SRB) ein Rechtsmittel anhängig. Dieses Rechtsmittel ist die optimale Gelegenheit für den Gerichtshof, sich mit der Frage des Ermessensspielraums des SRB bei der Entscheidung über das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Abwicklung zu befassen.


27      In Titel V Kapitel 2 der SRM-Verordnung sind die Befugnisse des SRB in Bezug auf den einheitlichen Abwicklungsfonds geregelt, was für das vorliegende Rechtsmittel nicht von Bedeutung ist und hier nicht dargestellt wird.


28      Art. 8 Abs. 1 der SRM-Verordnung.


29      Siehe z. B. Art. 8 Abs. 3 und Art. 12 Abs. 3 der SRM-Verordnung.


30      Art. 13 Abs. 3 der SRM-Verordnung.


31      Art. 20 Abs. 1 der SRM-Verordnung. Nach Art. 20 Abs. 15 der SRM-Verordnung kann gegen die Bewertung kein gesondertes Rechtsmittel eingelegt werden, aber sie kann mit dem Beschluss des SRB angefochten werden (in der Bestimmung wird nicht angegeben, um welchen Beschluss es sich dabei handelt, aber es dürfte davon auszugehen sein, dass es sich dabei um das Abwicklungskonzept handelt). In Rn. 141 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nämlich festgestellt, dass diese Bestimmung auch bestätige, dass das Abwicklungskonzept isoliert anfechtbar sei.


32      Art. 28 und 29 der SRM-Verordnung.


33      Gemäß den Art. 34 bis 36 der SRM-Verordnung kann der SRB Auskunftsersuchen stellen sowie allgemeine Untersuchungen und Prüfungen vor Ort durchführen.


34      Art. 38 bis 41 der SRM-Verordnung. Gemäß Art. 85 Abs. 3 der SRM-Verordnung kann eine natürliche oder juristische Person einschließlich der nationalen Abwicklungsbehörden Beschwerde gegen diese Beschlüsse beim Beschwerdeausschuss einlegen.


35      Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 2 der SRM-Verordnung.


36      Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 5 der SRM-Verordnung.


37      Der Verweis auf Art. 18 Abs. 6 der SRM-Verordnung in Art. 12.1 des Abwicklungskonzepts könnte für einige Verwirrung gesorgt haben. Diese Bestimmung regelt den Inhalt des Abwicklungskonzepts, nicht aber das Verfahren für sein Inkrafttreten (das stattdessen in Art. 18 Abs. 7 der SRM-Verordnung geregelt ist).


38      Angefochtenes Urteil (Rn. 117).


39      Dies ergibt sich wohl aus dem Verweis auf den Zeitpunkt, in dem die Kommission es billigte, anstelle des Zeitpunkts, in dem der SRB es der Kommission übermittelte.


40      Das Gericht stellte in der Pilotrechtssache, in der kein Rechtsmittel eingelegt wurde (Urteil vom 1. Juni 2022, Algebris (UK) und Anchorage Capital Group/Kommission (T‑570/17, EU:T:2022:314, Rn. 122), fest, dass die Kommission das Abwicklungskonzept ausdrücklich billigen müsse, damit es nicht gegen die Meroni-Doktrin verstoße. In Anbetracht meines Standpunkts zur Anwendbarkeit der Meroni-Doktrin auf den SRB (siehe Abschnitt B.1. unten) stimme ich nicht zu, dass das Urteil Meroni die Kommission verpflichtet, ein Abwicklungskonzept ausdrücklich zu billigen.


41      Eine Befürchtung, die sich aus dem Schweigen ergibt, ist, dass die Kommission dadurch reaktionsträge und dem SRB untergeordnet werden könnte. Siehe Adamski, D., „The ESMA doctrine: a constitutional revolution and the economics of delegation“, European Law Review 812, Bd. 39(4), 2014, S. 817 und 818 (mit dem Argument, dass das Vertrauen eines Auftraggebers in die technische und fachliche Kompetenz eines Bevollmächtigten das Risiko einer Informationsasymmetrie birgt, die dazu führt, dass der Bevollmächtigte letztlich politische Entscheidungen trifft, die der Auftraggeber absegnet).


42      In der mündlichen Verhandlung haben die an dem Rechtsmittelverfahren Beteiligten auf die Wahl des Abwicklungsinstruments, die Einhaltung der Abwicklungsziele und alle anderen nicht technischen Aspekte des Abwicklungsverfahrens verwiesen.


43      Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 2 der SRM-Verordnung. Davon ausgenommen sind i) die Bewertung des öffentlichen Interesses und ii) der aus dem einheitlichen Abwicklungsfonds zu verwendende Betrag. Wenn die Kommission mit einem dieser Punkte nicht einverstanden ist, hat sie dem Rat vorzuschlagen, Einwände zu erheben (Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 3 der SRM-Verordnung). Ich werde mich mit dieser Situation im Rahmen des vierten Szenarios befassen.


44      Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 6 der SRM-Verordnung.


45      Angefochtenes Urteil (Rn. 132 und 137).


46      Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 7 der SRM-Verordnung. Es ist nicht ausdrücklich geregelt, ob die Kommission die geänderte Regelung erneut bestätigen muss.


47      Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der SRM-Verordnung.


48      Art. 27 der SRM-Verordnung. Dieses Instrument wurde bei der Abwicklung der Banco Popular nicht eingesetzt. Es wird jedoch der Vollständigkeit halber in die Würdigung miteinbezogen.


49      Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 3 der SRM-Verordnung.


50      Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 4 der SRM-Verordnung.


51      Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 6 der SRM-Verordnung.


52      Art. 18 Abs. 8 der SRM-Verordnung.


53      Art. 18 Abs. 7 Unterabs. 7 der SRM-Verordnung.


54      Man kann darüber streiten, ob der Grund für die Entscheidung in der Rechtssache Meroni nur in der Wahrung des institutionellen Gleichgewichts oder auch in der Ermöglichung einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle bestand. Für die Auffassung, dass der Gerichtshof sich bei seiner Entscheidung in der Rechtssache Meroni von beiden Anliegen leiten ließ, siehe Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen in der Rechtssache Vereinigtes Königreich/Rat und Parlament (C‑270/12, EU:C:2013:562, Nr. 64). Siehe auch Chamon, M., „EU Agencies between Meroni and Romano or the Devil and the Deep Blue Sea“, Common Market Law Review, Bd. 48, 2011, S. 1055, S. 1058 und 1059 (wo er ausführt, dass die Gleichsetzung des Gleichgewichts der Gewalten aus dem Urteil Meroni mit dem 1990 eingeführten institutionellen Gleichgewicht nicht gerechtfertigt sei, da Ersteres stattdessen als eine Bezugnahme auf das Rechtsschutzsystem des Vertrags gesehen werden sollte).


55      Der Juristische Dienst des Rates hielt den ursprünglichen Vorschlag für zu weit gefasst und unpräzise, da er dem SRB erlaubte, über Angelegenheiten zu entscheiden, die nicht nur technischer Natur waren, und somit gegen die Meroni-Doktrin verstieß. Siehe Rat der Europäischen Union, Gutachten des Juristischen Dienstes über die Übertragung von Befugnissen an den SRB, Brüssel, 7. Oktober 2013, Dok. Nr. 14547/13, S. 17 und 26 (im Folgenden: JDR-Gutachten zur Befugnisübertragung). Siehe auch 24. Erwägungsgrund der SRM-Verordnung, in dem die Begründung für die Einbeziehung der Kommission und des Rates dem im JDR-Gutachten zur Befugnisübertragung niedergelegten Verständnis der Meroni-Doktrin folgt.


56      Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7).


57      Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7, S. 44).


58      Die herkömmliche Lesart des Urteils Meroni könnte als das Ergebnis betrachtet werden, den Zweck dieses Urteils in der Wahrung des institutionellen Gleichgewichts zu sehen, wobei diese Schlussfolgerung aus dem Verweis des Gerichtshofs auf das Gleichgewicht der Gewalten gezogen wird. Siehe Chamon, a. a. O., Fn. 54, S. 1058 und 1059. Siehe auch JDR-Gutachten zur Befugnisübertragung, S. 3 bis 5.


59      Urteil vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde (9/56, EU:C:1958:7, S. 46). Chamon zählt sechs weitere Schlussfolgerungen aus dem Urteil Meroni  auf, die in der Literatur genannt werden: „(1) Die übertragende Behörde kann nicht mehr Befugnisse übertragen, als sie selbst besitzt; (2) die übertragende Behörde sollte eine kontinuierliche Kontrolle gewährleisten; (3) die Übertragung kann nicht stillschweigend erfolgen, sondern muss ausdrücklich erfolgen; (4) eine kontinuierliche gerichtliche Kontrolle sollte gewährleistet werden; (5) das institutionelle Gleichgewicht sollte nicht gestört werden; und (6) die Übertragung sollte tatsächlich notwendig sein, um die betreffenden Aufgaben zu erfüllen. Chamon, M., „The Empowerment of Agencies under the Meroni Doctrine and Article 114 TFEU: Comment on United Kingdom v Parliament and Council (Short-selling) and the Proposed Single Resolution Mechanism“, European Law Review, Band 39(3), 2014, S. 380, S. 382.


60      Simoncini, M., „‚Live and let die?‘ The Meroni doctrine in 2023“, abrufbar unter https://eulawlive.com/op-ed-live-and-let-die-the-meroni-doctrine-in-2023-by-marta-simoncini/.


61      Im JDR-Gutachten zur Befugnisübertragung werden die Europäische Arzneimittel-Agentur, die Europäischen Aufsichtsbehörden, z. B. die Europäische Bankenaufsichtsbehörde, und die ESMA erwähnt (S. 5, Fn. 11). Wenn wir uns Art. 58a der Satzung des Gerichtshofs zuwenden, finden wir mindestens vier sonstige Stellen und Agenturen, die Einzelfallentscheidungen erlassen, die nach internen Überprüfungsverfahren direkt von den Unionsgerichten überprüft werden können: das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum, das Gemeinschaftliche Sortenamt, die Europäische Chemikalienagentur und die Europäische Agentur für Flugsicherheit. Interessanterweise enthält der Vorschlag zur Änderung der Satzung des Gerichtshofs eine Änderung von Art. 58a, durch die auch der SRB in die Liste der Agenturen aufgenommen wird. Siehe Art. 3 des Verordnungsvorschlags zur Änderung des Protokolls Nr. 3 über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Abrufbar unter https://curia.europa.eu/jcms/jcms/p1_3866197/en/.


62      Secretary of State for Education and Science gegen Tameside MBC [1976] UKHL 6, S. 17. Siehe auch Schlussanträge des Generalanwalts Emiliou in der Rechtssache EZB/Crédit lyonnais (C‑389/21 P, EU:C:2022:844, Nr. 44).


63      Galligan, D. J., „Arbitrariness and Formal Justice in Discretionary Decisions“, in Galligan, D. J., (Hrsg.), Essays in Legal Theory: A Collaborative Work, Melbourne University Press, 1984, S. 145.


64      Art. 290 Abs. 1 AEUV sieht außerdem vor, dass die Kommission mittels Befugnisübertragung nur bestimmte nicht wesentliche Vorschriften des betreffenden Gesetzgebungsakts ergänzen oder ändern darf.


65      Eine klassische Darstellung des Ermessensspielraums bei Verwaltungsentscheidungen findet sich in Galligan, D. J., Discretionary Powers: A Legal Study of Official Discretion, Clarendon Press, 1986, neu aufgelegt 2011.


66      Unabhängig vom Grad der technischen Kenntnisse oder des Fachwissens ist der Entscheidungsträger niemals nur „la bouche de la loi“, um Montesquieu zu paraphrasieren. Siehe auch Mendes, J., „Bounded Discretion in EU Law: A Limited Judicial Paradigm in a Changing EU“, Modern Law Review, Band 80(3), 2017, S. 443.


67      Urteil vom 14. Mai 1981, Romano (98/80, EU:C:1981:104).


68      Ebd. (Rn. 20).


69      Vgl. Chamon, a. a. O., Fn. 54, S. 1063.


70      Urteil vom 22. Januar 2014, Vereinigtes Königreich/Parlament und Rat (C‑270/12, EU:C:2014:18).


71      Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen in der Rechtssache Vereinigtes Königreich/Rat und Parlament (C‑270/12, EU:C:2013:562, Nr. 2).


72      Art. 28 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps (ABl. 2012, L 86, S. 1).


73      Darüber hinaus machte das Vereinigte Königreich geltend, dass Art. 114 AEUV nicht die richtige Rechtsgrundlage sei. Generalanwalt Jääskinen stimmte dem zu und empfahl dem Gerichtshof, der Klage des Vereinigten Königreichs aus diesem Grund stattzugeben. Siehe Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen in der Rechtssache Vereinigtes Königreich/Rat und Parlament (C‑270/12, EU:C:2013:562, Nrn. 6 und 48 bis 53). Der Gerichtshof folgte dem nicht.


74      Urteil vom 22. Januar 2014, Vereinigtes Königreich/Parlament und Rat (C‑270/12, EU:C:2014:18, Rn. 42).


75      Ebd. (Rn. 46 und 47). Siehe auch Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen in der Rechtssache Vereinigtes Königreich/Rat und Parlament (C‑270/12, EU:C:2013:562, Nr. 42). Bei der Feststellung, dass der Ermessensspielraum der ESMA erheblich eingeschränkt ist, verwies der Gerichtshof ferner auf die Verpflichtung der ESMA, den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken zu konsultieren und die zuständigen nationalen Behörden zu unterrichten sowie ihre Maßnahme mindestens alle drei Monate zu überprüfen. Schließlich stellte der Gerichtshof fest, dass die Kommission ermächtigt ist, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die Kriterien und Faktoren festzulegen, die die ESMA beim Vorliegen bestimmter ungünstiger Ereignisse oder Entwicklungen und Bedrohungen zu berücksichtigen hat (Rn. 50 und 51).


76      Zu einer Kritik an diesem Punkt siehe Mendes, a. a. O., Fn. 66, S. 447 und 448; Chamon, a. a. O., Fn. 59, S. 393.


77      Urteil vom 22. Januar 2014, Vereinigtes Königreich/Parlament und Rat (C‑270/12, EU:C:2014:18, Rn. 52, 82 und 85).


78      Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen in der Rechtssache Vereinigtes Königreich/Rat und Parlament (C‑270/12, EU:C:2013:562, Nrn. 74 und 88), der die Auffassung vertrat, dass ungeachtet der Änderungen, die der Vertrag von Lissabon in Bezug auf die gerichtliche Überprüfbarkeit von Rechtsakten von Agenturen und deren daraus resultierende Möglichkeit zum Erlass verbindlicher Rechtsakte mit sich bringe – wodurch das Urteil Romano irrelevant werde –, der übertragene Rechtsakt „hinreichend klare Kriterien vorsehen [muss], so dass die Durchführungsbefugnis gerichtlich überprüfbar ist“.


79      Urteil vom 22. Januar 2014, Vereinigtes Königreich/Parlament und Rat (C‑270/12, EU:C:2014:18, Rn. 65).


80      Der SRB ist nicht die erste Agentur, die befugt ist, Ermessensentscheidungen in Einzelfällen zu treffen, ohne dass eine Billigung durch die Kommission erforderlich ist. Siehe hierzu Fn. 61 oben.


81      Die darin aufgeführten Abwicklungsziele sind: „a) die Sicherstellung der Kontinuität kritischer Funktionen; b) die Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität, vor allem durch die Verhinderung einer Ansteckung, beispielsweise von Marktinfrastrukturen, und durch die Erhaltung der Marktdisziplin; c) der Schutz öffentlicher Mittel durch geringere Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln; d) der Schutz der unter die Richtlinie 2014/49/EU [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April über Einlagensicherungssysteme (ABl. 2014, L 173, S. 149)] fallenden Einleger und der unter die Richtlinie 97/9/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger (ABl. 1997, L 84, S. 22)] fallenden Anleger; e) der Schutz der Gelder und Vermögenswerte der Kunden.“


82      In Art. 18 Abs. 5 der SRM-Verordnung heißt es: „… eine Abwicklungsmaßnahme [ist] als im öffentlichen Interesse liegend zu betrachten, wenn sie für das Erreichen eines oder mehrerer der in Artikel 14 genannten Abwicklungsziele notwendig und mit Blick auf diese Ziele verhältnismäßig ist und wenn dies bei einer Liquidation des Unternehmens im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens nicht im selben Umfang der Fall wäre.“


83      In diesem Zusammenhang hat sich das Gericht auf Art. 16 Abs. 1 der SRM-Verordnung gestützt, wonach der SRB „über eine Abwicklungsmaßnahme [entscheidet]“. Siehe angefochtenes Urteil (Rn. 116 und 120).


84      Art. 47 der SRM-Verordnung sieht vor, dass der SRB unabhängig und im Allgemeininteresse handelt (Abs. 1) und von den Organen oder Einrichtungen der Union weder Weisungen anfordern noch entgegennehmen darf (Abs. 2). Ungeachtet der Unabhängigkeit des SRB ist die Kommission gemäß der SRM-Verordnung ausdrücklich befugt, dem Abwicklungskonzept rechtsverbindliche Wirkung zu verleihen.


85      Die Kommission verweist auf die Rn. 127, 128 und 130 des angefochtenen Urteils.


86      Die Kommission bezieht sich dabei auf die Rn. 117, 120 und 127 des angefochtenen Urteils.


87      Die Kommission bezieht sich dabei auf die Urteile vom 11. November 1981, IBM/Kommission (60/81, EU:C:1981:264, Rn. 10 bis 12), und vom 19. Dezember 2018, Berlusconi und Fininvest (C‑219/17, EU:C:2018:1023, Rn. 49).


88      Ebenso wurde eine gegen die Kommission gerichtete Klage gegen die Einführung von Antidumpingzöllen für unzulässig erklärt, weil „die Entscheidungsbefugnis … dem Rat [zufällt], der von einer Entscheidung absehen kann, wenn er anderer Meinung ist als die Kommission, oder aber ausgehend von deren Vorschlägen eine Entscheidung treffen kann“ (Beschluss vom 8. Mai 1985, Koyo Seiko/Rat und Kommission, 256/84, EU:C:1985:178, Rn. 3).


89      Hervorhebung nur hier.


90      Angefochtenes Urteil (Rn. 137). Siehe auch Nr. 18 der vorliegenden Schlussanträge.


91      Die Kommission hat auf Art. 142 der Verfahrensordnung des Gerichts hingewiesen, wonach Streithelfer keine eigenständigen Anträge stellen könnten.


92      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs stellt jeder von einem Organ, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union angenommene Beschluss, der Rechtswirkungen erzeugen soll, unabhängig von seiner Rechtsnatur oder seiner Form eine anfechtbare Handlung dar. Urteil vom 20. November 2018, Kommission/Rat (Meeresschutzgebiet Antarktis) (C‑626/15 und C‑659/16, EU:C:2018:925, Rn. 59).


93      Angefochtenes Urteil (Rn. 140). Art. 86 Abs. 2 der SRM-Verordnung bestimmt: „Im Einklang mit Artikel 263 AEUV können die Mitgliedstaaten und die Organe der Union sowie jede natürliche oder juristische Person Klage vor dem Gerichtshof gegen Beschlüsse des Ausschusses erheben.“


94      Gerade die Möglichkeit des SRB, einen Beschluss über die Nichteinleitung des Abwicklungsverfahrens zu erlassen, war der Grund für die Entscheidung des Gerichtshofs im Urteil vom 6. Mai 2021, ABLV Bank u. a./EZB (C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:369) (auf die sich das Gericht zu Unrecht berief), wonach die von der EZB vorgenommene Bewertung der Lage als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend keine anfechtbare Handlung ist. Siehe angefochtenes Urteil (Rn. 135), unter Bezugnahme auf das Urteil vom 6. Mai 2021, ABLV Bank u. a./EZB (C‑551/19 P und C‑552/19 P, EU:C:2021:369, Rn. 66).


95      Angefochtenes Urteil (Rn. 119).


96      Urteil vom 8. Mai 2019, Landeskreditbank Baden-Württemberg/EZB (C‑450/17 P, EU:C:2019:372, Rn. 85 und die dort angeführte Rechtsprechung).


97      In der Billigung des Abwicklungskonzepts der Banco Popular durch die Kommission heißt es: „Die Kommission stimmt dem Abwicklungskonzept zu. Sie stimmt insbesondere auch den Argumenten zu, die der Einheitliche Abwicklungsausschuss zur Begründung der Notwendigkeit einer Abwicklung im öffentlichen Interesse nennt“ (vierter Erwägungsgrund der Billigung der Kommission).


98      Eine ähnliche Beteiligung ist für den Rat nicht vorgesehen.


99      Urteil vom 1. Juni 2022, Algebris (UK) und Anchorage Capital Group/Kommission (T‑570/17, EU:T:2022:314, Rn. 138, 139 und 143). Gegen dieses Urteil wurde kein Rechtsmittel eingelegt.


100      In der Rechtssache Algebris erläuterte die Kommission, dass sie an verschiedenen Vorbereitungsphasen für den Erlass des Abwicklungskonzepts beteiligt gewesen sei, einschließlich täglicher Sitzungen und der Eingang von zwei Vorentwürfen des Abwicklungskonzepts, die ihr vom SRB übermittelt worden seien, und dass sie Zugang zu allen für die Ausarbeitung des Abwicklungskonzepts sachdienlichen Unterlagen gehabt habe, einschließlich der finanziellen Lage der Banco Popular. Urteil vom 1. Juni 2022, Algebris (UK) und Anchorage Capital Group/Kommission (T‑570/17, EU:T:2022:314, Rn. 132 bis 135).


101      Die Billigung der Kommission bezog sich nur auf das Abwicklungskonzept für Banco Popular (zweiter Erwägungsgrund).


102      Urteil vom 1. Juni 2022, Algebris (UK) und Anchorage Capital Group/Kommission (T‑570/17, EU:T:2022:314, Rn. 151 und 156).


103      Die Kommission setzte diese Praxis in Bezug auf die Abwicklung der Sberbank banka d.d. und der Sberbank d.d. fort. Siehe Beschluss (EU) 2022/947 der Kommission vom 1. März 2022 zur Billigung des Abwicklungskonzepts für Sberbank banka d.d. (ABl. 2022, L 164, S. 63) und Beschluss (EU) 2022/948 der Kommission vom 1. März 2022 zur Billigung des Abwicklungskonzepts für Sberbank d.d. (ABl. 2022, L 164, S. 65).