Language of document : ECLI:EU:T:2005:49

Rechtssache T-296/02

Lidl Stiftung & Co. KG

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruch – Verwechslungsgefahr – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke LINDENHOF – Ältere Wort- und Bildmarke LINDERHOF – Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 40/94“

Leitsätze des Urteils

1.      Gemeinschaftsmarke – Beschwerdeverfahren – Klage beim Gemeinschaftsrichter – Rechtmäßigkeit der Entscheidung einer Beschwerdekammer im Zusammenhang mit einem Widerspruchsverfahren – Anfechtung unter Geltendmachung neuer Tatsachen – Unzulässigkeit

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 63 und 74 Absatz 1)

2.      Gemeinschaftsmarke – Beschwerdeverfahren – Beschwerde gegen die Entscheidung einer erstinstanzlich befassten Stelle des Amtes, die der Beschwerdekammer vorgelegt wird – Berücksichtigung neuer Tatsachen oder Beweismittel – Zulässigkeit – Umfang

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 74 Absatz 2)

3.      Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Relative Eintragungshindernisse – Widerspruch des Inhabers einer für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragenen identischen oder ähnlichen älteren Marke – Gefahr der Verwechslung mit der älteren Marke – Wortmarke LINDENHOF sowie Wort- und Bildmarke LINDERHOF

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b)

1.      Die Klage beim Gericht gegen Entscheidungen der Beschwerdekammern des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) bezweckt die Nachprüfung der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen im Sinne des Artikels 63 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke. Tatsachen, die vor dem Gericht geltend gemacht werden, ohne zuvor bei den Instanzen des Amtes vorgetragen worden zu sein, können die Rechtmäßigkeit einer solchen Entscheidung nur beeinflussen, wenn das Amt sie von Amts wegen hätte ermitteln müssen.

Nach Artikel 74 Absatz 1 Satz 2 dieser Verordnung ist das Amt in Verfahren bezüglich relativer Eintragungshindernisse bei dieser Ermittlung auf das Vorbringen und die Anträge der Beteiligten beschränkt, woraus sich ergibt, dass es nicht von Amts wegen Tatsachen berücksichtigen muss, die von den Parteien nicht vorgetragen wurden. Solche Tatsachen können daher die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Beschwerdekammer nicht in Frage stellen.

(vgl. Randnr. 31)

2.      Im Rahmen der Überprüfung der von den in erster Instanz entscheidenden Dienststellen des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) getroffenen Entscheidungen können Beschwerdekammern des Amtes der Beschwerde auf der Grundlage neuer Tatsachen oder Beweismittel stattgeben, die der Beschwerdeführer vorbringt; eine Einschränkung ergibt sich insoweit nur aus Artikel 74 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke.

(vgl. Randnr. 33)

3.      Für den deutschen Durchschnittsverbraucher besteht keine Verwechslungsgefahr zwischen dem Wortzeichen LINDENHOF, dessen Eintragung als Gemeinschaftsmarke für „Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte“ der Klasse 32 im Sinne des Abkommens von Nizza begehrt wird, und der Wort- und Bildmarke, die neben sekundären Wortbestandteilen und dekorativen Bildbestandteilen den Wortbestandteil „Linderhof“ enthält, und die schon vorher in Deutschland für „Sekt“ der Klasse 33 dieses Abkommens eingetragen wurde.

Zwar sind die streitigen Zeichen nämlich in Anbetracht der bildlichen, klanglichen und begrifflichen Ähnlichkeit des Begriffes „Lindenhof“ einerseits und des eine beherrschende Stellung einnehmenden Wortbestandteils „Linderhof“ andererseits als ähnlich anzusehen, doch überwiegen die Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Waren, die sich u. a. daraus ergeben, dass sie nicht als zu einer Getränkefamilie gehörend angesehen werden können, gegenüber der Ähnlichkeit der Zeichen, so dass der angesprochene Durchschnittsverbraucher nicht glauben wird, dass die mit diesen Zeichen versehenen Waren dieselbe betriebliche Herkunft haben. Zudem ist nicht von einer erhöhten Kennzeichnungskraft der älteren Marke auszugehen.

(vgl. Randnrn. 51, 64, 67-68, 71)