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Vorabentscheidungsersuchen der Corte dei Conti – Sezione regionale di controllo per la Campania (Italien), eingereicht am 10. März 2021 – Comune di Camerota

(Rechtssache C-161/21)

Verfahrenssprache: Italienisch

Vorlegendes Gericht

Corte dei conti - Sezione regionale di controllo per la Campania

Partei des Ausgangsverfahrens

Kläger: Comune di Camerota

Vorlagefragen

Stehen die Art. 2 (insbesondere in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip) und 19 EUV, Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die Art. 120 Abs. 1 und 126 Abs. 1 AEUV, die Art. 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 Buchst. b und 12 der Richtlinie 2011/85/EU1 und Art. 5 der Verordnung EU Nr. 473/20132 sowie die aus den Art. 4 und 5 EUV ableitbaren unionsrechtlichen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der loyalen Zusammenarbeit und der praktischen Wirksamkeit dem entgegen, dass eine nationale Notstandsregelung wie die in Art. 53 Abs. 8 des Gesetzesdekrets Nr. 104 vom 14. August 2020, das durch das Gesetz Nr. 126 vom 13. Oktober 2020 mit Änderungen in ein Gesetz umgewandelt worden ist, vorgesehene in dem Sinne ausgelegt und angewandt wird, dass sie – wenn auch nur vorübergehend (vom 15. August 2020 bis 30. Juni 2021 und damit weit über die Dauer des Notstands hinaus) – eine wirksame und rechtzeitige gerichtliche Kontrolle der Einhaltung der Haushaltsvorschriften verhindert, die nach dem innerstaatlichen verfassungsrechtlichen und legislativen Rahmen einem unabhängigen, auf Rechnungslegungsfragen spezialisierten Gericht wie der Corte dei conti (Rechnungshof) anvertraut ist, indem sie insbesondere die gerichtlichen Aufgaben der Kontrolle über die Gebietskörperschaften aussetzt, die sich in einem strukturellen Ungleichgewicht befinden, das ihre Insolvenz verursachen kann, und einen langfristigen Sanierungsprozess eingeleitet haben und gerade deswegen sowie wegen der Schwierigkeiten, die sich aus der Gesundheitskrise ergeben, mehr als andere Körperschaften einer unabhängigen, wirksamen und rechtzeitigen Kontrolle unterstellt werden müssten, die verhindern soll, dass sich die Finanzkrise verschlimmern kann und die Abweichung von der Sanierung unumkehrbar wird und zur Insolvenz der Körperschaft führt?

Stehen Art. 3 Abs. 3 EUV, die Art. 3 Abs. 1 Buchst. b, 119 Abs. 1 und 2 und 120 AEUV, die Art. 1 und 4 der Richtlinie 2011/7/EU3 und das Protokoll Nr. 27 über den Binnenmarkt und den Wettbewerb dem entgegen, dass eine nationale Notstandsregelung wie die in Art. 53 Abs. 9 des Gesetzesdekrets Nr. 104 vom 14. August 2020, das durch das Gesetz Nr. 126 vom 13. Oktober 2020 mit Änderungen in ein Gesetz umgewandelt worden ist, vorgesehene in dem Sinne ausgelegt und angewandt wird, dass sie vom 15. August 2020 bis 30. Juni 2021 einen neuen Fall der Aussetzung der Vollstreckungsverfahren, die Gläubiger der Körperschaften eingeleitet haben, deren Sanierungsplan genehmigt worden ist, zulässt und allein mit der Gesundheitskrise begründet wird und zu dem Fall der Aussetzung hinzukommt, die diese Körperschaften bereits gemäß den Art. 243 bis Abs. 4 und 243 quater Abs. 5 der konsolidierten Fassung der Gesetze über Gebietskörperschaften beansprucht haben, ohne dass diese Aussetzung zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens führt, das eine alternative Möglichkeit der Erfüllung der Forderung bietet, mit den Folgen, die diese weitere und langfristige Aussetzung der Vollstreckungsverfahren in Bezug auf eine weitere Verlängerung des Zahlungsverzugs öffentlicher Verwaltungen und somit in Bezug auf den Schutz des Wettbewerbs und der Wettbewerbsfähigkeit der Gläubigerunternehmen mit sich bringt?

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1     Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten (ABl. 2011, L 306, S. 41).

2     Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. 2013, L 140, S. 11).

3     Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. 2011, L 48, S. 1).