Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 23. April 2015 (Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Sigmaringen – Deutschland) – Sevda Aykul/Land Baden-Württemberg
(Rechtssache C-260/13)1
(Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2006/126/EG – Gegenseitige Anerkennung der Führerscheine – Weigerung eines Mitgliedstaats, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der einer Person, die unter dem Einfluss berauschender Mittel gefahren ist, von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden ist)
Verfahrenssprache: Deutsch
Vorlegendes Gericht
Verwaltungsgericht Sigmaringen
Parteien des Ausgangsverfahrens
Klägerin: Sevda Aykul
Beklagter: Land Baden-Württemberg
Tenor
Die Art. 2 Abs. 1 und 11 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein sind dahin auszulegen, dass sie einen Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins vorübergehend aufhält, nicht daran hindern, die Anerkennung der Gültigkeit dieses Führerscheins wegen einer Zuwiderhandlung seines Inhabers abzulehnen, die in diesem Gebiet nach Ausstellung des Führerscheins stattgefunden hat und die gemäß den nationalen Rechtsvorschriften des erstgenannten Mitgliedstaats geeignet ist, die fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen herbeizuführen.
Der Mitgliedstaat, der es ablehnt, die Gültigkeit eines Führerscheins in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden anzuerkennen, ist dafür zuständig, die Bedingungen festzulegen, die der Inhaber dieses Führerscheins erfüllen muss, um das Recht wiederzuerlangen, in seinem Hoheitsgebiet zu fahren. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu untersuchen, ob sich der fragliche Mitgliedstaat durch die Anwendung seiner eigenen Regeln in Wirklichkeit nicht unbegrenzt der Anerkennung des von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins entgegenstellt. In dieser Hinsicht ist es auch seine Aufgabe, zu überprüfen, ob die von den Rechtsvorschriften des erstgenannten Mitgliedstaats vorgesehenen Voraussetzungen gemäß dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung des von der Richtlinie 2006/126 verfolgten Ziels, das in der Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr besteht, angemessen und erforderlich ist.
________________________1 ABl. C 189 vom 29.6.2013.