Language of document : ECLI:EU:T:2022:526

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

7. September 2022(*)

„Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Kommunikation der Kommission zur Menge der Covid-19‑Impfstoffe von BioNTech und deren Lieferzeiten – Nichtigkeitsklage – Nach stillschweigender Verweigerung des Zugangs erlassener ausdrücklicher Beschluss – Keine Rechtshängigkeit wegen der Unzulässigkeit einer anderen Klage – Vollständige und teilweise Verweigerung des Zugangs – Ausnahmen zum Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen, zum Schutz der Rechtsberatung, zum Schutz des Entscheidungsprozesses und zum Schutz der geschäftlichen Interessen Dritter“

In der Rechtssache T‑651/21,

Hans-Wilhelm Saure, wohnhaft in Berlin (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt C. Partsch,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch K. Herrmann, G. Gattinara und A. Spina als Bevollmächtigte,

Beklagte,


erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Svenningsen (Berichterstatter) sowie der Richter R. Barents und C. Mac Eochaidh,

Kanzler: S. Jund, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2022

folgendes

Urteil

1        Mit seiner Klage gemäß Art. 263 AEUV beantragt der Kläger, Herr Hans-Wilhelm Saure, die Nichtigerklärung des ausdrücklichen Beschlusses der Europäischen Kommission vom 11. August 2021, mit dem ihm teilweiser Zugang zu bestimmten Dokumenten gewährt und der Zugang zu anderen Dokumenten verweigert wurde (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 14. April 2020 erließ der Rat der Europäischen Union die Verordnung (EU) 2020/521 zur Aktivierung der Soforthilfe gemäß der Verordnung (EU) 2016/369 und zur Änderung von deren Bestimmungen unter Berücksichtigung des COVID-19-Ausbruchs (ABl. 2020, L 117, S. 3). Mit dieser Verordnung hat der Rat, wie sich aus ihrem Titel und ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, die mit der Verordnung (EU) 2016/369 des Rates vom 15. März 2016 über die Bereitstellung von Soforthilfe innerhalb der Union (ABl. 2016, L 70, S. 1) geschaffene Soforthilfe aktiviert. Dies war eine der Maßnahmen, die es der Europäischen Union als Ganzes ermöglichen sollten, die mit der Covid-19-Pandemie verbundene Krise unter den durch die schnelle Ausbreitung des Virus bedingten Zwängen im Geiste der Solidarität anzugehen, da Art und Folgen dieser Ausbreitung schwerwiegend und länderübergreifend sind und daher eine umfassende Reaktion erforderten.

3        Am 17. Juni 2020 veröffentlichte die Kommission die Mitteilung COM(2020) 245 final, „EU-Strategie für COVID-19‑Impfstoffe“ zur Beschleunigung der Entwicklung, Herstellung und Bereitstellung von Impfstoffen gegen COVID-19. Die genannte Strategie beruht gemäß dieser Mitteilung auf zwei Säulen, von denen die erste in der Sicherstellung einer ausreichenden Produktion von Impfstoffen in der Union und damit in einer ausreichenden Versorgung der Mitgliedstaaten durch Abnahmegarantien für Impfstoffhersteller über das Soforthilfeinstrument besteht, das durch die Verordnung 2020/521 aktiviert wurde.

4        Zu den Abnahmegarantien sieht diese Mitteilung insbesondere vor:

„2.2. Abnahmegarantien über das Soforthilfeinstrument

Um Unternehmen bei der raschen Entwicklung und Herstellung eines Impfstoffs zu unterstützen, wird die Kommission im Namen der Mitgliedstaaten Garantien mit einzelnen Impfstoffherstellern vereinbaren. Im Gegenzug für das Recht, innerhalb eines bestimmten Zeitraums und zu einem bestimmten Preis eine bestimmte Anzahl von Impfstoffdosen kaufen zu können, wird ein Teil der Vorlaufkosten der Impfstoffhersteller im Rahmen des [Soforthilfeinstruments] finanziert. Dies erfolgt in Form von Abnahmegarantien …

Als Endkäufer der Impfstoffe werden die Mitgliedstaaten von Anfang an in den Prozess eingebunden sein. Sie werden aufgefordert, ihr Fachwissen über potenzielle Impfstoffkandidaten sowie zusätzliche Mittel einzubringen (sofern die Mittel im Rahmen des [Soforthilfeinstruments] nicht ausreichen sollten), und werden direkt in die Verhandlungen einbezogen. Die Kommission schlägt vor, eine Vereinbarung mit den teilnehmenden Mitgliedstaaten abzuschließen, um ihre gegenseitigen Verpflichtungen festzuhalten. Alle teilnehmenden Mitgliedstaaten werden in einem Lenkungsausschuss vertreten sein, der die Kommission bis zur Unterzeichnung des Abnahmegarantievertrags in allen Bereichen unterstützt. Ein gemeinsames Verhandlungsteam, bestehend aus der Kommission und einigen wenigen Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten, wird die Abnahmegarantien aushandeln. Die Abnahmegarantien werden im Namen aller teilnehmenden Mitgliedstaaten geschlossen.“

5        Mit Schreiben vom 6. Januar 2021 beantragte der Kläger, ein für die deutsche Tageszeitung Bild tätiger Journalist, auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) Einsicht in Kopien der gesamten Kommunikation der Kommission ab dem 1. April 2020 insbesondere zu der Menge der von der Gesellschaft BioNTech SE angebotenen Impfstoffe und deren Lieferzeiten mit erstens BioNTech, zweitens dem Bundeskanzleramt der Bundesrepublik Deutschland betreffend BioNTech und ihre Produkte und drittens dem Bundesministerium für Gesundheit der Bundesrepublik Deutschland betreffend den Einkauf von Vakzinen zur Bekämpfung der Covid‑19‑Pandemie (im Folgenden: streitiger Antrag). Der streitige Antrag wurde unter dem Aktenzeichen „GESTDEM 2021/0101“ registriert.

6        Mit Schreiben vom 27. Januar 2021 (im Folgenden: Schreiben vom 27. Januar 2021) teilte die Generaldirektion (GD) „Gesundheit und Lebensmittelsicherheit“ der Kommission dem Kläger mit, dass sie 34 Dokumente ermittelt habe, die unter den streitigen Antrag fielen, und verweigerte ihm auf der Grundlage mehrerer in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehener Ausnahmen den Zugang zu diesen Dokumenten. Die Kommission lehnte den streitigen Antrag somit vollständig ab.

7        Mit Schreiben vom selben Tag reichte der Kläger gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 einen Zweitantrag auf Zugang zu den in Rede stehenden Dokumenten ein. Auf diesen Antrag folgte am 29. Januar 2021 ein Schreiben, in dem der Zweitantrag begründet und das Schreiben vom 27. Januar 2021 beantwortet wurde.

8        Am 17. Februar 2021 teilte das Generalsekretariat der Kommission dem Kläger mit, dass sein Zweitantrag noch bearbeitet werde, so dass es nicht möglich sei, ihn innerhalb der ursprünglichen Frist von 15 Arbeitstagen, die an diesem Tag ablaufe, zu beantworten, und dass diese Frist bis zum 10. März 2021 verlängert werde, also bis zum Ablauf der in Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen zusätzlichen 15 Arbeitstage.

9        Am 10. März 2021 teilte das Generalsekretariat der Kommission dem Kläger mit, dass sein Zweitantrag derzeit bearbeitet werde und dass es „leider nicht möglich gewesen [ist], alle Unterlagen zusammenzutragen, die für eine vollständige Prüfung [dieses Antrags] und für eine endgültige Entscheidung erforderlich sind“. Die Kommission beteuerte, alle Anstrengungen zu unternehmen, um ihm so schnell wie möglich eine Antwort zukommen zu lassen.

10      Am 19. März 2021 erhob der Kläger eine Klage gegen das Schreiben vom 27. Januar 2021, die unter dem Aktenzeichen T‑151/21 in das Register eingetragen wurde.

11      Am 2. Juni 2021 erließ die Generalsekretärin der Kommission einen ersten ausdrücklichen Beschluss über den Zweitantrag (im Folgenden: Beschluss vom 2. Juni 2021). Darin gab sie an, dass es sich bei den im Schreiben vom 27. Januar 2021 ursprünglich identifizierten 34 Dokumenten in Wirklichkeit um 34 Dokumentensätze handele. Nach einer Überprüfung habe sich herausgestellt, dass einige Dokumente nicht von dem Antrag erfasst würden. Die Kommission habe ihre Prüfung verschiedener Dokumente noch nicht abgeschlossen, und das Ergebnis dieser Prüfung werde dem Kläger so bald wie möglich übermittelt. Eine Fassung eines dieser Dokumente, in der bestimmte Stellen geschwärzt worden seien, sei inzwischen auf der Website der Kommission veröffentlicht worden. Zu einigen Dokumenten gewähre die Kommission uneingeschränkten Zugang, und zu den anderen identifizierten Dokumenten werde ein teilweiser Zugang gewährt.

12      Am 30. Juli 2021 erhob der Kläger eine Klage gegen den Beschluss vom 2. Juni 2021, die unter dem Aktenzeichen T‑448/21 in das Register eingetragen wurde. Am 29. Juli 2021 hatte der Kläger auch die Klageschrift in der Rechtssache T‑151/21 angepasst, um dem genannten Beschluss Rechnung zu tragen.

13      Mit Schreiben vom 11. August 2021 erließ die Generalsekretärin der Kommission einen ausdrücklichen Beschluss – den angefochtenen Beschluss – in Bezug auf die Dokumente, zu denen sie dem Kläger zuvor mitgeteilt hatte, dass ihre Prüfung noch nicht abgeschlossen sei. In diesem Beschluss führte die Kommission aus, ihre Prüfung aller von dem streitigen Antrag umfassten Dokumente abgeschlossen zu haben. Sie gewährte teilweisen Zugang zu einigen dieser Dokumente und verweigerte den Zugang zu den anderen Dokumenten. Um die teilweise bzw. vollständige Verweigerung des Zugangs zu den betreffenden Dokumenten zu rechtfertigen, berief sie sich auf vier in der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahmen, nämlich die Ausnahmen zum Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen, zum Schutz von Gerichtsverfahren und der Rechtsberatung, zum Schutz des Entscheidungsprozesses und zum Schutz der geschäftlichen Interessen eines Dritten.

14      Am 6. Oktober 2021, also am Tag vor der Erhebung der vorliegenden Klage, passte der Kläger die Klageschrift in der Rechtssache T‑151/21 an, um dem angefochtenen Beschluss Rechnung zu tragen (im Folgenden: Anpassungsschriftsatz vom 6. Oktober 2021).

 Anträge der Parteien

15      Der Kläger beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit damit der Zugang zu Dokumenten, die vom streitigen Antrag umfasst sind, vollständig oder teilweise verweigert wird;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

16      Die Kommission beantragt,

–        die Klage als unzulässig und, hilfsweise, als unbegründet abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit

17      Da die vorliegende Klage parallel zur Einreichung des Anpassungsschriftsatzes vom 6. Oktober 2021 in der Rechtssache T‑151/21 erhoben wurde, der ebenfalls den angefochtenen Beschluss betrifft, sind die Hauptparteien im Wege einer prozessleitenden Maßnahme zur Frage einer potenziellen Rechtshängigkeit in der vorliegenden Rechtssache befragt worden. Die Parteien sind darauf hingewiesen worden, dass die Klageschrift in der vorliegenden Rechtssache am 7. Oktober 2021 um 12.35 Uhr bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, während der Anpassungsschriftsatz vom 6. Oktober 2021 in der Rechtssache T‑151/21 um 17.42 Uhr des vorhergehenden Tags eingegangen ist.

18      Der Kläger hat sich zu dieser prozessleitenden Maßnahme nicht geäußert.

19      Die Kommission hat sowohl in ihrer Beantwortung der prozessleitenden Maßnahme als auch in der Klagebeantwortung geltend gemacht, dass die vorliegende Klage angesichts der Reihenfolge der Einreichung der Klageschrift in der vorliegenden Rechtssache und des Anpassungsschriftsatzes vom 6. Oktober 2021 in der Rechtssache T‑151/21 wegen Rechtshängigkeit als unzulässig zurückzuweisen sei. Sie hat jedoch auch ausgeführt, dass die Rechtshängigkeit entfiele, wenn das Gericht, wie von ihr geltend gemacht, die Klage in der Rechtssache T‑151/21 für unzulässig erklärte.

20      Nach ständiger Rechtsprechung ist eine weitere, später eingereichte Klage, die dieselben Parteien betrifft und, gestützt auf dieselben Klagegründe, auf die Nichtigerklärung desselben Rechtsakts abzielt, wegen Rechtshängigkeit unzulässig (vgl. Urteile vom 18. September 2014, Central Bank of Iran/Rat, T‑262/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:777, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 25. März 2015, Central Bank of Iran/Rat, T‑563/12, EU:T:2015:187, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Einreichung eines Schriftsatzes bei der Kanzlei des Gerichts zur Anpassung der Klageanträge und der Klagegründe aufgrund eines Rechtsakts, der den ursprünglich angefochtenen Rechtsakt ändert oder ersetzt, ist im Hinblick auf die Prüfung einer potenziellen Rechtshängigkeit im Übrigen unbeschadet einer späteren Entscheidung des Gerichts über die Zulässigkeit der Einreichung einer neuen Klage gleichzusetzen (vgl. Urteil vom 18. September 2014, Central Bank of Iran/Rat, T‑262/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:777, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus einem Vergleich zwischen dem Inhalt der in der vorliegenden Rechtssache eingereichten Klageschrift und dem Inhalt des in der Rechtssache T‑151/21 eingereichten Anpassungsschriftsatzes vom 6. Oktober 2021 in Verbindung mit dem bereits zuvor in dieser Rechtssache eingereichten Anpassungsschriftsatz (siehe oben, Rn. 12), dass die Anträge, die geltend gemachten Klagegründe und die zur Stützung dieser Klagegründe vorgebrachten Argumente in beiden Rechtssachen im Wesentlichen identisch sind. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus Rn. 17 des vorliegenden Urteils ergibt, die der vorliegenden Rechtssache zugrunde liegende Klageschrift nach dem Anpassungsschriftsatz vom 6. Oktober 2021 eingereicht wurde.

22      Es ist jedoch auch festzustellen, dass die Klage in der Rechtssache T‑151/21 in der durch den Anpassungsschriftsatz vom 6. Oktober 2021 angepassten Fassung mit Beschluss vom 25. März 2022, Saure/Kommission (T‑151/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:208), als offensichtlich unzulässig abgewiesen wurde.

23      Aus diesem Grund besteht der Rechtsstreit, der aus der Klage in der Rechtssache T‑151/21 resultierte, nicht mehr, so dass der vorliegenden Klage keine Rechtshängigkeit mehr entgegensteht und sie zulässig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juni 2011, Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission, C‑71/09 P, C‑73/09 P und C‑76/09 P, EU:C:2011:368, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die vorliegende Klage zulässig ist, soweit der Antrag auf Nichtigerklärung gegen den angefochtenen Beschluss gerichtet ist.

 Zur Begründetheit

25      Der Kläger stützt seinen Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses auf vier Klagegründe, mit denen er verschiedene Verstöße gegen Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 geltend macht, nämlich erstens gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. b, zweitens gegen Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich, drittens gegen Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 und viertens gegen Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich, da die Kommission die vier in diesem Beschluss geltend gemachten Ausnahmen nicht ordnungsgemäß angewandt habe (siehe oben, Rn. 13).

26      Zum Zweck der Prüfung dieser Klagegründe hat das Gericht zum einen die Kommission im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme nach Art. 89 Abs. 3 Buchst. d und Art. 90 der Verfahrensordnung aufgefordert, die Dokumente vorzulegen, zu denen sie mit dem angefochtenen Beschluss teilweisen Zugang gewährt hatte. Zum anderen hat das Gericht der Kommission mit Beschluss vom 26. April 2022 gemäß Art. 91 Buchst. c und Art. 92 der Verfahrensordnung aufgegeben, die Dokumente, zu denen sie den Zugang ganz oder teilweise verweigert hatte, vollständig vorzulegen, wobei es deutlich gemacht hat, dass diese Dokumente gemäß Art. 104 der Verfahrensordnung dem Kläger nicht bekannt gegeben würden.

27      Die vorgelegten Dokumente haben es dem Gericht ermöglicht, die vier Klagegründe in Kenntnis der Sachlage zu prüfen, wobei der Kläger mit diesen Klagegründen nicht förmlich geltend gemacht hat, dass die vier von der Kommission herangezogenen Ausnahmen nicht auf die geschwärzten Informationen in den betreffenden Dokumenten anwendbar seien, sondern sich darauf beschränkt hat, die Stichhaltigkeit der Begründung des angefochtenen Beschlusses, mit der dargetan werden sollte, dass die Verbreitung dieser Informationen die durch diese vier Ausnahmen geschützten Interessen beeinträchtigt hätte, in Abrede zu stellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. November 2013, Jurašinović/Rat, C‑576/12 P, EU:C:2013:777, Rn. 27 und 28).

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 durch rechtswidrige Anwendung der Ausnahme zum Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen

28      Der Kläger macht geltend, dass die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme, die eng auszulegen sei, der Offenlegung der geschwärzten personenbezogenen Daten in den Dokumenten, zu denen er Zugang erhalten habe, nicht entgegenstehe. Angesichts der Herausforderungen im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung stelle diese Offenlegung nach Art. 8 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) einen angemessenen Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen dar. Daher seien die geschwärzten personenbezogenen Daten in den Dokumenten 14 und 25 bis 31 offenzulegen.

29      Außerdem habe er nachgewiesen, dass die Übermittlung dieser Daten zu einem bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck erforderlich sei, und es lägen keine Gründe zu der Annahme vor, dass dies die berechtigten Interessen der betroffenen Personen beeinträchtige, entsprechend den Voraussetzungen, die sich aus der Rechtsprechung zur Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. 2001, L 8, S. 1) und zur Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. 2018, L 295, S. 39) ergäben.

30      Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen und weist darauf hin, dass die geltend gemachte Kritik sowohl im Hinblick auf den ersten Klagegrund als auch hinsichtlich der nachfolgenden Klagegründe allgemein gehalten sei und grundsätzlich die Anwendung der Ausnahmen in Frage stelle, auf die sich der angefochtene Beschluss stütze, ohne jedoch deren konkrete, auf den in diesem Beschluss angeführten Gründen beruhende Anwendung zu beanstanden.

31      Nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 verweigern die Organe der Union den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung der Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen, insbesondere gemäß den Rechtsvorschriften der Union über den Schutz personenbezogener Daten, beeinträchtigt würde.

32      Nach der Rechtsprechung folgt daraus, dass dann, wenn ein Antrag auf die Gewährung des Zugangs zu personenbezogenen Daten im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung 2018/1725 gerichtet ist, die Bestimmungen dieser Verordnung in vollem Umfang anwendbar werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth und PAN Europe/EFSA, C‑615/13 P, EU:C:2015:489, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Daher dürfen personenbezogene Daten nach der Verordnung Nr. 1049/2001 nur an Dritte übermittelt werden, wenn diese Übermittlung zum einen die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a oder b der Verordnung 2018/1725 erfüllt und zum anderen eine rechtmäßige Verarbeitung im Sinne der Anforderungen des Art. 5 dieser Verordnung darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Oktober 2014, Strack/Kommission, C‑127/13 P, EU:C:2014:2250, Rn. 104).

34      Nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725 werden insoweit personenbezogene Daten an in der Union niedergelassene Empfänger, die nicht Organe oder Einrichtungen der Union sind, nur übermittelt, wenn der Empfänger nachweist, dass die Übermittlung der Daten für einen bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck erforderlich ist, und der Verantwortliche in Fällen, in denen Gründe für die Annahme vorliegen, dass die berechtigten Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden könnten, nachweist, dass die Übermittlung der personenbezogenen Daten für diesen Zweck verhältnismäßig ist, nachdem er die unterschiedlichen widerstreitenden Interessen nachweislich gegeneinander abgewogen hat.

35      Folglich ergibt sich bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, dass sie die Übermittlung personenbezogener Daten von der Erfüllung mehrerer kumulativer Voraussetzungen abhängig macht.

36      Zunächst muss derjenige, der den Zugang beantragt, nachweisen, dass die Übermittlung personenbezogener Daten für einen bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck erforderlich ist. Um diese Voraussetzung zu erfüllen, ist nachzuweisen, dass die Übermittlung der personenbezogenen Daten unter allen denkbaren Maßnahmen die Maßnahme ist, die sich am besten dazu eignet, das Ziel des Antragstellers zu erreichen, und dass diese Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis zu dem Ziel steht, weshalb der Antragsteller verpflichtet ist, insoweit ausdrückliche rechtliche Begründungen vorzutragen (vgl. Urteil vom 19. September 2018, Chambre de commerce et d’industrie métropolitaine Bretagne-Ouest (port de Brest)/Kommission, T‑39/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:560, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daraus folgt, dass die Umsetzung der Voraussetzung, dass nachzuweisen ist, dass die Übermittlung personenbezogener Daten für einen bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck erforderlich ist, dazu führt, dass das Vorliegen einer Ausnahme zu der in Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 enthaltenen Regel anerkannt wird, wonach der Antragsteller nicht verpflichtet ist, Gründe für seinen Zugangsantrag anzugeben (Urteil vom 15. Juli 2015, Dennekamp/Parlament, T‑115/13, EU:T:2015:497, Rn. 55).

37      Hat der Antragsteller nachgewiesen, dass die Übermittlung personenbezogener Daten für einen bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck erforderlich ist, ist es Sache des betreffenden Organs, zu prüfen, ob ein Grund für die Annahme besteht, dass durch die Übermittlung möglicherweise die berechtigten Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden, und in einem solchen Fall im Hinblick auf die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der beantragten Übermittlung personenbezogener Daten die verschiedenen konkurrierenden Interessen in nachprüfbarer Weise gegeneinander abzuwägen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth und PAN Europe/EFSA, C‑615/13 P, EU:C:2015:489, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem angefochtenen Beschluss, dass die Kommission in einigen der veröffentlichten Dokumente, insbesondere in den Dokumenten 14 und 25 bis 31, personenbezogene Daten wie die Namen von Vertretern von BioNTech sowie die Namen und die Funktion von Vertretern von Pfizer geschwärzt hat.

39      Der Kläger bestreitet insoweit nicht, dass die Informationen, deren Verbreitung er beantragt, personenbezogene Daten sind; er bringt aber im Wesentlichen zwei Argumente dafür vor, dass diese Daten gleichwohl zu übermitteln seien.

40      Mit seinem ersten Argument macht der Kläger geltend, die Offenlegung der streitigen personenbezogenen Daten sei mit Art. 8 Abs. 2 EMRK vereinbar. Er führt dazu aus, dass eine hohe Impfquote in der Bevölkerung die Verbreitung des Virus verlangsamen würde, was zur nationalen Sicherheit und zur öffentlichen Ruhe und Ordnung beitragen und einen Eingriff in die Privatsphäre und die Integrität der betroffenen Personen rechtfertigen würde.

41      Mit der Kommission ist festzustellen, dass dieses erste Argument allgemein und abstrakt formuliert ist. Der Kläger hat nämlich nicht dargetan, dass zwischen Namen und Funktionen der betroffenen Personen und den vom Kläger vorgetragenen Rechtfertigungen, die sich auf die Wahrung der „nationalen Sicherheit“ und der „öffentlichen Ordnung“ beziehen, ein bestimmter und konkreter Zusammenhang besteht. Allenfalls beschränkt er sich darauf, zu behaupten, dass sich die Verbreitung des Virus in der Bevölkerung durch eine hohe Impfquote verlangsamen lasse, ohne jedoch zu erläutern, inwiefern diese Information belegt, dass die Übermittlung der personenbezogenen Daten, die in den ihm zugänglichen Dokumenten geschwärzt sind, erforderlich ist.

42      Außerdem sind die Erwägungen, wonach Art. 8 EMRK im Licht der bereits dargelegten Rechtfertigungen in Bezug auf die „nationale Sicherheit“ und die „öffentliche Ordnung“ einen Eingriff in die Privatsphäre der betroffenen Personen zulasse, selbst unter der Annahme, dass sie zutreffen, unerheblich. Die Kommission hatte nämlich in erster Linie nach Maßgabe der sich aus der Verordnung 2018/1725 und der Verordnung Nr. 1049/2001 ergebenden Anforderungen zu beurteilen, ob die in Rede stehenden personenbezogenen Daten offengelegt werden können; der Kläger erläutert aber weder, inwiefern die Tatsache, dass Art. 8 den genannten Eingriff zulasse, eine Verpflichtung zur Offenlegung dieser Daten impliziere, noch inwiefern das Unterlassen der Offenlegung gegen einen anderen Artikel der EMRK verstoßen würde.

43      Das erste Argument des Klägers ist daher zurückzuweisen.


44      Mit dem zweiten Argument macht der Kläger – unter Verweis auf die grundlegend unterschiedlichen Ziele der Verordnung 2018/1725 und der Verordnung Nr. 1049/2001, insofern als Letztere die Ausübung des Rechts auf Zugang zu Dokumenten so einfach wie möglich machen solle – geltend, er habe das im öffentlichen Interesse liegende Ziel, das die Übermittlung der streitigen personenbezogenen Daten rechtfertige, detailliert dargetan, und zwar insbesondere in seinem Schreiben vom 29. Januar 2021, das die Begründung des mit Schreiben vom 27. Januar 2021 gestellten Zweitantrags enthalte. Wie sich nämlich aus der Medienberichterstattung zu den Covid-19‑Impfstoffen ergebe, seien die angeforderten Informationen von signifikantem öffentlichem Interesse, und der Kläger habe den Zugang zu diesen Informationen als Journalist beantragt, um eine „Meinungsbildung“ der Öffentlichkeit zu ermöglichen. Darüber hinaus sei dies erforderlich, um in Bezug auf die Impfstoffe „gegen Desinformation“ zu kämpfen.

45      Insoweit ergibt sich aus dem zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001, dass Transparenz es ermöglicht, den Unionsorganen in einem demokratischen System eine größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung gegenüber den Unionsbürgern zu verleihen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2020, PTC Therapeutics International/EMA, C‑175/18 P, EU:C:2020:23, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ferner kann nach dem 28. Erwägungsgrund der Verordnung 2018/1725 ein bestimmter, im öffentlichen Interesse liegender Zweck im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung in Bezug zur Transparenz der Organe und Einrichtungen der Union stehen.

46      Das Gericht stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die Transparenz des Verfahrens, das die Kommission bei den Verhandlungen mit den Herstellern von Covid-19‑Impfstoffen und beim Abschluss der Abnahmegarantien im Namen der Mitgliedstaaten verfolgt hat, ein bestimmter, im öffentlichen Interesse liegender Zweck im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725 sein könnte, denn die Transparenz des Verfahrens kann dazu beitragen, das Vertrauen der Unionsbürger in die von der Kommission geförderte Impfstrategie zu stärken und infolgedessen insbesondere die Verbreitung falscher Informationen über die Umstände der Verhandlung und des Abschlusses der von der Kommission im Namen der Mitgliedstaaten geschlossenen Abnahmegarantien zu bekämpfen.

47      Mit diesen Erwägungen zu dem vom Kläger verfolgten Ziel kann jedoch nicht hinreichend dargetan werden, dass die Übermittlung der in Rede stehenden personenbezogenen Daten erforderlich im Sinne der oben in Rn. 36 angeführten Rechtsprechung wäre, da sich anhand dieser Erwägungen allein nicht nachweisen lässt, dass die genannte Übermittlung unter allen denkbaren Maßnahmen diejenige ist, die sich am besten dazu eignet, den bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck, der geltend gemacht wird, zu erreichen.

48      Der Kläger hat nämlich zwar den von ihm verfolgten Zweck angegeben, zum einen aber nicht im Einzelnen dargelegt, inwiefern unter Berücksichtigung der Informationen aus den Dokumenten, zu denen die Kommission bereits teilweisen Zugang gewährt hat, die Verbreitung der geschwärzten personenbezogenen Daten erforderlich wäre, um die Verbreitung falscher Informationen über Covid-19‑Impfstoffe zu bekämpfen.

49      Zum anderen hat der Kläger auch nicht dargetan, dass die Öffentlichkeit ein Interesse daran habe, speziell die geschwärzten personenbezogenen Daten, insbesondere die Namen und Funktionen der Vertreter pharmazeutischer Labore, zu erfahren. Insoweit beruht das Vorbringen des Klägers im Gegensatz zu den Umständen der Rechtssache, in der das Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth und PAN Europe/EFSA (C‑615/13 P, EU:C:2015:489), ergangen ist, auf keinem konkreten Anhaltspunkt, der belegen könnte, dass die Verbreitung der in Rede stehenden personenbezogenen Daten erforderlich ist.

50      Folglich ist das zweite Argument, das darauf gestützt wird, dass es erforderlich sei, der Öffentlichkeit eine Meinungsbildung zu ermöglichen und die Verbreitung falscher Informationen über die Impfstoffe zu bekämpfen, nicht zum Nachweis dafür geeignet, dass die Verbreitung der fraglichen personenbezogenen Daten erforderlich ist.

51      Da die in Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725 festgelegten Voraussetzungen kumulativ sind und der Kläger nicht dargetan hat, dass die erste Voraussetzung, nach der die Verbreitung der personenbezogenen Daten für einen bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck erforderlich sein muss, erfüllt ist, ist davon auszugehen, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 der Verbreitung der Namen und Funktionen entgegensteht, die in den Dokumenten, zu denen der Kläger Zugang hatte, geschwärzt worden sind, ohne dass die übrigen in Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725 festgelegten Voraussetzungen geprüft zu werden brauchen.

52      Der erste Klagegrund ist deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 wegen fehlerhafter Anwendung der Ausnahme zum Schutz von Gerichtsverfahren und der Rechtsberatung

53      Der Kläger wendet sich gegen die Anwendung der in Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahme zum Schutz von Gerichtsverfahren und der Rechtsberatung im vorliegenden Fall, da diese Ausnahme zeitlich begrenzt sei und der Verbreitung von Dokumenten nur so lange entgegenstehe, wie die Gefahr einer Beeinträchtigung eines solchen Verfahrens andauere. Die Verfahren, die im vorliegenden Fall möglicherweise betroffen seien, seien abgeschlossen, so dass eine solche Gefahr einer Beeinträchtigung nicht mehr bestehe.

54      Hilfsweise seien die drei kumulativen Voraussetzungen zum Schutz der Rechtsberatung im vorliegenden Fall nicht erfüllt, nämlich die Voraussetzungen, dass erstens das betreffende Dokument tatsächlich eine Rechtsberatung betreffen müsse, zweitens die Offenlegung des Dokuments das Interesse eines Organs schädigen müsse, solche Rechtsgutachten anzufordern und freie, objektive und vollständige Stellungnahmen zu erhalten, und drittens kein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe, das eine Beeinträchtigung dieses Schutzes rechtfertige. Die Kommission habe sich im Übrigen nicht zu diesen Voraussetzungen geäußert.

55      Insbesondere beträfen die Dokumente 6 und 11, die im angefochtenen Beschluss geprüft worden seien, den Entwurf von Klauseln zur Entschädigung jeweils der einen oder der anderen Partei und stellten daher die Grundlage etwaiger Rechtsberatungen dar, was als solches nicht geschützt sei. Im Übrigen sei die Gefahr einer Beeinträchtigung der Verhandlungsfähigkeit der Kommission im Rahmen künftiger Verhandlungen über andere Abnahmegarantieverträge rein hypothetisch.

56      Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

57      Soweit der Kläger geltend macht, dass die fraglichen Informationen zu Unrecht aus Gründen des Schutzes von Gerichtsverfahren geschwärzt worden seien, geht diese Rüge ins Leere, da im angefochtenen Beschluss die in Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme zum Schutz der Rechtsberatung und nicht zum Schutz solcher Verfahren geltend gemacht wird.

58      Zum Schutz der Rechtsberatung ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfung, die das Organ vorzunehmen hat, wenn bei ihm die Verbreitung eines Dokuments beantragt wird, gemäß den in Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich genannten drei Kriterien notwendigerweise in drei Schritten erfolgen muss. So muss sich das Organ in einem ersten Schritt vergewissern, dass das Dokument, dessen Verbreitung beantragt wird, tatsächlich eine Rechtsberatung betrifft. In einem zweiten Schritt muss es prüfen, ob der Schutz der Rechtsberatung durch die Verbreitung der Abschnitte des fraglichen Dokuments, die als eine Rechtsberatung betreffend identifiziert wurden, in dem Sinne beeinträchtigt würde, dass sie das Interesse eines Organs, Rechtsgutachten anzufordern und freie, objektive und vollständige Stellungnahmen zu erhalten, schädigen würde. Die Gefahr einer Beeinträchtigung dieses Interesses kann nur geltend gemacht werden, wenn sie angemessen absehbar und nicht rein hypothetisch ist. In einem dritten und letzten Schritt muss das Organ, wenn es der Auffassung ist, dass die Verbreitung eines Dokuments den Schutz der Rechtsberatung, wie er soeben definiert worden ist, beeinträchtigt, prüfen, ob nicht ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, das diese Verbreitung trotz der Beeinträchtigung seiner Möglichkeiten, Rechtsgutachten anzufordern und freie, objektive und vollständige Stellungnahmen zu erhalten, rechtfertigt (vgl. Urteil vom 3. Juli 2014, Rat/in ’t Veld, C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 95 und 96 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

59      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission insbesondere in Abschnitt 2.2 des angefochtenen Beschlusses die Gründe angeführt hat, aus denen die vollständige Verweigerung des Zugangs zu den Dokumenten 6 und 11 aus Gründen des Schutzes der Rechtsberatung gerechtfertigt sei. Insbesondere sei der Juristische Dienst der Kommission im Rahmen der Verhandlungen zwischen der Kommission zum einen und Pfizer und BioNTech zum anderen regelmäßig konsultiert worden, und diese Dokumente bezögen sich auf verschiedene Entwurfsfassungen von Klauseln zur Entschädigung jeweils der einen oder der anderen Partei, die zwischen dieser Dienststelle und nationalen Sachverständigen ausgetauscht worden seien.

60      Außerdem wird im angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass die genannten Entwurfsfassungen der Klauseln, die unter der Verantwortung des Juristischen Dienstes der Kommission ausgearbeitet worden und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien, durch die Verbreitung dieser Dokumente veröffentlicht würden und dass dies die Verhandlungsposition der Kommission beim Abschluss von Abnahmegarantieverträgen mit anderen Herstellern von Covid-19‑Impfstoffen, die ähnliche Klauseln enthielten wie die im vorliegenden Fall in Rede stehenden, beeinträchtigen könnte.

61      Der Kläger bestreitet nicht, dass die Dokumente 6 und 11 Entwurfsfassungen von Vertragsklauseln enthalten, ist aber der Ansicht, dass es sich bei diesen nicht um Rechtsberatungen handele, die aufgrund der in Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahme geschützt seien.

62      Insoweit stellt der Kläger auch nicht in Frage, dass die in Rede stehenden Entwürfe von Vertragsklauseln, die Teil der genannten Dokumente 6 und 11 sind, im Rahmen von Beratungen mit dem Juristischen Dienst der Kommission erarbeitet wurden, der zu diesen Klauseln Stellung nehmen konnte und aufgefordert wurde, alternative Formulierungen vorzuschlagen, und dass diese Entwurfsfassungen möglicherweise mit nationalen Sachverständigen ausgetauscht wurden. Entgegen dem Vorbringen des Klägers stellen diese Dokumente daher Beratungen hinsichtlich einer Rechtsfrage dar oder enthalten solche Beratungen, die grundsätzlich von der Ausnahme für die Rechtsberatung umfasst sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. September 2016, Herbert Smith Freehills/Kommission, T‑755/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:482, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63      Im Übrigen ist das Gericht der Auffassung, dass – wie von der Kommission im Wesentlichen geltend gemacht – die Verbreitung der in Rede stehenden Entwurfsfassungen von Klauseln, die im Rahmen von Beratungen zwischen Dienststellen und mit nationalen Sachverständigen ausgetauscht wurden und die für Verhandlungen zwischen der Kommission im Namen der Mitgliedstaaten und den Herstellern von Covid-19‑Impfstoffen erarbeitet wurden, tatsächlich und auf vorhersehbare Weise das Interesse der Kommission an der Einholung und dem Erhalt freier, objektiver und vollständiger Stellungnahmen ihres Juristischen Dienstes für sachkundige Verhandlungen und die Vorbereitung ihrer endgültigen Verhandlungsposition beeinträchtigt hätte, vor allem in einem sensiblen politischen Rahmen und angesichts der Dringlichkeit, eine schwierige Gesundheitslage zu bewältigen.

64      Denn die Freiheit, Objektivität und Vollständigkeit der in Rede stehenden Stellungnahmen wären im vorliegenden Fall vorhersehbar beeinträchtigt worden, wenn die Verfasser der geschwärzten Stellungnahmen, die u. a. erstellt wurden, um die Zuweisung etwaiger finanzieller oder rechtlicher Risiken im Zusammenhang mit der fristgerechten Entwicklung und Lieferung solcher Impfstoffe zu regeln, davon hätten ausgehen müssen, dass diese Stellungnahmen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könnten, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass diese Stellungnahmen der Kommission und den Mitgliedstaaten im Rahmen von Kritik am endgültigen Inhalt der Abnahmegarantieverträge hätten entgegengehalten werden können.

65      Außerdem vertritt der Kläger zu Unrecht die Auffassung, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Verhandlungsfähigkeit der Kommission rein hypothetisch sei. Wie nämlich aus dem angefochtenen Beschluss hervorgeht, befand sich die Kommission zum Zeitpunkt seines Erlasses noch in Verhandlungen mit bestimmten Herstellern von Covid-19‑Impfstoffen, darunter Novavax und Valneva, um Abnahmegarantieverträge abzuschließen, was vom Kläger nicht bestritten wird. In dem Zeitraum, in dem die Beratungen zwischen den Dienststellen stattfanden und die Ersuchen um Stellungnahme an den Juristischen Dienst der Kommission ergingen, hatten die beteiligten Personen, insbesondere die Mitglieder dieses Dienstes, Kenntnis davon, dass die Kommission verschiedene, parallel ablaufende Verhandlungen mit mehreren Herstellern solcher Impfstoffe führte oder dass sie kurzfristig neue Verhandlungen mit anderen Herstellern dieser Art aufnehmen könnte. Vor diesem Hintergrund betrafen die nicht offengelegten Dokumente nicht nur die fraglichen Klauseln des letztlich mit Pfizer und BioNTech geschlossenen Vertrags, sondern mittelbar auch andere Verträge, zu denen die Verhandlungen im Gang waren oder hätten beginnen können.

66      Im Übrigen hat der Kläger auch ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung der in Rede stehenden geschwärzten Informationen und Dokumente, insbesondere derjenigen, die rechtliche Stellungnahmen darstellen, geltend gemacht und ist damit der Feststellung des angefochtenen Beschlusses entgegengetreten, dass kein solches überwiegendes öffentliches Interesse bestehe. Die Frage nach Covid-19‑Impfstoffen sei nämlich Gegenstand weitreichender medialer Berichterstattung, was das Interesse der Öffentlichkeit an „umfassender Aufklärung“ erkennen lasse. In diesem Sinne könne der Kläger durch den streitigen Zugangsantrag, insbesondere soweit er sich auf derzeit geschwärzte Informationen und Dokumente beziehe, seine Kenntnisse in dieser Frage erheblich erweitern und „weitere Recherchewege“ identifizieren. Außerdem könnte die fehlende Transparenz bei den Bürgern Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts und an der Legitimität des fraglichen Entscheidungsprozesses entstehen lassen oder sogar die wirksame Ausübung ihrer demokratischen Rechte beeinträchtigen. Somit überwiege die Notwendigkeit der Aufklärung des Verhaltens der Kommission beim Einkauf von solchen Impfstoffen gegenüber dem Schutz der von der Kommission angeführten Interessen.

67      Insoweit ist das Vorbringen des Klägers allgemeiner Natur, und er erklärt – mangels weiterer Präzisierung und angesichts der Existenz des Beschlusses vom 2. Juni 2021 und der durch den angefochtenen Beschluss bereits veröffentlichten Dokumente – insbesondere nicht, inwiefern die im Rahmen der Ausnahme zum Schutz der Rechtsberatung geschwärzten Informationen und Dokumente erforderlich wären, um die Öffentlichkeit zu informieren. Die bloße Möglichkeit der Identifizierung „weiterer Recherchewege“ reicht ebenfalls nicht aus.

68      Dies wird auch nicht durch die Erwägungen zur Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden Entscheidungsprozesses in Frage gestellt, da die vom Kläger angeführte Rechtsprechung das Gesetzgebungsverfahren betrifft und die Verhandlungen über den Kauf von Covid-19‑Impfstoffen nicht Teil eines solchen Verfahrens sind. Insoweit geht aus dem zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 zwar hervor, dass mehr Transparenz eine bessere Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess sowie eine größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System ermöglicht, doch ergibt sich aus dem sechsten Erwägungsgrund dieser Verordnung, dass das Interesse der Öffentlichkeit an der Zugänglichmachung eines Dokuments nach dem Transparenzgrundsatz nicht das gleiche Gewicht hat, je nachdem, ob es sich um ein Dokument eines Verwaltungsverfahrens oder ein Dokument über ein Verfahren handelt, in dem das Unionsorgan als Gesetzgeber tätig wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. März 2017, Deutsche Telekom/Kommission, T‑210/15, EU:T:2017:224, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 7. Februar 2018, Access Info Europe/Kommission, T‑851/16, EU:T:2018:69, Rn. 90 bis 92 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichtshof hat bereits klargestellt, dass hinsichtlich der Verwaltungstätigkeit der Kommission kein ebenso breiter Zugang zu den Dokumenten erforderlich ist wie bei der gesetzgeberischen Tätigkeit eines Organs der Union (vgl. Urteil vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 16. Februar 2022, Ungarn/Parlament und Rat, C‑156/21, EU:C:2022:97, Rn. 56).

69      Unter diesen Umständen hat sich die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses fehlerfrei auf die Ausnahme zum Schutz der Rechtsberatung berufen, wobei diese Ausnahme, wie sich aus Art. 4 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1049/2001 ergibt, zeitlich nicht unbegrenzt gilt, sondern nur so lange, wie der Schutz aufgrund des Inhalts des Dokuments gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Januar 2010, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, C‑362/08 P, EU:C:2010:40, Rn. 56 und 57).

70      Folglich ist der zweite Klagegrund als teilweise ins Leere gehend und teilweise unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 wegen fehlerhafter Anwendung der Ausnahme zum Schutz des Entscheidungsprozesses

71      Zunächst macht der Kläger geltend, dass die in Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme zum Schutz des Entscheidungsprozesses im vorliegenden Fall zu Unrecht angewandt worden sei, da sie ähnlich wie die Ausnahme zum Schutz von Gerichtsverfahren zeitlich begrenzt sei und die Verbreitung von Dokumenten nur so lange verhindere, wie die Gefahr einer Beeinträchtigung eines solchen Verfahrens andauere. Die betreffenden Entscheidungsprozesse seien im vorliegenden Fall aber abgeschlossen, was die Kommission ausdrücklich bestätigt habe, indem sie bekräftigt habe, dass die Verhandlungen mit BioNTech beendet seien. Daher bestehe eine solche Gefahr einer Beeinträchtigung nicht mehr.

72      Sodann sei die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Entscheidungsprozess als Ganzes zu prüfen sei, wobei alle Verhandlungsverfahren mit Herstellern von Covid-19‑Impfstoffen zu berücksichtigen seien, von denen einige noch andauerten. Nach Ansicht des Klägers ist jedes Verhandlungsverfahren als individueller Entscheidungsprozess zu prüfen, zumal der von der Kommission befürwortete Ansatz den Zugang zu den beantragten Dokumenten auf unbestimmte Zeit hinauszögere, da immer neue Impfstoffe entwickelt würden.

73      Die Dokumente 17 und 18 müssten daher in vollem Umfang offengelegt werden, da sie lediglich ein Muster eines Abnahmegarantievertrags enthielten und keinen der mit einem Impfstoffhersteller geschlossenen endgültigen Verträge, so dass diese Offenlegung weder die Verhandlungsstrategie der Kommission noch den fairen Wettbewerb beeinträchtigen könne. Aus diesem Grund müssten auch die Dokumente 25 bis 31, die Entwürfe des später mit Pfizer und BioNTech geschlossenen Abnahmegarantievertrags enthielten, offengelegt werden, da dieser Vertrag bereits abgeschlossen worden sei und diese Offenlegung daher nicht geeignet sei, die Verhandlungsstrategie der Kommission zu beeinträchtigen.

74      Schließlich bestehe jedenfalls ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Offenlegung der geschwärzten Informationen. Die Frage nach den Covid-19‑Impfstoffen sei nämlich Gegenstand einer breiten medialen Berichterstattung, und die Öffentlichkeit interessiere sich dafür. Die Notwendigkeit, das Verhalten der Kommission beim Einkauf solcher Impfstoffe aufzuklären, überwiege somit gegenüber dem Schutz der Entscheidungsprozesse. Umgekehrt könnte der Mangel an Transparenz bei den Bürgern Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts oder an der Rechtmäßigkeit dieser Prozesse hervorrufen oder sogar die wirksame Ausübung ihrer demokratischen Rechte beeinträchtigen.

75      Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen und weist insbesondere darauf hin, dass die geltend gemachte Ausnahme ihre Handlungsfähigkeit im Rahmen ihrer Verhandlungen mit den Herstellern von Covid-19‑Impfstoffen schützen solle.

76      Das Gericht weist darauf hin, dass Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 klar danach differenziert, ob ein Verfahren abgeschlossen ist oder nicht. So fällt zum einen nach Unterabs. 1 dieser Bestimmung jedes Dokument in den Anwendungsbereich der Ausnahme zum Schutz des Entscheidungsprozesses, das von einem Organ für den internen Gebrauch erstellt wurde oder bei ihm eingegangen ist und das sich auf eine Angelegenheit bezieht, in der das Organ noch keinen Beschluss gefasst hat. Zum anderen sieht Unterabs. 2 dieser Bestimmung vor, dass die fragliche Ausnahme nach Erlass des Beschlusses lediglich diejenigen Dokumente erfasst, die Stellungnahmen für den internen Gebrauch im Rahmen von Beratungen und Vorgesprächen innerhalb des betreffenden Organs enthalten (Urteil vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 78).

77      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass ein Organ dann, wenn es beschließt, aufgrund der Ausnahme zum Schutz des Entscheidungsprozesses den Zugang zu einem Dokument zu verweigern, zu dem bei ihm Zugang beantragt wurde, grundsätzlich erläutern muss, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument den Schutz dieses Prozesses konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte. Ferner muss es dartun, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung bei vernünftiger Betrachtung absehbar und nicht rein hypothetisch ist (vgl. Urteil vom 3. Juli 2014, Rat/in ’t Veld, C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

78      Im vorliegenden Fall hat sich die Kommission im angefochtenen Beschluss auf die Ausnahme zum Schutz des Entscheidungsprozesses berufen, soweit diese Ausnahme noch nicht abgeschlossene Entscheidungsprozesse im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 umfasst.

79      Insoweit geht aus dem angefochtenen Beschluss, der auch auf den Beschluss vom 2. Juni 2021 verweist, hervor, dass die in Rede stehenden Dokumente mit den Verhandlungen über Abnahmegarantieverträge für Covid-19‑Impfstoffe zusammenhängen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen, das in der Mitteilung der Kommission über die „Strategie der Europäischen Union betreffend Impfstoffe gegen COVID-19“ und in der Verordnung 2020/521 definiert ist, nämlich das Ziel, ein Portfolio solcher Impfstoffe und Abnahmegarantien zu schaffen, insbesondere um unterschiedliche Technologien der Entwicklung dieser Impfstoffe abzudecken. In diesem Zusammenhang wird im angefochtenen Beschluss klargestellt, dass die Kommission als zentrale Beschaffungsstelle im Namen und im Auftrag aller Mitgliedstaaten gehandelt hat, wie es die Verordnung 2016/369 ermöglicht (siehe oben, Rn. 2).

80      Im Übrigen hat die Kommission im angefochtenen Beschluss darauf hingewiesen, dass der Abschluss der Abnahmegarantie mit Pfizer und BioNTech im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung im Sinne von Art. 164 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. 2018, L 193, S. 1) erfolgt sei und dass diese Verordnung es ermögliche, die Veröffentlichung bestimmter Informationen zu unterlassen, wenn eine solche Offenlegung die geschäftlichen Interessen der Empfänger von Mitteln aus dem Unionshaushalt gefährden oder den lauteren Wettbewerb zwischen Wirtschaftsteilnehmern beeinträchtigen könnte.

81      Im angefochtenen Beschluss wird aber auch darauf hingewiesen, dass die Abgabe von Angeboten im Rahmen der Strategie zur Bildung eines Portfolios von Abnahmegarantien nicht synchronisiert sei, weshalb insbesondere die Veröffentlichung aller Klauseln eines bestimmten Vertrags oder von Dokumenten, die die internen Diskussionen über bestimmte Klauseln preisgäben, die Wettbewerbsposition eines Bieters gegenüber Impfstoffherstellern, mit denen eine solche Abnahmegarantie noch nicht geschlossen worden sei, beeinträchtigen könnte oder dieser Wettbewerbsposition in einer Ausschreibung für ähnliche Dienstleistungen schaden könnte.

82      Insoweit steht fest, dass einige der Verhandlungen mit Impfstoffherstellern über den Abschluss von Abnahmegarantien für Covid-19‑Impfstoffe zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses bereits beendet waren, darunter auch die Verhandlungen mit Pfizer und BioNTech. Der Kläger bestreitet auch nicht, dass sich die Kommission zu diesem Zeitpunkt in Verhandlungen mit anderen Herstellern, insbesondere Novavax und Valneva, befand.

83      Außerdem weist das Gericht darauf hin, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss erläutert hat, warum die Verbreitung der Dokumente, zu denen der Zugang vollständig verweigert wurde, oder die Verbreitung von geschwärzten Passagen geeignet sei, die Position oder die Strategie der Kommission in laufenden oder künftigen Verhandlungen zu beeinträchtigen, die geschäftlichen Interessen von Impfstoffherstellern, insbesondere im Rahmen ihrer Verhandlungen mit Dritten, zu gefährden oder in gleicher Weise Impfstoffherstellern, die in Zukunft Angebote abgeben könnten, Vorteile zu verschaffen. Die Kommission hat in Bezug auf die betreffenden Dokumente oder Gruppen von Dokumenten ferner die spezifischen Umstände dargetan, die die Risiken begründen, die sie für sich selbst oder für diese Hersteller geltend gemacht hat, z. B. in Bezug auf eine kommentierte Entwurfsfassung von Entschädigungsklauseln und einen Entwurf einer Liste mit Bedingungen (term sheet) zwei Anlagen zum Dokument 7.


84      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die verschiedenen Verhandlungen mit unterschiedlichen Herstellern von Covid‑19‑Impfstoffen, wie von der Kommission im angefochtenen Beschluss erläutert und von ihr im Rahmen der vorliegenden Klage geltend gemacht, als einheitliches Ganzes und als einheitlicher Entscheidungsprozess im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 angesehen werden können. Selbst wenn man unterstellt, dass die verschiedenen in Rede stehenden Verhandlungen unterschiedliche Entscheidungsprozesse darstellen, ergibt sich aus diesen Erwägungen jedenfalls, dass Einzelheiten zu den Verhandlungen mit bestimmten Herstellern, darunter Pfizer und BioNTech, negative Auswirkungen auf laufende Verhandlungen oder auf zu einem späteren Zeitpunkt mit anderen Herstellern eingeleitete Verhandlungen haben können.

85      Das Vorbringen des Klägers insbesondere zu den Dokumenten 17 und 18, bei denen es sich in Wirklichkeit um ein einziges Dokument handelt, und zu den Dokumenten 25 bis 31 betrifft den Umstand, dass die Abnahmegarantie mit Pfizer und BioNTech bereits abgeschlossen gewesen sei. Damit stellt der Kläger die nuancierten Argumente des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage, mit denen die Risiken für laufende oder künftige Verhandlungen dargetan werden sollen, die sich aus einer Verbreitung der fraglichen Dokumente oder Passagen ergeben könnten. Insbesondere bestreitet der Kläger weder die Bedeutung der Klauseln zur Entschädigung jeweils der einen oder der anderen Partei noch erläutert er, inwiefern entgegen dem Vorbringen der Kommission die Verbreitung verschiedener Fassungen dieser Klauseln nicht zu einer Verringerung ihres Handlungsspielraums im Rahmen von Verhandlungen mit Herstellern von Covid-19‑Impfstoffen führen würde, die nach dem Erlass dieses Beschlusses noch andauerten.

86      Im Übrigen trägt der Kläger zwar vor, dass die Verbreitung der Dokumente 25 bis 31, die Entwurfsfassungen der Abnahmegarantie mit Pfizer und BioNTech enthielten, die Verhandlungsstrategie der Kommission verbessern und die Durchführung von Verhandlungen, die den mit diesem Hersteller geführten Verhandlungen ähneln, sogar beschleunigen und vereinfachen könnte, untermauert sein Vorbringen aber nicht.

87      Unter diesen Umständen konnte die Kommission ungeachtet des Grundsatzes, dass die in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 angeführten Ausnahmen vom Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten der Organe eng auszulegen und anzuwenden sind, davon ausgehen, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses die Gefahr einer ernstlichen Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses bezüglich des Abschlusses von Abnahmegarantien für Covid-19‑Impfstoffe bei vernünftiger Betrachtung absehbar und nicht rein hypothetisch war, und hat damit keinen Fehler begangen.


88      Dieses Ergebnis wird nicht durch das Vorbringen des Klägers in Frage gestellt, dass die Verbreitung der Dokumente und der geschwärzten Passagen zu einer Beschleunigung und Vereinfachung noch laufender oder künftiger Verhandlungen mit Herstellern von Covid‑19‑Impfstoffen führen würde, was die Lieferung von Impfstoffen in die Union beschleunigen und die Verwirklichung des Hauptziels der Impfung, nämlich das Erreichen der „Herdenimmunität“, gewährleisten könne. Selbst unter der Annahme, dass dies das Hauptziel ist und dass diese Verbreitung tatsächlich eine Beschleunigung der Lieferung ermöglichen würde, bestreitet der Kläger die Natur der geschwärzten Informationen nicht und erläutert auch nicht, inwiefern ihre Verbreitung nicht zu einer Beeinträchtigung der noch laufenden Verhandlungen führen und sich somit zulasten der Kommission und, auf den ersten Blick, der Mitgliedstaaten auswirken würde.

89      Auch soweit der Kläger geltend macht, dass die Verhandlungen mit den Impfstoffherstellern zum Schutz des Lebens und der menschlichen Gesundheit beitrügen, die Vorrang vor eventuellen geschäftlichen Interessen der Kommission oder ihrer Vertragspartner hätten, untermauert er sein Vorbringen nicht. Insbesondere erklärt er nicht, inwiefern das Leben und die Gesundheit von Menschen besser geschützt wären, wenn sich die Kommission in einer schwächeren Verhandlungsposition befände, so dass nicht ausgeschlossen werden könnte, dass sie Gefahr liefe, höhere Preise für Impfstoffe zu zahlen oder längere bzw. weniger strenge Lieferfristen akzeptieren zu müssen.

90      Nach alledem können, soweit der Kläger ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Information der Öffentlichkeit geltend macht, die von ihm vorgetragenen allgemeinen Argumente, dass die Frage der Covid‑19‑Impfstoffe in den Medien ausführlich erörtert werde, die Verbreitung der Dokumente und geschwärzten Passagen nicht nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001rechtfertigen. Wie bereits oben in den Rn. 66 und 67 ausgeführt, kann der Kläger zwar berechtigterweise die Aufklärung des Verhaltens der Kommission im Zusammenhang mit dem Einkauf solcher Impfstoffe begehren, doch stellen das Interesse der Öffentlichkeit an „umfassender Aufklärung“ und der Wunsch des Klägers, „weitere Recherchewege“ zu identifizieren, angesichts der vorstehenden Erwägungen kein überwiegendes öffentliches Interesse dar, das eine Offenlegung der Dokumente und geschwärzten Passagen rechtfertigt, die über die bereits veröffentlichten Dokumente und Informationen hinausgeht.

91      Schließlich ist, wie bereits oben in Rn. 68 dargelegt, darauf hinzuweisen, dass die vom Kläger angeführte Rechtsprechung zu den Transparenzerfordernissen im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist, da die Verhandlungen über Abnahmegarantien für Covid-19‑Impfstoffe nicht Teil eines solchen Verfahrens sind.


92      Folglich hat der Kläger kein überwiegendes öffentliches Interesse dargetan, das die Verbreitung der in Rede stehenden Dokumente und geschwärzten Passagen rechtfertigt.

93      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass diese Dokumente und Passagen zu einem Zeitpunkt nach Erlass des angefochtenen Beschlusses auf einen neuen Antrag auf Zugang zu den betreffenden Dokumenten offengelegt werden müssen, insbesondere da die in Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme lediglich den laufenden Prozess umfasst und die Kommission sich grundsätzlich nicht unbefristet darauf stützen kann, dass sie an der Bildung eines Portfolios an Covid-19‑Impfstoffen arbeite. Wie sich aus Art. 4 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1049/2001 ergibt, gilt die Ausnahme zum Schutz des Entscheidungsprozesses nicht für einen unbegrenzten Zeitraum, sondern nur so lange, wie der Schutz aufgrund des Inhalts des in Rede stehenden Dokuments gerechtfertigt ist (vgl. oben, Rn. 69).

94      Hierzu hat die Kommission, die in der mündlichen Verhandlung zum zeitlichen Horizont aller oben in den Rn. 79 und 84 genannten Verhandlungen befragt wurde, zum einen klargestellt, dass das letzte der gemäß der Verordnung 2020/521 eingeleiteten Verfahren am 10. November 2021 durch den Abschluss einer Abnahmegarantie mit Valneva beendet worden sei, und zum anderen darauf hingewiesen, dass nach Art. 1 dieser Verordnung die zum Abschluss von Abnahmegarantien aktivierte Soforthilfe Ausgaben für einen Zeitraum bis zum 31. Januar 2022 umfasse.

95      Nach alledem ist der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 wegen rechtswidriger Anwendung der Ausnahme zum Schutz der geschäftlichen Interessen eines Dritten

96      Der Kläger macht geltend, dass die in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme zum Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person der Verbreitung der auf der Grundlage dieser Ausnahme geschwärzten Informationen im vorliegenden Fall nicht entgegenstehe. Diese Informationen stellten nämlich keine Geschäftsgeheimnisse im Sinne von Art. 2 der Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (ABl. 2016, L 157, S. 1) dar.


97      Allgemein hätten die geschwärzten Informationen keinen kommerziellen Wert mehr, da die in Rede stehenden Verträge inzwischen abgeschlossen worden seien. Zudem seien die zwischen der Kommission und CureVac bzw. AstraZeneca geschlossenen Verträge bereits veröffentlicht worden. Auch Informationen über die verwendeten Technologien, die Preise und die Lieferplanung könnten keine Geschäftsgeheimnisse darstellen, da die auf Boten-Ribonukleinsäure (mRNA) basierenden Impfstoffe Gegenstand einer umfassenden medialen Berichterstattung gewesen seien, die Preise für die Impfstoffe von der Haushaltstaatssekretärin des Königreichs Belgien auf ihrem Account im sozialen Netzwerk Twitter veröffentlicht worden seien und der genannte Zeitplan der Öffentlichkeit bekannt sei, da er auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums der Bundesrepublik Deutschland einsehbar sei.

98      Schließlich könne sich die Kommission hinsichtlich der Dokumente 19 bis 21 nicht auf eine Vermutung der Nichtoffenlegung berufen und hätte präzise und konkrete Gründe anführen müssen, die eine Verschleierung der in Rede stehenden Angaben gerechtfertigt hätten.

99      Nach Ansicht der Kommission wird die Begründung des angefochtenen Beschlusses durch dieses Vorbringen nicht in Frage gestellt.

100    Hierzu ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 1049/2001 keine Definition des Begriffs der geschäftlichen Interessen enthält, sondern lediglich klarstellt, dass diese Interessen das geistige Eigentum einer natürlichen oder juristischen Person umfassen können. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass es als Rechtfertigung für die Verweigerung des Zugangs zu einem Dokument, dessen Verbreitung beantragt wurde, grundsätzlich nicht genügt, dass dieses Dokument mit einer geschäftlichen Tätigkeit in Zusammenhang steht. Vielmehr muss das betroffene Organ erläutern, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument die geschäftlichen Interessen konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte, und dartun, dass diese Gefahr bei vernünftiger Betrachtung absehbar und nicht rein hypothetisch ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Juli 2014, Rat/in ’t Veld, C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 27. Februar 2018, CEE Bankwatch Network/Kommission, T‑307/16, EU:T:2018:97, Rn. 103 bis 105 und die dort angeführte Rechtsprechung).

101    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nicht jede Information über eine Gesellschaft und ihre Geschäftsbeziehungen unter den Schutz fallen kann, der den geschäftlichen Interessen nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 zu garantieren ist; andernfalls würde die Geltung des allgemeinen Grundsatzes, der Öffentlichkeit einen größtmöglichen Zugang zu Dokumenten der Organe zu gewähren, vereitelt (vgl. Urteil vom 9. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, T‑516/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:759, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung). Jedenfalls kann dieser Schutz sensible geschäftliche Informationen wie Informationen über die Geschäftsstrategien von Unternehmen, die Höhe ihrer Absätze, ihre Marktanteile oder ihre Geschäftsbeziehungen umfassen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Juni 2012, Kommission/Agrofert Holding, C‑477/10 P, EU:C:2012:394, Rn. 54 bis 56, und vom 9. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, T‑516/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:759, Rn. 83).

102    Im vorliegenden Fall hat die Kommission im angefochtenen Beschluss darauf hingewiesen, dass es sich bei den aufgrund der Ausnahme für die geschäftlichen Interessen geschwärzten Informationen um verschiedene Arten von Informationen handele. Erstens umfassten die Dokumente 19 bis 21 das von Pfizer und BioNTech übermittelte Angebot und dessen Anhänge, also Dokumente, die ein Bieter im Rahmen eines Vergabeverfahrens übermittelt habe, und seien daher durch eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit geschützt.

103    Insoweit hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass es einem Organ grundsätzlich freisteht, sich auf allgemeine Annahmen zu stützen, die für bestimmte Kategorien von Dokumenten gelten können, da für Anträge auf Verbreitung von Dokumenten gleicher Art vergleichbare allgemeine Erwägungen gelten. Es muss sich jedoch in jedem Einzelfall vergewissern, ob die allgemeinen Erwägungen, die normalerweise für einen bestimmten Dokumententypus gelten, tatsächlich auf das betreffende Dokument Anwendung finden, dessen Verbreitung beantragt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 50). Die genannte allgemeine Vermutung schließt dennoch nicht die Möglichkeit aus, diese Vermutung für ein bestimmtes Dokument, um dessen Verbreitung ersucht wird, zu widerlegen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung dieses Dokuments gemäß der in Rede stehenden Bestimmung der Verordnung Nr. 1049/2001 nachzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob, C‑404/10 P, EU:C:2012:393, Rn. 126, und vom 29. Juni 2010, Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau, C‑139/07 P, EU:C:2010:376, Rn. 62).

104    Außerdem haben die Unionsgerichte bereits entschieden, dass den von Bietern im Rahmen einer Ausschreibung eingereichten Angeboten eine solche allgemeine Vermutung zugutekommen kann, nach der sie in den Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung für den Schutz geschäftlicher Interessen fallen, vor allem aufgrund der vertraulichen wirtschaftlichen und technischen Angaben, die sie enthalten, beispielsweise Angaben zu den Kompetenzen und Arbeitsmethoden des betreffenden Bieters, zu seinem Know-how, seiner internen Organisation, seinen Kosten und den angebotenen Preisen. In einem solchen Fall gilt diese Vermutung grundsätzlich für jede natürliche oder juristische Person gleichermaßen, unabhängig davon, ob es sich um einen erfolgreichen Bieter, einen abgelehnten Bieter oder einen Dritten handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. März 2020, ViaSat/Kommission, T‑734/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:123, Rn. 42, 52 und 53 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).


105    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem angefochtenen Beschluss, dass Pfizer und BioNTech ihr Angebot und die dazugehörigen Anhänge im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit der Kommission abgegeben haben, wobei diese im Rahmen der Covid-19‑Impfstoffstrategie der Union als zentrale Beschaffungsstelle fungierte. Obwohl die Kommission eigenständige Verhandlungen mit unterschiedlichen Herstellern solcher Impfstoffe geführt hat, können diese Verhandlungen unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles unter Berücksichtigung ihrer zeitlichen Nähe und der globalen Strategie zur Beschaffung solcher Impfstoffe mit einem Vergabeverfahren verglichen werden.

106    Die Kommission hat im angefochtenen Beschluss auch darauf hingewiesen, dass das Angebot von Pfizer und BioNTech und seine Anhänge insbesondere Informationen über die Methoden und das Know-how dieser Unternehmen, konkrete Preise, Einzelheiten zu den Budgets und den entsprechenden Zeitplänen sowie Elemente von Geschäftsstrategien enthielten.

107    Unter diesen Umständen ist die Kommission entgegen dem Vorbringen des Klägers zu Recht davon ausgegangen, dass für die Dokumente 19 bis 21 eine allgemeine Vermutung gilt, dass ihre Verbreitung grundsätzlich den Schutz der geschäftlichen Interessen von Pfizer und BioNTech beeinträchtigen würde. Entgegen dem Vorbringen des Klägers war die Kommission also nicht verpflichtet, konkrete Umstände anzuführen, um die nicht erfolgte Offenlegung jedes einzelnen Dokuments in seiner Gesamtheit zu rechtfertigen, zumal der Kläger nicht versucht hat, nachzuweisen, dass ein bestimmtes Dokument nicht unter diese Vermutung falle.

108    Was zweitens die in Rede stehenden geschwärzten Angaben in den Dokumenten 1, 2, 7 (insbesondere den Entwurf der Liste der Vertragsbedingungen [term sheet]) und 14 betrifft, so ergibt sich aus dem angefochtenen Beschluss, dass diese Informationen die geschäftlichen Interessen von Pfizer und BioNTech betreffen und deren Veröffentlichung die Wettbewerbsposition dieses Impfstoffherstellers beeinträchtigen könnte. Bei diesen Informationen handelt es sich nämlich u. a. um Geschäftsgeheimnisse, sensible Informationen über die Produkte und die Methoden dieser Unternehmen, insbesondere zur verwendeten Impfstofftechnologie, um detaillierte Preisinformationen, Informationen über die Produktion, die Produktionsstätten, die Lieferpläne und den Transport der Impfdosen. Der Überblick über die finanzielle Lage von BioNTech, der Teil des Dokuments 14 sei, enthalte insbesondere detaillierte finanzielle Informationen zu diesem Unternehmen, darunter Schätzungen seines Finanzbedarfs und der geplanten Investitionen, aber auch Informationen über die Merkmale des betroffenen Produkts, Details zur angewandten Technologie und Einzelheiten zum Kostenteilungsmechanismus zwischen Pfizer und BioNTech.

109    Diese geschwärzten Informationen seien angesichts des sehr wettbewerbsintensiven Umfelds, in dem Pharmalabore insbesondere im Zusammenhang mit der Covid‑19‑Pandemie tätig seien, umso sensibler, als diese Labore weltweit miteinander in Wettbewerb stünden, um Impfstoffe gegen dieses Virus auch an außerhalb der Union ansässige Käufer zu liefern.

110    Der Kläger bestreitet weder diese Situation noch Art und Inhalt der in Rede stehenden geschwärzten Informationen, macht aber im Wesentlichen geltend, dass diese Informationen keine sensiblen geschäftlichen Informationen seien, da sie bereits öffentlich bekannt seien. Der Kläger beschränkt sich jedoch darauf, allgemeine Informationen zu den mRNA‑Impfstoffen unter Verweis auf eine Rubrik der Webseite von BioNTech sowie zum Ablauf der Impfkampagne in Deutschland, einsehbar auf der Webseite des Bundesministeriums für Gesundheit der Bundesrepublik Deutschland, anzuführen. Diese allgemeinen Informationen können insbesondere nicht mit detaillierten Informationen zur von Pfizer und BioNTech speziell zur Entwicklung ihres Covid-19‑Impfstoffs verwendeten Technologie sowie zu den Lieferfristen und ‑mengen, zu denen sich diese Unternehmen gegenüber der Kommission und den Mitgliedstaaten verpflichtet haben, gleichgestellt werden.

111    Ebenso wenig kann der Umstand, dass die Haushaltsstaatssekretärin des Königreichs Belgien die von den verschiedenen Herstellern vorgeschlagenen Preise der Impfstoffe auf ihrem Account im sozialen Netzwerk Twitter veröffentlicht hat, die Verbreitung der geschwärzten Informationen rechtfertigen. Abgesehen davon, dass die bei dieser Gelegenheit veröffentlichten und von den Medien verbreiteten Preise nicht mit detaillierten Preisinformationen gleichgesetzt werden können, die im Rahmen der Verhandlungen der Kommission mit Pfizer und BioNTech übermittelt wurden, kann ein solcher Einblick aufgrund der Offenlegung durch einen Dritten, die gegen den Willen der Kommission erfolgt, nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Kommission nicht mehr verpflichtet wäre, selbst zu beurteilen, ob die Gefahr einer Beeinträchtigung eines gemäß Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützten Interesses besteht, und damit nicht die Verbreitung dieser Preisinformationen durch die Kommission im Sinne dieser Verordnung rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 2021, Leino-Sandberg/Parlament, C‑761/18 P, EU:C:2021:52, Rn. 45 bis 49).

112    Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist das Gericht der Auffassung, dass diese Umstände es rechtfertigen, die in Rede stehenden geschwärzten Informationen als sensible Geschäftsinformationen zu betrachten, die ausreichen, um auf das Bestehen einer bei vernünftiger Betrachtung absehbaren und nicht rein hypothetischen Gefahr schließen zu können, dass die Offenlegung dieser Informationen den Schutz der geschäftlichen Interessen der betreffenden Hersteller von Covid‑19‑Impfstoffen beeinträchtigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 2014, Rat/in ’t Veld, C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

113    Im Übrigen ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass der Kläger den Begriff der geschäftlichen Interessen zu Unrecht auf den Begriff der Geschäftsgeheimnisse im Sinne der Richtlinie 2016/943 reduziert hat. Entgegen dem Vorbringen des Klägers, der sich auf die kumulativen Voraussetzungen von Art. 2 Abs. 1 dieser Richtlinie beruft, genügt jedenfalls die Feststellung, dass im Licht der im angefochtenen Beschluss dargelegten und oben in den Rn. 108 und 109 sowie 111 und 112 wiedergegebenen Umstände die im Rahmen der Ausnahme zum Schutz der geschäftlichen Interessen geschwärzten Informationen sehr wohl Informationen darstellen, die im Sinne dieser Bestimmung den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, nicht allgemein bekannt sind. Außerdem geht aus den Akten nicht hervor, dass diese Informationen nicht Gegenstand angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen waren, so dass nichts darauf hindeutet, dass diese Informationen anderen Personen als denjenigen zugänglich wären, die die rechtmäßige Kontrolle über diese Informationen haben.

114    Diese Erwägungen werden durch die vom Kläger vorgetragenen Umstände, dass die mit CureVac und AstraZeneca geschlossenen Verträge veröffentlicht worden seien, nicht in Frage gestellt, da, wie die Kommission ausführt, bestimmte sensible Geschäftsinformationen aus der veröffentlichten Fassung dieser Verträge entfernt worden sind. Ebenso bedeutet der Umstand, dass die Fragen nach der Liefermenge und den Lieferfristen der Impfstoffe in den europäischen Medien täglich behandelt werden oder wurden, nicht, dass diese mediale Berichterstattung die Offenlegung sensibler Geschäftsinformationen ermöglicht hätte.

115    Soweit schließlich der Kläger ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung der im Rahmen der Ausnahme zum Schutz geschäftlicher Interessen nicht offengelegten Dokumente und Informationen geltend macht, ist das Vorbringen zu dieser Frage aus den oben in den Rn. 66 bis 68 sowie 88 bis 91 dargelegten Gründen zurückzuweisen.

116    Folglich ist der vierte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

117    Soweit der Kläger unabhängig von den vier von ihm geltend gemachten Klagegründen einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 geltend gemacht hat, ist diese Rüge im Übrigen zurückzuweisen, da das Gericht, wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, die vier Klagegründe, mit denen Verstöße gegen die in Art. 4 dieser Verordnung vorgesehenen Ausnahmen geltend gemacht werden, zurückweist.

118    Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

119    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.


Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Herr Hans-Wilhelm Saure trägt die Kosten.

Svenningsen

Barents

Mac Eochaidh

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. September 2022.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

S. Papasavvas


*      Verfahrenssprache: Deutsch.