Language of document : ECLI:EU:T:2022:558

URTEIL DES GERICHTS (Achte erweiterte Kammer)

14. September 2022(*)

„Dumping – Einfuhren von Mischungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland, Trinidad und Tobago und den USA – Durchführungsverordnung (EU) 2019/1688 – Art. 3 Abs. 1 bis 3 und 5 bis 8 der Verordnung (EU) 2016/1036 – Vertrieb über verbundene Unternehmen – Rechnerische Ermittlung des Ausfuhrpreises – Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union – Berechnung der Preisunterbietung – Schadensursache – Art. 9 Abs. 4 der Verordnung 2016/1036 – Berechnung der Schadensspanne – Schadensbeseitigung“

In der Rechtssache T‑744/19,

Methanol Holdings (Trinidad) Ltd mit Sitz in Couva (Trinidad und Tobago), vertreten durch Rechtsanwälte B. Servais und V. Crochet,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch G. Luengo und P. Němečková als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Achema AB mit Sitz in Jonava (Litauen), vertreten durch Rechtsanwälte B. O’Connor und M. Hommé,

und

Grupa Azoty S.A. mit Sitz in Tarnów (Polen),

Grupa Azoty Zakłady Azotowe Puławy S.A. mit Sitz in Puławy (Polen),

vertreten durch Rechtsanwälte B. O’Connor und M. Hommé,

Streithelferinnen,

erlässt

DAS GERICHT (Achte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude, der Richter J. Svenningsen und R. Barents (Berichterstatter), der Richterin T. Pynnä und des Richters J. Laitenberger,

Kanzler: I. Kurme, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2022

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer auf Art. 263 AEUV gestützten Klage beantragt die Klägerin, die Methanol Holdings (Trinidad) Ltd, die Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1688 der Kommission vom 8. Oktober 2019 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Mischungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland, Trinidad und Tobago und den Vereinigten Staaten von Amerika (ABl. 2019, L 258, S. 21, im Folgenden: angefochtene Durchführungsverordnung).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

 Verwaltungsverfahren

2        Am 13. August 2018 veröffentlichte die Europäische Kommission auf einen Antrag hin eine Bekanntmachung der Einleitung eines Antidumpingverfahrens betreffend die Einfuhren von Mischungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat (im Folgenden: HAN) mit Ursprung in Russland, Trinidad und Tobago und den Vereinigten Staaten von Amerika (ABl. 2018, C 284, S. 9).

3        Die Untersuchung von Dumping und Schädigung betraf den Zeitraum vom 1. Juli 2017 bis zum 30. Juni 2018 (im Folgenden: Untersuchungszeitraum). Die Untersuchung der für die Schadensbeurteilung relevanten Entwicklungen umfasste den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2018 (im Folgenden: Bezugszeitraum).

4        Gegenstand der Untersuchung waren Mischungen von HAN in wässriger oder ammoniakalischer Lösung, die Zusatzstoffe enthalten können und gegenwärtig unter dem KN-Code 3102 80 00 eingereiht werden (im Folgenden: betroffene Ware).

5        Die Klägerin, eine dem Recht von Trinidad und Tobago unterliegende Gesellschaft, ist im Bereich der Herstellung und des Verkaufs von HAN-Mischungen tätig. Im Untersuchungszeitraum verkaufte die Klägerin HAN an die Helm AG (im Folgenden: HAG), einen in der Europäischen Union verbundenen Abnehmer. HAG verkaufte die HAN anschließend weiter an unabhängige Abnehmer in der Union und an zwei verbundene Abnehmer in der Union, nämlich Helm Engrais France (im Folgenden: HEF) und Helm Iberica (im Folgenden: HIB). Die Ausfuhren der Klägerin, des einzigen mitarbeitenden ausführenden Herstellers aus Trinidad und Tobago, machten im Untersuchungszeitraum 100 % der Ausfuhren dieses Landes aus.

6        Am 10. April 2019 erließ die Kommission die Durchführungsverordnung (EU) 2019/576 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Mischungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland, Trinidad und Tobago und den Vereinigten Staaten von Amerika (ABl. 2019, L 100, S. 7, im Folgenden: vorläufige Durchführungsverordnung).

7        Am 11. April 2019 wurde der Klägerin ein Informationspapier übermittelt, in dem die vorläufigen Feststellungen der Kommission wiedergegeben sind. Die Klägerin nahm dazu am 26. April 2019 Stellung.

8        Mit Schreiben vom 12. Juli 2019 unterrichtete die Kommission die Klägerin über die wesentlichen Tatsachen und Erwägungen, auf deren Grundlage sie einen endgültigen Antidumpingzoll auf die Einfuhren der betroffenen Ware, insbesondere aus Trinidad und Tobago, einzuführen beabsichtigte. Im 88. Erwägungsgrund des diesem Schreiben beigefügten Dokuments erläuterte die Kommission insbesondere, dass sie beschlossen habe, die im Rahmen der vorläufigen Sachaufklärung vorgenommenen Preisunterbietungsberechnungen im Licht des Urteils vom 10. April 2019, Jindal Saw und Jindal Saw Italia/Kommission (T‑301/16, EU:T:2019:234), zu ergänzen. Die Klägerin antwortete auf dieses Schreiben am 22. Juli 2019.

9        Am 8. Oktober 2019 erließ die Kommission die angefochtene Durchführungsverordnung.

10      Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Durchführungsverordnung regelt die Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls in Form eines Festbetrags von 22,24 Euro pro Tonne auf die Einfuhren der von der Klägerin hergestellten betroffenen Ware in die Union.

11      Die Klägerin reichte im Laufe des Verwaltungsverfahrens eine schriftliche Stellungnahme ein.

 Zusammenfassung der Begründung für die angefochtene Durchführungsverordnung

 Stichprobenverfahren

12      Bei der Stichprobenauswahl der Unionshersteller bezog die Kommission drei Unionshersteller in die Stichprobe ein, auf die zusammen mehr als 50 % der gesamten Produktionsmenge und der Verkäufe in der Union entfallen.

13      Bezüglich der Stichprobenauswahl der unabhängigen Einführer entschied die Kommission, dass eine solche Stichprobenauswahl nicht angebracht sei, und übermittelte den drei zur Mitarbeit bereiten Einführern Fragebögen.

14      Hinsichtlich der Stichprobenauswahl der ausführenden Hersteller in Russland, in Trinidad und Tobago und in den USA (im Folgenden: betroffene Länder) erklärten sich nur zwei ausführende Hersteller in Russland (Acron Group und EuroChem Group), einer in Trinidad und Tobago (die Klägerin) und einer in den USA (die CF Industries Holdings, Inc.) zur Mitarbeit und zur Einbeziehung in die Stichprobe bereit. Angesichts der geringen Zahl der Antworten ausführender Hersteller befand die Kommission, dass sich die Bildung einer Stichprobe erübrige.

 Betroffene Ware und gleichartige Ware

15      Bei der untersuchten Ware handelte es sich um Mischungen von HAN in wässriger oder ammoniakalischer Lösung mit Ursprung in Russland, Trinidad und Tobago und den USA, die Zusatzstoffe enthalten können und in den KN-Code 3102 80 00 eingereiht werden.

16      Die Kommission war der Auffassung, dass es sich bei der betroffenen Ware, der in den betroffenen Ländern hergestellten und auf deren Inlandsmärkten verkauften Ware sowie bei der vom Wirtschaftszweig der Union hergestellten und auf dem Unionsmarkt verkauften Ware um gleichartige Ware handele.

 Dumping

17      Zum Normalwert der betroffenen Ware der ausführenden Hersteller von Trinidad und Tobago stellte die Kommission fest, dass die Klägerin im Untersuchungszeitraum offenbar der einzige Hersteller der betroffenen Ware in diesem Land gewesen sei.

18      Im Fall der Klägerin wurde der Normalwert in Ermangelung von Verkäufen einer gleichartigen Ware auf dem Inlandsmarkt von der Kommission nach Art. 2 Abs. 3 und Abs. 6 Buchst. b der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (ABl. 2016, L 176, S. 21, im Folgenden: Grundverordnung) rechnerisch ermittelt. Für die rechnerische Ermittlung des Normalwerts wurden die bei der gleichartigen Ware verzeichneten durchschnittlichen Produktionskosten des mitarbeitenden ausführenden Herstellers im Untersuchungszeitraum erhöht um die tatsächlich bei der Produktion und dem Verkauf von Ware der gleichen allgemeinen Warengruppe im normalen Handelsverkehr auf dem Inlandsmarkt von Trinidad und Tobago angefallenen Vertriebs‑, Verwaltungs- und sonstigen Gemeinkosten (im Folgenden: VVG-Kosten) und den tatsächlich verzeichneten Gewinn bei der Produktion und dem Verkauf von Ware der gleichen allgemeinen Warengruppe, die die Klägerin im normalen Handelsverkehr auf diesem Inlandsmarkt erzielte.

19      Zur Ermittlung des Ausfuhrpreises stellte die Kommission fest, dass die Klägerin nur über verbundene Unternehmen, die im Untersuchungszeitraum als Einführer aufgetreten seien, in die Union ausgeführt habe. Alle Verkäufe in die Union seien über einen verbundenen Einführer in Deutschland erfolgt. Dieser verbundene Einführer habe die betroffene Ware an unabhängige Abnehmer in Deutschland oder an verbundene Unternehmen in Frankreich und Spanien verkauft, die die betroffene Ware wiederum an unabhängige Abnehmer auf ihrem jeweiligen Inlandsmarkt verkauft hätten. Der Ausfuhrpreis sei daher nach Art. 2 Abs. 9 der Grundverordnung auf der Grundlage des Preises errechnet worden, zu dem die eingeführte Ware erstmals an unabhängige Abnehmer in der Union weiterverkauft worden sei. In diesem Fall seien am Preis Berichtigungen für alle zwischen der Einfuhr und dem Weiterverkauf entstandenen Kosten einschließlich VVG-Kosten und Verdünnungs- und Vermischungskosten sowie für einen angemessenen Gewinn vorgenommen worden.

20      Sodann verglich die Kommission den Normalwert und den Ausfuhrpreis der Klägerin auf der Stufe ab Werk. Um einen gerechten Vergleich zwischen dem Normalwert und dem Ausfuhrpreis zu gewährleisten, nahm sie gemäß Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung Berichtigungen vor, um Preisnachlässe, Rabatte und unterschiedliche Mengen sowie Transport‑, Versicherungs‑, Bereitstellungs‑, Verlade- und Nebenkosten sowie Kosten der Kreditgewährung zu berücksichtigen.

21      Nach diesem Vergleich berechnete die Kommission die Dumpingspanne für die Klägerin und für die anderen potenziellen ausführenden Hersteller. Diese Dumpingspanne wurde für die Klägerin in der angefochtenen Durchführungsverordnung auf 55,8 % festgesetzt.

 Definition des Wirtschaftszweigs der Union

22      Die Kommission stellte fest, dass die gleichartige Ware während des Untersuchungszeitraums von 20 bekannten Herstellern in der Union produziert worden sei. Diese Unternehmen bildeten zusammen den „Wirtschaftszweig der Union“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Grundverordnung.

23      Die Kommission wies auch darauf hin, dass drei dieser Hersteller, auf die mehr als 50 % der gesamten Unionsproduktion der gleichartigen Ware entfielen, für die Stichprobe der Unionshersteller ausgewählt worden seien.

 Schädigung

24      Die Kommission hielt eine kumulative Beurteilung der Auswirkungen der Einfuhren aus den betroffenen Ländern für möglich, da die Voraussetzungen für eine solche Beurteilung nach Art. 3 Abs. 4 der Grundverordnung erfüllt gewesen seien.

25      Im Rahmen der Untersuchung der Einfuhrmenge stellte die Kommission einen Anstieg der Einfuhrmenge aus den betroffenen Ländern im Bezugszeitraum um 64 % und eine Zunahme der Marktanteile dieser Einfuhren um 72 % fest, nämlich von 21,9 % auf 37,7 % im Untersuchungszeitraum. Was speziell die Einfuhrmenge aus Trinidad und Tobago in diesem Zeitraum angeht, so verringerte sie sich und ging ihr Marktanteil von 10,2 % auf 8,1 % zurück.

26      Im Rahmen der Untersuchung der Auswirkungen auf die Preise verglich die Kommission in der vorläufigen Durchführungsverordnung die Preise der in die Stichprobe der Unionshersteller einbezogenen Hersteller mit denen der mitarbeitenden ausführenden Hersteller in den betroffenen Ländern. Insbesondere wurde zum Zweck der Ermittlung der Preisunterbietung im Untersuchungszeitraum ein Vergleich angestellt zwischen den gewogenen Durchschnittspreisen je Warentyp der von den mitarbeitenden ausführenden Herstellern in den betroffenen Ländern bezogenen Einfuhren, die dem ersten unabhängigen Abnehmer auf dem Unionsmarkt in Rechnung gestellt wurden, auf der Grundlage des CIF‑Preises (Kosten, Versicherung, Fracht) und mit angemessener Berichtigung für Zölle und nach der Einfuhr angefallene Kosten einerseits und den entsprechenden gewogenen durchschnittlichen Verkaufspreisen je Warentyp der in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller, die unabhängigen Abnehmern auf dem Unionsmarkt in Rechnung gestellt wurden, andererseits.

27      Die Kommission nahm somit einen Vergleich des CIF‑Preises frei Grenze der Union der ausführenden Hersteller mit dem Ab-Werk-Preis der Unionshersteller vor, der 60 % der Verkäufe dieser Hersteller ausmacht. Für die Verkäufe des Wirtschaftszweigs der Union, bei denen Seefracht für den Transport zu Häfen wie Rouen (Frankreich) und Gent (Belgien) anfiel, die 40 % der Verkäufe der Unionshersteller ausmachen, hielt sie es allerdings für angemessen, die Preise für den Transport zu diesen Häfen zu verwenden, anstatt die Ab-Werk-Preise für diese Verkäufe zu berechnen.

28      Im Ergebnis stellte die Kommission fest, dass die Einfuhren aus den betroffenen Ländern die Preise des Wirtschaftszweigs der Union im Durchschnitt um 6,8 % unterboten hätten. Was speziell die Einfuhren aus Trinidad und Tobago betrifft, kam sie auf eine gewogene durchschnittliche Preisunterbietungsspanne von 6,2 %.

29      Sodann beurteilte die Kommission die Auswirkungen der Einfuhren auf den Wirtschaftszweig der Union anhand verschiedener makroökonomischer und mikroökonomischer Indikatoren.

30      Die Kommission schloss ihre Untersuchung der Schadensindikatoren mit der Feststellung, dass der Wirtschaftszweig der Union eine bedeutende Schädigung im Sinne von Art. 3 Abs. 5 der Grundverordnung erlitten habe.

31      Im Rahmen der angefochtenen Durchführungsverordnung beschloss die Kommission, ihre Berechnungen der Preisunterbietung im Hinblick auf das Urteil vom 10. April 2019, Jindal Saw und Jindal Saw Italia/Kommission (T‑301/16, EU:T:2019:234), um zwei zusätzliche Preisunterbietungsberechnungen zu ergänzen, die ihrer Ansicht nach noch deutlicher machen, dass die gedumpten Einfuhren die Preise des Wirtschaftszweigs der Union ungeachtet der herangezogenen Methodik unterboten hätten.

32      Die Kommission wies in der angefochtenen Durchführungsverordnung zudem darauf hin, dass die Untersuchung neben der festgestellten Preisunterbietung auch gezeigt habe, dass die Auswirkungen der gedumpten Einfuhren in jedem Fall Preiserhöhungen auf dem Unionsmarkt im Untersuchungszeitraum im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der Grundverordnung weitgehend verhindert hätten. Sie zog daraus den Schluss, dass es sich bei der Preisunterbietung somit nur um einen Faktor innerhalb einer viel umfassenderen Analyse der Auswirkungen auf die Preise handele, bei der der Preisrückgang bzw. die Verhinderung von Preiserhöhungen ein wichtiges Argument für den ursächlichen Zusammenhang der Schädigung darstellten.

33      Die Kommission hielt daher ihre Feststellung aufrecht, dass der Wirtschaftszweig der Union eine bedeutende Schädigung im Sinne von Art. 3 Abs. 5 der Grundverordnung erlitten habe.

 Schadensursache

34      Im Bezugszeitraum und vor dem Hintergrund eines rückläufigen Verbrauchs in der Union stellte die Kommission in der vorläufigen Durchführungsverordnung fest, dass die Einfuhrmengen aus den betroffenen Ländern und ihre Marktanteile erheblich zugenommen hätten, während die Preise der Ware aus den betroffenen Ländern um durchschnittlich 33 % gesunken seien. Der Anstieg des Marktanteils der Einfuhren sei zeitlich mit einem ähnlich starken Rückgang des Marktanteils des Wirtschaftszweigs der Union zusammengefallen. Da HAN eine preisempfindliche Ware sei, der Marktanteil der Einfuhren aus den betroffenen Ländern im Untersuchungszeitraum 37,7 % betragen habe und diese Einfuhren zu Preisen getätigt worden seien, die die Preise des Wirtschaftszweigs der Union unterboten hätten, hätten diese Einfuhren erhebliche schädliche Auswirkungen gehabt.

35      In der angefochtenen Durchführungsverordnung bestätigte die Kommission, dass die Einfuhren aus den betroffenen Ländern die Verkaufspreise der Unionshersteller unterboten hätten. In jedem Fall seien bei der Analyse der Schadensursache neben der Feststellung betreffend die Preisunterbietung im Rahmen der Auswirkungen der gedumpten Einfuhren zahlreiche andere Faktoren berücksichtigt worden. Somit seien der Preisrückgang und die Verhinderung von Preiserhöhungen im Untersuchungszeitraum, die durch die betroffenen Einfuhren verursacht worden seien, ein zentrales Argument für die Schadensursache.

36      Nach Prüfung weiterer Faktoren, nämlich insbesondere des Weltmarktpreises für Harnstoff und des Anstiegs der Kosten der Unionshersteller, gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass durch keinen dieser Faktoren der ursächliche Zusammenhang zwischen den gedumpten Einfuhren aus den betroffenen Ländern und der bedeutenden Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union abgeschwächt worden sei.

 Höhe der Maßnahmen und Interesse der Union

37      Zur Festsetzung der Höhe der Maßnahmen prüfte die Kommission, ob ein unter der Dumpingspanne liegender Zoll ausreichend wäre, um die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union durch gedumpte Einfuhren zu beseitigen.

38      Im Fall von Trinidad und Tobago gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass nach der Regel des niedrigeren Zolls gemäß Art. 7 Abs. 2 der Grundverordnung vorläufige Antidumpingmaßnahmen einzuführen seien. Sie verglich die Schadens- mit den Dumpingspannen und setzte die Zollsätze in Höhe der niedrigeren der beiden Spannen fest. Nach der Einführung vorläufiger Maßnahmen passte sie ihre Berechnung der künftigen Befolgungskosten nach Art. 9 Abs. 4 Unterabs. 2 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2d dieser Verordnung leicht an. Sie aktualisierte die zu erwartenden Kosten der EU-Zertifikate und beschloss, den Durchschnittspreis der Emissionszertifikate der Union für Kohlendioxid (CO2) endgültig auf 25,81 Euro pro Tonne erzeugtem CO2 festzulegen, gegenüber dem im Rahmen der vorläufigen Sachaufklärung bestimmten Preis von 24,14 Euro pro Tonne erzeugtem CO2. Andere Elemente der Berechnung wurden ebenfalls leicht angepasst. So wurden zusätzliche Kosten in Höhe von 3,8 % festgesetzt (gegenüber 3,7 % im Rahmen der vorläufigen Sachaufklärung) und dem nicht schädigenden Preis hinzugerechnet.

 Antidumpingmaßnahmen

39      Hinsichtlich der Form der Antidumpingmaßnahmen entschied sich die Kommission für die Festsetzung eines festen Zollbetrags.

40      Der endgültige Antidumpingzollsatz wurde somit zuletzt je nach den betroffenen Unternehmen in Höhe von 22,24 Euro bis 42,47 Euro pro Tonne der betroffenen Ware festgesetzt. Für die Klägerin belief sich dieser Zollsatz auf den Betrag von 22,24 Euro pro Tonne der betroffenen Ware.

 Anträge der Parteien

41      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Durchführungsverordnung für nichtig zu erklären, soweit sie sie betrifft;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

42      Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferinnen, die Achema AB, die Grupa Azoty S.A. und die Grupa Azoty Zakłady Azotowe Puławy S.A., beantragt,

–        die Klage abzuweisen.

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

43      Die Klägerin stützt ihre Klage formal auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie geltend macht, dass die von der Kommission angewandte Methodik zur Bestimmung der Preis- und Zielpreisunterbietungsspannen gegen Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 bis 3 und 5 bis 8 der Grundverordnung, gegen die Rechtsprechung des Gerichts und der Welthandelsorganisation (WTO) und gegen den Grundsatz des gerechten Vergleichs verstoße.

44      Die Kommission habe sich auf den Preis von HAN gestützt, die HAG, HEF und HIB an unabhängige Abnehmer in der Union verkauft hätten, und dann die VVG-Kosten von HAG, HEF und HIB sowie eine Gewinnspanne von 4 % abgezogen, die von unabhängigen mitarbeitenden Einführern erzielt worden sei. Sodann habe die Kommission zur Deckung der Kosten nach der Einfuhr ein Euro pro Tonne hinzugerechnet. Wie im 128. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung ausgeführt werde, habe die Kommission für die Berechnung der Preis- und Zielpreisunterbietungsspannen im Wesentlichen Art. 2 Abs. 9 der Grundverordnung analog angewandt, der die rechnerische Ermittlung des Ausfuhrpreises im Hinblick auf die Berechnung der Dumpingspanne betreffe.

45      Vorab ist zum einen festzustellen, dass sich der von der Klägerin formal geltend gemachte einzige Klagegrund im Wesentlichen in drei Teile gliedert. Mit dem ersten Teil wird geltend gemacht, dass die von der Kommission zur Berechnung der Preis- und Zielpreisunterbietungsspannen angewandte Methodik gegen Art. 3 Abs. 1 der Grundverordnung verstoße, und mit dem zweiten Teil, dass diese Methodik Art. 3 Abs. 2, 3 und 5 bis 8 dieser Verordnung verletze, da die Kommission die mit unabhängigen Abnehmern ausgehandelten Preise nicht berücksichtigt habe und die Preise nicht auf derselben Handelsstufe verglichen habe; mit dem dritten Teil macht die Klägerin zudem geltend, dass der endgültige Antidumpingzoll die angemessene Höhe zur Beseitigung der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union unter Verstoß gegen Art. 9 Abs. 4 dieser Verordnung übersteige.

46      Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass die Auswirkungen der gedumpten Einfuhren auf die Preise in der Union unter verschiedenen Gesichtspunkten geprüft werden können. Art. 3 Abs. 3 der Grundverordnung sieht nämlich vor, dass die Kommission drei Aspekte prüft, und zwar die Preisunterbietung, den Preisrückgang und die Verhinderung von Preiserhöhungen.

47      Im vorliegenden Fall hat sich die Kommission auf denselben rechnerisch ermittelten Ausfuhrpreis gestützt, um die Preisunterbietung (im Vergleich zum Verkaufspreis der Unionshersteller) und die Preisunterbietung (im Vergleich zum Zielpreis) zu berechnen.

48      Im Wesentlichen hat die Kommission in Bezug auf die Preisunterbietung eine Stichprobenauswahl des Wirtschaftszweigs der Union vorgenommen, indem sie Hersteller zugrunde legte, auf die 50 % des Gesamtproduktionsvolumens der Union und der Verkäufe in der Union entfallen. Sie hat zudem die Ausfuhrpreise der Klägerin auf der Grundlage der Preise, die den unabhängigen Abnehmern von den verbundenen Einführern der Klägerin in Rechnung gestellt wurden, rechnerisch ermittelt, wobei sie die VVG-Kosten sowie eine Gewinnspanne von 4 % abzog (und einen Euro pro Tonne zur Deckung der Kosten nach der Einfuhr hinzurechnete). Anschließend hat sie diese Ausfuhrpreise mit den Preisen des Wirtschaftszweigs der Union ab Werk (für 60 % der Verkäufe) und den CIF‑Preisen frei Hafen Rouen und Gent (für 40 % der Verkäufe) verglichen. Das Ergebnis dieses Vergleichs hat eine Preisunterbietung ergeben. Schließlich hat die Kommission in der angefochtenen Durchführungsverordnung im Licht des Urteils vom 10. April 2019, Jindal Saw und Jindal Saw Italia/Kommission (T‑301/16, EU:T:2019:234), die in der Phase der vorläufigen Durchführungsverordnung vorgenommene Berechnung um eine erste, im 114. Erwägungsgrund der Durchführungsverordnung dargestellte zusätzliche Berechnung und um eine zweite, im 115. Erwägungsgrund dieser Durchführungsverordnung ausgeführte zusätzliche Berechnung ergänzt, die beide das Vorliegen einer Preisunterbietung bestätigten.

 Zum ersten Teil: Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 der Grundverordnung durch die von der Kommission zur Berechnung der Preis- und Zielpreisunterbietungsspannen angewandte Methodik

49      Zum einen macht die Klägerin geltend, dass die analoge Anwendung von Art. 2 Abs. 9 der Grundverordnung, auf die sich die Kommission im 128. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung beziehe, gegen Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung verstoße.

50      Erstens beruft sich die Klägerin auf den Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 der Grundverordnung, wonach „der Begriff ‚Schädigung‘ … gemäß diesem Artikel auszulegen [ist]“. Somit nehme diese Bestimmung keinerlei Bezug auf Art. 2 Abs. 9 dieser Verordnung. Zweitens betreffe Art. 2 Abs. 9 der Grundverordnung die rechnerische Ermittlung des Ausfuhrpreises für die Berechnung der Dumpingspanne, nicht aber die rechnerische Ermittlung der Preis- und Zielpreisunterbietungsspannen. Drittens sehe keine Bestimmung dieser Verordnung vor, dass Art. 2 Abs. 9 ebendieser Verordnung „analog“ für die Berechnung der Schadensspanne angewandt werden könne.

51      Zum anderen macht die Klägerin geltend, dass hinter der rechnerischen Ermittlung des Ausfuhrpreises gemäß Art. 2 Abs. 9 der Grundverordnung in Bezug auf Verkäufe in der Union über verbundene Unternehmen der Gedanke stehe, dass dieser Preis wegen der Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien nicht zuverlässig sei. Dieser Gedanke sei auf die Ermittlung ihres Preises, der für die Berechnung der Preis- und Zielpreisunterbietungsspannen heranzuziehen sei, nicht anwendbar; der tatsächliche Preis, den HAG, HEF und HIB ihren unabhängigen Abnehmern in der Union in Rechnung gestellt hätten, sei nämlich per definitionem zuverlässig, da er zwischen Parteien in Rechnung gestellt werde, die untereinander keine Verbindung aufwiesen. Die bei der von der Kommission angewandten Methodik festgestellten Mängel beträfen auch die Gültigkeit der Berechnung der Preisunterbietungsspannen der russischen ausführenden Hersteller, da diese ihre Ware ebenfalls über verbundene Händler verkaufen würden.

52      Die Kommission, unterstützt von den Streithelferinnen, tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

53      Vorab ist auf den 128. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung hinzuweisen, in dem es heißt:

„[B]ei den Elementen, die bei der Berechnung der Preisunterbietung berücksichtigt werden (insbesondere beim Ausfuhrpreis), [muss die Kommission] den ersten Punkt ermitteln, an dem die ausführenden Hersteller mit den Unionsherstellern auf dem Unionsmarkt im Wettbewerb stehen (oder stehen könnten). Dies ist der Kaufpreis des ersten unabhängigen Einführers, da dieses Unternehmen grundsätzlich die Wahl hat, die Ware entweder vom Wirtschaftszweig der Union oder von Anbietern in Drittländern zu beziehen. Diese Bewertung sollte auf dem Ausfuhrpreis frei Grenze der Union beruhen, da diese Stufe als mit dem Ab-Werk-Preis des Wirtschaftszweigs der Union vergleichbar erachtet wird. Bei Ausfuhrverkäufen über verbundene Einführer sollte der Vergleich für den Zeitpunkt vorgenommen werden, zu dem die Ware die Grenze der Union passiert hat, und nicht für einen späteren Zeitpunkt in der Vertriebskette, z. B. beim Verkauf an den Endverwender der Ware. Der Ausfuhrpreis wird somit analog zu der Vorgehensweise bei der Berechnung der Dumpingspanne anhand des Weiterverkaufspreises an den ersten unabhängigen Abnehmer unter gebührender Berichtigung nach Artikel 2 Absatz 9 der Grundverordnung errechnet. Da dieser Artikel die einzige Bestimmung in der Grundverordnung ist, der Hinweise zur rechnerischen Ermittlung des Ausfuhrpreises enthält, ist seine analoge Anwendung gerechtfertigt. In Bezug auf die Berechnungen der Zielpreisunterbietung stellte die Kommission fest, dass die Anwendung von Artikel 2 Absatz 9 der Grundverordnung nicht zu asymmetrischen Vergleichen führte (anders als in der Rechtssache Jindal), da der Zielpreis des Wirtschaftszweigs der Union für den Vergleich der Zielpreisunterbietung rechnerisch ermittelt wurde, indem nur die Herstellkosten, VVG-Kosten und der Zielgewinn des produzierenden Unternehmens herangezogen wurden, wodurch er mit dem errechneten Ausfuhrpreis vergleichbar war. Mit anderen Worten: Die Kosten der mit den Unionsherstellern verbundenen Vertriebsunternehmen wurden beim Vergleich des Zielpreises des Wirtschaftszweigs der Union und dem rechnerisch ermittelten Ausfuhrpreis nicht berücksichtigt.“

54      Nach der Definition von Art. 3 Abs. 1 der Grundverordnung fällt unter den Begriff „Schädigung“ „[s]ofern nichts anderes bestimmt ist, … dass ein Wirtschaftszweig der Union bedeutend geschädigt wird oder geschädigt zu werden droht oder dass die Errichtung eines Wirtschaftszweigs der Union erheblich verzögert wird“.

55      Die Feststellung einer Schädigung stützt sich gemäß Art. 3 Abs. 2 der Grundverordnung auf eindeutige Beweise und erfordert eine objektive Prüfung des Volumens der gedumpten Einfuhren und ihrer Auswirkungen auf die Preise gleichartiger Ware auf dem Markt der Union sowie der Auswirkungen dieser Einfuhren auf den Wirtschaftszweig der Union.

56      Bezüglich der Auswirkungen der gedumpten Einfuhren auf die Preise ist nach Art. 3 Abs. 3 der Grundverordnung zu prüfen, ob im Vergleich zu dem Preis einer gleichartigen Ware des Wirtschaftszweigs der Union eine erhebliche Preisunterbietung durch die gedumpten Einfuhren stattgefunden hat oder ob diese Einfuhren auf andere Weise einen erheblichen Preisrückgang verursacht oder Preiserhöhungen, die andernfalls eingetreten wären, deutlich verhindert haben.

57      Die oben in den Rn. 54 bis 56 genannten Bestimmungen der Grundverordnung sehen folglich keine besondere Methodik für die Feststellung der Auswirkungen der gedumpten Einfuhren auf die Preise gleichartiger Ware des Wirtschaftszweigs der Union vor (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. April 2019, Jindal Saw und Jindal Saw Italia/Kommission, T‑301/16, EU:T:2019:234, Rn. 175).

58      Daher ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, wonach Art. 3 Abs. 1 der Grundverordnung für die Feststellung, ob eine Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union vorliege, die Verwendung eines rechnerisch ermittelten Ausfuhrpreises gemäß Art. 2 Abs. 9 dieser Verordnung ausschließe.

59      Insofern setzt, worauf oben in Rn. 55 hingewiesen wurde, die Feststellung einer solchen Schädigung jedenfalls eine objektive und gerechte Prüfung der Auswirkung der gedumpten Einfuhren auf die Preise voraus (vgl. Urteil vom 10. April 2019, Jindal Saw und Jindal Saw Italia/Kommission, T‑301/16, EU:T:2019:234, Rn. 176 und die dort angeführte Rechtsprechung); dies ist im Rahmen des zweiten Teils des einzigen Klagegrundes zusammen mit dem von der Klägerin behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zu prüfen.

60      Soweit die Klägerin im Wesentlichen geltend macht, dass der Preis, der von ihren verbundenen Einführern deren unabhängigen Abnehmern in der Union in Rechnung gestellt werde, zuverlässig sei und die rechnerische Ermittlung eines Ausfuhrpreises nicht erforderlich sei, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 2 Abs. 8 der Grundverordnung grundsätzlich „[d]er Ausfuhrpreis … der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis der zur Ausfuhr aus dem Ausfuhrland in die Union verkauften Ware [ist]“. Nur wenn „es keinen Ausfuhrpreis [gibt] oder [sich herausstellt], dass der Ausfuhrpreis wegen einer geschäftlichen Verbindung oder einer Ausgleichsvereinbarung zwischen dem Ausführer und dem Einführer oder einem Dritten nicht zuverlässig ist“, kann der Ausfuhrpreis nach Art. 2 Abs. 9 Unterabs. 1 der Grundverordnung auf der Grundlage des Preises rechnerisch ermittelt werden, zu dem die eingeführte Ware erstmals an einen unabhängigen Abnehmer weiterverkauft wird.

61      Daher folgt aus Art. 2 Abs. 9 der Grundverordnung, dass die Organe den Ausfuhrpreis in zwei Fällen als nicht zuverlässig ansehen können, und zwar dann, wenn es eine geschäftliche Verbindung zwischen dem Ausführer und dem Einführer oder einem Dritten gibt oder wenn zwischen ihnen eine Ausgleichsvereinbarung besteht. Liegt keiner dieser Fälle vor, so müssen die Organe, sofern es einen Ausfuhrpreis gibt, diesen bei der Ermittlung des Dumpings heranziehen (Urteile vom 21. November 2002, Kundan und Tata/Rat, T‑88/98, EU:T:2002:280, Rn. 49, und vom 25. Oktober 2011, CHEMK und KF/Rat, T‑190/08, EU:T:2011:618, Rn. 26).

62      Es ist unstreitig, dass die Klägerin im Untersuchungszeitraum nur über ihren verbundenen Einführer, nämlich HAG, der ebenfalls an der Klägerin beteiligt ist, in die Union ausgeführt hat.

63      Die Klägerin kann daher der Kommission nicht vorwerfen, diese Geschäftsbeziehung zwecks rechnerischer Ermittlung eines Ausfuhrpreises berücksichtigt zu haben. Wie die Kommission zutreffend ausgeführt hat, ohne dass ihr die Klägerin insoweit widersprochen hat, ist der von der Klägerin angemeldete Ausfuhrpreis gerade wegen des Bestehens einer konzerninternen Geschäftsbeziehung nicht zuverlässig.

64      Dieser Teil des Klagegrundes ist demnach zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil: Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2, 3 und 5 bis 8 der Grundverordnung durch die von der Kommission zur Berechnung der Preis- und Zielpreisunterbietungsspannen angewandte Methodik aufgrund der fehlenden Berücksichtigung der mit den unabhängigen Abnehmern ausgehandelten Preise und des fehlenden Vergleichs der Preise auf derselben Handelsstufe

65      Erstens wirft die Klägerin der Kommission vor, die Rechtsprechung des Gerichts außer Acht gelassen zu haben, wonach der zur Berechnung der Preisunterbietungsspanne verwendete Preis der ausführenden Hersteller, der auch für die Berechnung der Zielpreisunterbietungsspanne und damit für die Bestimmung der Schadensspanne herangezogen werde, auf der Grundlage der Preise ermittelt werden müsse, die der ausführende Hersteller auf dem Unionsmarkt im Wettbewerb mit den Preisen der Unionshersteller tatsächlich in Rechnung gestellt habe. Die Klägerin bezieht sich insoweit auf die Urteile vom 30. November 2011, Transnational Company „Kazchrome“ und ENRC Marketing/Rat und Kommission (T‑107/08, EU:T:2011:704, Rn. 62 und 63), und vom 10. April 2019, Jindal Saw und Jindal Saw Italia/Kommission (T‑301/16, EU:T:2019:234, Rn. 187). Der im vorliegenden Fall rechnerisch ermittelte Ausfuhrpreis stelle nur einen Bruchteil des Preises dar, den HAG, HEF und HIB ihren unabhängigen Abnehmern tatsächlich in Rechnung gestellt hätten.

66      Um der Rechtsprechung des Gerichts nachzukommen, hätte die Kommission die tatsächlichen Preise der von HAG, HEF und HIB an ihre unabhängigen Abnehmer in der Union verkauften HAN mit dem Verkaufspreis und dem Zielpreis vergleichen müssen, die die Unionshersteller ihren unabhängigen Abnehmern in der Union berechneten. Es handele sich um die Preise, die die unabhängigen Abnehmer in der Union bei der Entscheidung berücksichtigten, ob sie die HAN bei HAG, HEF und HIB oder bei den Unionsherstellern und ihren verbundenen Händlern kauften. Erst auf dieser Stufe finde der Wettbewerb zwischen den von der Klägerin hergestellten und den von Unionsherstellern hergestellten HAN statt, da der erste unabhängige Abnehmer die interne Konzernstruktur des Verkäufers nicht kenne und den zu erwartenden Preis auf einer früheren Stufe nicht habe veranschlagen können. Im Übrigen müsse die für die Berechnung der Preis- und Zielpreisunterbietungsspannen maßgebliche „Wettbewerbsstufe“ der den unabhängigen Abnehmern in den Häfen von Gent und Rouen in Rechnung gestellte Preis sein.

67      Zweitens verstoße die von der Kommission zur Berechnung der Preis- und Zielpreisunterbietungsspannen angewandte Methodik gegen Art. 3 Abs. 2, 3 und 5 bis 8 der Grundverordnung. Da die Kommission einen künstlich rechnerisch ermittelten Preis zwischen der Klägerin und HAG den Preisen der Unionshersteller, die sie in ihrer Geschäftsbeziehung mit den ersten unabhängigen Abnehmern zugrunde gelegt hätten, gegenübergestellt habe, habe sie die Preise nicht auf derselben Handelsstufe verglichen. Die Kommission hätte vielmehr die von HAG, HEF und HIB ihren unabhängigen Abnehmern in der Union in Rechnung gestellten Preise der betroffenen Ware und die von den Unionsherstellern und ihren verbundenen Unternehmen ihren unabhängigen Abnehmern in der Union in Rechnung gestellten Preise dieser Ware vergleichen müssen.

68      Drittens verstoße die von der Kommission angewandte Methodik gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Berechnung der Preis- und Zielpreisunterbietungsspannen, da sie die Lage, in der ausführende Hersteller in der Union verbundene Vertriebsunternehmen gegründet hätten, und die Lage, in der sie ihre Ware direkt an unabhängige Abnehmer in der Union verkauften, gleichbehandele.

69      Im Übrigen habe der Fehler bei der Berechnung des Preises des ausführenden Herstellers, der zur Bestimmung der Preisunterbietungsspanne herangezogen worden sei, zwangsläufig auch einen Fehler bei der Bestimmung der Zielpreisunterbietungsspanne zur Folge, da derselbe Preis des ausführenden Herstellers in beiden Berechnungen verwendet worden sei. Die Klägerin macht in der Erwiderung ferner geltend, dass der Fehler bei der Feststellung der Preisunterbietung auch die Feststellungen der Kommission in Bezug auf den Preisrückgang und die Verhinderung von Preiserhöhungen ungültig mache, da diese Fehler ihrerseits alle Feststellungen der Kommission in Bezug auf die Schädigung und die Schadensursache beeinträchtigten.

70      Die Kommission, unterstützt von den Streithelferinnen, tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

71      In diesem Zusammenhang sind die Rügen, mit denen ein Verstoß gegen die Rechtsprechung und gegen Art. 3 Abs. 2, 3 und 5 bis 8 der Grundverordnung geltend gemacht wird, sowie die Rüge, mit der ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geltend gemacht wird, gemeinsam zu prüfen.

72      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 176 des Urteils vom 10. April 2019, Jindal Saw und Jindal Saw Italia/Kommission (T‑301/16, EU:T:2019:234), festgestellt hat:

„Die Berechnung der Preisunterbietung bei den in Rede stehenden Einfuhren wird nach Art. 3 Abs. 2 und 3 der Grundverordnung vorgenommen, um eine Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union infolge dieser Einfuhren festzustellen, und wird darüber hinaus zur Bemessung dieses Schadens und zur Ermittlung der Schadensspanne, d. h. der [Schadensbeseitigungsschwelle] verwendet. Die Pflicht zur objektiven Prüfung der Auswirkungen der gedumpten Einfuhren nach Art. 3 Abs. 2 verlangt einen gerechten Vergleich des Preises der betroffenen Ware mit dem Preis der gleichartigen Ware des genannten Wirtschaftszweigs bei Verkäufen in dem Unionsgebiet. Um einen gerechten Vergleich zu gewährleisten, müssen die Preise auf derselben Handelsstufe verglichen werden. Ein Vergleich von Preisen, die auf unterschiedlichen Handelsstufen erzielt wurden, d. h. ein Vergleich, der nicht alle auf der zu berücksichtigenden Handelsstufe entstandenen Kosten erfasst, würde zwangsläufig zu künstlichen Ergebnissen führen, die eine zutreffende Beurteilung [der Schädigung] des Wirtschaftszweigs der Union nicht erlauben würden. Ein solcher fairer Vergleich ist eine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Berechnung der Schädigung des betreffenden Wirtschaftszweigs.“

73      In den Rn. 188 und 189 des Urteils vom 10. April 2019, Jindal Saw und Jindal Saw Italia/Kommission (T‑301/16, EU:T:2019:234), hat das Gericht ergänzt:

„188.      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass, da die Kommission die Preise für Verkäufe, die die mit dem führenden Hersteller der Union verbundenen [Vertriebsunternehmen] tätigten, zur Feststellung des Preises der gleichartigen Ware des Wirtschaftszweigs der Union heranzog, zugleich jedoch die Verkaufspreise der [Vertriebsunternehmen] von Jindal Saw für die Feststellung des Preises der betroffenen, von Jindal Saw hergestellten Ware unberücksichtigt ließ, nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Preisunterbietung durch Vergleich von Preisen auf derselben Handelsstufe berechnet wurde.

189.      [E]in Preisvergleich auf derselben Handelsstufe [ist] Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Berechnung der Preisunterbietung der betroffenen Ware. Die Berechnung der Preisunterbietung, wie sie im Rahmen der angefochtenen Verordnung von der Kommission vorgenommen wurde, ist daher als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 der Grundverordnung anzusehen.“

74      Im vorliegenden Fall geht aus einer Gesamtschau der Erwägungsgründe 112 und 114 der angefochtenen Durchführungsverordnung hervor, dass die Kommission im Rahmen der Berechnung der Preisunterbietung auf der vorläufigen Stufe, die zur endgültigen Berechnung im Wesentlichen übernommen wurde, gegenüber den ausführenden Herstellern die Preise ihrer Verkäufe in der Union den Betrag der VVG-Kosten und des Gewinns ihrer verbundenen Handelsgesellschaften mit Sitz in der Union abgezogen hat, jedoch bei den über verbundene Händler abgewickelten Verkäufen des Wirtschaftszweigs der Union, die 40 % der aus der Stichprobe des Wirtschaftszweigs der Union für den Vergleich herangezogenen Verkäufe ausmachten, keine derartigen Abzüge vorgenommen hat.

75      Wie sich aus Rn. 176 des Urteils vom 10. April 2019, Jindal Saw und Jindal Saw Italia/Kommission (T‑301/16, EU:T:2019:234), ergibt, ist ein Vergleich des Preises der betroffenen Ware mit dem Preis der gleichartigen Ware des Wirtschaftszweigs der Union auf derselben Handelsstufe Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Berechnung der Preisunterbietung der betroffenen Ware. Die von der Kommission vorgenommene Berechnung der Preisunterbietung verstößt daher gegen Art. 3 Abs. 2 der Grundverordnung.

76      Die Methodik zur Berechnung der Preisunterbietung, die von der Kommission im Rahmen der vorläufigen Sachaufklärung angewandt und für die endgültige Berechnung im Wesentlichen übernommen wurde, ist folglich fehlerhaft. In Bezug auf die Klägerin hatten diese Berechnungen eine Preisunterbietung von 5 % ergeben.

77      Dies wird anscheinend durch den 113. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung bestätigt, in dem es heißt:

„In seinem [Urteil vom 10. April 2019, Jindal Saw und Jindal Saw Italia/Kommission (T‑301/16, EU:T:2019:234)] befand das Gericht, die Kommission habe einen Fehler begangen, indem sie die Vertriebskosten der mit Jindal  verbundenen Einführer in der Union von den für deren ersten unabhängigen Abnehmer geltenden Verkaufspreisen abgezogen habe, während die Vertriebskosten der verbundenen Vertriebsunternehmen des Wirtschaftszweigs der Union nicht von den Verkaufspreisen abgezogen worden seien, die der Wirtschaftszweig der Union dem ersten unabhängigen Abnehmer in Rechnung stellte. Daher wurden die beiden Preise nach Auffassung des Gerichts nicht symmetrisch auf derselben Handelsstufe verglichen.“

78      Ihren Hinweis in den Erwägungsgründen 112 und 113 der angefochtenen Durchführungsverordnung, dass einige Parteien im Hinblick auf das Urteil vom 10. April 2019, Jindal Saw und Jindal Saw Italia/Kommission (T‑301/16, EU:T:2019:234), die angewandte Methodik in Frage stellten, hat die Kommission im 114. Erwägungsgrund dieser Verordnung allerdings dahin gehend ergänzt, dass sie vorhabe, diesem Urteil mittels Ergänzung ihre Berechnungen hinsichtlich der Preisunterbietung durch zwei Berechnungen Rechnung zu tragen, wobei die erste im letzten Satz dieses Erwägungsgrundes und die zweite, hilfsweise vorgenommene, im 115. Erwägungsgrund dieser Durchführungsverordnung dargestellt wird.

79      Folglich ist zu prüfen, ob die Methodik, die die Kommission in den Erwägungsgründen 112 bis 115 der angefochtenen Durchführungsverordnung zur Beurteilung der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union verwendet hat, und deren Anwendung frei von Rechtsfehlern sind.

80      Was erstens die erste zusätzliche Berechnung der Preisunterbietung betrifft, würde, wie sich aus dem 114. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung ergibt, nach Ansicht der Kommission zum einen die Preisunterbietung für die kumuliert untersuchten Einfuhren selbst dann nicht entkräftet, wenn die Berechnungen um diese Posten berichtigt werden müssten, da die Verkäufe des Wirtschaftszweigs der Union über verbundene Parteien in der Minderzahl seien und diesen verbundenen Parteien nur geringe VVG-Kosten und geringer Gewinn entstanden seien. Zum anderen würde selbst nach Abzug der VVG-Kosten und des Gewinns der mit den Unionsherstellern verbundenen Vertriebsunternehmen bei allen ausführenden Herstellern (mit einer Ausnahme) und in jedem Fall für jedes der betroffenen Länder eine Preisunterbietung fortbestehen.

81      In Bezug auf die Klägerin folgt aus den endgültigen Feststellungen, die ihr die Kommission im Verwaltungsverfahren übermittelt hat, dass diese erste zusätzliche Berechnung eine Preisunterbietung von 2,6 % ergab.

82      Die Kommission hat folglich mit dieser Berechnung das Vorliegen einer unter Beachtung des Erfordernisses eines objektiven und gerechten Vergleichs errechneten Preisunterbietung festgestellt und begründet, da sie durch den Abzug der VVG-Kosten und des Gewinns von den Verkaufspreisen der mit den Unionsherstellern verbundenen Unternehmen die für die Unionshersteller zugrunde gelegten Preise auf dieselbe Handelsstufe wie die der ausführenden Hersteller zurückgeführt hat und damit jeden Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung ausgeschlossen hat.

83      Die fragliche Berechnung hat die Klägerin indes erst in der Erwiderung beanstandet. Außerdem hat sie lediglich geltend gemacht, dass der Verkaufspreis des Wirtschaftszweigs der Union mit einem rechnerisch ermittelten Preis zwischen ihr und HAG verglichen worden sei, der künstlich und theoretisch sei, da er nicht dieselben Preisbestandteile umfasse. Sie führt hierzu aus, dass „HAG, HEF und HIB im Rahmen des Verkaufs an dieselben Abnehmer wie die des Wirtschaftszweigs der Union VVG-Kosten und Gewinn verbuchen“ und dass „es tatsächlich diese Unternehmen und nicht [die Klägerin] sind, die HAN an dieselben Abnehmer wie die des Wirtschaftszweigs der Union verkauft haben“.

84      Eine solche Rüge ist, angenommen sie ist trotz Fehlens in der Klageschrift und trotz fehlender Klarheit zulässig, nicht geeignet, die Feststellung der Kommission im 114. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung in Frage zu stellen.

85      Sofern sich diese Kritik nämlich gegen die Handelsstufe richtet, auf der die Kommission die Preise des Wirtschaftszweigs der Union und der Klägerin für die Feststellung des Vorliegens einer Preisunterbietung verglichen hat, ist festzustellen, dass das Gebot eines objektiven und gerechten Vergleichs nicht der Handelsstufe vorgreift, auf der die Kommission den Preisvergleich vornehmen muss, sondern nur verlangt, dass diese Gegenüberstellung sowohl in Bezug auf die Preise der Unionshersteller als auch in Bezug auf die Preise der ausführenden Hersteller auf derselben Handelsstufe vorgenommen wird.

86      Im Übrigen ist nicht hinsichtlich der Objektivität und der Gerechtigkeit der von der Kommission zugrunde gelegten Methodik, wohl aber hinsichtlich deren Implementierung darauf hinzuweisen, dass sie die Bewertung wirtschaftlich komplexer Umstände beinhaltet, weshalb sich die richterliche Kontrolle der Beurteilung durch dieses Organ auf die Prüfung beschränkt, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob der Sachverhalt, der der beanstandeten Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. April 2016, ArcelorMittal Tubular Products Ostrava u. a./Hubei Xinyegang Steel, C‑186/14 P und C‑193/14 P, EU:C:2016:209, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

87      Sodann ist, soweit die Klägerin einen Widerspruch dieser Berechnung zu den Rn. 62 und 63 des Urteils vom 30. November 2011, Transnational Company „Kazchrome“ und ENRC Marketing/Rat und Kommission (T‑107/08, EU:T:2011:704), geltend macht, festzustellen, dass das Gericht in Rn. 63 dieses Urteils klargestellt hat, dass die Abnehmer die Transportkosten vom Verzollungshafen bis zu ihren Werken kannten und daher ausgehend von den mit ihnen am Verzollungshafen ausgehandelten CIF‑Preisen den Endpreis leicht berechnen konnten. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin hingegen nicht nachgewiesen, dass die Abnehmer, die bei verbundenen Unternehmen kauften, die zwischen den ausführenden Herstellern und ihren verbundenen Unternehmen bestehende Geschäftsbeziehung kannten.

88      Außerdem ist festzustellen, dass das Urteil vom 30. November 2011, Transnational Company „Kazchrome“ und ENRC Marketing/Rat und Kommission (T‑107/08, EU:T:2011:704), keine Situation wie die vorliegende betraf, in der die Kommission die VVG-Kosten und den Gewinn der von den ausführenden Herstellern über verbundene Unternehmen erzielten Verkaufspreise abgezogen hat.

89      Schließlich folgt aus dem Urteil vom 30. November 2011, Transnational Company „Kazchrome“ und ENRC Marketing/Rat und Kommission (T‑107/08, EU:T:2011:704), unter demselben Blickwinkel wie oben in Rn. 85 der vorliegenden Rechtssache nicht, dass das Gericht allgemein ausgeschlossen hat, dass bei der Berechnung der Preisunterbietung die CIF‑Preise bei der Anlandung in den Verzollungshäfen der ausführenden Hersteller berücksichtigt werden können.

90      Was zweitens die von der Kommission hilfsweise geprüfte zweite zusätzliche Berechnung der Preisunterbietung betrifft, geht aus dem 115. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung hervor, dass die Kommission die Verkäufe des Wirtschaftszweigs der Union über verbundene Parteien ausgenommen hat. Folglich bezieht sich diese Berechnung auf etwa 60 % der Verkäufe der in die Stichprobe der Union einbezogenen Parteien. Für die Klägerin ergab sich bei dieser Berechnung eine Preisunterbietung von 6,3 %.

91      Da die Kommission im Rahmen der ersten zusätzlichen Preisunterbietungsberechnung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass eine Preisunterbietung vorlag, und da die hilfsweise vorgenommene zweite zusätzliche Preisunterbietungsberechnung das Vorliegen der im Rahmen der ersten zusätzlichen Preisunterbietungsberechnung von der Kommission festgestellten Preisunterbietung nicht in Frage stellen kann, kann auch die zweite zusätzliche Preisunterbietungsberechnung nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, um die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verordnung in Frage zu stellen.

92      Jedenfalls kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Vergleich der Preise der Unionshersteller und der ausführenden Hersteller nicht auf derselben Handelsstufe erfolgt sei. Wie sich nämlich aus dem 115. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung ergibt, hat die Kommission die Verkäufe des Wirtschaftszweigs der Union an unabhängige Abnehmer in keiner Weise mit den Verkäufen der Klägerin an verbundene Parteien verglichen, da sie die auf der CIF‑Stufe ordnungsgemäß berichtigten Verkäufe der ausführenden Hersteller an unabhängige Abnehmer berücksichtigt hat, was die Klägerin im Übrigen nicht bestreitet.

93      Schließlich hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die Preisbestandteile des berichtigten Preises der ausführenden Hersteller nicht dieselben sind wie die des Preises der Unionshersteller. Wie die Kommission ausgeführt hat, wurden nämlich die VVG-Kosten und der Gewinn der verbundenen Vertriebsunternehmen auf keiner Seite des Vergleichs berücksichtigt.

94      Folglich weisen die auf die beiden zusätzlichen Preisunterbietungsberechnungen gestützten Feststellungen der Kommission zum Vorliegen einer Preisunterbietung weder einen Rechtsfehler noch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler auf.

95      Außerdem hat die Untersuchung der Kommission, abgesehen vom Nachweis einer Preisunterbietung, auch ergeben, dass die Auswirkungen der gedumpten Einfuhren im Untersuchungszeitraum jedenfalls zu einer Verhinderung von Preiserhöhungen auf dem Unionsmarkt (Erwägungsgründe 117, 125 und 131 der angefochtenen Durchführungsverordnung) und einem Preisrückgang (Erwägungsgründe 136, 161 und 181 der angefochtenen Durchführungsverordnung) führten. Obwohl diese Indikatoren bei der Analyse der Schädigung und damit des ursächlichen Zusammenhangs durch die Kommission nur hilfsweise herangezogen wurden, ergänzen sie ihre Prüfung der Auswirkungen auf die Preise; zudem bestätigen sie die Feststellung der Kommission, dass der Wirtschaftszweig der Union eine bedeutende Schädigung im Sinne von Art. 3 Abs. 5 der Grundverordnung erlitten habe.

96      Im vorliegenden Fall hat die Klägerin in der Klageschrift nicht angegeben, aus welchen Gründen die Feststellung in Bezug auf den Preisrückgang bzw. die Verhinderung von Preiserhöhungen einen offensichtlichen Beurteilungsfehler enthielte oder dass der Fehler, der hinsichtlich der Preisunterbietungsspanne begangen worden sein soll, Auswirkungen auf diese beiden Gesichtspunkte gehabt hätte. Die Ausdrücke „Preisrückgang“ und „Verhinderung von Preiserhöhungen“ werden im Übrigen in der Klageschrift gar nicht erwähnt. Erst in der Erwiderung hat die Klägerin eine Rüge im Hinblick auf die Feststellungen der Kommission in Bezug auf den Preisrückgang bzw. die Verhinderung von Preiserhöhungen erhoben (siehe oben, Rn. 69).

97      Es ist jedoch festzustellen, dass sich diese neue Rüge auf keinen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt stützt, der erst während des Verfahrens vor dem Gericht zutage getreten wäre, da sich diese Gesichtspunkte klar aus der angefochtenen Durchführungsverordnung ergeben, so dass diese Rüge in der Klageschrift hätte vorgebracht werden können und müssen.

98      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung gemäß Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts das Vorbringen neuer Klage- und Verteidigungsgründe im Laufe des Verfahrens unzulässig ist, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Jedoch muss ein Vorbringen, das eine Erweiterung eines bereits unmittelbar oder mittelbar in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt und das in engem Zusammenhang mit diesem steht, für zulässig erklärt werden. Um als Erweiterung eines bereits zuvor vorgetragenen Angriffsmittels oder einer bereits zuvor vorgebrachten Rüge betrachtet werden zu können, muss ein neues Vorbringen mit den ursprünglich in der Klageschrift dargelegten Angriffsmitteln oder Rügen einen so engen Zusammenhang aufweisen, dass es als Bestandteil der üblichen sich in einem streitigen Verfahren entwickelnden Erörterung angesehen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. November 2011, Groupe Gascogne/Kommission, T‑72/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:671, Rn. 23 und 27, vom 22. April 2016, Italien und Eurallumina/Kommission, T‑60/06 RENV II und T‑62/06 RENV II, EU:T:2016:233, Rn. 45 und 46, sowie vom 20. November 2017, Petrov u. a./Parlament, T‑452/15, EU:T:2017:822, Rn. 46).

99      Folglich ist diese neue Rüge für unzulässig zu erklären.

100    Jedenfalls ist das Vorbringen der Klägerin, selbst wenn es darauf abzielen sollte, die Prüfung der Kommission in Bezug auf den Preisrückgang bzw. die Verhinderung von Preiserhöhungen in Frage zu stellen, als unbegründet zurückzuweisen, da es eng mit dem Befund eines Fehlers bei der Feststellung der Preisunterbietung zusammenhängt.

101    Da das Gericht jedoch festgestellt hat, dass die Feststellung der Preisunterbietung nicht fehlerhaft war, ist das Vorbringen der Klägerin zu diesem Punkt zurückzuweisen.

102    Selbst wenn die Kommission bei der vorläufigen Berechnung der Preisunterbietungsspanne einen Fehler begangen haben sollte, ist daher festzustellen, dass die von der Kommission bei ihrer Prüfung der Auswirkungen auf die Preise berücksichtigten ergänzenden Gesichtspunkte eine Neutralisierung dieses Fehlers bewirkt haben.

103    Bezüglich der Berechnung der Zielpreisunterbietungsspanne geht aus dem 189. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung hervor, dass diese Spanne unter Heranziehung der Herstellungskosten der Unionshersteller festgesetzt wurde. Den Herstellungskosten wurden keine weiteren Kosten zur Deckung der Kosten verbundener Vertriebsgesellschaften, gegebenenfalls des Wirtschaftszweigs der Union, hinzugefügt. Folglich besteht der oben in den Rn. 74 bis 76 festgestellte Fehler in diesem Fall nicht, und das Vorbringen der Klägerin, mit dem diese Berechnung in Frage gestellt werden soll, ist zurückzuweisen.

104    Schließlich ist zum von der Klägerin geltend gemachten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung darauf hinzuweisen, dass die Kommission im vorliegenden Fall zur Berechnung des Ausfuhrpreises der ausführenden Hersteller im Rahmen der Preisunterbietungsberechnung die VVG-Kosten und den Gewinn von den durch die verbundenen Unternehmen erzielten Verkaufspreisen abgezogen hat, um einen objektiven und gerechten Vergleich zwischen den Preisen der Unionshersteller und denen der ausführenden Hersteller zu gewährleisten, indem sie diese im Rahmen der ersten zusätzlichen Preisunterbietungsberechnung pflichtgemäß auf dieselbe Handelsstufe zurückgeführt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. April 2019, Jindal Saw und Jindal Saw Italia/Kommission, T‑301/16, EU:T:2019:234, Rn. 176).

105    Da die Kommission das Erfordernis eines objektiven und gerechten Vergleichs auf derselben Handelsstufe beachtet hat, lässt sich kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung feststellen.

106    Nach alledem ist dieser Teil des Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil: Verstoß gegen Art. 9 Abs. 4 der Grundverordnung aufgrund der Überschreitung der zur Beseitigung der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union angemessenen Höhe des Antidumpingzolls

107    Die Klägerin macht geltend, dass der Antidumpingzoll, der auf der angemessenen Spanne zur Beseitigung der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union beruhe, angesichts der Rechtswidrigkeit der Berechnung der Zielpreisunterbietungsspanne unter Verstoß gegen Art. 9 Abs. 4 der Grundverordnung höher als zur Beseitigung dieser Schädigung erforderlich festgesetzt worden sei.

108    Die Kommission, unterstützt von den Streithelferinnen, tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

109    Insoweit genügt der Hinweis, dass aufgrund der Zurückweisung der ersten beiden Teile des einzigen Rechtsmittelgrundes als unbegründet auch der dritte Teil dieses Klagegrundes zurückzuweisen ist, da er auf einer falschen Prämisse beruht.

110    Nach alledem ist der einzige Klagegrund zurückzuweisen und die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass über die Zulässigkeit des ergänzenden Schriftsatzes, der gebührend berücksichtigt worden ist, entschieden zu werden braucht.

 Kosten

111    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen der Kommission und der Streithelferinnen die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Methanol Holdings (Trinidad) Ltd trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission, der Achema AB, der Grupa Azoty S.A. und der Grupa Azoty Zakłady Azotowe Puławy S.A.

Van der Woude

Svenningsen

Barents

Pynnä

 

      Laitenberger

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. September 2022.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.