Language of document : ECLI:EU:T:2021:157

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

24. März 2021(*)

„Unionsmarke – Verfallsverfahren – Unionsbildmarke Power Stars – Erklärung des teilweisen Verfalls – Teilweises Fehlen einer ernsthaften Benutzung – Nachweis der ernsthaften Benutzung – Art. 51 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 der Verordnung [EU] 2017/1001) – Begründungspflicht – Art. 75 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 94 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung 2017/1001) – Anspruch auf rechtliches Gehör – Art. 75 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 94 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung 2017/1001)“

In der Rechtssache T‑588/19,

Novomatic AG mit Sitz in Gumpoldskirchen (Österreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Ringer,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Walicka und S. Hanne als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

adp Gauselmann GmbH mit Sitz in Espelkamp (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin K. Mandel,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 13. Juni 2019 (Sache R 2038/2018‑2) in einem Verfallsverfahren zwischen adp Gauselmann und Novomatic

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. M. Collins, des Richters V. Kreuschitz und der Richterin G. Steinfatt (Berichterstatterin),

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 27. August 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 8. November 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 28. Oktober 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2020

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 20. Juli 2009 meldete die Klägerin, die Novomatic AG, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) (jetzt Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum [EUIPO]) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um die folgende Bildmarke:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 28 und 41 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 9: „Hardware und Software insbesondere für Casino- und Glücksspielhallenspiele, für Glücksspielautomaten, Slotmaschinen, Video Lottery Spielautomaten oder Glücksspiele über das Internet“,

–        Klasse 28: „Casinoausrüstungen, nämlich Roulettetische, Rouletteräder; Casinospiele, Glücksspielautomaten und Glücksspielmaschinen, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Casinos und Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung oder Glücksspiele über das Internet; Slotmaschinen und/oder elektronische Geldspielapparate mit oder ohne Gewinnmöglichkeit; elektronische oder elektrotechnische Glücksspielgeräte, Glücksspielautomaten, Glücksspielmaschinen, Slotmaschinen, welche durch Einwurf von Münzen, Jetons, Banknoten, Tickets oder mittels elektronischen, magnetischen oder biometrischen Speichermedien betätigt werden, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Casinos und Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung; Gehäuse für Slotmaschinen, Glücksspielgeräte, Glücksspielautomaten und Glücksspielmaschinen; elektrische, elektronische oder elektromechanische Geräte zur Durchführung von Bingospielen, Lotteriespielen oder Video Lottery Spielen und für Wettbüros, vernetzt oder unvernetzt; elektropneumatische und elektrische Ziehmaschinen (Spielautomaten)“,

–        Klasse 41: „Betrieb von Casinos oder Spielcasinos bzw. der Betrieb von Wettbüros, von Bingobüros und/oder Lotteriebüros; Betrieb von Spielstätten und Spielhallen und/oder Online Internet Casinos und Wettplattformen“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 36/2009 vom 21. September 2009 veröffentlicht.

5        Die angegriffene Marke wurde am 21. Januar 2010 unter der Nr. 8435695 für die oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen eingetragen, und diese Eintragung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 14/2010 vom 25. Januar 2010 veröffentlicht.

6        Am 7. Oktober 2016 stellte die Streithelferin, die adp Gauselmann GmbH, gemäß Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001) einen Antrag auf Erklärung des teilweisen Verfalls der angegriffenen Marke für sämtliche oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen der Klassen 28 und 41 sowie für „Hardware insbesondere für Casino- und Glücksspielhallenspiele, für Glücksspielautomaten, Slotmaschinen, Video Lottery Spielautomaten über das Internet“ der Klasse 9.

7        Am 13. März 2017 legte die Klägerin Beweismittel für die Benutzung der angegriffenen Marke vor, darunter zwei eidesstattliche Versicherungen von zwei Angestellten einer ihrer Tochtergesellschaften, A und B.

8        Am 22. August 2018 erklärte die Löschungsabteilung die angegriffene Marke für die vom Antrag auf Erklärung des Verfalls erfassten Waren und Dienstleistungen für verfallen.

9        Am 22. Oktober 2018 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Löschungsabteilung beim EUIPO eine Beschwerde nach den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 ein.

10      Mit Entscheidung vom 13. Juni 2019 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite Beschwerdekammer des EUIPO die vor ihr eingelegte Beschwerde zurück.

11      Zunächst stellte die Beschwerdekammer in den Rn. 20 bis 22 der angefochtenen Entscheidung fest, dass die Benutzungsdauer und der Benutzungsort der angegriffenen Marke rechtlich hinreichend belegt worden seien. Sodann führte sie in den Rn. 23 bis 31 der angefochtenen Entscheidung aus, dass die vorgelegten Beweismittel es nicht ermöglichten, die Art der Benutzung der angegriffenen Marke für die vom Antrag auf Erklärung des Verfalls erfassten Waren und Dienstleistungen zu belegen. Schließlich ergänzte sie in den Rn. 32 bis 35 der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen, dass auch der Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke für die vom Antrag auf Erklärung des Verfalls erfassten Waren und Dienstleistungen nicht hinreichend nachgewiesen worden sei.

12      Zur Art der Benutzung stellte die Beschwerdekammer fest, dass die vorgelegten Beweismittel zeigten, dass die angegriffene Marke eines von mehreren Spielen bezeichne, die auf Multi-Game-Geräten aufgerufen werden könnten, da sie auf deren Bildschirmen wiedergegeben werde. Die angegriffene Marke sei daher nur für Spielsoftware benutzt worden. Die Beschwerdekammer kam zu dem Schluss, dass die durch die Beweismittel belegte Art der Benutzung für die Zwecke des Verfallverfahrens vor ihr irrelevant sei, da „Software insbesondere für Casino- und Glücksspielhallenspiele, für Glücksspielautomaten, Slotmaschinen, Video Lottery Spielautomaten oder Glücksspiele über das Internet“ nicht vom Antrag auf Erklärung des Verfalls erfasst gewesen sei.

13      Zum Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke für die von dem Antrag auf Erklärung des Verfalls erfassten Waren und Dienstleistungen stellte die Beschwerdekammer ebenfalls fest, dass dieser nicht hinreichend nachgewiesen sei, da zum einen die in einer der eidesstattlichen Versicherungen gelieferten Umsatzzahlen für die Jahre 2010 bis 2016 durch keine weiteren Beweismittel substantiiert worden seien und da es zum anderen unter den vielen von der Klägerin im Rahmen des Verfahrens vor dem EUIPO in Anlage LSG 9 vorgelegten Rechnungen nur eine einzige gebe, die die angegriffene Marke erwähne. Diese Rechnung über den Verkauf von zwei Stück des Power Stars Super Gaminator III im Jahr 2012 sei mangels weiterer Beweismittel, wie z. B. Bestellungen oder Lieferscheine, für den Nachweis des Umfangs der Benutzung dieser Marke unzureichend. Die Anlage LSG 10, die eine Verkaufsliste enthielt und auf die sich die Klägerin vor der Beschwerdekammer berufen hatte, war nach Ansicht der Beschwerdekammer ebenfalls nicht ausreichend, da die angegriffene Marke darin angeblich nicht erwähnt wurde.

 Anträge der Parteien

14      Die Klägerin beschränkt die Klage auf bestimmte vom Antrag auf Erklärung des Verfalls vor dem EUIPO erfasste Waren und beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit die Beschwerde hinsichtlich der folgenden Waren (im Folgenden: streitige Waren) zurückgewiesen wurde:

–        „Hardware insbesondere für Casino- und Glücksspielhallenspiele, für Glücksspielautomaten, Slotmaschinen, Video Lottery Spielautomaten über das Internet“ der Klasse 9,

–        „Casinospiele, Glücksspielautomaten und Glücksspielmaschinen, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Casinos und Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung oder Glücksspiele über das Internet; Slotmaschinen und/oder elektronische Geldspielapparate mit oder ohne Gewinnmöglichkeit; elektronische oder elektrotechnische Glücksspielgeräte, Glücksspielautomaten, Glücksspielmaschinen, Slotmaschinen, welche durch Einwurf von Münzen, Jetons, Banknoten, Tickets oder mittels elektronischen, magnetischen oder biometrischen Speichermedien betätigt werden, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Casinos und Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung; Gehäuse für Slotmaschinen, Glücksspielgeräte, Glücksspielautomaten und Glücksspielmaschinen; elektrische, elektronische oder elektromechanische Geräte zur Durchführung von Bingospielen, Lotteriespielen oder Video Lottery Spielen und für Wettbüros, vernetzt oder unvernetzt; elektropneumatische und elektrische Ziehmaschinen (Spielautomaten)“ der Klasse 28;

–        die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass der Löschungsantrag insoweit zurückgewiesen wird und der Streithelferin die Kosten der Verfahren vor der Beschwerdekammer und vor der Löschungsabteilung auferlegt werden, und hilfsweise, die Sache insoweit an das EUIPO zurückzuverweisen;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

15      Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen,

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

16      Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Gründe, mit denen sie erstens eine Verletzung von Art. 58 Abs. 1 Buchst. a sowie Abs. 2 der Verordnung 2017/1001, zweitens eine Verletzung der in Art. 94 Abs. 1 Satz 1 dieser Verordnung vorgesehenen Begründungspflicht sowie drittens eine Verletzung des in Art. 94 Abs. 1 Satz 2 dieser Verordnung vorgesehenen Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt.

 Vorbemerkungen

 Zum Streitgegenstand

17      Hinsichtlich des Klageumfangs ist zunächst in Übereinstimmung mit dem EUIPO und der Streithelferin darauf hinzuweisen, dass die Klägerin die angefochtene Entscheidung nicht in Frage stellt, soweit mit ihr die Beschwerde im Hinblick auf die oben in Rn. 3 genannten Dienstleistungen der Klasse 41 sowie „Casinoausrüstungen, nämlich Roulettetische, Rouletteräder“, der Klasse 28 zurückgewiesen wird.

 Zur pauschalen Bezugnahme auf die im Verfahren vor dem EUIPO vorgebrachten Argumente

18      Das EUIPO macht eine Einrede der Unzulässigkeit hinsichtlich der pauschalen Bezugnahme in Rn. 60 der Klageschrift auf alle von der Klägerin vor der Löschungsabteilung und der Beschwerdekammer eingebrachten Schriftsätze geltend.

19      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin das Gericht nicht wirksam mit einer pauschalen Bezugnahme auf ihr gesamtes Vorbringen im Rahmen des Verfahrens vor dem EUIPO verweisen kann. Es ist nämlich nicht Sache des Gerichts, anstelle der Parteien zu versuchen, die einschlägigen Elemente in den Schriftstücken aufzusuchen, auf die sie sich beziehen. Daher ist der pauschale Verweis auf die beim EUIPO eingereichten Schriftstücke in der Klageschrift unzulässig, soweit keine Verknüpfung mit den in ihr enthaltenen Klagegründen und Argumenten möglich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Dezember 2016, Keil/EUIPO – NaturaFit Diätetische Lebensmittelproduktion [BasenCitrate], T‑330/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:744, Rn. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zum in zeitlicher Hinsicht anwendbaren materiellen Recht

20      Angesichts des Zeitpunkts der Stellung des fraglichen Verfallsantrags, hier der 7. Oktober 2016, der für die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts maßgeblich ist, gelten für den vorliegenden Rechtsstreit die materiell-rechtlichen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 in der durch die Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren (ABl. 2015, L 341, S. 21) geänderten Fassung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 2019, Viridis Pharmaceutical/EUIPO, C‑668/17 P, EU:C:2019:557, Rn. 3). Insoweit ist festzustellen, dass aus Art. 55 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 hervorgeht, dass eine etwaige Erklärung des Verfalls auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkt. Da im Übrigen nach ständiger Rechtsprechung bei Verfahrensvorschriften im Allgemeinen davon auszugehen ist, dass sie ab dem Datum ihres Inkrafttretens Anwendung finden (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien, C‑610/10, EU:C:2012:781, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung), unterliegt der Rechtsstreit hinsichtlich der Verfahrensvorschriften der Verordnung 2017/1001. Zum Nachweis der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke ist jedoch unter Anwendung von u. a. Art. 82 Abs. 2 Buchst. d, f und i der Delegierten Verordnung (EU) 2018/625 der Kommission vom 5. März 2018 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2017/1001 und zur Aufhebung der Delegierten Verordnung (EU) 2017/1430 (ABl. 2018, L 104, S. 1) festzustellen, dass der Rechtsstreit den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1995, L 303, S. 1) unterliegt.

21      Folglich sind im vorliegenden Fall, was die materiell-rechtlichen Vorschriften betrifft, die Bezugnahmen der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung sowie der Klägerin und des EUIPO in ihren Schriftsätzen auf die Bestimmungen der Verordnung 2017/1001 als Bezugnahmen auf die inhaltlich identischen Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 zu verstehen.

 Zum ersten Klagegrund: Verletzung von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a sowie Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 der Verordnung 2017/1001)

22      Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht festgestellt, dass die vorgelegten Beweismittel nicht geeignet seien, eine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke zum einen hinsichtlich der „Casinospiele“ der Klasse 28 (erste Rüge) sowie zum anderen hinsichtlich der anderen von der angegriffenen Marke erfassten Waren der Klassen 9 und 28, die von der Klägerin insgesamt als „Spielautomaten“ bezeichnet werden (zweite Rüge), zu belegen.

23      Nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 in geänderter Fassung wird die Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt, wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Europäischen Union für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen war, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

24      Im vorliegenden Fall haben sowohl die Löschungsabteilung als auch die Beschwerdekammer den Zeitraum vom 7. Oktober 2011 bis 6. Oktober 2016 als den Zeitraum von fünf Jahren angesehen, für den die Klägerin eine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke nachzuweisen hatte. Dies wird von den Parteien nicht bestritten.

25      Nach Art. 51 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001) wird eine Unionsmarke, wenn ein Verfallsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vorliegt, für die sie eingetragen ist, nur für diese Waren oder Dienstleistungen für verfallen erklärt.

26      Nach Regel 22 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 2868/95 (jetzt Art. 10 Abs. 3 der Delegierten Verordnung 2018/625), die gemäß deren Regel 40 Abs. 5 (jetzt Art. 19 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2018/625) für Verfallsverfahren gilt, muss sich der Nachweis der Benutzung auf den Ort, die Zeit, den Umfang und die Art der Benutzung der älteren Marke für die Waren und Dienstleistungen beziehen, für die sie eingetragen wurde und auf die der Widerspruch gestützt wird. Diese Voraussetzungen für den Nachweis der Benutzung der älteren Marke sind kumulativ (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Oktober 2010, Strategi Group/HABM – RBI [STRATEGI], T‑92/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2010:424, Rn. 43, und vom 12. März 2020, Maternus/EUIPO – adp Gauselmann [Jokers WILD Casino], T‑321/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:101, Rn. 51).

 Zur ersten Rüge des ersten Klagegrundes: ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für „Casinospiele“ der Klasse 28

27      Die Klägerin trägt vor, dass die vorgelegten Beweismittel geeignet gewesen seien, eine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für „Casinospiele“ der Klasse 28 zu belegen.

28      Zur Art der Benutzung führt die Klägerin aus, wenn dem Verkehr die angegriffene Marke auf den Spielautomaten, wie etwa in Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung dargestellt und auf den Fotos in den Anlagen LSG 1, 4, 5, 22, 23, 24, 26 und 27 wiedergegeben, begegne, werde dieser sie ohne Weiteres als „Spiel“ bezeichnen und wahrnehmen, wobei es sich vorliegend eben um ein „Casinospiel“ handele. Für diese Feststellung sprächen auch die Anlagen LSG 5, 17, 18, 19, 20, 21, 23 und 24, die die angegriffene Marke als „Spiel“ bzw. auf Englisch als „game“ bezeichneten. In diesem Zusammenhang verweist die Klägerin auf Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung, in der die Beschwerdekammer festgestellt habe, dass sich aus den vorgelegten Beweismitteln ergebe, dass die angegriffene Marke „eines von mehreren Spielen darstellt, die auf den ‚Multi-Game-Geräten‘ aufgerufen werden können“.

29      Nach Ansicht der Klägerin fallen aber, wie aus dem in der Eintragung der angegriffenen Marke verwendeten Wortlaut hervorgehe, auch virtuelle Spiele unter den Begriff „Casinospiele“ in Klasse 28, nämlich „Casinospiele, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Casinos und Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung oder Glücksspiele über das Internet“. Die Klägerin verweist außerdem auf die Anlagen LSG 11 bis 14, aus denen hervorgehe, dass die angegriffene Marke auch für „Online-Spiele“ benutzt werde.

30      Zum Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe es zu Unrecht unterlassen, eine Gesamtwürdigung der vorgelegten Beweismittel, nämlich der eidesstattlichen Versicherungen, der Rechnungen in Anlage LSG 9 sowie der Verkaufsliste in Anlage LSG 10, unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände vorzunehmen, und sie habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass diese Beweismittel unzureichend seien. Insbesondere hätten die Rechnungen im Licht der Ausführungen in den eidesstattlichen Versicherungen berücksichtigt und verstanden werden müssen, wonach, wenn die Rechnungen die angegriffene Marke nicht gesondert auswiesen, dies darauf zurückzuführen sei, dass diese ein virtuelles Spiel bezeichne, das auf Multi-Game-Geräten gespielt werde, wobei auf all diesen Gerätevarianten (Gaminator, Super Gaminator, Coolfire II, Novostar II, etc.) die angegriffene Marke auf dem Bildschirm gezeigt werde. Außerdem rügt die Klägerin, dass die eidesstattlichen Versicherungen von der Beschwerdekammer nicht berücksichtigt worden seien, und bringt vor, der Umstand, dass diese aus dem Umfeld des Unternehmens stammten, reiche nach der Rechtsprechung nicht aus, ihnen jeglichen Beweiswert abzusprechen.  Ferner sei die Feststellung in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung, dass die durch eine der eidesstattlichen Versicherungen gelieferten Zahlen für die Jahre 2010 bis 2016 durch keine weiteren Beweismittel substantiiert worden seien, falsch; hierzu verweist die Klägerin auf alle weiteren Nachweise in den Anlagen 1 bis 29, wie Werbeunterlagen, Fotografien, Drittberichte, Verkaufs- und Klickzahlen. Schließlich sei die Würdigung der Verkaufsliste in Anlage LSG 10 unzutreffend, da die Marke Power Stars auf S. 2 enthalten sei und auf die Auftragsnummer 22321391 verweise, die der in Anlage LSG 9 vorgelegten Rechnung entspreche.

31      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

32      Zunächst ist zu dem Umstand, dass die angegriffene Marke auf den Bildschirmen von Multi-Game-Geräten abgebildet ist, darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer festgestellt hat, dass diese Marke in Wirklichkeit eines von mehreren Spielen bezeichne, die auf diesen Geräten aufgerufen werden könnten, und daher für Spielesoftware benutzt werde, da auf diesen Bildschirmen normalerweise Spielesoftware wiedergegeben werde. „Software insbesondere für Casino- und Glücksspielhallenspiele, für Glücksspielautomaten, Slotmaschinen, Video Lottery Spielautomaten oder Glücksspiele über das Internet“ der Klasse 9 zählt jedoch nicht zu den vom Antrag auf Erklärung des Verfalls erfassten Waren.

33      Soweit auch im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes die Begründung beanstandet wird, ist, auch wenn sie eigentlich Gegenstand des zweiten Klagegrundes ist, darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer mit ihrer Feststellung, dass die vorgelegten Beweismittel die Benutzung der angegriffenen Marke nur für „Spielesoftware“ belegen könnten, die keine vom Antrag auf Erklärung des Verfalls erfasste Ware sei, befunden hat, dass es an Nachweisen der Art der Benutzung hinsichtlich aller der von diesem Antrag erfassten Waren und Dienstleistungen einschließlich von „Casinospielen“ der Klasse 28 fehle.

34      Zur Begründetheit ist erstens festzustellen, dass die Klägerin in ihrem Vorbringen zu den „Casinospielen“ die in Klasse 28 enthaltenen Waren unzutreffend angeführt hat. In Rn. 25 der Klageschrift verweist sie nämlich auf „Casinospiele, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Casinos und Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung oder Glücksspiele über das Internet“. In Rn. 30 der Klageschrift beruft sie sich zur Stützung ihres Vorbringens, dass „Casinospiele“ der Klasse 28 „insbesondere“ „Glücksspiele über das Internet“ umfassten, auf dieselbe Aufzählung.

35      Der maßgebliche Teil des Warenverzeichnisses der Klasse 28, für die die angegriffene Marke eingetragen worden war, lautet jedoch wie folgt: „Casinospiele, Glücksspielautomaten und Glücksspielmaschinen, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Casinos und Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung oder Glücksspiele über das Internet“.

36      Angesichts der Kommasetzung sowie der Verwendung des Adverbs „insbesondere“ in dieser Liste sind „Glücksspiele über das Internet“ als Unterkategorie zu verstehen, für die „Glücksspielautomaten und Glücksspielmaschinen“, nicht aber „Casinospiele“ verwendet werden können. Von der angegriffenen Marke sind in der Klasse 28 somit Spielautomaten erfasst, insbesondere jene, auf denen Glücksspiele über das Internet gespielt werden können, sowie, in einer separaten Kategorie, „Casinospiele“.

37      Daher ist das Vorbringen zurückzuweisen, dass virtuelle Spiele unter „Casinospiele“ der Klasse 28 fielen, da jene „Glücksspiele über das Internet“ umfassten.

38      Diese Schlussfolgerung wird durch die zum Zeitpunkt der Anmeldung am 20. Juli 2009 anwendbare Regel 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 bestätigt, wonach „[d]as Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen … so zu formulieren [ist], dass sich die Art der Waren und Dienstleistungen klar erkennen lässt und es die Klassifizierung der einzelnen Waren und Dienstleistungen in nur jeweils einer Klasse der Nizzaer Klassifikation gestattet“.

39      Obwohl „Casinospiele“ der Klasse 28 einer für die Vermarktung geeigneten „Ware“ entsprechen müssen, erläutert die Klägerin nicht, welches „Casinospiel“ sie kommerziell verwerte, das zwar nicht einer Spielesoftware der Klasse 9 entspreche, aber ein „virtuelles“ Spiel darstelle, das auf dem Bildschirm von Multi-Game-Geräten wiedergegeben werde, wobei sich dies auch nicht aus den vorgelegten Beweismitteln ergibt. Es ist festzustellen, dass sie diesbezüglich keine Klärung vornimmt und dass die vorgelegten Beweismittel die angegriffene Marke nur auf dem Bildschirm von Casinospielgeräten zeigen, was – wie die Beschwerdekammer festgestellt hat – belegt, dass die Marke zur Bezeichnung eines Spielesoftwareprogramms benutzt wird, das auf dem Bildschirm von Casinogeräten angezeigt wird. Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht entschieden, dass die Software und das „Spiel“, so wie es auf dem Bildschirm angezeigt werde, eins sind.

40      Folglich hat die Klägerin die Benutzung der angegriffenen Marke für eine andere „virtuelle“ Ware als eine Spielesoftware der Klasse 9 nicht nachgewiesen.

41      Die Richtigkeit der vorstehenden Analyse wird zudem durch die im Juni 2006 veröffentlichte und im Januar 2007 in Kraft getretene neunte Ausgabe der Nizzaer Klassifikation bestätigt, in deren Licht die Anmeldung der angegriffenen Marke vom 20. Juli 2009 zu verstehen ist. Klasse 9 enthält gemäß der begleitenden „Alphabetischen Liste der Waren nach Klassen“ „Spiele (Video--‑) als Zusatzgeräte für externen Bildschirm oder Monitor“ sowie „Spielprogramme für Computer“. In Klasse 28 sind hingegen „Spielautomaten (geldbetätigte --‑) [Maschinen]“ und „Spiele, ausgenommen als Zusatzgeräte für externen Bildschirm oder Monitor“, sowie „Geräte für“ diese zusammengefasst. Eintragungsfähig sind daher zum einen Spielesoftware und Geräte für Spiele, die auf einem Bildschirm gespielt werden, in der Klasse 9 und zum anderen geldbetätigte Spielautomaten und Spiele, die nicht auf einem Bildschirm gespielt werden, sowie die dazugehörigen Geräte in der Klasse 28. Abgesehen von diesen Gruppen und ihren Untergruppen gibt es keine Waren, die als „virtuelle Spiele“ beschrieben, vermarktet und markenrechtlich eingetragen werden könnten.

42      Zweitens geht das Vorbringen der Klägerin, mit dem sie sich auf die Anlagen LSG 11 bis 14 bezieht, aus denen ihrer Ansicht nach hervorgeht, dass die angegriffene Marke auch für „Online-Spiele“ benutzt werde, ins Leere, da diese als solche nicht zu den streitigen Waren der Klasse 28 gehören, die Automaten bezeichnen, auf denen Glücksspiele über das Internet gespielt werden können (siehe oben, Rn. 35 bis 37).

43      Drittens enthält die Anlage LSG 11 einen Auszug der Internetseite „www.novomatic.com“, in dem angegeben wird, wie oft die verschiedenen Internetseiten der Klägerin, z. B. mit den Überschriften „Power Stars – Video Slots Single Games – Products & Services AGI – Novomatic“ oder „Power Stars – Detail – Novomatic“, aufgerufen wurden und wie viel Zeit auf diesen verbracht wurde.  Bei den Anlagen LSG 12 bis 14 handelt es sich um nicht datierte Tabellen mit der Angabe, wie oft das Spiel Power Stars von 2011 bis 2016 online auf verschiedenen Internetseiten gespielt wurde. Es ist festzustellen, dass durch diese Nachweise nur bestätigt wird, dass die auf Internetseiten von Online‑Casinos zugänglichen Spiele tatsächlich der „Software insbesondere für … Glücksspiele über das Internet“ der Klasse 9 entsprechen, die, wie die Beschwerdekammer hinreichend dargelegt hat, nicht vom Antrag auf Erklärung des Verfalls erfasst sind.

44      Viertens geht aus den von der Klägerin angeführten Anlagen LSG 5 und 17 bis 24 ebenfalls hervor, dass die angegriffene Marke zur Bezeichnung eines von mehreren Spielen benutzt wurde, die, wie die Beschwerdekammer ebenfalls festgestellt hat, auf bestimmten Casinospielgeräten gespielt werden können.

45      Da das Vorbringen zum Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke für ein „virtuelles Spiel“ ins Leere geht, weil eine solche Ware nicht zu den streitigen Waren gehört, für die die Streithelferin die Erklärung des Verfalls der angegriffenen Marke beantragt hat, ist mithin das gesamte Vorbringen der Klägerin zu „Casinospielen“ der Klasse 28 zurückzuweisen.

 Zur zweiten Rüge des ersten Klagegrundes: ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für die Waren der Klassen 9 und 28 mit Ausnahme von „Casinospielen“

46      Mit ihrer zweiten Rüge macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer hätte zu dem Schluss gelangen müssen, dass die vorgelegten Beweismittel eine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für die streitigen Waren der Klassen 9 und 28 mit Ausnahme von „Casinospielen“ belegten. Diese Waren könnten mit dem allgemeinen Begriff „Spielautomaten“ bezeichnet werden, da sie sich allein in ihrer genauen Ausprägung wie dem Einwurf von Münzen, Banknoten etc. oder sogar nur rein terminologisch unterschieden.

47      Das Vorbringen der Klägerin zu Begründung dieser zweiten Rüge ist in zwei Teile gegliedert, wobei der erste die Art der Benutzung und der zweite den Umfang der Benutzung betrifft.

48      Vorab ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin, dass bestimmte Beweismittel die Herstellung einer Verbindung zwischen der geltend gemachten Benutzung und einer Dauer oder einem Ort ermöglichten, ins Leere geht, da die Beschwerdekammer in den Rn. 20 bis 22 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, dass die Dauer und der Ort der Benutzung der angegriffenen Marke hinreichend nachgewiesen worden seien.

–       Zum ersten Teil der zweiten Rüge des ersten Klagegrundes: fehlerhafte Beurteilung der Art der Benutzung in Bezug auf die Waren der Klassen 9 und 28 mit Ausnahme von „Casinospielen“

49      Die Klägerin macht erstens geltend, die maßgeblichen Verkehrskreise würden die angegriffene Marke nicht nur als Bezeichnung für Spielesoftware und Casinospiele wahrnehmen, sondern auch als Bezeichnung von Spielautomaten und Spielgeräten, da der Bildschirm, auf dem die angegriffene Marke erscheine, Teil des Geräts selbst sei. In dieser Hinsicht sei die Situation mit der von Bildschirmen von Laptops vergleichbar, auf denen den Verbrauchern nicht nur der Name der Software, sondern auch der Gerätename angezeigt werde. Zweitens verweist die Klägerin auf einen Drittbericht in Anlage LSG 25, in dem von „Power Stars“ als Slotmaschine und Spielautomat gesprochen werde. Drittens bezieht sich die Klägerin auf die auf S. 1 der Anlage LSG 9 enthaltene Rechnung, die belege, dass das gesamte Gerät unter der angegriffenen Marke verkauft worden sei. Viertens trägt die Klägerin vor, dass das Urteil vom 14. Juli 2005, Reckitt Benckiser (España)/HABM – Aladin (ALADIN) (T‑126/03, EU:T:2005:288, Rn. 45 und 46), auf den vorliegenden Sachverhalt angewandt werden könne, da sich die rechtserhaltende Benutzung der angegriffenen Marke auf sämtliche Waren erstrecke, die Gegenstand der vorliegenden Klage seien.

50      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

51      Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen (vgl. entsprechend Urteil vom 11. März 2003, Ansul, C‑40/01, EU:C:2003:145, Rn. 43).

52      Bei der konkreten Prüfung der Ernsthaftigkeit der Benutzung einer älteren Marke ist eine umfassende Beurteilung unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren des Einzelfalls vorzunehmen (Urteil vom 10. September 2008, Boston Scientific/HABM – Terumo [CAPIO], T‑325/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:338, Rn. 32). Die ernsthafte Benutzung einer Marke lässt sich nicht mit Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009, Schuhpark Fascies/HABM – Leder & Schuh [jello SCHUHPARK], T‑183/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:156, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu prüfen, die die tatsächliche geschäftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegen können; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu halten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung dieser Marke. Auch eine nur geringfügige Benutzung der Marke kann für die Annahme der Ernsthaftigkeit ausreichen, wenn dies unter den genannten Voraussetzungen tatsächlich geschäftlich gerechtfertigt erscheint (Urteil vom 16. November 2011, Buffalo Milke Automotive Polishing Products/HABM – Werner & Mertz [BUFFALO MILKE Automotive Polishing Products], T‑308/06, EU:T:2011:675, Rn. 69; vgl. auch entsprechend Beschluss vom 27. Januar 2004, La Mer Technology, C‑259/02, EU:C:2004:50, Rn. 27).

53      Was die Art der Benutzung betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung nicht erforderlich ist, dass die Marke auf den Waren angebracht ist, um deren ernsthafte Benutzung anzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2015, Cactus/HABM – Del Rio Rodríguez [CACTUS OF PEACE CACTUS DE LA PAZ], T‑24/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:494, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist ausreichend, dass die Benutzung der Marke eine Verbindung zwischen dieser Marke und dem Vertrieb der Waren herstellt. Diese Verbindung kann durch die Abbildung der Marke auf Rechnungen, in Artikeln und Werbung für die betreffenden Waren hergestellt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. März 2014, Anapurna/HABM – Annapurna [ANNAPURNA], T‑71/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:105, Rn. 60).

54      In Rn. 27 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass in der eidesstattlichen Versicherung von A angegeben sei, dass die angegriffene Marke, wie aus den Anlagen LSG 1, 4, 5, 26 und 27 hervorgehe, auf verschiedenen Multi-Game-Geräten verwendet und auf dem Bildschirm dieser Gräte angezeigt werde. Sie hat in Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung ebenfalls näher ausgeführt, dass auf Bildschirmen normalerweise Spielesoftware wiedergegeben werde, was durch die Versicherung von A sowie die Beschwerdebegründung der Klägerin bestätigt werde. Die Beschwerdekammer hat jedoch in Rn. 29 ihrer Entscheidung festgestellt, dass die angegriffene Marke nicht auf den „Spielgeräten“ oder „Spielautomaten“ als solchen abgebildet sei, und hierzu unter Bezugnahme auf die eidesstaatliche Versicherung von A darauf hingewiesen, dass diese Geräte (oder Automaten) für Casinospiele unter anderen Bezeichnungen als die der angegriffenen Marke vertrieben würden, wie Gaminator, Super Gaminator, Ultimate 10, Novostar, Multigame, Novostar II, Coolfire II oder Novo Vision Slant Top. In Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung hat sie weiter ausgeführt, dass die Klägerin in ihrem Schreiben vom 13. März 2017 in Bezug auf die Anlage LSG 1 selbst eingeräumt habe, dass die angegriffene Marke nicht auf dem Spielgerät selbst, sondern auf den „beiden Bildschirmen“ wiedergegeben werde. Die Beschwerdekammer hat daraus geschlossen, dass die angegriffene Marke eines von mehreren Spielen darstelle, die auf „Multi-Game-Geräten“ (multiple game) aufgerufen werden könnten, und sie daher für Spielesoftware benutzt worden sei. Da „Software insbesondere für Casino- und Glücksspielhallenspiele, für Glücksspielautomaten, Slotmaschinen, Video Lottery Spielautomaten oder Glücksspiele über das Internet“ der Klasse 9 nicht vom Antrag auf Erklärung des Verfalls betroffen sei, hat die Beschwerdekammer folglich im Wesentlichen festgestellt, dass die vorgelegten Beweismittel irrelevant seien.

55      Durch das Vorbringen der Klägerin wird diese Analyse nicht in Frage gestellt.

56      Erstens geht aus den Fotos der Spielgeräte, die in Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung abgebildet und den Anlagen LSG 1, 4, 5, 26 und 27 entnommen sind, hervor, dass die angegriffene Marke nicht auf dem Gerät selbst, sondern nur auf dessen Bildschirm wiedergegeben wird. Die Klägerin selbst hat diese Feststellung in ihren Schriftsätzen und in ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

57      Das Argument der Klägerin, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die angegriffene Marke auch als Bezeichnung von „Spielautomaten“ wahrnehmen würden, da der Bildschirm, auf dem die angegriffene Marke erscheine, Teil des Geräts selbst sei, beruht auf einem fehlerhaften Verständnis der angefochtenen Entscheidung. Indem die Beschwerdekammer betonte, dass die angegriffene Marke „auf dem Bildschirm“ wiedergegeben werde, wollte sie darauf hinweisen, dass diese Marke, sobald das Spielgerät eingeschaltet wird, als ein durch eine Software erzeugter digitaler Inhalt und nicht als eine Aufschrift auf dem Bildschirm-Teil des Geräts erscheint. Dieses Argument ist daher zurückzuweisen.

58      Zu dem von der Klägerin angestellten Vergleich mit Bildschirmen von Laptops, auf denen den Verbrauchern nicht nur der Name der Software, sondern auch der Gerätename angezeigt werde, ist darauf hinzuweisen, dass die angegriffene Marke zur Vermarktung eines der Spiele dient, die auf Multi-Game-Geräten aufgerufen werden können. Es ist festzustellen, dass die Verkehrskreise die angegriffene Marke mit diesem Spiel in Verbindung bringen werden, dessen Besonderheit darin besteht, dass Joker in Form von Sternen (Power Stars) auf Walzen angezeigt werden, und nicht mit einem Gerät, auf dem dieses Spiel installiert ist und das selbst keine solchen Besonderheiten aufweist. Dies könnte allenfalls dann anders sein, wenn dieses Spiel als einziges auf einem Spielautomaten installiertes Spiel vermarktet würde. In diesem Fall könnte der Verbraucher nämlich den Namen des Spiels verwenden, um sich auf den betreffenden Automaten zu beziehen. Im vorliegenden Fall ist das Spiel Power Stars aber nur eines von mehreren Spielen, die auf den Multi-Game-Geräten installiert sind. Folglich wird sich der Verbraucher nicht der angegriffenen Marke bedienen, um sich auf das Gerät selbst zu beziehen.

59      Zweitens wird in dem Bericht eines Dritten, auf den sich die Klägerin bezieht und der am 18. April 2013 auf der Internetseite „www.casinoautomaten.org“ veröffentlicht wurde, zwar behauptet, dass die Klägerin eine Slotmaschine unter der angegriffenen Marke auf den Markt gebracht habe. Da aber aus den gesamten anderen vorgelegten Beweisstücken hervorgeht, dass es sich bei dem unter der angegriffenen Marke vertriebenen Spiel um die Imitation einer Slotmaschine handelt, kann aus diesem Bericht nicht abgeleitet werden, dass diese Marke in Verbindung mit einem physischen Spielautomaten benutzt wird. Im Gegenteil lautet der Titel des fraglichen Berichts „Power Stars Automat online“. Der Bericht bezieht sich somit auf ein Spiel in Form einer Online-Slotmaschine, das folglich einer Software für Glücksspiele über das Internet entspricht. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Inhalt des Berichts darin besteht, dass die Funktionsweise des Spiels Power Stars beschrieben wird. Daher ist dieses Vorbringen zurückzuweisen.

60      Drittens bezieht sich die Klägerin auf die auf S. 1 der Anlage LSG 9 abgebildete Rechnung vom 1. Juni 2012, die belege, dass das gesamte Gerät unter der angegriffenen Marke verkauft worden sei. Eine Rechnung belege, dass im Vorfeld eine Bestellung aufgegeben worden sei. Die Beschwerdekammer war der Ansicht, dass diese Rechnung keinen ausreichenden Nachweis darstelle, da sie nicht mit weiteren Beweismitteln wie Bestellungen oder Lieferscheinen substantiiert worden sei. Das EUIPO weist in seiner Klagebeantwortung darauf hin, dass dieselbe Transaktion zweimal angeführt werde, und zwar einmal in Anlage LSG 10 und ein weiteres Mal in Anlage LSG 9. Dieselbe Tatsache könne nicht zweimal zugunsten der Klägerin verwertet werden, auch wenn sie in unterschiedlichen Dokumenten erwähnt werde. Anlage LSG 10 enthalte keine weiteren Beweismittel zur Benutzung der angegriffenen Marke für Spielautomaten, die über die in der Anlage LSG 9 enthaltenen hinausgingen.

61      Aus der Rechnung vom 1. Juni 2012 geht hervor, dass zwei Automaten mit einer Bezeichnung, die u. a. die Bezeichnung Power Stars enthielt, an einen namentlich benannten Käufer in Portugal verkauft wurden. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass sich dieser Verkauf auch in dem Verzeichnis der Lieferungen (Anlage LSG 10) wiederfindet, in dem er mit derselben Auftragsnummer (22321391) und dem 11. Mai 2012 als Lieferdatum aufgeführt ist.

62      Dieses Lieferverzeichnis bestätigt jedoch nicht die Benutzung der Marke für Spielautomaten, da die Bezeichnung Power Stars dort nur für die Zusammenstellung von Spielen verwendet wird, die auf den verkauften Geräten installiert sind (Spielemix), während die Geräte selbst, die als „Gehäuse“ bezeichnet werden, FV610 genannt werden. Aus diesem Lieferverzeichnis könnte im Gegenteil sogar geschlossen werden, dass sich die Bezeichnung Power Stars auf der Rechnung in Anlage LSG 9 nicht auf die beiden verkauften Spielgeräte bezieht, sondern auf die Software, die auf diesen Geräten installiert ist und mit ihnen verkauft wurde, da die Bezeichnung FV610, die gemäß dem Lieferverzeichnis die Art des Geräts bezeichnet, ebenfalls in der Rechnung aufgeführt ist, und zwar genau über den Wörtern „power stars“. Aus diesem Lieferverzeichnis geht außerdem hervor, dass das Gerät FV610 mit verschiedenen Zusammenstellungen von Spielen verkauft wurde.

63      Die Beschwerdekammer ist daher zu Recht zu dem Schluss gelangt, dass die Rechnung in Anlage LSG 9 allein mangels weiterer Beweismittel für die Art der Benutzung nicht ausreicht, die Art der Benutzung der angegriffenen Marke für die streitigen Waren der Klassen 9 und 28 mit Ausnahme von „Casinospielen“ zu belegen.

64      Viertens verweist die Klägerin auf die Rechtsprechung, nach der dann, wenn eine Marke für eine Gruppe von Waren oder Dienstleistungen eingetragen worden ist, die so weit ist, dass darin verschiedene Untergruppen ausgemacht werden können, die sich jeweils als selbständig ansehen lassen, der Schutz, der aus dem Nachweis fließt, dass die Marke für einen Teil dieser Waren oder Dienstleistungen ernsthaft benutzt worden ist, in einem Widerspruchsverfahren nur derjenigen Untergruppe oder denjenigen Untergruppen zuteilwird, zu der oder zu denen die Waren oder Dienstleistungen gehören, für die die Marke tatsächlich benutzt worden ist. Ist dagegen eine Marke für Waren oder Dienstleistungen eingetragen worden, die so genau definiert worden sind, dass es nicht möglich ist, innerhalb der betreffenden Gruppe eindeutige Unterteilungen vorzunehmen, deckt gemäß der Rechtsprechung der Nachweis der ernsthaften Benutzung der Marke für diese Waren oder Dienstleistungen für die Zwecke des Widerspruchsverfahrens zwangsläufig diese ganze Gruppe ab (Urteil vom 14. Juli 2005, ALADIN, T‑126/03, EU:T:2005:288, Rn. 45).

65      Im vorliegenden Fall macht die Klägerin geltend, dass sich dieser Nachweis, da sie die ernsthafte Benutzung der Marke für Spielautomaten nachgewiesen habe, auch auf alle Waren mit Ausnahme von „Casinospielen“ erstrecke. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht schlüssig, da es der Klägerin schon nicht gelungen ist, darzulegen, dass die angegriffene Marke für eine der Waren benutzt wurde, auf die sie sich mit dem Oberbegriff „Spielautomaten“ bezieht.

–       Zum zweiten Teil der zweiten Rüge des ersten Klagegrundes: fehlerhafte Beurteilung des Umfangs der Benutzung in Bezug auf die Waren der Klassen 9 und 28 mit Ausnahme von „Casinospielen“

66      Hinsichtlich des Umfangs der Benutzung der angegriffenen Marke für „Spielautomaten“ macht die Klägerin erstens geltend, dass die Rechnung vom 1. Juni 2012 unter den Rechnungen in Anlage LSG 9 als ausreichend hätte angesehen werden müssen, da der Verkauf an nur einen Kunden die Ernsthaftigkeit der Benutzung, insbesondere bei höherpreisigen Waren, nicht ausschließe. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auf den Beschluss vom 27. Januar 2004, La Mer Technology (C‑259/02, EU:C:2004:50, Rn. 24), sowie das Urteil vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM (C‑416/04 P, EU:C:2006:310, Rn. 76).

67      Zweitens wiederholt die Klägerin ihre Rüge, die Beschwerdekammer habe einen Rechtsfehler begangen, da sie keine Zusammenschau der vorgelegten Beweismittel vorgenommen und insbesondere keine Verknüpfung zwischen den Rechnungen, den Verkaufslisten und den eidesstattlichen Versicherungen hergestellt habe.  Wenn an ein Drittunternehmen eine Rechnung ausgestellt werde, sei offensichtlich, dass im Vorfeld eine Bestellung aufgegeben worden sei.

68      Drittens rügt die Klägerin, dass die Beschwerdekammer die eidesstattlichen Versicherungen angeblich zurückgewiesen habe, und zwar deshalb, weil diese aus dem Umfeld der Inhaberin der angegriffenen Marke stammten, obwohl dieser Umstand nach der Rechtsprechung nicht ausreiche, um ihnen jeglichen Beweiswert abzusprechen.

69      Viertens sei die Feststellung in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung, die durch eine der eidesstattlichen Versicherungen gelieferten Umsatzzahlen seien durch keine weiteren Beweismittel substantiiert worden, falsch. Die Klägerin verweist hierzu auf die gesamten übrigen in den Anlagen LSG 1 bis 29 vorgelegten Nachweise, wie Werbeunterlagen, Fotografien, Drittberichte, Verkaufs- und Klickzahlen.

70      Fünftens rügt die Klägerin eine fehlerhafte Würdigung der Verkaufsliste in Anlage LSG 10.

71      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

72      Bezüglich des Umfangs der Benutzung sind insbesondere das Handelsvolumen aller Benutzungshandlungen sowie die Länge des Zeitraums, in dem Benutzungshandlungen erfolgt sind, und die Häufigkeit dieser Handlungen zu berücksichtigen. Diese Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den berücksichtigten Faktoren. So kann ein geringes Volumen von unter der Marke vertriebenen Waren oder Dienstleistungen durch eine große Häufigkeit oder gewisse zeitliche Konstanz der Benutzungshandlungen dieser Marke ausgeglichen werden und umgekehrt. Je begrenzter jedoch das Handelsvolumen der Markenverwertung ist, desto mehr besteht die Notwendigkeit, dass der Markeninhaber ergänzende Angaben liefert, die etwaige Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Benutzung der betreffenden Marke ausräumen können (vgl. Urteil vom 15. September 2011, centrotherm Clean Solutions/HABM – Centrotherm Systemtechnik [CENTROTHERM], T‑427/09, EU:T:2011:480, Rn. 28 und 29 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es nicht möglich ist, von vornherein und abstrakt zu bestimmen, ab welcher mengenmäßigen Grenze eine Benutzung als ernsthaft anzusehen ist. Ein Mindestmaß der Benutzung, das das EUIPO oder auf eine entsprechende Klage hin das Gericht daran hindern würde, sämtliche Umstände des ihnen unterbreiteten Streitfalls zu würdigen, kann deshalb nicht festgesetzt werden (Urteil vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM, C‑416/04 P, EU:C:2006:310, Rn. 72).

74      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die angegriffene Marke in Anlage LSG 10, die Informationen über Aufträge und Kunden enthalte, nicht erwähnt werde. Sie hat außerdem die durch eine der eidesstattlichen Versicherungen gelieferten Umsatzzahlen für die Jahre 2010 bis 2016 berücksichtigt, jedoch festgestellt, dass diese durch keine weiteren Beweismittel substantiiert seien.

75      Was erstens die Rechnung vom 1. Juni 2012 in Anlage LSG 9 betrifft, die nach Ansicht der Klägerin als ausreichend hätte angesehen werden müssen, hat die Beschwerdekammer in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die angegriffene Marke nur in dieser einzigen Rechnung erwähnt werde und sie den Verkauf von zwei Spielautomaten Power Stars Super Gaminator III im Jahr 2012 belege. Diese Rechnung sei jedoch unzureichend, um den Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke nachzuweisen, da sie durch keine weiteren Beweismittel substantiiert sei.

76      Aus dieser Rechnung geht hervor, dass sie zwei Spielautomaten betraf, die für ein Casino in Portugal bestimmt waren. Die fragliche Rechnung belief sich auf einen Gesamtbetrag von 31 141 Euro für diese beiden Automaten. Auf der Rechnung findet sich neben der angegriffenen Marke auch die Bezeichnung FV610, wobei es sich gemäß der Verkaufsliste um das Gehäuse handelt. Die angegriffene Marke wird dort im Übrigen mit einer anderen Bezeichnung kombiniert, nämlich POWER STARS … SUPER GAMINATOR III. Es ist daher nicht einmal erwiesen, dass die angegriffene Marke zur Bezeichnung des Spielautomaten selbst benutzt wurde (siehe oben, Rn. 62).

77      Jedenfalls hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke aufgrund der Besonderheiten des Marktes durch einen einzigen Verkauf gegeben ist. Aus den Rechnungen, der Verkaufsliste und der eidesstattlichen Versicherung von A geht vielmehr hervor, dass es hinsichtlich Casinospielautomaten sehr wohl möglich ist, mehrere dieser Spielautomaten pro Jahr zu verkaufen. Aus dieser eidesstattlichen Versicherung geht sogar hervor, dass der Verkauf von 2 327 Geräten in der Union für den Zeitraum von 2011 bis 2016 geltend gemacht wird, was einem Umsatz von mehr als 28 271 452,89 Euro entspricht.

78      Es ist festzustellen, dass die angegriffene Marke auf den 93 Seiten von Rechnungen in Anlage LSG 9, die sich alle auf den Verkauf von Casinospielgeräten beziehen, nicht weiter erwähnt wird. Bei den Angaben, die in diesen Rechnungen am häufigsten genannt werden, handelt es sich um andere Zeichen, wie z. B. Super Gaminator, Ultimate, Novostar SL, die, wie die Beschwerdekammer ausgeführt hat, gemäß der eidesstattlichen Versicherung von A Varianten der Geräte selbst bezeichnen. Außerdem geht aus der Verkaufsliste in Anlage LSG 10 hervor, dass, wie das EUIPO zu Recht ausführt, mehr als 200 Transaktionen im Zusammenhang mit Spielautomaten standen, wovon nur eine die angegriffene Marke betraf. Zwar hat A unter Eid erklärt, dass diese Geräte in mehreren Mitgliedstaaten der Union vertrieben und 2 327 Geräte verkauft worden seien, wodurch Umsatzzahlen von mehr als 28 Mio. Euro erreicht worden seien. Er hat sich jedoch nicht zu der Frage geäußert, ob Verkäufe unter der angegriffenen Marke getätigt worden seien. Zu näheren Angaben zu ihrer Benutzung verweist er auf die Anlagen LSG 15 bis 24. In diesen Anlagen wird die angegriffene Marke aber nur zur Bezeichnung eines der Spiele benutzt, die auf Geräten mit unterschiedlichen Namen installiert sind. So wird z. B. in Anlage LSG 15 auf Power Stars wie folgt Bezug genommen: „Power StarsTM Reach for the stars and the wins! This CoolfireTMII fruit game on 10 lines and 5 reels will thrill you“ (Power StarsTM Greif nach den Sternen und Gewinnen! Das Früchtespiel CoolfireTMII auf 10 Zeilen und 5 Walzen wird Sie begeistern). In Anlage LSG 18, in der das Gerät als Novostar II bezeichnet wird (The Winner Re-Born, The GAMINATOR® becomes NOVOSTAR II … The Novostar® II’s modern design and sophisticated ergonomics are an ideal match for the new multi-game compendium THE ONE & ONLYTM) (Die Wiedergeburt des Gewinners, GAMINATOR® wird NOVOSTAR II … Das moderne Design und die ausgeklügelte Ergonomie vom Novostar® II passen perfekt zur neuen Spielesammlung THE ONE & ONLYTM.), ist Power Stars eines der Spiele, die in dieser Sammlung enthalten sind.

79      Angesichts der Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die angegriffene Marke geschützten Waren zu halten oder hinzuzugewinnen, sind die Art dieser Waren, die Merkmale des Marktes, der Umfang, nämlich der Verkauf von zwei Geräten in einer einzigen Stadt in Portugal, und die Häufigkeit – im vorliegenden Fall ein einziger Verkauf – der Benutzung dieser Marke im Sinne der oben in den Rn. 52, 72 und 73 angeführten Rechtsprechung wirtschaftlich nicht tatsächlich gerechtfertigt. Selbst wenn die Rechnung vom 1. Juni 2012 als Nachweis für den Verkauf von zwei Casinospielgeräten unter der angegriffenen Marke angesehen werden kann, ist dieser Verkauf allein somit nicht ausreichend, um den Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke für die von ihr erfassten Waren der Klassen 9 und 28 mit Ausnahme von „Casinospielen“ nachzuweisen.

80      Das erste Argument der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

81      Zweitens wirft die Klägerin der Beschwerdekammer im Wesentlichen vor, die Beweismittel isoliert geprüft zu haben, und zwar insbesondere die eidesstattlichen Versicherungen, die Rechnungen in Anlage LSG 9 und die Verkaufsliste in Anlage LSG 10. Die Rechnungen hätten in Verbindung mit der eidesstattlichen Versicherung verstanden werden müssen, die erkläre, dass der Umstand, dass die Rechnungen die angegriffene Marke nicht gesondert auswiesen, darauf zurückzuführen sei, dass die Marke ein virtuelles Spiel bezeichne, das auf Multi-Game-Geräten gespielt werde, wobei auf all diesen Gerätevarianten (Gaminator, Super Gaminator, Coolfire II, Novostar II etc.) die angegriffene Marke auf dem Bildschirm gezeigt werde.

82      Durch diese Erläuterung kann jedoch nicht nachgewiesen werden, dass die angegriffene Marke auf Spielgeräten als solchen benutzt wurde. In Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung hatte die Beschwerdekammer bereits festgestellt, dass nach der eidesstattlichen Versicherung von A für den Vertrieb der Spielgeräte selbst die Bezeichnungen Gaminator, Super Gaminator etc. und nicht die angegriffene Marke verwendet worden seien. Tatsächlich bestätigt das Vorbringen der Klägerin nur die Feststellung der Beschwerdekammer, dass es sich bei der unter dem Namen Power Stars vertriebenen Ware um Software für ein Casinospiel und nicht um Multi-Game-Geräte handelte, auf denen dieses Spiel installiert war.

83      Drittens beruht die Rüge, dass die eidesstattlichen Versicherungen von der Beschwerdekammer nicht berücksichtigt worden seien, auf einem fehlerhaften Verständnis der angefochtenen Entscheidung. Zwar hat die Beschwerdekammer unter Verweis auf das Urteil vom 7. Juni 2005, Lidl Stiftung/HABM – REWE‑Zentral (Salvita) (T‑303/03, EU:T:2005:200, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung), darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung zur Beurteilung des Beweiswerts von eidesstattlichen Versicherungen die Plausibilität der darin enthaltenen Information zu prüfen ist und insbesondere die Herkunft des Dokuments, die Umstände seiner Erstellung sowie sein Adressat zu berücksichtigen sind und zu hinterfragen ist, ob es seinem Inhalt nach sinnvoll und glaubhaft erscheint. Sie hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass eine eidesstattliche Versicherung eines Angestellten oder Mitarbeiters des betroffenen Unternehmens durch ergänzende Nachweise untermauert werden müsse, um diese zu bestätigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 2017, Repsol YPF/EUIPO – Basic [BASIC], T‑609/15, EU:T:2017:640, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dennoch hat die Beschwerdekammer die Versicherung von A in den Rn. 27 bis 30 und 34 der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt. Außerdem geht aus den vorstehenden Ausführungen hervor, dass die Beschwerdekammer diese richtig ausgelegt hat. Hinsichtlich der eidesstattlichen Versicherung von B, der ebenfalls Angestellter einer Tochtergesellschaft der Klägerin ist, benennt die Klägerin keine konkreten Passagen, die hätten berücksichtigt werden müssen.

84      Viertens macht die Klägerin geltend, die Feststellung in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung, dass die in einer der eidesstattlichen Versicherungen angegebenen Umsatzzahlen durch keine weiteren Beweismittel substantiiert worden seien, sei falsch. Sie verweist hierzu auf alle anderen Nachweise in den Anlagen LSG 1 bis 29 wie Werbeunterlagen, Fotografien, Drittberichte, Verkaufs- und Klickzahlen.

85      Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerin nicht genau angibt, welche konkreten Informationen und Beweismittel die fraglichen Umsatzzahlen bestätigen sollen. Sie begnügt sich mit einer pauschalen Bezugnahme auf sämtliche in den Anlagen LSG 1 bis 29 vorgelegten Beweismittel, die jedoch unzulässig ist (siehe oben, Rn. 19). Außerdem geht aus den Rn. 77 und 78 oben hervor, dass die Rechnungen und die Verkaufsliste entgegen dem Vorbringen der Klägerin die in einer der eidesstattlichen Versicherungen enthaltenen Umsatzzahlen nicht bestätigen.

86      Fünftens rügt die Klägerin die falsche Würdigung der Verkaufsliste in Anlage LSG 10, da die angegriffene Marke darin entgegen der Annahme der Beschwerdekammer in Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung sehr wohl erwähnt werde.

87      In Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer darauf hingewiesen, dass die Anlage LSG10, die Informationen über Aufträge, Kunden, Daten und von der Klägerin verkaufte Produkte enthalte, nicht ausreichend sei, um den Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke zu belegen, da diese darin an keiner Stelle erwähnt werde.

88      Es ist festzustellen, dass die angegriffene Marke, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, in Anlage LSG 10 auf der zweiten Seite durchaus erwähnt wird. Es handelt sich jedoch, wie die Klägerin selbst einräumt, ausweislich der übereinstimmenden Auftragsnummer um die Angabe desselben Verkaufs unter der angegriffenen Marke wie den in der Rechnung in Anlage LSG 9 erfassten.

89      Daher ist kein inhaltlicher Fehler der Ausführungen festzustellen, auch wenn die Angabe in Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung unzutreffend ist. Die Beschwerdekammer konnte nämlich die Anlage LSG 10 nicht als Nachweis zusätzlicher Tatsachen berücksichtigen, die den Umfang der Benutzung belegen, da diese Anlage allenfalls die bereits durch die Rechnungen in Anlage LSG 9 vorgelegten Informationen bestätigt, wonach im Jahr 2012 zwei Spielautomaten unter der angegriffenen Marke verkauft wurden. Der Beschwerdekammer kann insoweit auch nicht vorgeworfen werden, keine Gesamtwürdigung dieser Beweismittel vorgenommen zu haben, da sie dieselben Informationen enthielten.

90      Die Rechtssache, in der das Urteil vom 10. September 2008, CAPIO (T‑325/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:338, Rn. 39 ff.), ergangen ist, auf die sich die Klägerin beruft und in der eine durch Rechnungen bestätigte Verkaufsliste als geeignet angesehen wurde, eine ernsthafte Benutzung der fraglichen Marke nachzuweisen, ist nicht einschlägig. In dieser Rechtssache wurden nämlich in der Verkaufstabelle mehrere Verkäufe der betreffenden Waren in verschiedenen Mitgliedstaaten der Union angeführt, während im vorliegenden Fall die Rechnungen und die Verkaufsliste nur einen einzigen Verkauf von zwei Geräten belegen.

91      Daher können das gesamte Vorbringen der Klägerin zum Umfang der Benutzung für die streitigen Waren der Klassen 9 und 28 mit Ausnahme von „Casinospielen“ und mithin der zweite Teil der zweiten Rüge des ersten Klagegrundes keinen Erfolg haben. Folglich sind die zweite Rüge und der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verletzung von Art. 94 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung 2017/1001

92      Im Rahmen ihres zweiten Klagegrundes rügt die Klägerin die Begründung der angefochtenen Entscheidung unter zwei Gesichtspunkten. Erstens würden „Casinospiele“ in dieser Entscheidung nicht erwähnt. Zweitens habe die Beschwerdekammer in Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die angegriffene Marke in Anlage LSG 10 an keiner Stelle erwähnt werde, was unzutreffend sei.

93      Das EUIPO und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

94      Nach Art. 94 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung 2017/1001 sind die Entscheidungen des EUIPO mit Gründen zu versehen. Diese Pflicht zur Begründung der Entscheidungen des EUIPO hat den gleichen Umfang wie jene nach Art. 296 AEUV. Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 296 AEUV erforderliche Begründung die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts klar und eindeutig zum Ausdruck bringen. Diese Pflicht soll es zum einen den Betroffenen ermöglichen, die Gründe für die erlassene Maßnahme zu erfahren, und es zum anderen dem Unionsrichter ermöglichen, seine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidung auszuüben (vgl. Urteil vom 21. Oktober 2004, KWS Saat/HABM, C‑447/02 P, EU:C:2004:649, Rn. 63 bis 65 und die dort angeführte Rechtsprechung). In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil vom 7. Februar 2007, Kustom Musical Amplification/HABM [Form einer Gitarre], T‑317/05, EU:T:2007:39, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). Von den Beschwerdekammern kann nicht verlangt werden, bei ihren Ausführungen alle von den Verfahrensbeteiligten vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln. Die Begründung kann daher auch implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe für die Entscheidung der Beschwerdekammer zu erfahren, und dem zuständigen Gericht ausreichende Angaben an die Hand gibt, damit es seine Kontrolle ausüben kann (Urteil vom 25. März 2009, Anheuser‑Busch/HABM – Budějovický Budvar [BUDWEISER], T‑191/07, EU:T:2009:83, Rn. 128).

95      Erstens geht aus den Rn. 23 bis 31 der angefochtenen Entscheidung klar hervor, dass sich die einzigen Beweismittel für die Benutzung der angegriffenen Marke nur auf Software bezogen haben, die für das vorliegende Verfahren nicht relevant ist, da sie nicht vom Antrag auf Erklärung des Verfalls erfasst war. Folglich geht aus der Begründung der Beschwerdekammer klar hervor, dass die vorgelegten Beweismittel nicht relevant waren, um die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für die angegriffenen Waren und Dienstleistungen, darunter „Casinospiele“, zu belegen.

96      Diese Begründung ist klar und ermöglicht es der Klägerin als Betroffener, die Gründe für die Entscheidung der Beschwerdekammer zu erfahren, und gibt dem Gericht als zuständiger Instanz ausreichende Angaben an die Hand, damit es seine Kontrolle ausüben kann, wie es die oben in Rn. 94 angeführte Rechtsprechung verlangt. Folglich ist das erste Argument der Klägerin zurückzuweisen.

97      Zweitens ist hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin, dass ein Begründungsmangel deshalb gegeben sei, weil die Beschwerdekammer zu Unrecht ausgeführt habe, dass die angegriffene Marke in Anlage LSG 10 an keiner Stelle erwähnt werde, darauf hinzuweisen, dass der Vorwurf einer fehlenden oder unzureichenden Begründung einen Klagegrund darstellt, mit dem die Verletzung wesentlicher Formvorschriften geltend gemacht wird; als solcher ist er von dem im Rahmen der inhaltlichen Überprüfung einer Entscheidung zu untersuchenden Klagegrund zu unterscheiden, mit dem die Fehlerhaftigkeit der die Entscheidung tragenden Gründe gerügt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 67, und vom 23. September 2015, Mechadyne International/HABM [FlexValve], T‑588/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:676, Rn. 59).

98      Hinsichtlich dieser Anlage LSG 10 wurde indes in Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung sehr wohl eine Begründung vorgenommen. Die Frage, ob diese Begründung zutreffend ist oder nicht, ist eine Frage der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (siehe oben, Rn. 74 und 86 bis 89) und nicht ihrer Begründung.

99      Daher sind auch das zweite Argument der Klägerin und somit der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verletzung von Art. 94 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung 2017/1001

100    Die Klägerin stützt ihren dritten Klagegrund, mit dem sie eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend macht, im Wesentlichen auf zwei Rügen. Mit einer ersten Rüge macht sie geltend, die Beschwerdekammer habe ihr Vorbringen zur ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke für „Casinospiele“ nicht gewürdigt, da sie dieses nicht einmal geprüft oder behandelt habe. Die Klägerin verweist hierzu auf ihr Vorbringen im Rahmen des ersten Klagegrundes. Mit einer zweiten Rüge beanstandet sie, die Beschwerdekammer habe fälschlicherweise ausgeführt, dass die angegriffene Marke in Anlage LSG 10 nicht erwähnt werde. Die Tatsache, dass ihr Vorbringen in diesem Zusammenhang ignoriert worden sei, stelle eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar.

101    Das EUIPO und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

102    Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach Art. 94 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung 2017/1001 eine Beschwerdekammer des EUIPO ihre Entscheidung nur auf Gründe stützen darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

103    Diese Bestimmung gewährleistet im Rahmen des Unionsmarkenrechts den allgemeinen Grundsatz des Schutzes der Rechte der Verteidigung (Urteil vom 7. Februar 2007, Form einer Gitarre, T‑317/05, EU:T:2007:39, Rn. 26). Dieser Grundsatz schließt den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ein.

104    Nach diesem Grundsatz muss jede Person, die durch eine Entscheidung einer Behörde beschwert wird, Gelegenheit erhalten haben, ihren Standpunkt vor Erlass dieser Entscheidung gebührend darzulegen (Urteile vom 23. Oktober 1974, Transocean Marine Paint Association/Kommission, 17/74, EU:C:1974:106, Rn. 15, und vom 27. Februar 2002, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], T‑34/00, EU:T:2002:41, Rn. 21). Der Anspruch auf rechtliches Gehör erstreckt sich auf alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, die die Grundlage für die Entscheidungsfindung bilden, nicht aber auf den endgültigen Standpunkt, den die Behörde einzunehmen beabsichtigt (vgl. Urteil vom 1. Juni 2016, Grupo Bimbo/EUIPO [Form eines Riegels mit vier Kreisen], T‑240/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:327, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher ist die Beschwerdekammer nicht verpflichtet, einen Kläger zu einer Sachverhaltswürdigung zu hören, die zu ihrem endgültigen Standpunkt gehört (Urteil vom 20. November 2007, Tegometall International/HABM – Wuppermann [TEK], T‑458/05, EU:T:2007:349, Rn. 45).

105    Zur ersten Rüge der Klägerin ist festzuhalten, dass die Klägerin in Rn. 57 der Klageschrift selbst einräumt, dass sie Erklärungen und Unterlagen zur Frage der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke für „Casinospiele“ habe abgeben und „sich offensichtlich hierzu [habe] äußern“ können. Außerdem geht oben aus Rn. 95 hervor, dass die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung die ernsthafte Benutzung für alle in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen einschließlich von „Casinospielen“ sehr wohl geprüft hat. Daher ist diese erste Rüge zurückzuweisen.

106    Zur zweiten Rüge der Klägerin ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer, wie bereits oben in Rn. 88 ausgeführt wurde, in Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung fälschlicherweise festgestellt hat, dass die angegriffene Marke in Anlage LSG 10 nicht erwähnt werde. Auch wenn die Beschwerdekammer diesen Fehler nicht begangen hätte, hätte die Klägerin gleichwohl keine weiteren Beweise für sich ins Feld führen können, da sich die Erwähnung der angegriffenen Marke in dieser Anlage auf denselben Verkauf bezieht wie jenen, der in der Rechnung vom 1. Juni 2012 in Anlage LSG 9 genannt wird. Außerdem stellt allein die Tatsache, dass das Vorbringen der Klägerin im endgültigen Standpunkt der Beschwerdekammer nicht als überzeugend anerkannt wurde, keine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör dar.

107    Daher sind die zweite Rüge der Klägerin und somit der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

108    Da keiner der von der Klägerin zur Begründung ihrer Anträge geltend gemachten Klagegründe durchgreift, ist die Klage insgesamt abzuweisen, und zwar sowohl die Anträge auf Aufhebung und Abänderung der angefochtenen Entscheidung als auch die Hilfsanträge auf Zurückverweisung der Sache an das EUIPO.

 Kosten

109    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.


Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Novomatic AG trägt die Kosten des Verfahrens.

Collins

Kreuschitz

Steinfatt

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. März 2021.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      S. Papasavvas


*      Verfahrenssprache: Deutsch.