Language of document : ECLI:EU:C:2016:697

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI

vom 15. September 2016(1)

Verbundene Rechtssachen C‑508/15 und C‑509/15

Sidika Ucar

gegen

Land Berlin (C‑508/15)


und


Recep Kilic

gegen

Land Berlin (C‑509/15)

(Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Berlin [Deutschland])

„Vorlagen zur Vorabentscheidung – Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Türkei – Aufenthaltsrecht der Familienangehörigen eines türkischen Arbeitnehmers, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört – Voraussetzungen – Erfordernis, dass der Zusammenführende während der ersten drei Jahre des Aufenthalts des Familienangehörigen dem regulären Arbeitsmarkt angehört“





1.        Mit den beiden vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen stellt das Verwaltungsgericht Berlin (Deutschland) dem Gerichtshof Fragen zu den Bedingungen, unter denen den Familienangehörigen eines im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Europäischen Union ansässigen türkischen Arbeitnehmers das Recht zur Ausübung einer Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis zuzuerkennen ist. Diese Bedingungen sind in Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (im Folgenden: Beschluss Nr. 1/80) festgelegt, der von dem aufgrund des Abkommens über eine Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei eingesetzten Assoziationsrat erlassen wurde, das am 12. September 1963 in Ankara (Türkei) von der Republik Türkei einerseits und den Mitgliedstaaten der EWG und der Gemeinschaft andererseits unterzeichnet und im Namen der Gemeinschaft durch den Beschluss 64/732/EWG des Rates vom 23. Dezember 1963(2) (im Folgenden: Assoziierungsabkommen EWG–Türkei) geschlossen, gebilligt und bestätigt wurde.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Beschluss Nr. 1/80

2.        Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 lautet:

„Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, in diesem Mitgliedstaat

–        nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;

–        nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung – vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs – das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;

–        nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis.“

3.        Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 betrifft die Rechte der Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen. Er bestimmt, dass diese Familienangehörigen „vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs das Recht [haben], sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben [und] freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis [haben], wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben“.

4.        Art. 14 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 sieht vor, dass „[dieser] Abschnitt … vorbehaltlich der Beschränkungen [gilt], die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind“.

B –    Deutsches Recht

5.        Die für die vorliegenden Rechtssachen einschlägigen Vorschriften befinden sich im Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet(3) (im Folgenden: AufenthG).

6.        § 4 Abs. 5 AufenthG lautet: „Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.“

7.        § 53 AufenthG lautet:

„Ein Ausländer wird ausgewiesen, wenn er

1.      wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist oder wegen vorsätzlicher Straftaten innerhalb von fünf Jahren zu mehreren Freiheits- oder Jugendstrafen von zusammen mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,

2.      wegen einer vorsätzlichen Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz … rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren oder zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist …“

8.        § 55 AufenthG sieht vor, dass „[ein] Ausländer … ausgewiesen werden [kann], wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen [Deutschlands] beeinträchtigt“(4), insbesondere, wenn er „einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen … hat“(5).

II – Ausgangsrechtsstreitigkeiten, Vorabentscheidungsfragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

A –    Rechtssache C‑508/15

9.        Frau Sidika Ucar ist eine türkische Staatsangehörige, die 1977 Herrn Ucar heiratete. Aus ihrer Ehe gingen vier Kinder hervor, bevor sie sich 1991 scheiden ließen. Herr Ucar verließ im selben Jahr die Türkei, wo er mit seiner Familie gewohnt hatte, zog nach Deutschland und heiratete eine deutsche Staatsangehörige. 1996 erhielt Herr Ucar von den nationalen Behörden eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. 1999 wurde Herrn Ucars zweite Ehe geschieden. Im September 2000 heirateten Frau Ucar und Herr Ucar erneut. Im November 2001 reiste Frau Ucar zusammen mit dem jüngsten gemeinsamen Kind und einem vom Berliner Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten – Ausländerbehörde – (im Folgenden: Ausländerbehörde) zum Zweck der Familienzusammenführung mit Herrn Ucar erteilten Visum sowie einer bis zum 26. November 2002 gültigen ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis in das deutsche Hoheitsgebiet ein.

10.      Beruflich war Herr Ucar von Mai 2000 bis Ende 2001 als angestellter Bäcker tätig. Anfang 2002 nahm er eine selbständige Tätigkeit als Bäcker auf, die er im Oktober 2005 beendete, um bis Dezember 2011 wieder als angestellter Bäcker tätig zu werden.

11.      Die Aufenthaltserlaubnis von Frau Ucar wurde am 28. November 2002 für zwei Jahre verlängert. Am 29. November 2004 wurde sie für zwei weitere Jahre verlängert. Vor der Gewährung dieser beiden Verlängerungen vergewisserte sich die Ausländerbehörde, dass die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts von Frau Ucar durch die Einkünfte ihres Ehegatten aus Erwerbstätigkeit gewährleistet waren.

12.      Am 21. November 2006 erteilte die Ausländerbehörde Frau Ucar eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug mit dem Vermerk, dass Herr Ucar wieder als Arbeitnehmer beschäftigt war. Diese Erlaubnis wurde mehrfach verlängert, zuletzt bis zum 12. Dezember 2013.

13.      Am 16. August 2013 beantragte Frau Ucar bei der Ausländerbehörde, ihr eine Aufenthaltserlaubnis zum Nachweis eines nach dem Assoziierungsabkommen EWG–Türkei bestehenden Aufenthaltsrechts gemäß § 4 Abs. 5 AufenthG auszustellen, da sie insbesondere aufgrund der ab November 2005 durchgehenden abhängigen Beschäftigung ihres Ehemanns die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 erfülle.

14.      Mit Bescheid vom 6. Mai 2014 lehnte die Ausländerbehörde ihren Antrag und eine weitere Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis ab. Zur Begründung führte die Behörde aus, zum einen sei Frau Ucars Lebensunterhalt nicht mehr gesichert. Zum anderen habe Frau Ucar auch keinen Anspruch aus Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 erworben, da Herr Ucar nicht die Voraussetzung der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt während der ersten drei Jahre nach der Ankunft seiner Ehefrau im deutschen Hoheitsgebiet und der ersten Erteilung des Aufenthaltstitels an sie zum Familiennachzug zu ihrem Ehemanns erfüllt habe. Dass Herr Ucar vom 1. November 2005 bis Dezember 2011 durchgehend eine Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis ausgeübt habe, führe nicht zur Entstehung eines Anspruchs seiner Ehefrau. In einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis von Frau Ucar könne auch keine Genehmigung für den Nachzug zum Arbeitnehmer im Sinne des Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 gesehen werden, da sich diese Genehmigung zwingend auf den bei der Ankunft im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erteilten ersten Aufenthaltstitel und nicht auf die nachfolgenden Aufenthaltstitel beziehe.

15.      Weil Frau Ucar diese rechtliche Beurteilung nicht teilt, hat sie gegen den Bescheid der Ausländerbehörde vom 6. Mai 2014 Klage bei dem vorlegenden Gericht erhoben.

16.      In Anbetracht einer Schwierigkeit bei der Auslegung des Unionsrechts hat das Verwaltungsgericht Berlin beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof – mit einer am 24. September 2015 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangenen Vorlageentscheidung – in der Rechtssache C‑508/15 folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist Art. 7 Abs. 1 erster Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 dahin auszulegen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen auch erfüllt sind, wenn dem dreijährigen ordnungsgemäßen Wohnsitz des Familienangehörigen bei dem dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmer ein Zeitraum vorausgegangen ist, in dem der Stammberechtigte nach dem im Sinne dieser Bestimmung genehmigten Nachzug des Familienangehörigen den regulären Arbeitsmarkt des Mitgliedstaats verlassen hatte?

2.      Ist Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 dahin auszulegen, dass in der Verlängerung eines Aufenthaltstitels die in dieser Bestimmung vorgesehene Genehmigung zum Nachzug zu einem dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmer zu sehen ist, wenn der betreffende Familienangehörige seit seinem im Sinne dieser Bestimmung genehmigten Nachzug ununterbrochen mit dem türkischen Arbeitnehmer zusammenlebt, dieser aber dem regulären Arbeitsmarkt des Mitgliedstaats nach zwischenzeitlichem Ausscheiden erst im Zeitpunkt der Verlängerung des Titels wieder angehört?

B –    Rechtssache C‑509/15

17.      Herr Recep Kilic wurde 1993 in der Türkei während eines Urlaubs seiner in Deutschland ansässigen und aus der Türkei stammenden Eltern geboren. Herr Kilic reiste am 16. April 1994 nach Deutschland ein. Zu diesem Zeitpunkt übte keiner seiner Eltern eine Erwerbstätigkeit aus.

18.      Im Mai 1996 ließen sich seine Eltern scheiden, und Herr Kilic wurde von seiner Mutter allein erzogen, die am 30. Juni 1998 eine Tätigkeit als Arbeitnehmerin aufnahm, die sie nahezu ununterbrochen bis April 2003 ausübte, als sie einen Schwangerschaftsurlaub und dann einen Erziehungsurlaub begann.

19.      Am 5. Mai 1997 wurde Herrn Kilic, als im deutschen Recht eine Aufenthaltserlaubnispflicht eingeführt worden war, eine zwei Jahre gültige Aufenthaltserlaubnis erteilt. 1999 wurde die Aufenthaltserlaubnis von Herrn Kilic aufgrund der Vorlage einer Bescheinigung des Arbeitgebers seiner Mutter für ein Jahr verlängert, obwohl sie Sozialhilfe bezog. In der Folgezeit wurde die Aufenthaltserlaubnis mehrfach, zuletzt bis zum 10. November 2011, befristet verlängert, und seitdem war Herr Kilic im Besitz von Fiktionsbescheinigungen.

20.      Gegen Herrn Kilic, der in der Schule scheiterte, wurden mehrere Strafverfahren eröffnet, die zu Verurteilungen und Haftstrafen führten, zuletzt zu einem Urteil vom 11. Juni 2013, mit dem er wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt wurde. Am 27. Mai 2015 wurde er aus der Haft entlassen.

21.      Am 24. Juli 2014 lehnte die Ausländerbehörde seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab und ordnete seine Abschiebung in die Türkei aufgrund von § 53 Nrn. 1 und 2 in Verbindung mit § 55 AufenthG an. Zur Begründung führte die Behörde aus, zum einen könne er keinen Anspruch aus dem Assoziierungsabkommen EWG–Türkei oder aus Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 geltend machen, weil seine Eltern nicht durchgehend die ersten drei Jahre nach Herrn Kilics ordnungsgemäßer Einreise in das deutsche Hoheitsgebiet dem regulären Arbeitsmarkt angehört hätten. Zum anderen müsse Herr Kilic aufgrund der Vielzahl und Schwere der bereits begangenen Straftaten, dem Risiko erneuter Straffälligkeit und der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in die Türkei abgeschoben werden. Aufgrund dieser Abwägung kam die Ausländerbehörde zu dem Schluss, dass Herrn Kilics persönliche Bindungen an das deutsche Hoheitsgebiet unter diesen Umständen nachrangig seien.

22.      Am 1. September 2014 erhob Herr Kilic gegen diese Entscheidung Klage beim vorlegenden Gericht. Er trägt vor, er habe eine Rechtsstellung nach Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 erworben, weil seine Mutter fast fünf Jahre lang eine durchgehende abhängige Beschäftigung ausgeübt habe. Ferner komme ihm der Ausweisungsschutz für türkische Staatsangehörige nach Art. 14 des Beschlusses Nr. 1/80 zu.

23.      Mit gesonderter Entscheidung, die am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat das Verwaltungsgericht Berlin im Rahmen der Rechtssache C‑509/15 dem Gerichtshof die folgende einzige Frage vorgelegt:

Kann eine Genehmigung des Nachzugs im Sinne des Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 darin gesehen werden, dass dem Familienangehörigen nach der Gestattung eines Familiennachzugs zu Stammberechtigten, die nicht dem Arbeitsmarkt zugehörten, die Aufenthaltserlaubnis zu einem Zeitpunkt verlängert wird, in dem der Stammberechtigte, bei dem der Familienangehörige seinen ordnungsgemäßen Wohnsitz hat, Arbeitnehmer geworden ist?

C –    Verfahren vor dem Gerichtshof

24.      Mit Entscheidung vom 27. Oktober 2015 sind die Rechtssachen C‑508/15 und C‑509/15 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

25.      Nur Frau Ucar, die Ausländerbehörde und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

III – Rechtliche Würdigung

A –    Vorbemerkungen

26.      Der Beschluss Nr. 1/80 sieht bekanntlich vor, dass ein türkischer Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber hat, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt. Nach drei Jahren Beschäftigung hat er das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem anderen Arbeitgeber auf ein Stellenangebot zu bewerben. Nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung hat der Arbeitnehmer freien Zugang zu jeder Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis in diesem Mitgliedstaat. In Bezug auf die nach Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 erworbenen Rechte wird auch klargestellt, dass „[der] Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit … den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt [werden]“(6). Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit und die Abwesenheit wegen langer Krankheit „werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche“(7).

27.      Mit der Festigung der Rechte des ordnungsgemäß in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eingereisten türkischen Arbeitnehmers auf Zugang zum Arbeitsmarkt ist zugleich eine Besserstellung der Familienangehörigen dieses Arbeitnehmers verbunden. Nachdem sie die Genehmigung erhalten haben, zu dem Arbeitnehmer in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats zu ziehen, erwerben sie das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben. Nach fünfjährigem ordnungsgemäßem Wohnsitz haben die Familienangehörigen dort ein Recht auf freien Zugang zur Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis. Insoweit ist es unerheblich, ob diese Familienangehörigen die Absicht gezeigt haben, tatsächlich einer Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis nachzugehen(8).

28.      Zur Frage des Zugangs des türkischen Arbeitnehmers und seiner Familienangehörigen zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats hat der Gerichtshof festgestellt, dass ein Aufenthaltsrecht als logische Folge des Zugangs zu diesem Markt zwangsläufig anzuerkennen ist. Um sich wirksam für ein Stellenangebot bewerben bzw. freien Zugang zu jeder Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis in Anspruch nehmen zu können, ist es selbstverständlich erforderlich, sich im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufhalten zu können, wo die fragliche Beschäftigung ausgeübt bzw. das Angebot gemacht wird(9).

29.      In den vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen geht es aber gerade um den Aufenthalt von Frau Ucar und Herrn Kilic. Wenn sie ein Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt in Deutschland auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 erworben haben, dann müsste die Ausländerbehörde ihnen ein Aufenthaltsrecht nicht nur aufgrund der nationalen Rechtsvorschriften, sondern auch aufgrund des Beschlusses Nr. 1/80 zuerkennen. Die Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass der türkische Arbeitnehmer, zu dem sie gezogen sind, in den ersten drei Jahren nach ihrer Ankunft in Deutschland nicht oder nicht mehr die Eigenschaft eines dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden Arbeitnehmers hatte. Nach der von den deutschen Behörden vertretenen Auslegung des Beschlusses Nr. 1/80 und des Assoziierungsabkommens EWG–Türkei hätte Frau Ucar nur dann Rechte aus Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 erwerben können, wenn ihr Ehegatte eine ordnungsgemäße und durchgehende Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis von November 2001 – dem Zeitpunkt der Einreise von Frau Ucar nach Deutschland – bis November 2004 ausgeübt hätte. Ebenso hätte Herr Kilic diese Rechte nur dann erworben, wenn seine Mutter eine solche Beschäftigung von April 1994 – dem Zeitpunkt der Ankunft von Herrn Kilic im deutschen Hoheitsgebiet – bis April 1997 ausgeübt hätte. Darum geht es in der ersten Vorlagefrage in der Rechtssache C‑508/15 an den Gerichtshof(10).

30.      Des Weiteren möchte das vorlegende Gericht für den Fall, dass der Gerichtshof die von der Ausländerbehörde vertretene Auslegung bestätigen sollte und die Rechte aus Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 nur dann entstehen können, wenn der türkische Arbeitnehmer, zu dem der Familienangehörige in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats gezogen ist, ab der Ankunft des Angehörigen und während der gesamten für die Entstehung dieser Rechte erforderlichen Dauer dem regulären Arbeitsmarkt angehört hat, vom Gerichtshof wissen, ob die Entscheidung, die Aufenthaltserlaubnis des Angehörigen zu verlängern, der ursprünglichen Entscheidung, die Familienzusammenführung zu genehmigen, gleichgestellt werden kann, so dass der Zeitraum, während dessen der türkische Arbeitnehmer dem regulären Arbeitsmarkt angehören muss, auch ab dem Zeitpunkt der Verlängerungsentscheidung und nicht nur ab dem Zeitpunkt der ersten Einreise des Familienangehörigen in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats wirksam laufen könnte. Dies ist der Gegenstand der zweiten Frage in der Rechtssache C‑508/15 und der einzigen Frage in der Rechtssache C‑509/15. Aufgrund der Antwort, die ich dem Gerichtshof in Bezug auf die erste Frage in der Rechtssache C‑508/15 vorschlagen werde, werde ich dieses Problem jedoch nur äußerst hilfsweise ansprechen.

B –    Zur ersten Vorlagefrage in der Rechtssache C‑508/15

31.      Mit seiner ersten Vorlagefrage in der Rechtssache C‑508/15 möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof im Wesentlichen wissen, ob Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 dahin auszulegen ist, dass diese Vorschrift dem Familienangehörigen eines in Deutschland ansässigen türkischen Arbeitnehmers ein Aufenthaltsrecht verleiht, wenn der Arbeitnehmer seit einem ununterbrochenen Zeitraum von drei Jahren dem regulären Arbeitsmarkt angehörte und der Familienangehörige während dieses Zeitraums mit dem Arbeitnehmer zusammenwohnte, ohne dass der Umstand, dass dieser Zeitraum nicht sofort auf die Einreise des Familienangehörigen in das deutsche Hoheitsgebiet folgte, dem entgegensteht.

32.      Um diese Frage zu beantworten, ist es erforderlich, einen Moment auf die allgemeinen Ausführungen zurückzukommen, die der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung zu Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 gemacht hat, bevor insbesondere auf den Begriff der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt einzugehen ist.

1.      Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 in der Rechtsprechung des Gerichtshofs

33.      Nach ständiger Rechtsprechung hat Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 unmittelbare Wirkung, so dass türkische Staatsangehörige, für die diese Vorschrift gilt, sich vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf diese Vorschrift unmittelbar berufen können, um die Anwendung entgegenstehender inländischer Rechtsvorschriften auszuschließen(11). Ferner gehört dieser Artikel zu den sozialen Bestimmungen des Beschlusses Nr. 1/80, der einen weiteren durch die Art. 45 bis 47 AEUV geleiteten Schritt zur Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer bildet, so dass die im Rahmen dieser Artikel geltenden Grundsätze so weit wie möglich auf die türkischen Arbeitnehmer, die die in diesem Beschluss eingeräumten Rechte besitzen, übertragen werden müssen(12).

34.      Der Gerichtshof hat außerdem entschieden, dass Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 ein „System des schrittweisen Erwerbs von Rechten“ umsetzt, das einem doppelten Zweck dient(13). So hat der Gerichtshof ausgeführt, dass „[erstens] … nach der genannten Vorschrift bis zum Ablauf des ersten Zeitraums von drei Jahren Familienangehörige des Wanderarbeitnehmers die Möglichkeit erhalten [sollen], bei diesem zu leben, um so durch Familienzusammenführung die Beschäftigung und den Aufenthalt des türkischen Arbeitnehmers, der sich bereits ordnungsgemäß in den Aufnahmemitgliedstaat integriert hat, zu begünstigen … Zweitens soll diese Vorschrift eine dauerhafte Eingliederung der Familie des türkischen Wanderarbeitnehmers im Aufnahmemitgliedstaat fördern, indem dem betroffenen Familienangehörigen nach drei Jahren ordnungsgemäßen Wohnsitzes selbst der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht wird. Hauptzweck ist also, die Stellung des Familienangehörigen, der sich in dieser Phase bereits ordnungsgemäß in den Aufnahmemitgliedstaat integriert hat, dadurch zu festigen, dass er die Mittel erhält, um dort selbst seinen Lebensunterhalt zu verdienen und sich folglich eine gegenüber der Stellung des Wanderarbeitnehmers selbständige Stellung aufzubauen“(14). Bei einer Auslegung im Licht des mit dem Beschluss Nr. 1/80 verfolgten allgemeinen Zwecks soll folglich „das insbesondere durch Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 eingeführte System also für Voraussetzungen sorgen, die die Familienzusammenführung … erleichtern“(15).

35.      Was den Handlungsspielraum der Mitgliedstaaten anbelangt, behalten diese nach ständiger Rechtsprechung zwar die Befugnis, die Bedingungen für die erste Einreise türkischer Staatsangehöriger in ihr Hoheitsgebiet und für deren ersten Zugang zum Arbeitsmarkt zu regeln(16), doch dürfen sie, wenn diese Staatsangehörigen die in einer der Vorschriften des Beschlusses Nr. 1/80 vorgesehenen Bedingungen erfüllen und ihnen daher die von ihm verliehenen Rechte zustehen, keine andere Regelung erlassen oder andere Bedingungen aufstellen als die, die im Beschluss Nr. 1/80 vorgesehen sind(17). Folglich ist es den Mitgliedstaaten nicht gestattet, den Inhalt des Systems zur schrittweisen Integration türkischer Staatsangehöriger im Aufnahmemitgliedstaat einseitig zu verändern(18).

36.      Daher ist zu prüfen, ob die deutschen Behörden dadurch, dass sie für die Anerkennung der Rechte aus Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 verlangen, dass der türkische Arbeitnehmer, zu dem ein Familienangehöriger in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gezogen ist, ab der Ankunft des Angehörigen während der gesamten für den Erwerb der von dieser Vorschrift vorgesehenen Rechte erforderlichen Dauer dem regulären Arbeitsmarkt angehört hat, ohne dass Zeiträume der Zugehörigkeit zu diesem Markt, die gleich lang sind, aber nach diesem Zeitpunkt zurückgelegt wurden, berücksichtigt werden können, das von mir gerade angesprochene System nicht einseitig verändert haben.

2.      Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt und Bedingungen des Erwerbs der in Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 vorgesehenen Rechte

37.      Unter welchen konkreten Bedingungen kann ein Familienangehöriger eines türkischen Arbeitnehmers Rechte nach Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 erwerben? Der Gerichtshof hat diese Frage zwar schon zum Teil beantwortet, doch hat er zur zeitlichen Abfolge, in der diese Bedingungen erfüllt sein müssen, noch nicht eindeutig Stellung genommen.

38.      Bevor ich auf die Auslegung dieser Bedingungen durch den Gerichtshof eingehe, weise ich darauf hin, dass der Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 nichts ausdrücklich vorsieht, das mit dem, was die deutschen Behörden verlangen, vergleichbar wäre. Diesem Artikel ist lediglich der Gedanke zu entnehmen, dass der Familienangehörige eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers, der die Genehmigung erhalten hat, zu ihm zu ziehen, grundsätzlich das Recht hat, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn er in dem Staat seit mindestens drei Jahren seinen ordnungsgemäßen Wohnsitz hat (Art. 7 Abs. 1 erster Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80), und dort freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis hat, wenn er dort seit mindestens fünf Jahren seinen Wohnsitz hat (Art. 7 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80).

39.      Der Gerichtshof hat Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 dahin ausgelegt, dass „der Erwerb der in dieser Vorschrift vorgesehenen Rechte von zwei kumulativen Voraussetzungen [abhängt]: Zum einen muss die betreffende Person Familienangehöriger eines bereits dem regulären Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers sein[,] und zum anderen muss sie von den zuständigen Behörden dieses Staates die Genehmigung erhalten haben, zu diesem Arbeitnehmer zu ziehen … Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist für die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 noch zu prüfen, ob der betroffene türkische Staatsangehörige seit einer bestimmten Zeit im Aufnahmemitgliedstaat seinen ordnungsgemäßen Wohnsitz bei dem Arbeitnehmer hat, von dem er seine Rechte ableitet“(19).

40.      In seiner Rechtsprechung hat sich der Gerichtshof unterschiedslos auf „den ersten Zeitraum“(20) von drei Jahren, den „Zeitraum“(21) von drei Jahren, eine „gewisse Zeit“(22) bzw. die „drei Jahre ab der Einreise des Familienangehörigen [in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats]“(23) bezogen. Dies scheint mir nicht ausschlaggebend zu sein. Zum einen hat die Bezugnahme auf den „ersten“ Zeitraum lediglich den Zweck, ihn vom folgenden Zeitraum zweier weiterer Jahre zu unterscheiden, die nach dem Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 dem Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers das Recht auf freien Zugang zu jeder Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis geben. Zum anderen wird die im Urteil Pehlivan(24) enthaltene Präzisierung nur ein einziges Mal und in einer Rechtssache vorgenommen, in der die zeitliche Abfolge kein Problem darstellte, wie es aber vorliegend der Fall ist(25).

41.      Sowohl in Bezug auf Frau Ucar als auch auf Herrn Kilic steht fest, dass sie die vom Gerichtshof üblicherweise genannten Voraussetzungen für die Anerkennung der von Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 anerkannten Rechte erfüllen. Beide sind Familienangehörige eines türkischen Arbeitnehmers und haben ordnungsgemäß die Genehmigung erhalten, zu dem betreffenden türkischen Arbeitnehmer in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats zu ziehen. Ebenso steht fest, dass beide die Anforderung eines tatsächlichen Zusammenlebens in häuslicher Gemeinschaft erfüllt haben(26).

42.      Die Rechtsprechung verlangt schließlich, dass der türkische Arbeitnehmer, zu dem ein Familienangehöriger gezogen ist, „während der gesamten Dauer des Zusammenlebens, die erforderlich ist, damit [der Familienangehörige] das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt [dieses Mitgliedstaats] erwirbt“(27), dem regulären Arbeitsmarkt seines Wohnsitzmitgliedstaats angehört hat. Der Begriff der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt unterscheidet sich von der Ausübung einer ordnungsgemäßen Beschäftigung in Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80(28). Hinsichtlich dieser Zugehörigkeit hat der Gerichtshof für Recht erkannt, dass „dieser Begriff … die Gesamtheit der Arbeitnehmer bezeichnet, die den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats nachkommen und somit das Recht haben, eine Berufstätigkeit in dessen Hoheitsgebiet auszuüben“(29). Eine vorübergehende Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses führt nicht zwingend dazu, dass der türkische Arbeitnehmer nicht mehr zum regulären Arbeitsmarkt gehört, zumindest für den Zeitraum, der angemessen ist, um eine andere Beschäftigung zu finden, und sofern diese Abwesenheit vorübergehender Natur ist(30). „Ein türkischer Arbeitnehmer ist erst dann vom regulären Arbeitsmarkt ausgeschlossen, wenn er objektiv keine Möglichkeit mehr hat, sich in den Arbeitsmarkt wiedereinzugliedern, oder den Zeitraum überschritten hat, der angemessen ist, um nach einer vorübergehenden Beschäftigungslosigkeit eine neue Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis zu finden“(31).

43.      Ferner wird der Erwerb von Rechten nach Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80, wie die Kommission vorgetragen hat, selbst dann zugelassen, wenn die von diesem Artikel verlangte Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht schon bei der Ankunft des betreffenden türkischen Staatsangehörigen – der zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal die Eigenschaft als Arbeitnehmer haben muss – im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats tatsächlich vorliegt(32). Angesichts des mit Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 verfolgten Ziels wäre es jedoch verfehlt, die bei seiner Anwendung eine Strenge zu verlangen, die bei der Anwendung von Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 unangebracht ist.

44.      Was dieses Ziel angeht, so vermag ich mich auch nicht der von der Ausländerbehörde vertretenen Auffassung anzuschließen, dass zwischen Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 und dem mit diesem Artikel verfolgten Ziel eine Unstimmigkeit entstünde, wenn er dahin auszulegen wäre, dass auf seiner Grundlage Rechte selbst dann begründet werden können, wenn der Zeitraum der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht sofort nach Ankunft des Familienangehörigen verwirklicht wird, weil in diesem Fall kein Anlass mehr bestehe, die Familienzusammenführung zu begünstigen. Denn Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 darf, um Bedingungen zu schaffen, die die Familienzusammenführung begünstigen, meiner Ansicht nach nicht zu eng ausgelegt werden. Der Umstand, dass der betreffende türkische Arbeitnehmer den Zeitraum seiner Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats erst nach Ankunft des Familienangehörigen, der zu ihm gezogen ist, vollständig verwirklicht, macht den Gedanken, dass die Beschäftigung und der Aufenthalt des bereits ordnungsgemäß integrierten türkischen Arbeitnehmers erträglicher werden, wenn er seinen Familienverbund in diesem Mitgliedstaat dauerhaft wieder herstellen kann, nicht weniger zutreffend.

45.      Folglich haben die deutschen Behörden, soweit sie als Voraussetzung dafür, dass den Familienangehörigen türkischer Arbeitnehmer die in Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 vorgesehenen Rechte zuerkannt werden, von diesen Arbeitnehmern verlangen, dass sie dem regulären Arbeitsmarkt während der für den Erwerb dieser Rechte erforderlichen Dauer ab der Ankunft dieser Angehörigen angehört haben, ohne dass eine spätere Verwirklichung gleichwertiger Zeiträume der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt berücksichtigt werden kann, eine Bedingung aufgestellt, die im Beschluss Nr. 1/80 nicht vorgesehen ist.

46.      Da mich der bereits genannte Umstand, dass im Beschluss Nr. 1/80 nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, in dieser Überzeugung bestätigt, neige ich in diesem Einzelfall der Ansicht zu, dass Frau Ucar, die tatsächlich fast 14 Jahre lang mit ihrem Ehegatten zusammenwohnte, Rechte nach Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 ab dem Zeitpunkt erworben hat, ab dem Herr Ucar, der dem regulären Arbeitsmarkt angehörte, eine in völligem Einklang mit den Vorschriften von Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 verwirklichte ununterbrochene Tätigkeit von drei Jahren ausgeübt hat. Somit standen Frau Ucar ab November 2008 die Rechte aus Art. 7 Abs. 1 erster Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 und ab November 2010 die Rechte aus Art. 7 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich dieses Beschlusses zu. Herr Kilic hat ein Recht aus Art. 7 Abs. 1 erster Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 ab dem Zeitpunkt erworben, in dem seine Mutter dem regulären Arbeitsmarkt für einen Zeitraum angehörte, der für die Entstehung dieses Rechts ausreicht, d. h. ab Juni 2001(33).

47.      Nach Ansicht der deutschen Behörden würde eine solche Auslegung den persönlichen Anwendungsbereich von Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 erheblich erweitern. Ein ähnliches, aus anderen Gründen entstandenes Risiko war bereits im Kontext des Urteils vom 19. Juli 2012, Dülger(34), angesprochen worden. Der Gerichtshof hatte damals darauf hingewiesen, dass Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 „die Familienzusammenführung ausdrücklich von einer gemäß den Anforderungen der Regelung des Aufnahmemitgliedstaats erteilten Genehmigung für den Nachzug zum türkischen Wanderarbeitnehmer abhängig macht. Diese Regelung … ist damit zu erklären, dass im Rahmen der Assoziierung EWG–Türkei die Familienzusammenführung kein Recht der Familienangehörigen des türkischen Wanderarbeitnehmers ist, sondern im Gegenteil von einer Entscheidung der nationalen Behörden abhängt, die allein in Anwendung des Rechts des betreffenden Mitgliedstaats getroffen wird, vorbehaltlich der Einhaltung der Menschenrechte“(35). Anders gesagt, Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 kann nur deshalb eingreifen, weil der Aufnahmemitgliedstaat die Familienzusammenführung genehmigt. Somit wird der persönliche Anwendungsbereich dieser Vorschrift in erster Linie durch die nationalen Rechtsordnungen festgelegt.

48.      Nach alledem ist Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 dahin auszulegen, dass ein Familienangehöriger eines türkischen Arbeitnehmers, dem im Rahmen der Familienzusammenführung die Einreise in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats gestattet ist, unter der Voraussetzung, dass er alle darin genannten übrigen Bedingungen erfüllt, die in dieser Bestimmung vorgesehenen Rechte geltend machen kann, wenn sich der Zeitraum von drei oder fünf Jahren, während dessen der türkische Arbeitnehmer, zu dem er gezogen ist, dem regulären Arbeitsmarkt angehören muss, nicht unmittelbar an die Ankunft dieses Familienangehörigen im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats anschließt.

C –    Zur zweiten Vorlagefrage in der Rechtssache C‑508/15 und zur einzigen Vorlagefrage in der Rechtssache C‑509/15

49.      Wie gesagt meine ich, dass aufgrund der Antwort, die ich dem Gerichtshof für die erste Frage in der Rechtssache C‑508/15 vorschlage und zudem für die Klärung der Rechtslage von Herrn Kilic für zweckdienlich halte, die zweite Frage in der Rechtssache C‑508/15 und die einzige Frage in der Rechtssache C‑509/15 nicht beantwortet zu werden brauchen.

50.      Dennoch möchte ich das vorlegende Gericht, das in der Rechtssache C‑509/15 mit einer Ausweisungsanordnung konfrontiert ist, auf einige einschlägige Aspekte der zu Art. 14 des Beschlusses Nr. 1/80 ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs hinweisen, wobei mir wohl bewusst ist, dass sich das an den Gerichtshof gerichtete Vorabentscheidungsersuchen in keiner Weise auf diese Vorschrift bezieht. Nichtsdestotrotz haben sich die in dieser Rechtssache eingereichten Erklärungen der Ausländerbehörde auch auf die Zulässigkeit des gegen Herrn Kilic gerichteten Ausweisungsbescheids konzentriert(36).

51.      Daher möchte ich vorsorglich darauf hinweisen, dass bei der Auslegung der in Art. 14 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 vorgesehenen Ausnahme der öffentlichen Ordnung darauf abzustellen ist, wie die gleiche Ausnahme im Bereich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer ausgelegt wird(37). Der Begriff der öffentlichen Ordnung „setzt [voraus], dass außer der Störung der öffentlichen Ordnung, die jede Gesetzesverletzung darstellt, eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“(38). Da die Ausnahme der öffentlichen Ordnung eng auszulegen ist, „[kann] eine strafrechtliche Verurteilung nur insoweit eine Ausweisung rechtfertigen …, als die ihr zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt“(39). Einem türkischen Staatsangehörigen „[können] die ihm unmittelbar aus dem Beschluss Nr. 1/80 zustehenden Rechte nur dann im Wege einer Ausweisung abgesprochen werden, wenn diese dadurch gerechtfertigt ist, dass das persönliche Verhalten des Betroffenen auf die konkrete Gefahr von weiteren schweren Störungen der öffentlichen Ordnung hindeutet“(40).

52.      Gegebenenfalls hat das vorlegende Gericht daher zu prüfen, ob diese Voraussetzungen in Bezug auf Herrn Kilic erfüllt sind.

IV – Ergebnis

53.      Angesichts der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Verwaltungsgerichts Berlin wie folgt zu beantworten:

Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation, der von dem aufgrund des Abkommens über eine Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei eingesetzten Assoziationsrat erlassen wurde, ist dahin auszulegen, dass ein Familienangehöriger eines türkischen Arbeitnehmers, dem im Rahmen der Familienzusammenführung die Einreise in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats gestattet ist, unter der Voraussetzung, dass er alle darin genannten übrigen Bedingungen erfüllt, die in dieser Bestimmung vorgesehenen Rechte geltend machen kann, wenn sich der Zeitraum von drei oder fünf Jahren, während dessen der türkische Arbeitnehmer, zu dem er gezogen ist, dem regulären Arbeitsmarkt angehören muss, nicht unmittelbar an die Ankunft dieses Familienangehörigen im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats anschließt.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Beschluss des Rates über den Abschluss des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (ABl. 1964, 217, S. 3685).


3 – Gesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl. I 2004 S. 1950) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I 2008 S. 162).


4 – § 55 Abs. 1 AufenthG.


5 – § 55 Abs. 2 AufenthG.


6 – Art. 6 Abs. 2 des Beschlusses Nr. 1/80.


7 – Art. 6 Abs. 2 des Beschlusses Nr. 1/80.


8 – Der Gerichtshof hat nämlich offenbar anerkannt, dass ein Aufenthaltsrecht im Zusammenhang mit einer Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beansprucht werden kann, selbst wenn diese noch in der Zukunft liegt: vgl. zu Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 das Urteil vom 10. Februar 2000, Nazli (C‑340/97, EU:C:2000:77, Rn. 37). Vor allem hängt der Status der in Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 genannten Familienangehörigen im Unterschied zu dem Status der türkischen Arbeitnehmer gemäß Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 nicht von der Ausübung einer Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis ab: vgl. Urteile vom 7. Juli 2005, Aydinli (C‑373/03, EU:C:2005:434, Rn. 29), vom 18. Juli 2007, Derin (C‑325/05, EU:C:2007:442, Rn. 56), und vom 25. September 2008, Er (C‑453/07, EU:C:2008:524, Rn. 31). Das Vorbringen der Ausländerbehörde zur fehlenden Absicht von Frau Ucar, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, geht daher offenbar ins Leere. Gleiches würde gelten, wenn es gegenüber Herrn Kilic geltend gemacht würde, vgl. Urteil vom 25. September 2008, Er (C‑453/07, EU:C:2008:524, Rn. 34).


9 – Vgl. zu Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 aus einer umfangreichen Rechtsprechung Urteile vom 20. September 1990, Sevince (C‑192/89, EU:C:1990:322, Rn. 26), vom 29. Mai 1997, Eker (C‑386/95, EU:C:1997:257, Rn. 19), vom 30. September 1997, Ertanir (C‑98/96, EU:C:1997:446, Rn. 26), vom 7. Juli 2005, Dogan (C‑383/03, EU:C:2005:436, Rn. 14), und vom 10. Januar 2006, Sedef (C‑230/03, EU:C:2006:5, Rn. 33 und 34).


      Vgl. zu Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 und ebenfalls aus einer umfangreichen Rechtsprechung Urteile vom 17. April 1997, Kadiman (C‑351/95, EU:C:1997:205, Rn. 29), vom 16. März 2000, Ergat (C‑329/97, EU:C:2000:133, Rn. 40), vom 22. Juni 2000, Eyüp (C‑65/98, EU:C:2000:336, Rn. 29), vom 11. November 2004, Cetinkaya (C‑467/02, EU:C:2004:708, Rn. 31), vom 7. Juli 2005, Aydinli (C‑373/03, EU:C:2005:434, Rn. 25), vom 18. Juli 2007, Derin (C‑325/05, EU:C:2007:442, Rn. 40 und 47), vom 18. Dezember 2008, Altun (C‑337/07, EU:C:2008:744, Rn. 21), und vom 19. Juli 2012, Dülger (C‑451/11, EU:C:2012:504, Rn. 28).


10 – Nach meiner Überzeugung ist diese Frage auch in der Rechtssache C‑509/15 und für die Situation von Herrn Kilic erheblich. Das vorlegende Gericht fragt den Gerichtshof nur im Fall von Frau Ucar nach der Vereinbarkeit der von den deutschen Behörden gestellten Anforderung, dass der türkische Arbeitnehmer, zu dem der Familienangehörige in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats gezogen ist, in den ersten drei Jahren nach der Ankunft des Angehörigen in dem Mitgliedstaat die Eigenschaft eines dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden Arbeitnehmers gehabt haben muss, mit Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80. Aus der dem Gerichtshof in der Rechtssache C‑509/15 vorliegenden Akte geht jedoch hervor, dass Herrn Kilic die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis vor allem mit der Begründung verweigert wurde, er könne deshalb kein Recht aus Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 geltend machen, weil seine Mutter diese Anforderung nicht erfüllt habe. Bei der Behandlung der ersten Frage in der Rechtssache C‑508/15 ist daher auch die Situation von Herrn Kilic in die Beurteilung einzubeziehen.


11 – Vgl. insbesondere Urteile vom 22. Juni 2000, Eyüp (C‑65/98, EU:C:2000:336, Rn. 25), vom 18. Juli 2007, Derin (C‑325/05, EU:C:2007:442, Rn. 47), vom 25. September 2008, Er (C‑453/07, EU:C:2008:524, Rn. 25), vom 18. Dezember 2008, Altun (C‑337/07, EU:C:2008:744, Rn. 20), vom 8. Dezember 2011, Ziebell (C‑371/08, EU:C:2011:809, Rn. 48), und vom 29. März 2012, Kahveci (C‑7/10 und C‑9/10, EU:C:2012:180, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).


12 – Vgl. insbesondere Urteile vom 17. April 1997, Kadiman (C‑351/95, EU:C:1997:205, Rn. 30), vom 10. Januar 2006, Sedef (C‑230/03, EU:C:2006:5, Rn. 33), und vom 19. Juli 2012, Dülger (C‑451/11, EU:C:2012:504, Rn. 48).


13 – Vgl. Urteil vom 29. März 2012, Kahveci (C‑7/10 und C‑9/10, EU:C:2012:180, Rn. 31).


14 – Urteil vom 29. März 2012, Kahveci (C‑7/10 und C‑9/10, EU:C:2012:180, Rn. 32 und 33 und die dort angeführte Rechtsprechung). Hervorhebung nur hier. Ich werde weiter unten in meiner Würdigung auf die Bedeutung zurückkommen, die der Verwendung des Adjektivs „ersten“ durch den Gerichtshof beizumessen ist oder nicht.


15 – Urteil vom 29. März 2012, Kahveci (C‑7/10 und C‑9/10, EU:C:2012:180, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).


16 – Vgl. aus einer umfangreichen Rechtsprechung Urteile vom 16. Dezember 1992, Kus (C‑237/91, EU:C:1992:527, Rn. 25), vom 5. Oktober 1994, Eroglu (C‑355/93, EU:C:1994:369, Rn. 10), vom 17. April 1997, Kadiman (C‑351/95, EU:C:1997:205, Rn. 31), vom 10. Februar 2000, Nazli (C‑340/97, EU:C:2000:77, Rn. 29), und vom 29. September 2011, Unal (C‑187/10, EU:C:2011:623, Rn. 41).


17 – Vgl. Urteile vom 16. Juni 2011, Pehlivan (C‑484/07, EU:C:2011:395, Rn. 56), und vom 29. März 2012, Kahveci (C‑7/10 und C‑9/10, EU:C:2012:180, Rn. 36). Vgl. auch Urteil vom 18. Dezember 2008, Altun (C‑337/07, EU:C:2008:744, Rn. 61).


18 – Vgl. Urteile vom 16. Juni 2011, Pehlivan (C‑484/07, EU:C:2011:395, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 29. März 2012, Kahveci (C‑7/10 und C‑9/10, EU:C:2012:180, Rn. 37).


19 – Urteil vom 29. März 2012, Kahveci (C‑7/10 und C‑9/10, EU:C:2012:180, Rn. 26 und 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Urteil vom 19. Juli 2012, Dülger (C‑451/11, EU:C:2012:504, Rn. 29), nennt der Gerichtshof schließlich drei Bedingungen.


20 – Vgl. Urteile vom 17. April 1997, Kadiman (C‑351/95, EU:C:1997:205, Rn. 32 und 33), vom 21. Januar 2010, Bekleyen (C‑462/08, EU:C:2010:30, Rn. 36), vom 16. Juni 2011, Pehlivan (C‑484/07, EU:C:2011:395, Rn. 45, 51 und 55), vom 29. März 2012, Kahveci (C‑7/10 und C‑9/10, EU:C:2012:180, Rn. 32), und vom 19. Juli 2012, Dülger (C‑451/11, EU:C:2012:504, Rn. 39).


21 – Vgl. Urteile vom 11. November 2004, Cetinkaya (C‑467/02, EU:C:2004:708, Rn. 30), vom 7. Juli 2005, Aydinli (C‑373/03, EU:C:2005:434, Rn. 24 und 29), vom 18. Dezember 2008, Altun (C‑337/07, EU:C:2008:744, Rn. 19, 30 und 58), und vom 16. Juni 2011, Pehlivan (C‑484/07, EU:C:2011:395, Rn. 36, 38, 60, 61 und 64).


22 – Vgl. Urteil vom 21. Januar 2010, Bekleyen (C‑462/08, EU:C:2010:30, Rn. 26).


23 – Urteil vom 16. Juni 2011, Pehlivan (C‑484/07, EU:C:2011:395, Rn. 52). Demgegenüber hat der Gerichtshof in Rn. 60 des Urteils auf diese in Anbetracht des Sachverhalts des ihm vorliegenden Falls unnötige Präzisierung verzichtet.


24 – Urteil vom 16. Juni 2011 (C‑484/07, EU:C:2011:395, Rn. 52).


25 – Vgl. entsprechend Nr. 24 der Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache Dülger (C‑451/11, EU:C:2012:331).


26 – Vgl. Urteil vom 18. Dezember 2008, Altun (C‑337/07, EU:C:2008:744, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).


27 – Urteil vom 18. Dezember 2008, Altun (C‑337/07, EU:C:2008:744, Rn. 32).


28 – Vgl. Urteil vom 18. Dezember 2008, Altun (C‑337/07, EU:C:2008:744, Rn. 22).


29 – Urteil vom 18. Dezember 2008, Altun (C‑337/07, EU:C:2008:744, Rn. 23).


30 – Vgl. Urteil vom 18. Dezember 2008, Altun (C‑337/07, EU:C:2008:744, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).


31 – Urteil vom 18. Dezember 2008, Altun (C‑337/07, EU:C:2008:744, Rn. 25). Der Gerichtshof hat auch klargestellt, dass diese Ausführungen, die er im Rahmen der Auslegung von Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 gemacht hat, auch für die Auslegung von Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses herangezogen werden können (vgl. Urteil vom 18. Dezember 2008, Altun, C‑337/07, EU:C:2008:744, Rn. 27 und 28). Im Übrigen lässt sich die Frage stellen, ob die sich aus der Rechtsprechung ergebenden Leitlinien für die Situation von Frau Ucar überhaupt relevant sind. Denn Herr Ucar hat in den ersten drei Jahren nach der Ankunft seiner Ehegattin im deutschen Hoheitsgebiet (d. h. von November 2001 bis November 2004) zwar eindeutig keine Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis ausgeübt, doch hat er zu diesem Zeitpunkt offenbar in Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften eine selbständige Tätigkeit ausgeübt, so dass er aus innerstaatlicher Sicht dem regulären Arbeitsmarkt ununterbrochen angehört hat.


32 – Vgl. insbesondere Urteil vom 24. Januar 2008, Payir u. a. (C‑294/06, EU:C:2008:36, Rn. 45).


33 – Der Fall scheint so zu liegen, dass sich Herr Kilic nicht auf Art. 7 Abs. 2 des Beschlusses Nr. 1/80 berufen kann, der speziell die Situation der Kinder der dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmer betrifft. Dennoch steht fest, dass sich diese Kinder auch auf die in Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 eingeräumten Rechte auf dem Gebiet der Beschäftigung berufen können (vgl. Urteil vom 19. November 1998, Akman, C‑210/97, EU:C:1998:555, Rn. 34). Herr Kilic erfüllt offenbar nicht die Bedingungen, um ein Recht auf freien Zugang zu dem Markt wie das in Art. 7 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 vorgesehene zuerkannt zu bekommen. Zumindest werden die in der dem Gerichtshof vorliegenden Akte genannten Gründe, aus denen seine Mutter ihre Tätigkeit aufgegeben hat und die unter Art. 6 Abs. 2 des Beschlusses Nr. 1/80 fallen könnten, nicht hinreichend genau angegeben.


34 – C‑451/11, EU:C:2012:504.


35 – Urteil vom 19. Juli 2012, Dülger (C‑451/11, EU:C:2012:504, Rn. 61 und 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).


36 – Gleichwohl ist festzustellen, dass es in diesen Erklärungen zumeist um eine Debatte zwischen der Ausländerbehörde und dem vorlegenden Gericht über den Stand des anwendbaren nationalen Rechts geht, für die der Gerichtshof selbstverständlich nicht zuständig ist.


37 – Vgl. Urteil vom 10. Februar 2000, Nazli (C‑340/97, EU:C:2000:77, Rn. 56).


38 – Urteile vom 10. Februar 2000, Nazli (C‑340/97, EU:C:2000:77, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 7. Juli 2005, Aydinli (C‑373/03, EU:C:2005:434, Rn. 27).


39 – Urteil vom 10. Februar 2000, Nazli (C‑340/97, EU:C:2000:77, Rn. 58). Vgl. auch Urteile vom 16. März 2000, Ergat (C‑329/97, EU:C:2000:133, Rn. 46), vom 7. Juli 2005, Dogan (C‑383/03, EU:C:2005:436, Rn. 24), und vom 8. Dezember 2011, Ziebell (C‑371/08, EU:C:2011:809, Rn. 49).


40 – Urteil vom 10. Februar 2000, Nazli (C‑340/97, EU:C:2000:77, Rn. 61).