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Vorabentscheidungsersuchen des Consiglio di Stato (Italien), eingereicht am 9. Februar 2021 – Airbnb Ireland UC, Airbnb Payments UK Ltd/Agenzia delle Entrate

(Rechtssache C-83/21)

Verfahrenssprache: Italienisch

Vorlegendes Gericht

Consiglio di Stato

Parteien des Ausgangsverfahrens

Rechtsmittelführerinnen: Airbnb Ireland UC, Airbnb Payments UK Ltd

Rechtsmittelgegnerin: Agenzia delle Entrate

Vorlagefragen

Wie sind die Begriffe „technische Vorschrift“ der Dienste der Informationsgesellschaft und „Vorschrift betreffend Dienste“ der Informationsgesellschaft im Sinne der Richtlinie 2015/1535/EU1 auszulegen, und sind diese Begriffe insbesondere dahin auszulegen, dass sie auch steuerliche Maßnahmen umfassen, die nicht unmittelbar auf die Regelung des spezifischen Dienstes der Informationsgesellschaft abzielen, aber jedenfalls geeignet sind, seine konkrete Ausübung innerhalb des Mitgliedstaats auszugestalten, insbesondere, indem alle Erbringer von Dienstleistungen der Immobilienvermittlung – also auch nicht gebietsansässige Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Dienste online erbringen – mit Nebenverpflichtungen belastet werden, die der wirksamen Erhebung der von den Vermietern geschuldeten Steuern dienen, wie:

a)    Erhebung und anschließende Übermittlung der Daten über die im Anschluss an die Tätigkeit des Vermittlers geschlossenen Kurzzeitmietverträge an die Steuerbehörden des Mitgliedstaats;

b)    Abzug des dem Fiskus geschuldeten Anteils von den von den Mietern an die Vermieter gezahlten Beträgen und anschließende Abführung dieser Beträge an die Staatskasse.

a)    Stehen der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 56 AEUV sowie, wenn sie als in diesem Bereich anwendbar angesehen werden, die entsprechenden Grundsätze, die sich aus den Richtlinien 2006/123/EG2 und 2000/31/EG3 ergeben, einer nationalen Maßnahme entgegen, die zulasten der in Italien tätigen Immobilienvermittler – also auch der nicht gebietsansässigen Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Dienste online erbringen – Verpflichtungen zur Erhebung von Daten über die durch ihre Vermittlung geschlossenen Kurzzeitmietverträge und zur anschließenden Übermittlung an die Steuerverwaltung für die Zwecke der Beitreibung der direkten Steuern, die die Nutzer der Dienstleistung schulden, vorsieht?

Stehen der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 56 AEUV sowie, wenn sie als in diesem Bereich anwendbar angesehen werden, die entsprechenden Grundsätze, die sich aus den Richtlinien 2006/123/EG und 2000/31/EG ergeben, einer nationalen Maßnahme entgegen, die zulasten der in Italien tätigen Immobilienvermittler – also auch der nicht gebietsansässigen Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Dienste online erbringen –, die im Stadium der Zahlung der durch ihre Vermittlung geschlossenen Kurzzeitmietverträge tätig werden, die Verpflichtung vorsieht, für die Zwecke der Beitreibung der direkten Steuern, die die Nutzer der Dienstleistung schulden, einen Abzug auf diese Zahlungen mit anschließender Abführung an die Staatskasse vorzunehmen?

Falls die vorstehenden Fragen bejaht werden: Können der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 56 AEUV sowie, wenn sie als in diesem Bereich anwendbar angesehen werden, die entsprechenden Grundsätze, die sich aus den Richtlinien 2006/123/EG und 2000/31/EG ergeben, jedenfalls im Einklang mit dem Unionsrecht durch nationale Maßnahmen wie die in den vorstehenden Buchst. a und b beschriebenen eingeschränkt werden, da die Steuererhebung in Bezug auf die von den Nutzern der Dienstleistung geschuldeten direkten Steuern andernfalls nicht wirksam wäre?

Können der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 56 AEUV sowie, wenn sie als in diesem Bereich anwendbar angesehen werden, die entsprechenden Grundsätze, die sich aus den Richtlinien 2006/123/EG und 2000/31/EG ergeben, im Einklang mit dem Unionsrecht durch eine nationale Maßnahme eingeschränkt werden, die Immobilienvermittlern, die nicht in Italien ansässig sind, die Benennung eines steuerlichen Vertreters vorschreibt, der verpflichtet ist, im Namen und für Rechnung des nicht ansässigen Vermittlers den im vorstehenden Buchst. b beschriebenen nationalen Maßnahmen zu entsprechen, da die Steuererhebung in Bezug auf die von den Nutzern der Dienstleistung geschuldeten direkten Steuern andernfalls nicht wirksam wäre?

Ist Art. 267 Abs. 3 AEUV dahin auszulegen, dass das Gericht bei Vorliegen einer Frage nach der Auslegung des (primären oder abgeleiteten) Rechts der Europäischen Union, die von einer der Parteien unter genauer Angabe des Wortlauts der Frage gestellt wird, die Möglichkeit behält, diese Frage eigenständig zu formulieren, indem es nach bestem Wissen und Gewissen die unionsrechtlichen Bezüge, die möglicherweise damit unvereinbaren nationalen Bestimmungen und den Wortlaut der Vorlagefrage nach seinem Ermessen, jedoch nur innerhalb der Grenzen des Streitgegenstands, bestimmt, oder ist es verpflichtet, die vom Antragsteller formulierte Frage zu übernehmen?

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1     Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. 2015, L 241, S. 1).

2     Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. 2006, L 376, S. 36).

3     Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. 2000, L 178, S. 1).