Language of document : ECLI:EU:C:2024:502

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

13. Juni 2024(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten – Richtlinie 2004/38/EG – Art. 27 – Beschränkung des Einreise- und Aufenthaltsrechts aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit – Verhalten, das eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt – Verweigerung der Ausstellung einer befristeten Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers aufgrund einer Kriminalakte – Negativer Polizeibericht aufgrund einer Festnahme“

In der Rechtssache C‑62/23

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Contencioso-Administrativo no 5 de Barcelona (Verwaltungsgericht Nr. 5 Barcelona, Spanien) mit Entscheidung vom 9. Januar 2023, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Februar 2023, in dem Verfahren

Pedro Francisco

gegen

Subdelegación del Gobierno en Barcelona

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten Z. Csehi, des Präsidenten der Fünften Kammer E. Regan (Berichterstatter) und des Richters D. Gratsias,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der spanischen Regierung, vertreten durch A. Pérez-Zurita Gutiérrez als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Baquero Cruz und E. Montaguti als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 27 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. 2004, L 158, S. 77, berichtigt in ABl. 2004, L 229, S. 35).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Pedro Francisco und der Subdelegación del Gobierno en Barcelona (Unterdelegation der Regierung in Barcelona, Spanien) (im Folgenden: zuständige Behörde) über die Ablehnung seines Antrags auf Ausstellung einer befristeten Aufenthaltskarte als Familienangehöriger eines Unionsbürgers.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Art. 2 der Richtlinie 2004/38 bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

2.      ‚Familienangehöriger‘

b)      den Lebenspartner, mit dem der Unionsbürger auf der Grundlage der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats eine eingetragene Partnerschaft eingegangen ist, sofern nach den Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats die eingetragene Partnerschaft der Ehe gleichgestellt ist und die in den einschlägigen Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind;

…“

4        In Art. 10 Abs. 1 dieser Richtlinie heißt es:

„Zum Nachweis des Aufenthaltsrechts der Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, wird spätestens sechs Monate nach Einreichung des betreffenden Antrags eine ‚Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers‘ ausgestellt. Eine Bescheinigung über die Einreichung des Antrags auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte wird unverzüglich ausgestellt.“

5        Art. 27 Abs. 1 und 2 der Richtlinie bestimmt:

„(1)      Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels dürfen die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken. Diese Gründe dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken geltend gemacht werden.

(2)      Bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen.

Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.“

6        Art. 30 Abs. 1 und 2 der Richtlinie sieht vor:

„(1)      Entscheidungen nach Artikel 27 Absatz 1 müssen dem Betroffenen schriftlich in einer Weise mitgeteilt werden, dass er deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann.

(2)      Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit des Staates dieser Mitteilung entgegenstehen.“

 Spanisches Recht

7        Art. 2 des Real Decreto 240/2007, sobre entrada, libre circulación y residencia en España de ciudadanos de los Estados miembros de la Unión europea y de otros Estados parte en el Acuerdo sobre el Espacio Económico Europeo (Königliches Dekret 240/2007 über Einreise, Freizügigkeit und Aufenthalt von Bürgern der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der übrigen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in Spanien) vom 16. Februar 2007 (BOE Nr. 51 vom 28. Februar 2007, S. 8558) in seiner auf die Ausgangsrechtsstreitigkeiten anwendbaren Fassung (im Folgenden: Königliches Dekret 240/2007) bestimmt:

„Das vorliegende Königliche Dekret gilt auch, unter den hierin vorgesehenen Bedingungen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit für die nachstehend aufgeführten Familienangehörigen eines Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum [vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3)], wenn sie ihn begleiten oder ihm nachziehen:

b)      Für den Lebenspartner, mit dem er eine eheähnliche Lebenspartnerschaft führt, die in einem öffentlichen Register eingetragen ist, das zu diesem Zweck in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums eingerichtet wurde und das die Möglichkeit zweier gleichzeitiger Eintragungen in diesem Staat ausschließt, sofern diese Eintragung nicht gelöscht wurde, was hinreichend nachgewiesen werden muss. Die Situationen der Eheschließung und der Eintragung als eingetragene Lebenspartner gelten in jedem Fall als miteinander unvereinbar.

…“

8        Art. 2bis des Königlichen Dekrets 240/2007 bestimmt:

„…

3.      Dem Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers sind folgende Unterlagen beizufügen:

d)      Im Fall einer Partnerschaft der Nachweis über das Bestehen einer dauerhaften Beziehung mit dem Bürger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Dauer des Zusammenlebens.

4.      Die Behörden prüfen die persönlichen Umstände des Antragstellers im Einzelfall und treffen eine begründete Entscheidung, wobei sie folgende Kriterien zu berücksichtigen haben:

a)      Bei Familienangehörigen wird der Grad der finanziellen oder physischen Abhängigkeit, der Grad der Verwandtschaft mit dem Bürger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und gegebenenfalls die Schwere der Krankheit oder Behinderung, die eine persönliche Betreuung erforderlich macht, oder die Dauer des bisherigen Zusammenlebens geprüft. In jedem Fall gilt das Zusammenleben als anerkannt, wenn ein ununterbrochenes Zusammenleben von 24 Monaten im Herkunftsland zuverlässig nachgewiesen wird.

b)      Lebenspartner gelten als feste Partner, wenn sie das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweisen können. In jedem Fall gilt eine solche Beziehung als gegeben, wenn eine Dauer des Zusammenlebens von mindestens einem Jahr ohne Unterbrechung nachgewiesen ist, es sei denn, die Lebenspartner haben gemeinsame Kinder; in letzterem Fall genügt das hinreichend nachgewiesene dauerhafte Zusammenleben.

5.      Sämtliche behördlichen Entscheidungen ergehen in begründeter Form.“

9        Art. 8 Abs. 1 des Königlichen Dekrets sieht vor:

„Familienangehörige eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der [Union] oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Sinne von Art. 2 dieses Königlichen Dekrets, die nicht die Staatsangehörigkeit eines der genannten Staaten besitzen, können sich über drei Monate hinaus in Spanien aufhalten, wenn sie den Staatsangehörigen begleiten oder ihm nachziehen; sie müssen eine ‚Aufenthaltskarte für Familienangehörige von Unionsbürgern‘ beantragen und erhalten.“

10      Art. 15 Abs. 1 und 5 des Königlichen Dekrets bestimmt:

„1.      Wenn Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit es erfordern, können folgende Maßnahmen in Bezug auf Bürger eines Mitgliedstaats der [Union] oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder ihre Familienmitglieder erlassen werden:

a)      Verbot der Einreise nach Spanien, auch wenn der Betroffene die in Art. 4 des vorliegenden Königlichen Dekrets vorgesehenen Unterlagen vorlegt.

b)      Verweigerung der Aufnahme in das Zentrale Ausländerregister oder der Ausstellung oder Verlängerung der im vorliegenden Königlichen Dekret vorgesehenen Aufenthaltskarten.

c)      Verfügung der Ausweisung oder Abschiebung aus dem spanischen Hoheitsgebiet.

Eine Ausweisung kann gegenüber Bürgern eines Mitgliedstaats der [Union] oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder ihren Familienangehörigen (ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit), die das Recht auf Daueraufenthalt in Spanien erworben haben, nur dann verfügt werden, wenn schwerwiegende Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegen. Beim Erlass einer solchen Entscheidung sind die Dauer des Aufenthalts und die soziale und kulturelle Integration des Betroffenen in Spanien, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Situation und die Stärke der Bindungen zu seinem Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

5.      Beim Erlass einer der in den vorstehenden Abs. 1 bis 4 vorgesehenen Maßnahmen sind folgende Kriterien zu beachten:

a)      Die Maßnahme muss gemäß den Gesetzesbestimmungen über die öffentliche Ordnung und Sicherheit und den einschlägigen Rechtsvorschriften erlassen werden.

b)      Die Maßnahme kann von Amts wegen oder auf Antrag zurückgenommen werden, wenn die Gründe für ihren Erlass weggefallen sind.

c)      Die Maßnahme darf nicht zu wirtschaftlichen Zwecken erlassen werden.

d)      Beim Erlass der Maßnahme aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein, das jedenfalls eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und von der für die Entscheidung zuständigen Stelle auf der Grundlage der in den Akten enthaltenen Berichte der Polizei‑, Strafverfolgungs- oder Justizbehörden beurteilt wird. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

11      Herr Pedro Francisco, ein Drittstaatsangehöriger, ist Partner einer spanischen Staatsangehörigen. Ihre Partnerschaft ist im Lebenspartnerschaftsregister von Katalonien (Spanien) eingetragen. Am 21. Dezember 2021 beantragte er bei der zuständigen Behörde die Ausstellung einer befristeten Aufenthaltskarte als Familienangehöriger eines Unionsbürgers.

12      Während der Prüfung dieses Antrags wendete sich die zuständige Behörde an die Dirección General de Policía (Generaldirektion der Polizei, Spanien), die aufgrund einer am 3. Juli 2020 erfolgten Festnahme von Herrn Pedro Francisco als mutmaßlichen Täter einer Straftat gegen die öffentliche Gesundheit und wegen Mitgliedschaft in kriminellen Organisationen und Gruppen einen negativen Bericht erstellte, wobei die Polizei keine Nachforschungen anstellte, um festzustellen, ob diese Festnahme zu einer strafrechtlichen Verfolgung geführt hatte. In diesem Bericht heißt es, dass das Vorstrafenregister für Herrn Pedro Francisco keine Eintragung enthalte.

13      Nachdem sein Antrag auf Ausstellung einer befristeten Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers am 14. Juni 2022 mit Bescheid der zuständigen Behörde abgelehnt worden war, erhob Herr Pedro Francisco gegen diesen Bescheid eine verwaltungsgerichtliche Klage beim Juzgado de lo Contencioso-Administrativo no 5 de Barcelona (Verwaltungsgericht Nr. 5 Barcelona, Spanien), dem vorlegenden Gericht.

14      Das vorlegende Gericht äußert Zweifel an der Relevanz der Kriminalakte von Herrn Pedro Francisco, d. h. der in Rn. 12 des vorliegenden Urteils genannten Festnahme, für die Prüfung dieses Antrags. Die Beschränkungen der Freizügigkeit und des Aufenthaltsrechts aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit müssten gemäß Art. 27 der Richtlinie 2004/38 verhältnismäßig sein und ausschließlich auf dem Verhalten der betreffenden Person beruhen, das eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen müsse, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre.

15      Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass sich eine Kriminalakte nur auf Tatsachen beziehe, von denen angenommen werde, dass sie der betroffenen Person zugerechnet würden, und deren tatsächliches Vorliegen anhand von Beweisen festgestellt werden müsse, die während eines Gerichtsverfahrens vorgelegt und in einem Urteil gewürdigt würden. Daraus folge, dass es nicht möglich sei, eine negative Beurteilung von Tatsachen vorzunehmen, deren wirkliches Vorliegen nicht nachgewiesen worden sei, und folglich zu dem Schluss zu gelangen, dass diese Tatsachen eine tatsächliche Bedrohung darstellten.

16      Sollte darüber hinaus davon auszugehen sein, dass Kriminalakten als Grundlage für eine solche Beurteilung dienen könnten, wäre es nach Ansicht des vorlegenden Gerichts im Licht von Art. 27 der Richtlinie 2004/38 erforderlich, dass die zuständige Behörde auf die Tatsachen, auf denen die Kriminalakten beruhten, und die Gerichtsverfahren, zu denen sie möglicherweise geführt hätten, ausdrücklich und eingehend hinweise, um zu untermauern, dass es sich nicht um bloße Vermutungen handele.

17      Unter diesen Umständen hat der Juzgado de lo Contencioso-Administrativo no 5 de Barcelona (Verwaltungsgericht Nr. 5 Barcelona) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist Art. 27 der Richtlinie 2004/38 dahin auszulegen, dass eine Kriminalakte bei der Beurteilung der Frage, ob das persönliche Verhalten des Betroffenen eine tatsächliche Gefahr darstellt, ausschlaggebend sein oder als Grundlage dienen kann, obgleich der Zweck des Strafverfahrens darin besteht, das Vorliegen einer solchen Gefahr zu beweisen?

2.      Für den Fall, dass die erste Frage bejaht wird: Muss die Auslegung im Licht von Art. 27 der Richtlinie 2004/38 dahin gehen, dass die Regierungsbehörde ausdrücklich und eingehend auf den der Kriminalakte zugrunde liegenden Sachverhalt und die Einleitung von Gerichtsverfahren sowie deren Ausgang hinweisen muss, um zu untermauern, dass es sich nicht um bloße anfängliche Vermutungen handelt?

 Zu den Vorlagefragen

18      Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 27 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/38 dahin auszulegen ist, dass er es der zuständigen nationalen Behörde verwehrt, eine frühere Festnahme des Betroffenen zu berücksichtigen, um zu beurteilen, ob dessen Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, gegebenenfalls unter der Voraussetzung, dass die der Festnahme zugrunde liegenden Tatsachen sowie deren etwaige gerichtliche Folgen ausdrücklich und eingehend berücksichtigt werden.

19      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich der Ausgangsrechtsstreit aus der Weigerung der zuständigen Behörde ergibt, dem Kläger des Ausgangsverfahrens eine befristete Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers zu erteilen, obwohl Art. 10 Abs. 1 der genannten Richtlinie u. a. vorsieht, dass das Aufenthaltsrecht der Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, durch die Ausstellung einer „Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers“ nachgewiesen wird.

20      Der Kläger ist Lebenspartner einer spanischen Staatsangehörigen und die Partnerschaft zwischen beiden ist im Lebenspartnerschaftsregister von Katalonien eingetragen, so dass der Kläger als „Familienangehöriger eines Unionsbürgers“ im Sinne von Art. 2 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie anzusehen ist.

21      Im Übrigen geht, wie die Europäische Kommission geltend macht, aus den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen nicht hervor, dass die spanische Staatsangehörige, deren Lebenspartner der Kläger ist, von ihrem Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Union Gebrauch gemacht hätte, so dass der Kläger des Ausgangsverfahrens grundsätzlich weder aus der Richtlinie 2004/38 noch aus Art. 21 AEUV ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht herleiten kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2020, Subdelegación del Gobierno en Ciudad Real [Ehegatte eines Unionsbürgers], C‑836/18, EU:C:2020:119, Rn. 29).

22      Gleichwohl entscheidet der Gerichtshof nach Art. 267 AEUV im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Verträge und der Handlungen der Unionsorgane. Im Rahmen der durch diesen Artikel geschaffenen Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten ist es allein Sache des nationalen Gerichts, im Hinblick auf die Besonderheiten der einzelnen Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen. Folglich ist der Gerichtshof grundsätzlich zu einer Entscheidung verpflichtet, wenn die von den nationalen Gerichten vorgelegten Fragen die Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts betreffen (Urteil vom 26. Oktober 2023, Lineas – Concessões de Transportes u. a., C‑207/22, C‑267/22 und C‑290/22, EU:C:2023:810, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Der Gerichtshof hat unter Berufung auf diese Rechtsprechung wiederholt seine Zuständigkeit für die Entscheidung über Vorabentscheidungsersuchen bejaht, die Vorschriften des Unionsrechts in Fällen betrafen, in denen der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zwar nicht in den Geltungsbereich des Unionsrechts fiel, die Vorschriften des Unionsrechts aber durch das nationale Recht, das sich zur Regelung von nicht unter das Unionsrecht fallenden Sachverhalten nach den im Unionsrecht getroffenen Regelungen richtete, für anwendbar erklärt worden waren (Urteil vom 26. Oktober 2023, Lineas – Concessões de Transportes u. a., C‑207/22, C‑267/22 und C‑290/22, EU:C:2023:810, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      In solchen Fällen besteht nämlich ein klares Interesse der Union daran, dass die aus dem Unionsrecht übernommenen Bestimmungen einheitlich ausgelegt werden, um künftige Auslegungsunterschiede zu vermeiden (Urteil vom 12. Dezember 2019, G. S. und V. G. [Gefährdung der öffentlichen Ordnung], C‑381/18 und C‑382/18, EU:C:2019:1072, Rn. 42 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Hierzu hat das vorlegende Gericht ausgeführt, dass Art. 15 Abs. 5 Buchst. d des Königlichen Dekrets 240/2007, der den bereits in Art. 27 der Richtlinie 2004/38 definierten Begriff „öffentliche Ordnung“ umgrenze, vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) im Licht der Rechtsprechung des Gerichtshofs ausgelegt werde. Allerdings gilt, wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, das dieses Königliche Dekret, mit dem die Richtlinie 2004/38 in spanisches Recht umgesetzt werden soll, nicht nur für in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallende Anträge auf Familienzusammenführung, die ein Drittstaatsangehöriger stellt, der zur Familie eines Unionsbürgers gehört, der von seiner Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, sondern nach ständiger Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) auch für Anträge auf Familienzusammenführung, die ein Drittstaatsangehöriger stellt, der zur Familie eines spanischen Staatsangehörigen gehört, der nie von seiner Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2020, Subdelegación del Gobierno en Ciudad Real [Ehegatte eines Unionsbürgers], C‑836/18, EU:C:2020:119, Rn. 30).

26      Im vorliegenden Fall geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen hervor, dass im Ausgangsrechtsstreit sowohl der Antrag auf Ausstellung einer befristeten Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers als auch die Ablehnung durch die zuständige Behörde auf die Bestimmungen des Königlichen Dekrets 240/2007 gestützt wurden.

27      Nach diesen einleitenden Klarstellungen ist darauf hinzuweisen, dass das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen auf Aufenthalt in der Union nicht uneingeschränkt besteht, sondern den im Vertrag und in den Bestimmungen zu seiner Durchführung vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen unterworfen werden darf (Urteil vom 13. Juli 2017, E, C‑193/16, EU:C:2017:542, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Beschränkungen des Aufenthaltsrechts ergeben sich insoweit vor allem aus Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38, wonach die Mitgliedstaaten das Aufenthaltsrecht der Unionsbürger oder ihrer Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, beschränkende Maßnahmen insbesondere aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erlassen dürfen, wobei diese Gründe jedoch nicht zu rein wirtschaftlichen Zwecken geltend gemacht werden dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2017, E, C‑193/16, EU:C:2017:542, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs steht es den Mitgliedstaaten im Wesentlichen zwar weiterhin frei, nach ihren nationalen Bedürfnissen, die je nach Mitgliedstaat und Zeitpunkt unterschiedlich sein können, zu bestimmen, was die öffentliche Ordnung und Sicherheit, insbesondere als Rechtfertigung einer Ausnahme vom grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit, erfordern, doch sind diese Anforderungen eng zu verstehen, so dass ihre Tragweite nicht von jedem Mitgliedstaat einseitig ohne Kontrolle durch die Unionsorgane bestimmt werden kann (Urteil vom 2. Mai 2018, K. und H. F. [Aufenthaltsrecht und Vorwürfe von Kriegsverbrechen], C‑331/16 und C‑366/16, EU:C:2018:296, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Nach Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 ist bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein.

31      Überdies macht Art. 27 Abs. 2 Unterabs. 2 den Erlass solcher Maßnahmen davon abhängig, dass das persönliche Verhalten des Betroffenen eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

32      Folglich können nach Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 Maßnahmen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder der öffentlichen Sicherheit gerechtfertigt sind, nur getroffen werden, wenn sich gemäß Art. 27 Abs. 2 nach einer Einzelfallprüfung durch die zuständigen nationalen Behörden herausstellt, dass das individuelle Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine tatsächliche, erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Mai 2018, K. und H. F. [Aufenthaltsrecht und Vorwürfe von Kriegsverbrechen], C‑331/16 und C‑366/16, EU:C:2018:296, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof entschieden hat, dass beim Erlass von Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit im Sinne von Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 Straftaten oder Handlungen, die dem Betroffenen vorgeworfen werden und nicht zu einer strafrechtlichen Verurteilung geführt haben, wie die Festnahme des Klägers des Ausgangsverfahrens als mutmaßlicher Straftäter, relevante Gesichtspunkte darstellen können, sofern sie im Rahmen einer Einzelfallprüfung berücksichtigt werden, die den in dieser Bestimmung vorgesehenen Anforderungen entspricht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Mai 2018, K. und H. F. [Aufenthaltsrecht und Vorwürfe von Kriegsverbrechen], C‑331/16 und C‑366/16, EU:C:2018:296, Rn. 53).

34      Insoweit ist klarzustellen, dass nach Art. 27 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 der Richtlinie strafrechtliche Verurteilungen allein diese Maßnahmen nicht ohne Weiteres begründen können. Dies gilt erst recht für Maßnahmen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Festnahme. Zwar kann eine Festnahme von der zuständigen nationalen Behörde berücksichtigt werden, doch kann das bloße Vorliegen einer solchen Festnahme den Erlass dieser Maßnahmen nicht von sich aus rechtfertigen.

35      In Ermangelung einer rechtskräftigen Verurteilung und gar einer strafrechtlichen Verfolgung spiegelt diese Festnahme nämlich nur das Vorliegen eines Verdachts gegen die betreffende Person wider, so dass eine Prüfung unter Berücksichtigung aller ihre Situation kennzeichnenden relevanten Gesichtspunkte umso notwendiger ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Mai 2018, K. und H. F. [Aufenthaltsrecht und Vorwürfe von Kriegsverbrechen], C‑331/16 und C‑366/16, EU:C:2018:296, Rn. 54 und 55).

36      Außerdem kann nur dann festgestellt werden, dass das Verhalten einer festgenommenen Person eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, wenn übereinstimmende, objektive und genaue Anhaltspunkte vorliegen, die die Stichhaltigkeit des Verdachts belegen können, dem diese Person infolge der Festnahme ausgesetzt ist.

37      Daher sind im Rahmen der umfassenden Prüfung des persönlichen Verhaltens des Betroffenen für die Feststellung, ob das Verhalten eine solche Gefahr darstellt, die Umstände zu berücksichtigen, auf denen die Festnahme beruht, insbesondere Art und Schwere der dem Betroffenen zur Last gelegten Straftaten bzw. Handlungen, der Grad seiner individuellen Beteiligung daran und das etwaige Vorliegen von Gründen für den Ausschluss seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Bei dieser umfassenden Prüfung muss auch berücksichtigt werden, wie viel Zeit seit der mutmaßlichen Begehung dieser Straftaten bzw. Handlungen vergangen ist und wie sich der Betroffene später verhalten hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Mai 2018, K. und H. F. [Aufenthaltsrecht und Vorwürfe von Kriegsverbrechen], C‑331/16 und C‑366/16, EU:C:2018:296, Rn. 66).

38      Folglich kann die zuständige nationale Behörde die Festnahme eines Betroffenen berücksichtigen, sofern sie eine eigene umfassende Prüfung seines persönlichen Verhaltens gemäß Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 vornimmt. Die Behörde muss dabei zum einen zumindest die der Festnahme zugrunde liegenden Tatsachen ausdrücklich und eingehend berücksichtigen und zum anderen berücksichtigen, ob Gerichtsverfahren eingeleitet wurden oder nicht, sowie gegebenenfalls deren Ausgang Rechnung tragen.

39      Diese Auslegung wird im Übrigen durch Art. 30 der Richtlinie bestätigt, dessen Abs. 1 bestimmt, dass Entscheidungen nach Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie dem Betroffenen schriftlich in einer Weise mitgeteilt werden müssen, dass er deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann, während Art. 30 Abs. 2 der Richtlinie klarstellt, dass dem Betroffenen die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen sind, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit des Staates dieser Mitteilung entgegenstehen, was nach den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen im Ausgangsverfahren nicht zuzutreffen scheint.

40      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die zuständige nationale Behörde im Rahmen ihrer Prüfung auch berücksichtigen muss, dass, wie sich aus Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie und der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, eine Maßnahme, die das Recht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen auf Freizügigkeit und Aufenthalt beschränkt, nur gerechtfertigt sein kann, wenn sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt, was die Feststellung voraussetzt, ob diese Maßnahme geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Eine solche Bewertung erfordert eine Abwägung der Gefahr, die das persönliche Verhalten des Betroffenen für die Grundinteressen der Aufnahmegesellschaft darstellt, gegen den Schutz der den Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen nach derselben Richtlinie zustehenden Rechte. Im Rahmen dieser Bewertung ist den Grundrechten Rechnung zu tragen, deren Beachtung der Gerichtshof sichert, insbesondere dem in Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und in Art. 8 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten niedergelegten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Mai 2018, K. und H. F. [Aufenthaltsrecht und Vorwürfe von Kriegsverbrechen], C‑331/16 und C‑366/16, EU:C:2018:296, Rn. 61 bis 63 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 27 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/38 dahin auszulegen ist, dass er es der zuständigen nationalen Behörde nicht verwehrt, eine frühere Festnahme des Betroffenen zu berücksichtigen, um zu beurteilen, ob dessen Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, sofern die der Festnahme zugrunde liegenden Tatsachen sowie deren etwaige gerichtliche Folgen im Rahmen der umfassenden Prüfung dieses Verhaltens ausdrücklich und eingehend berücksichtigt werden.

 Kosten

42      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 27 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG

ist dahin auszulegen, dass

er es der zuständigen nationalen Behörde nicht verwehrt, eine frühere Festnahme des Betroffenen zu berücksichtigen, um zu beurteilen, ob dessen Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, sofern die der Festnahme zugrunde liegenden Tatsachen sowie deren etwaige gerichtliche Folgen im Rahmen der umfassenden Prüfung dieses Verhaltens ausdrücklich und eingehend berücksichtigt werden.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Spanisch.