Language of document : ECLI:EU:T:2023:707

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

8. November 2023(*)

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Belarus – Einfrieren von Geldern – Beschränkung der Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten – Aufnahme der Namen der Kläger in die Listen der betroffenen Personen, Organisationen und Einrichtungen – Begründungspflicht – Verteidigungsrechte – Beurteilungsfehler – Verhältnismäßigkeit“

In den verbundenen Rechtssachen T‑563/21 und T‑564/21,

Alexander Zaytsev, wohnhaft in Minsk (Belarus), vertreten durch Rechtsanwalt A. Shmagin,

Kläger in der Rechtssache T‑563/21,

Bremino-Grupp TAA mit Sitz in Minsk, vertreten durch Rechtsanwalt A. Shmagin,

Klägerin in der Rechtssache T‑564/21,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch J. Haunold und B. Driessen als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Svenningsen sowie des Richters J. Laitenberger und der Richterin M. Stancu (Berichterstatterin),

Kanzler: L. Ramette, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens, insbesondere der Entscheidung vom 23. November 2022, die Rechtssachen T‑563/21 und T‑564/21 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung zu verbinden,

auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2023

folgendes

Urteil

1        Mit ihren Klagen nach Art. 263 AEUV beantragen die Kläger, Herr Alexander Zaytsev und die Bremino-Grupp TAA, die Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses (GASP) 2021/1002 des Rates vom 21. Juni 2021 zur Durchführung des Beschlusses 2012/642/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Belarus (ABl. 2021, L 219 I, S. 70) und der Durchführungsverordnung (EU) 2021/997 des Rates vom 21. Juni 2021 zur Durchführung des Artikels 8a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 über restriktive Maßnahmen gegen Belarus (ABl. 2021, L 219 I, S. 3), soweit diese Rechtsakte (im Folgenden zusammen: angefochtene Rechtsakte) sie betreffen.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Die Bremino-Grupp TAA ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach belarussischem Recht.

3        Herr Alexander Zaytsev ist ein in Belarus tätiger Geschäftsmann, der ein Drittel der Anteile an Bremino-Grupp hält.

4        Der vorliegenden Rechtssache liegen die restriktiven Maßnahmen zugrunde, die die Europäische Union seit 2004 angesichts der Lage in Belarus in Bezug auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte erlassen hat. Wie aus den Erwägungsgründen der angefochtenen Rechtsakte hervorgeht, hängt sie insbesondere erstens mit den Präsidentschaftswahlen vom 9. August 2020, die, wie sich herausstellte, nicht den internationalen Standards entsprachen und durch Repressionsmaßnahmen gegen unabhängige Kandidaten und ein brutales Vorgehen gegen friedliche Demonstranten im Anschluss an diese Wahlen beeinträchtigt wurden, zweitens mit der Eskalation der schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen in Belarus und der brutalen Repressionen gegen die Zivilgesellschaft, die demokratische Opposition und Journalisten sowie Personen, die nationalen Minderheiten angehören, und drittens mit der unter Gefährdung der Flugsicherheit erzwungenen Landung eines Flugzeugs der Fluggesellschaft Ryanair in Minsk (Belarus) vom 23. Mai 2021 und der Festnahme von Herrn Raman Pratassewitsch und Frau Sofja Sapega durch die belarussischen Behörden zusammen.

5        Am 18. Mai 2006 erließ der Rat der Europäischen Union auf der Grundlage der Art. 75 und 215 AEUV die Verordnung (EG) Nr. 765/2006 über restriktive Maßnahmen gegen Präsident Lukaschenko und verschiedene belarussische Amtsträger (ABl. 2006, L 134, S. 1) und am 15. Oktober 2012 auf der Grundlage von Art. 29 EUV den Beschluss 2012/642/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Belarus (ABl. 2012, L 285, S. 1).

6        Das Kriterium, auf dessen Grundlage die individuellen restriktiven Maßnahmen gegen die Kläger erlassen wurden, ist in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und Art. 4 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2012/642 sowie in Art. 2 Abs. 5 der Verordnung Nr. 765/2006 in ihren zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte geltenden Fassungen festgelegt.

7        Art. 3 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2012/642 sieht ein Verbot der Einreise in und der Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Europäischen Union für Personen vor, die vom Regime von Präsident Lukaschenko profitieren oder es unterstützen.

8        Nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2012/642 und Art. 2 Abs. 5 der Verordnung Nr. 765/2006, der auf die erstgenannte Bestimmung verweist, werden sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen der natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die vom Regime von Präsident Lukaschenko profitieren oder es unterstützen, sowie der in ihrem Eigentum stehenden oder von ihnen kontrollierten juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, eingefroren.

9        Mit den angefochtenen Rechtsakten wurden die Namen der Kläger in die Listen der von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen, Organisationen und Einrichtungen im Anhang des Beschlusses 2012/642 und in Anhang I der Verordnung Nr. 765/2006 (im Folgenden zusammen: fragliche Listen) aufgenommen.

10      Der Rat rechtfertigte den Erlass der restriktiven Maßnahmen gegen Herrn Zaytsev, indem er ihn als „Geschäftsmann, Miteigentümer [von Bremino-Grupp] und Eigentümer der Sohra-Gruppe“ identifizierte, sowie mit folgenden Gründen:

„[Alexander Zaytsev] ist der ehemalige Assistent von [Viktor Lukaschenko], dem Sohn und ehemaligen nationalen Sicherheitsberater [von Präsident Lukaschenko]. Durch seinen Zugang zur Lukaschenko-Familie erhält [Herr Zaytsev] lukrative Verträge für seine wirtschaftlichen Unternehmungen. Er ist Eigentümer der Sohra-Gruppe, der Rechte für die Ausfuhr von Produkten aus staatseigenen Unternehmen (Traktoren, Lastkraftwagen) an die Golfstaaten und afrikanische Länder gewährt werden. Darüber hinaus ist er Miteigentümer [von Bremino-Grupp]. Das Unternehmen erhielt staatliche Unterstützung für die Entwicklung der Bremino-Orsha-Zone sowie etliche finanzielle und steuerliche Vorteile und andere Vergünstigungen. [Herr Zaytsev] und andere Eigentümer [von Bremino-Grupp] wurden von [Viktor Lukaschenko] unterstützt.

Er profitiert somit vom [Regime von Präsident Lukaschenko] und unterstützt es.“

11      Den Erlass der restriktiven Maßnahmen gegen Bremino-Grupp rechtfertigte der Rat mit folgenden Gründen:

„[Bremino-Grupp] ist Initiator[in] und Mitverwalter[in] des Projekts Sonderwirtschaftszone Bremino-Orsha, die durch ein von [Präsident Lukaschenko] unterzeichnetes Präsidialdekret geschaffen wurde. Das Unternehmen erhielt staatliche Unterstützung für die Entwicklung der Zone Bremino-Orsha sowie etliche finanzielle und steuerliche Vorteile und andere Vergünstigungen. Die Eigentümer von Bremino-Orsha – [Alexander Zaytsev], Mikalai Varabei und Aliaksei Aleksin – gehören zum inneren Kreis von Geschäftsleuten mit Beziehungen zu [Präsident] Lukaschenko und pflegen enge Beziehungen zu [Präsident] Lukaschenko und seiner Familie.

Daher profitiert [Bremino-Grupp] vom [Regime von Präsident Lukaschenko].“

12      Mit Schreiben vom 22. Juni 2021 informierte der Rat Bremino-Grupp über den Erlass der angefochtenen Rechtsakte und die Möglichkeit, vor dem 30. November 2021 einen Antrag auf Überprüfung der Aufnahme ihres Namens in die fraglichen Listen zu stellen.

13      Am 22. Juni 2021 veröffentlichte der Rat im Amtsblatt der Europäischen Union eine Mitteilung an die Personen und Organisationen, für die die in den angefochtenen Rechtsakten vorgesehenen restriktiven Maßnahmen galten (ABl. 2021, C 244, S. 15). Mit dieser Mitteilung wurden die betroffenen Personen und Organisationen u. a. darüber informiert, dass sie beim Rat eine Überprüfung der Aufnahme ihrer Namen in die fraglichen Listen beantragen könnten.

14      Aus den Akten geht nicht hervor, dass die Kläger einen Antrag auf Überprüfung gestellt hätten.

 Anträge der Parteien

15      Die Kläger beantragen,

–        die angefochtenen Rechtsakte für nichtig zu erklären, soweit sie sie betreffen;

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

16      Der Rat beantragt,

–        die Klagen abzuweisen;

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen;

–        hilfsweise, sollte das Gericht die gegen die Kläger verhängten restriktiven Maßnahmen für nichtig erklären, anzuordnen, dass die Wirkung des Durchführungsbeschlusses 2021/1002 in Bezug auf die Kläger so lange beibehalten wird, bis die teilweise Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung 2021/997 wirksam wird.

 Rechtliche Würdigung

17      Die Kläger stützen ihre Klagen auf vier Klagegründe, mit denen sie erstens eine Verletzung der Begründungspflicht, zweitens Sachverhalts- und Beurteilungsfehler, drittens eine Verletzung der Verteidigungsrechte und des Rechts auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz sowie viertens die Unverhältnismäßigkeit der angefochtenen Rechtsakte geltend machen.

18      Es sind zunächst der erste und der dritte Klagegrund, die die formelle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Rechtsakte betreffen, und dann der zweite und der vierte Klagegrund zu prüfen.

 Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht

19      Die Kläger machen im Wesentlichen geltend, die Begründung für die Aufnahme ihrer Namen in die fraglichen Listen sei vage und nicht hinreichend genau, so dass sie nicht den Anforderungen von Art. 296 Abs. 2 AEUV entspreche. Die Kläger seien weder in der Lage, die Gründe für diese Aufnahme noch die allgemeinen Aufnahmekriterien, auf denen sie beruhe, nachzuvollziehen, und das Gericht könne seine Kontrolle hinsichtlich der Stichhaltigkeit der Begründung der angefochtenen Rechtsakte, was die Kläger angehe, nicht ausüben.

20      Darüber hinaus führt Herr Zaytsev in der Rechtssache T‑563/21 aus, der Rat habe sich vielmehr auf einen Generalverdacht wegen seiner unternehmerischen Beteiligung an Bremino-Grupp gestützt und die anderen Gründe seien zu allgemein und beruhten offensichtlich auf unsicheren Quellen, da sie nicht mit der tatsächlichen Lage übereinstimmten.

21      In der Rechtssache T‑564/21 trägt Bremino-Grupp vor, der Rat spreche nur sehr vage von den finanziellen und steuerlichen Vorteilen sowie von anderen unklaren Vergünstigungen, die sie von den belarussischen Behörden gewährt bekommen habe. Zum anderen werde auf eine angebliche Verbindung des Unternehmens zum Präsidenten Lukaschenko und seiner Familie abgestellt, ohne Bezug darauf, wie sich diese angeblichen Verbindungen auf Bremino-Grupp ausgewirkt und dazu geführt hätten, dass sie vom Regime von Präsident Lukaschenko profitiert habe.

22      Der Rat tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen.

23      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis handelt, das von der Stichhaltigkeit der Gründe zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Die Begründung eines Rechtsakts soll nämlich förmlich die Gründe zum Ausdruck bringen, auf denen dieser Rechtsakt beruht. Weisen die Gründe Fehler auf, so beeinträchtigen diese die materielle Rechtmäßigkeit des Rechtsakts, nicht aber dessen Begründung, die, obwohl sie fehlerhafte Gründe enthält, zureichend sein kann (vgl. Urteil vom 5. November 2014, Mayaleh/Rat, T‑307/12 und T‑408/13, EU:T:2014:926, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Daraus folgt, dass das Vorbringen der Kläger, das sich auf die materielle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Rechtsakte bezieht, nämlich zum einen, dass der Rat im Fall von Bremino-Grupp nicht dargetan habe, wie sich die angebliche Verbindung des Unternehmens zum Präsidenten Lukaschenko und seiner Familie auf Bremino-Grupp ausgewirkt und dazu geführt habe, dass sie vom Regime von Präsident Lukaschenko profitiert habe (siehe oben, Rn. 21), und zum anderen, dass ein Teil der Gründe für die Aufnahme in die fraglichen Listen auf unsicheren Quellen beruhe, da sie im Fall von Herrn Zaytsev nicht mit der tatsächlichen Lage übereinstimmten (siehe oben, Rn. 20), nicht bei der Prüfung des ersten Klagegrundes, mit dem eine Verletzung gegen die Begründungspflicht gerügt wird, berücksichtigt werden kann, sondern bei der Prüfung des zweiten Klagegrundes, mit dem Sachverhalts- und Beurteilungsfehler gerügt werden, zu berücksichtigen ist.

25      Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) vorgeschriebene Begründung die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassenen Maßnahmen zur Beurteilung deren Stichhaltigkeit entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. November 2012, Rat/Bamba, C‑417/11 P, EU:C:2012:718, Rn. 50, und vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Die Begründung eines Rechtsakts des Rates, mit dem eine restriktive Maßnahme verhängt wird, muss nicht nur die Rechtsgrundlage dieser Maßnahme nennen, sondern auch die besonderen und konkreten Gründe, aus denen der Rat in Ausübung seines Ermessens annimmt, dass der Betroffene einer solchen Maßnahme zu unterwerfen sei (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. September 2018, Sberbank of Russia/Rat, T‑732/14, EU:T:2018:541, Rn. 97 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27      Die nach Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta vorgeschriebene Begründung muss allerdings der Natur des fraglichen Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob eine Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2020, Rosneft u. a./Rat, C‑732/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:727, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Somit ist ein beschwerender Rechtsakt hinreichend begründet, wenn er in einem Kontext ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. September 2018, Sberbank of Russia/Rat, T‑732/14, EU:T:2018:541, Rn. 93 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Daraus folgt, dass für die Feststellung, ob die angefochtenen Rechtsakte der Begründungspflicht genügen, zu prüfen ist, ob der Rat in der Begründung dieser Rechtsakte die Gründe, aus denen er angenommen hat, dass die Aufnahme der Namen der Kläger in die fraglichen Listen im Hinblick auf die anwendbaren rechtlichen Kriterien gerechtfertigt sei, verständlich und hinreichend genau dargelegt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2015, Chyzh u. a./Rat, T‑276/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:748, Rn. 119).

30      Zunächst ist davon auszugehen, dass den Klägern der Kontext, in den sich die gegen sie erlassenen restriktiven Maßnahmen einfügten, bekannt war. Die Kläger selbst legen in ihren Klageschriften die gesetzgeberische Entwicklung genau dar, die dazu führte, dass in einem ersten Schritt die politische Führung von Belarus sowie die für Repressionen und Menschenrechtsverletzungen verantwortlichen Beamten sanktioniert wurden und dann in einem zweiten Schritt die restriktiven Maßnahmen auf andere Gruppen von Personen und Organisationen ausgeweitet wurden, darunter diejenigen, die das Regime von Präsident Lukaschenko unterstützten oder von ihm profitierten.

31      Was sodann die Gründe betrifft, aus denen die restriktiven Maßnahmen die Kläger konkret betreffen, ist darauf hinzuweisen, dass der Name von Herrn Zaytsev aus mehreren Gründen in die fraglichen Listen aufgenommen wurde, nämlich weil er erstens der ehemalige Assistent von Viktor Lukaschenko sei, zweitens durch seinen Zugang zur Familie von Präsident Lukaschenko lukrative Verträge für seine wirtschaftlichen Unternehmungen erhalten habe, drittens Eigentümer der Sohra-Gruppe sei, der Rechte für die Ausfuhr von Produkten aus staatseigenen Unternehmen (Traktoren, Lastkraftwagen) an die Golfstaaten und afrikanische Länder gewährt worden seien, und viertens darüber hinaus Miteigentümer von Bremino-Grupp sei, die staatliche Unterstützung für die Entwicklung der Sonderwirtschaftszone Bremino-Orsha (im Folgenden: SWZ Bremino-Orsha) sowie etliche finanzielle und steuerliche Vorteile und andere Vergünstigungen erhalten habe, und Herr Zaytsev und andere Eigentümer von Bremino-Grupp von Viktor Lukaschenko, dem Sohn von Präsident Lukaschenko, unterstützt worden seien (siehe oben, Rn. 10). Die angefochtenen Rechtsakte geben schließlich ausdrücklich an, dass der Rat aus all diesen Gründen den Schluss zieht, Herr Zaytsev profitiere vom Regime von Präsident Lukaschenko und unterstütze es.

32      Was Bremino-Grupp betrifft, so wurde ihr Name in die fraglichen Listen aufgenommen, weil sie erstens Initiatorin und Verwalterin des Projekts SWZ Bremino-Orsha sei, die durch ein Dekret von Präsident Lukaschenko geschaffen worden sei, zweitens staatliche Unterstützung für die Entwicklung dieser Zone sowie etliche finanzielle und steuerliche Vorteile und andere Vergünstigungen erhalten habe und drittens ihre Eigentümer – Herr Zaytsev, Herr Varabei und Herr Aleksin – zum inneren Kreis von Geschäftsleuten mit Beziehungen zu Präsident Lukaschenko gehörten und enge Beziehungen zu ihm und seiner Familie pflegten (siehe oben, Rn. 11). Der Rat leitet daraus in den angefochtenen Rechtsakten ausdrücklich ab, dass Bremino-Grupp vom Regime von Präsident Lukaschenko profitiere.

33      Im vorliegenden Fall ist als Erstes darauf hinzuweisen, dass aus der Begründung der angefochtenen Rechtsakte klar und eindeutig hervorgeht, dass das anwendbare allgemeine Aufnahmekriterium das oben in den Rn. 6 bis 8 genannte war. In den angefochtenen Rechtsakten wird nämlich ausdrücklich klargestellt, dass die Namen der Kläger in die fraglichen Listen aufgenommen wurden, weil sie als Personen und Organisationen angesehen wurden, die vom Regime von Präsident Lukaschenko profitieren oder es unterstützen.

34      Als Zweites ist festzustellen, dass die Begründung der angefochtenen Rechtsakte entgegen dem Vorbringen der Kläger genaue und konkrete Gründe für die Aufnahme ihrer Namen in die fraglichen Listen enthält.

35      Was Bremino-Grupp angeht, so beziehen sich diese Gründe nämlich auf die besondere Stellung, die sie im Rahmen der SWZ Bremino-Orsha, deren Mitverwalterin sie ist, hatte, weil sie erstens Initiatorin des Projekts SWZ Bremino-Orsha war, die durch ein Dekret von Präsident Lukaschenko geschaffen wurde, zweitens staatliche Unterstützung sowie etliche finanzielle und steuerliche Vorteile und andere Vergünstigungen für die Entwicklung dieser Zone erhalten hat, und drittens ihre Eigentümer zum inneren Kreis von Geschäftsleuten mit Beziehungen zu Präsident Lukaschenko gehören und enge Beziehungen zu ihm und seiner Familie pflegen.

36      Bei Herrn Zaytsev beziehen sich die Gründe für seine Aufnahme zum einen auf seine Beziehung zur Familie von Präsident Lukaschenko, insbesondere zu dessen Sohn Viktor, und zum anderen auf die Vorteile, die seine wirtschaftlichen Unternehmungen, insbesondere die Sohra-Gruppe und Bremino-Grupp, vom Regime erhalten haben.

37      Da die Begründung der mit den angefochtenen Rechtsakten gegen sie erlassenen restriktiven Maßnahmen die Kläger in die Lage versetzte, die Gründe für die Aufnahme ihrer Namen in die fraglichen Listen nachzuvollziehen, und das Gericht in der Lage ist, seine Kontrolle hinsichtlich der Stichhaltigkeit der Begründung auszuüben, ist der Schluss zu ziehen, dass der Rat seiner Verpflichtung nach Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta nachgekommen ist.

38      Diese Schlussfolgerung wird nicht durch das Vorbringen der Kläger in Frage gestellt, wonach die Begründung der angefochtenen Rechtsakte nicht klar sei, weil unbestimmte Begriffe verwendet würden, wie im Fall von Bremino-Grupp „innerer Kreis von Geschäftsleuten mit Beziehungen zu Präsident Lukaschenko“ oder im Fall von Herrn Zaytsev „Zugang zur Lukaschenko-Familie“ und „Erhalt lukrativer Verträge für seine wirtschaftlichen Unternehmungen“. Hierzu ist festzustellen, dass die Kläger nachvollzogen haben, was ihnen vorgeworfen wird, da sie Argumente vorgebracht haben, mit denen sie die Stichhaltigkeit der in den sie betreffenden Aufnahmegründen enthaltenen Behauptungen bestritten haben, wonach zum einen die Eigentümer von Bremino-Grupp zum inneren Kreis von Geschäftsleuten mit Beziehungen zu Präsident Lukaschenko gehörten und enge Beziehungen zu ihm und seiner Familie pflegten und zum anderen Herr Zaytsev durch seinen Zugang zur Familie von Präsident Lukaschenko lukrative Verträge für seine wirtschaftlichen Unternehmungen erhalten habe.

39      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die angefochtenen Rechtsakte rechtlich hinreichend begründet sind.

40      Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte der Kläger und ihres Rechts auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz

41      Die Kläger machen im Wesentlichen geltend, der Rat habe ihre Verteidigungsrechte und ihr Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz sowie die in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a und Art. 47 der Charta verankerten Grundsätze nicht gewahrt. Sie hätten keine vorherige Mitteilung des Rates mit der Benachrichtigung über die Entscheidung, sie in den Anwendungsbereich der mit den angefochtenen Rechtsakten erlassenen restriktiven Maßnahmen aufzunehmen, erhalten, geschweige denn eine Information über die Gründe und Beweise, die die angefochtenen Rechtsakte stützten.

42      Da die Kläger erst nach ihrem Inkrafttreten von den verhängten Maßnahmen erfahren hätten, hätten sie zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit gehabt, sich zu verteidigen. Die Veröffentlichung der angefochtenen Rechtsakte im Amtsblatt der Europäischen Union stelle keine vergleichbare Alternative dar und reiche nicht aus, um die oben genannten Rechte zu wahren.

43      Der Rat tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen.

44      Es ist darauf hinzuweisen, dass die Wahrung der Verteidigungsrechte u. a. den in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta niedergelegten Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 99 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45      Im Rahmen eines Verfahrens, das den Erlass einer Entscheidung betrifft, den Namen einer Person in eine Liste im Anhang eines Rechtsakts zur Verhängung restriktiver Maßnahmen aufzunehmen oder auf dieser Liste zu belassen, erfordert die Wahrung der Verteidigungsrechte und des Rechts auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz, dass die zuständige Unionsbehörde der betroffenen Person die dieser Behörde vorliegenden, die betroffene Person belastenden Informationen, auf die sie ihre Entscheidung stützt, mitteilt, damit diese Person ihre Rechte unter den bestmöglichen Bedingungen verteidigen und in Kenntnis aller Umstände entscheiden kann, ob es angebracht ist, den Unionsrichter anzurufen. Im Zusammenhang mit dieser Mitteilung muss die zuständige Unionsbehörde diese Person in die Lage versetzen, ihren Standpunkt zu den gegen sie herangezogenen Gründen in sachdienlicher Weise vorzutragen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 111 und 112).

46      Insoweit unterscheidet der Unionsrichter zwischen der erstmaligen Aufnahme des Namens einer Person in die Listen zur Verhängung restriktiver Maßnahmen zum einen und der Belassung des Namens dieser Person auf diesen Listen zum anderen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. April 2015, Al-Chihabi/Rat, T‑593/11, EU:T:2015:249, Rn. 40).

47      Bei einem ursprünglichen Rechtsakt über das Einfrieren von Geldern einer Person oder einer Organisation ist der Rat nicht verpflichtet, der betroffenen Person oder Organisation im Voraus die Gründe mitzuteilen, aus denen er beabsichtigt, sie erstmalig in die Liste der Personen und Organisationen aufzunehmen, deren Gelder eingefroren werden. Eine solche Maßnahme muss nämlich, um ihre Wirksamkeit nicht einzubüßen, schon aufgrund ihrer Natur überraschend kommen und sofort angewandt werden können. In diesem Fall genügt es grundsätzlich, dass das Organ gleichzeitig mit oder unmittelbar nach Erlass des Beschlusses der betroffenen Person oder Organisation die Gründe mitteilt und sie anhört (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2011, Frankreich/People’s Mojahedin Organization of Iran, C‑27/09 P, EU:C:2011:853, Rn. 61).

48      Im vorliegenden Fall informierte der Rat, wie aus Rn. 12 des vorliegenden Urteils hervorgeht, Bremino-Grupp mit Schreiben vom 22. Juni 2021 über den Erlass der angefochtenen Rechtsakte. In dem Schreiben hieß es, dass Bremino-Grupp vor dem 30. November 2021 beim Rat unter Beifügung von Nachweisen einen Antrag auf Überprüfung der Entscheidung, sie in die fraglichen Listen aufzunehmen, stellen könne. Zudem ergibt sich aus Anlage B.1 zur Klagebeantwortung in der Rechtssache T‑564/21, dass die ordnungsgemäße Zustellung des Schreibens bestätigt wurde.

49      In Bezug auf Herrn Zaytsev ist zwar festzustellen, dass der Rat ihm die angefochtenen Rechtsakte nicht individuell durch eine Mitteilung an seine Privatadresse bekannt gegeben hat.

50      Nach der Rechtsprechung ist jedoch davon auszugehen, dass es dem Rat nicht möglich ist, einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Organisation einen Rechtsakt, der restriktive Maßnahmen beinhaltet, die sie betreffen, individuell mitzuteilen, wenn die Adresse der Person oder Organisation nicht allgemein bekannt ist und ihm nicht mitgeteilt wurde oder die Mitteilung an die dem Rat vorliegende Adresse versandt wurde und nicht zugestellt werden kann, obwohl er mit der gebotenen Sorgfalt alle Anstrengungen unternommen hat, um die Mitteilung zu überbringen (Urteil vom 5. November 2014, Mayaleh/Rat, T‑307/12 und T‑408/13, EU:T:2014:926, Rn. 61).

51      Im vorliegenden Fall ist zum einen festzustellen, dass der Rat geltend gemacht hat, zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte nicht über die Adresse von Herrn Zaytsev verfügt zu haben, was von diesem nicht bestritten wird. Daher kann Herr Zaytsev dem Rat nicht vorwerfen, seine Verteidigungsrechte oder sein Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz dadurch verletzt zu haben, dass er die angefochtenen Rechtsakte nicht individuell bekannt gegeben habe.

52      Zum anderen war Herr Zaytsev trotz fehlender individueller Bekanntgabe der angefochtenen Rechtsakte aufgrund ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in der Lage, eine Nichtigkeitsklage beim Gericht zu erheben. Darüber hinaus hat er keine konkreten Argumente dafür vorgebracht, dass das Fehlen einer individuellen Bekanntgabe seine Verteidigung im Rahmen des vorliegenden Verfahrens erschwert hätte.

53      Im Übrigen ist das Gericht aufgrund der Untersuchung des ersten Klagegrundes zu dem Ergebnis gekommen, dass die angefochtenen Rechtsakte rechtlich hinreichend begründet waren (siehe oben, Rn. 39).

54      Nach der Rechtsprechung verpflichtet der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte in dem Fall, dass hinreichend genaue Informationen mitgeteilt wurden, die es dem Betroffenen erlauben, zu den ihm vom Rat zur Last gelegten Gesichtspunkten sachdienlich Stellung zu nehmen, den Rat nicht dazu, von sich aus Zugang zu den in seinen Akten enthaltenen Schriftstücken zu gewähren. Nur auf Antrag des Betroffenen hat er Einsicht in alle nicht vertraulichen Verwaltungspapiere zu gewähren, die die fragliche Maßnahme betreffen. Das Erfordernis einer Spontanmitteilung des Inhalts der Akte ginge zu weit, da zum Zeitpunkt des Erlasses einer restriktiven Maßnahme wie etwa des Einfrierens von Geldern nicht sicher ist, dass der Betroffene mittels Aktenzugangs die tatsächlichen Umstände überprüfen will, auf die der Rat die ihm zur Last gelegten Punkte stützt (Urteil vom 22. April 2015, Tomana u. a./Rat und Kommission, T‑190/12, EU:T:2015:222, Rn. 192).

55      Somit ist davon auszugehen, dass die Kläger über hinreichend genaue, den Anforderungen der oben in Rn. 54 angeführten Rechtsprechung genügende Informationen verfügten und, wenn sie dies wünschten, selbst um die Bekanntgabe der sie betreffenden Beweise, auf die sich der Rat gestützt hatte, ersuchen hätten müssen. Wie sich aus Rn. 14 des vorliegenden Urteils ergibt, haben die Kläger beim Rat weder ihre erstmalige Aufnahme in die fraglichen Listen angefochten, die Bremino-Grupp mit Schreiben und Herrn Zaytsev mit im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichter Mitteilung vom 22. Juni 2021 bekannt gegeben wurde, noch die Übermittlung der sie betreffenden Beweise beantragt, auf die sich der Rat gestützt hatte.

56      Im Ergebnis enthält das Vorbringen der Kläger in ihren Klageschriften zur Stützung des dritten Klagegrundes keinen Beleg dafür, dass der Rat in Bezug auf die angefochtenen Rechtsakte, mit denen die sie betreffenden restriktiven Maßnahmen erlassen wurden, ihre Verteidigungsrechte oder ihr Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz verletzt hat.

57      Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Sachverhalts- und Beurteilungsfehler

58      Im Rahmen ihres zweiten Klagegrundes machen die Kläger im Wesentlichen geltend, sämtliche Gründe, auf die der Rat ihre Aufnahme in die fraglichen Listen gestützt habe, beruhten auf Vermutungen und nicht auf einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage.

59      Der Rat tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen.

60      Vorab ist erstens darauf hinzuweisen, dass die durch Art. 47 der Charta gewährleistete Wirksamkeit der gerichtlichen Kontrolle u. a. erfordert, dass sich der Unionsrichter, wenn er die Rechtmäßigkeit der Begründung prüft, die einer Entscheidung, den Namen einer Person oder Organisation in die Liste der restriktiven Maßnahmen unterliegenden Personen aufzunehmen oder darauf zu belassen, zugrunde liegt, vergewissert, dass diese Entscheidung, die eine individuelle Betroffenheit dieser Person oder Organisation begründet, auf einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage beruht. Dies setzt eine Überprüfung der Tatsachen voraus, die in der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Begründung angeführt werden, so dass sich die gerichtliche Kontrolle nicht auf die Beurteilung der abstrakten Wahrscheinlichkeit der angeführten Gründe beschränkt, sondern auf die Frage erstreckt, ob diese Gründe – oder zumindest einer von ihnen, der für sich genommen als ausreichend angesehen wird, um diese Entscheidung zu stützen – erwiesen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 119).

61      Der Unionsrichter hat bei dieser Prüfung gegebenenfalls von der zuständigen Unionsbehörde – vertrauliche oder nicht vertrauliche – Informationen oder Beweise anzufordern, die für eine solche Prüfung relevant sind (vgl. Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 120 und die dort angeführte Rechtsprechung).

62      Im Streitfall ist es nämlich Sache der zuständigen Unionsbehörde, die Stichhaltigkeit der gegen die betroffene Person oder Organisation vorliegenden Gründe nachzuweisen, und nicht Sache der betroffenen Person oder Organisation, den negativen Nachweis zu erbringen, dass diese Gründe nicht stichhaltig sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 121).

63      Übermittelt die zuständige Unionsbehörde relevante Informationen oder Beweise, muss der Unionsrichter die inhaltliche Richtigkeit der vorgetragenen Tatsachen anhand dieser Informationen oder Beweise prüfen und deren Beweiskraft anhand der Umstände des Einzelfalls und im Licht etwaiger dazu abgegebener Stellungnahmen, insbesondere der betroffenen Person oder Organisation, würdigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 124).

64      Bei dieser Beurteilung sind die Beweise und Informationen nicht isoliert, sondern in dem Zusammenhang zu prüfen, in dem sie stehen. Der Rat kommt der ihm obliegenden Beweislast nach, wenn er vor dem Unionsrichter auf ein Bündel von Indizien hinweist, die hinreichend konkret, genau und übereinstimmend sind und die Feststellung ermöglichen, dass eine hinreichende Verbindung zwischen der Organisation, die einer Maßnahme des Einfrierens ihrer Gelder unterworfen ist, und dem Regime oder ganz allgemein den Situationen besteht, gegen das bzw. die sich die Maßnahme richtet (vgl. Urteil vom 12. Februar 2020, Kanyama/Rat, T‑167/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:49, Rn. 93 und die dort angeführte Rechtsprechung).

65      Außerdem kann sich der Unionsrichter sowohl zur Belastung als auch zur Entlastung auch auf einen vom Kläger während des Gerichtsverfahrens vorgebrachten Gesichtspunkt stützen. Dass die von den restriktiven Maßnahmen betroffene Person einen Gesichtspunkt zu ihrer Entlastung mitgeteilt hat, schließt nämlich nicht aus, dass ihr dieser Gesichtspunkt gegebenenfalls entgegengehalten wird, um die Stichhaltigkeit der Gründe festzustellen, die den gegen sie verhängten restriktiven Maßnahmen zugrunde liegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2020, Ilunga Luyoyo/Rat, T‑166/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:50, Rn. 124 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66      Schließlich ist hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Beweiskraft von Beweisen, einschließlich solcher aus digitalen Quellen, zu beachten, dass für den Gerichtshof und das Gericht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gilt und dass für die Würdigung der vorgelegten Beweise allein deren Glaubhaftigkeit maßgeblich ist. Außerdem ist zur Beurteilung des Beweiswerts eines Dokuments die Wahrscheinlichkeit der darin enthaltenen Informationen zu untersuchen, wobei insbesondere die Herkunft des Dokuments, die Umstände seiner Ausarbeitung sowie sein Adressat zu berücksichtigen sind und zu prüfen ist, ob es seinem Inhalt nach sinnvoll und glaubhaft erscheint (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. März 2018, Kim u. a./Rat und Kommission, T‑533/15 und T‑264/16, EU:T:2018:138, Rn. 224, und vom 12. Februar 2020, Kande Mupompa/Rat, T‑170/18, EU:T:2020:60, Rn. 107 [nicht veröffentlicht]).

67      Zweitens lässt sich in Anbetracht des präventiven Charakters der fraglichen restriktiven Maßnahmen dann, wenn der Unionsrichter im Rahmen seiner Kontrolle der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu der Auffassung gelangt, dass zumindest einer der Aufnahmegründe hinreichend genau und konkret ist, dass er nachgewiesen ist und dass er für sich genommen eine hinreichende Grundlage für diese Entscheidung darstellt, deren Nichtigerklärung nicht damit rechtfertigen, dass dies auf andere Aufnahmegründe nicht zutrifft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 130).

68      Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob im vorliegenden Fall die Gründe für die Aufnahme der Namen der Kläger in die fraglichen Listen auf einem Bündel von Indizien beruhen, die hinreichend konkret, genau und übereinstimmend sind und die Feststellung ermöglichen, dass sie vom Regime von Präsident Lukaschenko profitieren oder es unterstützen.

69      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass, wie aus den Rn. 10 und 11 des vorliegenden Urteils hervorgeht, mehrere Gründe für die Aufnahme der Namen der Kläger in die fraglichen Listen im Wesentlichen übereinstimmen. Erstens sind nämlich die Behauptungen, die den Gründen für die Aufnahme des Namens von Bremino-Grupp zugrunde liegen, wonach sie Initiatorin und Mitverwalterin des Projekts SWZ Bremino-Orsha sei, die durch ein von Präsident Lukaschenko unterzeichnetes Präsidialdekret geschaffen worden sei, und staatliche Unterstützung für die Entwicklung dieser SWZ sowie etliche finanzielle und steuerliche Vorteile und andere Vergünstigungen erhalten habe, im Wesentlichen identisch mit den Behauptungen, die den Gründen für die Aufnahme des Namens von Herrn Zaytsev zugrunde liegen, wonach er Miteigentümer von Bremino-Grupp sei, die staatliche Unterstützung für die Entwicklung der SWZ Bremino-Orsha sowie etliche finanzielle und steuerliche Vorteile und andere Vergünstigungen erhalten habe.

70      Zweitens ähneln die Behauptungen, die den Gründen für die Aufnahme des Namens von Bremino-Grupp in die fraglichen Listen zugrunde liegen, wonach ihre Eigentümer – Herr Zaytsev, Herr Varabei und Herr Aleksin – zum inneren Kreis von Geschäftsleuten mit Beziehungen zu Präsident Lukaschenko gehörten und enge Beziehungen zu ihm und seiner Familie pflegten, was Herrn Zaytsev angeht, inhaltlich den Behauptungen, dass dieser der ehemalige Assistent von Viktor Lukaschenko, dem Sohn und ehemaligen nationalen Sicherheitsberater von Präsident Lukaschenko, sei und dass Herr Zaytsev und andere Eigentümer von Bremino-Grupp von Viktor Lukaschenko unterstützt worden seien. Diese Behauptungen beziehen sich nämlich im Wesentlichen auf die Nähe der Eigentümer von Bremino-Grupp, darunter Herr Zaytsev, zu Präsident Lukaschenko und seinen Familienangehörigen.

71      Zunächst sind die oben genannten Behauptungen, die den für beide Kläger übereinstimmenden Aufnahmegründen zugrunde liegen, für beide Kläger zusammen zu prüfen.

 Zu den Behauptungen bezüglich der Beteiligung von Bremino-Grupp, zu deren Eigentümern Herr Zaytsev gehören soll, an der SWZ Bremino-Orsha

72      Erstens ist festzustellen, dass die Kläger nicht bestreiten, dass Bremino-Grupp, deren Eigentümer Herr Zaytsev, Herr Varabei und Herr Aleksin jeweils ein Drittel der Geschäftsanteile halten, die SWZ Bremino-Orsha verwaltet, auf deren Gebiet sie gemäß dem Dekret Nr. 334 des Präsidenten von Belarus vom 21. Juli 2015 „über die Schaffung eines multimodalen Industrie- und Logistikkomplexes“ einen multimodalen Industrie- und Logistikkomplex errichtet hat. Zwischen den Parteien ist ferner unstreitig, dass die SWZ Bremino-Orsha nach dem Dekret Nr. 106 des Präsidenten von Belarus „über die Errichtung [der SWZ] ‚Bremino-Orsha‘“ vom 21. März 2019 (im Folgenden: Dekret Nr. 106 von 2019) einer rechtlichen Sonderregelung unterliegt, insbesondere in Bezug auf Steuern, Zollvorschriften, die Grundbesitzordnung und andere Besonderheiten im Zusammenhang mit der Regulierung der wirtschaftlichen Tätigkeit durch den Staat auf seinem Hoheitsgebiet.

73      Was die Errichtung der SWZ Bremino-Orsha angeht, so bestätigen die Kläger in ihren Schriftsätzen außerdem, dass diese Zone auf Initiative von Bremino-Grupp geschaffen worden sei, und geben an, dass Bremino-Grupp an den Beratungen zur Errichtung der SWZ Bremino-Orsha mit den belarussischen Behörden teilgenommen habe.

74      Auf die hierzu vorgenommene Befragung durch das Gericht in der mündlichen Verhandlung haben die Kläger angegeben, Bremino-Grupp habe das Investitionsvorhaben für die Errichtung des multimodalen Industrie- und Logistikkomplexes im Gebiet Vitebsk entworfen, das später zur SWZ Bremino-Orsha wurde.

75      Folglich ist dem Rat kein Sachverhalts- oder Beurteilungsfehler unterlaufen, als er die Auffassung vertrat, dass Bremino-Grupp Initiatorin des Projekts SWZ Bremino-Orsha gewesen sei und diese durch ein Dekret von Präsident Lukaschenko geschaffen worden sei.

76      Was zweitens die Behauptung betrifft, Bremino-Grupp habe staatliche Unterstützung für die Entwicklung der SWZ Bremino-Orsha sowie etliche finanzielle und steuerliche Vorteile und andere Vergünstigungen erhalten, so machen die Kläger im Wesentlichen geltend, dass die auf dem Gebiet dieser Zone geltende Sonderregelung keinen Vorteil erkennen lasse, der Bremino-Grupp vom Regime von Präsident Lukaschenko gewährt worden sei.

77      Nach belarussischem Recht werde nämlich auf der Grundlage eines von der Regierung unterbreiteten Vorschlags ein Dekret des Präsidenten von Belarus zur Errichtung einer Sonderwirtschaftszone erlassen. Darüber hinaus könnten für diese Zonen entsprechende steuer- und zollrechtliche Vorteile vorgesehen werden. Schließlich sei Bremino-Grupp kein finanzieller Vorteil – etwa in Form von tatsächlichen Zahlungen aus dem belarussischen Staatshaushalt, Subventionen oder Darlehen – gewährt worden.

78      Zu den Vorteilen, die Bremino-Grupp im Rahmen der Entwicklung der SWZ Bremino-Orsha erhalten haben soll, ist darauf hinzuweisen, dass die Kläger nicht bestreiten, dass diese Zone einer rechtlichen Sonderregelung unterliegt, insbesondere in Bezug auf Steuern, Zollvorschriften, die Grundbesitzordnung und andere Besonderheiten im Zusammenhang mit der Regulierung der wirtschaftlichen Tätigkeit durch den Staat auf seinem Hoheitsgebiet, so dass Bremino-Grupp alle diese aus staatlichen Mitteln gewährten Vorteile zugutekommen.

79      Außerdem belegen die vom Rat mit dem Dokument WK 6190/2021 INIT vorgelegten Beweise, dass Bremino-Grupp die Hauptbegünstigte der rechtlichen Sonderregelung der SWZ Bremino-Orsha ist. Dies gilt für den am 16. Januar 2019 auf der Internetseite „naviny.by“ veröffentlichten Artikel, der entsprechende Schlussfolgerungen des belarussischen Wirtschaftswissenschaftlers Yaroslav Romanchuk zitiert, und die Publikation des Finnischen Instituts für internationale Angelegenheiten „Playing the enemies: Belarus finds in between EU and Russian sanctions regimes“ (Spiel mit den Feinden: Belarus zwischen den Sanktionsregelungen der EU und Russlands) vom September 2020, wonach Bremino-Grupp mit dem Dekret Nr. 106 von 2019 in der SWZ Bremino-Orsha mehrere zusätzliche finanzielle und steuerliche Vorteile gewährt wurden.

80      Zum Vorbringen der Kläger, die SWZ Bremino-Orsha sei keine spezielle Begünstigung nur von Bremino-Grupp, da die im Dekret Nr. 106 von 2019 vorgesehenen Vorteile allen Investoren der SWZ Bremino-Orsha gewährt würden, ist Folgendes festzustellen: Erstens beschränkt sich die Rolle von Bremino-Grupp in der SWZ Bremino-Orsha nicht auf die eines bloßen Investors. Wie bereits oben in Rn. 73 festgestellt, wurde die SWZ Bremino-Orsha auf Initiative von Bremino-Grupp entwickelt, die auch die verwaltende Gesellschaft dieser Zone ist und an den Beratungen zu deren Errichtung teilnahm. Zweitens geht aus den Akten hervor, wie oben in Rn. 79 festgestellt, dass Bremino-Grupp die Hauptbegünstigte der rechtlichen Sonderregelung der SWZ Bremino-Orsha ist. Der Umstand, dass auch anderen Investoren die Vorteile zugutekommen können, die diese Regelung für alle Residenten der SWZ Bremino-Orsha vorsieht, stellt diese Feststellung nicht in Frage. Dies gilt umso mehr, als die Zahl der Residenten dieser Zone begrenzt ist. Zwar gibt Bremino-Grupp an, dass es dort aktuell zwei Residenten gebe, doch auf der von ihr verwalteten Internetseite der SWZ Bremino-Orsha, die als Beweis Nr. 6 des Dokuments WK 6190/2021 INIT vorgelegt wurde, wird tatsächlich nur ein Resident erwähnt, nämlich Bremino-Grupp. Drittens werden diese Feststellungen entgegen dem Vorbringen von Bremino-Grupp nicht durch das Dekret Nr. 106 von 2019 widerlegt. Dieses Dekret sieht für Bremino-Grupp als verwaltende Gesellschaft der SWZ Bremino-Orsha mehrere besondere Vorteile vor. Ein Beispiel hierfür ist die Finanzierung der Gehälter und anderer Zahlungen an ihre Mitarbeiter durch einen gemäß dem Dekret Nr. 106 von 2019 eingerichteten Fonds.

81      Folglich ist dem Rat kein Sachverhalts- oder Beurteilungsfehler unterlaufen, als er feststellte, dass Bremino-Grupp, zu deren Eigentümern Herr Zaytsev gehört, staatliche Unterstützung für die Entwicklung der SWZ Bremino-Orsha sowie etliche finanzielle und steuerliche Vorteile und andere Vergünstigungen erhalten hat.

82      Aus alledem ist zu schließen, dass die Behauptungen, wonach Bremino-Grupp, zu deren Eigentümern Herr Zaytsev gehört, Initiatorin des Projekts SWZ Bremino-Orsha war, die durch ein Dekret von Präsident Lukaschenko geschaffen wurde, und staatliche Unterstützung für die Entwicklung der SWZ Bremino-Orsha sowie etliche finanzielle und steuerliche Vorteile und andere Vergünstigungen erhalten hat, nicht mit einem Beurteilungsfehler des Rates behaftet sind.

 Zu den Behauptungen bezüglich der Nähe der Eigentümer von Bremino-Grupp, darunter Herr Zaytsev, zu Präsident Lukaschenko und seinen Familienangehörigen

83      Die Behauptungen, dass die Eigentümer von Bremino-Grupp, darunter Herr Zaytsev, zum inneren Kreis von Geschäftsleuten mit Beziehungen zu Präsident Lukaschenko gehörten und enge Beziehungen zu ihm und seiner Familie pflegten und dass Herr Zaytsev der ehemalige Assistent von Viktor Lukaschenko sei, sind zusammen zu prüfen.

84      Zu den Beziehungen der Eigentümer von Bremino-Grupp – also der Geschäftsleute Zaytsev, Varabei und Aleksin – zu Präsident Lukaschenko und seiner Familie, insbesondere zu seinem Sohn Viktor, ist darauf hinzuweisen, dass die oben in Rn. 79 angeführte Publikation „Playing the enemies: Belarus finds in between EU and Russian sanctions regimes“ die drei Geschäftsleute als ehemalige Kollegen von Präsident Lukaschenkos Sohn Viktor erwähnt.

85      Darüber hinaus werden in dem am 27. Juni 2019 auf der Internetseite „udf.by“ veröffentlichten und als Beweis Nr. 3 im Dokument WK 6190/2021 INIT vorgelegten Artikel die Eigentümer von Bremino-Grupp als dem Regime von Präsident Lukaschenko nahestehend beschrieben.

86      Zu Herrn Zaytsev im Besonderen ist festzustellen, dass er nicht bestreitet, in einer Behörde gearbeitet zu haben, deren Leiter Viktor Lukaschenko war.

87      Zwar macht Herr Zaytsev geltend, dieser Umstand mache ihn nicht automatisch zu einem ehemaligen Assistenten von Viktor Lukaschenko, da dieser zu keinem Zeitpunkt sein unmittelbarer Vorgesetzter gewesen sei. Im Übrigen liege diese Zusammenarbeit bereits über zehn Jahre zurück.

88      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass mehrere vom Rat vorgelegte Beweise belegen, dass Herr Zaytsev entgegen seinem Vorbringen Assistent von Viktor Lukaschenko, dem ältesten Sohn und nationalen Sicherheitsberater von Präsident Lukaschenko, war, und zwar in einer Behörde, deren Leiter Viktor Lukaschenko war.

89      Herr Zaytsev wird nämlich als eben solcher in den Presseartikeln beschrieben, die in den Beweisen Nrn. 3, 5, 6, 7, 11 und 12 des Dokuments WK 7411/2021 REV 1 und in den Beweisen Nrn. 1 und 2 des Dokuments WK 6189/2021 INIT enthalten sind.

90      Herr Zaytsev bestreitet zwar ganz allgemein die Zuverlässigkeit der vom Rat vorgelegten Beweise und insbesondere des am 3. November 2020 auf der Internetseite „by.tribuna.com“ veröffentlichten Artikels, der als Beweis Nr. 2 des Dokuments WK 6189/2021 INIT vorgelegt wurde, da die darin enthaltene Behauptung, er sei ein ehemaliger Assistent von Viktor Lukaschenko, nur auf mittelbare Quellen aus anderen Medien gestützt werde.

91      Zum einen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass dem am 10. März 2021 auf der Internetseite „occrp.org“ veröffentlichten Artikel zufolge, den der Rat als Beweis Nr. 5 des Dokuments WK 7411/2021 REV 1 vorgelegt hat, die Quelle dieser Information ein ehemaliger Beamter in der Behörde von Präsident Lukaschenko ist, dessen Anonymität aus Sicherheitsgründen gewahrt wurde.

92      Zum anderen beschränkt sich Herr Zaytsev zur Widerlegung dieser Behauptung darauf, zu bestreiten, dass er persönlicher Assistent oder Berater von Viktor Lukaschenko und dieser sein unmittelbarer Vorgesetzter gewesen sei, ohne jedoch dieses Vorbringen mit Beweisen zu belegen, die die vom Rat z. B. zur Bestätigung der Identität seines unmittelbaren Vorgesetzten im maßgeblichen Zeitraum vorgelegten Beweise in Frage stellen könnten.

93      Im Übrigen braucht der Rat für die Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der vorgetragenen Tatsache, dass Herr Zaytsev ein ehemaliger Assistent von Viktor Lukaschenko sei, nicht nachzuweisen, dass Herr Zaytsev eine Stelle mit der Bezeichnung „Assistent“ oder „persönlicher Berater“ innehatte. Vielmehr ist diese Prüfung, wie sich aus der oben in den Rn. 63 und 66 angeführten Rechtsprechung ergibt, anhand der relevanten Informationen und Beweise vorzunehmen, deren Beweiskraft anhand der Umstände des Einzelfalls und im Licht der von der betroffenen Person dazu abgegebenen Stellungnahme zu würdigen ist.

94      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Herr Zaytsev in seinen Schriftsätzen bestätigt, in einer von Viktor Lukaschenko geleiteten Behörde gearbeitet zu haben, was im Übrigen durch die Auszüge aus seinem Arbeitsbuch bestätigt wird, die der Klageschrift in der Rechtssache T‑563/21 als Anlage beigefügt sind und aus denen hervorgeht, dass er von 2009 bis zu seinem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst im Jahr 2012 als Leiter der Abteilung „Sektor für die Sicherstellung von Tätigkeit des Präsidentenberaters für Nationale Sicherheit“ gearbeitet hat. Außerdem bestreitet Herr Zaytsev nicht, dass der nationale Sicherheitsberater des Präsidenten während dieser Zeit Viktor Lukaschenko war.

95      Zum Vorbringen von Herrn Zaytsev, dass seine Zusammenarbeit mit Viktor Lukaschenko in der Behörde, die von diesem geleitet wurde, über zehn Jahre zurückliege, ist festzustellen, dass die Rechtsprechung zwar klargestellt hat, dass ehemalige Funktionen einer von restriktiven Maßnahmen betroffenen Person für sich genommen die Aufnahme ihres Namens in die Listen der von restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen und Organisationen nicht rechtfertigen können. Der Umstand, dass eine von den restriktiven Maßnahmen betroffene Person ihre ehemaligen Funktionen aufgegeben hat, bedeutet jedoch für sich genommen nicht, dass diese Funktionen unerheblich wären, da ihre frühere Tätigkeit ihr Verhalten beeinflussen könnte. Beabsichtigte der Rat, sich auf die frühere Tätigkeit der genannten Person zu stützen, so müsste er gewichtige und übereinstimmende Indizien vorlegen, die vernünftigerweise darauf schließen ließen, dass der Betreffende zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Rechtsakts Verbindungen zum Leiter der Organisation, bei der er beschäftigt war, aufrechterhält, die nach Aufgabe seiner Tätigkeit in der fraglichen Organisation seine Aufnahme in die Liste rechtfertigen (vgl. entsprechend Urteil vom 24. November 2021, Assi/Rat, T‑256/19, EU:T:2021:818, Rn. 128 und die dort angeführte Rechtsprechung).

96      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den oben in den Rn. 84 und 85 angeführten Beweisen, dass der Rat gewichtige und übereinstimmende Indizien im Sinne der oben in Rn. 95 angeführten Rechtsprechung vorgelegt hat, die vernünftigerweise darauf schließen lassen, dass sich die Nähe von Herrn Zaytsev zu Präsident Lukaschenkos Sohn Viktor nicht auf den Zeitraum beschränkte, in dem beide Männer im selben Teilbereich der Regierung tätig waren, dessen Leiter Viktor Lukaschenko war, sondern dass sie bis zum Erlass der angefochtenen Rechtsakte fortbestand.

97      Zu der Behauptung, Herr Zaytsev und die anderen Eigentümer von Bremino-Grupp seien von Viktor Lukaschenko unterstützt worden, ist festzustellen, dass der oben in Rn. 85 angeführte Beweis belegt, dass Herr Zaytsev, Herr Varabei und Herr Aleksin im Jahr 2018 persönlich das Projekt SWZ Bremino-Orsha bei Präsident Lukaschenko vorstellten, in Anwesenheit seines Sohnes Viktor, der sie unterstützt hatte. Dies wird auch durch die Informationen im Beweis Nr. 1 des Dokuments WK 6190/2021 INIT bestätigt.

98      Die Kläger bestreiten zwar die Nähe der Eigentümer von Bremino-Grupp zum Regime von Präsident Lukaschenko. Sie bestätigen jedoch die Vorstellung des Projekts SWZ Bremino-Orsha bei Präsident Lukaschenko, und Bremino-Grupp führt aus, dass viele Großprojekte, soweit man auf Unterstützung des Staates hoffe, den Personen vorgestellt würden, die den Erlass entsprechender Gesetzgebungsakte initiieren könnten.

99      Folglich ist dem Rat kein Sachverhalts- oder Beurteilungsfehler unterlaufen, als er festgestellt hat, dass zum einen die drei Eigentümer von Bremino-Grupp, zu denen Herr Zaytsev gehört, zum inneren Kreis von Geschäftsleuten mit Beziehungen zu Präsident Lukaschenko gehören, enge Beziehungen zu ihm und seiner Familie pflegten und von Viktor Lukaschenko unterstützt wurden und dass zum anderen Herr Zaytsev der ehemalige Assistent von Viktor Lukaschenko ist.

 Zur Frage, ob die Behauptungen, die den übereinstimmenden Gründen für die Aufnahme der Kläger zugrunde liegen, belegen, dass sie vom Regime von Präsident Lukaschenko profitieren oder es unterstützen

100    Aus den vorstehenden Rn. 82 und 99 ergibt sich, dass der Rat frei von Sachverhalts- und Beurteilungsfehlern davon ausgehen konnte, dass erstens Bremino-Grupp, zu deren Eigentümern Herr Zaytsev gehört, Initiatorin des Projekts SWZ Bremino-Orsha war, die durch ein Dekret von Präsident Lukaschenko geschaffen wurde, und staatliche Unterstützung für die Entwicklung der SWZ Bremino-Orsha sowie etliche finanzielle und steuerliche Vorteile und andere Vergünstigungen erhalten hat, zweitens die Eigentümer von Bremino-Grupp zum inneren Kreis von Geschäftsleuten mit Beziehungen zu Präsident Lukaschenko gehören, enge Beziehungen zu ihm und seiner Familie pflegen und von Viktor Lukaschenko unterstützt wurden und drittens Herr Zaytsev der ehemalige Assistent von Viktor Lukaschenko ist.

101    Für den Nachweis, dass diese Gesichtspunkte den Erlass restriktiver Maßnahmen gegen die Kläger durch die angefochtenen Rechtsakte rechtfertigen, verweist der Rat auf das Dokument WK 8225/2021 INIT. Er macht im Wesentlichen geltend, dass in einem Land wie Belarus die Stellung der Kläger in der Wirtschaft dieses Landes und das Ausmaß ihrer Tätigkeiten, das zudem in den letzten Jahren erheblich zugenommen habe, auch unter Berücksichtigung der Kontakte der Kläger mit dem Regime von Präsident Lukaschenko, nicht ohne die Billigung des Regimes möglich seien.

102    Hierzu ist erstens zu bemerken, dass Bremino-Grupp einer der größten Anbieter von Dienstleistungen im Logistikbereich in Belarus ist, was durch die Beschreibung dieser Gesellschaft in den vom Rat vorgelegten Beweisen bestätigt wird, insbesondere durch den Beweis Nr. 5 des Dokuments WK 8225/2021 INIT, wonach sie zum größten Logistikunternehmen in Belarus geworden ist.

103    Herr Zaytsev bestreitet zwar die Beschreibung in den Beweisen des Rates, wonach er einer der einflussreichsten und reichsten Geschäftsleute in Belarus sei. Es ist jedoch festzustellen, dass mehrere Beweise aus verschiedenen Quellen in den Akten des Rates darin übereinstimmen, dass Herr Zaytsev ein nicht nur erfolgreicher, sondern auch einflussreicher Geschäftsmann ist, der einen schnellen Aufstieg in der belarussischen Geschäftswelt erfahren hat.

104    Zweitens ergibt sich aus den vom Rat vorgelegten Beweisen, insbesondere dem Beweis Nr. 1 des Dokuments WK 6190/2021 INIT, dass die SWZ Bremino-Orsha ein sehr großer multimodaler Industrie- und Logistikkomplex ist, der als „neues Zentrum für Wirtschaftswachstum“ im Bezirk Orsha bezeichnet wird. Die SWZ Bremino-Orsha umfasst, wie die Kläger selbst bestätigen, den Bau von Anlagen für Industrieunternehmen mit einer Gesamtfläche von mindestens 2 000 ha, Manufakturen mit einer Gesamtfläche von mindestens 2 000 m², mindestens zwei Verwaltungsgebäuden mit einer Gesamtfläche von mindestens 5 000 m², eines Hotels mit mindestens 50 Zimmern, eines Lagerkomplexes mit einer Gesamtfläche von mindestens 50 000 m² und für mindestens 500 Lkw-Stellplätze sowie weiterer notwendiger Transport- und Technikinfrastruktur und von Einrichtungen, die den Betrieb des multimodalen Industrie- und Logistikkomplexes gewährleisten. Das Projekt, das sich in einer geografischen Zone befindet, in der sich die zwei größten Fernstraßen in Belarus kreuzen, durch die eine internationale Eisenbahnlinie verläuft und das in der Nähe eines Flughafens liegt, umfasst neben einem Lkw-Terminal auch den Bau eines Bahnhofs sowie eines Flugsteigs.

105    Außerdem geht aus den vom Rat vorgelegten Beweisen hervor, dass die SWZ Bremino-Orsha bei ihrer Errichtung nach der Sonderwirtschaftszone „Great Stone“ die zweite Sonderwirtschaftszone des Landes war.

106    Drittens benötigten die Kläger für die Durchführung des Projekts des multimodalen Industrie- und Logistikkomplexes, das später zur SWZ Bremino-Orsha wurde, und insbesondere, um dem Zonengebiet den Status einer Sonderwirtschaftszone zu verleihen, die Zustimmung der Behörden. Wie oben in Rn. 72 ausgeführt, wurden die Errichtung des multimodalen Industrie- und Logistikkomplexes, das später zur SWZ Bremino-Orsha wurde, und anschließend die Verleihung des Status einer Sonderwirtschaftszone für diesen Komplex jeweils durch ein Dekret von Präsident Lukaschenko genehmigt. Außerdem haben die Kläger auf eine entsprechende Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass nach belarussischem Recht zwar mehrere staatliche Stellen sowohl auf regionaler als auch auf Regierungsebene in den Entscheidungsprozess, der zum Erlass eines Präsidialdekrets führt, eingreifen können, dass aber die Entscheidung über die Errichtung einer Sonderwirtschaftszone und die Festlegung der in diesem Rahmen gewährten Vorteile in die ausschließliche Zuständigkeit von Präsident Lukaschenko fällt, der hierzu ein Dekret erlässt.

107    Viertens deuten die oben in den Rn. 73 und 74 dargelegten Umstände der Errichtung der SWZ Bremino-Orsha auf die Nähe von Bremino-Grupp zum Regime von Präsident Lukaschenko und ihre guten Kontakte zu Behörden und staatlichen Unternehmen hin.

108    Zuletzt ist auf die oben in den Rn. 83 bis 99 festgestellte Nähe der Eigentümer von Bremino-Grupp zu Präsident Lukaschenko und seiner Familie, insbesondere zu seinem Sohn Viktor, hinzuweisen.

109    All diese Gesichtspunkte sind im Licht der Voraussetzungen zu berücksichtigen, unter denen in Belarus wirtschaftliche Tätigkeiten ausgeübt werden.

110    Die vom Rat vorgelegten Unterlagen zu den Voraussetzungen, unter denen in Belarus wirtschaftliche Tätigkeiten ausgeübt werden, können nämlich nach der oben in Rn. 64 angeführten Rechtsprechung bei der Prüfung der Beweise nicht isoliert, sondern nur in dem Zusammenhang, in dem sie stehen, berücksichtigt werden.

111    Im vorliegenden Fall zeigen die vom Rat vorgelegten Beweise zur Wirtschaftslage in Belarus, dass die belarussische Wirtschaft unter Präsident Lukaschenko durch die Kontrolle des Regimes sowohl über den öffentlichen als auch den privaten Sektor und durch ein System, das die Loyalität gegenüber dem Regime belohnt, gekennzeichnet ist.

112    Insoweit stimmen mehrere in den Dokumenten WK 8225/2021 INIT und WK 6190/2021 INIT enthaltene Beweise, nämlich die Publikation des Zentrums für Europäische Politikanalyse auf der Internetseite „cepa.org“ vom 30. Juli 2020, der am 15. Oktober 2015 auf der Internetseite „naviny.belsat.eu“ veröffentlichte Artikel, der am 13. Dezember 2016 auf der Internetseite „news.tut.by“ veröffentlichte Artikel, der am 9. Juli 2020 auf der Internetseite „en.belapan.by“ veröffentlichte Artikel, der am 22. März 2016 auf der Internetseite „russian.rt.com“ veröffentlichte Artikel, sowie der im September 2020 veröffentlichte Bericht des Finnischen Instituts für internationale Angelegenheiten darin überein, dass die Ausübung bedeutender wirtschaftlicher Tätigkeiten nur mit der Billigung des Regimes von Präsident Lukaschenko möglich ist. Der unter diesen Artikeln aufgezählte Bericht des Finnischen Instituts für internationale Angelegenheiten erwähnt Herrn Zaytsev als einen der Geschäftsleute, deren Tätigkeiten eine solche Billigung zugutekommt, und bezeichnet Bremino-Grupp als Schlüsselunternehmen in der belarussischen Wirtschaft, das in den Jahren 2018 und 2019 zahlreiche Vorteile vom Staat erhalten hat, insbesondere durch das Dekret Nr. 106 von 2019.

113    Darüber hinaus wird in der Rechtssache T‑563/21 in anderen relevanten Auszügen aus der Internetseite „cepa.org“, die der Rat als Beweis Nr. 2 des Dokuments WK 7411/2021 REV 1 vorgelegt hat, die Rolle von Herrn Zaytsev als einer der einflussreichsten Oligarchen in Belarus im Detail beschrieben.

114    Aus diesen Beweisen geht ferner hervor, dass die Tätigkeiten der einflussreichsten belarussischen Geschäftsleute stark vom Regime von Präsident Lukaschenko abhängen und dass es für den Erwerb einer solchen Stellung erforderlich ist, einer kleinen Gruppe von ihm nahestehenden Vertrauenspersonen anzugehören. Im Übrigen führt der Verlust der Unterstützung von Präsident Lukaschenko nicht nur zu einem Verlust an Einfluss, sondern auch zu Repressionen, die gegen Personen gerichtet sein können, die von Präsident Lukaschenko als nicht mehr zu diesen Vertrauenspersonen gehörend betrachtet werden.

115    Demzufolge hat der Rat im Licht des oben in den Rn. 110 bis 114 beschriebenen Zusammenhangs beurteilungsfehlerfrei angenommen, dass die Umstände, dass erstens Bremino-Grupp Initiatorin und Mitverwalterin des Projekts SWZ Bremino-Orsha ist, die durch ein von Präsident Lukaschenko unterzeichnetes Präsidialdekret geschaffen wurde, zweitens Bremino-Grupp staatliche Unterstützung für die Entwicklung der SWZ Bremino-Orsha sowie etliche finanzielle und steuerliche Vorteile und andere Vergünstigungen erhalten hat und drittens die Eigentümer von Bremino-Grupp – Herr Zaytsev, Herr Varabei und Herr Aleksin – zum inneren Kreis von Geschäftsleuten mit Beziehungen zu Präsident Lukaschenko gehören und enge Beziehungen zu ihm und seiner Familie pflegen, ein Bündel hinreichend konkreter, genauer und übereinstimmender Indizien darstellen, die die Feststellung ermöglichen, dass Bremino-Grupp vom Regime von Präsident Lukaschenko profitiert.

116    Der Rat ist ebenfalls beurteilungsfehlerfrei davon ausgegangen, dass im Licht des oben in den Rn. 110 bis 114 beschriebenen Zusammenhangs die Umstände, dass Herr Zaytsev ein Geschäftsmann ist, der erstens Assistent von Präsident Lukaschenkos Sohn Viktor war, zweitens Miteigentümer von Bremino-Grupp ist, die staatliche Unterstützung für die Entwicklung der SWZ Bremino-Orsha sowie etliche finanzielle und steuerliche Vorteile und andere Vergünstigungen erhalten hat, und drittens wie die anderen Eigentümer von Bremino-Grupp von Viktor Lukaschenko, dem Sohn von Präsident Lukaschenko, unterstützt wurde, ein Bündel hinreichend konkreter, genauer und übereinstimmender Indizien darstellen, die die Feststellung ermöglichen, dass Herr Zaytsev vom Regime von Präsident Lukaschenko profitiert.

117    Folglich sind die oben in Rn. 69 angeführten übereinstimmenden Gründe für die Aufnahme der Kläger rechtlich hinreichend nachgewiesen. Nach der oben in Rn. 67 angeführten Rechtsprechung genügt die Feststellung, dass diese Gründe rechtlich hinreichend nachgewiesen sind, um den von den Klägern geltend gemachten Klagegrund eines Sachverhalts- oder Beurteilungsfehlers zurückzuweisen, ohne dass es erforderlich wäre, die übrigen von Herrn Zaytsev vorgebrachten Argumente, die sich gegen die weiteren ihn betreffenden Aufnahmegründe in Bezug auf sein Unternehmen Sohra-Gruppe und auf die lukrativen Verträge, die seine wirtschaftlichen Unternehmungen aufgrund seines Zugangs zur Familie von Präsident Lukaschenko erhalten hätten, richten, zu prüfen, da es nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Rechtsakte, soweit sie ihn betreffen, führen könnte, wenn diese Gründe nicht erwiesen wären.

 Zum vierten Klagegrund: Unverhältnismäßigkeit der gegen die Kläger erlassenen restriktiven Maßnahmen

118    Die Kläger machen im Wesentlichen geltend, die mit den angefochtenen Rechtsakten erlassenen restriktiven Maßnahmen stellten einen ungerechtfertigten und unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Grundrechte dar, insbesondere in ihr Recht auf Eigentum, ihr Recht auf Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit und ihr Recht auf Achtung ihres Rufs, die sich aus den Art. 16 und 17 der Charta sowie aus Art. 1 des Protokolls Nr. 1 im Anhang der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ergäben. Die sich aus den angefochtenen Rechtsakten ergebenden restriktiven Maßnahmen stellten insoweit einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Grundrechte dar, als sie an der freien Ausübung ihrer wirtschaftlichen Betätigung gehindert würden. Eine solche Einschränkung sei zur Erreichung der vom Rat verfolgten Ziele weder notwendig noch geeignet, da die Kläger keinen Einfluss auf die politischen Ereignisse in ihrer Heimat hätten.

119    Die Kläger machen geltend, dass die drei Voraussetzungen für eine Einschränkung der Grundrechte im vorliegenden Fall nicht erfüllt seien. Erstens seien nämlich die sich aus den angefochtenen Rechtsakten ergebenden restriktiven Maßnahmen zwar „gesetzlich vorgesehen“, aber die Rechtsakte selbst ungültig, da sie nicht hinreichend begründet seien und auf Sachverhalts- und Beurteilungsfehlern beruhten.

120    Zweitens könnten die in den Erwägungsgründen 1 bis 3 des Durchführungsbeschlusses 2021/1002 und den Erwägungsgründen 2 bis 4 der Durchführungsverordnung 2021/997 vorgesehenen Ziele, nämlich Maßnahmen gegen diejenigen zu treffen, die zum einen für die Gewaltanwendung gegen friedliche Demonstranten, die ungerechtfertigten Festnahmen und die Fälschung der Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen und zum anderen für die erzwungene Landung des Ryanair-Fluges in Minsk verantwortlich seien, durch die angefochtenen Rechtsakte nicht erreicht werden, da die Kläger mit diesen Ereignissen nichts zu tun hätten.

121    Da die mit den angefochtenen Rechtsakten gegen sie erlassenen restriktiven Maßnahmen die Kläger schädigten, obwohl sie für die Situation, die zum Erlass der Sanktionen geführt habe, nicht verantwortlich seien, bestehe drittens kein angemessenes Verhältnis zwischen diesen Rechtsakten und den mit ihnen verfolgten Zielen. Diese Ziele rechtfertigten es nicht, willkürlich bestimmten Wirtschaftsteilnehmern wie den Klägern Nachteile dadurch zuzufügen, dass die Maßnahmen ihren Ruf schädigten, zu einem Vertrauensverlust in Bezug auf die von Bremino-Grupp geschaffene und verwaltete SWZ Bremino-Orsha führten und sich am Ende nachteilig auf die Mitarbeiter der Kläger und die mit ihnen verbundenen Vertragspartner auswirkten.

122    Der Rat tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen.

123    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Wahrung der Grundrechte zwar eine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Union ist, dass aber nach ständiger Rechtsprechung die von den Klägern geltend gemachten Grundrechte, nämlich das Recht auf Eigentum, das Recht auf Achtung des Rufs und das Recht auf Ausübung einer Tätigkeit, im Unionsrecht keinen uneingeschränkten Schutz genießen, sondern im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden müssen. Folglich kann die Ausübung dieser Rechte Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Union entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antasten würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juni 2022, Prigozhin/Rat, T‑723/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:317, Rn. 132 und die dort angeführte Rechtsprechung).

124    Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als allgemeinem Grundsatz des Unionsrechts dürfen ferner die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist. So ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen, und die verursachten Nachteile müssen in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (vgl. Urteil vom 30. November 2016, Rotenberg/Rat, T‑720/14, EU:T:2016:689, Rn. 178 und die dort angeführte Rechtsprechung).

125    Im vorliegenden Fall ist zwar festzustellen, dass die Rechte der Kläger auf Eigentum und auf Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit eingeschränkt werden und ihre Rechte auf Achtung ihres Rufs durch die gegen sie erlassenen restriktiven Maßnahmen in gewissem Maß beeinträchtigt werden.

126    Der Erlass restriktiver Maßnahmen gegen die Kläger ist im vorliegenden Fall jedoch angemessen, da er auf einer klaren und genauen Rechtsgrundlage im Unionsrecht beruht und einem dem Gemeinwohl dienenden Ziel dient, das für die internationale Gemeinschaft so grundlegend ist wie die Achtung der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in Belarus (vgl. entsprechend Urteil vom 1. Juni 2022, Prigozhin/Rat, T‑723/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:317, Rn. 135).

127    Außerdem ermöglichen alternative und weniger belastende Maßnahmen, z. B. ein System einer vorherigen Erlaubnis oder eine Verpflichtung, die Verwendung der gezahlten Beträge nachträglich zu belegen, es – namentlich in Anbetracht der Möglichkeit einer Umgehung der auferlegten Beschränkungen – nicht, das angestrebte Ziel ebenso wirksam zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juni 2022, Prigozhin/Rat, T‑723/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:317, Rn. 136). Im Übrigen haben die Kläger nicht angegeben, welche weniger belastenden Maßnahmen der Rat hätte erlassen können.

128    Schließlich sind die verhängten restriktiven Maßnahmen, wie der Rat zutreffend ausführt, ohne dass die Kläger dem widersprochen hätten, befristet und umkehrbar.

129    Erstens wird gemäß Art. 8 des Beschlusses 2012/642 die Belassung der Namen der Kläger in dessen Anhang fortlaufend darauf überprüft, ob eine solche Belassung mit den Aufnahmekriterien vereinbar ist.

130    Zweitens ist es nach Art. 5 des Beschlusses 2012/642 und Art. 3 der Verordnung Nr. 765/2014 zum einen möglich, die Verwendung eingefrorener Gelder zur Deckung von Grundbedürfnissen oder zur Erfüllung bestimmter Verpflichtungen zu genehmigen, und zum anderen, spezifische Genehmigungen zu erteilen, um eingefrorene Gelder, sonstige Vermögenswerte oder wirtschaftliche Ressourcen freizugeben.

131    Daraus folgt, dass die mit den angefochtenen Rechtsakten gegen die Kläger erlassenen restriktiven Maßnahmen nicht unverhältnismäßig sind.

132    Folglich ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen und sind die Klagen daher insgesamt abzuweisen.

 Kosten

133    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag des Rates ihre eigenen Kosten und die Kosten des Rates aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klagen in den Rechtssachen T563/21 und T564/21 werden abgewiesen.

2.      Herr Alexander Zaytsev und die Bremino-Grupp TAA tragen die Kosten.

Svenningsen

Laitenberger

Stancu

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. November 2023.

Der Kanzler

 

Der Präsident

V. Di Bucci

 

S. Papasavvas


*      Verfahrenssprache: Deutsch.