Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 15. September 2016 –
Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission
(Rechtssache T–220/13)
„Staatliche Beihilfen – Kommunale Immobiliensteuer – Nichtgewerblichen Einrichtungen, die besondere Zwecke verfolgen, gewährte Befreiung – Einkommenssteuer-Konsolidierungsgesetz – Befreiung von der Kommunalsteuer – Beschluss, mit dem teilweise das Nichtvorliegen einer staatlichen Beihilfe festgestellt und teilweise die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird – Nichtigkeitsklage – Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht – Unmittelbare Betroffenheit – Zulässigkeit – Absolute Unmöglichkeit der Rückforderung – Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 – Begründungspflicht“
1. Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Unmittelbare Betroffenheit – Beschluss der Kommission, mit dem ein Verfahren betreffend Beihilfen eingestellt wird – Mit dem durch die Beihilfe begünstigten Unternehmen konkurrierendes Unternehmen – Recht zur Einlegung eines Rechtsbehelfs – Voraussetzungen (Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV und 263 Abs. 4 AEUV) (vgl. Rn. 40, 41, 43–45)
2. Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Begriff des Rechtsakts mit Verordnungscharakter im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV – Jeder Rechtsakt mit allgemeiner Geltung mit Ausnahme der Gesetzgebungsakte – Beschluss der Kommission, mit dem die Unvereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe, die in Form einer durch eine nationale Regelung von allgemeiner Geltung vorgesehenen Steuerbefreiung gewährt wurde, mit dem Binnenmarkt festgestellt wird – Rechtswirkungen gegenüber einer allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppe – Einbeziehung (Art. 107 AEUV und 263 Abs. 4 AEUV) (vgl. Rn. 47, 49–52)
3. Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen oder nicht – Begriff – Gegen diese Rechtsakte zur Verfügung stehende Rechtsbehelfe – Voraussetzungen für die Erhebung einer Einrede der Rechtswidrigkeit oder für die Einholung einer Vorabentscheidung über die Gültigkeit (Art. 263 Abs. 4 AEUV und 267 AEUV) (vgl. Rn. 53–56)
4. Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Rechtsakte mit Verordnungscharakter – Rechtsakte, die keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen und den Kläger unmittelbar betreffen – Begriff der Durchführungsmaßnahmen – Kriterien – Beschluss der Kommission, mit dem die Unvereinbarkeit einer von den Staaten in Form einer durch eine nationale Regelung von allgemeiner Geltung vorgesehenen Steuerbefreiung gewährten Beihilfe mit dem Binnenmarkt festgestellt wird – Beschluss, der keine Durchführungsmaßnahme von Seiten des Adressaten zur Folge hat – Rechtsakt, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht (Art. 107 Abs. 1 AEUV und 263 Abs. 4 AEUV) (vgl. Rn. 57, 58, 61, 67)
5. Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Völlige Unmöglichkeit der Durchführung – Möglichkeit, diese Unmöglichkeit im Stadium des dem Erlass des Beschlusses vorausgegangenen Verwaltungsverfahrens festzustellen – Verpflichtung der Kommission und des Mitgliedstaats, bei der Suche nach einer Lösung, bei der der Vertrag beachtet wird, zusammenzuarbeiten (Art. 4 Abs. 3 EUV; Art. 107 Abs. 1 AEUV und 108 Abs. 2 AEUV; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, 13. Erwägungsgrund und Art. 14 Abs. 1) (vgl. Rn. 77, 81–83, 87)
6. Staatliche Beihilfen – Nichtbeachtung der Pflicht zur Rückforderung rechtswidriger Beihilfen – Völlige Unmöglichkeit der Durchführung – Beurteilungskriterien (Art. 4 Abs. 3 EUV; Art. 108 Abs. 2 AEUV) (vgl. Rn. 91–93)
7. Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – In Form einer Steuerbefreiung gewährte Beihilfe – Absolute Unmöglichkeit der Durchführung – Begründung – Unmöglichkeit für den Staat, die für die Bestimmung der Begünstigten der Beihilfe notwendigen Informationen zu erhalten (Art. 107 Abs. 1 AEUV) (vgl. Rn. 95, 98, 103)
8. Staatliche Beihilfen – Beschluss der Kommission, mit dem die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt festgestellt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Möglichkeit für die Kommission, ihren Beschluss auf die verfügbaren Informationen zu stützen – Grenzen – Verpflichtung der Kommission, ihre Beschlüsse auf einigermaßen tragfähige und schlüssige Anhaltspunkte zu stützen (Art. 107 Abs. 1 AEUV) (vgl. Rn. 106)
9. Staatliche Beihilfen – Bestimmungen des Vertrags – Geltungsbereich – Einrichtungen, die wirtschaftliche Tätigkeiten auf nichtgewerblicher Basis ausüben– Nichteinbeziehung (Art. 107 Abs. 1 AEUV) (vgl. Rn. 129, 137, 138, 144)
10. Wettbewerb – Regeln der Union – Unternehmen – Begriff – Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit (Art. 107 Abs. 1 AEUV) (vgl. Rn. 131–133)
11. Staatliche Beihilfen – Beschluss der Kommission, mit dem die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt festgestellt wird, ohne ihre Rückzahlung anzuordnen und festzustellen, dass keine Beihilfe vorliegt – Begründungspflicht – Umfang – Kein Verstoß (Art. 296 AEUV) (vgl. Rn. 148–152)
Gegenstand
| Auf Art. 263 AEUV gestützte Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2013/284/EU der Kommission vom 19. Dezember 2012 über die staatliche Beihilfe SA.20829 (C 26/2010, ex NN 43/2010 [ex CP 71/2006]), Regelung über die Befreiung von der kommunalen Immobiliensteuer im Falle von Immobilien, die von nichtgewerblichen Einrichtungen für besondere Zwecke genutzt werden, die Italien eingeführt hat (ABl. 2013, L 166, S. 24) |
Tenor
1) | | Die Klage wird abgewiesen. |
2) | | Die Scuola Elementare Maria Montessori Srl trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission. |
3) | | Die Italienische Republik trägt ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit der Streithilfe. |