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Vorabentscheidungsersuchen des Bundesarbeitsgerichts (Deutschland) eingereicht am 10. März 2022 - CM gegen KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V.

(Rechtssache C-185/22)

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Bundesarbeitsgericht

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerin: CM

Beklagter: KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V.

Vorlagefragen

1.    Sind Art. 157 AEUV sowie Art. 2 Abs. 1 Buchst. b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54/EG1 so auszulegen, dass eine nationale tarifvertragliche Regelung, nach der die Zahlung von Überstundenzuschlägen nur für Arbeitsstunden vorgesehen ist, die über die regelmäßige Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus gearbeitet werden, eine Ungleichbehandlung von Vollzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten enthält?

2.    Für den Fall, dass der Gerichtshof Frage 1 bejahen sollte:

a)    Sind Art. 157 AEUV sowie Art. 2 Abs. 1 Buchst. b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54 so auszulegen, dass es in einem solchen Fall für die Feststellung, dass die Ungleichbehandlung erheblich mehr Frauen als Männer betrifft, nicht ausreicht, dass unter den Teilzeitbeschäftigten erheblich mehr Frauen als Männer sind, sondern dass hinzukommen muss, dass unter den Vollzeitbeschäftigten erheblich mehr Männer sind bzw. ein signifikant höherer Anteil von Männern ist?

b)    Oder ergibt sich auch für Art. 157 AEUV und die Richtlinie 2006/54 etwas anderes aus den Ausführungen des Gerichtshofs in Rn. 25 bis 36 des Urteils Szpital Kliniczny im. dra J. Babińskiego Samodzielny Publiczny Zaktad Opieki Zdrowotnej w Krakowie1 , wonach auch eine innerhalb einer Gruppe von an einer Behinderung leidenden Personen vorliegende Ungleichbehandlung unter den „Begriff ‚Diskriminierung‘“ nach Art. 2 der Richtlinie 2000/78/EG2 fallen kann?

3.    Für den Fall, dass der Gerichtshof Frage 1 bejahen und die Fragen 2 a und 2 b so beantworten sollte, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens festgestellt werden könnte, dass die Ungleichbehandlung beim Entgelt erheblich mehr Frauen als Männer betrifft:

Sind Art. 157 AEUV sowie Art. 2 Abs. 1 Buchst. b und Art. 4 Satz 1 der Richtlinie 2006/54 dahin auszulegen, dass es ein rechtmäßiges Ziel sein kann, wenn Tarifvertragsparteien mit einer Regelung – wie der in der Frage zu 1. aufgeführten – zwar auf der einen Seite das Ziel verfolgen, den Arbeitgeber von der Anordnung von Überstunden abzuhalten und eine Inanspruchnahme der Arbeitnehmer über das vereinbarte Maß hinaus mit einem Überstundenzuschlag zu honorieren, auf der anderen Seite allerdings auch das Ziel verfolgen, eine ungünstigere Behandlung von Vollzeitbeschäftigten gegenüber Teilzeitbeschäftigten zu verhindern und deshalb regeln, dass Zuschläge nur für Überstunden geschuldet sind, die über die kalendermonatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden?

4.    Ist Paragraph 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG1 so auszulegen, dass eine nationale tarifvertragliche Regelung, nach der die Zahlung von Überstundenzuschlägen nur für Arbeitsstunden vorgesehen ist, die über die regelmäßige Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus gearbeitet werden, eine Ungleichbehandlung von Vollzeitbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten enthält?

5.    Für den Fall, dass der Gerichtshof Frage 4 bejahen sollte:

Ist Paragraph 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit so auszulegen, dass es ein sachlicher Grund sein kann, wenn Tarifvertragsparteien mit einer Regelung – wie der in der Frage zu 4. aufgeführten – zwar auf der einen Seite das Ziel verfolgen, den Arbeitgeber von der Anordnung von Überstunden abzuhalten und eine Inanspruchnahme der Arbeitnehmer über das vereinbarte Maß hinaus mit einem Überstundenzuschlag zu honorieren, auf der anderen Seite allerdings auch das Ziel verfolgen, eine ungünstigere Behandlung von Vollzeitbeschäftigten gegenüber Teilzeitbeschäftigten zu verhindern und deshalb regeln, dass Zuschläge nur für Überstunden geschuldet sind, die über die kalendermonatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden?

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1     Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung) (ABl. 2006, L 204, S. 23).

1     Urteil vom 26. Januar 2021 (C-16/19, EU:C:2021:64).

1     Richtlinie des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. 2000, L 303, S. 16).

1     Richtlinie des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinigung über Teilzeitarbeit (ABl. 1998, L 14, S. 9).