Language of document : ECLI:EU:T:2009:291

BESCHLUSS DES GERICHTS (Achte Kammer)

12. August 2009(1)

„Offensichtliche Unzuständigkeit“

In der Rechtssache T-141/09

Hans Molter, wohnhaft in Ober-Ramstadt (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt T. Damerau,

Kläger,

gegen

Bundesrepublik Deutschland,      

Beklagte,

wegen einer Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, die darauf gerichtet ist, dem Europäischen Gerichtshof eine Frage zur Auslegung des Art. 119 EG vorzulegen, hilfsweise auf Ersatz des Schadens, der dem Kläger aufgrund der Verletzung der Pflicht zur Vorlage einer Frage an den Gerichtshof durch die deutschen Gerichte entstanden sein soll, sowie, weiter hilfsweise, festzustellen, dass die deutschen Gerichte ihre Vorlagepflicht verletzt haben,

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro, sowie der Richter S. Papasavvas und A. Dittrich (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

 Sachverhalt, Verfahren und Anträge des Klägers

1        Mit Klageschrift, die am 9. April 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland erhoben.

2        Der Kläger, ein wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzter deutscher Beamter, macht geltend, dass die Begründung, mit der der Hessische Verwaltungsgerichtshof seine Klage auf Zahlung des Differenzbetrags zwischen zwei Besoldungsgruppen abgelehnt hat, gegen das europarechtliche Diskriminierungsverbot verstößt.

3        Er beantragt,

–        dem Gerichtshof eine Frage zur Auslegung des europäischen Antidiskriminierungsrechts und insbesondere des Art. 119 EG zur Vorabentscheidung vorzulegen ;

–        hilfsweise, aufgrund der Verletzung der Pflicht zur Vorlage einer Frage an den Gerichtshof durch die deutschen Gerichte, insoweit handelnd als europäische Organe, Schadensersatz zu erhalten ;

–        weiter hilfsweise festzustellen, dass die deutschen Gerichte, insoweit handelnd als europäische Organe, ihre Vorlagepflicht verletzt haben.

 Gründe

4        Nach Art. 111 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn es für eine Klage offensichtlich unzuständig ist, ohne Fortsetzung des Verfahrens durch Beschluss entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist.

5        Im vorliegenden Fall ist das Gericht auf der Grundlage des Akteninhalts in der Lage, in Anwendung dieses Artikels ohne Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden.

6        Mit der vorliegenden gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichteten Klage begehrt der Kläger, dass das Gericht dem Gerichtshof eine Frage zur Auslegung des europäischen Antidiskriminierungsrechts und insbesondere des Art. 119 EG zur Vorabentscheidung vorlegt.

7        Das Gericht verfügt über die in Art. 225 EG aufgezählten Zuständigkeiten, die in Art. 51 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 1 des Anhangs der Satzung des Gerichtshofs näher festgelegt worden sind. Nach diesen Bestimmungen ist das Gericht nicht für eine von einer natürlichen oder juristischen Person gegen einen Mitgliedstaat erhobene Klage zuständig.

8        Darüber hinaus ist das Gericht gemäß Art. 225 EG nicht befugt, dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen. Nur die nationalen Gerichte können nämlich dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorlegen. Die vorliegende Rechtssache ist daher auch nicht wegen der ausschließlichen Zuständigkeit des Gerichtshofs an diesen nach Art. 112 der Verfahrensordnung des Gerichts und Art. 54 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs zu verweisen.

9        Art. 225 Abs. 3 EG bestimmt zwar, dass das Gericht in besonderen in der Satzung festgelegten Sachgebieten für Vorabentscheidungen nach Art. 234 EG zuständig ist, aber in der Satzung sind keine Sachgebiete festgelegt worden, in denen das Gericht für die Beantwortung von Vorabentscheidungs­ersuchen zuständig wäre. Beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts verfügt es daher nicht über eine solche Zuständigkeit.

10      Mit seinem hilfsweise geltend gemachten Antrag begehrt der Kläger Ersatz des Schadens, der ihm dadurch entstanden sein soll, dass dem Gerichthof keine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt wurde.

11      Das Gericht ist nach Art. 235 EG und 288 Abs. 2 EG nur für Klagen auf Ersatz von Schäden zuständig, die durch die Organe der Gemeinschaft oder deren Bedienstete in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursacht wurden.

12      Im vorliegenden Fall ist der Urheber des beanstandeten Verhaltens, das einen Schaden verursacht haben soll, weder ein Organ noch eine Einrichtung der Gemeinschaft.

13      Weiter hilfsweise begehrt der Kläger die Feststellung durch das Gericht, dass die deutschen Gerichte ihre Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof verletzt haben.

14      Dazu ist festzustellen, dass das Gericht entsprechend der ihm übertragenen Zuständigkeiten weder für die Beurteilung des Verhaltens eines nationalen Gerichts (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 14. Juni 2007, Di Pasquale/Italien, T-77/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) noch gegebenenfalls für die Feststellung einer Verletzung von Art. 234 Abs. 3 EG durch das nationale Gericht zuständig ist (Beschluss vom 19. Mai 2009, Delice/Erlangen und Kommission, T-528/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).

15      Demnach ist die vorliegende Klage wegen offensichtlicher Unzuständigkeit abzuweisen, ohne dass es der Zustellung der Klageschrift an die Beklagte bedarf.

 Kosten

16      Da der vorliegende Beschluss vor Zustellung der Klageschrift an die Beklagte ergeht und ihr somit keine Kosten entstehen konnten, ist gemäß Art. 87 § 1 der Verfahrensordnung nur zu entscheiden, dass der Kläger seine eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Der Kläger trägt seine eigenen Kosten.

Luxemburg, den 12. August 2009

Der Kanzler

 

      Die Präsidentin

E. Coulon

 

       M. E. Martins Ribeiro


1 Verfahrenssprache: Deutsch.