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Vorabentscheidungsersuchen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Deutschland) eingereicht am 24. Juli 2023 - Umweltforum Osnabrücker Land e. V. gegen Landkreis Osnabrück

(Rechtssache C-461/23, Umweltforum Osnabrücker Land)

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht

Parteien des Ausgangsverfahrens

Antragsteller: Umweltforum Osnabrücker Land e. V.

Antragsgegner: Landkreis Osnabrück

Vorlagefragen

1.    Ist Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/42/EG1 (SUP-Richtlinie) i. V. m. Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG2 (FFH-Richtlinie) dahingehend auszulegen, dass alle Vorschriften in einem Rechtsakt, mit welchem ein Mitgliedstaat ein Gebiet als besonderes Schutzgebiet gemäß der FFH-Richtlinie ausweist, ungeachtet ihres jeweiligen Regelungsinhalts als unmittelbar mit der Verwaltung des Gebiets in Verbindung stehend oder hierfür notwendig anzusehen sind, mit der Folge, dass der Rechtsakt als Plan keiner Umweltprüfung gemäß Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der SUP-Richtlinie i. V. m. Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie unterliegt, oder kann je nach dem Inhalt der einzelnen Vorschriften eine getrennte Betrachtungsweise angezeigt sein, so dass einzelne Bestimmungen eines solchen Rechtsakts als Plan(teil) als unmittelbar mit der Gebietsverwaltung in Zusammenhang stehend oder hierfür notwendig anzusehen wären und andere Bestimmungen dieses Rechtsakts als Plan(teil) nicht?

2.    Wenn Frage 1 im zweiten Sinne beantwortet wird: Ist Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der SUP-Richtlinie i. V. m. Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie dahingehend auszulegen, dass eine in einem Rechtsakt eines Mitgliedstaats, mit welchem ein Gebiet als besonderes Schutzgebiet i. S. d. FFH-Richtlinie ausgewiesen, Erhaltungsziele festgelegt und Gebote und Verbote aufgestellt werden, enthaltene einzelne Regelung als nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebiets in Verbindung stehender oder hierfür nicht notwendiger Plan(teil) anzusehen ist, wenn diese Regelung unter Festlegung konkreter Kriterien und Modalitäten Tätigkeiten in dem Gebiet vom Anwendungsbereich der aufgestellten Gebote und Verbote ausnimmt und diese Tätigkeiten nicht unmittelbar der Erfüllung der Erhaltungsziele dienen, sondern als anderen Zwecken dienende Bewirtschaftungs- oder Unterhaltungsmaßnahmen mit Projektqualität i. S. d. Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie anzusehen sind?

3.    Wenn Frage 2 bejaht wird: Ist Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der SUP-Richtlinie i. V. m. Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie dahingehend auszulegen, dass der Eintritt einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets aufgrund einer in einem Rechtsakt zur Ausweisung eines Gebiets als besonderes Schutzgebiet i. S. d. FFH-Richtlinie enthaltenen Regelung wie in Frage 2 beschrieben, die hinreichend konkret die Kriterien und Modalitäten für die Ausübung der von ihr erfassten Tätigkeiten mit Projektqualität i. S. d. Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie festlegt, dann nicht als ausgeschlossen angesehen werden kann, wenn das nationale Recht für diese Tätigkeiten kein Genehmigungserfordernis vorsieht und die zuständige Behörde wegen der genannten Regelung in dem Rechtsakt für diese Tätigkeiten auch auf eine vorherige Anzeige und auf die Durchführung einer projektbezogenen Verträglichkeitsprüfung gemäß Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie im Einzelfall verzichtet oder aber eine projektbezogene Verträglichkeitsprüfung im Einzelfall durchführt und hierbei als Maßstab für die Verträglichkeit des Projekts zugrunde legt, ob die in der Regelung wie in Frage 2 beschrieben enthaltenen Kriterien und Modalitäten erfüllt sind?

4.    Wenn Frage 2 bejaht wird: Ist Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der SUP-Richtlinie i. V. m. Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie dahingehend auszulegen, dass der Eintritt einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets aufgrund einer in einem Rechtsakt zur Ausweisung eines Gebiets als besonderes Schutzgebiet i. S. d. FFH-Richtlinie enthaltenen Regelung wie in Frage 2 beschrieben nicht zu befürchten ist, wenn die von einer solchen Regelung erfassten Tätigkeiten in aller Regel bereits seit langer Zeit ausgeübt werden und aufgrund der mit der Regelung festgelegten Kriterien und Modalitäten für ihre Ausübung jedenfalls keine Intensivierung oder Ausweitung dieser Tätigkeiten in dem Gebiet ermöglicht wird?

5.    Wenn aufgrund der Beantwortung der vorstehenden Fragen vom Bestehen einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung gemäß Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der SUP-Richtlinie i. V. m. Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie wegen des Inhalts einzelner Vorschriften eines Rechtsakts zur Ausweisung eines Gebiets als besonderes Schutzgebiet i. S. d. FFH-Richtlinie auszugehen ist: Ist Art. 3 Abs. 3 der SUP-Richtlinie dahingehend auszulegen, dass dann, wenn die Gebietsausweisung als Festlegung der Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene anzusehen ist, eine mitgliedstaatliche Behörde aufgrund der bereits zuvor bestehenden Einstufung des Gebiets als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung i. S. d. Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 der FFH-Richtlinie im Regelfall anzunehmen hat, dass die Schutzgebietsausweisung voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hat?

6.    Wenn nach der Beantwortung der vorstehenden Fragen vom Bestehen einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung wegen des Inhalts einzelner Vorschriften eines Rechtsakts zur Ausweisung eines Gebiets als besonderes Schutzgebiet i. S. d. FFH-Richtlinie auszugehen ist: Ist Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der SUP-Richtlinie i. V. m. Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie dahingehend auszulegen, dass lediglich diese einzelnen Vorschriften zum Gegenstand der Umweltprüfung zu machen sind oder hätte sich eine solche Umweltprüfung auf den gesamten Inhalt des Rechtsakts zu beziehen?

7.    Wenn nach der Beantwortung der vorstehenden Fragen vom Bestehen einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung wegen des Inhalts einzelner Vorschriften eines Rechtsakts zur Ausweisung eines Gebiets als besonderes Schutzgebiet i. S. d. FFH-Richtlinie auszugehen ist: Ist Art. 4 Abs. 1 der SUP-Richtlinie, wonach die Umweltprüfung nach Art. 3 der Richtlinie während der Ausarbeitung und vor der Annahme eines Plans oder Programms durchgeführt wird, dahingehend auszulegen, dass eine unterbliebene Umweltprüfung eines Plans oder von Bestandteilen eines Plans nicht durch ein ergänzendes Verfahren nach der erfolgten Annahme des Plans oder von Bestandteilen des Plans nachgeholt und dadurch der Verfahrensfehler einer unterbliebenen Umweltprüfung nachträglich geheilt werden kann?

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1 Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. 2001, L 197, S. 30).

1 Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7).