Language of document : ECLI:EU:T:2023:170

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

29. März 2023(*)

„Forschung und technologische Entwicklung – Rahmenprogramm für Forschung und Innovation ‚Horizont 2020‘ – Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen H2020‑SC6-Governance‑2019 – Entscheidung der REA über die Ablehnung eines Vorschlags – Sachverhaltsirrtum – Rechtsfehler – Offensichtlicher Beurteilungsfehler“

In der Rechtssache T‑660/19 RENV,

Universität Bremen mit Sitz in Bremen (Deutschland), vertreten durch C. Schmid, Hochschullehrer,

Klägerin,

gegen

Europäische Exekutivagentur für die Forschung (REA), vertreten durch V. Canetti und S. Payan-Lagrou als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte C. Wagner und R. van der Hout,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Svenningsen sowie der Richter J. Laitenberger (Berichterstatter) und J. Martín y Pérez de Nanclares,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund des Urteils vom 14. Juli 2022, Universität Bremen/REA, C‑110/21 P, EU:C:2022:555,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV begehrt die Klägerin, die Universität Bremen, die Nichtigerklärung der Entscheidung Ares(2019) 4590599 der Europäischen Exekutivagentur für die Forschung (REA) vom 16. Juli 2019 zur Ablehnung des von ihr im Rahmen der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen H2020‑SC6-Governance‑2019 eingereichten Projektvorschlags (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Die Klägerin ist Koordinatorin des Forschungskonsortiums Tenlaw, das rechtsvergleichende interdisziplinäre Forschung im Bereich des Wohnungsrechts und der Wohnungspolitik („housing law and policy“) in der gesamten Europäischen Union betreibt und an dem mehrere europäische Universitäten beteiligt sind.

3        Das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ wurde auf der Grundlage der Art. 173 und 182 AEUV durch die Verordnung (EU) Nr. 1291/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont 2020 (2014‑2020) und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 1982/2006/EG (ABl. 2013, L 347, S. 104) sowie die Verordnung (EU) Nr. 1290/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Regeln für die Beteiligung am Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ (2014‑2020) sowie für die Verbreitung der Ergebnisse und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1906/2006 (ABl. 2013, L 347, S. 81) eingerichtet.

4        Dieses Programm sieht u. a. vor, dass die REA Forschungsprojekte durch Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen koordiniert und fördert.

5        Die Auswahl der Projektvorschläge erfolgt gemäß Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1290/2013 auf der Grundlage von drei Gewährungskriterien: „Exzellenz“, „Wirkung“ sowie „Qualität und Effizienz der Durchführung“. Nach Art. 15 Abs. 4 dieser Verordnung werden die Einzelheiten für die Anwendung dieser Gewährungskriterien, ihre Gewichtung und die Schwellenwerte in einem „Arbeitsprogramm“ festgelegt.

6        Am 17. März 2019 reichte die Klägerin bei der REA im Rahmen der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen H2020‑SC6-Governance‑2019 zu dem Thema Governance‑04‑2019, das zum Arbeitsprogramm 2018‑2020 „Europe in a changing world – Inclusive, innovative and reflective societies“ („Europa in einer sich verändernden Welt – Integrative, innovative und reflektierende Gesellschaften“) gehört, den Projektvorschlag Nr. 870693 „TenOpt“ mit dem Titel „The right to housing as a right to adequate housing options for European citizens“ („Recht auf Wohnung als Recht auf adäquate rechtlich regulierte Wohnformen für die Unionsbürger“) ein.

7        Der Projektvorschlag der Klägerin wurde von einer Sachverständigengruppe bewertet, die mit drei unabhängigen Experten aus den Fachgebieten Rechtswissenschaften, Soziologie und Wirtschaftswissenschaften besetzt war.

8        Der Vorschlag wurde mit insgesamt 10 von 15 möglichen Punkten bewertet und kam damit für eine Förderung in Betracht. Allerdings belegte er Platz 10 von 14 Bewerbungen. Da das Budget beschränkt war, konnten nur die ersten drei Projekte ausgewählt werden.

9        Unter diesen Umständen teilte die REA der Klägerin in der angefochtenen Entscheidung mit, dass ihr Projektvorschlag „TenOpt“ keine Förderung erhalte, weil die Punktzahl, die dieser Vorschlag erzielt habe, in Anbetracht der beschränkten Mittel, die für die betreffenden Projekte zur Verfügung stünden, nicht ausreichend sei.

10      Insoweit geht aus dem der angefochtenen Entscheidung beigefügten Bewertungsbericht zum Projektvorschlag „TenOpt“ hervor, dass sich die durch die Gutachter für das Projekt vergebene Punktzahl wie folgt zusammensetzt: drei von fünf Punkten für das erste Kriterium („Exzellenz“), dreieinhalb von fünf Punkten für das zweite Kriterium („Wirkung“) und dreieinhalb von fünf Punkten für das dritte Kriterium („Qualität und Effizienz der Durchführung“).

11      Mit Beschluss vom 16. Dezember 2020, Universität Bremen/REA (T‑660/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:633), wies das Gericht die Klage gegen die angefochtene Entscheidung als offensichtlich unzulässig ab, weil der Umstand, dass die Klägerin durch einen Hochschullehrer vertreten werde, der bei ihr im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses beschäftigt sei, gegen die Pflicht verstoße, sich von einem unabhängigen Anwalt vertreten zu lassen, der berechtigt sei, vor dem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des EWR-Abkommens aufzutreten.

12      Die Universität Bremen legte gegen den Beschluss vom 16. Dezember 2020, Universität Bremen/REA (T‑660/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:633), ein Rechtsmittel ein, um seine Aufhebung zu erwirken.

13      Mit Urteil vom 14. Juli 2022, Universität Bremen/REA (C‑110/21 P, EU:C:2022:555), hob der Gerichtshof den Beschluss vom 16. Dezember 2020, Universität Bremen/REA (T‑660/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:633), auf und verwies die Rechtssache an das Gericht zurück.

 Anträge der Parteien

14      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        das Gericht möge im Hinblick auf eine neue Bewertung Hinweise geben, wie bei der Bestellung der Sachverständigen für die Bewertung der Projektvorschläge vorzugehen sei;

–        hilfsweise, die Möglichkeit eines Vergleichs zu prüfen;

–        der REA die Kosten aufzuerlegen.

15      Die REA beantragt,

–        die Klage als offensichtlich unzulässig und insgesamt unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin alle Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zum Rechtsschutzinteresse der Klägerin

16      Die REA macht in ihrer Stellungnahme, die sie nach der Aufhebung des Beschlusses vom 16. Dezember 2020, Universität Bremen/REA (T‑660/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:633), durch das Urteil vom 14. Juli 2022, Universität Bremen/REA (C‑110/21 P, EU:C:2022:555), beim Gericht eingereicht hat, geltend, dass die Klage jedenfalls nach wie vor unzulässig sei, weil die Klägerin ihr Rechtsschutzinteresse nicht nachgewiesen habe.

17      Nach Ansicht der REA lässt die geringe Anzahl der für den Projektvorschlag „TenOpt“ vergebenen Punkte in Verbindung mit den von den Gutachtern festgestellten Mängeln die Annahme zu, dass es selbst im Fall der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung durch das Gericht unmöglich wäre, dass der in Rede stehende Vorschlag ausgewählt werden und mithin eine Förderung erhalten könnte. Da die angefochtene Entscheidung gegenüber der Klägerin gewiss nur erneut bestätigt werden könne, habe diese kein berechtigtes Interesse an der begehrten Nichtigerklärung.

18      Die Klägerin hält ihre Klage für zulässig. In der Klageschrift macht sie u. a. im Wesentlichen geltend, dass ihr Vorschlag überwiegend deswegen abgelehnt worden sei, weil der Sachverständigenausschuss für die Bewertung der Projektvorschläge inadäquat zusammengesetzt gewesen sei. Damit macht die Klägerin implizit geltend, dass sie im Fall der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung und einer dann erfolgenden erneuten Bewertung des Projektvorschlags „TenOpt“ durch einen Sachverständigenausschuss, der sich mindestens zur Hälfte aus Fachleuten auf dem Gebiet der Rechtsvergleichung zusammensetze, eine Förderung erhalten könne.

19      Vorab ist festzustellen, dass das Gericht, da das Rechtsschutzinteresse zu den unverzichtbaren Prozessvoraussetzungen gehört, von Amts wegen zu prüfen hat, ob die Kläger ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung haben (Urteil vom 20. September 2011, Evropaïki Dynamiki/EIB, T‑461/08, EU:T:2011:494, Rn. 62). Dies gilt unabhängig davon, in welchem Stadium des Verfahrens die REA erstmals vor dem Gericht geltend gemacht hat, dass die Klägerin ihr Rechtsschutzinteresse nicht nachgewiesen habe.

20      Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person nur zulässig, wenn diese ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung hat. Ein solches Interesse setzt voraus, dass die Nichtigerklärung dieser Handlung als solche Rechtswirkungen haben kann und der Rechtsbehelf der Partei, die ihn eingelegt hat, damit im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann. Das Rechtsschutzinteresse eines Klägers muss bestehend und gegenwärtig sein. Es darf sich nicht auf eine zukünftige und hypothetische Situation beziehen. Dieses Interesse muss im Hinblick auf den Klagegegenstand bei Klageerhebung gegeben sein – andernfalls ist die Klage unzulässig – und bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung weiter vorliegen, andernfalls ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt (vgl. Urteil vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 55 bis 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Ein Kläger muss sein Rechtsschutzinteresse, das die wesentliche Grundvoraussetzung für jede Klage darstellt, nachweisen (Urteil vom 14. April 2005, Sniace/Kommission, T‑141/03, EU:T:2005:129, Rn. 31).

22      Im vorliegenden Fall ist für die Beurteilung des Rechtsschutzinteresses der Klägerin zu prüfen, welchen Vorteil ihr die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung verschaffen könnte.

23      Als Erstes hatte die Klägerin offensichtlich ein Interesse daran, dass der Vorschlag des Konsortiums Tenlaw berücksichtigt wird, und folglich daran, die ihr gegenüber ausgesprochene Ablehnung zu beanstanden. Die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung würde nämlich dem Konsortium, das von der Klägerin koordiniert wird, eine weitere Chance darauf verschaffen, dass der Projektvorschlag „TenOpt“ angenommen wird und eine Förderung erhält (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 18. Januar 2018, Kenup Foundation u. a./EIT, T‑76/15, EU:T:2018:9, Rn. 31 [nicht veröffentlicht]).

24      Als Zweites kann die REA die Anerkennung des Rechtsschutzinteresses der Klägerin nicht davon abhängig machen, dass diese den Nachweis dafür erbringt, dass sie über eine ernsthafte Chance verfügt habe, dass der Projektvorschlag „TenOpt“ angenommen werde und er eine Förderung erhalte. Aus den oben in Rn. 23 getroffenen Feststellungen ergibt sich nämlich, dass die Klägerin ein Interesse an der Anfechtung der angefochtenen Entscheidung hat, ohne dass hierfür beurteilt zu werden bräuchte, ob die geltend gemachten Klagegründe begründet sind oder nicht. Die REA macht zwar geltend, dass die Klägerin kein berechtigtes Interesse an der Nichtigerklärung einer Entscheidung habe, von der bereits von vornherein feststünde, dass sie nur in gleicher Weise erneut getroffen werden könnte. Im vorliegenden Fall ist jedoch insoweit zum einen festzustellen, dass vor der Prüfung der die Klageanträge stützenden Gründe nicht der Schluss gezogen werden kann, dass die angefochtene Entscheidung im Fall ihrer Nichtigerklärung nur in gleicher Weise wieder getroffen werden könnte, und zum anderen, dass sich ein fehlendes Rechtsschutzinteresse auf die Zulässigkeit der Klagegründe bezieht und eine andere Frage betrifft als das Interesse, das ein Kläger an der Erhebung der Klage haben kann (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 18. Januar 2018, Kenup Foundation u. a./EIT, T‑76/15, EU:T:2018:9, Rn. 34 [nicht veröffentlicht]).

25      Unter diesen Umständen kann der von der REA erhobenen Einrede der Unzulässigkeit nicht stattgegeben werden.

 Zum zweiten und zum dritten Klageantrag

26      Mit ihrem zweiten Antrag bittet die Klägerin das Gericht um Hinweise, wie bei der Bestellung der Sachverständigen für die Bewertung der Projektvorschläge, insbesondere im Hinblick auf eine neue Bewertung, vorzugehen sei. Mit ihrem dritten Antrag ersucht die Klägerin das Gericht, hilfsweise, die Möglichkeit eines Vergleichs zu prüfen.

27      Zum zweiten Klageantrag ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle aufgrund von Art. 263 AEUV nicht befugt ist, gegenüber den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union Anordnungen zu erlassen, auch wenn sie sich auf die Modalitäten der Durchführung seiner Urteile beziehen (Beschlüsse vom 22. September 2016, Gaki/Kommission, C‑130/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:731, Rn. 14, und vom 19. Juli 2016, Trajektna luka Split/Kommission, T‑169/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:441, Rn. 13). Ferner gibt es im Verfahren vor den Gerichten der Union keinen Rechtsbehelf, der es dem Gericht ermöglichte, im Wege einer allgemeinen Erklärung zu einer Frage Stellung zu nehmen, deren Gegenstand den Rahmen des Rechtsstreits überschreitet (Beschluss vom 7. Juni 2004, Segi u. a./Rat, T‑338/02, EU:T:2004:171, Rn. 48).

28      Folglich ist der zweite Klageantrag wegen Unzuständigkeit zurückzuweisen.

29      Um den dritten Klageantrag zurückzuweisen, genügt der Hinweis, dass zum einen Art. 124 der Verfahrensordnung des Gerichts, wonach sich die Parteien auf eine Lösung zur Beilegung des Rechtsstreits einigen können, nicht auf die in Art. 263 AEUV genannten Klagen anwendbar ist. Zum anderen hat jedenfalls die REA in der Klagebeantwortung und in der Gegenerwiderung angegeben, dass ein Vergleich über die Gewährung einer Förderung zur Unterstützung des Projektvorschlags „TenOpt“ nicht in Betracht komme.

 Zur Begründetheit

30      Die Klägerin stützt ihre Klage im Wesentlichen auf vier Gründe, mit denen sie erstens Sachverhaltsirrtümer, zweitens einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, drittens einen Beurteilungsfehler und viertens einen Ermessensmissbrauch rügt.

 Vorbemerkungen

31      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Gutachter hinsichtlich der drei Bewertungskriterien u. a. folgende Beurteilungen vorgenommen haben:

Im Hinblick auf das Kriterium „Exzellenz“:

–        „[Drei] der [vier] vorgesehenen Schritte der Forschung konzentrieren sich auf wohnungsbezogene Fragestellungen, lediglich der vierte Schritt verknüpft diese Fragestellung ausdrücklich mit dem Thema der Unionsbürgerschaft in Form eines Rechts auf angemessenes Wohnen. Die Erklärung, wie sich dies mit der Themenbeschreibung deckt, überzeugt nicht zur Gänze.“

–        „Weniger klar ist, wie sich dies mit Fragen der Städtepolitik (wie der Gebietseinteilung) verbinden lässt.“

–        „Außerdem ist bedenklich, dass Hypothekenbedingungen nicht angesprochen werden.“

–        „Der Projektvorschlag erörtert nicht, wie verschiedene institutionelle Vorkehrungen – abgesehen von ihrer internen juristischen Kohärenz – verglichen werden können … “

–        „… [I]m Projektvorschlag wird die Geeignetheit einer Lösung für eine bestimmte Verteilung von Wohlstand und für bestimmte Zusammenlebensmodelle in einer Gesellschaft (in Bezug auf globalen Wohlstand und soziale Ausgrenzung) nicht geprüft.“

–        „Der Vorschlag vernachlässigt die generationenübergreifende Dimension …“

–        „Der Vorschlag zeigt interdisziplinäre Ansätze auf, in der Praxis liegt jedoch der Hauptschwerpunkt auf der rechtlichen Bewertung von verschiedenen Formen der Wohnungsinhaberschaft.“

–        „Es wird nicht klar beschrieben, wie der Vorschlag die potenziellen Ergebnisse der verschiedenen Formen der Wohnungsinhaberschaft bewerten wird; insoweit liegt ein Mangel vor.“

–        „Der Vorschlag enthält keine statistische Expertise; diese wäre für die Quantifizierung der potenziellen Wirkung verschiedener rechtlicher Lösungen, mit denen ähnliche Problemstellungen angegangen werden sollen, durchaus hilfreich gewesen.“

–        „Genderbezogene Fragestellungen fehlen in dem Vorschlag fast völlig.“

Im Hinblick auf das Kriterium „Wirkung“:

–        „Dieser Abschnitt enthält jedoch keine Bewertung anderer Akteure wie privater Agenturen, die auf nationalen Märkten Lobbyarbeit betreiben, von Bauunternehmen bis zu Investmentfunds, von Mieterverbänden bis zu Wohnungsgenossenschaften.“

–        „Zudem ist es leichter, einen Beitrag zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte anzustreben als ihn zu verwirklichen. Die Annahme, dass Bürger durch Informationen auf einer Website und in Broschüren auf ihre Wohnoptionen in ganz Europa aufmerksam gemacht werden, spiegelt die Lebenssituation etwa von Wohnungslosen nicht wider.“

–        „Die Beziehungen zu den Organisationen der Zivilgesellschaft und den einschlägigen Interessenträgern werden jedoch eher passiv als aktiv beschrieben. Zudem wird nicht deutlich, dass das Konsortium Hindernisse für eine effiziente Verbreitung in einem gedrängten Markt der Ideen umfassend geprüft hat.“

–        „In mancher Hinsicht beruhen die Vorschläge für eine weite Verbreitung offenbar auf den Ergebnissen, die zuvor im Rahmen [des Projekts] Tenlaw erzielt wurden, und weisen weder größere Innovationen noch Neuheiten auf.“

In Bezug auf das Kriterium „Qualität und Effizienz der Durchführung“:

–        „[Arbeitsprogramm] 3 enthält jedoch keinen revision loop für die im Wege einer Peer-review überprüften nationalen Berichte über Wohnrechte und ‑optionen.“

–        „Der Schwerpunkt liegt auf der Ausbildung junger Forscher, insbesondere in Bezug auf grenzüberschreitende Analysen, doch fehlt es dem Arbeitsprogramm insoweit an Genauigkeit, was es schwierig macht, positive Schlussfolgerungen in Bezug auf Qualität und Effizienz zu ziehen.“

–        „Die hauptsächliche Komplementarität der Teilnehmer besteht jedoch im Spektrum der von ihnen abgedeckten nationalen Systeme.“

–        „Für Verbreitungstätigkeiten sind relativ geringe Ressourcen vorgesehen, was eine Schwäche des Vorschlags darstellt.“

–        „Das Fehlen von Mitteln für die jeweiligen Partner für die Teilnahme an den Verwaltungs- und Verbreitungstätigkeiten erscheint zweifelhaft, wenn die besten Ergebnisse und Wirkungen erzielt werden sollen.“

32      Mithin wurden rund 20 Kritik- oder Schwachpunkte des Projektvorschlags „TenOpt“ im Bewertungsbericht festgestellt und als solche ausgewiesen. Diese Kritikpunkte, die mit den ebenfalls festgestellten positiven Aspekten und Stärken abgewogen wurden, führten dazu, dass als Gesamtnote 10 von 15 Punkten vergeben wurden. Im Wesentlichen wurde insbesondere gerügt, dass der Projektvorschlag angesichts der dem Thema Governance-04-2019 („Enhancing social rights and EU citizenship“ [Stärkung sozialer Rechte und Unionsbürgerschaft]) innewohnenden Multidisziplinarität einen zu restriktiven Ansatz favorisiere.

33      Das Gericht stellt fest, dass die Klägerin im Rahmen ihrer ersten beiden Klagegründe, mit denen Sachverhaltsirrtümer und ein offensichtlicher Beurteilungsfehler gerügt werden, in Abrede stellt, dass die Anmerkungen in dem Bewertungsbericht, auf dem die angefochtene Entscheidung beruht, stichhaltig seien. Darüber hinaus macht die Klägerin im Rahmen der ersten beiden Teile des dritten Klagegrundes, mit dem ein Beurteilungsfehler gerügt wird, der Sache nach geltend, dass die Prüfungskriterien den Ausschluss rechtsvergleichender Projekte bewirkten. Im Rahmen des dritten Teils dieses Klagegrundes rügt die Klägerin im Wesentlichen, dass der Sachverständigenausschuss nicht ordnungsgemäß zusammengesetzt gewesen sei.

34      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung die gerichtliche Kontrolle bei der vergleichenden Bewertung einer Vielzahl von Projekten auf einem komplexen wissenschaftlichen und technischen Gebiet auf die Prüfung erstreckt, ob ein Verstoß gegen die Verfahrens- und Begründungsvorschriften gegeben ist, ob die Tatsachenfeststellungen sachlich richtig sind und ob ein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder ein Ermessensmissbrauch vorliegt (vgl. Urteil vom 15. Oktober 2009, Enviro Tech [Europe], C‑425/08, EU:C:2009:635, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Die Bewertung der wissenschaftlichen Exzellenz eines Projektvorschlags durch eine Gutachterkommission fällt in die Kategorie der komplexen Beurteilungen im Sinne der oben in Rn. 34 angeführten Rechtsprechung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. November 2020, BMC/Gemeinsames Unternehmen Clean Sky 2, T‑71/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:567, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Nach der Rechtsprechung kann ein die Nichtigerklärung eines Rechtsakts rechtfertigender offensichtlicher Irrtum eines Organs bei der Würdigung eines komplexen Sachverhalts nur festgestellt werden, wenn die vom Kläger vorgebrachten Beweise ausreichen, um die Sachverhaltswürdigung in dem Rechtsakt als nicht plausibel erscheinen zu lassen. Vorbehaltlich dieser Plausibilitätsprüfung darf das Gericht die Beurteilung eines komplexen Sachverhalts durch den Urheber der Entscheidung nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen. Folglich ist der auf das Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers gestützte Klagegrund zurückzuweisen, wenn die beanstandete Beurteilung trotz der vom Kläger vorgebrachten Umstände als nach wie vor richtig oder gültig angesehen werden kann (vgl. Urteil vom 25. November 2020, BMC/Gemeinsames Unternehmen Clean Sky 2, T‑71/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:567, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Die Beurteilungen, auf die eine auf der Grundlage eines komplexen Sachverhalts getroffene Entscheidung gestützt wird, können daher nur dann vom Gericht geprüft werden, wenn der Kläger geltend macht, dass die betreffenden Sachverhaltsbeurteilungen nicht plausibel seien (Urteil vom 25. November 2020, BMC/Gemeinsames Unternehmen Clean Sky 2, T‑71/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:567, Rn. 77).

38      In diesem Zusammenhang stellt der Umstand, dass ein Bewerber, dessen Vorschlag im Rahmen eines zum Rahmenprogramm für die Forschung und Innovation „Horizont 2020“ (2014-2020) gehörenden Aufrufs zur Einreichung von Vorschlägen nicht berücksichtigt wurde, mit den Beurteilungen der Sachverständigen, die seinen Vorschlag geprüft haben, nicht einverstanden ist, abgesehen von dem Fall, dass er behauptet, dass diese Beurteilungen nicht plausibel seien, eine Rüge dar, die über den beschränkten Kontrollrahmen des Gerichts im Sinne der oben in den Rn. 34 und 35 angeführten Rechtsprechung hinausgeht (Urteil vom 25. November 2020, BMC/Gemeinsames Unternehmen Clean Sky 2, T‑71/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:567, Rn. 78).

39      Im Licht der vorstehenden Erwägungen sind die von der Klägerin im Rahmen der vorliegenden Klage geltend gemachten Gründe und Argumente zu prüfen, soweit mit ihnen der Sache nach erstens die Stichhaltigkeit des Bewertungsberichts zum Projektvorschlag „TenOpt“, zweitens die im Arbeitsprogramm festgelegten Bewertungskriterien und drittens die Zusammensetzung des Sachverständigenausschusses für die Bewertung dieses Vorschlags in Frage gestellt werden sollen.

 Zur Stichhaltigkeit des Bewertungsberichts zum Projektvorschlag „TenOpt“

40      Die Klägerin macht zur Stützung des ersten Klagegrundes, der sich in vier Teile gliedert, zunächst geltend, dass der Bewertungsbericht zum Projektvorschlag „TenOpt“ – der die Grundlage der Entscheidung darstellt, diesem Vorschlag die Förderung zu versagen – mit verschiedenen Sachverhaltsirrtümern behaftet sei, da bestimmte Aspekte des Vorschlags falsch dargestellt worden seien.

41      Konkret sei erstens in dem Bewertungsbericht unzutreffend behauptet worden, dass der Projektvorschlag keine Erläuterungen zu Hypothekenfragen enthalte. Zweitens sei im Bewertungsbericht zu Unrecht davon ausgegangen worden, dass der Projektvorschlag auf ein gemeinsames europäisches Modell für Housing-Lösungen abziele. Drittens hätten die mit der Bewertung betrauten Sachverständigen den Projektvorschlag missverstanden, da sie zu Unrecht angenommen hätten, dass er keine nützlichen Überlegungen zur Problematik des rein deklaratorischen Charakters sozialer Wohnungsgrundrechte enthalte. Viertens seien weitere tragende Inhalte des Antrags unrichtig dargestellt worden. Die Klägerin leitet daraus ab, dass die Sachverständigen für die Bewertung des Projektvorschlags „TenOpt“ diesen nur ungefähr verstanden hätten, was eine fehlerfreie Würdigung verhindert habe.

42      Zur Stützung des zweiten Klagegrundes wirft die Klägerin sodann den Sachverständigen vor, im Bewertungsbericht die Auffassung vertreten zu haben, dass die Vorschläge in Bezug auf die Verbreitung nicht hinreichend innovativ seien, da sie bereits im Rahmen eines Vorgängerprojekts praktiziert worden seien. Es sei jedoch vorzugswürdig, bereits bewährte Ansätze zur Verbreitung zu nutzen, anstatt zu verlangen, dass Ansätze zur Verbreitung in allen Punkten innovativ oder neuartig sein müssen, denen dann naturgemäß bestimmte Risiken innewohnten.

43      Schließlich rügt die Klägerin in den ersten beiden Teilen ihres dritten Klagegrundes, dass bestimmte Kritikpunkte in Bezug auf den Projektvorschlag „TenOpt“ auf sachfremden Erwägungen beruhten.

44      Insbesondere vertritt die Klägerin im Rahmen des ersten Teils des dritten Klagegrundes die Auffassung, dass die Kritik der Gutachter im Hinblick auf die fehlende Auswertung der Geeignetheit der jeweiligen nationalen „housing solutions“ für eine bestimmte Verteilung von Wohlstand und für bestimmte Zusammenlebensmodelle in der Gesellschaft der Auferlegung einer Anforderung gleichkomme, die für ein rechtsvergleichendes Projekt unerfüllbar sei. Rechtsvergleichenden Grundlagenprojekten würde gar ihre Existenzberechtigung abgesprochen.

45      Im Rahmen des zweiten Teils des dritten Klagegrundes wirft die Klägerin den Gutachtern ferner vor, die Auffassung vertreten zu haben, dass die hauptsächliche Komplementarität der Teilnehmer am Konsortium in dem breiten Spektrum der von ihnen abgedeckten nationalen Systeme bestehe, da hinsichtlich der Expertise der Mitglieder dieses Konsortiums keine Komplementarität bestehe; auch dies komme einem Anforderungsprofil gleich, das für ein auf Rechtsvergleichung spezialisiertes Konsortium unerfüllbar sei.

46      Die REA tritt diesem gesamten Vorbringen entgegen.

47      Aus der Darstellung der Klagegründe und Argumente, die von der Klägerin geltend gemacht werden, um die Stichhaltigkeit des Bewertungsberichts zum Projektvorschlag „TenOpt“ in Abrede zu stellen, geht hervor, dass die von ihr formulierten Kritikpunkte in zwei Kategorien unterteilt werden können. Zum einen wendet sich die Klägerin gegen bestimmte einzelne Beurteilungen dieses Berichts (erster und zweiter Klagegrund). Zum anderen bringt sie vor, dass einige der im Bericht enthaltenen Beurteilungen faktisch darauf hinausliefen, dass ein Projektvorschlag, dessen Schwerpunkt allein im Bereich der Rechtsvergleichung liege, keine Förderung erhalten könne (erster und zweiter Teil des dritten Klagegrundes).

–       Zur Infragestellung bestimmter, einzeln betrachteter Beurteilungen des Bewertungsberichts zum Projektvorschlag „TenOpt“

48      Im Rahmen des ersten Teils ihres ersten Klagegrundes bringt die Klägerin vor, dass die Gutachter im Bewertungsbericht unzutreffend festgestellt hätten, dass in ihrem Projektvorschlag „Hypothekenbedingungen nicht angesprochen werden“, obwohl sich dieser mit spezifischen Entwicklungen im Hinblick auf Hypotheken befasse. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass im Projektvorschlag ausgeführt wurde, dass er Fragen des Hypothekenrechts nicht im Detail behandle, sondern sie in einem bestimmten Kontext thematisiere. Mithin kann nicht festgestellt werden, dass die Gutachter einen Sachverhaltsirrtum begangen hätten, als sie zusammenfassend ausgeführt hatten, dass Hypothekenbedingungen in dem Projektvorschlag nicht behandelt worden seien.

49      Zweitens wird im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes behauptet, dass die Gutachter zu Unrecht davon ausgegangen seien, dass der Projektvorschlag keine Ausführungen enthalte, die die unterschiedlichen Kontexte in den Mitgliedstaaten berücksichtigten, und über ein deklaratorisches Stadium nicht hinausgehe, obwohl die Überwindung des „Programmsatzcharakters“ des Rechts auf Wohnung das Leitmotiv des ganzen Vorschlags darstelle, das an vielen Stellen ausgeführt werde. Hierzu ist festzustellen, dass es sich dabei, wie die REA zutreffend ausgeführt hat, um ein Missverständnis hinsichtlich der im Bewertungsbericht erfolgten Beurteilung handelt. Die Gutachter hatten nämlich festgehalten, das „der Vorschlag … nützliche Einblicke in die [auf diesem Gebiet] fortbestehenden Herausforderungen gewähren [kann]“. Darüber hinaus untermauert das in Rede stehende Vorbringen nicht, dass ein Sachverhaltsirrtum vorliege.

50      Drittens wird mit der ersten Rüge im Rahmen des vierten Teils des ersten Klagegrundes geltend gemacht, dass die Gutachter bei der Beurteilung des Vorschlags das „Recht auf adäquate rechtlich regulierte Wohnformen“ (right to adequate housing options) mit dem „Recht auf angemessene Wohnbedingungen“ (right to adequate housing) verwechselt hätten. Insoweit kann es mit der Feststellung sein Bewenden haben, dass die Klägerin ihr Vorbringen nicht mit konkreten Anhaltpunkten untermauert hat, anhand deren das Gericht beurteilen könnte, welche Konsequenzen gegebenenfalls aus einer Unterscheidung dieser beiden, angeblich verwechselten Begriffe zu ziehen wären. Da solche Anhaltspunkte fehlen, kann kein Sachverhaltsirrtum festgestellt werden.

51      Viertens wird im Rahmen des zweiten Klagegrundes behauptet, die Gutachter hätten zu Unrecht kritisiert, dass die Ansätze zur Verbreitung der Forschungsergebnisse nicht innovativ seien, da sie bereits in einem früheren Projekt angewandt worden seien. Hierzu ist dem Bewertungsbericht zu entnehmen, dass diese Beurteilung nur eine Anmerkung unter weiteren Kritikpunkten darstellt, die im Rahmen der Prüfung des Kriteriums „Wirkung“ unter der Überschrift „Qualität der vorgeschlagenen Maßnahmen im Hinblick auf Nutzung und Verbreitung der Projektergebnisse … sowie ggfs. auf Verwaltung von Forschungsdaten; – Kommunikation der Projektaktivitäten an verschiedene Zielgruppen“ formuliert wurden. Mithin behauptet die Klägerin zu Unrecht, dass „[d]ie Vorschläge … nur deswegen kritisiert [werden], weil sie teilweise schon einmal im Vorgängerprojekt … praktiziert wurden“.

52      Zu dem Argument, dass das Gewährungskriterium „Wirkung“ nicht verlange, dass die Methoden zur Verbreitung der Ergebnisse des Forschungsprojekts „innovativ“ seien, ist darauf hinzuweisen, dass dieses Gewährungskriterium, wie im Arbeitsprogramm präzisiert wird, dazu führen sollte, dass die Gutachter die „Qualität der vorgeschlagenen Maßnahmen im Hinblick auf die Kommunikation der Projektaktivitäten an verschiedene Zielgruppen“ beurteilen. Insoweit waren die Gutachter im Wesentlichen der Ansicht, dass der Vorschlag der Klägerin keine tief gehenden Überlegungen dazu enthalte, wie eine Verbreitung der Ergebnisse des Projekts „TenOpt“ an verschiedene Zielgruppen erfolgen könnte, da er vor allem auf den früheren Arbeiten des Projekts „Tenlaw“ zu beruhen scheine. Soweit diese Beurteilung eine Schwachstelle bei der Qualität der Maßnahmen feststellt, die vorgeschlagen werden, um die Ergebnisse des streitigen Projekts an verschiedene Zielgruppen zu verbreiten, entspricht sie dem in Rede stehenden Bewertungskriterium.

53      Ferner wird zum einen im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes behauptet, dass die Gutachter im Bewertungsbericht zu Unrecht angenommen hätten, dass der Förderantrag ein europäisches gemeinsames Modell bzw. einen europäischen gemeinsamen Entwurf von „Housing Lösungen“ betreffe, obwohl der Antrag ganz im Gegenteil von Rechtsangleichung und Rechtsvereinheitlichung in diesem Bereich abrate. Hierzu ist dem Bewertungsbericht zu entnehmen, dass die Gutachter lediglich darauf hingewiesen hatten, dass ein europäisches gemeinsames Modell schwer vollstellbar sei, ohne jedoch zu behaupten, dass ein solches vom Projektvorschlag angestrebt werde. Folglich handelt es sich hier nur um eine allgemeine Anmerkung zum Kontext des Vorschlags, der sich nicht konkret auf den Inhalt des Projektvorschlags „TenOpt“ bezieht. Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Anmerkung die von der Klägerin behauptete Auswirkung auf das Bewertungsergebnis und den Sinngehalt der angefochtenen Entscheidung haben konnte.

54      Schließlich wird zum anderen im Rahmen des vierten Teils des ersten Klagegrundes zweitens gerügt, dass die Gutachter den Vorschlag grundsätzlich missverstanden hätten, indem sie ihn dahin ausgelegt hätten, dass er dem Gerichtshof der Europäischen Union eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung von Wohnungsrechten zuweise. Hierzu ist festzustellen, dass diese Behauptung, selbst wenn sie zuträfe, in Form einer neutralen und allgemeinen Anmerkung erfolgt. Dass die Analyse der Rolle des Gerichtshofs der Europäischen Union auf diesem Gebiet erwähnt wurde, sollte nämlich nur eine weitere Lücke unterstreichen, nämlich die fehlende Einbeziehung der Analyse anderer Akteure. Mithin kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese „Beurteilung“ die Grundlage für ein falsches Verständnis des Vorschlags gewesen sein könnte.

55      Im Ergebnis ist festzustellen, dass, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Klägerin Gesichtspunkte vorgetragen hat, die einige der in Rede stehenden spezifischen Beurteilungen widerlegen können, betreffen diese Gesichtspunkte – sowohl einzeln als auch zusammen betrachtet – nur einen sehr begrenzten Teil der Kritikpunkte oder Schwachstellen des Projektvorschlags „TenOpt“, die im Bewertungsbericht aufgezeigt wurden und oben in Rn. 31 dargestellt worden sind. Mithin bleibt die Klägerin in Anbetracht des Umfangs und der Detailtiefe der anderen Kritikpunkte bzw. Schwachstellen, die im Bewertungsbericht angeführt werden, jedenfalls den Nachweis dafür schuldig, dass die Gesamtbeurteilung des Projekts mit so gravierenden Sachverhaltsirrtümern oder einem derart offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet ist, dass die Punktevergabe davon entscheidend beeinflusst worden wäre, zumal die anderen oben in Rn. 31 aufgeführten Kritikpunkte oder Schwachstellen im Rahmen der vorliegenden Klage überhaupt nicht beanstandet werden und schon allein deswegen ausgeschlossen werden kann, dass die im Bewertungsbericht enthaltenen Beurteilungen in ihrer Gesamtheit nicht plausibel seien.

56      Folglich sind der erste und der dritte Teil des ersten Klagegrundes, die erste Rüge des vierten Teils des ersten Klagegrundes und der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. Der zweite Teil des ersten Klagegrundes sowie die zweite Rüge des vierten Teils des ersten Klagegrundes sind als ins Leere gehend zurückzuweisen.

–       Zum behaupteten „faktischen“ Ausschluss von Projektvorschlägen, deren Schwerpunkt allein im Bereich der Rechtsvergleichung liegt

57      Die Klägerin stützt ihr Vorbringen auf die Beanstandung einiger der oben in Rn. 31 wiedergegebenen Beurteilungen, nämlich die fünfte (dritter Klagegrund, erster Teil) und die 17. (dritter Klagegrund, zweiter Teil) Beurteilung.

58      Dadurch stellt die Klägerin jedoch weder die Stichhaltigkeit dieser beiden Bewertungen im Bewertungsbericht als solche in Frage noch benennt sie einen offensichtlichen Beurteilungsfehler. Vielmehr rügt sie, dass diese Beurteilungen auf der Prüfung von Kriterien beruhten, die ihres Erachtens durch einen Projektvorschlag, der im Wesentlichen auf dem Gebiet der Rechtsvergleichung angesiedelt sei, nicht erfüllt werden könnten.

59      Eine solche Kritik läuft jedoch in Wirklichkeit darauf hinaus, das Thema Governance-04-2019 zu beanstanden, in das sich die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen H2020-SC6-Governance-2019 einfügte, in deren Rahmen die Klägerin das Projekt „TenOpt“ vorgeschlagen hat. Dieses Thema wurde im Arbeitsprogramm 2018-2020 „Europe in a changing world – Inclusive, innovative and reflective societies“ („Europa in einer sich verändernden Welt – Integrative, innovative und reflektierende Gesellschaften“) unter dem Titel Governance-04-2019 („Enhancing social rights and EU citizenship“ [Stärkung sozialer Rechte und Unionsbürgerschaft]) präsentiert und im Wesentlichen als Thema mit einem multidisziplinären Gegenstand beschrieben, das u. a. rechtliche, soziale und wirtschaftliche Bereiche berühren könne. Auf den multidisziplinären Aspekt wurde auch in Anhang H dieses Arbeitsprogramms verwiesen, der für die Bewertung der Projektvorschläge im Hinblick auf das Kriterium „Exzellenz“ eine „[a]ngemessene Berücksichtigung interdisziplinärer Ansätze“ vorsah.

60      Daraus folgt, dass sich der erste und der zweite Teil des dritten Klagegrundes, mit denen die gegenüber der Klägerin vorgebrachte Kritik beanstandet werden soll, dass sie durch die Einreichung eines Vorschlags, dessen Schwerpunkt allein in der Rechtsvergleichung liege, der notwendigerweise multi- und interdisziplinären Dimension des Themas Governance-04-2019, in das sich die Aufforderung zur Erreichung von Vorschlägen H2020-SC6-Governance-2019 einfügte, nicht hinreichend Rechnung getragen habe, in Wirklichkeit als eine Beanstandung des Inhalts und der Bedingungen des Arbeitsprogramms 2018-2020 darstellen.

61      Allerdings nennt die Klägerin, die nicht bestreitet, dass der Schwerpunkt des Projektvorschlags „TenOpt“ im Wesentlichen auf der Rechtsvergleichung lag, keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Arbeitsprogramm 2018-2020 zu Unrecht verlangt habe, dass die im Rahmen des Themas Governance-04-2019 eingereichten Vorschläge eine multidisziplinäre und interdisziplinäre Dimension aufweisen sollten. Mithin sind der erste und der zweite Teil des dritten Klagegrundes in jedem Fall zurückzuweisen.

62      Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Klägerin weder eine förmliche Einrede der Rechtswidrigkeit des Rahmenprogramms für Forschung und Innovation „Horizont 2020“, des Arbeitsprogramms 2018-2020 oder der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen H2020-SC6-Governance-2019 erhoben noch die nach Art. 277 AEUV und Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung erforderlichen Gründe und Argumente vorgelegt hat, die zur Stützung einer solchen Einrede hätten vorgebracht werden müssen.

63      Nach alledem ist das Vorbringen der Klägerin zur Stichhaltigkeit der Bewertung des Projektvorschlags „TenOpt“ zurückzuweisen.

 Zur Zusammensetzung des mit der Bewertung des Projektvorschlags „TenOpt“ betrauten Sachverständigenausschusses

64      Im Rahmen des dritten Teils des dritten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, der Zusammensetzung des mit der Bewertung des Projektvorschlags „TenOpt“ betrauten Sachverständigenausschusses sei mit Beurteilungsfehlern behaftet, da sie „sachfremd“ sei. Die Ausgangsdisziplin dieses Vorschlags, die Rechtsvergleichung, sei in diesem Ausschuss nämlich nicht angemessen vertreten gewesen. Aus dieser nicht ordnungsgemäßen Zusammensetzung des Gutachterausschusses hätten sich Fehler bei der Beurteilung des Projektvorschlags „TenOpt“ ergeben.

65      Nach Art. 40 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1290/2013 kann die Kommission unabhängige Sachverständige bestellen, die die Vorschläge nach Art. 15 dieser Verordnung bewerten, oder sie u. a. bei der Bewertung von Vorschlägen beraten oder unterstützen.

66      Art. 40 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1290/2013 präzisiert, dass die unabhängigen Sachverständigen aufgrund ihrer Kompetenz, Erfahrung und Kenntnisse, die für die Ausführung der ihnen übertragenen Aufgaben angemessen sein müssen, ausgewählt werden und dass die Kommission bei deren Bestellung angemessene Maßnahmen trifft, um innerhalb der Sachverständigengruppen und Bewertungsgremien entsprechend der Situation im jeweiligen Maßnahmenbereich eine ausgewogene Zusammensetzung in Bezug auf unterschiedliche Qualifikationen, Erfahrung, Kenntnisse, geografische Vielfalt und Geschlechter anzustreben.

67      Insoweit ist davon auszugehen, dass die Organe bei der Beurteilung der Kompetenz der Personen, die sie als unabhängige Sachverständige zu benennen haben, über ein weites Ermessen verfügen und dass das Gericht ihre Auswahl nur dann beanstanden kann, wenn die Grenzen dieses Ermessens nicht gewahrt wurden.

68      Im vorliegenden Fall wurde, wie bereits oben in Rn. 59 ausgeführt worden ist, das Thema Governance-04-2019 der Sache nach als Thema mit zwangsläufig multidisziplinärer und interdisziplinärer Dimension beschrieben.

69      Daher wurde für die Zwecke des Aufrufs zur Einreichung von Vorschlägen H2020-SC6-Governance-2019 ein Sachverständigenpool gebildet, der die folgenden acht Fachgebiete abdeckte: Rechts‑, Sozial‑, Politik‑, Wirtschafts- und Organisationswissenschaften, Gender Studies, Psychologie und Soziologie. Die Auswahl der Sachverständigen für die Bewertung der einzelnen Projektvorschläge erfolgte nach dem spezifischen Gegenstand des zu bewertenden Vorschlags sowie dem interdisziplinären Ansatz der Ausschreibung.

70      Die Fachgebiete der für die Bewertung des Projektvorschlags „TenOpt“ aus dem Pool ausgewählten drei Sachverständigen waren Rechtswissenschaften, Soziologie bzw. Wirtschaftswissenschaften. Berichterstatterin für den Projektvorschlag „TenOpt“ war die im Bereich Rechtswissenschaften spezialisierte Sachverständige.

71      Zum einen kann, da in der Beschreibung des Themas Governance-04-2019 die Notwendigkeit einer multidisziplinären und interdisziplinären Dimension der in diesem Rahmen eingereichten Vorschläge hervorgehoben wurde, nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass mehr als 50 % der mit der Bewertung des jeweiligen Vorschlags betrauten Sachverständigen Spezialisten einer einzigen Disziplin sein müssten. Vielmehr wird von unabhängigen Experten erwartet, dass sie über eine große Erfahrung in relativ breit gefächerten und einander ergänzenden Fachgebieten verfügen und dass sie als Gesamtheit für die Bewertung der ihnen vorgelegten Vorschläge geeignet sind. Dies steht nur unter dem Vorbehalt, dass der Grundsatz einer Auswahl von Sachverständigen, die dem spezifischen Gegenstand des jeweiligen Vorschlags Rechnung trägt, beachtet wird.

72      Außerdem kann nicht verlangt werden, dass in einer spezifischen Teildisziplin hochspezialisierte Sachverständige für die Bildung von Sachverständigengruppen und Bewertungsgremien ausgewählt werden, zumal es bei der Auswahl dieser Sachverständigen gemäß Art. 40 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1290/2013 weder Gewissheit noch auch nur ein Hinweis darauf vorliegen, welche zu allgemeineren Fachgebieten gehörende, spezielle Teildisziplinen in den später eingereichten Vorschlägen vertreten sein werden. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin besteht somit kein Anspruch darauf, dass der Sachverständigenausschuss für die Bewertung eines bestimmten Vorschlags zumindest einen Sachverständigen umfasst, der auf die vorherrschende Teildisziplin des Vorschlags spezialisiert ist, sondern nur darauf, dass zumindest einer dieser Sachverständigen eine Spezialisierung in dem von diesem Vorschlag betroffenen spezifischen allgemeineren Fachgebiet aufweist.

73      Zum anderen hat die Klägerin weder dargetan noch auch nur behauptet, dass der auf den Bereich „Recht“ spezialisierte Sachverständige über keine juristischen Qualifikationen, umfassende Berufserfahrung in diesem Bereich oder Wissen und Kenntnisse im Zusammenhang mit dem Projektvorschlag „TenOpt“ verfügt hätte oder dass er für die Bewertung dieses Projektvorschlags offensichtlich ungeeignet gewesen wäre. Selbst wenn also dieser Sachverständige kein ausgewiesener Spezialist auf dem Gebiet der Rechtsvergleichung gewesen sein sollte, lässt nichts die Annahme zu, dass er nicht in der Lage war, zur Beurteilung der in den Bereich „Recht“ fallenden Aspekte dieses Vorschlags beizutragen.

74      Folglich weist die Zusammensetzung des mit der Bewertung des Projektvorschlags „TenOpt“ betrauten Sachverständigenausschusses keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler auf, so dass der dritte Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen ist.

75      Zum vierten Klagegrund, mit dem die Klägerin im Wesentlichen einen Ermessensmissbrauch geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff des „Ermessensmissbrauch“ im Unionsrecht eine präzise Bedeutung hat; er bezieht sich auf eine Situation, in der eine Verwaltungsbehörde ihre Befugnisse zu einem anderen Zweck als demjenigen ausübt, zu dem sie ihr übertragen worden sind. Es entspricht in diesem Zusammenhang ständiger Rechtsprechung, dass eine Entscheidung nur dann ermessensmissbräuchlich ist, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie zu anderen als den angegebenen Zwecken getroffen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. April 1996, Industrias Pesqueras Campos u. a./Kommission, T‑551/93 und T‑231/94 bis T‑234/94, EU:T:1996:54, Rn. 168 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall genügt die Feststellung, dass die Klägerin nichts vorgetragen und keine Anhaltspunkte dafür beigebracht hat, das Vorliegen eines solchen Ermessensmissbrauchs darzutun oder was den Schluss zuließe, dass die REA zu einem anderen Zweck als demjenigen gehandelt hätte, der in den auf den vorliegenden Fall anwendbaren Bestimmungen vorgesehen war. Mithin kann dieser Klagegrund als unbegründet zurückgewiesen werden kann, ohne dass über seine Zulässigkeit entschieden zu werden braucht.

76      Nach alledem ist die Klage abzuweisen, da sämtliche Klagegründe, Teile, Rügen und Argumente der Klägerin zurückgewiesen worden sind.

 Kosten

77      Nach Art. 219 seiner Verfahrensordnung entscheidet das Gericht in den Verfahren nach Zurückverweisung über die Kosten des Rechtsstreits vor dem Gericht und über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof. Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin im Verfahren nach Zurückverweisung unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Rechtsstreits vor dem Gericht aufzuerlegen. Da die REA im Rechtsmittelverfahren vor dem Gerichtshof unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Universität Bremen trägt die Kosten des Rechtsstreits vor dem Gericht. Die Europäische Exekutivagentur für die Forschung (REA) trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof.

Svenningsen

Laitenberger

Martín y Pérez de Nanclares

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. März 2023.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

S. Papasavvas


*      Verfahrenssprache: Deutsch.