Language of document : ECLI:EU:T:2019:725

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

3. Oktober 2019(*)

„Öffentlicher Dienst – Beamte – Art. 24 des Statuts – Antrag auf Beistand – Art. 12a des Statuts – Mobbing – Umfang der Beistandspflicht – Maßnahme zur Entfernung – Dauer des Verwaltungsverfahrens – Haftung – Immaterieller Schaden“

In der Rechtssache T‑730/18,

DQ und die weiteren im Anhang namentlich aufgeführten Kläger(1), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin M. Casado García-Hirschfeld,

Kläger,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten durch E. Taneva und T. Lazian als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV auf Ersatz des Schadens, der den Klägern im Wesentlichen durch die nicht angemessene Bearbeitung ihres Antrags auf Beistand im Zusammenhang mit Mobbingvorwürfen gegen ihren Vorgesetzten entstanden sein soll,

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Richters V. Valančius in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten sowie der Richter P. Nihoul und J. Svenningsen (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

folgendes

Urteil

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Kläger, DQ und die weiteren im Anhang namentlich aufgeführten Kläger, sind Beamte des Europäischen Parlaments, die dem Referat [vertraulich](2) (im Folgenden: Referat) der Direktion [vertraulich] der Generaldirektion (GD) „[vertraulich]“ (im Folgenden: Generaldirektion) angehören.

2        Im Lauf des Jahres 2013 wiesen die Kläger und zwei weitere ihrer Kollegen den Leiter der Direktion [vertraulich] (im Folgenden: Direktor) und den Leiter der Generaldirektion (im Folgenden: Generaldirektor), die Vorgesetzten des Referatsleiters (im Folgenden: Referatsleiter), auf unangemessene Verhaltensweisen des Referatsleiters hin.

3        Insbesondere beantragten die Kläger und zwei weitere ihrer Kollegen, die um die Gesundheit ihres Vorgesetzten sowie um den Zusammenhalt und die Professionalität des Referats besorgt waren, in einem an den Generaldirektor gerichteten Schreiben vom 11. November 2013 die Verschiebung des Sprachtests, an dem der Referatsleiter teilnehmen sollte (im Folgenden: Schreiben vom 11. November 2013). Sie führten aus, dass der Referatsleiter den Mitgliedern des Prüfungsausschusses für den Fall, dass er nicht bestehen sollte, damit gedroht habe, sich das Leben nehmen oder Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen. Sie wiesen in diesem Schreiben außerdem darauf hin, dass einer der Vertrauensärzte des Ärztlichen Dienstes in einem Vermerk, der später dem Direktor übergeben worden sei, die verschiedenen Verhaltensweisen des Referatsleiters aufgelistet habe, die von einigen Mitgliedern des Referats bei ihren Untersuchungsterminen beim Ärztlichen Dienst im Oktober 2013 übereinstimmend beschrieben worden seien. Die Kläger setzten den Generaldirektor damit über ihre ernsten Bedenken hinsichtlich des beruflichen und sozialen Verhaltens des Referatsleiters in Kenntnis.

4        Mit E‑Mail vom 18. November 2013 teilte der Generaldirektor den Klägern mit, dass er den Direktor ersucht habe, zum einen innerhalb der Generaldirektion eine Untersuchung zu dem Sachverhalt, von dem sie ihn unterrichtet hätten, durchzuführen, und zum anderen den Referatsleiter über die Verschiebung des Sprachtests, an dem er teilnehmen sollte, zu informieren.

5        Mit E‑Mail vom 5. Dezember 2013 ersuchten die Kläger den Direktor, davon abzusehen, die Mitglieder des Referats einzeln zu befragen, und ihr Vorgehen als ein kollektives Vorgehen anzusehen, so dass er mit ihnen nur als Gruppe zusammentreffen sollte. In seiner Antwort erläuterte der Direktor, dass die Mitglieder des Referats seiner Erfahrung nach eher im Rahmen eines privaten Gesprächs als in größerer Runde dazu bereit seien, offen zu sprechen, und dass er deshalb Einzelgespräche bevorzugt habe. Da er der Auffassung war, aufgrund der geführten Einzelgespräche nunmehr eine genaue Vorstellung von der Situation zu haben, teilte er den Klägern mit, dass er bedaure, nicht früher von den zwischenmenschlichen Problemen im Referat in Kenntnis gesetzt worden zu sein, dass eine Sitzung mit dem gesamten Personal des Referats derzeit verfrüht sei und dass er eine solche Sitzung erst dann einberufen wolle, wenn die Atmosphäre hierzu besser geeignet sei.

A.      Zum Antrag auf Beistand und zu den von der Anstellungsbehörde getroffenen Maßnahmen

6        Am 24. Januar 2014 stellten die Kläger und zwei weitere ihrer Kollegen gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) durch einen Anwalt einen Antrag auf Beistand im Sinne von Art. 24 des Statuts wegen des Vorwurfs des Mobbings und der sexuellen Belästigung durch den Referatsleiter unter Verstoß gegen Art. 12a des Statuts (im Folgenden: Beistandsantrag), und zwar beim Generalsekretär des Parlaments, der zusammen mit dem Generaldirektor der GD „Personal“ beim Parlament für die Bearbeitung derartiger Beistandsanträge zuständig ist.

7        In ihrem Beistandsantrag baten die Kläger und zwei weitere ihrer Kollegen den Generalsekretär, den Referatsleiter gemäß Art. 23 des Anhangs IX des Statuts unverzüglich vorläufig seines Dienstes zu entheben, das sie betreffende und sich auf ihre dienstlichen Leistungen im Jahr 2013 beziehende Beurteilungsverfahren (im Folgenden: Beurteilungsverfahren 2014) auszusetzen, eine Verwaltungsuntersuchung einzuleiten und die Kosten ihres Rechtsbeistands zu übernehmen.

8        Am 28. Januar 2014 äußerten die Kläger und zwei weitere ihrer Kollegen gegenüber dem Direktor der Personalverwaltung des Parlaments im Hinblick auf eine für den nächsten Tag vorgesehene Dienstbesprechung in Anwesenheit des Referatsleiters ihre Befürchtungen wegen der Einreichung des Beistandsantrags. Mit E‑Mail vom selben Tag wurden sie darüber informiert, dass zwei „von der Generaldirektion entsandte“ Personen bei dieser Dienstbesprechung anwesend sein würden.

9        Diesbezüglich hätten die Kläger mit Erstaunen festgestellt, dass es sich bei diesen zwei Personen um den Direktor und um den Rechtsberater des Generaldirektors gehandelt habe, obwohl sowohl der Direktor als auch der Generaldirektor im Beistandsantrag ausdrücklich genannt worden seien.

10      Die Kläger tragen vor, dass der Direktor sich in der Sitzung vom 29. Januar 2014 zunächst lobend über die Arbeit des Referatsleiters geäußert und dann, nachdem dieser sich entfernt hatte, auf den Beistandsantrag zu sprechen gekommen sei. Er habe darauf hingewiesen, dass ihm dessen Inhalt nicht bekannt sei, und die Kläger aufgefordert, offen mit ihm zu sprechen. Er habe zu ihnen gesagt: „Open your hearts and tell me what is on your liver“ (Seien Sie offen zu mir und sagen Sie mir, was Sie auf dem Herzen haben). Er habe den Klägern außerdem vorgeschlagen, sich an den Beratenden Ausschuss „Mobbing und Prävention von Mobbing am Arbeitsplatz“ zu wenden. Die Kläger hätten den Direktor gefragt, ob dieses Gespräch offiziellen Charakter habe, da sie in diesem Fall die Anwesenheit ihres Rechtsbeistands verlangten, der sich vor dem Sitzungsraum befinde. Der Direktor habe geantwortet, dass es sich um eine interne Besprechung handele, was eine Teilnahme des Rechtsbeistands ausschließe. In der Klageschrift führen die Kläger aus, dass sie dieses Treffen mit dem Direktor als einen weiteren Einschüchterungsversuch, einen illoyalen Test ihres Zusammenhalts und einen Angriff auf ihre Menschenwürde empfunden hätten.

11      Mit Schreiben vom 10. Februar 2014 beschwerte sich der Rechtsbeistand der Kläger über die Bearbeitung des Beistandsantrags und nahm insoweit sowohl auf die Sitzung vom 29. Januar 2014, in der der Direktor unangemessene Äußerungen gemacht habe, als auch auf ein Treffen zwei Tage später zwischen dem Referatsleiter und einem Mitglied des Prüfungsausschusses für den Sprachtest Bezug. Er wies in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, dass es erforderlich sei, die Verwaltungsuntersuchung einzuleiten und schnellstmöglich präventive Maßnahmen zu ergreifen.

12      Mit Schreiben vom 17. Februar 2014 informierte der Generaldirektor der GD „Personal“ die Kläger über die vorläufigen Maßnahmen, die die Anstellungsbehörde des Parlaments auf den Beistandsantrag hin bereits erlassen hatte. Die Anstellungsbehörde hatte insoweit entschieden, den Leiter eines anderen Referats mit der Leitung des Referats zu betrauen, und kündigte an, einen Dritten anstelle des Referatsleiters als Erstbeurteilenden der Kläger für das Beurteilungsverfahren 2014 zu benennen, und schließlich schnellstmöglich eine Verwaltungsuntersuchung einzuleiten.

13      Am 4. März 2014 teilte der Direktor den Klägern mit, dass der Generalsekretär beschlossen habe, ihn als ihren Erstbeurteilenden zu benennen, während ein anderer Direktor die Rolle des Berufungsbeurteilenden übernehmen solle.

14      Am 11. April 2014 wurden die Kläger von der Einleitung einer das Referat betreffenden Verwaltungsuntersuchung und ihrer Ladung zu einer für den 15. April 2014 anberaumten Anhörung unterrichtet.

15      Am 21. Mai 2014 legten die Kläger Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts gegen die Entscheidung der Anstellungsbehörde ein, den Direktor als ihren Erstbeurteilenden für das Beurteilungsverfahren 2014 zu benennen. Sie beantragten, dieses Beurteilungsverfahren auszusetzen, ihren Referatsleiter vorläufig des Dienstes zu entheben und Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Sicherheit am Arbeitsplatz und die Vertraulichkeit der Bearbeitung des Beistandsantrags zu gewährleisten.

16      Mit Klageschrift, die am 22. Mai 2014 bei der Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union einging und unter dem Aktenzeichen F‑49/14 in das Register eingetragen wurde, beantragten die Kläger und einer der beiden weiteren Kollegen u. a., die Entscheidung der Anstellungsbehörde, den Direktor als ihren Erstbeurteilenden zu benennen, aufzuheben, das Beurteilungsverfahren 2014 auszusetzen und den Referatsleiter vorläufig seines Dienstes zu entheben.

17      Mit Beschluss vom 12. Juni 2014, DQ u. a./Parlament (F‑49/14 R, EU:F:2014:159), wies der Präsident des Gerichts für den öffentlichen Dienst den von den Klägern und einem der beiden weiteren Kollegen mit besonderem Schriftsatz gestellten Antrag auf einstweilige Anordnungen zurück.

18      Am 2. Juni 2014 teilte das Parlament den Klägern seine endgültigen Schlussfolgerungen zum Beistandsantrag mit. Dabei handelte es sich um drei Schlussfolgerungen, nämlich erstens, dass Maßnahmen zur Entfernung des Referatsleiters getroffen worden seien und die Personalführung für das Referat nunmehr von einem anderen Referatsleiter gewährleistet werde, zweitens, dass der Referatsleiter in seiner Eigenschaft als Erstbeurteilender der Kläger für das Beurteilungsverfahren 2014 durch den Direktor ersetzt worden sei, und drittens, dass gegen den Referatsleiter ein Disziplinarverfahren gemäß Art. 86 des Statuts eingeleitet worden sei.

19      Mit Vermerk vom 3. Juni 2014 teilte der Generalsekretär des Parlaments dem Generaldirektor mit, er habe festgestellt, dass es schwierig werde, das Beurteilungsverfahren 2014 gemäß dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung durchzuführen. Er habe daher beschlossen, dieses Verfahren für das gesamte Referat vorläufig auszusetzen, bis eine ausgewogene Lösung gefunden werde, insbesondere bis die Anstellungsbehörde in der Lage sein werde, sich mit der nötigen Gelassenheit zu äußern.

20      Am 26. September 2014 wies der Generalsekretär in seiner Eigenschaft als Anstellungsbehörde die Beschwerde vom 21. Mai 2014 als teilweise verfrüht, soweit sie vorläufige Maßnahmen der Anstellungsbehörde betraf, und als teilweise unbegründet zurück.

21      Mit Schreiben, das am 20. November 2014 bei der Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst einging, teilten die Kläger und einer der beiden weiteren Kollegen mit, dass sie ihre Klage in der Rechtssache F‑49/14 zurücknähmen, weil sich das Parlament insbesondere damit einverstanden erklärt habe, „vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, wie sie in [seinen] Vermerken vom 2. und 3. Juni 2014 mitgeteilt“ worden seien.

22      Mit Beschluss vom 12. Januar 2015, DQ u. a./Parlament (F‑49/14, EU:F:2015:1), strich das Gericht für den öffentlichen Dienst die Rechtssache F‑49/14 in seinem Register und entschied, dass das Parlament seine eigenen Kosten sowie die der Kläger und eines der beiden weiteren Kollegen zu tragen habe, und zwar im Wesentlichen deshalb, weil die Kläger, da das Parlament keine konkreten und abschließenden Schritte unternommen habe, um den Referatsleiter vorläufig seines Dienstes zu entheben und/oder das Beurteilungsverfahren 2014 auszusetzen, keine andere Möglichkeit gehabt hätten als diese Klage, verbunden mit einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, zu erheben, um ihre Rechte zu wahren und die Anstellungsbehörde angesichts des Mobbings und der sexuellen Belästigung, denen sie nach ihren Angaben ausgesetzt gewesen seien, zum Handeln zu bewegen.

23      Nach dem Vorbringen der Kläger hat die Anstellungsbehörde im Oktober 2015 einen – ihnen nicht übermittelten – Bericht erstellt, in dem Verhaltensweisen des Referatsleiters festgestellt wurden, die Mobbing im Sinne von Art. 12a des Statuts darstellen.

B.      Zur Übernahme der Kosten, Auslagen und Gebühren des Rechtsbeistands der Kläger im Zusammenhang mit dem Beistandsantrag

24      Am 2. Dezember 2015 beantragten die Kläger und einer der beiden weiteren Kollegen gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts erneut, wie bereits in ihrem Beistandsantrag, die Übernahme der gesamten Kosten, Auslagen und Gebühren ihres Rechtsbeistands durch die Anstellungsbehörde.

25      Mit Entscheidung vom 2. Februar 2016 lehnte die Anstellungsbehörde diesen Antrag ab. Auch die von den Klägern und einem der beiden weiteren Kollegen am 4. Mai 2016 eingelegte Beschwerde wurde mit Entscheidung vom 1. September 2016 zurückgewiesen.

26      Mit Klageschrift, die am 20. Januar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts einging und unter dem Aktenzeichen T‑38/17 in das Register eingetragen wurde, beantragten die Kläger und einer der beiden weiteren Kollegen, das Parlament zu verurteilen, ihnen als Ersatz ihres immateriellen Schadens einen Betrag in Höhe von 92 200 Euro zu zahlen, der der Übernahme der gesamten Kosten, Auslagen und Gebühren ihres Rechtsbeistands im Zusammenhang erstens mit dem Beistandsantrag, zweitens mit dem von ihnen eingeleiteten Verfahren gegen das Parlament vor dem Tribunal du travail francophone de Bruxelles (Französischsprachiges Arbeitsgericht Brüssel, Belgien), und drittens mit der Klage T‑38/17 entspreche.

27      Nach Eingang der Klagebeantwortung am 12. April 2017 beauftragte das Gericht (Erste Kammer) mit Entscheidung vom 18. Mai 2017 den Berichterstatter, die Möglichkeiten für eine gütliche Beilegung des Streites gemäß Art. 50a der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 125a Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts zu prüfen.

28      In Beantwortung des Vorschlags des Berichterstatters, eine gütliche Einigung auf der Grundlage eines Entwurfs einer entsprechenden Vereinbarung herbeizuführen, teilte das Parlament mit Schreiben vom 1. Juni 2017 mit, dass es bereit sei, Verhandlungen mit den Klägern und einem der beiden weiteren Kollegen aufzunehmen, während Letztere mit Schreiben vom 2. Juni 2017 angaben, dass sie keine gütliche Beilegung des Rechtsstreits wünschten.

29      Mit Schreiben vom 7. Juni 2017 forderte der Berichterstatter die Kläger und einen der beiden weiteren Kollegen auf, ihren Standpunkt zu überdenken und gegebenenfalls ihre Absicht zu bestätigen, auf das Güteverfahren zu verzichten. Er wies außerdem darauf hin, dass im Rahmen des Gerichtsverfahrens die Zulässigkeit der Klage anhand der Rechtsprechung, die sich u. a. aus dem Beschluss vom 20. März 2014, Michel/Kommission (F‑44/13, EU:F:2014:40‚ Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung), ergebe, zu beurteilen sei, da sie bereits zweimal, nämlich im Beistandsantrag vom 24. Januar 2014 und in einem Schreiben vom 6. Oktober 2014, von der Anstellungsbehörde die Erstattung der im Zusammenhang mit dem Beistandsantrag angefallenen Anwaltskosten verlangt hätten. Aus der Akte scheine aber nicht hervorzugehen, dass sie die stillschweigenden Ablehnungsentscheidungen, die nach Ablauf der der Anstellungsbehörde im Statut gesetzten Antwortfrist von vier Monaten ergangen seien, mit einer Beschwerde angefochten hätten.

30      Mit Schreiben vom 15. Juni 2017 setzten die Kläger und einer der beiden weiteren Kollegen das Gericht davon in Kenntnis, dass sie schließlich Kontakt mit dem Parlament aufgenommen hätten und dass sie in diesem Zusammenhang eine Verlängerung der Antwortfrist beantragten; diese wurde auf Ersuchen des Parlaments bis zum 21. Juli 2017 verlängert. Mit Schreiben vom 11. bzw. vom 6. Juli 2017 teilten die Kläger und einer der beiden weiteren Kollegen sowie das Parlament dem Gericht mit, dass sie eine Vereinbarung zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits erzielt hätten, so dass die Rechtssache durch Beschluss vom 17. Juli 2017, DQ u. a./Parlament (T‑38/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:557), im Register des Gerichts gestrichen wurde. Diese Vereinbarung wurde jedoch unbeschadet etwaiger gesonderter Schadensersatzforderungen geschlossen, die nicht im Rahmen der in der Rechtssache T‑38/17 in Frage stehenden Anträge und Beschwerden geltend gemacht worden waren.

C.      Zu dem im vorliegenden Fall in Rede stehenden Schadensersatzantrag

31      Am 13. Dezember 2017 beantragten die Kläger gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts bei der Anstellungsbehörde Schadensersatz nach billigem Ermessen in Höhe von 192 000 Euro für den immateriellen Schaden, den sie aufgrund der mangelhaften Bearbeitung ihres Beistandsantrags durch die Anstellungsbehörde, insbesondere durch die Missachtung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Fürsorgepflicht sowie durch die Verletzung ihrer Würde und ihres Rechts auf Arbeitsbedingungen, die ihrer Gesundheit, Sicherheit und Würde Rechnung trügen, erlitten hätten.

32      Da die Anstellungsbehörde diesem Schadensersatzantrag nicht stattgab, legten die Kläger am 23. Mai 2018 Beschwerde gegen die am 13. April 2018 ergangene stillschweigende Ablehnung ihres Antrags ein.

33      Mit Entscheidung vom 12. September 2018 wies der Generalsekretär in seiner Eigenschaft als Anstellungsbehörde die Beschwerde vom 23. Mai 2018 als unbegründet zurück. Er wies auf die Beistandsmaßnahmen hin, die von der Anstellungsbehörde getroffen worden seien, insbesondere die vorläufige Dienstenthebung des Referatsleiters und die am 6. Januar 2016 erfolgte Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen ihn, das – nach Befassung des Disziplinarrats und nach Anhörung des Betroffenen am 14. November 2016 – am 27. Februar 2017 zur Verhängung einer Disziplinarstrafe geführt habe. Damit seien für die Kläger wieder Arbeitsbedingungen hergestellt worden, die ihrer Gesundheit, Sicherheit und Würde Rechnung trügen. Dies werde dadurch belegt, dass es nach dem Erlass der Beistandsmaßnahmen durch die Anstellungsbehörde im Februar 2014 zu keinerlei Mobbinghandlungen mehr gekommen sei.

II.    Verfahren und Anträge der Parteien

34      Mit am 12. Dezember 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der sie beantragen,

–        die stillschweigende Entscheidung, mit der ihr Schadensersatzantrag abgelehnt wurde, und, soweit erforderlich, die Entscheidung vom 12. September 2018, mit der ihre Beschwerde vom 23. Mai 2018 zurückgewiesen wurde, aufzuheben;

–        den Ersatz ihres immateriellen, nach billigem Ermessen auf 192 000 Euro zu bemessenden Schadens anzuordnen;

–        das Parlament „zur Zahlung der zwischenzeitlich angefallenen Ausgleichs- und Verzugszinsen“ zu verurteilen;

–        dem Parlament die Kosten aufzuerlegen.

35      Mit am selben Tag eingegangenem gesondertem Schriftsatz haben die Kläger beantragt, ihnen gemäß Art. 66 der Verfahrensordnung Anonymität zu gewähren.

36      In seiner am 20. März 2019 eingegangenen Klagebeantwortung beantragt das Parlament,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

37      Mit am selben Tag eingegangenem gesondertem Schriftsatz hat das Parlament beantragt, bestimmte, Dritte betreffende Angaben wegzulassen.

38      Am 19. April 2019 hat das Gericht das schriftliche Verfahren abgeschlossen.

39      Da keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens einen entsprechenden Antrag gestellt hat, hat das Gericht, das sich für durch die Aktenstücke der Rechtssache hinreichend unterrichtet hält, gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung beschlossen, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden.

40      Mit Schreiben vom 1. August 2019 hat die Kanzlei das Parlament im Rahmen prozessleitender Maßnahmen ersucht, mehrere Fragen zu beantworten, was innerhalb der gesetzten Frist geschehen ist.

III. Rechtliche Würdigung

A.      Zu den Aufhebungsanträgen

41      Die Kläger beantragen – neben Schadensersatz – die Aufhebung der stillschweigenden Entscheidung, mit der ihr Schadensersatzantrag abgelehnt wurde, und, soweit erforderlich, der Entscheidung vom 12. September 2018, mit der ihre Beschwerde vom 23. Mai 2018 zurückgewiesen wurde.

42      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Entscheidung eines Organs, mit der ein Antrag auf Schadensersatz abgelehnt wird, wesentlicher Bestandteil des Verwaltungsverfahrens, das einer beim Gericht erhobenen Haftungsklage vorausgeht. Da die Maßnahme, die die Stellungnahme des Organs in der vorprozessualen Phase enthält, nur bewirkt, dass die Partei, die einen Schaden erlitten haben will, beim Gericht eine Schadensersatzklage erheben kann, kann der gegen eine solche Ablehnungsentscheidung gerichtete Aufhebungsantrag im Verhältnis zum Schadensersatzantrag nicht selbständig beurteilt werden (Urteile vom 18. Dezember 1997, Gill/Kommission, T‑90/95, EU:T:1997:211, Rn. 45, vom 6. März 2001, Ojha/Kommission, T‑77/99, EU:T:2001:71, Rn. 68, und Beschluss vom 25. März 2010, Marcuccio/Kommission, F‑102/08, EU:F:2010:21, Rn. 23).

43      Folglich ist nicht eigenständig über den ersten Klageantrag zu entscheiden.

B.      Zum Schadensersatzantrag

44      Zur Stützung ihrer Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend, dass sie einen immateriellen Schaden erlitten hätten, der sich daraus ergebe, dass die Anstellungsbehörde nicht rechtzeitig geeignete Maßnahmen ergriffen habe, um ihrem Beistandsantrag zu entsprechen und zu gewährleisten, dass ihre Arbeitsbedingungen Art. 31 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entsprächen. Wie die verschiedenen in ihrer Klageschrift beschriebenen Vorkommnisse belegten, seien sie aufgrund der Passivität der Dienststellen der Anstellungsbehörde Verletzungen ihrer Würde, ihrer Persönlichkeit und ihrer physischen und psychischen Integrität seitens des Referatsleiters ausgesetzt gewesen. Außerdem habe die Anstellungsbehörde die Verwaltungsuntersuchung nicht unter Wahrung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer durchgeführt. Sie habe auch nicht rechtzeitig das Disziplinarverfahren gegen den Referatsleiter eingeleitet und eine Disziplinarstrafe gegen diesen verhängt. Ferner habe der Referatsleiter ihr Recht auf Schutz des Arztgeheimnisses verletzt.

45      Die Kläger verlangen demzufolge Ersatz ihres immateriellen Schadens, den sie nach billigem Ermessen auf 192 000 Euro bemessen.

46      Das Parlament beantragt, den Schadensersatzantrag als unbegründet zurückzuweisen, da seine Dienststellen ab dem Zeitpunkt, zu dem die Anstellungsbehörde von den Klägern förmlich mit dem Beistandsantrag befasst worden sei, alle angemessenen Maßnahmen getroffen hätten. Auch wenn die Situation nicht immer mit dem erforderlichen Nachdruck behandelt worden sei, habe der Referatsleiter nach seiner auf den Beistandsantrag hin beschlossenen Entfernung nur noch gelegentlich Kontakt zu den Beamten des Referats gehabt und nur noch vereinzelt dieses Referat betreffende Entscheidungen treffen müssen. Diese vereinzelten und marginalen Vorkommnisse seien jedoch insbesondere in Anbetracht des weiten Ermessens, das der Anstellungsbehörde bei der Festlegung der Beistandsmaßnahmen zustehe, nicht geeignet, seine Haftung zu begründen. Zur Dauer der Verwaltungsuntersuchung und des gegen den Referatsleiter eingeleiteten Disziplinarverfahrens führt das Parlament aus, dass die Verwaltungsuntersuchung eine große Zahl von Personen betroffen habe und dass der Referatsleiter trotz des erheblichen Umfangs der im Rahmen der Untersuchungen gesammelten Dokumentation die ihm gegenüber getroffenen Maßnahmen und Sanktionen nicht akzeptiert habe, die Anstellungsbehörde jedoch die Achtung seiner Grund- und Verfahrensrechte als beschuldigte Person habe gewährleisten müssen. Im Übrigen habe der Referatsleiter beim Gericht Klage erhoben, um die gegen ihn verhängte Disziplinarstrafe anzufechten, nämlich die Klage, die zum Urteil vom 20. September 2019, UZ/Parlament (T‑47/18, EU:T:2019:650), geführt habe, mit dem das Gericht diese Strafe aufgehoben habe. Jedenfalls seien die Kläger den Beweis dafür schuldig geblieben, dass sie nach Umsetzung des Referatsleiters weiteren unangemessenen Verhaltensweisen von seiner Seite ausgesetzt gewesen seien.

1.      Zum Vorliegen von Rechtsverstößen seitens der Anstellungsbehörde, die die Haftung der Union auslösen können

a)      Allgemeine Erwägungen

47      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Haftung eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union allgemein vom Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen abhängt, nämlich von der Rechtswidrigkeit des beanstandeten Verhaltens, dem tatsächlichen Bestehen des Schadens und der Existenz eines Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden, wobei diese drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen (Urteil vom 10. April 2019, AV/Kommission, T‑303/18 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:239, Rn. 104; vgl. auch Urteil vom 19. Mai 2015, Brune/Kommission, F‑59/14, EU:F:2015:50, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48      Insoweit unterliegen die dienstrechtlichen Streitigkeiten nach Art. 270 AEUV und den Art. 90 und 91 des Statuts, einschließlich Streitigkeiten über den Ersatz eines Schadens, der einem Beamten oder sonstigem Bediensteten durch ein Organ, eine Einrichtung oder eine sonstige Stelle der Union zugefügt wurde, besonderen Regeln, die im Verhältnis zu denen, die sich aus den allgemeinen Grundsätzen über die außervertragliche Haftung der Union im Rahmen von Art. 268 AEUV und Art. 340 AEUV ergeben, spezieller sind (Urteil vom 10. April 2019, AV/Kommission, T‑303/18 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:239, Rn. 105).

49      Insbesondere aus dem Statut ergibt sich nämlich, dass der Beamte oder sonstige Bedienstete der Union im Unterschied zu jeder anderen Privatperson an das Organ, die Einrichtung oder die sonstige Stelle der Union, dem bzw. der er angehört, durch ein Dienstverhältnis gebunden ist, das ein durch die Fürsorgepflicht des institutionellen Arbeitgebers gegenüber dem Betroffenen widergespiegeltes Gleichgewicht zwischen den wechselseitigen besonderen Rechten und Pflichten beinhaltet (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2010, Kommission/Petrilli, T‑143/09 P, EU:T:2010:531, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung, bestätigt durch die Entscheidung vom 8. Februar 2011, Überprüfung Kommission/Petrilli, C‑17/11 RX, EU:C:2011:55, Rn. 4 und 5).

50      In Anbetracht dieser verschärften Haftung der Union, wenn sie als Arbeitgeberin auftritt, reicht die bloße Feststellung einer je nach Fall von der Anstellungsbehörde oder der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde begangenen Rechtsverletzung – unabhängig davon, ob es sich um einen Rechtsakt oder um ein Entscheidungsverhalten handelt – aus, um die erste der drei Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Union für Schäden, die ihren Beamten oder sonstigen Bediensteten durch einen Verstoß gegen das Dienstrecht der Union entstanden sind, als erfüllt anzusehen (Urteile vom 16. Dezember 2010, Kommission/Petrilli, T‑143/09 P, EU:T:2010:531, Rn. 46, und vom 12. Juli 2011, Kommission/Q, T‑80/09 P, EU:T:2011:347, Rn. 45). Demzufolge muss nicht geprüft werden, ob es sich um einen „hinreichend qualifizierten“ Verstoß gegen eine Rechtsnorm handelt, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen (Urteile vom 14. Juni 2018, Spagnolli u. a./Kommission, T‑568/16 und T‑599/16, EU:T:2018:347, Rn. 196, und vom 6. Mai 2019, Mauritsch/INEA, T‑271/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:286, Rn. 42).

51      In Fällen, in denen ein Rechtsverstoß festgestellt werden kann, ist das Ermessen zu berücksichtigen, über das die Verwaltung verfügte. Ist die Verwaltung zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, das ihr durch die geltenden Rechtsvorschriften, die allgemeinen Grundsätze, die Grundrechte oder auch durch Vorschriften vorgegeben wird, die sie sich selbst gegeben hat, kann daher der bloße Verstoß gegen eine solche Verpflichtung die Haftung des betreffenden Organs auslösen. Verfügt sie dagegen über ein weites Ermessen und ist sie insbesondere nicht verpflichtet, aufgrund des geltenden rechtlichen Rahmens in einer bestimmten Weise tätig zu werden, stellt nur ein offensichtlicher Beurteilungsfehler einen Rechtsverstoß dar (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2017, CJ/ECDC, T‑703/16 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:892, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Nach Maßgabe dieser Erwägungen sind die im Rahmen des Schadensersatzantrags erhobenen Rügen der Kläger zu prüfen.

53      Insoweit ist die Klageschrift trotz ihrer Unklarheit so zu verstehen, dass die Kläger im Hinblick auf die Voraussetzung der Rechtswidrigkeit des Handelns der Anstellungsbehörde im Wesentlichen drei Aspekte rügen: erstens das Verhalten des Referatsleiters als solches, zweitens die Unangemessenheit der Maßnahmen, die die Anstellungsbehörde auf den Beistandsantrag und – noch davor – auf den mit ihrem Schreiben vom 11. November 2013 beabsichtigten Hinweis im Sinne von Art. 22a des Statuts hin getroffen habe, und drittens die ihres Erachtens unangemessene Dauer des Verwaltungsverfahrens und die anschließende verspätete Einleitung des Disziplinarverfahrens gegen den Referatsleiter.

54      Diese drei Gruppen von Rügen sind nacheinander zu prüfen.

b)      Zum Schadensersatzantrag betreffend den durch das Verhalten des Referatsleiters als solches entstandenen immateriellen Schaden der Kläger

55      Der auf den Ersatz des den Klägern durch das Verhalten des Referatsleiters entstandenen immateriellen Schadens gerichtete Schadensersatzantrag ist von vornherein als verfrüht zurückzuweisen, da die Kläger nicht zuvor mit einer bei einem nationalen Gericht erhobenen Schadensersatzklage gegen den Referatsleiter unterlegen sind.

56      Gemäß Art. 24 Abs. 1 des Statuts leistet die Union ihren Beamten oder Bediensteten nämlich Beistand „insbesondere beim Vorgehen gegen die Urheber von Drohungen, Beleidigungen, übler Nachrede, Verleumdungen und Anschlägen auf die Person oder das Vermögen, die auf Grund ihrer Dienststellung oder ihres Amtes gegen sie oder ihre Familienangehörigen gerichtet werden“. Außerdem ersetzt die Union nach Art. 24 Abs. 2 des Statuts „solidarisch den erlittenen Schaden, soweit ihn der Beamte weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeigeführt hat und soweit er keinen Schadenersatz von dem Urheber erlangen konnte“.

57      Insoweit bezieht sich die Beistandspflicht nach Art. 24 des Statuts auf die Verteidigung der Beamten und sonstigen Bediensteten durch das Organ gegen Angriffe Dritter, nicht aber gegen Handlungen des Organs selbst, für deren Überprüfung andere Bestimmungen des Statuts gelten (Urteile vom 17. Dezember 1981, Bellardi-Ricci u. a./Kommission, 178/80, EU:C:1981:310, Rn. 23, und vom 9. September 2016, De Esteban Alonso/Kommission, T‑557/15 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:456, Rn. 45). Allerdings können auch andere Beamte, sonstige Bedienstete oder Mitglieder eines Unionsorgans wie der Referatsleiter als Dritte im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juni 1979, V./Kommission, 18/78, EU:C:1979:154, Rn. 15).

58      Nach Art. 24 Abs. 2 des Statuts müssen die Kläger somit den Ersatz des immateriellen Schadens, der ihnen durch das Verhalten des Referatsleiters entstanden sein soll, in erster Linie mittels einer Schadensersatzklage vor einem nationalen Gericht durchzusetzen versuchen, und die Anstellungsbehörde könnte nur dann, wenn dieser Schadensersatz nicht erlangt werden konnte, verpflichtet sein, den Klägern den Schaden, der durch ein solches Verhalten eines „Dritten“ im Sinne dieser Bestimmung entstanden ist, solidarisch zu ersetzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2018, Curto/Parlament, T‑275/17, EU:T:2018:479, Rn. 112).

59      Allerdings kann die Anstellungsbehörde aufgrund ihrer Beistandspflicht dazu verpflichtet sein, die Kläger – insbesondere finanziell – bei einem solchen Bemühen, Schadensersatz zu erlangen, zu unterstützen, im vorliegenden Fall, um mit einer „unterstützten“ Klage zu erreichen, dass ein nationales Gericht die ihrem Beistandsantrag zugrunde liegenden Verhaltensweisen, die sie aufgrund ihrer Dienststellung oder ihres Amtes betreffen, als rechtswidrig anerkennt und ihnen Schadensersatz zuspricht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. September 2016, De Esteban Alonso/Kommission, T‑557/15 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:456, Rn. 42, und vom 13. Juli 2018, Curto/Parlament, T‑275/17, EU:T:2018:479, Rn. 113 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist somit der Schadensersatzantrag in Bezug auf den Schaden zurückzuweisen, der den Klägern durch das Verhalten des Referatsleiters als solches, auch dadurch, dass dieser ihr Recht auf Schutz des Arztgeheimnisses verletzt haben soll – was im Übrigen mit dem Schadensersatzantrag ursprünglich nicht gerügt wurde –, entstanden ist.

c)      Zum Schadensersatzantrag betreffend die Unangemessenheit der von der Anstellungsbehörde im vorliegenden Fall getroffenen Beistandsmaßnahmen

1)      Zum Verhalten der Anstellungsbehörde im Jahr 2013

61      Die Kläger werfen der Anstellungsbehörde zunächst ihre Trägheit bei der Bearbeitung des Hinweises im Sinne von Art. 22a des Statuts, den sie mit dem Schreiben vom 11. November 2013 beabsichtigt hätten, vor. In diesem Schreiben sei auch auf Erklärungen von einigen der Kläger Bezug genommen worden, die in ihren jeweiligen Patientenakten festgehalten und in einen Vermerk des Ärztlichen Dienstes vom Oktober 2013 übernommen worden seien. Die Anstellungsbehörde hätte ab dem Jahr 2013 Maßnahmen ergreifen müssen, um der Verletzung bestimmter Bestimmungen des Statuts durch den Referatsleiter ein Ende zu setzen.

62      In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass Mobbing nach Art. 12a des Statuts verboten ist. Unter dieses Verbot fallende Verhaltensweisen eines Beamten können daher als eine „schwerwiegende Verletzung der Dienstpflichten der Beamten der Union“ angesehen werden und somit Gegenstand eines Hinweises im Sinne von Art. 22a des Statuts sein, in dem es heißt: „Erhält ein Beamter in Ausübung oder anlässlich der Ausübung seines Dienstes Kenntnis von Tatsachen, die die Möglichkeit rechtswidriger Handlungen, einschließlich Betrug oder Korruption, zum Nachteil der Interessen der Union oder Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der Ausübung dienstlicher Pflichten, die eine schwerwiegende Verletzung der Dienstpflichten der Beamten der Union darstellen können, vermuten lassen, so unterrichtet er unverzüglich seinen unmittelbaren Vorgesetzten oder Generaldirektor oder, falls er dies für zweckdienlich hält, den Generalsekretär oder Personen in vergleichbaren Positionen bzw. direkt das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung“ (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Oktober 2014, Bermejo Garde/EWSA, T‑530/12 P, EU:T:2014:860, Rn. 106).

63      Insoweit machen die Kläger zu Recht geltend, dass das Schreiben vom 11. November 2013 nicht als Beistandsantrag im Sinne von Art. 24 des Statuts, sondern als Hinweis im Sinne von Art. 22a des Statuts anzusehen sei. In diesem Schreiben beantragten sie nämlich, wie sie selbst im anschließend gestellten Beistandsantrag ausführten, als sie erläuterten, dass sie „[den Generaldirektor] schriftlich benachrichtigt [haben], um einen nicht ordnungsgemäßen Ablauf des Tests zu vermeiden und [ihren] Verpflichtungen aus Art. 2[2] des Statuts nachzukommen“, im Wesentlichen eine Verschiebung des Sprachtests und brachten zugleich ihre Besorgnis über den Geisteszustand des Referatsleiters und über dessen Verhalten innerhalb des Referats zum Ausdruck. Dagegen war in diesem Schreiben nicht – jedenfalls nicht ausdrücklich – von Mobbing oder sexueller Belästigung die Rede, sondern vielmehr im Wesentlichen von Problemen und Konflikten im Referat sowie vom Verstoß des Referatsleiters gegen das Grundprinzip der Unabhängigkeit der Prüfungsausschüsse, die über die beruflichen Fähigkeiten von Beamten zu befinden haben.

64      Die Anstellungsbehörde in Person des Generaldirektors hat, indem sie einige Tage nach Erhalt des Schreibens vom 11. November 2013 entschieden hat, zum einen den Direktor mit der Durchführung einer internen Untersuchung innerhalb der Generaldirektion zu dem Sachverhalt, von dem ihn die Kläger unterrichtet hatten, zu betrauen, und zum anderen den Sprachtest, an dem der Referatsleiter teilnehmen sollte, zu verschieben, dem unter Art. 22a des Statuts fallenden Antrag der Kläger, wie er in diesem Schreiben formuliert war, stattgegeben, auch wenn Art und Umfang dieser internen Untersuchung innerhalb der Generaldirektion im Antwortschreiben vom 18. November 2013 nicht präzisiert worden war.

65      Da die Verwaltung in Ausübung der ihr übertragenen Befugnisse zu diesem Zweck und unter Bereitstellung der geeigneten logistischen und personellen Mittel entscheiden kann, die Durchführung einer solchen Untersuchung den übergeordneten Stellen des Organs, wie einem Generaldirektor, zu übertragen (vgl. entsprechend Urteil vom 6. Oktober 2015, CH/Parlament, F‑132/14, EU:F:2015:115, Rn. 99 und die dort angeführte Rechtsprechung), können die Kläger nicht beanstanden, dass die Anstellungsbehörde den Generaldirektor mit der Durchführung der Untersuchung im Zusammenhang mit dem Hinweis im Sinne von Art. 22a des Statuts in ihrem Schreiben vom 11. November 2013 betraut hat.

66      Der Verweis der Kläger auf Erklärungen, die in ihren jeweiligen Patientenakten und in einem Vermerk eines der Vertrauensärzte des Ärztlichen Dienstes festgehalten worden seien, geht ins Leere.

67      Innerhalb der einzelnen Organe sind nämlich nur die dem Ärztlichen Dienst angehörenden medizinischen Fachkräfte, die den für den Arztberuf geltenden Standesregeln unterliegen, befugt, eine ärztliche Diagnose zu stellen und der Anstellungsbehörde Informationen zu übermitteln, die diese gegebenenfalls für die Ausübung der ihr durch das Statut und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union übertragenen Befugnisse benötigt (Urteil vom 10. April 2019, AV/Kommission, T‑303/18 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:239, Rn. 109).

68      Diesbezüglich ist nicht erwiesen, dass der Ärztliche Dienst im vorliegenden Fall die im Parlament zur Bearbeitung von Beistandsanträgen im Namen der Anstellungsbehörde befugte Person, nämlich den Generaldirektor der DG „Personal“ oder gegebenenfalls den Generalsekretär, von sich aus über Verhaltensweisen des Referatsleiters, die unter Art. 12a des Statuts fallen könnten, informiert hat. Allenfalls ergibt sich aus einer E‑Mail vom 11. Januar 2014, dass einer der Kläger ihrem Rechtsbeistand eine Kopie eines dem Ärztlichen Dienst zugeschriebenen Vermerks mit dem Hinweis übermittelt hat, dass auch der Direktor eine Kopie erhalten habe. Der Direktor war jedoch nicht die im Parlament zur Bearbeitung von Beistandsanträgen im Sinne von Art. 24 des Statuts befugte Person.

69      Unter diesen Umständen kann vor dem Zugang des Schreibens vom 11. November 2013 nicht beanstandet werden, dass die Anstellungsbehörde das Vorliegen und den Inhalt der von einigen Beamten des Referats im Jahr 2013 gegenüber dem Ärztlichen Dienst abgegebenen Erklärungen, die von diesem in einem von den Klägern vorgelegten Vermerk festgehalten worden seien, außer Acht gelassen habe.

70      Zu dem Umstand, dass die Kläger dem Generaldirektor gleichzeitig mit dem Schreiben vom 11. November 2013 eine Kopie des Vermerks des Ärztlichen Dienstes übergeben haben sollen, in dem ihre diesem gegenüber abgegebenen Erklärungen zusammengefasst worden seien, ist erneut festzustellen, dass der Generaldirektor im Hinblick auf die Durchführung von Art. 22a des Statuts als Vorgesetzter des Direktors und des Referatsleiters zwar zur Verpflichtung der Anstellungsbehörde befugt war. Dagegen war er nicht zur Bearbeitung eines Beistandsantrags nach Art. 24 des Statuts betreffend Mobbinghandlungen im Sinne von Art. 12a des Statuts befugt.

71      Sodann wird durch das von den Klägern genannte und als Anlage A. 7 zur Klageschrift vorgelegte Dokument unabhängig davon, dass es nicht vom Ärztlichen Dienst abgestempelt wurde, nur bestätigt, dass die Kläger im Rahmen der Bereitschaften des Ärztlichen Dienstes des Parlaments empfangen wurden.

72      Abgesehen davon ist daran zu erinnern, dass Stellungnahmen von medizinischen Sachverständigen für sich genommen nicht beweisen können, dass rechtlich gesehen Mobbing oder ein Verstoß des Organs gegen seine Beistandspflicht vorliegt (Urteile vom 6. Februar 2015, BQ/Rechnungshof, T‑7/14 P, EU:T:2015:79, Rn. 49, vom 17. September 2014, CQ/Parlament, F‑12/13, EU:F:2014:214, Rn. 127, und vom 6. Oktober 2015, CH/Parlament, F‑132/14, EU:F:2015:115, Rn. 92). Insbesondere können die Vertrauensärzte des Organs zwar aufzeigen, dass bei Beamten oder sonstigen Bediensteten psychische Störungen vorliegen, sie können aber nicht beweisen, dass diese Störungen eine Folge von Mobbing sind, da die Aussteller solcher ärztlichen Bescheinigungen sich für die Schlussfolgerung, dass Mobbing vorliegt, zwangsläufig ausschließlich auf die Schilderung stützen, die die Betroffenen ihnen von ihren Arbeitsbedingungen bei dem in Rede stehenden Organ gegeben haben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. Juni 2018, HF/Parlament, T‑218/17, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2018:393, Rn. 106, vom 2. Dezember 2008, K/Parlament, F‑15/07, EU:F:2008:158, Rn. 41, und vom 17. September 2014, CQ/Parlament, F‑12/13, EU:F:2014:214, Rn. 127), ohne diese Darstellung derjenigen der Person, deren Verhalten von den Beamten oder sonstigen Bediensteten beanstandet wird, gegenüberzustellen.

73      Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass unter bestimmten Umständen ein Referatsleiter oder der Ärztliche Dienst eines Organs die Anstellungsbehörde darauf aufmerksam machen kann, dass möglicherweise ein Fall eines offenkundigen oder eklatanten Verstoßes gegen Art. 12a des Statuts vorliegt, und dies die Anstellungsbehörde dazu veranlassen kann, von Amts wegen eine Verwaltungsuntersuchung einzuleiten, ohne dass ihr ein vom mutmaßlichen Opfer gestellter Beistandsantrag zusammen mit einem Anfangsbeweis vorliegt.

74      Da die Kläger seinerzeit jedoch keinen förmlichen Beistandsantrag nach Art. 24 des Statuts bei der bzw. den im Parlament zur Bearbeitung von Beistandsanträgen befugten Person(en) gestellt und sich auf einen Hinweis nach Art. 22a des Statuts beschränkt haben, ohne sich auf einen Verstoß gegen Art. 12a des Statuts zu berufen, können sie der Anstellungsbehörde unter den Umständen des vorliegenden Falles weder vorwerfen, nicht bereits im Jahr 2013 von sich aus eine Verwaltungsuntersuchung hinsichtlich der Mobbinghandlungen eingeleitet zu haben, noch, damals keine Maßnahmen zur Entfernung des Referatsleiters getroffen zu haben.

75      Daher ist zu folgern, dass die Anstellungsbehörde im vorliegenden Fall weder gegen Art. 22a des Statuts noch gegen ihre Fürsorgepflicht oder den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen hat, indem sie nicht bereits im Jahr 2013 Beistandsmaßnahmen zugunsten der Kläger getroffen hat, um der Situation, wie sie ihr damals bekannt war, abzuhelfen.

76      Zum Vorbringen der Kläger, der Direktor habe die auf ihren Hinweis hin eingeleitete interne Verwaltungsuntersuchung in der Generaldirektion parteiisch durchgeführt, indem er die Untersuchung damit begonnen habe, dass er Gespräche mit drei Personen, die das Vertrauen des Referatsleiter genossen hätten und gefügiger gewesen seien, geführt habe, um diese davon zu überzeugen, dass es sich um eine Intrige der Kläger handele, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen weder untermauert noch bewiesen und daher als spekulativ anzusehen ist.

77      Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass die mit einer Verwaltungsuntersuchung beauftragte Stelle, die die ihr vorgelegten Unterlagen angemessen zu prüfen hat, über ein weites Ermessen bei der Durchführung der Untersuchung, insbesondere bei der Beurteilung der Qualität und Sachdienlichkeit der Mitarbeit von Zeugen verfügt (Urteile vom 29. Juni 2018, HF/Parlament, T‑218/17, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2018:393, Rn. 97, und vom 11. Juli 2013, Tzirani/Kommission, F‑46/11, EU:F:2013:115, Rn. 124). Die Auswahl der vom Direktor angehörten Personen fiel jedoch ebenso wie die Entscheidung des Generaldirektors, diese interne Untersuchung innerhalb der Generaldirektion im November 2013 dem Direktor anzuvertrauen, in das der Anstellungsbehörde insoweit zustehende weite Ermessen, und die Kläger haben in diesem Zusammenhang nicht nachgewiesen, dass die Anstellungsbehörde diesbezüglich die Grenzen ihrer Befugnisse überschritten hätte.

78      Ebenso wenig haben die Kläger ihr Vorbringen bewiesen, dass der Direktor „die Untersuchung, mit der [ihn die Anstellungsbehörde im Jahr 2013] beauftragt [hatte], nicht durchgeführt“ habe.

79      Nach alledem ist der Schadensersatzantrag, soweit er sich auf das Verhalten der Anstellungsbehörde vor der Einreichung des Beistandsantrags bezieht, zurückzuweisen.

2)      Zu den von der Anstellungsbehörde nach der Einreichung des Beistandsantrags getroffenen Maßnahmen

80      Hinsichtlich des Verhaltens der Anstellungsbehörde nach der Einreichung des Beistandsantrags, d. h. nach dem 24. Januar 2014, ist darauf hinzuweisen, dass die Anstellungsbehörde oder gegebenenfalls die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde, wenn sie gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts mit einem Beistandsantrag im Sinne von Art. 24 dieses Statuts befasst wird, kraft ihrer Beistandspflicht beim Auftreten eines Zwischenfalls, der mit einem geordneten und reibungslosen Dienstbetrieb unvereinbar ist, mit aller notwendigen Energie eingreifen und mit der durch die Umstände des Falles gebotenen Schnelligkeit und Fürsorge handeln muss, um den Sachverhalt festzustellen und daraus in voller Kenntnis der Sachlage die geeigneten Konsequenzen zu ziehen. Dazu genügt es, dass der Beamte oder sonstige Bedienstete, der sein Beschäftigungsorgan um Schutz ersucht, einen Anfangsbeweis dafür erbringt, dass die Angriffe, denen er ausgesetzt zu sein behauptet, wirklich stattgefunden haben. Liegen solche Anhaltspunkte vor, hat das befasste Organ die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere eine Verwaltungsuntersuchung durchzuführen, um die der Beschwerde zugrunde liegenden Tatsachen in Zusammenarbeit mit dem Beschwerdeführer festzustellen (Urteile vom 26. Januar 1989, Koutchoumoff/Kommission, 224/87, EU:C:1989:38, Rn. 15 und 16, und vom 25. Oktober 2007, Lo Giudice/Kommission, T‑154/05, EU:T:2007:322, Rn. 136; vgl. auch Urteil vom 24. April 2017, HF/Parlament, T‑570/16, EU:T:2017:283, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung) und in Anbetracht der Ergebnisse der Untersuchung die gebotenen Maßnahmen zu ergreifen, etwa – wie im vorliegenden Fall – die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen die beschuldigte Person, wenn die Verwaltung am Ende der Verwaltungsuntersuchung zu dem Ergebnis gelangt, dass Mobbing vorliegt.

81      Bei Mobbingvorwürfen besteht die Beistandspflicht insbesondere in der Pflicht der Verwaltung, den Beistandsantrag, in dem Mobbing behauptet wird, ernsthaft, schnell und unter vollständiger Wahrung der Vertraulichkeit zu prüfen und den Antragsteller über die Behandlung seiner Beschwerde zu informieren (Urteile vom 24. April 2017, HF/Parlament, T‑570/16, EU:T:2017:283, Rn. 47, und vom 13. Juli 2018, Curto/Parlament, T‑275/17, EU:T:2018:479, Rn. 98).

82      Hinsichtlich der Maßnahmen, die in einer Situation zu ergreifen sind, die wie die vorliegende unter Art. 24 des Statuts fällt, verfügt die Verwaltung unter der Kontrolle des Unionsrichters über ein weites Ermessen bei der Wahl der Maßnahmen und Mittel zur Anwendung dieses Artikels (vgl. Urteile vom 24. April 2017, HF/Parlament, T‑570/16, EU:T:2017:283, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 13. Juli 2018, Curto/Parlament, T‑275/17, EU:T:2018:479, Rn. 99 und die dort angeführte Rechtsprechung), auch wenn sie hinsichtlich der Frage – die sie erst am Ende der Verwaltungsuntersuchung entscheiden kann –, ob es sich bei einem Sachverhalt um Mobbing oder sexuelle Belästigung handelt, über kein weites Ermessen verfügt (Urteile vom 29. Juni 2018, HF/Parlament, T‑218/17, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2018:393, Rn. 123, vom 13. Juli 2018, SQ/BEI, T‑377/17, EU:T:2018:478, Rn. 99, und vom 13. Juli 2018, Curto/Parlament, T‑275/17, EU:T:2018:479, Rn. 75).

83      Das Parlament bestreitet im vorliegenden Fall nicht, dass zusammen mit dem Beistandsantrag ein ausreichender Anfangsbeweis für die im Antrag enthaltenen Vorwürfe des Mobbings oder der sexuellen Belästigung vorgelegt wurde.

84      Erbringt die Beistand beantragende Person jedoch einen ausreichenden Anfangsbeweis für ihre Vorwürfe, ist die Verwaltung zum einen verpflichtet, eine Verwaltungsuntersuchung einzuleiten, um den Sachverhalt aufzuklären und dann gegebenenfalls die geeigneten Beistandsmaßnahmen ergreifen zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2015, CH/Parlament, F‑132/14, EU:F:2015:115, Rn. 94), ohne insoweit über ein weites Ermessen hinsichtlich der Zweckmäßigkeit der Einleitung und Durchführung dieser Verwaltungsuntersuchung zu verfügen. Zum anderen muss die Untersuchung möglichst zügig durchgeführt werden, um in absehbarer Zeit wieder dem dienstlichen Interesse entsprechende Arbeitsbedingungen herstellen zu können.

85      Die Anstellungsbehörde hat im vorliegenden Fall zwar auf den Beistandsantrag hin die Verwaltungsuntersuchung eingeleitet. Dies hat sie jedoch erst am 19. März 2014 getan und die Kläger erst im April 2014, mithin fast drei Monate nach der Stellung dieses Antrags, darüber informiert. Die Anstellungsbehörde hat dadurch gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und gegen Art. 24 des Statuts verstoßen und zugleich die Kläger über die Behandlung ihres Antrags im Ungewissen gelassen.

86      Was die Sitzung vom 29. Januar 2014 anbelangt, haben die Kläger, insbesondere in Anbetracht des der Anstellungsbehörde zuerkannten weiten Ermessens bei der Organisation ihrer Dienststellen, nicht dargetan, inwiefern die Anwesenheit des Direktors und eines dem Generaldirektor zugewiesenen Rechtsberaters gegen eine anwendbare Bestimmung des Statuts verstoßen haben soll. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass der Referatsleiter die einzige, im Beistandsantrag förmlich und unmittelbar beschuldigte Person war. Da keine Vorwürfe hinsichtlich anderer Personen vorlagen, hat die Anstellungsbehörde daher, selbst wenn die Kläger möglicherweise subjektiv davon ausgingen, dass der Direktor den Referatsleiter unterstützten werde und er ihnen im Jahr 2013 nicht die ihnen gemäß Art. 24 des Statuts zustehende Unterstützung gewährt habe, nicht gegen diese Bestimmung verstoßen, als sie die Anwesenheit des Direktors und des Rechtsbeistands bei der Sitzung vom 29. Januar 2014 vorsah.

87      Zu den Äußerungen, die der Direktor in dieser Sitzung vom 29. Januar 2014 gemacht haben soll, ist festzustellen, dass er Vorgesetzter des im Beistandsantrag beschuldigten Referatsleiters war, dass er damals in diesem Beistandsantrag nicht selbst förmlich und unmittelbar beschuldigt wurde, und dass sich die Kläger im Jahr 2013 zunächst an ihn und nicht an den Generaldirektor der GD „Personal“ oder gegebenenfalls an den Generalsekretär als Vertreter der Anstellungsbehörde gewandt haben.

88      Unter diesen Umständen konnte sich die Anstellungsbehörde dafür entscheiden, den Direktor über diesen Beistandsantrag zu unterrichten, und zwar auch im Hinblick darauf, dass er sie bei der Bearbeitung dieses Antrags unterstütze. Zwar ist es aus Erwägungen des Schutzes des vermeintlichen Opfers wie auch des mutmaßlichen Mobbers grundsätzlich vorzuziehen, dass die Anstellungsbehörde zunächst weder den Mobber noch Dritte darüber informiert, dass ein Beistandsantrag gestellt wurde. Dies gilt jedoch nicht für Personen, die Positionen innehaben, die hierarchisch über denen des mutmaßlichen Mobbers und des vermeintlichen Opfers angesiedelt sind. Insoweit ist entscheidend, dass die Offenlegung der Existenz des Beistandsantrags nicht die Effizienz der Untersuchung beeinträchtigt (Urteil vom 29. Juni 2018, HF/Parlament, T‑218/17, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2018:393, Rn. 165).

89      Zum Vorwurf, die Anstellungsbehörde habe gezögert, den Referatsleiter durch Umsetzung auf einen Dienstposten, der es ihm nicht mehr erlaubt hätte, mit den Klägern in Kontakt zu treten, vorläufig seines Dienstes zu entheben, ist festzustellen, dass die Anstellungsbehörde angesichts der Schwere der im vorliegenden Fall behaupteten Tatsachen, insbesondere des Vorwurfs der sexuellen Belästigung gegenüber einem Mitglied des Referats, sowie der Glaubhaftigkeit der von den Klägern – die im Übrigen nahezu das gesamte Referat bildeten – vorgelegten Beweise gemäß Art. 24 des Statuts verpflichtet war, eine Maßnahme zur endgültigen Entfernung des Referatsleiters zu ergreifen. Sie muss jedoch, wie das Parlament geltend gemacht hat, beim Erlass einer solchen Maßnahme auch die Rechte des Beschuldigten wahren, insbesondere die Verteidigungsrechte und die Unschuldsvermutung, wobei endgültige Beistandsmaßnahmen erst nach vollständiger Durchführung der Verwaltungsuntersuchung ergriffen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. April 2017, HF/Parlament, T‑570/16, EU:T:2017:283, Rn. 57).

90      Im vorliegenden Fall hat die Anstellungsbehörde den Referatsleiter zwar tatsächlich auf einen anderen Dienstposten umgesetzt und einen anderen Referatsleiter benannt, der das Referat leiten und die Kläger im Beurteilungsverfahren 2014 beurteilen sollte. Wie das Parlament selbst einräumt, nahm der Referatsleiter faktisch jedoch weiterhin bestimmte Aufgaben im Referat wahr, insbesondere im Zusammenhang mit der Urlaubs- und Fortbildungsverwaltung sowie im Rahmen des Beurteilungsverfahrens 2014, obwohl er gemäß Art. 24 des Statuts während der gesamten Dauer der Verwaltungsuntersuchung vollständig von der Verwaltung des Referats hätte ferngehalten werden müssen. Zwar konnte gegen den Referatsleiter, solange die Ergebnisse der Verwaltungsuntersuchung ausstanden, nicht allein auf Grundlage der Behauptungen der Kläger eine Disziplinarstrafe verhängt oder eine andere gleichwertige Verwaltungsmaßnahme ergriffen werden. Es erscheint jedoch offensichtlich unangemessen, dass dem Referatsleiter während der Dauer der Verwaltungsuntersuchung und des anschließenden Disziplinarverfahrens Aufgaben zugewiesen waren, [vertraulich], die es mit sich brachten, dass er mit den Klägern, die den Großteil des Referats bildeten, täglich in Kontakt kommen und sie gegebenenfalls einschüchtern oder bedrohen konnte.

91      Demnach hatte der Verstoß der Anstellungsbehörde gegen ihre Verpflichtung aus Art. 24 des Statuts, den Referatsleiter tatsächlich von den anderen Mitgliedern des Referats fernzuhalten, zur Folge, dass keine vollständige Wiederherstellung von die Würde der Kläger im Sinne von Art. 31 der Charta der Grundrechte wahrenden Arbeitsbedingungen erfolgte.

92      Was das Verhalten des Direktors angeht, das von den Klägern als parteiisch und den Referatsleiter begünstigend empfunden wurde, haben die Kläger mit Ausnahme von A dem Direktor keine unter Art. 12a des Statuts fallenden Handlungen angelastet und keinen Beistandsantrag gestellt, damit die Anstellungsbehörde sie vor Verhaltensweisen des Direktors schütze, die sie nunmehr im Rahmen der vorliegenden Klage beanstanden würden.

93      A hat zusätzlich zu dem den Referatsleiter betreffenden Antrag am 23. Januar 2015 bei der Anstellungsbehörde beantragt, dass der Direktor nicht mehr mit seiner Beurteilung betraut werde. In diesem Antrag äußerte er die Auffassung, dass er seit vier Jahren unter Machtmissbrauch und Mobbing seitens des Direktors leide, die Folgen für seine Gesundheit gehabt hätten. Dieser Antrag wurde von der Anstellungsbehörde als Beistandsantrag ausgelegt und mit Entscheidung vom 16. Februar 2015 mit der Begründung abgelehnt, dass der Generalsekretär den Direktor als Berufungsbeurteilenden im Beurteilungsverfahren 2014 für das gesamte Personal des Referats benannt habe, und zwar vor Stellung dieses Beistandsantrags.

94      Insoweit ist festzustellen, dass A gegen diese Entscheidung, mit der sein den Direktor betreffender Beistandsantrag abgelehnt wurde, weder eine Beschwerde eingelegt noch eine Klage gemäß Art. 270 AEUV erhoben hat. Im Übrigen kann der Anstellungsbehörde nicht vorgeworfen werden, vor dem 23. Januar 2015, als A den Beistandsantrag stellte, keine den Direktor betreffenden Maßnahmen getroffen zu haben, da sie vor diesem Zeitpunkt keine Kenntnis davon hatte, dass diesem vorgeworfen wurde, sich nicht im Einklang mit den Bestimmungen des Statuts verhalten zu haben. Die dem Direktor in der Klageschrift vorgeworfenen Verhaltensweisen liegen jedoch zeitlich vor diesem Antrag vom 23. Januar 2015.

95      Mithin sind die Schadensersatzansprüche der Kläger, die darauf gestützt sind, dass die Anstellungsbehörde es unterlassen habe, Beistandsmaßnahmen zu ergreifen, um das Verhalten des Direktors abzustellen, zurückzuweisen.

96      Was die gerügten negativen Bemerkungen in den am Ende des Beurteilungsverfahrens 2014 erstellten Beurteilungen einiger Kläger anbelangt, hat das Parlament eingeräumt, dass Kommentare, die nicht auf konkreten, überprüfbaren Gesichtspunkten beruht hätten, entfernt worden seien. Dieser positive Schritt der Anstellungsbehörde, die betreffenden Beurteilungen von einem anderen Direktor derselben GD korrigieren zu lassen, bestätigt allerdings, dass der Direktor – auch dadurch, dass er in den Gesprächen im Rahmen des Beurteilungsverfahrens 2014 den Beistandsantrag ansprach und offenlegte, dass er den Referatsleiter bezüglich der Beurteilung konsultiert habe – tatsächlich negativ und voreingenommen in das Beurteilungsverfahren für bestimmte Kläger eingreifen konnte.

97      Zwar hat die Anstellungsbehörde durch die Korrektur der betreffenden Beurteilungen die Objektivität des Beurteilungsverfahrens 2014 wiederherstellen können. In einem Kontext, in dem ein Beistandsantrag in Bearbeitung war, belegt dieser Gesichtspunkt jedoch das Vorliegen eines Rechtsverstoßes bei der Durchführung des Beurteilungsverfahrens 2014, der es rechtfertigt, dass die Anstellungsbehörde zum Ersatz des den Klägern insoweit entstandenen immateriellen Schadens verurteilt wird.

98      Soweit jedoch die Kläger, insbesondere A, den Ersatz des immateriellen Schadens verlangen, der ihnen durch „Verleumdungen, Einmischungen und verletzende Kommentare“ des Direktors und dessen „wiederholtes und systematisches“ Verhalten entstanden sein soll, ist festzustellen, dass dieser Schadensersatzantrag keinen Erfolg haben kann.

99      Zum einen müssten sie nämlich, wenn man davon ausgeht, dass sie den Ersatz der ihnen durch das Verhalten des Direktors, das ihres Erachtens gegen Art. 12a des Statuts verstößt, entstandenen Schäden verlangen, ebenso wie hinsichtlich des immateriellen Schadens, der ihnen durch das Verhalten des Referatsleiters entstanden sein soll, bei den nationalen Gerichten Klage erheben, wofür sie gemäß Art. 24 des Statuts gegebenenfalls die Unterstützung der Anstellungsbehörde beanspruchen könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2018, Curto/Parlament, T‑275/17, EU:T:2018:479, Rn. 111 bis 113). Zum anderen spiegeln die angeführten Verhaltensweisen in Anbetracht der dem Gericht in diesem Stadium vorgelegten Beweise jedenfalls im Wesentlichen einen ungeschickten Umgang mit einer Konfliktsituation innerhalb des Referats wider (vgl. zu einem Fall schlechter Verwaltung innerhalb derselben Verwaltungsdirektion Urteile vom 17. September 2014, CQ/Parlament, F‑12/13, EU:F:2014:214, Rn. 128, und vom 26. März 2015, CW/Parlament, F‑124/13, EU:F:2015:23, Rn. 117, in diesem Punkt nicht aufgehoben durch das Urteil vom 27. Oktober 2016, CW/Parlament, T‑309/15 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:632).

100    Nach alledem ist erstens festzustellen, dass die Anstellungsbehörde in Anbetracht ihrer Beistandspflicht gemäß Art. 24 des Statuts und Art. 31 der Charta der Grundrechte gegen ihre Verpflichtung verstoßen hat, Maßnahmen zu ergreifen, durch die tatsächlich Abstand zwischen dem Referatsleiter und den Klägern geschaffen und die unparteiische Durchführung des Beurteilungsverfahrens 2014 gewährleistet werden konnte, und zweitens, dass diese Pflichtverletzung die Auslösung der Haftung des Parlaments rechtfertigt.

d)      Zum Schadensersatzantrag, soweit er sich auf die Dauer der Verfahren bezieht

101    Was das Vorbringen zur unangemessenen Dauer des Verwaltungsuntersuchungsverfahrens angeht, ist darauf hinzuweisen, dass die Anstellungsbehörde, da das Statut keine besondere Bestimmung über die Frist enthält, innerhalb deren eine Verwaltungsuntersuchung insbesondere im Bereich des Mobbings von der Verwaltung durchzuführen ist, auf diesem Gebiet an die Wahrung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer gebunden ist. Insoweit hat das Organ, die Einrichtung oder die sonstige Stelle der Union bei der Durchführung der Verwaltungsuntersuchung darauf zu achten, dass jede Verfahrenshandlung in angemessenem zeitlichen Abstand zur vorhergehenden Maßnahme vorgenommen wird (vgl. Urteil vom 13. Juli 2018, Curto/Parlament, T‑275/17, EU:T:2018:479, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung).

102    In diesem Zusammenhang ist die Frage der Angemessenheit der Dauer eines Verwaltungsverfahrens anhand der Interessen, die in dem Rechtsstreit für den Betroffenen auf dem Spiel stehen, der Komplexität der Rechtssache sowie des Verhaltens der Parteien zu beurteilen (vgl. entsprechend Urteil vom 10. Juni 2016, HI/Kommission, F‑133/15, EU:F:2016:127, Rn. 109 und 113 und die dort angeführte Rechtsprechung). Bei Behauptungen, die ein durch Art. 12a des Statuts verbotenes Mobbing betreffen, ist für diese Beurteilung auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Verwaltung hinreichend Kenntnis von den Tatsachen und Verhaltensweisen erlangt hat, die Zuwiderhandlungen gegen die Dienstpflichten des oder der beschuldigten Beamten oder sonstigen Bedienstete darstellen könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. April 2019, AV/Kommission, T‑303/18 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:239, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).

103    Weiter ist darauf hinzuweisen, dass die Verwaltung bei der Bestimmung dessen, was eine angemessene Frist darstellt, über keinen weiten Wertungsspielraum verfügt, und dies umso weniger bei Mobbingvorwürfen, bei denen zum einen die Verwaltung nach der Rechtsprechung (Urteil vom 13. Juli 2018, Curto/Parlament, T‑275/17, EU:T:2018:479, Rn. 101 und 102) mit aller gebotenen Zügigkeit zu handeln hat, insbesondere im Hinblick auf die vollständige Durchführung der Verwaltungsuntersuchung, und zum anderen der Unionsgesetzgeber den das Statut anwendenden Verwaltungen keine Frist für die Bearbeitung von Beistandsanträgen und Hinweisen gemäß Art. 24 bzw. Art. 22a des Statuts in Verbindung mit Art. 12a des Statuts vorgegeben hat.

104    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Verwaltungsuntersuchung erst knapp zwei Monate nach der Stellung des Beistandsantrags eingeleitet wurde, obwohl die Anstellungsbehörde nicht in Frage stellte, dass ein Anfangsbeweis für die in diesem Antrag enthaltenen Vorwürfe des Mobbings und der sexuellen Belästigung vorlag. Sodann ergibt sich aus den Antworten des Parlaments auf die vom Gericht gestellten Fragen, dass die von der Anstellungsbehörde ernannten Ermittler, obwohl die Anhörungen der Beistandsantragsteller und des Referatsleiters am 15. April 2014 begonnen hatten, ihre Untersuchungsberichte erst am 3. März und am 17. November 2015 erstellten, und die Anstellungsbehörde den Disziplinarrat am 6. Januar 2016 mit dem Fall des Referatsleiters befasste.

105    Die Anstellungsbehörde hat somit fast zwei Jahre für die Bearbeitung des Beistandsantrags benötigt, was in einem Fall, der nahezu ein gesamtes Referat betrifft, eine unangemessene Dauer darstellt.

106    Insoweit kann sich das Parlament nicht darauf berufen, dass die Verwaltungsuntersuchung eine große Anzahl von Personen erfasst habe, da alle diese Personen Funktionen innerhalb desselben Referats wahrnahmen und daher zur Verfügung standen (vgl. im Umkehrschluss zur Anhörung von Zeugen, die sich in mehreren Mitgliedstaaten oder sogar in einem Drittstaat befanden, was ein längeres Verfahren rechtfertigte, Urteil vom 10. Juni 2016, HI/Kommission, F‑133/15, EU:F:2016:127, Rn. 115), zumal sie darauf warteten, dass die Verwaltungsuntersuchung zu Ende gebracht würde. Auch die Verpflichtung der Anstellungsbehörde zum Schutz der Verteidigungsrechte der im Beistandsantrag beschuldigten Person kann diese Dauer nicht rechtfertigen, da diese Rechte sowohl in den Art. 41 und 48 der Charta der Grundrechte als auch insbesondere in Art. 86 des Statuts und in dessen Anhang IX eindeutig aufgeführt sind.

107    Wie die Kläger hervorheben, ist die Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer im vorliegenden Fall umso schädlicher, als sie dazu geführt hat, dass sowohl die Kläger als auch der Referatsleiter lange Zeit einer unbefriedigenden Situation ausgesetzt waren. Art. 24 des Statuts verlangt jedoch, dass die Anstellungsbehörde bei der Durchführung einer Verwaltungsuntersuchung möglichst zügig vorgeht, da zum einen die etwaige Anerkennung seitens der Anstellungsbehörde am Ende der Verwaltungsuntersuchung, dass Mobbing vorliegt, schon an sich eine positive Wirkung im therapeutischen Prozess der Wiederherstellung der Gesundheit der Opfer haben kann und von diesen außerdem für die Zwecke eines etwaigen nationalen Gerichtsverfahrens verwendet werden kann, und zum anderen die vollständige Durchführung einer Verwaltungsuntersuchung es umgekehrt ermöglichen kann, die Mobbingvorwürfe des vermeintlichen Opfers zu entkräften und damit das Unrecht wiedergutzumachen, das durch eine solche Anschuldigung, sollte sie sich als unbegründet herausstellen, der durch ein Untersuchungsverfahren als mutmaßlicher Mobber betroffenen Person zugefügt worden sein könnte (Urteile vom 13. Juli 2018, Curto/Parlament, T‑275/17, EU:T:2018:479, Rn. 59, und vom 6. Oktober 2015, CH/Parlament, F‑132/14, EU:F:2015:115, Rn. 95, 123 und 124).

108    Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Anstellungsbehörde gegen die sich aus ihrer Beistandspflicht ergebende Verpflichtung (Urteile vom 24. April 2017, HF/Parlament, T‑570/16, EU:T:2017:283, Rn. 47, und vom 13. Juli 2018, Curto/Parlament, T‑275/17, EU:T:2018:479, Rn. 98) verstoßen hat, die Antragsteller zeitnah über die Behandlung ihres Beistandsantrags zu informieren. Während nämlich der Referatsleiter bereits am 19. März 2014 über die Einleitung der Verwaltungsuntersuchung informiert wurde, wurden die Kläger erst knapp einen Monat später davon unterrichtet. Ebenso scheinen die Kläger weder über den Zeitpunkt der Eröffnung des Disziplinarverfahrens gegen den Referatsleiter noch über Art und Schwere der gegen ihn verhängten Sanktion offiziell informiert worden zu sein, obwohl ihnen diese Informationen hätten erteilt werden müssen, weil sie mit der Bearbeitung des Beistandsantrags im Zusammenhang stehen.

109    Auch haben die Kläger keine Kopie der am Ende der Verwaltungsuntersuchung erstellten Berichte – gegebenenfalls in einer nicht vertraulichen Fassung – erhalten, obwohl dies im Hinblick auf den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und die Beistandspflicht, die verlangen, dass die Anstellungsbehörde die Betroffenen über das Ergebnis ihres Beistandsantrags unterrichtet, erforderlich war. Dies gilt umso mehr in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Anerkennung seitens der Anstellungsbehörde in dem am Ende der Verwaltungsuntersuchung erstellten Bericht, dass Mobbing vorliegt, schon an sich eine positive Wirkung im therapeutischen Prozess der Wiederherstellung der Gesundheit der Opfer haben kann und außerdem vom Opfer für die Zwecke eines etwaigen nationalen Gerichtsverfahrens verwendet werden könnte (Urteile vom 13. Juli 2018, Curto/Parlament, T‑275/17, EU:T:2018:479, Rn. 59, und vom 6. Oktober 2015, CH/Parlament, F‑132/14, EU:F:2015:115, Rn. 95, 123 und 124).

110    Gleichwohl können die Kläger der Anstellungsbehörde nicht vorwerfen, das gegen den Referatsleiter eingeleitete Disziplinarverfahren nicht mit ausreichender Zügigkeit durchgeführt zu haben. Für dieses Verfahren gelten nämlich spezielle Regeln, insbesondere die in Anhang IX des Statuts genau festgelegten Fristen für die einzelnen Abschnitte des Disziplinarverfahrens, die jedenfalls eingehalten worden zu sein scheinen. Hier dauerte das am 6. Januar 2016 durch die Befassung des Disziplinarrats eingeleitete Verfahren etwas mehr als ein Jahr, bis am 27. Februar 2017 die endgültige Entscheidung der Anstellungsbehörde gemäß Art. 22 des Anhangs IX des Statuts erging, was angesichts der Komplexität des Falls nicht unangemessen lang erscheint.

111    Nach alledem hat die Anstellungsbehörde bei der Bearbeitung ausschließlich des Beistandsantrags sowohl gegen Art. 24 des Statuts als auch gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer verstoßen, was die Auslösung der außervertraglichen Haftung des Parlaments gegenüber den Klägern rechtfertigt.

2.      Zum Schaden und zum Kausalzusammenhang

112    In Anbetracht aller Umstände des vorliegenden Falls ist das Gericht der Auffassung, dass die Kläger tatsächlich einen immateriellen Schaden erlitten haben, der sich aus der Art und Weise, in der die Anstellungsbehörde im Hinblick auf Art. 24 des Statuts und den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer ihren Beistandsantrag bearbeitet hat, sowie aus der Art und Weise ergibt, in der sie im Zusammenhang mit der Bearbeitung des Beistandsantrags das Beurteilungsverfahren 2014 durchgeführt hat.

113    Zu dem Schaden, der im Zusammenhang mit der Entlassung eines der Beamten des Referats auf Antrag, die auf dessen Verärgerung über die Dauer des Verwaltungsverfahrens zurückzuführen sein soll, geltend gemacht wird, ist jedoch zum einen festzustellen, dass dieser Beamte in der vorliegenden Rechtssache nicht Kläger ist, und zum anderen, dass er in seinem Entlassungsantrag zwar auf die im Beistandsantrag angeführten Gründe Bezug genommen, dann jedoch ausgeführt hat, dass er die Entlassung beantrage, um eine Beschäftigung in seinem Herkunftsmitgliedstaat anzunehmen und so zu seiner Ehefrau ziehen zu können, die eine Risikoschwangerschaft gehabt habe, was erfordere, dass er künftig ständig in ihrer Nähe sei.

114    Was die Bezifferung des immateriellen Schadens anbelangt, der von den Klägern verlangt werden kann, darf das Gericht entgegen deren Vorbringen nicht den vom Parlament hervorgehobenen Umstand unberücksichtigt lassen, dass dieses Organ sich bereit erklärt hat, nicht nur die im Zusammenhang mit der früheren Klage beim Gericht, die zum Beschluss vom 17. Juli 2017, DQ u. a./Parlament (T‑38/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:557), geführt hat, entstandenen Gerichtskosten zu übernehmen, sondern auch und vor allem zum einen die Kosten der Prozessvertretung der Kläger im Rahmen der Klage, die sie bei einem belgischen Gericht gegen das Parlament erhoben haben, und zum anderen sämtliche Leistungen des Rechtsbeistands der Kläger im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Bearbeitung des Beistandsantrags.

115    Die Kosten der Prozessvertretung vor dem belgischen Gericht fielen nämlich nicht unter die Beistandspflicht nach Art. 24 des Statuts, da die Kläger nicht gegen den Referatsleiter, sondern gegen das Parlament vorgingen. Hinsichtlich der mit dem Beistandsantrag verbundenen Kosten ist festzustellen, dass diese mangels Anwaltszwangs im Rahmen des Vorverfahrens grundsätzlich weder als erstattungsfähige Kosten hätten angesehen noch im Rahmen der vorliegenden Schadensersatzklage hätten geltend gemacht werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Dezember 2008, Nardone/Kommission, T‑57/99, EU:T:2008:555, Rn. 139 und 140).

116    In Anbetracht der Fürsorge, die in der Entscheidung des Parlaments, freiwillig Kosten zu übernehmen, zum Ausdruck kommt, ist das Gericht unter Berücksichtigung aller von den Klägern vorgebrachten Gesichtspunkte, die als der Anstellungsbehörde zurechenbare Rechtsverstöße angesehen werden können, durch die den Klägern ein immaterieller Schaden zugefügt wurde, der Auffassung, dass bei angemessener Würdigung dieses immateriellen Schadens nach billigem Ermessen ein Gesamtbetrag von 36 000 Euro festzusetzen ist, der unter allen Klägern aufzuteilen ist, und dass der Schadensersatzantrag im Übrigen zurückzuweisen ist.

C.      Zum Antrag auf Verurteilung des Parlaments zur Zahlung von Verzugs- und Ausgleichszinsen

117    Die Kläger beantragen ferner, das Parlament „zur Zahlung der zwischenzeitlich angefallenen Ausgleichs- und Verzugszinsen“ zu verurteilen.

118    Da das Parlament nicht spezifisch zu diesem Klageantrag Stellung genommen hat, ist dem Antrag der Kläger stattzugeben und zu beschließen, dass der Betrag von 36 000 Euro in Höhe des Basiszinssatzes der Europäischen Zentralbank (EZB) für Hauptrefinanzierungsgeschäfte zuzüglich dreieinhalb Prozentpunkte zu verzinsen ist, und, da nicht angegeben wurde, ab welchem Zeitpunkt diese Zinsen laufen sollten, insoweit auf den Tag der Stellung des Schadensersatzantrags abzustellen.

IV.    Kosten

119    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Außerdem trägt nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung jede Partei im Falle teilweisen Obsiegens und teilweisen Unterliegens ihre eigenen Kosten, außer das Gericht hält es in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls für gerechtfertigt, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt.

120    Im vorliegenden Fall sind die Kläger und das Parlament mit einem oder mehreren ihrer Anträge teilweise unterlegen. In Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falls erscheint es jedoch gerechtfertigt, dass das Parlament neben seinen eigenen Kosten die Hälfte der Kosten der Kläger trägt, wobei darauf hinzuweisen ist, dass das Parlament insoweit berücksichtigen kann, dass die Arbeit des Rechtsbeistands im Zusammenhang mit der Erhebung der vorliegenden Klage durch die für das Verfahren zur Bearbeitung des Beistandsantrags und die Klageerhebung in den Rechtssachen F‑49/14 und T‑38/17 erforderliche Arbeit, deren Kosten das Parlament bereits übernommen hat, wesentlich erleichtert wurde.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Europäische Parlament wird verurteilt, an DQ und die weiteren im Anhang namentlich aufgeführten Kläger zum Ersatz des ihnen entstandenen immateriellen Schadens einen unter ihnen aufzuteilenden Gesamtbetrag von 36 000 Euro zu zahlen, zuzüglich Zinsen ab dem 13. Dezember 2017 zu dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte festgesetzten Zinssatz, erhöht um dreieinhalb Prozentpunkte, bis zum Tag der Zahlung des Betrags von 36 000 Euro durch das Parlament.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Das Parlament trägt seine eigenen Kosten sowie die Hälfte der Kosten von DQ und der weiteren im Anhang namentlich aufgeführten Kläger.

4.      DQ und die weiteren im Anhang namentlich aufgeführten Kläger tragen die Hälfte ihrer eigenen Kosten.

Valančius

Nihoul

Svenningsen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 3. Oktober 2019.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Französisch.


1      Die Liste der weiteren Kläger ist nur der den Parteien zugestellten Ausfertigung beigefügt.


2      Nicht wiedergegebene vertrauliche Daten.