Language of document : ECLI:EU:T:1998:201

URTEIL DES GERICHTS (Zweite erweiterte Kammer)

15. September 1998 (1)

„Staatliche Beihilfen - Förmliches Prüfungsverfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages - Bedingte Entscheidung über die Genehmigung einer Beihilfe in Form einer in Tranchen aufgeteilten Kapitalzuführung - Nichterfüllte Voraussetzung für die Zahlung der zweiten Tranche - Nachträgliche Genehmigung der Zahlung der zweiten Tranche - Nichtigkeitsklage“

In der Rechtssache T-140/95

Ryanair Ltd, Gesellschaft irischen Rechts mit Sitz in Dublin, Prozeßbevollmächtigte: Solicitors Trevor Soames und Alan Ryan, Zustellungsanschrift: Kanzlei der Rechtsanwälte Arendt und Medernach, 8-10, rue Mathias Hardt, Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Nicholas Khan und Anders Christian Jessen, beide Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Beklagte,

unterstützt durch

Irland, vertreten durch Chief State Solicitor Michael Buckley als Bevollmächtigten, Beistand: Joseph Finnegan, SC, Irish Bar, Zustellungsanschrift: Irische Botschaft, 28, route d'Arlon, Luxemburg,

und durch

Aer Lingus Group plc, Gesellschaft irischen Rechts mit Sitz in Dublin, Prozeßbevollmächtigte: Paul Gallagher, SC, Irish Bar, und Solicitors James O'Dwyer und Patrick McGovern, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts René Faltz, 6, rue Heine, Luxemburg,

Streithelfer,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 21. Dezember 1994 (ABl. 1994, C 399, S. 1), mit der es der irischen Regierung erlaubt wurde, die zweite Tranche der mit der Entscheidung 94/118/EG der Kommission vom 21. Dezember 1993 über eine Beihilfe Irlands zugunsten des Aer-Lingus-Konzerns (ABl. 1994, L 54, S. 30) genehmigten Beihilfe an die Aer Lingus auszuzahlen,

erläßt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. Kalogeropoulos sowie der Richter C. P. Briët, C. W. Bellamy, A. Potocki und J. Pirrung,

Kanzler: A. Mair, Verwaltungsrat

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. Mai 1998,

folgendes

Urteil

Sachverhalt

1.
    Im August 1993 unterrichtete die irische Regierung die Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages von ihrer Absicht, dem Aer-Lingus-Konzern im Rahmeneines „Strategy for the Future“ genannten Umstrukturierungsplans (im folgenden: Cahill-Plan) 175 Millionen IRL Eigenkapital zuzuführen. Diese Kapitalzufuhr sollte in drei Tranchen erfolgen, und zwar 75 Millionen IRL im Jahr 1993 und jeweils 50 Millionen IRL in den Jahren 1994 und 1995.

2.
    Am 21. Dezember 1993, nach Abschluß eines gemäß Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages eingeleiteten Verfahrens, an dem die Gesellschaft irischen Rechts Ryanair Ltd mit Sitz in Dublin beteiligt war, erließ die Kommission die Entscheidung 94/118/EG über eine Beihilfe Irlands zugunsten des Aer-Lingus-Konzerns (ABl. 1994, L 54, S. 30; im folgenden: Entscheidung von 1993).

3.
    Artikel 1 des verfügenden Teils dieser Entscheidung von 1993 hat folgenden Wortlaut:

„Die Umstrukturierungsbeihilfe für Aer Lingus in Form der Zufuhr von 175 Millionen irischen Pfund Kapital in drei Tranchen in den Jahren 1993, 1994 und 1995 wird gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen, vorausgesetzt, daß sich die irische Regierung an ihre Zusage hält,

a)    die zweite und die dritte Tranche nicht zu zahlen, falls Aer Lingus die Senkung ihrer Kosten um 50 Millionen irische Pfund jährlich nicht bewerkstelligt, und durch eine unabhängige Stelle überprüfen läßt, daß die Kostensenkungen in vollem Umfang durchgeführt werden;

b)    der Kommission über den Fortschritt des Umstrukturierungsprogramms sowie über die finanzielle und die wirtschaftliche Entwicklung des Aer-Lingus-Konzerns und seiner Unternehmen, insbesondere hinsichtlich der in dem Schreiben vom 24. November 1993 erwähnten Produktivitätsverbesserungen, Bericht zu erstatten. Der Bericht wird mindestens vier Wochen vor der Zahlung der zweiten und der dritten Tranche der Beihilfe in den Jahren 1994 und 1995 vorgelegt, damit die Kommission gegebenenfalls dazu Stellung nehmen kann;

...

d)    die Betriebsflotte der Aer Lingus mit Ausnahme der Transatlantikstrecken, wo zur Erhaltung der Kapazität zusätzliche Flugzeuge erforderlich sein können, während der Laufzeit des Umstrukturierungsplans nicht zu erweitern;

...

g)    daß der Öffentlichkeit im Kalenderjahr 1994 auf Linienflugdiensten der Aer Lingus nicht mehr als 3,42 Millionen Sitzplätze auf den Strecken zwischen dem Vereinigten Königreich und Irland insgesamt und nicht mehr als 1,43 Millionen Sitzplätze auf der Strecke Dublin-London Heathrow für dasselbe Jahr zum Kauf angeboten werden;

h)    daß Mitte 1994 gemäß Vereinbarung zwischen der Kommission und Irland unabhängige Sachverständige ernannt werden, um die aktuellen und die voraussichtlichen Ergebnisse für 1994 zu prüfen. Sollte sich das Wachstum des Marktes Vereinigtes Königreich/Irland bewahrheiten, so werden die in Buchstabe g) genannten Zahlen entsprechend diesem Wachstum angepaßt. Gleichzeitig wird eine unabhängige Bewertung des aktuellen und des voraussichtlichen Marktwachstums für 1995 vorgenommen, um die dem Gesamtwachstum des Marktes entsprechende zusätzliche Kapazität der Aer Lingus zu ermitteln;

...“

4.
    Am 23. Dezember 1993 zeichnete die irische Regierung neue Aktien der Aer Lingus Group plc im Wert von 75 Millionen IRL.

5.
    Am 3. November 1994 legte die irische Regierung den ersten Jahresbericht gemäß Artikel 1 Buchstabe b der Entscheidung von 1993 vor. Auf Ersuchen der Kommission machte sie am 17. November 1994 weitere Angaben.

6.
    Am 30. November 1994 erließ die Kommission gemäß Artikel 1 Buchstabe h der Entscheidung von 1993 die Entscheidung 94/997/EG über die Genehmigung der angepaßten Zahlen für die in der Entscheidung von 1993 festgelegten Beschränkungen der Sitzplatzkapazität der Aer Lingus (ABl. L 379, S. 21). Mit dieser Entscheidung erhöhte die Kommission die in Artikel 1 Buchstabe g der Entscheidung von 1993 festgelegte Zahl der Sitzplätze, die Aer Lingus in den Jahren 1994 und 1995 auf den Strecken zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich sowie auf der Strecke zwischen Dublin und London Heathrow zum Kauf anbieten durfte.

7.
    Am 8. Dezember 1994 fand auf Antrag der Klägerin ein Treffen zwischen ihr und den Dienststellen der Kommission statt, bei dem insbesondere geprüft werden sollte, ob Aer Lingus der Entscheidung von 1993 nachgekommen war.

8.
    Am 21. Dezember 1994 erließ die Kommission in Form eines an die irische Regierung gerichteten Schreibens die Entscheidung „Zahlung der zweiten Tranche in Höhe von 50 Millionen Irischen Pfund im Rahmen der mit Entscheidung [von] 1993 genehmigten Beihilfe C 34/93“ (ABl. 1994, C 399, S. 1; im folgenden: streitige Entscheidung).

9.
    In dieser Entscheidung stellt die Kommission fest, daß der Aer-Lingus-Konzern die in Artikel 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 festgelegte Kostensenkung in Höhe von 50 Millionen IRL nicht verwirklicht habe. Nach einer Prüfung der Durchführung des Umstrukturierungsprogramms insbesondere in bezug auf die Fluglinie selbst und auf Team Aer Lingus, eine vor allem Wartungsleistungen erbringende Tochtergesellschaft (im folgenden: Team), sowie der finanziellen Situation des Konzerns, des vorgesehenen Verkaufs der Copthorne-Hotelkette und der Rentabilität verschiedener von Aer Lingus betriebener Streckengruppen gelangte sie zu dem Ergebnis (Absatz 25),

„daß der Stand der Umstrukturierung und die bereits erzielten Ergebnisse befriedigend sind, obwohl das jährliche Kostensenkungsziel nur von der Fluggesellschaft und nicht vom ganzen Konzern verwirklicht wurde; letzteres ist auf die genannten besonderen Umstände zurückzuführen, die beim Umstrukturierungsplan nicht voraussehbar waren. Daher hat die Kommission beschlossen, in Abweichung von ihrer Entscheidung [von 1993] die irische Regierung zu ermächtigen, die zweite Tranche der Beihilfe an Aer Lingus auszuzahlen. Um die Wirksamkeit der Entscheidung vom 21. Dezember 1993 sicherzustellen, ist Irland zu folgendem verpflichtet, bevor die dritte Tranche gezahlt werden kann:

-    Irland hat bis zum 30. Juni 1995 der Kommission einen Bericht über den Stand der Umsetzung des Umstrukturierungsprogramms bei Team und dessen finanzielle und wirtschaftliche Entwicklung vorzulegen; der Bericht hat die finanziellen Vorausschätzungen zu umfassen, auf denen die Strategie der Gesellschaft basiert. Das Umstrukturierungsprogramm für Team ist ohne jede weitere Verzögerung auf der Grundlage einer angemessenen Unternehmensstrategie und einer gesunden Kapitalstruktur durchzuführen.

-    Gemäß Artikel 1 Buchstabe b) der Entscheidung [von 1993] hat Irland der Kommission spätestens acht Wochen vor Zahlung der dritten Tranche 1995 einen Bericht vorzulegen, in dem im einzelnen ausgewiesen ist, wie die jährliche Kostensenkung von 50 Millionen Irischen Pfund erreicht werden soll. Dieser Bericht hat folgendes zu umfassen: eine Erklärung darüber, wie durch besondere Managementmaßnahmen die Kostensenkungen erreicht werden sollen, ausführliche und vollständig evaluierte jährliche finanzielle Vorausschätzungen für den Konzern und seine Gesellschaften bis zum 31. Dezember 1999 (sowie für den zwölfmonatigen Übergangszeitraum bis zum 31. März 1995, entsprechend dem geänderten Ende des Geschäftsjahrs), aus dem die Auswirkungen der Umstrukturierungsmaßnahmen, des überarbeiteten Planes für Team und des bis dahin erfolgten Verkaufs der Copthorne-Hotel-Kette hervorgehen. Außerdem sollte der Bericht eine Analyse der Streckengruppen-Rentabilität umfassen.“

10.
    Am 22. Dezember 1994 zeichnete die irische Regierung neue Aktien der Aer Lingus Group plc im Wert von 50 Millionen IRL.

11.
    Das Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften C 399 vom 31. Dezember 1994, das den Text der streitigen Entscheidung enthält, wurde am 13. April 1995 veröffentlicht.

Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

12.
    Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 5. Juli 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

13.
    Mit am 18. Dezember 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Kommission die in ihrer Klagebeantwortung erhobene Einrede der Unzulässigkeit, die sie auf den Ablauf der Klagefrist gestützt hatte, zurückgenommen und in ihrer Gegenerwiderung vom 25. März 1996 ausgeführt, ihre Beamten hätten die Klägerin darauf hingewiesen, daß die Klagefrist nach Artikel 173 des Vertrages mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der streitigen Entscheidung in Lauf gesetzt werde.

14.
    Mit Beschlüssen vom 14. Februar 1996 hat der Präsident der Zweiten erweiterten Kammer Irland und die Aer Lingus Group plc als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.

15.
    Das Gericht (Zweite erweiterte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen.

16.
    Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 27. Mai 1998 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

17.
    Die Klägerin beantragt,

-    die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären;

-    der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

18.
    Die Kommission und die Streithelfer beantragen,

-    die Klage abzuweisen;

-    der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zulässigkeit

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

19.
    Aer Lingus macht geltend, daß die Klage nach Ablauf der in Artikel 173 Absatz 5 EG-Vertrag vorgesehenen Frist erhoben worden sei. Die Kommission habe in ihrer Klagebeantwortung vorgetragen, daß die Klägerin im Dezember 1994, spätestens aber mit Eingang eines Schreibens der Kommission vom 12. Januar 1995 Kenntnis von der streitigen Entscheidung gehabt habe, daß sie jedoch nicht innerhalb angemessener Frist eine Kopie des vollständigen Wortlauts der streitigen Entscheidung angefordert habe.

20.
    Die Klägerin trägt vor, daß ihre Klage zulässig sei, da die Veröffentlichung der streitigen Entscheidung im Amtsblatt vom 13. April 1995 die in Artikel 173 Absatz 5 des Vertrages vorgesehene Frist in Lauf gesetzt habe.

Würdigung durch das Gericht

21.
    Nach Artikel 37 Absatz 4 der EG-Satzung des Gerichtshofes, der nach Artikel 46 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, können mit denStreithilfeanträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden. Der Streithelfer muß zudem nach Artikel 116 § 3 der Verfahrensordnung den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der dieser sich zur Zeit des Beitritts befindet.

22.
    Da die Beklagte ihre Einrede der Unzulässigkeit mit am 18. Dezember 1995 eingegangenem Schreiben, also bevor Aer Lingus als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden ist, zurückgenommen hat, ist Aer Lingus nicht zur Erhebung einer Unzulässigkeitseinrede berechtigt, und das Gericht braucht demnach die von ihr hierzu vorgebrachten Angriffsmittel nicht zu prüfen (Urteil des Gerichts vom 27. November 1997 in der Rechtssache T-290/94, Kaysersberg/Kommission, Slg. 1994, II-2137, Randnr. 76).

23.
    Da es sich jedoch um eine unverzichtbare Prozeßvoraussetzung handelt, kann das Gericht die Zulässigkeit der Klage nach Artikel 113 der Verfahrensordnung jederzeit von Amts wegen prüfen.

24.
    Nach Artikel 173 Absatz 5 des Vertrages ist die Klage binnen zwei Monaten zu erheben; diese Frist läuft je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der betreffenden Handlung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt hat.

25.
    Bereits nach dem Wortlaut dieser Bestimmung hat das Kriterium des Zeitpunkts der Kenntniserlangung von der Handlung als Beginn der Klagefrist subsidiären Charakter gegenüber den Zeitpunkten der Bekanntgabe oder der Mitteilung der Handlung (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 10. März 1998 in der Rechtssache C-122/95, Deutschland/Rat, Slg. 1998, I-973, Randnr. 35, und in bezug auf staatliche Beihilfen Schlußanträge des Generalanwalts Capotorti zum Urteil des Gerichtshofesvom 17. September 1980 in der Rechtssache 730/79, Philip Morris/Kommission, Slg. 1980, 2671, 2695).

26.
    Es steht fest, daß im vorliegenden Fall die streitige Entscheidung im Amtsblatt veröffentlicht worden ist. Da diese Entscheidung eine Ausnahme von der Entscheidung von 1993 zuläßt, die ihrerseits veröffentlicht worden ist, und da die Kommissionsbeamten die Klägerin darauf hingewiesen haben, daß die Klagefrist mit der Veröffentlichung der streitigen Entscheidung in Lauf gesetzt werde, konnte die Klägerin erwarten, daß die streitige Entscheidung im Amtsblatt veröffentlicht werde.

27.
    Folglich ist die Klagefrist im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, d. h. am 13. April 1995, in Lauf gesetzt worden.

28.
    Die Zweimonatsfrist des Artikels 173 Absatz 5 des Vertrages, die nach Artikel 102 § 1 der Verfahrensordnung vom Ablauf des vierzehnten Tages nach der Veröffentlichung der Maßnahme im Amtsblatt an berechnet und nach Artikel 102 § 2 der Verfahrensordnung mit Rücksicht auf die räumliche Entfernung für einen in Irland ansässigen Kläger um zehn Tage verlängert wird, ist am 7. Juli 1995 abgelaufen. Folglich ist die am 5. Juli 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangene Klage fristgerecht erhoben worden.

29.
    Die Klage ist daher zulässig.

Begründetheit

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Vorbringen der Klägerin

30.
    In ihrer Klageschrift macht die Klägerin zwei Hauptklagegründe geltend, nämlich erstens die Verletzung wesentlicher Formvorschriften insoweit, als die Kommission weder das Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages erneut eingeleitet noch die Klägerin vor dem Erlaß der streitigen Entscheidung angehört habe, und zweitens einen offensichtlichen Beurteilungsfehler der Kommission, nach deren Meinung die Zahlung der zweiten Beihilfetranche gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen sei. Die Klägerin erhebt darüber hinaus eine Reihe weiterer Rügen.

31.
    Zum ersten Klagegrund, der Verletzung wesentlicher Formvorschriften, macht die Klägerin geltend, daß die Kommission die streitige Entscheidung nicht habe erlassen können, ohne das Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages erneut einzuleiten oder zumindest die Klägerin erneut anzuhören. Die Zahlung der zweiten Tranche der Beihilfe sei nämlich durch Artikel 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 untersagt gewesen, da die darin vorgesehene jährliche Kostensenkung von 50 Millionen IRL nicht verwirklicht worden sei.Dementsprechend habe die zweite Tranche nicht gezahlt werden können, ohne daß die Kommission aufgrund einer erneuten Prüfung aller Umstände des Einzelfalls eine neue Entscheidung erlassen habe, in der festgestellt worden sei, daß diese Zahlung gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei.

32.
    Die Klägerin verweist auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes, wonach die Kommission verpflichtet sei, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages einzuleiten, wenn sie bei der ersten Prüfung der Beihilfe nicht alle Schwierigkeiten hinsichtlich der Beurteilung der Vereinbarkeit dieses Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt habe ausräumen können (Urteil des Gerichtshofes vom 19. Mai 1993 in der Rechtssache C-198/91, Cook/Kommission, Slg. 1993, I-2487, Randnr. 29). Im vorliegenden Fall habe jedoch die erste Prüfung der Vereinbarkeit der zweiten Beihilfetranche mit dem Gemeinsamen Markt durch die Kommission nicht alle Schwierigkeiten ausräumen können und tatsächlich nicht ausgeräumt, insbesondere was die Frage angehe, ob die Voraussetzungen des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages erfüllt seien.

33.
    Die Klägerin begründet ihre Behauptung, daß die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der zweiten Beihilfetranche mit dem Gemeinsamen Markt hätte haben müssen, auf eine Reihe von Angaben in bezug auf Team, die Regionalverbindungen in das Vereinigte Königreich, die Flugzeuge BAe 146, die finanzielle Situation des Aer-Lingus-Konzerns und der Fluglinie sowie den Verkauf der Copthorne-Hotelkette.

34.
    Die Klägerin stützt sich auf die gleichen Angaben, um ihren zweiten Klagegrund zu untermauern, wonach der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei, als sie entschieden habe, daß die Zahlung der zweiten Beihilfetranche im Sinne von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen sei.

35.
    Das gesamte Vorbringen der Klägerin ist im Rahmen dieser beiden Klagegründe zusammenzufassen.

-    Team

36.
    In bezug auf die Tochtergesellschaft Team macht die Klägerin geltend, aus der streitigen Entscheidung gehe hervor, daß die Kommission selbst Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages und insbesondere derjenigen gehabt habe, daß die Beihilfe zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige dienen sollte. Sie hebt insoweit hervor, daß die Kommission in Absatz 14 der streitigen Entscheidung die Auffassung vertrete, es „könnte sich der Umstand, daß das Problem der anhaltenden Verluste von Team nicht bewältigt wurde, auf den Umstrukturierungsplan auswirken“.

37.
    Die Kommission habe damit eingeräumt, daß sie nicht wisse, ob Team die erforderlichen Kostensenkungen vornehmen werde. Folglich habe sie nicht prüfen können, ob die zweite Beihilfetranche tatsächlich für die Zwecke der „Umstrukturierung“ verwendet werde und ob sie die „Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige“ im Sinne von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages fördere.

38.
    Im übrigen beweise auch der Umstand, daß die Kommission die irischen Behörden in der streitigen Entscheidung verpflichtet habe, ihr bis zum 30. Juni 1995 einen Bericht über den Stand der Umsetzung des Umstrukturierungsprogramms bei Team und über die Strategie vorzulegen, die zur Bewältigung der Schwierigkeiten der Gesellschaft längerfristig ins Auge gefaßt worden sei, daß die Kommission zum Zeitpunkt der streitigen Entscheidung nicht habe nachweisen können, daß die Beihilfe die Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige im Sinne von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages habe fördern können.

39.
    Zudem sei der Cahill-Plan, soweit er Team betreffe, im Anschluß an einen im Sommer 1994 ausgebrochenen Streik und auf Empfehlungen des Labour Court vom November 1994, die Kostensenkungen und insbesondere weitere Entlassungen verhindert hätten, aufgegeben worden. Somit habe zum Zeitpunkt der streitigen Entscheidung Aer Lingus ebensowenig wie die irische Regierung gewußt, ob Team umstrukturiert werden könne. Zur Begründung dieser Behauptung zitiert die Klägerin einige Äußerungen des Vorsitzenden von Aer Lingus in deren am 31. März 1995 genehmigtem Jahresbericht für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 1994 sowie eine Erklärung, die der Minister für Transport, Energie und Kommunikation am 21. Februar 1995 vor dem Dail [Abgeordnetenhaus] abgegeben habe.

40.
    Folglich seien Team und dementsprechend Aer Lingus zum Zeitpunkt der streitigen Entscheidung nicht wirtschaftlich lebensfähig gewesen und habe kein Umstrukturierungsplan vorgelegen, der ihre wirtschaftliche Lebensfähigkeit hätte gewährleisten können. Da ein solcher Umstrukturierungsplan gefehlt habe, sei die Kommission nicht befugt gewesen, die zweite Beihilfetranche zu genehmigen (vgl. z. B. Leitlinien der Kommission für die Anwendung der Artikel 92 und 93 EG-Vertrag sowie des Artikels 61 des EWR-Abkommens auf staatliche Beihilfen im Luftverkehr, ABl. 1994, C 350, S. 5, Nr. 38), und sie sei erst recht nicht in der Lage gewesen, die Schwierigkeiten so auszuräumen, daß es ihr möglich gewesen wäre, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 nicht einzuleiten.

41.
    Die Klägerin wendet sich außerdem gegen folgende Feststellung in der streitigen Entscheidung (Absatz 13):

„Nach den letzten Vorausschätzungen geht die Aer Lingus davon aus, daß das Team 1995 auf Betriebsebene wieder in die Gewinnzone vorstößt.“

42.
    Die Bedingungen für die Wiederaufnahme der Arbeit, die nach der Intervention des Labour Court vereinbart worden seien, hätten nämlich die Durchführung des Cahill-Plans und damit die Kostensenkung verhindert, die erforderlich gewesen wären, damit Team in die Gewinnzone habe vorstoßen können.

43.
    Aus den gleichen Gründen wendet sich die Klägerin gegen die nach der zitierten Passage der streitigen Entscheidung getroffene Feststellung, daß „[d]iese Annahme ... darauf [beruht], daß die Grundkosten der Gesellschaft weiter gesenkt werden und es zu mehr Wartungsverträgen mit Dritten kommt“.

44.
    Nach Auffassung der Klägerin hat Team wegen des Widerstands der Gewerkschaften 1994 keine Kostensenkung vorgenommen. Sie zitiert hierzu einen Presseartikel (Irish Independent vom 27. März 1995), wonach der Minister für Transport, Energie und Kommunikation erklärt habe, daß das Personal bei Team zu keiner Zeit aus weniger als 1 750 Personen bestanden habe. Auch seien Team wegen des Streiks von 1994 ihre sämtlichen Wartungsverträge mit Dritten einschließlich der Verträge, die sie mit Virgin Atlantic Airways und mit Federal Express geschlossen habe, verlorengegangen.

45.
    Die Klägerin vertritt schließlich die Meinung, daß die Feststellung in Absatz 25 der streitigen Entscheidung, wonach die Probleme von Team beim Umstrukturierungsplan nicht voraussehbar gewesen seien, offensichtlich falsch sei. Ungeachtet der in der Entscheidung von 1993 aufgestellten Behauptung, daß das Kostensenkungsprogramm zwischen der Gesellschaft und den Gewerkschaften ausgehandelt worden sei, sei es zu keiner Übereinstimmung mit den Gewerkschaften von Team gekommen. Es sei daher absehbar gewesen, daß es der Geschäftsleitung von Team nicht gelungen sei, ein solches Abkommen zu schließen.

-    Wettbewerb bei den Regionalverbindungen in das Vereinigte Königreich

46.
    Die Klägerin führt aus, daß die Kommission bei der Prüfung der Frage, ob die zweite Beihilfetranche als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen sei, die Schwierigkeiten in bezug auf die Tätigkeit von Aer Lingus auf den Strecken zwischen Dublin und den Regionalflughäfen im Vereinigten Königreich nicht habe ausräumen können.

47.
    Die Klägerin trägt vor, nach der streitigen Entscheidung (S. 3 und 4) habe die Tätigkeit von Aer Lingus auf diesen Strecken Verluste gebracht und die Strategie, der sie folge, „gründe ... sich offensichtlich auf kurzfristige Erwägungen“ (Absatz 21). Unter diesen Umständen hätte die Kommission prüfen müssen, ob Aer Lingus in der Lage gewesen sei, ihre Tätigkeit auf diesen Strecken so umzustrukturieren, daß sie gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c eine gewisse wirtschaftliche Lebensfähigkeit hätte erreichen können. Statt dessen habe die Kommission einfach eine neue Bedingung vorgeschrieben, wonach „[d]ie irische Regierung ... die Tätigkeit auf den Strecken längerfristig zu begründen haben [wird]“, und Irlandaufgefordert, der Kommission ausführliche Angaben über die Rentabilität der betreffenden Verbindungen zu liefern, „um zu zeigen, daß die Beihilfe wie ursprünglich geplant nicht zur Subventionierung einer Strecke oder einerStreckengruppe eingesetzt wurde, die aller Wahrscheinlichkeit nach in absehbarer Zukunft nicht rentabel wird“ (Absatz 22).

48.
    Daraus gehe hervor, daß die Kommission zur Zeit des Erlasses der streitigen Entscheidung daran gezweifelt habe, ob die Tätigkeit von Aer Lingus auf den Regionalverbindungen in das Vereinigte Königreich längerfristig wirtschaftlich lebensfähig sei, und daß die Kommission daher nicht habe prüfen können, ob die Beihilfe die Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige fördere.

49.
    Zudem hätten die betreffenden Verbindungen dadurch Verluste gebracht, daß Aer Lingus nach der Entscheidung von 1993 auf ihrer Verbindung Dublin/Birmingham, deren Bedienung die Klägerin im November 1993 begonnen habe, die Zahl der zum Niedrigtarif verfügbaren Plätze beträchtlich erhöht habe, was die Klägerin veranlaßt habe, eine förmliche Beschwerde gemäß Artikel 86 des Vertrages an die Kommission zu richten. Auf den Verbindungen Dublin/Glasgow und Dublin/Manchester, auf denen sich Aer Lingus ebenfalls im Wettbewerb mit der Klägerin befunden habe, sei Aer Lingus ebenso vorgegangen. Aer Lingus habe daher eine Politik verfolgt, die durch niedrige Tarife und ein erhöhtes Angebot gekennzeichnet gewesen sei, um entgegen den in der Entscheidung von 1993 wiedergegebenen Beteuerungen der irischen Regierung den größtmöglichen Marktanteil insbesondere auf dem Freizeitmarkt, auf dem die Klägerin hauptsächlich tätig sei, zu erreichen.

50.
    Die Klägerin trägt darüber hinaus vor, daß die in der streitigen Entscheidung (Absatz 21) gegebene Begründung für die „kurzfristige“ Strategie, der Aer Lingus auf diesen Strecken folge, nämlich daß „... beispielsweise über Zubringerstrecken mehr Fahrgäste aus dem Vereinigten Königreich auf ihre Nordatlantikrouten geschleust werden [sollen]“, offensichtlich unzutreffend sei, da nur zwei von sechzehn täglichen Flügen von Dublin nach Birmingham, Manchester und Glasgow Fluggäste für die Transatlantikverbindungen beförderten.

-    Neue Flugzeuge BAe 146

51.
    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung gewußt, daß Aer Lingus beabsichtigt habe, die Beihilfe zum Erwerb einer Flotte von drei Flugzeugen BAe 146-300 mit 110 Plätzen, insbesondere für den Einsatz auf den Regionalverbindungen Vereinigtes Königreich-Irland, zu verwenden, um ihre Flotte von vier Maschinen des Typs Saab SF 340 mit 34 Plätzen zu ersetzen. In der streitigen Entscheidung (Absatz 22) habe die Kommission jedoch festgestellt, daß „die Ersetzung kleiner Turboprop-Flugzeuge durch Jets auf den Strecken nach dem Vereinigten Königreich die Frage aufwerfen [könnte], ob das zusätzliche Kapazitätsangebot angemessen ist“. Die Kommission habe daher Irland aufgefordert (gleicher Absatz), ihr ausführlicheAngaben über die Rentabilität der betreffenden Verbindungen zu liefern, um zu zeigen, daß die Beihilfe „nicht zur Subventionierung einer Strecke ... eingesetzt wurde, die aller Wahrscheinlichkeit nach in absehbarer Zukunft nicht rentabel wird“. Folglich sei sich die Kommission über die Frage im unklaren gewesen, ob die Beihilfe eine Überkapazität schaffe oder vergrößere, die die Handelsbedingungen in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändern könne (Urteil Philip Morris/Kommission, a. a. O., Randnr. 26, und Urteil des Gerichtshofes vom 8. März 1988 in den Rechtssachen 62/87 und 72/87, Exécutif régional wallon und Glaverbel/Kommission, Slg. 1988, 1573, Randnrn. 30 und 31).

52.
    Ferner verfüge Aer Lingus, da sie in dem am 31. Dezember 1994 abgelaufenen Geschäftsjahr einen Verlust vor Steuern in Höhe von 128,8 Millionen IRL erlitten habe, nicht über die zum Erwerb der Flugzeuge BAe 146 ausreichende Liquidität, und sie habe die zweite Beihilfetranche dafür verwenden müssen. Im übrigen ergebe sich aus dem Jahresbericht von Aer Lingus, daß diese eine Rückstellung in Höhe von 6,5 Millionen IRL für die Kosten im Zusammenhang mit der Aufhebung der Verträge für die vier Saab SF 340 vorgenommen habe. Dies hätte Aer Lingus ohne die fragliche Beihilfe nicht tun können.

53.
    Die Klägerin führt außerdem Statistiken zum Nachweis dafür an, daß eine Ausweitung der Kapazität auf den betreffenden Strecken vollständig unangebracht gewesen wäre, berücksichtige man u. a. den Rückgang des Fluggastverkehrs von Aer Lingus auf diesen Strecken und die geringen Auslastungsquoten. In einem solchen Fall von Überkapazitäten sei die Kommission nicht befugt, eine Beihilfe gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages zu genehmigen (Urteile des Gerichtshofes Philip Morris/Kommission und Exécutif régional wallon und Glaverbel/Kommission, sowie vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-303/88, Italien/Kommission, Slg. 1991, I-1433, Randnr. 38).

54.
    Schließlich macht die Klägerin geltend, die Anschaffung der Flugzeuge BAe 146 habe gegen Artikel 1 Buchstabe d der Entscheidung von 1993 verstoßen. Diese Bestimmung sei nämlich dahin auszulegen, daß es Aer Lingus während der ganzen Laufzeit des Umstrukturierungsplans untersagt gewesen sei, die Gesamtsitzplatzkapazität ihrer Flotte zu erhöhen. Da es in der Entscheidung von 1993 heiße, die irische Regierung habe bestätigt, daß Aer Lingus ihre Marktanteile nicht ausweiten und keine Expansionspolitik verfolgen werde, und außerdem der Marktanteil nicht von der Anzahl der auf einer besonderen Strecke eingesetzten Flugzeuge, sondern von der Zahl der verfügbaren Sitze abhänge, könne Artikel 1 Buchstabe d nur so ausgelegt werden, daß er habe sicherstellen sollen, daß Aer Lingus die Gesamtzahl der in ihrer Betriebsflotte angebotenen Sitze nicht erhöhe. Wäre es anders, so könnte Aer Lingus unbeschränkt eine „Überexpansionspolitik“ betreiben.

-    Finanzlage der Fluggesellschaft und des Aer-Lingus-Konzerns

55.
    Nach Auffassung der Klägerin ist der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie in der streitigen Entscheidung angenommen habe, daß das Kostensenkungsziel in Höhe von 50 Millionen IRL von der Fluggesellschaft von Aer Lingus verwirklicht worden sei.

56.
    Die Entscheidung von 1993 habe 1 280 Entlassungen bei der Fluggesellschaft vorgesehen, obwohl der Jahresbericht von Aer Lingus für das am 31. Dezember 1994 beendete Geschäftsjahr angebe, daß lediglich 841 Entlassungen vorgenommen worden seien. Nach Ansicht der Klägerin handelt es sich, selbst wenn man die Behauptung der Kommission gelten lasse, daß 935 Beschäftigte im Rahmen des Personalabbauplans das Unternehmen verlassen hätten, gleichwohl um eine Zahl, die weniger als zwei Drittel dessen ausmache, was im Cahill-Plan vorgesehen gewesen sei.

57.
    Die Einführung marktgerechter Preise bei den für Wartungsdienste an Team gezahlten Entgelten und die sich aus den gestiegenen Verlusten von Team ergebende Vorausschau, auf die die streitige Entscheidung Bezug nehme, bedeuteten wahrscheinlich, daß die Entgelte an einem niedrigeren Niveau als dem des Marktes ausgerichtet gewesen seien. Dieses Beibehalten der Praxis von Transferpreisen stelle die Umstrukturierung der Luftfahrtgesellschaft in Frage. Es zeige außerdem, daß die tatsächlichen Kosten der Luftfahrtgesellschaft - und somit jede Kostensenkung - nicht hätten bestimmt werden können.

58.
    Im übrigen sei die Schlußfolgerung in der streitigen Entscheidung, daß „die Ergebnisse im Luftfahrtgeschäft, entsprechend dem Endziel der Umstrukturierung, unter Beweis stellen, daß der Konzern das Potential besitzt, eine tragfähige Position zu erlangen“ (Absatz 23), weder mit einer Erläuterung noch mit der Angabe von der Kommission ausgewerteter Daten versehen. Eine solche Erläuterung sei insbesondere wegen der üblicherweise undurchsichtigen Buchführungspraktiken von Aer Lingus erforderlich gewesen.

59.
    Die offensichtliche Fehlerhaftigkeit der Schlußfolgerung der Kommission, daß der Aer-Lingus-Konzern das Potential besitze, eine tragfähige Position zu erlangen, zeige sich im übrigen im Ausmaß der Betriebsbeihilfe, die die Luftfahrtgesellschaft 1994 in Anspruch genommen habe und die durch die außergewöhnlichen Positionen von 30 Millionen IRL („Neupositionierung - Luftfahrtgeschäft und Team“) sowie von 5,4 Millionen IRL („Weiteres“) offengelegt worden sei, die in seinen für das am 31. Dezember 1994 beendete Geschäftsjahr veröffentlichten Bilanzen aufgeführt seien. Außerdem habe Aer Lingus ausweislich ihrer Bilanzen während der 12 Monate bis zum 31. März 1993 Verluste vor Steuern in Höhe von 147 Millionen IRL (unter Ausschluß der Verbuchung einer Investition in eine Gesellschaft zur Vermietung von Luftfahrzeugen auf dem Gewinn- und Verlustkonto) und während der 21 Monate bis zum 31. Dezember 1994 in Höhe von 128,8 Millionen IRL erlitten. Diese Zahlen stünden im Widerspruch zu den Vorausschätzungen im Cahill-Plan über einen Verlust in den 12 Monaten bis zum31. März 1994 in Höhe von 63 Millionen IRL und über einen Gewinn in den 12 Monaten bis zum 31. März 1995 in Höhe von 1 Million IRL.

-    Verkauf der Copthorne-Hotelkette

60.
    Die Klägerin weist darauf hin, daß der Verkauf der Copthorne-Hotelkette durch Aer Lingus in der Entscheidung von 1993 als integrierender Bestandteil des Cahill-Plans genannt worden sei. In der streitigen Entscheidung (Absatz 18) sei diese Kette als das Kernstück der Veräußerung von Vermögenswerten entsprechend dem Umstrukturierungsprogramm beurteilt worden.

61.
    Allerdings habe die Kommission in der streitigen Entscheidung angegeben, daß der Verkauf hinausgeschoben worden sei und somit das Erreichen von Verschuldungsgrad und Zinsdeckungsquote von März 1997 bis Mitte 1999 verzögert werde. Im übrigen habe sie bloß ausgeführt (Absatz 19), daß „die Hotelkette ... umgehend verkauft werden sollte, sobald auf dem Markt angemessene Bedingungen herrschen“, und daher Aer Lingus von jeder Verpflichtung befreit, die Copthorne-Hotels innerhalb einer bestimmten Frist zu verkaufen. Dies werde durch den Jahresbericht von Aer Lingus für das am 31. Dezember 1994 beendete Geschäftsjahr bestätigt, in dem es heiße, daß die Geschäftsleitung von Aer Lingus „die auf den Rat von Fachleuten gestützte Absicht [hat], dieses Investitionsgut in absehbarer Zukunft zu behalten, um den größtmöglichen Verkaufserlös für dieses Investitionsgut zu gewährleisten“.

62.
    Demnach habe die Kommission nicht zu dem Ergebnis kommen können, daß die Gewährung der zweiten Beihilfetranche die Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige fördern werde. Sie habe nämlich weder gewußt, wann, noch, ob Aer Lingus überhaupt eine gesunde Bilanz erreichen werde. Folglich habe die Beihilfe nicht als Umstrukturierungsbeihilfe genehmigt werden können. Außerdem habe der Umstand, daß Aer Lingus ihre hohe Verschuldung nicht durch die Veräußerung der Hotelkette gesenkt habe, zu einer Verwendung der staatlichen Beihilfe für die Tilgung ihrer kurzfristigen Schulden einschließlich der hohen Kreditkosten geführt. Aus diesem weiteren Grund sei die zweite Beihilfetranche keine echte Umstrukturierungsbeihilfe gewesen.

63.
    Jedenfalls wäre die Veräußerung der Copthorne-Hotels für eine Erholung der Bilanz von Aer Lingus nicht ausreichend gewesen. Die Zeitung The Sunday Independent vom 10. Juli 1994 habe berichtet: „Die mit der Aufstellung der Ergebnisse beschäftigten Buchhaltungsexperten befürchten offenbar, daß der Wert der Aer Lingus gehörenden Copthorne-Hotelkette in der Bilanz zu hoch angegeben wird.“ Aer Lingus habe insoweit in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung für das am 31. Dezember 1994 beendete Geschäftsjahr 17,2 Millionen IRL abgeschrieben. Der Kommission sei daher ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie zu dem Ergebnis gekommen sei, daß die Veräußerung der Copthorne-Hotels die Verschuldung von Aer Lingus auf das ursprünglich vorgesehene Niveau senkenwerde, und von Aer Lingus nicht verlangt habe, weiteres Anlagevermögen im Wert von 17,2 Millionen IRL zu veräußern. Die Kommission habe es zudem versäumt, zu erläutern, wie der vorgesehene Verschuldungsgrad und die vorgesehene Zinsdeckungsquote hätten erreicht werden können.

64.
    Die Klägerin zieht aus alledem den Schluß, daß die Kommission entweder nicht in der Lage gewesen sei, die Schwierigkeiten in bezug auf die Vereinbarkeit der zweiten Beihilfetranche mit dem Gemeinsamen Markt auszuräumen, und daß sie daher eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften begangen habe, als sie nicht das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages eingeleitet habe, oder daß ihr ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei, als sie in der streitigen Entscheidung festgestellt habe, daß die zweite Beihilfetranche mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei. Folglich seien die beiden Hauptklagegründe, nämlich die Verletzung wesentlicher Formvorschriften und der offensichtliche Beurteilungsfehler, stichhaltig.

65.
    Neben ihren beiden Hauptklagegründen erhebt die Klägerin zusätzlich folgende Rügen:

-    Aus der streitigen Entscheidung gehe hervor, daß die Kommission weder jemals die Auswirkungen der betreffenden Beihilfe auf den Wettbewerb tatsächlich geprüft noch die Wettbewerbsentwicklung seit ihrer Entscheidung von 1993 berücksichtigt habe;

-    Irland habe gegen Artikel 1 Buchstabe b der Entscheidung von 1993 verstoßen, der der irischen Regierung aufgegeben habe, darüber zu wachen,daß Aer Lingus den Cahill-Plan so durchführe, wie er der Kommission mitgeteilt worden sei;

-    der Kommission sei ein Rechtsfehler unterlaufen, als sie bei der ungeachtet des Verstoßes gegen Artikel 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 erfolgten Genehmigung der zweiten Beihilfetranche notwendigerweise ein anderes Kriterium angewandt habe, als in dieser Entscheidung angewandt worden sei;

-    die streitige Entscheidung weise insbesondere hinsichtlich folgender Gesichtspunkte einen Begründungsmangel auf: die Aufforderung der Kommission an die irische Regierung, ihr bis zum 30. Juni 1995 einen ergänzenden Bericht über Team und Aer Lingus zu liefern; die Schlußfolgerung, daß der Aer-Lingus-Konzern das Potential besitze, eine tragfähige Position zu erlangen; die Schlußfolgerung, daß die zweite Beihilfetranche mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein könne, ohne daß es einen Umstrukturierungsplan gebe, der auf die langfristige Wiederherstellung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit von Aer Lingus abziele; der Grund, weshalb die Kommission von Aer Lingus nicht verlangt habe, die Copthorne-Hotels zu verkaufen; die Schlußfolgerung, daß dieBeihilfe ungeachtet der Finanzlage des Aer-Lingus-Konzerns und der Luftfahrtgesellschaft habe genehmigt werden können; die zur Verwirklichung des Umstrukturierungsplans erforderliche Frist.

Vorbringen der Kommission und der Streithelfer

66.
    Die Kommission macht zunächst geltend, daß die streitige Entscheidung in Wirklichkeit ein Instrument mit Doppelcharakter sei, da sie eine Ausnahme von Artikel 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 und zugleich Erläuterungen enthalte, die gemäß Artikel 1 Buchstabe b dieser Entscheidung gegeben worden seien. Solche Erläuterungen stellten keine Handlung dar, die mit einer Klage im Sinne von Artikel 191 des Vertrages angefochten werden könne, und könnten daher nicht Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung sein (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Januar 1981 in der Rechtssache 35/80, Denkavit Nederland, Slg. 1981, 45, Randnr. 35).

67.
    Die Vereinbarkeit der Beihilfe als Umstrukturierungsbeihilfe gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages sei sachlich in der Entscheidung von 1993 geprüft worden. Die Zahlung von 175 Millionen IRL an Aer Lingus sei bereits durch diese Entscheidung genehmigt worden.

68.
    Beabsichtige die Kommission die Freigabe einer neuen Beihilfetranche gemäß einem bereits genehmigten Umstrukturierungsplan, so sei sie folglich nicht befugt und erst recht nicht verpflichtet, erneut zu prüfen, ob die Zahlung dieser neuen Tranche mit Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages vereinbar sei (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-47/91, Italien/Kommission, Slg. 1994, I-4635). Sie sei zur Vornahme einer solchen Prüfung nur berechtigt, wenn sie in ihre ursprüngliche Genehmigung insoweit einen speziellen Vorbehalt aufgenommen habe oder wenn sie aus einer früheren Prüfung den Schluß ziehe, daß die in der ursprünglichen Entscheidung festgelegten Bedingungen nicht vollständig erfüllt seien.

69.
    Demnach wäre eine neue Entscheidung nur dann erforderlich gewesen, wenn die in Artikel 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 vorgesehene Kostensenkung um 50 Millionen IRL nicht verwirklicht worden wäre. Bei ihrer erneuten Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfe in diesem speziellen Fall wäre die Kommission verpflichtet gewesen, die bereits in der Entscheidung von 1993 berücksichtigten Umstände sowie die Verpflichtungen zu berücksichtigen, die diese frühere Entscheidung dem betreffenden Staat habe auferlegen können (Urteil des Gerichtshofes vom 3. Oktober 1991 in der Rechtssache C-261/89, Italien/Kommission, Slg. 1991, I-4437). Somit sei die Kommission nicht verpflichtet gewesen, den Umstrukturierungsplan erneut unter sämtlichen Aspekten zu prüfen. Es sei ausreichend gewesen, sich auf die Bestandteile zu konzentrieren, die sich seit der ursprünglichen Beurteilung geändert hätten.

70.
    Im übrigen sei die Kommission nur dann verpflichtet, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages einzuleiten, wenn sie Zweifel an der Vereinbarkeit einer Beihilfe habe und wenn diese Zweifel bei der Vorprüfung nicht ausgeräumt werden könnten. Die Kommission behauptet, daß, welche Zweifel sie zu Beginn auch immer gehabt habe, diese zu keiner Zeit ernster Natur gewesen seien und daß die Vorprüfung sie jedenfalls ausgeräumt habe.

71.
    Die Kommission trägt vor, sie habe vor Erlaß der streitigen Entscheidung einen Bericht der irischen Regierung vom 3. November 1994 erhalten, der bestätigt habe, daß die in der Entscheidung von 1993 genannten Bedingungen erfüllt seien (mit Ausnahme der Kostensenkung um 50 Millionen IRL auf Konzernebene), sowie einen Bericht von Aer Lingus über den Stand der Umsetzung des Umstrukturierungsprogramms und einen Bericht von Arthur Andersen & Co, die die irische Regierung als unabhängige Buchhaltungsexperten mit der Prüfung der von Aer Lingus gelieferten finanziellen Informationen beauftragt habe. Zudem habe die Kommission die gelieferten Informationen selbst geprüft, indem sie Coopers & Lybrand, Berater mit einschlägiger Erfahrung, eingeschaltet habe, die ihren Bericht am 9. Dezember 1994 eingereicht hätten.

72.
    Aus diesen Berichten gehe hervor, daß hinsichtlich der verschiedenen im Cahill-Plan vorgesehenen Umstrukturierungsmaßnahmen erhebliche Fortschritte erzielt worden seien. Die Prüfungen durch Arthur Andersen & Co und durch Coopers & Lybrand hätten insbesondere gezeigt, daß die Rentabilität der Luftfahrtgesellschaft sowie die Rückführung der Schulden über die Planziele hinaus gegangen seien. Obwohl die außergewöhnlichen Positionen - wegen der gegenüber den Vorausschätzungen höheren Kosten des Personalabbaus - höher gewesen seien als vorgesehen, seien die Berater zu dem Ergebnis gelangt, daß die Ergebnisse trotz der Schwierigkeiten und Verzögerungen in bezug auf Team mit dem Ziel der Rückkehr von Aer Lingus zur wirtschaftlichen Lebensfähigkeit im Einklang stünden.

73.
    Was die jährliche Kostensenkung um 50 Millionen IRL betreffe, so habe die Luftfahrtgesellschaft nach den Berichten der Fachleute eine Kostensenkung um 61,1 Millionen IRL verwirklicht. Auf Konzernebene sei das Ziel von 50 Millionen IRL allerdings nicht erreicht worden, weil bestimmte Einsparungen der Luftfahrtgesellschaft auf Kosten von Team erzielt worden seien. Während nämlich vor der Änderung der 1993 zwischen der Luftfahrtgesellschaft und Team geschlossenen Wartungsverträge die Luftfahrtgesellschaft Team höhere als die marktüblichen Entgelte gezahlt habe, was eine Quersubventionierung von Team gewesen sei, habe sie nach der Änderung der Verträge die von Team geleisteten Wartungsarbeiten zu marktüblichen Entgelten vergütet. Da die Kommission der Ansicht gewesen sei, daß die von der Luftfahrtgesellschaft im Rahmen ihres Vertrages mit Team erzielten Einsparungen nicht als eine echte Kostensenkung für den Konzern hätten angesehen werden können, sei sie zu dem Ergebnis gelangt, daß die tatsächliche Kostensenkung auf Konzernebene 42,4 Millionen IRL betragen habe, d. h. 7,6 Millionen IRL weniger als das Ziel von 50 Millionen IRL. Unterdiesem Vorbehalt habe die Kommission die Auffassung vertreten, daß Aer Lingus die Ziele des Cahill-Plans weitgehend verwirklicht habe und daß alle übrigen Bedingungen der Entscheidung von 1993 erfüllt gewesen seien.

74.
    Unter diesen Umständen habe die Kommission angesichts der Komplexität einer Reorganisation wie der von Aer Lingus vorgenommenen und des Umstands, daß jede Reorganisation naturgemäß auf Voraussagen gestützt sei, von denen sich einige als falsch erweisen könnten, festgestellt, daß die tatsächlichen Abweichungen vom Cahill-Plan relativ gering gewesen seien und nur eine einzige der Voraussetzungen für die Genehmigung der Umstrukturierungsbeihilfe betroffen hätten, so daß weder die Verwirklichung des Cahill-Plans noch dessen Ziel, nämlich die Wiederherstellung des Aer-Lingus-Konzerns als wirtschaftlich lebensfähiger und auf finanziellem Gebiet eigenständiger Einheit, bedroht gewesen seien.

75.
    Speziell zur Frage, ob die Beihilfe die Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige im Sinne von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages fördere, sei die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, daß sich das Umstrukturierungsprogramm auf einem guten Weg befinde und daß das Gesamtziel noch erreicht werden könne, selbst wenn das Kostensenkungsziel nicht vollständig verwirklicht gewesen sei.

76.
    Was die Auswirkungen der Beihilfe auf die Handelsbedingungen angehe, so habe der Umstand, daß die Umstrukturierungskosten höher gewesen seien als vorgesehen, den Wettbewerb zwischen Verkehrsunternehmen nicht beeinträchtigt. Der größte Teil der ersten Beihilfetranche (57 Millionen IRL von 75 Millionen) sei für die Finanzierung des Personalabbaus und die damit zusammenhängenden Kosten aufgewandt worden, und der Restbetrag sei zur Rückführung der Schulden verwendet worden. Daß das Kostensenkungsziel von 50 Millionen IRL nicht erreicht worden sei, habe keinerlei nachteilige Folgen für diejenigen gehabt, die mit Aer Lingus im Wettbewerb stünden.

77.
    Schließlich bestreitet die Kommission die Stichhaltigkeit der speziellen Argumente der Klägerin in bezug auf Team, die Regionalverbindungen in das Vereinigte Königreich, die Flugzeuge BAe 146, die Finanzlage der Luftfahrtgesellschaft und des Aer-Lingus-Konzerns sowie die Copthorne-Hotelkette. Sie ist der Meinung, daß die Entscheidung keinen Begründungsmangel aufweise.

78.
    Aer Lingus und Irland unterstützen das Vorbringen der Kommission. Aer Lingus trägt u. a. vor, bei Team habe es keinen Streik gegeben sondern vielmehr eine durch die Geschäftsleitung verursachte betrieblich bedingte Arbeitslosigkeit eines Großteils der Beschäftigten. Der Umstrukturierungsplan werde künftig vollständig umgesetzt, da die dritte Beihilfetranche von der Kommission in ihrer Entscheidung vom 20. Dezember 1995 mit dem Titel „Zahlung der dritten Tranche der mit der Entscheidung der Kommission [von] 1993 genehmigten Beihilfe an Aer Lingus“ (ABl. 1996, C 70, S. 2) freigegeben worden sei. Die Copthorne-Hotels seien 1995 verkauft worden. In bezug auf die Flugzeuge BAe 146 trägt Aer Lingus ergänzendvor, sie habe diese erst im Mai und Juni 1995 in Dienst gestellt. Die für die Flugzeuge BAe 146 entrichteten Monatsmieten seien geringer als die früheren finanziellen Lasten im Zusammenhang mit den Saab-Flugzeugen, an deren Stelle sie getreten seien.

Würdigung durch das Gericht

Natur des angefochtenen Rechtsakts

79.
    Zunächst ist das Argument der Kommission zu prüfen, daß die streitige Entscheidung einen „Doppelcharakter“ aufweise und bestimmte Feststellungen in bezug auf die Nichteinhaltung der in Artikel 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 genannten Bedingung durch Aer Lingus und bloße, nicht mit einer Klage anfechtbare „Erläuterungen“ enthalte, die die Kommission zu weiteren Aspekten der Entwicklung des Umstrukturierungsplans und des Aer-Lingus-Konzerns gemäß Artikel 1 Buchstabe b dieser Entscheidung gegeben habe.

80.
    Insoweit geht aus der streitigen Entscheidung hervor, daß die Kommission vor der Genehmigung der zweiten Beihilfetranche nicht nur die Gründe geprüft hat, aus denen Aer Lingus die in Artikel 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 genannte Bedingung nicht einhalten konnte, sondern auch den Stand der Umsetzung des Umstrukturierungsplans unter allen seinen Aspekten in bezug auf die Finanzlage des Aer-Lingus-Konzerns und der Luftfahrtgesellschaft, die auf den Regionalverbindungen in das Vereinigte Königreich verfolgte Strategie, die Vorschläge für Änderungen an der Aer-Lingus-Flotte sowie den Stand des Vorhabens, die Copthorne-Hotelkette zu verkaufen. Außerdem ergibt sich aus Absatz 25 der streitigen Entscheidung, daß die Kommission nur „aus dieser“ Gesamtbeurteilung der genannten Aspekte von ihrer Entscheidung von 1993 abgewichen ist und die irische Regierung ermächtigt hat, die zweite Beihilfetranche an Aer Lingus auszuzahlen.

81.
    Aus dem gleichen Absatz der streitigen Entscheidung geht ferner hervor, daß es bei den Irland zusätzlich auferlegten Verpflichtungen nicht nur um die in Artikel 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 genannte Kostensenkung um 50 Millionen IRL, sondern auch um sämtliche Einzelheiten der Beurteilung geht, die die Kommission in dieser Entscheidung dargelegt hat.

82.
    Demnach können die anderen Gründe der streitigen Entscheidung als die unmittelbar mit der in Artikel 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 genannten Kostensenkung um 50 Millionen IRL zusammenhängenden nicht als bloße „Erläuterungen“ ohne Rechtsfolgen angesehen werden, sondern sind integrierender Bestandteil des angefochtenen Rechtsakts. Daraus folgt auch, daß die gesamte streitige Entscheidung schon aufgrund ihrer Natur die Klägerin beschwert.

83.
    Folglich unterliegt die gesamte streitige Entscheidung unter den Voraussetzungen des Artikels 173 Absatz 2 des Vertrages der Nachprüfung durch das Gericht.

Zum Klagegrund der Verletzung wesentlicher Formvorschriften

84.
    Es ist unstreitig, daß Irland sich gemäß der Bedingung des Artikels 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 verpflichtet hatte, die zweite Beihilfetranche nicht freizugeben, wenn es Aer Lingus nicht gelinge, das Ziel der jährlichen Kostensenkung um 50 Millionen IRL zu verwirklichen. Aus Abschnitt VI der Entscheidung von 1993 geht ferner hervor, daß die in ihrem Artikel 1 Buchstabe a genannten Bedingungen auferlegt wurden, „[um sicherzustellen], daß [die Beihilfe] die Handelsbedingungen nicht in einem Maße beeinträchtigt, das demgemeinsamen Interesse zuwiderläuft“. Laut Abschnitt V Absatz 21 Nummer 4 dieser Entscheidung war die in dem Plan vorgesehene Kostensenkung für die Kommission „eine wesentliche Voraussetzung“ für die Zahlung der zweiten und der dritten Tranche der Beihilfe.

85.
    Daher stellt sich die Frage, welches Verwaltungsverfahren die Kommission anzuwenden hat, wenn sie im Anschluß an ein Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages eine in Tranchen aufgeteilte staatliche Beihilfe vorbehaltlich der Erfüllung einer Reihe von Bedingungen genehmigt hat, sich später jedoch herausstellt, daß eine der Bedingungen nicht erfüllt ist.

86.
    Das Gericht vertritt zunächst die Auffassung, daß die Nichteinhaltung einer Bedingung, die in einer Entscheidung über die Genehmigung einer Beihilfe gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages vorgesehen ist, dazu führt, daß die weiteren Tranchen der Beihilfe als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar anzusehen sind. Daher können die folgenden Tranchen nicht freigegeben werden, ohne daß die Kommission eine neue Entscheidung erläßt, mit der eine ausdrückliche Ausnahme von der fraglichen Bedingung zugelassen wird.

87.
    Die Kommission hat also zuerst zu prüfen, ob eine solche Ausnahme gewährt werden kann, und sich dabei zu vergewissern, daß die folgenden Beihilfetranchen unter den Voraussetzungen des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages noch mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind (vgl. analog Urteil des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1994, Italien/Kommission, Randnrn. 24 bis 26). Gelangt die Kommission aufgrund einer solchen Prüfung zu der Überzeugung, daß die folgenden Beihilfetranchen nicht mehr mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind, oder erlaubt die Prüfung es ihr nicht, sämtliche bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der folgenden Tranchen mit dem Gemeinsamen Markt aufgetretenen Schwierigkeiten auszuräumen, so hat sie alle erforderlichen Stellungnahmen einzuholen und dazu das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages einzuleiten oder gegebenenfalls erneut einzuleiten (vgl. analog Urteile des Gerichtshofes, Cook/Kommission, Randnr. 29, und vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-367/95 P, Kommission/Sytraval, Slg. 1998, I-1719, Randnrn. 38 bis 40). Außerdem ist in einem solchen Fall analog zu Artikel 93 Absatz 3 desVertrages die Zahlung der betreffenden Beihilfe auszusetzen, bis die Kommission ihre endgültige Entscheidung erläßt.

88.
    Das Gericht vertritt ferner die Auffassung, daß die Kommission, sobald sie am Ende eines Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 eine mit Bedingungen versehene Entscheidung über die Genehmigung einer Beihilfe erlassen hat, nicht über den Rahmen ihrer ursprünglichen Entscheidung hinausgehen kann, ohne erneut ein solches Verfahren einzuleiten. Ist also eine der Bedingungen, von denen die Genehmigung einer Beihilfe abhängig war, nicht erfüllt, so kann die Kommission normalerweise nur dann ohne erneute Einleitung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages eine von dieser Bedingung abweichende Entscheidung erlassen, wenn es sich um relativ geringfügige Abweichungen von der ursprünglichen Bedingung handelt, so daß sie keine Zweifel an der weiteren Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt hat.

89.
    Hinzu kommt, daß die Kommission, da es sich vorliegend um eine bereits grundsätzlich genehmigte Beihilfe handelt, die in aufeinanderfolgenden Tranchen über einen relativ langen Zeitraum in Verbindung mit einem Umstrukturierungsplan gezahlt wird, dessen Ergebnisse erst nach einer Reihe von Jahren erreicht werden können, hinsichtlich des Einsatzes einer solchen Beihilfe über eine bestimmte Verwaltungs- und Kontrollbefugnis verfügen muß, die es ihr insbesondere ermöglicht, mit Entwicklungen fertig zu werden, die beim Erlaß der ursprünglichen Entscheidung nicht vorhersehbar waren. Es ist daher nicht ausgeschlossen, daß die Kommission im Licht einer nach der ursprünglichen Entscheidung eingetretenen Änderung äußerer Umstände insbesondere die Bedingungen für die Modalitäten der Umsetzung des Umstrukturierungsplans oder seiner Kontrolle durch sie ohne erneute Einleitung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages anpassen kann, sofern allerdings derartige Anpassungen keine Zweifel an der Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt hervorrufen.

90.
    Es ist daher zu prüfen, ob die Klägerin dargetan hat, daß die Kommission über den Rahmen der Entscheidung von 1993 hinausgegangen ist, ohne das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages erneut einzuleiten, oder daß die Beurteilungen, auf die sie sich in der streitigen Entscheidung gestützt hat, Schwierigkeiten aufwarfen, die geeignet waren, die erneute Einleitung eines solchen Verfahrens zu rechtfertigen (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-225/91, Matra/Kommission, Slg. 1993, I-3203, Randnr. 34). Nach ständiger Rechtsprechung verfügt die Kommission bei der Anwendung der Artikel 93 Absatz 3 und 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages über ein weites Ermessen, dessen Ausübung wirtschaftliche und soziale Wertungen voraussetzt. Die Kontrolle durch das Gericht hat sich daher auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob die Kommission die Grenzen ihres Ermessens bei der Beurteilung des Sachverhalts nicht überschritten oder aber einen Ermessens- oder Verfahrensmißbrauch begangen hat (vgl. Urteil Matra/Kommission, Randnrn. 23 bis 25). Diese Rechtsprechung ist analog auf den vorliegenden Fall anwendbar.

91.
    Zur Frage, ob die Kommission über den Rahmen der Entscheidung von 1993 hinausgegangen ist, indem sie eine Ausnahme von der Bedingung des Artikels 1 Buchstabe a dieser Entscheidung zugelassen hat, weist das Gericht erstens darauf hin, daß die Kommission der streitigen Entscheidung zufolge auf der Grundlage der Prüfungen durch Arthur Andersen & Co und durch Coopers & Lybrand folgende Feststellungen getroffen hat:

-    „die Ergebnisse im Luftfahrtgeschäft, entsprechend dem Endziel der Umstrukturierung, [stellen] unter Beweis ... , daß der Konzern das Potential besitzt, eine tragfähige Position zu erlangen, die zur Entwicklung der Luftfahrttätigkeit in einem Randgebiet der Gemeinschaft beitragen kann“, so daß, „[v]orbehaltlich der genannten Punkte, die in erster Linie strukturelle und strategische Änderungen betreffen, ... die Kommission daher zu dem Schluß [gelangt], daß die Aer Lingus diejenigen Ziele, deren Verwirklichung vernünftigerweise zu erwarten war, in dem betreffenden Zeitraum erreicht hat“ (Absatz 23);

-    den in Artikel 1 der Entscheidung von 1993 außer in Buchstabe a niedergelegten Auflagen sei nachgekommen worden (Absatz 24);

-    „der Stand der Umstrukturierung und die bereits erzielten Ergebnisse [sind] befriedigend ... , obwohl das jährliche Kostensenkungsziel nur von der Fluggesellschaft und nicht vom ganzen Konzern verwirklicht wurde; letzteres ist auf die genannten besonderen Umstände zurückzuführen“ (Absatz 25).

92.
    Das Gericht weist zweitens darauf hin, daß die Kommission in der streitigen Entscheidung Aer Lingus nicht von der Einhaltung der in Artikel 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 auferlegten Bedingung dispensiert hat, sondern lediglich die Frist zur Erfüllung dieser Bedingung verlängert hat. Aus der streitigen Entscheidung insgesamt geht nämlich hervor, daß die Kommission, auch wenn sie vom Wortlaut des Artikels 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 abgewichen ist, dem zufolge vor der für Ende 1994 vorgesehenen Zahlung der zweiten Beihilfetranche eine jährliche Kostensenkung um 50 Millionen IRL verwirklicht sein sollte, den Umstand betont hat, daß diese Bedingung vor der für Ende 1995 vorgesehenen Zahlung der dritten Beihilfetranche erfüllt sein müsse.

93.
    Drittens ist der Zweck der in Artikel 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 genannten Bedingung sehr weitgehend beachtet worden, auch wenn die Schwelle einer jährlichen Kostensenkung um 50 Millionen IRL nicht erreicht worden ist. Die Erklärung der Kommission, daß die Luftfahrtgesellschaft Ende 1994 eine Kostensenkung um 61 Millionen IRL verwirklicht hat, ist nicht zu bezweifeln. Da dieses Ergebnis der Luftfahrtgesellschaft allerdings teilweise auf eine Senkung der im Wartungsvertrag zwischen der Luftfahrtgesellschaft und Team vereinbarten Preise (vgl. Randnr. 73) zurückzuführen ist, was einen Anstieg der Verluste bei Team zur Folge hatte, ist die Kommission zu der Schlußfolgerung gelangt, daß dietatsächliche Kostensenkung auf Konzernebene 42,4 Millionen IRL betragen hat. Demnach lagen die auf Konzernebene Ende 1994 erzielten Kostensenkungen nur um 7,6 Millionen IRL unter der formalen Schwelle von 50 Millionen IRL. Nach Auffassung des Gerichts ist die Abweichung im Vergleich zu der in Artikel 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 genannten Bedingung relativ gering.

94.
    Viertens ist, was nicht bestritten wird, der Umstand, daß die Schwelle einer jährlichen Kostensenkung um 50 Millionen IRL nicht erreicht worden ist, im wesentlichen dem Arbeitskampf bei Team in der zweiten Jahreshälfte 1994 zuzuschreiben. Auch wenn es bedauerlich ist, daß die Verhandlungen zwischen Aer Lingus und den Gewerkschaften im Rahmen des Cahill-Plans nicht die Vertreter der Beschäftigten von Team einbezogen haben, ist das Gericht der Auffassung, daß der Arbeitskampf, der bei Team 1994 stattgefunden hat, und die anschließende Befassung des Labour Court keine Ereignisse waren, die beim Erlaß der Entscheidung von 1993 vorhersehbar waren.

95.
    Fünftens stellt die streitige Entscheidung nicht nur eine Ausnahme von Artikel 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 dar, sondern sie enthält auch strengere Bedingungen als die, die ursprünglich in Artikel 1 Buchstabe b dieser Entscheidung vorgesehen waren. Die streitige Entscheidung stellt nämlich neue Bedingungen auf, die Aer Lingus verpflichten, bis zum 30. Juni 1995 einen ausführlichen Bericht über den Stand der Umsetzung des Umstrukturierungsprogramms bei Team vorzulegen und dieses Programm unverzüglich durchzuführen sowie der Kommission mindestens acht Wochen vor der Zahlung der dritten Beihilfetranche einen detaillierten Finanzbericht insbesondere zur Kostensenkung um 50 Millionen IRL, zum Verkauf der Copthorne-Hotelkette und zur Rentabilität der verschiedenen Streckengruppen von Aer Lingus vorzulegen.

96.
    Demnach ist die Kommission durch die Zulassung einer zeitlich beschränkten Ausnahme von Artikel 1 Buchstabe a der Entscheidung von 1993 nicht über den Rahmen dieser Entscheidung hinausgegangen. Tatsächlich hat sie die in Artikel 1 Buchstaben a und b der Entscheidung von 1993 genannten Bedingungen neu ausbalanciert, insbesondere um mit einer nicht vorhergesehenen Entwicklung der Lage seit dem Erlaß dieser Entscheidung fertig zu werden und die Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die durch die detaillierte Prüfung des bis Ende 1994 erzielten Fortschritts bei dem Umstrukturierungsplan, die die Kommission mit ihren Experten vorgenommen hatte, zutage getreten waren. Nach Auffassung des Gerichts entsprach ein solches Vorgehen im übrigen der Zielsetzung des durch die Entscheidung von 1993 genehmigten Umstrukturierungsplans, nämlich die wirtschaftliche Lebensfähigkeit des Aer-Lingus-Konzerns und insbesondere der Luftfahrtgesellschaft wiederherzustellen.

97.
    Somit war die Kommission zum Erlaß der streitigen Entscheidung berechtigt, soweit sie in der Lage war, sämtliche bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der betreffenden Tranche mit dem Gemeinsamen Markt aufgetretenen Schwierigkeiten auszuräumen.

98.
    Es ist daher zu prüfen, ob trotz der Erwägungen, die das Gericht bereits dargelegt hat, die von der Klägerin geltend gemachten speziellen Gesichtspunkte die Kommission zu Zweifeln an der Vereinbarkeit der zweiten Beihilfetranche mit dem Gemeinsamen Markt hätten veranlassen müssen, die sie gezwungen hätten, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages erneut einzuleiten.

-    Team

99.
    Was die Argumente der Klägerin in bezug auf Team betrifft (vgl. oben, Randnrn. 36 ff.), so hat die Kommission in der streitigen Entscheidung zwar erklärt, daß „sich der Umstand, daß das Problem der anhaltenden Verluste von Team nicht bewältigt wurde, auf den Umstrukturierungsplan auswirken [könnte]“. Jedoch lag Ende 1994 kein angemessener, zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit von Team bestimmter Umstrukturierungsplan vor, wie die Äußerungen des Vorsitzenden von Aer Lingus und des Ministers für Transport, Energie und Kommunikation (vgl. oben, Randnr. 39) wie auch der Umstand bestätigen, daß die Kommission selbst verlangt hat, daß ihr ein solcher Plan bis zum 30. Juni 1995 vorgelegt wird.

100.
    Darüber hinaus ist unstreitig, daß die Kommission zur Bewältigung dieser Schwierigkeiten beschlossen hat, Irland die neue, in der streitigen Entscheidung genannte Bedingung (Absatz 25 erster Gedankenstrich) aufzuerlegen, wonach Irland zum einen vor Zahlung der dritten Beihilfetranche „bis zum 30. Juni 1995 der Kommission einen Bericht über den Stand der Umsetzung des Umstrukturierungsprogramms bei Team und dessen finanzielle und wirtschaftliche Entwicklung vorzulegen [hatte]; der Bericht [sollte] die finanziellen Vorausschätzungen ... umfassen, auf denen die Strategie der Gesellschaft basiert[e]“, und zum anderen das Umstrukturierungsprogramm für Team „ohne jede weitere Verzögerung auf der Grundlage einer angemessenen Unternehmensstrategie und einer gesunden Kapitalstruktur durchzuführen“ hatte.

101.
    Indem sich die Kommission bemüht hat, die Probleme bei Team auf diese Weise statt durch Eröffnung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages zu lösen, hat sie nach Auffassung des Gerichts nicht die Grenzen ihrer Befugnis zur Verwaltung und Kontrolle einer in Tranchen aufgeteilten Beihilfe überschritten.

102.
    Erstens sieht das Gericht nämlich keinen Grund, die Erklärung in den Schriftsätzen der Kommission in Zweifel zu ziehen, daß nach der Wiederaufnahme der Arbeit bei Team im Anschluß an die Empfehlungen des Labour Court Kostensenkungen im Umfang von 18 Millionen IRL bei Team vorgenommen worden seien, so daß Team für das Ziel einer jährlichen Kostensenkung um 50 Millionen IRL durch den Aer-Lingus-Konzern kein Hindernis mehr dargestellt habe.

103.
    Zweitens hat die Klägerin keine konkreten Einzelheiten vorgetragen, die die streitige Entscheidung in Frage stellen könnten, soweit es darin heißt, daß unterBerücksichtigung der letzten Vorausschätzungen von Aer Lingus und der neuen Wartungsverträge Team „1995 wieder in die Gewinnzone vorstößt“. Aus den Schriftsätzen der Kommission geht insbesondere hervor, daß seit 1992/93 bis Ende 1994 250 Betriebsangehörige von Team mit einem Kostenaufwand von 24 Millionen IRL entlassen worden waren. Ebensowenig hat die Klägerin die von der Kommission dem Gericht vorgelegte Liste der Wartungsverträge, über die Team Ende 1994 verfügte, beanstandet.

104.
    Drittens ist zwar der Arbeitskampf von 1994 durch die Umsetzung des Cahill-Plans bei Team ausgelöst worden, jedoch steht auch fest, daß sich die anschließende Notwendigkeit, Anfang 1995 für Team einen neuen Plan auszuarbeiten, aus zwei anderen, äußeren und nicht vorhersehbaren Faktoren ergeben hat, nämlich aus den Schwankungen des Wechselkurses gegenüber dem Dollar und aus einer Rezession auf dem globalen Markt der Wartungsdienste (vgl. die Erklärungen des Vorsitzenden von Aer Lingus hierzu im Jahresbericht von Aer Lingus für den am 31. Dezember 1994 beendeten Zeitraum).

105.
    Viertens geht es bei Team nur um eine subsidiäre Tätigkeit des Aer-Lingus-Konzerns, die 12 % seines Umsatzes ausmacht.

106.
    Demnach vertritt das Gericht die Auffassung, daß die Kommission, insbesondere angesichts der subsidiären Bedeutung von Team im Verhältnis zu den gesamten Tätigkeiten des Aer-Lingus-Konzerns und der Unvorhersehbarkeit der Faktoren, die für Team verlustbringend waren, zu Recht entschieden hat, daß die durch die Lage bei Team aufgetretenen Schwierigkeiten durch die Auferlegung der erwähnten neuen Bedingung ausgeräumt werden konnten, ohne daß es erforderlich gewesen wäre, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages erneut einzuleiten.

107.
    Diese Lösung ermöglichte es der Kommission nämlich, sich zu vergewissern, daß die Probleme bei Team nicht den Umstrukturierungsplan für den gesamten Konzern in Frage stellten und daß der Erfolg des Umstrukturierungsplans auch nicht durch die Aussetzung der Zahlung der zweiten Beihilfetranche gefährdet würde, zu der die Einleitung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages geführt hätte.

-    Regionalverbindungen in das Vereinigte Königreich

108.
    Was die Argumente der Klägerin in bezug auf die Regionalverbindungen in das Vereinigte Königreich betrifft (vgl. oben, Randnrn. 46 ff.), so geht aus der streitigen Entscheidung hervor, daß zur Zeit ihres Erlasses diese Verbindungen Verluste brachten, anders als die Dienste von Aer Lingus nach Nordamerika, die Verbindung Dublin/London und die europäischen Verbindungen, deren Ergebnisse zufriedenstellend waren (Absatz 21). Außerdem geht aus der Entscheidung von 1993 hervor (Abschnitt II Absatz 1 Nummer 5), daß die irische Regierung bemerkt hatte, daß die Kapitalzufuhr „nicht der Subventionierung von Strecken dienen soll,auf denen Verluste gemacht werden“, und daß sie „[i]m Anschluß an die Umstrukturierung ... von der Fluggesellschaft verlangen [wird], daß sie jedes größere Streckenbündel rentabel betreibt“.

109.
    Es ist jedoch festzustellen, daß Artikel 1 der Entscheidung von 1993 keine ausdrückliche Bedingung dahin enthält, daß eine Streckengruppe von Aer Lingus niemals Verluste bringen darf.

110.
    Im übrigen hat sich die irische Regierung nicht - auch nicht stillschweigend - verpflichtet, dafür zu sorgen, daß sämtliche verlustbringenden Verbindungen von Aer Lingus vor der Zahlung der zweiten Beihilfetranche, also im ersten Jahr nach Genehmigung des Umstrukturierungsplans, dessen Umsetzung auf drei Jahre angelegt war, eingestellt würden.

111.
    Darüber hinaus ergibt sich aus den Schriftsätzen der Verfahrensbeteiligten, daß sich die Wettbewerbssituation auf den Regionalverbindungen in das Vereinigte Königreich seit Erlaß der streitigen Entscheidung insbesondere aufgrund der Einführung neuer Dienste durch die Klägerin selbst entwickelt hat.

112.
    Unter diesen Umständen hat die Kommission vor dem Gericht ausgeführt, sie habe auf der Grundlage der in ihrem Auftrag von Coopers & Lybrand Ende 1994 erstellten Studie gemeint, daß eine Entscheidung darüber, ob die von Aer Lingus auf den Regionalverbindungen in das Vereinigte Königreich verfolgte Strategie langfristig gerechtfertigt sei, verfrüht sei.

113.
    Sie hat daher in der streitigen Entscheidung ausgeführt (Absätze 21 und 22):

„Die irische Regierung wird die Tätigkeit auf den Strecken längerfristig zu begründen haben. Dies hat dadurch zu geschehen, daß die Einnahmen den vollständig zugewiesenen Kosten für die Strecke gegenübergestellt werden und berücksichtigt wird, daß das eingesetzte Kapital einen angemessenen Ertrag zu erwirtschaften hat. In dieser Hinsicht wird 1995 ein entscheidendes Jahr sein, indem es bestätigt, daß sich die Aer Lingus weiter in die richtige Richtung bewegt und auf dem Weg zur längerfristig gesicherten wirtschaftlichen Lebensfähigkeit befindet.

Die Aer Lingus wird daher zeigen müssen, daß sie auf diesen Strecken mit einer akzeptablen Rentabilität tätig sein kann ...“

114.
    Auch wenn die in der streitigen Entscheidung erwähnte Strategie, wonach die Regionalverbindungen in das Vereinigte Königreich als Zubringer für die Nordatlantikverbindungen von Aer Lingus benutzt werden, nur zum Teil eine Rechtfertigung für die Hinnahme anhaltender Verluste auf den betreffenden Regionalverbindungen darstellt, so kann das Gericht doch nicht aufgrund der Angaben der Klägerin die Erklärung der Kommission unberücksichtigt lassen, daß es damals ihrer Meinung nach verfrüht gewesen sei, sich zur langfristigenBerechtigung der von Aer Lingus auf diesen Verbindungen verfolgten Politik zu äußern.

115.
    Angesichts all dieser Umstände, insbesondere der Entwicklung der Wettbewerbssituation seit dem Erlaß der Entscheidung von 1993 sowie der Tatsache, daß die Regionalverbindungen in das Vereinigte Königreich nur einen Teil der Luftverkehrstätigkeit von Aer Lingus darstellen, ist das Gericht der Auffassung, daß die Klägerin nicht dargetan hat, daß die Kommission ihr Ermessen bei der Verwaltung und Kontrolle einer in Tranchen aufgeteilten Beihilfe überschritten hat, als sie es für angemessen hielt, die beim Betrieb der Regionalverbindungen in das Vereinigte Königreich durch Aer Lingus möglicherweise auftretenden Schwierigkeiten dadurch auszuräumen, daß sie vor Zahlung der dritten Beihilfetranche eine ausführliche Begründung für den langfristigen Betrieb dieser Verbindungen forderte, statt vor Zahlung der zweiten Tranche das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages einzuleiten.

116.
    Die von der Kommission gewählte Lösung hat es ihr nämlich ermöglicht, sich auf geeignete Weise zu vergewissern, daß die betreffenden Verbindungen vor Zahlung der dritten Tranche, also in der zur Durchführung des Umstrukturierungsplans vorgesehenen Zeit, rentabel würden, ohne Gefahr zu laufen, daß der Erfolg dieses Planes durch erneute Einleitung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages in Frage gestellt würde.

-    Flugzeuge BAe 146

117.
    Nach Auffassung des Gerichts kann dem Argument der Klägerin nicht gefolgt werden, daß die Anschaffung der drei Flugzeuge BAe 146 mit 110 Plätzen durch Aer Lingus, um vier Maschinen des Typs Saab SF 340 mit 34 Plätzen zu ersetzen, wegen der sich daraus ergebenden Erhöhung der Zahl der Sitze unter Verstoß gegen Artikel 1 Buchstabe d der Entscheidung von 1993 erfolgt sei (vgl. oben, Randnr. 54).

118.
    Das Gericht ist nämlich der Ansicht, daß die in dieser Bestimmung genannte Verpflichtung, „die Betriebsflotte der Aer Lingus ... nicht zu erweitern“, nur die Zahl der Flugzeuge betraf, über die die Gesellschaft beim Erlaß der Entscheidung von 1993 verfügte.

119.
    Diese Auslegung steht insbesondere im Einklang mit dem Inhalt der Entscheidung von 1993, die

-    folgende Äußerung der irischen Regierung anführt (Abschnitt II Absatz 1 Nummer 5): „Aer Lingus wird ihre Betriebsflotte innerhalb des Umstrukturierungszeitraums nicht erweitern, mit Ausnahme der transatlantischen Strecken, auf denen in der Spitzensaison im Sommer zusätzliche Flugzeuge benötigt werden könnten, um das Kapazitätsniveauaufrechtzuerhalten, falls der gegenwärtig eingesetzte Flugzeugtyp B-747-100 durch kleineres Fluggerät ersetzt wird“;

-    (in einer Fußnote) angibt, um welche Flugzeuge es sich damals handelte.

120.
    Dagegen ist die Zahl der Sitze in Artikel 1 Buchstabe g der Entscheidung von 1993 genannt, die gegebenenfalls nach Abschluß des Verfahrens gemäß Artikel 1 Buchstabe h angepaßt wird. Diese Bestimmungen geben die Verpflichtung der irischen Regierung (Abschnitt II Absatz 1 Nummer 5 der Entscheidung von 1993) wieder, die Zahl der zum Verkauf angebotenen Sitze bei den Linienflügen von Aer Lingus auf den Strecken zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich zu beschränken.

121.
    Da die Ersetzung der vier Maschinen des Typs Saab SF 340 durch drei Flugzeuge BAe 146 zu einer Verkleinerung der Flotte von Aer Lingus um eine Einheit führt, liegt kein Verstoß gegen Artikel 1 Buchstabe d der Entscheidung von 1993 vor. Was den Umstand angeht, daß sich die Zahl der Sitze dadurch erhöht hat, so genügt die Feststellung, daß Aer Lingus die Obergrenzen des Artikels 1 Buchstabe g der Entscheidung von 1993 in der gemäß ihrem Artikel 1 Buchstabe h durch die Entscheidung der Kommission vom 30. November 1994 geänderten Fassung (vgl. oben, Randnr. 6) nicht überschritten hat.

122.
    Was das Argument der Klägerin betrifft, daß die Verwendung der Beihilfe die Überkapazität auf den fraglichen Strecken vergrößert habe, obwohl die Auslastungsquoten von Aer Lingus auf einigen dieser Strecken damals relativ niedrig gewesen seien, so hat die Klägerin nach Auffassung des Gerichts nicht dargetan, daß die Beihilfe verwendet worden ist, um den Erwerb der fraglichen Flugzeuge zu unterstützen. Aus der Verhandlung vor dem Gericht geht nämlich hervor, daß Aer Lingus die Flugzeuge BAe 146 nicht gekauft, sondern gemietet hat. Im übrigen hat die Klägerin nichts vorgetragen, was die Ausführungen der Kommission und von Aer Lingus entkräften könnte, wonach die Flugzeuge BAe 146 zu einem geringeren Mietzins gemietet worden sind, als für die Maschinen des Typs Saab SF 340 gezahlt wurden.

123.
    Die Tatsache allein, daß Aer Lingus in ihrem Jahresbericht für das am 31. Dezember 1994 beendete Geschäftsjahr eine Rückstellung in Höhe von 6,5 Millionen IRL für die Kosten im Zusammenhang mit der Aufhebung der Verträge über die Maschinen des Typs Saab SF 340 vorgenommen hat, ist noch kein Nachweis dafür, daß die in der Entscheidung von 1993 genannte Beihilfe als Betriebsbeihilfe verwendet worden ist. Wie die Kommission in ihren Schriftsätzen ausgeführt hat, ohne daß ihr die Klägerin widersprochen hätte, wurde der Großteil der ersten Beihilfetranche (57 Millionen IRL von 75 Millionen IRL) für die Finanzierung des Personalabbaus verwendet und der Rest für die Rückführung der Schulden.

124.
    Die Klägerin hat auch die Erklärung von Aer Lingus nicht bestritten, daß die neuen Flugzeuge BAe 146 erst im Mai und Juni 1995, also sechs Monate nach Erlaß der streitigen Entscheidung, in Dienst gestellt worden seien.

125.
    Demnach reicht der Umstand, daß die Kommission in der streitigen Entscheidung Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit einer Erhöhung der Kapazität der Aer Lingus auf einigen Verbindungen nach dem Vereinigten Königreich geäußert und daß sie angegeben hat, sie werde angesichts der betreffenden Kapazitätsausweitung vor einer Genehmigung der dritten Beihilfetranche einige ausführliche Informationen zur Rentabilität der Verbindungen Irland/Vereinigtes Königreich anfordern, nicht zum Nachweis dafür aus, daß sie die Vereinbarkeit der zweiten Beihilfetranche mit dem Gemeinsamen Markt bezweifelt hätte.

-    Finanzlage des Aer-Lingus-Konzerns und der Luftfahrtgesellschaft

126.
    Zu den Argumenten der Klägerin in bezug auf die Finanzlage des Aer-Lingus-Konzerns und der Luftfahrtgesellschaft (vgl. oben, Randnrn. 55 ff.) stellt das Gericht zunächst fest, daß die Angabe der Klägerin, das Kostensenkungsziel von 50 Millionen IRL sei von der Luftfahrtgesellschaft nicht verwirklicht worden, im Widerspruch zu der Erklärung der Kommission steht, die Gesellschaft habe eineKostensenkung um 61 Millionen IRL erreicht. Auch läßt sich den Akten kein Anhaltspunkt für die Angabe der Klägerin entnehmen, daß die zwischen Team und der Luftfahrtgesellschaft ausgehandelten Transferpreise an einem niedrigeren Niveau als dem des Marktes ausgerichtet gewesen seien.

127.
    Ebensowenig kann die bloße Tatsache, daß Aer Lingus nach ihren Büchern für die am 31. März 1993 und 31. Dezember 1994 beendeten Geschäftsjahre, insbesondere was Team angeht, erhebliche Verluste erlitten hat, den Nachweis erbringen, daß der Kommission ein Fehler unterlaufen ist, indem sie in der streitigen Entscheidung (Absatz 10) auf der Grundlage der Berichte von Arthur Andersen & Co und Coopers & Lybrand feststellt, daß „sich die Rentabilität im Fluggeschäft noch stärker als im Programm vorgesehen verbesserte ... Die wirtschaftliche Lebensfähigkeit dürfte nunmehr früher als im Programm veranschlagt eintreten, nämlich 1994 ... [D]ieser Trend [ist] als ermutigend anzusehen, so daß eine erfolgreiche Durchführung des Umstrukturierungsprogramms ... erwartet werden kann.“

128.
    Aus den Büchern von Aer Lingus für das am 31. Dezember 1994 beendete Geschäftsjahr, dem für die Zwecke der streitigen Entscheidung maßgebenden Zeitraum, geht nämlich hervor, daß der Aer-Lingus-Konzern einen Gewinn vor Steuern und außergewöhnlichen Positionen in Höhe von 71,1 Millionen IRL erzielt hat. Der Gewinn der Luftfahrtgesellschaft nach Steuern, jedoch vor Abzug der außergewöhnlichen Positionen lag bei 40,9 Millionen IRL. Demnach hat die Klägerin keineswegs dargetan, daß die Lage der Luftfahrtgesellschaft Ende 1994 nicht zufriedenstellend war.

129.
    Auch wenn der Aer-Lingus-Konzern Ende 1994 noch keine gesunde Finanzlage erreicht hatte, so steht doch fest, daß dies durch eine Kombination von Faktoren zu erklären war, insbesondere durch die anhaltenden Verluste bei Team, die gegenüber den Planungen höheren Umstrukturierungskosten und die Verschiebung des Verkaufs der Copthorne-Hotels. Im übrigen sind die Konzernverluste für das am 31. Dezember 1994 beendete Geschäftsjahr von 129,9 Millionen IRL nach Steuern und außergewöhnlichen Positionen zum großen Teil durch einmalige außergewöhnliche Positionen in Höhe von 139,2 Millionen IRL zu erklären.

130.
    Was insbesondere die gegenüber den Planungen höheren Umstrukturierungskosten angeht, so ergibt sich aus der streitigen Entscheidung (Absatz 15), daß dieser Sachverhalt „vor allem durch den Personalabbau [entstand], der kostspieliger als erwartet ausfiel; die anderen Zusatzkosten stammen hauptsächlich aus der Veräußerung von Flugzeugen, die Überkapazitäten darstellten“. Sodann erkennt die Kommission in der streitigen Entscheidung an (Absatz 16), daß „die Mehrkosten größtenteils umstrukturierungsbedingt sind und, soweit sie Entlassungsabfindungen betreffen, den Wettbewerb zwischen Luftfahrtunternehmen nicht beeinträchtigen“. Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was diese Schlußfolgerung der Kommission in Frage stellen könnte.

131.
    Somit genügen die Argumente der Klägerin zur Finanzlage von Aer Lingus nicht für den Nachweis, daß die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der Zahlung der zweiten Beihilfetranche mit dem Gemeinsamen Markt hätte haben müssen. Vielmehr zeigen die gegenüber den Vorausschätzungen höheren Umstrukturierungskosten wie auch die Veräußerung von überzähligen Flugzeugen, daß die im Cahill-Plan vorgegebene Umstrukturierung tatsächlich umgesetzt worden war. Unter diesen Umständen liegt es auf der Hand, daß Aer Lingus die zweite Beihilfetranche erst recht benötigte, um gemäß dem von der Kommission genehmigten Plan die Umstrukturierung abzuschließen und ihre Schulden zu reduzieren.

132.
    Ebensowenig ist die Tatsache, daß die Kommission die Bedingung des Artikels 1 Buchstabe b der Entscheidung von 1993 tatsächlich verschärft hat, indem sie verlangte, ihr acht Wochen vor Zahlung der dritten Beihilfetranche einen Bericht vorzulegen, in dem im einzelnen die jährliche Kostensenkung um 50 Millionen IRL, die Kosteneinsparungen durch besondere Managementmaßnahmen und die finanziellen Vorausschätzungen bis zum 31. Dezember 1999 geschildert werden (Absatz 25 zweiter Gedankenstrich der streitigen Entscheidung), als solche für den Nachweis geeignet, daß die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der zweiten Beihilfetranche mit dem Gemeinsamen Markt hegte. Vielmehr soll diese neue Bedingung, die die Kommission im Rahmen ihrer Befugnis zur Verwaltung und Kontrolle einer in Tranchen aufgeteilten Beihilfe gestellt hat, nur sicherstellen, daß Aer Lingus die bis dahin erzielten Fortschritte wahrt, und die Kommission imstande ist, rechtzeitig vor Zahlung der dritten Beihilfetranche die Finanzlage von Aer Lingus neu zu beurteilen.

-    Verkauf der Copthorne-Hotelkette

133.
    Zu den Argumenten der Klägerin, die sich darauf beziehen, daß die Copthorne-Hotels zur Zeit des Erlasses der streitigen Entscheidung noch nicht gemäß dem Cahill-Plan verkauft gewesen seien (vgl. oben, Randnrn. 60 ff.), ist zu bemerken, daß

-    die Entscheidung von 1993 keine bestimmte Frist für den Verkauf der Copthorne-Hotels vorgegeben hat;

-    Aer Lingus in der streitigen Entscheidung (Absatz 19) daran erinnert worden ist, daß „die Hotelkette ... umgehend verkauft werden sollte, sobald auf dem Markt angemessene Bedingungen herrschen“;

-    die Copthorne-Hotelkette unstreitig vor Zahlung der dritten Tranche verkauft worden ist.

134.
    Somit hat die Klägerin nicht dargetan, daß die Tatsache, daß die Copthorne-Hotels nicht vor Zahlung der zweiten Beihilfetranche verkauft worden sind, geeignet war, Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Tranche mit dem Gemeinsamen Markt zu wecken, so daß die Kommission das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages erneut hätte einleiten müssen.

135.
    Nach alledem hat die Klägerin nicht nachgewiesen, daß die Kommission unter den gegebenen Umständen das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages erneut hätte einleiten müssen. Desgleichen vertritt das Gericht die Auffassung, daß die Kommission nicht verpflichtet war, die Klägerin vor Erlaß der streitigen Entscheidung anzuhören (vgl. Urteil Kommission/Sytraval, Randnr. 58).

136.
    Somit ist der Klagegrund der Verletzung wesentlicher Formvorschriften zurückzuweisen.

Zum Klagegrund des offensichtlichen Beurteilungsfehlers

137.
    Die Klägerin stützt ihren Klagegrund, wonach der Kommission bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, im wesentlichen auf Argumente, die sie bereits in bezug auf Team, die Regionalverbindungen in das Vereinigte Königreich, die Flugzeuge BAe 146, die Finanzlage der Luftfahrtgesellschaft und des Konzerns sowie den Verkauf der Copthorne-Hotelkette herangezogen hat. Aus allen bisherigen Ausführungen ergibt sich, daß die Klägerin einen solchen offensichtlichen Beurteilungsfehler weder in der Frage, ob die Beihilfe geeignet war, die Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige zu fördern, noch in derjenigen, ob die Beihilfe in einer dem gemeinschaftlichen Interesse zuwiderlaufenden Weise verwendet wurde, nachgewiesen hat. Es ist hervorzuheben, daß die Kommission, soweit durch ihre Prüfung Ende 1994bestimmte Schwierigkeiten bei der Durchführung des Umstrukturierungsplans insbesondere in bezug auf Team und die Regionalverbindungen in das Vereinigte Königreich zutage getreten sind, mit Recht zusätzliche Bedingungen auferlegt hat, die gewährleisten sollten, daß die Beihilfe weiterhin mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar war.

138.
    Folglich ist der Klagegrund des offensichtlichen Beurteilungsfehlers in bezug auf die Vereinbarkeit der zweiten Beihilfetranche mit dem Gemeinsamen Markt zurückzuweisen.

Zu den übrigen Rügen der Klägerin

139.
    Zu den übrigen Rügen der Klägerin (vgl. oben, Randnr. 65) stellt das Gericht fest, daß die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin die Auswirkungen der betreffenden Beihilfe auf den Wettbewerb insbesondere in bezug auf die verschiedenen Streckengruppen von Aer Lingus geprüft hat, wie sich aus der streitigen Entscheidung selbst ergibt.

140.
    Das Gericht kann keinen Rechtsfehler bei der Anwendung von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages durch die Kommission entdecken.

141.
    Nach Auffassung des Gerichts ist Artikel 1 Buchstabe b der Entscheidung von 1993 nicht dahin auszulegen, daß damit Aer Lingus eine Rechtspflicht auferlegt wird, den Cahill-Plan in allen Einzelheiten durchzuführen, ohne die Möglichkeit zu haben, ihn aufgrund von Umständen, die zur Zeit seines Erlasses unvorhergesehen waren, anzupassen. Das auf einen Verstoß gegen Artikel 1 Buchstabe b der Entscheidung von 1993 gestützte Vorbringen der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

142.
    Was die Begründung der streitigen Entscheidung betrifft, so muß nach ständiger Rechtsprechung die nach Artikel 190 des Vertrages vorgeschriebene Begründung die Überlegungen des Organs so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, daß die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrolle ausüben kann (vgl. Urteil Kommission/Sytraval, Randnr. 63).

143.
    Die Prüfung durch das Gericht hat keinen Begründungsmangel erkennen lassen, der zur Nichtigerklärung der Entscheidung führen könnte.

144.
    Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kosten

145.
    Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringenunterlegen ist, sind ihr auf die entsprechenden Anträge der Kommission und der Streithelferin Aer Lingus die Kosten dieser beiden Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen.

146.
    Nach Artikel 87 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Demnach trägt Irland seine Kosten.

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.
    Die Klage wird abgewiesen.

2.
    Die Klägerin trägt die Kosten der Kommission und der Aer Lingus Group plc.

3.
    Irland trägt seine eigenen Kosten.

Kalogeropoulos
Briët
Bellamy

            Potocki                    Pirrung

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. September 1998.

Der Kanzler

Der Präsident

H. Jung

A. Kalogeropoulos


1: Verfahrenssprache: Englisch.