Language of document : ECLI:EU:T:2023:365

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

28. Juni 2023(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung einer dreidimensionalen Unionsmarke – Form eines Grashalms in einer Flasche – Ältere nationale Marken – Relatives Eintragungshindernis – Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 3 der Verordnung [EU] 2017/1001) – Begriff ‚Agent‘ oder ‚Vertreter‘ – Erfordernis einer unmittelbaren vertraglichen Vereinbarung“

In der Rechtssache T‑145/22,

CEDC International sp. z o.o. mit Sitz in Oborniki Wielkopolskie (Polen), vertreten durch Rechtsanwalt M. Fijałkowski,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Stoyanova-Valchanova und V. Ruzek als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte am Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Underberg AG mit Sitz in Dietlikon (Schweiz), vertreten durch Rechtsanwälte A. Renck und C. Stöber,

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. J. Costeira, der Richterin M. Kancheva (Berichterstatterin) und des Richters U. Öberg,

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2023

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die CEDC International sp. z o.o., die teilweise Aufhebung der Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 22. Dezember 2021 (Sache R 1954/2020-5) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 1. April 1996 meldete die Streithelferin, die Underberg AG, beim EUIPO gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke [ABl. 2009, L 78, S. 1] in geänderter Fassung, ihrerseits ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) eine Unionsmarke (im Folgenden: angemeldete Marke oder hier in Rede stehende Marke) an.

3        Dabei handelt es sich um das folgende dreidimensionale Zeichen:

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4        Dieser Darstellung der angemeldeten Marke war folgende Beschreibung beigefügt: „Gegenstand der Marke ist ein in eine Flasche gestellter grün-bräunlicher Grashalm, dessen Länge in etwa drei Viertel der Höhe der Flasche entspricht.“

5        Die Marke wurde für die Waren „Spirituosen und Liköre“ der Klasse 33 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

6        Am 15. September 2003 erhob die Przedsiębiorstwo Polmos Białystok (Spółka Akcyjna) (im Folgenden: Polmos), die Rechtsvorgängerin der Klägerin, an deren Stelle Letztere infolge einer am 27. Juli 2011 erfolgten Verschmelzung durch Aufnahme trat, Widerspruch nach Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (später Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009, jetzt Art. 46 der Verordnung 2017/1001) gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 5 genannten Waren.

7        Der Widerspruch wurde u. a. auf die folgenden älteren nationalen Marken gestützt:

–        die im Folgenden dargestellte und unter der Nr. 95588457 für „alkoholische Getränke“ in Klasse 33 eingetragene französische dreidimensionale Marke, die am 18. September 1995 angemeldet, am 18. April 1997 für Przedsiębiorstwo Przemyslu Spirytusowego Polmos (im Folgenden: PPS Polmos) eingetragen, am 28. August 2001 an Polmos abgetreten, am 28. Oktober 2011 auf die Klägerin übertragen und bis 20. November 2025 verlängert wurde:

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–        die im Folgenden dargestellte und unter der Nr. 39848553 für „alkoholische Getränke, insbesondere Wodkas“ in Klasse 33 eingetragene deutsche dreidimensionale Marke, die am 25. August 1998 angemeldet und am 28. April 1999 eingetragen wurde:

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–        die keine Darstellung umfassende, unter der Nr. 62018 eingetragene polnische Marke, die auf eine Reihe von Dokumenten des Urząd Patentowy Rzeczypospolitej Polskiej (Patentamt der Republik Polen) gestützt wurde;

–        die im Folgenden dargestellte und unter der Nr. 62081 für „Wodka (alkoholische Erzeugnisse)“ in Klasse 33 eingetragene polnische dreidimensionale Marke, die am 30. August 1985 angemeldet, am 20. November 1987 eingetragen und bis 30. August 2025 verlängert wurde – wobei diese Marke im Jahr 1987 an PPS Polmos abgetreten wurde, die sie im Jahr 1999 auf Polmos, die Rechtsvorgängerin der Klägerin, übertrug:

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–        die im Folgenden dargestellte und unter der Nr. 85811 für „alkoholische Erzeugnisse“ in Klasse 33 eingetragene polnische dreidimensionale Marke, die am 2. August 1993 angemeldet, am 3. Juli 1995 für Polmos eingetragen und bis 2. August 2023 verlängert wurde:

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–        die im Folgenden dargestellte und unter der Nr. 2092826 für „Wodka“ in Klasse 33 eingetragene japanische dreidimensionale Marke, die am 17. Dezember 1985 angemeldet und am 30. November 1988 für Przedsiębiorstwo Handlu Zagranicznego Agros (im Folgenden: PHZ Agros) eingetragen wurde:

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–        die im Folgenden dargestellte und unter der Nr. 98746752 für „Wodka“ in Klasse 33 eingetragene französische dreidimensionale Marke, die am 19. August 1998 für die Agros Holding S.A. (im Folgenden: Agros) angemeldet wurde:

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–        die nicht eingetragene deutsche dreidimensionale Marke, die in folgender Form im geschäftlichen Verkehr in Deutschland für „alkoholische Getränke, insbesondere Wodkas“ in Klasse 33 benutzt worden sein soll:

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8        Der Widerspruch wurde auch auf andere nicht eingetragene Zeichen gestützt, die in verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union beansprucht wurden.

9        Die geltend gemachten Widerspruchsgründe waren erstens die des Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 40/94 (später Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 207/2009, jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung 2017/1001) in Bezug auf die oben in Rn. 7 wiedergegebene ältere französische dreidimensionale Marke Nr. 95588457, zweitens die des Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 (später Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009, jetzt Art. 8 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001) in Bezug auf die oben in Rn. 7 angeführten Marken und drittens die des Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 (später Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009, jetzt Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001) in Bezug auf die oben in Rn. 7 in fine und in Rn. 8 angeführten nicht eingetragenen Zeichen.

10      Am 18. Oktober 2010 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch in vollem Umfang zurück.

11      Am 17. Dezember 2010 legte die Klägerin gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

12      Mit Entscheidung vom 26. März 2012 (Sache R 2506/2010-4) (im Folgenden: erste Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück.

13      Mit Klageschrift, die am 29. Mai 2012 bei der Kanzlei des Gerichts einging und unter dem Aktenzeichen T‑235/12 in das Register eingetragen wurde, erhob die Klägerin Klage auf Aufhebung der ersten Entscheidung.

14      Mit Urteil vom 11. Dezember 2014, CEDC International/HABM – Underberg (Form eines Grashalms in einer Flasche) (T‑235/12, im Folgenden: erstes Aufhebungsurteil, EU:T:2014:1058), hob das Gericht die erste Entscheidung vollständig auf. Zunächst wies es darauf hin, dass die Klägerin die Feststellungen und Wertungen des EUIPO hinsichtlich sämtlicher Widerspruchsgründe rügte, nämlich derjenigen gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. a, Art. 8 Abs. 3 und Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009, jedoch angab, ihr Vorbringen auf die Feststellungen der Beschwerdekammer zur Beurteilung der vorgelegten Benutzungsnachweise zu beschränken, da diese Feststellungen alle Widerspruchsgründe gleichermaßen beträfen. Zu dem in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung genannten Widerspruchsgrund stellte es fest, dass die Beschwerdekammer, indem sie ihr Ermessen hinsichtlich der Berücksichtigung der Benutzungsnachweise für die ältere dreidimensionale französische Marke Nr. 95588457, die erstmals vor ihr vorgelegt wurden, nicht objektiv und unter Angabe von Gründen ausgeübt hat, gegen Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001) und unter Berücksichtigung des so festgestellten Begründungsmangels auch gegen Art. 75 dieser Verordnung (jetzt Art. 94 der Verordnung 2017/1001) verstoßen hat. Daher gab das Gericht der Klage statt (Rn. 29, 69 und 103 des ersten Aufhebungsurteils).

15      Mit Entscheidung vom 29. August 2016 (Sache R 1248/2015-4) (im Folgenden: zweite Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Sie stellte fest, dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung der ihr erstmals vorgelegten Beweise die Art der Benutzung der älteren französischen dreidimensionalen Marke Nr. 95588457 nicht nachgewiesen habe, woraus sie ableitete, dass der auf diese Marke und die in Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Gründe gestützte Widerspruch zurückzuweisen sei. In Bezug auf die weiteren geltend gemachten Widerspruchsgründe und älteren Rechte „verweist [die Beschwerdekammer] ausdrücklich auf die Argumentation in ihrer Entscheidung vom 26. März 2012 in der Sache R 2506/2010-4“. Sie kam zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch hinsichtlich aller Gründe und aller Rechte, auf die er gestützt sei, zurückzuweisen sei (Rn. 46 bis 49 der zweiten Entscheidung).

16      Mit Klageschrift, die am 11. November 2016 bei der Kanzlei des Gerichts einging und unter dem Aktenzeichen T‑796/16 in das Register eingetragen wurde, erhob die Klägerin Klage auf Aufhebung der zweiten Entscheidung. Dieses Verfahren wurde auf Antrag des EUIPO vom 29. Mai 2017 bis zum 12. August 2019 ausgesetzt.

17      Mit Urteil vom 23. September 2020, CEDC International/HABM – Underberg (Form eines Grashalms in einer Flasche) (T‑796/16, im Folgenden: zweites Aufhebungsurteil, EU:T:2020:439), hob das Gericht die zweite Entscheidung teilweise auf. Zum einen bestätigte es die Beurteilung der Beschwerdekammer, wonach die Benutzung der älteren französischen dreidimensionalen Marke Nr. 95588457, wie sie dargestellt und eingetragen war, nicht nachgewiesen worden war, so dass der auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 40/94 gestützte Widerspruchsgrund zurückzuweisen war. Zum anderen stellte es fest, dass die Beschwerdekammer dadurch, dass sie sich darauf beschränkte, hinsichtlich der in Art. 8 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Widerspruchsgründe „ausdrücklich“ auf die in der vom Gericht in vollem Umfang aufgehobenen ersten Entscheidung enthaltene Argumentation zu „verweisen“ und sodann den Tenor der Zurückweisung der bei ihr eingelegten Beschwerde teilweise auf einen solchen Verweis stützte, die in jenem Verfahren angefochtene zweite Entscheidung unter Verstoß gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht rechtlich hinreichend begründet hat. Folglich hob es die zweite Entscheidung nur hinsichtlich der in Art. 8 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 40/94 genannten Widerspruchsgründe auf und wies die Klage im Übrigen ab, das heißt, soweit es um die in Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b dieser Verordnung genannten Widerspruchsgründe ging (Rn. 179, 204 und 209 des zweiten Aufhebungsurteils).

18      Mit Rechtsmittelschrift, die am 26. November 2020 bei der Kanzlei des Gerichtshofs einging und unter dem Aktenzeichen C‑639/20 P in das Register eingetragen wurde, legte die Klägerin ein Rechtsmittel ein, mit dem sie die teilweise Aufhebung des zweiten Aufhebungsurteils begehrte.

19      Mit Beschluss vom 23. März 2021, CEDC International/EUIPO (C‑639/20 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2021:227), entschied der Gerichtshof, das Rechtsmittel nicht zuzulassen.

20      Mit Entscheidung des Präsidiums der Beschwerdekammern, die den Parteien am 8. Oktober 2020 mitgeteilt wurde, wurde die Sache unter dem Aktenzeichen R 1954/2020-5 der Fünften Beschwerdekammer zur erneuten Entscheidung zugewiesen.

21      Mit der angefochtenen Entscheidung wies die Fünfte Beschwerdekammer die Beschwerde zurück. Erstens stellte sie zum Widerspruchsgrund des Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 zunächst fest, dass einige der geltend gemachten älteren Rechte nicht zur Begründung des Widerspruchs herangezogen werden könnten. Sodann sei es der Klägerin, wahrscheinlich aufgrund der besonderen Situation des damaligen kommunistischen Regimes in der Republik Polen, nicht gelungen, das Vorliegen einer vertraglichen Beziehung zwischen ihr und der Streithelferin oder zwischen ihr und PHZ Agros oder der Agros Trading Co. Ltd nachzuweisen, sei es nun zum Zeitpunkt der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke oder zuvor. Die Beschwerdekammer schloss daraus, dass die Streithelferin in Bezug auf die ältere französische dreidimensionale Marke Nr. 95588457 und die älteren polnischen Marken Nrn. 62081 und 85811 nicht als Agentin oder Vertreterin der Klägerin angesehen werden könne, so dass dem Widerspruch im Hinblick auf die zweite in diesem Artikel genannte Voraussetzung nicht stattgegeben werden könne. Schließlich stellte sie „der Vollständigkeit halber“ fest, dass keine der vorgelegten vertraglichen Vereinbarungen ausdrücklich auf die oben genannten älteren Marken Bezug nehme. Zweitens stellte die Beschwerdekammer in Bezug auf den in Art. 8 Abs. 4 dieser Verordnung genannten Widerspruchsgrund fest, dass die Klägerin die tatsächliche Benutzung der beanspruchten nicht eingetragenen deutschen Marke nicht nachgewiesen habe und erst recht nicht, dass sie mehr als lediglich örtliche Bedeutung gehabt habe und vor der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke in Deutschland im geschäftlichen Verkehr benutzt worden sei; dies gelte auch für die nicht eingetragenen Markenrechte in anderen Ländern der Union, so dass der Widerspruch auch aus diesem Grund zurückzuweisen sei.

 Anträge der Parteien

22      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung hinsichtlich des Widerspruchsgrundes gemäß Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 teilweise aufzuheben;

–        dem EUIPO und der Streithelferin die im Verfahren vor dem Gericht und der Beschwerdekammer entstandenen Kosten aufzuerlegen.

23      Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

24      Da für die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts der Zeitpunkt der in Rede stehenden Anmeldung, d. h. der 1. April 1996, maßgeblich ist, sind auf den Rechtsstreit die materiell-rechtlichen Vorschriften der Verordnung Nr. 40/94 anwendbar (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Mai 2014, Bimbo/HABM, C‑591/12 P, EU:C:2014:305, Rn. 12, und vom 18. Juni 2020, Primart/EUIPO, C‑702/18 P, EU:C:2020:489, Rn. 2 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich sind im vorliegenden Fall, was die materiell-rechtlichen Vorschriften betrifft, die Bezugnahmen der Parteien in ihren Schriftsätzen auf Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 oder auf Art. 8 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 als Bezugnahmen auf den inhaltlich gleichlautenden Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 zu verstehen.

25      Da im Übrigen nach ständiger Rechtsprechung bei Verfahrensvorschriften im Allgemeinen davon auszugehen ist, dass sie ab dem Datum ihres Inkrafttretens Anwendung finden (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien, C‑610/10, EU:C:2012:781, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung), gelten für den vorliegenden Rechtsstreit die Verfahrensvorschriften der Verordnung 2017/1001.

26      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe, mit denen sie erstens eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften, insbesondere einen Verstoß gegen Art. 95 Abs. 1 und Art. 94 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94, und zweitens einen Verstoß gegen die letztgenannte Vorschrift selbst geltend macht.

27      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin selbst in Rn. 35 der Klageschrift ausführt, dass die vorliegende Klage nur gegen einen Teil der angefochtenen Entscheidung gerichtet sei, nämlich soweit sie den in Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 genannten Widerspruchsgrund betreffe. Folglich ist festzustellen, dass die Klägerin die Zurückweisung des auf den in Art. 8 Abs. 4 dieser Verordnung genannten Grund gestützten Widerspruchs durch die Dienststellen des EUIPO nicht beanstandet und dass diese Zurückweisung daher rechtskräftig ist.

 Zum ersten Klagegrund: Verletzung wesentlicher Formvorschriften, insbesondere Verstoß gegen Art. 95 Abs. 1 und Art. 94 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94

28      Mit ihrem ersten Klagegrund rügt die Klägerin eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften, und zwar jeweils in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 insbesondere einen Verstoß gegen Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001, weil der Sachverhalt nicht ordnungsgemäß ermittelt worden sei, und einen Verstoß gegen Art. 94 Abs. 1 dieser Verordnung wegen eines Begründungsmangels. Dieser Klagegrund besteht aus drei Rügen. Die erste Rüge lautet, die Beschwerdekammer habe die auf Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 gestützten Widerspruchsgründe nicht im Hinblick auf das ältere Recht geprüft, das in der Widerspruchsschrift als „von einem Agenten angemeldete Marke“ geltend gemacht worden sei, nämlich die nicht eingetragene deutsche dreidimensionale Marke in Form einer Flasche mit einem Grashalm. Mit der zweiten Rüge wird geltend gemacht, die Beschwerdekammer habe nicht geprüft, ob auf der Grundlage der vorgelegten Beweise, die eine Treue- und Loyalitätspflicht der Streithelferin und ihrer Rechtsvorgängerin belegten, zwischen den Parteien ein implizites Agenten- oder Vertreter-Verhältnis bestanden habe Mit der dritten Rüge wird vorgetragen, die Beschwerdekammer habe bei der Ermittlung des Sachverhalts in Bezug auf die Tragweite der gewerblichen Schutzrechte, die durch das Agenten- oder Vertreter-Verhältnis zwischen den Parteien gedeckt seien, einen Fehler begangen, insbesondere indem sie nicht anerkannt habe, dass die gewerblichen Schutzrechte an der nicht eingetragenen deutschen dreidimensionalen Marke in Form einer Flasche mit einem Grashalm von der Treue- und Loyalitätspflicht der Streithelferin und ihrer Rechtsvorgängerin gedeckt seien.

29      Das Gericht hält es für zweckmäßig, zunächst die zweite Rüge zu prüfen.

30      Zu diesem Zweck werden nachstehend folgende Abkürzungen verwendet:

–        „PPS Polmos“ bezeichnet Przedsiębiorstwo Przemyslu Spirytusowego Polmos, ein polnisches öffentliches Unternehmen, das Wodkas herstellt und Rechtsvorgänger von Przedsiębiorstwo Polmos Białystok (Spółka Akcyjna) ist, einem Unternehmen, das wiederum Rechtsvorgänger der CEDC International sp. z o.o., der Klägerin, ist;

–        „Polmos“ bezeichnet Przedsiębiorstwo Polmos Białystok (Spółka Akcyjna), die Rechtsnachfolgerin von PPS Polmos und Rechtsvorgängerin der Klägerin;

–        „PHZ Agros“ bezeichnet Przedsiębiorstwo Handlu Zagranicznego Agros, ein polnisches öffentliches Unternehmen, das berechtigt ist, polnische Wodkas ins Ausland auszuführen;

–        „Agros“ bezeichnet die Agros Holding S.A. und/oder ihre 100%ige Tochtergesellschaft Agros Trading Sp. z o.o. (auf Englisch Agros Trading Co. Ltd), Rechtsnachfolgerinnen von PHZ Agros;

–        „Diversa“ bezeichnet die Diversa Spezialitäten GmbH, die Rechtsvorgängerin der Underberg AG, der Streithelferin.

31      Zur Stützung ihres Vorbringens führt die Klägerin verschiedene geschäftliche Vereinbarungen an. Die wichtigsten sind:

–        die zwischen Agros und Diversa geschlossene Einfuhrvereinbarung vom 10. Mai 1983 (K7-K7a);

–        die zwischen Agros und Diversa geschlossene Einfuhrvereinbarung vom 8. Mai 1987 (K8-K8a);

–        die zwischen Agros und der als „Einführerin“ bezeichneten Streithelferin geschlossene Vereinbarung vom 29. Oktober 1993 (K9);

–        die zwischen Agros und der als „Einführerin“ bezeichneten Streithelferin geschlossene Vereinbarung vom 24. Mai 1999 (K11).

 Zur zweiten Rüge: Fehlende Prüfung des Vorliegens eines impliziten Agenten- oder Vertreter-Verhältnisses zwischen der Klägerin und der Streithelferin

32      Mit der zweiten Rüge wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, die Beweise nicht geprüft zu haben, die ihrer Ansicht nach das Vorliegen eines impliziten Treuhandverhältnisses zwischen den Parteien über PHZ Agros bzw. Agros belegen, die de facto als Agentin oder Vertreterin von PPS Polmos bzw. Polmos (Inhaberin der Rechte des geistigen Eigentums, darunter die dreidimensionale Marke, die eine Flasche mit einem Grashalm darstellt) gehandelt habe. Die Klägerin stützt sich insoweit auf verschiedene Beweise (Anlagen K1-K11), einschließlich der oben in Rn. 31 aufgeführten Vereinbarungen, und ist der Ansicht, dass alle diese Tatsachen zusammengenommen belegten, dass Diversa bzw. die Streithelferin eine implizite Treue- oder Loyalitätspflicht gegenüber PPS Polmos bzw. Polmos gehabt habe, die durch die de facto als Agentin auftretende PHZ Agros bzw. Agros vertreten worden sei. Insbesondere habe die Beschwerdekammer nicht anerkannt, dass der treuhänderische Charakter der Beziehung zwischen den Parteien (oder ihrer Rechtsvorgänger) eindeutig aus den Einfuhrvereinbarungen vom 10. Mai 1983 und vom 8. Mai 1987 sowie der Vereinbarung vom 29. Oktober 1993 hervorgehe, sondern habe „ihre Prüfung auf die Frage des Vorliegens von Verträgen beschränkt“. Zudem ergebe sich aus der Rechtsprechung, dass der Schutz des Markeninhabers selbst nach Ablauf des Vertragsverhältnisses, aus dem sich ein Treueverhältnis ergebe, andauere. Schließlich seien das kommunistische Regime in Polen in den 1970er Jahren und die „turbulenten Umstände“ bei der Privatisierung der öffentlichen Unternehmen in den 1990er Jahren zu berücksichtigen. Die Klägerin kommt zu dem Ergebnis, dass die Beschwerdekammer gegen ihre verfahrensrechtlichen Pflichten zur Prüfung des Sachverhalts und zur Begründung ihrer Entscheidung in Bezug auf all diese Beweismittel verstoßen habe.

33      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

34      Gemäß Art. 95 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung 2017/1001 muss das EUIPO in dem Verfahren vor ihm den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln. Dabei ist es jedoch, soweit es sich um Verfahren bezüglich relativer Eintragungshindernisse handelt, bei dieser Ermittlung auf das Vorbringen und die Anträge der Beteiligten beschränkt.

35      Nach Art. 94 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung 2017/1001 sind die Entscheidungen des EUIPO mit Gründen zu versehen.

36      Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich bei der Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis, das von der Frage der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Die Begründung einer Entscheidung soll nämlich förmlich die Gründe zum Ausdruck bringen, auf denen die Entscheidung beruht. Weisen die Gründe Fehler auf, so beeinträchtigen diese die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung, nicht aber deren Begründung, die, obwohl sie fehlerhafte Gründe enthält, hinreichend sein kann. Daraus folgt, dass die Rügen und Argumente, die die Begründetheit eines Rechtsakts in Frage stellen sollen, im Rahmen eines Klagegrundes, mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung gerügt wird, unerheblich sind (vgl. zweites Aufhebungsurteil, Rn. 187 [nicht veröffentlicht] und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Gemäß Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 (der durch die Verordnungen Nr. 207/2009 und 2017/1001 nicht geändert wurde) ist auf Widerspruch des Markeninhabers von der Eintragung auch eine Marke ausgeschlossen, die der Agent oder Vertreter des Markeninhabers ohne dessen Zustimmung auf seinen eigenen Namen anmeldet, es sei denn, dass der Agent oder Vertreter seine Handlungsweise rechtfertigt.

38      Der Zweck von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 besteht darin, den Missbrauch der älteren Marke durch den Agenten oder Vertreter ihres Inhabers zu verhindern, da diese die Kenntnisse und die Erfahrung, die sie während der Geschäftsbeziehung zwischen dem Markeninhaber und ihnen erworben haben, ausnutzen und dadurch ungerechtfertigt Vorteile aus den von ihm erbrachten Anstrengungen und Investitionen ziehen könnten (Urteile vom 11. November 2020, EUIPO/John Mills, C‑809/18 P, EU:C:2020:902, Rn. 72 und 83; vom 6. September 2006, DEF‑TEC Defense Technology/HABM – Defense Technology [FIRST DEFENSE AEROSOL PEPPER PROJECTOR], T‑6/05, EU:T:2006:241, Rn. 38, und vom 14. Februar 2019, Mouldpro/EUIPO – Wenz Kunststoff [MOULDPRO], T‑796/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:88, Rn. 24). Diese Vorschrift bezweckt somit, die legitimen Interessen der Markeninhaber zu wahren und sie vor jeder willkürlichen widerrechtlichen Aneignung ihrer Marken zu schützen, indem ihnen das Recht eingeräumt wird, Eintragungen zu untersagen, die von ihren Agenten oder Vertretern ohne ihre Zustimmung angemeldet wurden (Urteil vom 8. September 2021, Qx World/EUIPO – Mandelay [EDUCTOR], T‑84/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:555, Rn. 61).

39      Nach dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 hat ein Widerspruch auf dieser Grundlage nur Erfolg, wenn erstens der Widersprechende Inhaber der älteren Marke ist, zweitens der Anmelder der Marke Agent oder Vertreter des Markeninhabers ist oder war, drittens der Agent oder Vertreter des Markeninhabers ohne dessen Zustimmung auf seinen eigenen Namen angemeldet hat, ohne dass die Handlungsweise des Agenten oder Vertreters gerechtfertigt wäre, und viertens die Anmeldung hauptsächlich identische oder ähnliche Zeichen und Waren betrifft. Diese Voraussetzungen sind kumulativ (Urteil vom 13. April 2011, Safariland/HABM – DEF‑TEC Defense Technology [FIRST DEFENSE AEROSOL PEPPER PROJECTOR], T‑262/09, EU:T:2011:171, Rn. 61).

40      Es ist daher zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 im vorliegenden Fall erfüllt sind.

–       Zur ersten Voraussetzung: Inhaberschaft der älteren Marken

41      Wie die Beschwerdekammer in den Rn. 45 bis 48 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, nimmt Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 auf den „Markeninhaber“ Bezug, ohne näher auszuführen, welche Art von älterer Marke gemeint ist, ob somit nur eine eingetragene oder auch eine nicht eingetragene Marke gemeint ist, und ohne näher auszuführen, ob nur auf eine Unionsmarke oder auch auf eine Marke eines Drittstaats abgestellt wird.

42      Insoweit ist zum einen in Bezug auf die Art der betreffenden älteren Marke mit der Beschwerdekammer festzustellen, dass der Begriff „Marke“ im Sinne von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr.40/94 neben eingetragenen Marken auch nicht eingetragene Marken umfasst, aber nur soweit die Rechtsvorschriften des Herkunftslandes Rechte dieser Art anerkennen.

43      Was zum anderen die Herkunft der älteren Marke anlangt, so ist, da der Wortlaut von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 im Unterschied zu Art. 8 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung keinen Hinweis auf ein betreffendes „Gebiet“ enthält, davon auszugehen, dass es unerheblich ist, ob die mit der älteren Marke verbundenen Rechte in der Europäischen Union gelten oder nicht.

44      Das Gericht hat zu der Zeit, als Polen noch kein Mitgliedstaat der Union war, einen entsprechenden Grundsatz in einem Urteil über zwei Anträge auf Nichtigerklärung von zwei Unionsmarken nach Art. 53 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 60 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 auf der Grundlage einer älteren polnischen Marke aufgestellt. Insbesondere hat das Gericht klargestellt, dass der Anwendungsbereich von Art. 8 Abs. 3 dieser Verordnung nicht auf Marken beschränkt ist, die in einem Mitgliedstaat eingetragen wurden oder ihre Wirkungen in einem Mitgliedstaat entfalten, und dass er sich andernfalls mit Art. 8 Abs. 1 und 5 dieser Verordnung überschneiden würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. November 2012, Adamowski/HABM – Fagumit [FAGUMIT], T‑537/10 und T‑538/10, EU:T:2012:634, Rn. 19).

45      Zudem ist bei der Auslegung von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 Art. 6septies der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883 in der revidieren und geänderten Fassung zu berücksichtigen (Urteil vom 11. November 2020, EUIPO/John Mills, C‑809/18 P, EU:C:2020:902, Rn. 65), da der erstgenannte Artikel zur Durchführung des letztgenannten dient. Der Begriff „Inhaber“ ist entsprechend auszulegen, was es auch dem Inhaber einer Marke, die außerhalb der Europäischen Union, jedoch in einem der Vertragsstaaten dieser Übereinkunft eingetragen wurde, ermöglicht, sich auf ihren Schutz zu berufen.

46      Daraus folgt mit anderen Worten, dass sich der Inhaber einer älteren Marke in irgendeinem Vertragsstaat der Pariser Verbandsübereinkunft auf Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 berufen kann, wenn sein Agent oder Vertreter die Eintragung der Marke in der Europäischen Union ohne seine Zustimmung anmeldet.

47      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in den Rn. 49 bis 53 der angefochtenen Entscheidung zunächst festgestellt, dass bestimmte geltend gemachte ältere Rechte, nämlich die deutsche Marke Nr. 39848553 und die französische Marke Nr. 98746752 nicht berücksichtigt werden könnten, da sie nach dem Zeitpunkt der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke angemeldet worden seien und daher nicht als Grundlage für einen Widerspruch nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 dienen könnten. Zudem hat sie festgestellt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs nicht Inhaberin der japanischen Marke Nr. 2092826 gewesen sei, da diese zu diesem Zeitpunkt für PHZ Agros eingetragen gewesen sei und diese japanische Marke folglich das Erfordernis der Inhaberschaft zum Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs nach diesem Artikel ebenfalls nicht erfüllt habe (K15a und K15d). Schließlich hat sie festgestellt, dass die polnische Marke Nr. 62018 nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen verlängert worden und daher abgelaufen sei. Da ein älteres Recht am Tag des Erlasses der Entscheidung Schutz genießen müsse, könne diese polnische Marke im vorliegenden Verfahren keine gültige Grundlage nach diesem Artikel mehr darstellen.

48      Folglich handle es sich bei den drei älteren Marken (vgl. oben, Rn. 7), für die der Klägerin der Nachweis gelungen sei, dass sie ihre Inhaberin im Sinne von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 sei und die daher berücksichtigt werden könnten, um die ältere französische Marke Nr. 95588457, die ältere polnische Marke Nr. 85811 und die ältere polnische Marke Nr. 62081. Die letztgenannte wurde von der Beschwerdekammer „der Vollständigkeit halber“ berücksichtigt, da es sich um das für die Klägerin „günstigste Szenario“ gehandelt habe, obwohl das Bestehen dieser Marke durch eine englische Übersetzung eines Auszugs aus dem Markenregister des Patentamts der Republik Polen nachgewiesen worden sei und die ursprüngliche Eintragungs- und Verlängerungsurkunde auf Polnisch von der Klägerin am 3. Juli 2008 (K31 und K32), also drei Jahre nach Ablauf der am 7. Juli 2005 abgelaufenen Frist für die Substantiierung des Widerspruchs nach Regel 19 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. e der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. 1995, L 303, S. 1) (jetzt Art. 7 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. c der Delegierten Verordnung [EU] 2018/625 der Kommission vom 5. März 2018 zur Ergänzung der Verordnung 2017/1001 und zur Aufhebung der Delegierten Verordnung [EU] 2017/1430 [ABl. 2018, L 104, S. 1]) vorgelegt worden sei.

49      Die Klägerin tritt dieser Beurteilung mit Ausnahme derjenigen zur deutschen Marke Nr. 39848553 nicht entgegen. Insoweit genügt die Feststellung, dass diese Marke am 25. August 1998, mehr als zwei Jahre nach Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke, angemeldet wurde, so dass sie keineswegs älter sein kann als diese.

50      Im Licht der Umstände des vorliegenden Falles hält es das Gericht im Interesse einer geordneten Rechtspflege ebenso wie die Beschwerdekammer für angebracht, die zweite Voraussetzung, die das Vorliegen einer vertraglichen Vereinbarung über die Agentenstellung oder Vertretung betrifft, im Hinblick auf die ältere französische Marke Nr. 95588457 und die älteren polnischen Marken Nrn. 62081 und 85811 in der Sache zu prüfen, ohne sich dazu zu äußern, ob diese Marken in der Widerspruchsschrift geltend gemacht wurden und ihr Bestehen nachgewiesen wurde.

–       Zur zweiten Voraussetzung: Vorliegen einer Agenten- oder Vertretungsvereinbarung

51      Es ist darauf hinzuweisen, dass die Verwirklichung des Ziels, den Missbrauch der älteren Marke durch den Agenten oder Vertreter ihres Inhabers zu verhindern (vgl. oben, Rn. 38), eine weite Auslegung der Begriffe „Agent“ und „Vertreter“ im Sinne von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 erfordert. Diese Begriffe sind weit auszulegen, um alle Formen von Beziehungen zu erfassen, die auf einer vertraglichen Vereinbarung beruhen, wonach eine der Parteien die Interessen der anderen vertritt, dies unabhängig von der rechtlichen Einstufung der zwischen dem Inhaber oder dem Auftraggeber und dem Anmelder der Unionsmarke bestehenden rechtlichen Beziehung. Für die Anwendung dieser Vorschrift reicht es daher aus, wenn zwischen den Parteien eine Vereinbarung über eine geschäftliche Zusammenarbeit besteht, die geeignet ist, ein Vertrauensverhältnis zu schaffen, indem sie dem Anmelder explizit oder implizit eine so genannte „treuhänderische“ allgemeine Treue- und Loyalitätspflicht im Hinblick auf die Interessen des Inhabers der älteren Marke auferlegt (Urteile vom 13. April 2011, FIRST DEFENSE AEROSOL PEPPER PROJECTOR, T‑262/09, EU:T:2011:171, Rn. 64, und vom 9. Juli 2014, Moonich Produktkonzepte & Realisierung/HABM – Thermofilm Australia [HEATSTRIP], T‑184/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:621, Rn. 58 und 59; vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 11. November 2020, EUIPO/John Mills, C‑809/18 P, EU:C:2020:902, Rn. 84 und 85).

52      Es muss jedoch eine schriftliche oder sonstige vertragliche Vereinbarung über die geschäftliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien bestehen. Handelt der Anmelder völlig unabhängig, ohne jede Beziehung zum Markeninhaber, so ist er nicht als Agent im Sinne von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 anzusehen. Somit ist ein bloßer Abnehmer oder Kunde des Inhabers kein „Agent“ oder „Vertreter“ im Sinne dieses Artikels, da er nicht in einem Treueverhältnis zum Markeninhaber steht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. April 2011, FIRST DEFENSE AEROSOL PEPPER PROJECTOR, T‑262/09, EU:T:2011:171, Rn. 64; vom 9. Juli 2014, HEATSTRIP, T‑184/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:621, Rn. 59, und vom 14. Februar 2019, MOULDPRO, T‑796/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:88, Rn. 23). Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass die vertragliche Vereinbarung über die Agentenstellung oder Vertretung unmittelbar zwischen den Parteien getroffen werden muss und nicht über Dritte zustande kommen darf.

53      Wie das EUIPO zu Recht ausführt, bedeutet daher der Umstand, dass eine „implizite“ Beziehung für die Anwendung von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 ausreichen kann, nur, dass das entscheidende Kriterium das Vorliegen und die Natur einer in den wesentlichen Punkten bestehenden vertraglichen Vereinbarung über die geschäftliche Zusammenarbeit ist, und nicht ihre formale Einstufung. Somit konnte ein treuhänderisches und verbindliches Vertragsverhältnis durch eine einfache geschäftliche Korrespondenz, auch per E‑Mail, zwischen den Parteien begründet werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juli 2014, HEATSTRIP, T‑184/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:621, Rn. 66 und 67). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es dem Widersprechenden grundsätzlich freisteht, die Form des Nachweises zu wählen, von dem er annimmt, dass seine Vorlage beim EUIPO im Rahmen eines auf ein älteres Recht gestützten Widerspruchs zweckdienlich ist (vgl. entsprechend Urteil vom 28. Juni 2018, EUIPO/Puma, C‑564/16 P, EU:C:2018:509, Rn. 58). Das Vorliegen eines solchen Vertragsverhältnisses lässt sich jedoch nicht auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen (vgl. entsprechend Urteil vom 12. Dezember 2002, Kabushiki Kaisha Fernandes/HABM – Harrison [HIWATT], T‑39/01, EU:T:2002:316, Rn. 47).

54      Was die Auswirkungen der Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke angeht, so ist es nicht erforderlich, dass die Vereinbarung zwischen den Parteien bei dieser Anmeldung noch in Kraft ist. Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 gilt auch für Vereinbarungen, die vor dem Tag dieser Anmeldung beendet wurden, sofern die abgelaufene Frist so bemessen ist, dass berechtigterweise davon ausgegangen werden kann, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung ein nachwirkendes Treueverhältnis bestand. Durch diese weite Auslegung dieser Vorschrift soll der Inhaber älterer Marken selbst nach Ablauf des Vertragsverhältnisses, aus dem sich ein Treueverhältnis ergab, geschützt werden (Urteil vom 13. April 2011, FIRST DEFENSE AEROSOL PEPPER PROJECTOR, T‑262/09, EU:T:2011:171, Rn. 65). Mit anderen Worten erstreckt sich nach dieser Auslegung der durch diese Vorschrift gewährte Schutz unter der oben genannten Voraussetzung auch auf die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses, aus dem sich ein Treueverhältnis ergibt.

55      In verfahrensrechtlicher Hinsicht liegt die Beweislast für das Bestehen eines Vertragsverhältnisses über die Agentenstellung oder Vertretung beim Widersprechenden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. April 2011, FIRST DEFENSE AEROSOL PEPPER PROJECTOR, T‑262/09, EU:T:2011:171, Rn. 67, und vom 14. Februar 2019, MOULDPRO, T‑796/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:88, Rn. 30), nämlich beim Inhaber der älteren Marke.

56      Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass, auch wenn die in Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 verwendeten Begriffe „Agent“ und „Vertreter“ weit auszulegen sind, dennoch zwischen den Parteien eine Vereinbarung über eine geschäftliche Zusammenarbeit bestehen muss, die geeignet ist, ein Vertrauensverhältnis zu schaffen, indem sie dem Anmelder explizit oder implizit eine allgemeine Treue- und Loyalitätspflicht im Hinblick auf die Interessen des Inhabers der älteren Marke auferlegt (Urteil vom 14. Februar 2019, MOULDPRO, T‑796/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:88, Rn. 33).

57      Im vorliegenden Fall war es daher Sache der Klägerin, vor dem EUIPO nachzuweisen, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke eine solche vertragliche Vereinbarung über die geschäftliche Zusammenarbeit unmittelbar zwischen den Parteien, d. h. zwischen der Streithelferin und der Klägerin, bestand.

58      Zunächst geht aus den obigen Rn. 51 bis 56 hervor, dass die Beschwerdekammer in Rn. 56 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt hat, dass ein solches Vertrauensverhältnis auch implizit auf der Grundlage einer faktischen Beziehung entstehen könne, ohne dass die Parteien einen förmlichen Vertriebsvertrag oder einen Vertrag über die Agentenstellung unterzeichnet hätten.

59      In den Rn. 63 bis 68 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass sie vor der Beurteilung der Natur der Beziehungen zwischen den Parteien verpflichtet sei, die Geschichte der Parteien und ihrer Beziehungen in chronologischer Reihenfolge darzustellen. Die Klägerin habe ihren historischen Ursprung in einer ersten öffentlichen Produktionseinheit gehabt, die im Jahr 1973 für die Herstellung von Wodka gegründet worden sei, nämlich PPS Polmos. Diese Gesellschaft und ihre späteren Rechtsnachfolgerinnen seien für die Herstellung der von PHZ Agros, einer anderen öffentlichen Gesellschaft, ins Ausland verkauften Waren sowie für ihren Verkauf und ihren Vertrieb in Polen zuständig gewesen. Die Beschwerdekammer hat ausgeführt, dass PHZ Agros zu diesem Zeitpunkt die einzige Gesellschaft gewesen sei, die zur Ausfuhr von Wodka des Herstellers PPS Polmos berechtigt gewesen sei. Seit 1975 hätten Vertriebsvereinbarungen bestanden, zunächst von 1975 bis 1992 zwischen PHZ Agros und Diversa, der Rechtsvorgängerin der Streithelferin, sodann zwischen Agros und der Streithelferin. Nach diesen Vereinbarungen, die bei Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke noch bestanden hätten, hätten PHZ Agros und Agros das ausschließliche Recht zum Vertrieb von polnischem Wodka in Deutschland gehabt, ursprünglich für mehrere Marken, sowie von Wodka mit dem Etikett „Grasovka“.

60      In den Rn. 69 bis 75 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer zwar in Bezug auf die von der Klägerin vorgelegten Anlagen K1 bis K11 ausgeführt, dass vor der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke (nämlich dem 1. April 1996) die Vereinbarung vom 29. Oktober 1993 (K9) zwischen Agros und der Streithelferin in Kraft gewesen sei, in der Letztere als ausschließliche Einführerin von Wodkas mit den Bezeichnungen „Wyborowa“ und „Grasovka“ nach Deutschland genannt gewesen sei. Sie hat jedoch darauf hingewiesen, dass der Widerspruch von Polmos, einer anderen Gesellschaft und der Inhaberin der älteren französischen Marke Nr. 95588457 und der älteren polnischen Marken Nrn. 62081 und 85811, erhoben worden sei, und dass nach den vorgelegten Beweisen die Klägerin oder PPS Polmos nie direkten Kontakt mit der Streithelferin gehabt hätten. Zudem habe die Klägerin in keiner Weise nachgewiesen, dass Agros Lizenznehmerin oder Alleinvertriebshändlerin der Wodkas von Polmos für Deutschland gewesen sei, weil in der oben genannten Vereinbarung nirgendwo ausdrücklich die Rede davon sei, dass Agros in dieser Eigenschaft handle. Die Beschwerdekammer ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die von der Klägerin vorgelegten Beweise und vorgetragenen Argumente ein zwischen den Parteien bestehendes Vertragsverhältnis weder belegten noch erklärten, nämlich dass die Streithelferin als Agentin oder Vertreterin von Polmos, der Nachfolgerin von PPS Polmos und Rechtsvorgängerin der Klägerin, gehandelt habe.

61      In den Rn. 76 bis 81 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer auch festgestellt, dass es im vorliegenden Fall keinen Beweis dafür gebe, dass Polmos in einer Geschäftsbeziehung mit PHZ Agros oder Agros gestanden habe. Die bloßen Behauptungen der Klägerinnen über ein System der Organisation von Ausfuhren im „ehemaligen kommunistischen Polen“ seien irrelevant, da diese Regeln im Jahr 1996 bei Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke nicht mehr anwendbar gewesen seien, und zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens ein Beweis zur Stützung dieser Behauptung vorgelegt worden sei. Die Streithelferin habe zwar eine Beziehung zu Agros unterhalten, jedoch nie zu der angeblichen Markeninhaberin Polmos oder ihrer Rechtsvorgängerin. Die Beschwerdekammer hat festgestellt, dass zwar zum damaligen Zeitpunkt die beiden Unternehmen (PHZ Agros und PPS Polmos) möglicherweise öffentliche Unternehmen gewesen seien und dass es nicht möglich gewesen sei, irgendeine Art von Lizenzregelung zwischen ihnen einzuführen, da nach dem Gesetz ein öffentliches Unternehmen (in diesem Fall Agros) mit der Vertretung der Interessen des anderen öffentlichen Unternehmens (in diesem Fall Polmos) im Ausland betraut gewesen sei und der Endbegünstigte die Volksrepublik Polen gewesen sei, die nach dem Systemwechsel im Jahr 1989 zur Republik Polen geworden sei. Nach den Angaben der Klägerin, die zu diesem Zweck auf die Anlagen K17 und K31 bis K36 verweist, hat ihre Rechtsvorgängerin Polmos nach der Privatisierung der öffentlichen Unternehmen alle Rechte an der Marke Żubrówka (die in Deutschland unter dem Namen Grasovka verkauft worden sei), einschließlich der in diesem Widerspruchsverfahren geltend gemachten älteren Rechte, erworben. Die Beschwerdekammer hat jedoch darauf hingewiesen, dass die Eintragung der älteren deutschen Marke Nr. 39848553 nicht berücksichtigt werden könne, da der Zeitpunkt ihrer Anmeldung nach dem Zeitpunkt der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke liege. Zudem hat sie die Entscheidung der Widerspruchsabteilung bestätigt, wonach die einzige zwischen Agros und Polmos geschlossene Vereinbarung, die von der Klägerin vorgelegt worden sei, nämlich die Vereinbarung über die Übertragung der Marke vom 28. August 2001 (K17), nach der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke (dem 1. April 1996) geschlossen worden sei und eine andere Rechtsnatur habe als eine Vertriebsvereinbarung. Sie hat festgestellt, dass die Anhänge K31 bis K36 auch aus der Zeit nach der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke stammten.

62      In den Rn. 82 bis 86 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass sie sich, auch wenn sie von der Klägerin aufgefordert worden sei, die sehr komplexe Situation im „alten kommunistischen Polen“ und die Geschichte der Struktur der Unternehmen und Marken in Bezug auf den Grashalm zu berücksichtigen, dennoch auf die Beweismittel habe beschränken müssen, die die Klägerin zum Beweis dafür vorgelegt habe, dass die Streithelferin Agentin oder Vertretern der Inhaberin der älteren Rechte im Sinne von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 gewesen sei. Im vorliegenden Fall sei es der Klägerin, wahrscheinlich aufgrund der besonderen Situation im damaligen „kommunistischen Polen“ nicht gelungen, das Vorliegen einer vertraglichen Beziehung zwischen ihr und der Streithelferin oder zwischen ihr und PHZ Agros oder Agros nachzuweisen, sei es nun zum Zeitpunkt der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke oder zuvor. In Anbetracht der objektiven Umstände, wie des politischen Systems und der Struktur des Eigentums in Polen vor 1989, hat die Beschwerdekammer erklärt, sie habe alle Beweismittel gewürdigt und habe zu dem Schluss kommen müssen, dass nicht davon auszugehen sei, dass die Streithelferin, was die ältere französische Marke Nr. 95588457 und die älteren polnischen Marken Nrn. 85811 und 62081 angehe, als Agentin oder Vertreterin der Klägerin gehandelt habe. Sie ist ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass dem Widerspruch in Bezug auf diese älteren Marken in Hinblick auf die zweite in diesem Artikel genannte Voraussetzung nicht stattgegeben werden könne.

63      Insoweit ist zunächst festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerin aus den Rn. 63 bis 86 der angefochtenen Entscheidung (vgl. oben, Rn. 59 bis 62) hervorgeht, dass die Beschwerdekammer die im Lauf des Verwaltungsverfahrens von der Klägerin vorgelegten Beweismittel vor dem EUIPO zusammen geprüft hat und „ihre Prüfung“ nicht „auf die Frage des Vorliegens von Verträgen beschränkt“ hat. Zudem hat die Beschwerdekammer in diesen Randnummern ihrer Entscheidung ihre Beurteilung ausführlich begründet. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis handelt, das von der Frage der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört (vgl. oben, Rn. 36).

64      Nach diesen Feststellungen ist die Stichhaltigkeit der Beurteilung der Beschwerdekammer im Hinblick auf Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 zu prüfen.

65      Es steht fest, dass zwischen der Klägerin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) und der Streithelferin (bzw. deren Rechtsvorgängerin) keine förmliche vertragliche Vereinbarung bestand.

66      Im Übrigen muss eine vertragliche Vereinbarung über die Agentenstellung oder Vertretung unmittelbar zwischen den Parteien getroffen werden und darf nicht über Dritte zustande kommen (vgl. oben, Rn. 52). Somit ist das Vorliegen geschäftlicher Beziehungen zwischen der Streithelferin und einer dritten Gesellschaft nicht für den Nachweis geeignet, dass die Streithelferin Agentin oder Vertreterin der Klägerin war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 2019, MOULDPRO, T‑796/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:88, Rn. 32), da diese dritte Gesellschaft, im vorliegenden Fall PHZ Agros bzw. Agros, und die Klägerin verschiedene juristische Personen waren.

67      Die Klägerin beruft sich eigentlich auf das Vorliegen einer „impliziten“ Geschäftsbeziehung mit der Streithelferin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin), in deren Rahmen sie (bzw. ihre Rechtsvorgängerin) von der de facto als Agentin oder Vertreterin handelnden PHZ Agros oder Agros vertreten worden sei.

68      Es ist jedoch festzustellen, dass das Vorliegen einer solchen „impliziten“ oder „de facto“ bestehenden Geschäftsbeziehung zwischen der Klägerin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) und der Streithelferin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) über PHZ Agros oder Agros nicht durch die Beweise gestützt wird, die von der beweispflichtigen Klägerin zu den Akten gereicht wurden (vgl. oben, Rn. 55).

69      Was erstens die Vereinbarung vom 29. Oktober 1993 (K9) anbelangt, die die Beziehungen zwischen Agros und der Streithelferin zum Zeitpunkt der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke (und fast drei Jahre vor diesem Zeitpunkt) regelte, ist festzustellen, dass in dieser Vereinbarung weder ausdrücklich noch implizit darauf Bezug genommen wird, dass Agros in irgendeiner Eigenschaft als Agentin (bzw. Lizenznehmerin, Vertriebshändlerin oder Weiterverkäuferin) oder Vertreterin irgendeines Dritten, insbesondere der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, gehandelt hätte.

70      Zwar trifft es zu, dass in der Präambel der Vereinbarung vom 29. Oktober 1993 die zwischen Agros und Diversa geschlossene Vereinbarung vom 8. Mai 1987 (K8) erwähnt wird, doch heißt es darin auch, dass die Zusammenarbeit unter den in der neuen Vereinbarung genannten Bedingungen fortgesetzt werde und dass diese Vereinbarung nach ihrem Art. 22 Buchst. a die Gesamtheit aller Übereinkünfte der Parteien darstelle. Folglich kann eine solche allgemeine Bezugnahme auf die ausgelaufene und durch die Vereinbarung von 1993 ersetzte Vereinbarung von 1987 entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht zur Aufnahme einer impliziten Treue- und Loyalitätspflicht gegenüber einem nicht näher bezeichneten Dritten, wie es die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin im Verhältnis zu den Parteien der Vereinbarung von 1993 war, führen.

71      Was zweitens die zwischen Agros und Diversa geschlossenen Einfuhrvereinbarungen vom 10. Mai 1983 (K7) und vom 8. Mai 1987 betrifft, so können die Bezugnahmen der Klägerin auf bestimmte Bestimmungen dieser Vereinbarungen, insbesondere auf den handschriftlichen Zusatz „Polmos“ in Art. 7 Abs. 1, 3 und 7 der Vereinbarung vom 8. Mai 1987 im Zusammenhang mit der Inhaberschaft von gewerblichen Schutzrechten, die Schlussfolgerung nicht in Frage stellen, dass zwischen der Klägerin und der Streithelferin keine direkte vertragliche Vereinbarung nachgewiesen wurde.

72      Zunächst ist festzustellen, dass die Einfuhrvereinbarungen vom 10. Mai 1983 und vom 8. Mai 1987 zum Zeitpunkt der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke nicht mehr in Kraft waren. Insoweit beruft sich die Klägerin auf die Rechtsprechung, wonach der Schutz des Markeninhabers selbst nach Ende des Vertragsverhältnisses, aus dem sich ein Treueverhältnis ergebe, andauere, sofern berechtigterweise davon ausgegangen werden könne, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke noch ein Treueverhältnis bestanden habe (vgl. oben, Rn. 54).

73      Selbst wenn die Einfuhrvereinbarungen vom 10. Mai 1983 und vom 8. Mai 1987 ein Treueverhältnis zwischen der Klägerin und der Streithelferin begründet hätten (was nicht der Fall ist, vgl. unten, Rn. 74 bis 78), ist jedoch davon auszugehen, dass die nachvertraglichen Treue- und Loyalitätspflichten nicht für unbestimmte Zeit gelten, sondern nur während eines angemessenen Übergangszeitraums nach Kündigung der Vereinbarung, in dem die Parteien ihre Geschäftsstrategien neu festlegen können. Im vorliegenden Fall wurden diese abgelaufenen Vereinbarungen etwa 13 bzw. neun Jahre vor dem Zeitpunkt der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke geschlossen. Daher musste jede nachvertragliche Beziehung zwischen den Parteien, die sich gegebenenfalls aus diesen Vereinbarungen ergab, vor der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke schrittweise abgeschwächt worden und schließlich erloschen sein. Die oben in Rn. 72 genannte Voraussetzung ist somit im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

74      Jedenfalls ist festzustellen, dass die Einfuhrvereinbarungen vom 10. Mai 1983 und vom 8. Mai 1987 keinen Hinweis zur Stützung des Vorbringens der Klägerin hinsichtlich des Vorliegens einer „impliziten“ Treue- und Loyalitätspflicht der Streithelferin gegenüber der Klägerin enthalten. Vielmehr ergibt sich aus diesen Vereinbarungen, dass sie nur zwischen der Streithelferin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin Diversa) und Agros geschlossen wurden.

75      Zum einen ist in Bezug auf die Einfuhrvereinbarung vom 10. Mai 1983, obwohl es tatsächlich eine Bestimmung gibt, die auf Diversa als „Einführerin/Agentin“ von Wodkas und „Vertreterin des Herstellers, der Inhaber der Marke ist“ (Art. 6 Abs. 6), verweist, festzustellen, dass nichts in dieser Vereinbarung den Schluss zulässt, dass der Markeninhaber ein vertragsfremder Dritter und eine nicht näher bezeichnete Person (nämlich die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen) anstelle der Vertragspartei Agros sein sollte. Vielmehr wird in der unmittelbar auf diesen Verweis folgenden Bestimmung (Art. 6 Abs. 7) klargestellt, dass „Agros ihre Marken und/oder Darstellungsrechte schützen wird“.

76      Was zum anderen die Einfuhrvereinbarung vom 8. Mai 1987 und insbesondere den handschriftlichen Zusatz „Polmos“ bei der Angabe „Agros/Polmos“ in Art. 7 Abs. 1, 3 und 7 dieser Vereinbarung im Zusammenhang mit der Inhaberschaft von gewerblichen Schutzrechten angeht, so kann die Auslegung der Klägerin die Würdigung der Beschwerdekammer nicht in Frage stellen.

77      Insoweit ist festzustellen, dass trotz des Vorbringens der Klägerin, wonach im Januar 1987 die aus einer Flasche mit einem Grashalm bestehende „polnische Marke“ von Agros an Polmos abgetreten worden sei (vgl. die von der Klägerin in Anlage K20 vorgelegte Chronologie), die später zwischen Agros und der Streithelferin am 29. Oktober 1993 und am 24. Mai 1999 geschlossenen Vereinbarungen nicht auf Polmos Bezug nehmen. Somit ist festzustellen, dass die bloße Erwähnung von Polmos in der Einfuhrvereinbarung vom 8. Mai 1987, deren Partei sie nicht war, durch einen handschriftlichen Zusatz – dessen Datum überdies ungewiss bleibt und der von keiner Partei unterzeichnet oder gegengezeichnet wurde – weder ausreichen noch dazu beitragen kann, eine Agenten- oder Vertretungsvereinbarung zwischen der Klägerin (bzw. genauer gesagt ihrer Rechtsvorgängerin Polmos) und der Streithelferin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin Diversa) nachzuweisen.

78      Es ist mit dem EUIPO auch darauf hinzuweisen, dass die gesamte Argumentation der Klägerin auf der hypothetischen Prämisse beruht, dass sie Inhaberin der dreidimensionalen Marke in Form einer Flasche mit einem Grashalm ist, die zusammen mit der Wortmarke Żubrówka weltweit und mit der Wortmarke Grasovka in Deutschland benutzt wird. In Art. 7 Abs. 2 der Einfuhrvereinbarung vom 8. Mai 1987 heißt es jedoch ausdrücklich, dass „[d]as Eigentum an der Wort- und Bildmarke GRASOVKA … durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen AGROS und DIVERSA geregelt [wird]“ und dass „[d]iese Vereinbarung … integraler Bestandteil der vorliegenden Vereinbarung [ist]“. Auch wenn es sich daher als schwierig erweisen kann, genau zu bestimmen, für welche Rechte oder Marken der handschriftliche Vermerk „Agros/Polmos“ gelten soll oder welcher Wodka von Polmos betroffen ist, steht jedenfalls nach wie vor außer Zweifel, dass sich dieser Hinweis nicht auf den unter der Marke Grasovka verkauften Wodka beziehen kann. Dies wird durch die zwischen Agros und der Streithelferin geschlossenen Ausfuhrvereinbarung vom 24. Mai 1999 (K11) bestätigt, in dem in Art. 12 ausdrücklich festgestellt wird, dass die Bezeichnung „Grasovka“ eine eingetragene Marke der Einführerin, d. h. der Streithelferin, ist.

79      Was drittens die Beweise aus der Zeit nach der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke (am 1. April 1996) betrifft, so enthalten diese entgegen dem Vorbringen der Klägerin auch keinen Hinweis auf eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien zum Zeitpunkt dieser Anmeldung, sondern sprechen eher für das Gegenteil.

80      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin selbst im Verwaltungsverfahren und in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass sie die Rechte an den geltend gemachten älteren Marken im Jahr 1999 erworben habe und dass sich vor 1999 Agros und eine Unternehmenseinheit von Polmos (Warszawa) vor den Gerichten von Warschau (Polen) in einem Rechtsstreit über die Eintragung und Nutzung von aus einer Flasche mit einem Grashalm bestehenden Marken befunden hätten (vgl. die von der Klägerin in Anlage K20 vorgelegte Chronologie). Ohne dass sich das Gericht zum Inhalt dieses dem nationalen Recht unterliegenden Rechtsstreits zu äußern braucht, genügt für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens der Hinweis, dass der Umstand, dass die Klägerin selbst bekannt hat, dass sich Agros mit einem Unternehmen von Polmos wegen dieser Marken in einem Rechtsstreit befunden habe, zeigt, dass Agros und Polmos zwei verschiedene Gesellschaften waren, deren geschäftliche Interessen stark voneinander abweichen oder sogar frontal entgegengesetzt sein konnten. Folglich ist es kaum plausibel, dass Agros implizit oder de facto als Agentin oder Vertreterin der Klägerin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) gegenüber der Streithelferin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) gehandelt haben könnte.

81      Wie die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, ist zudem die einzige zwischen Agros und Polmos geschlossene Vereinbarung, die von der Klägerin vorgelegt wurde, nämlich die Vereinbarung über die Abtretung der Marke vom 28. August 2001 (K17), nach der Anmeldung der [hier in Rede stehenden] Marke geschlossen worden und hat eine andere Rechtsnatur als eine Vertriebsvereinbarung, da sie weder eine kontinuierliche Beziehung noch eine allgemeine Treue- und Loyalitätspflicht beinhaltet.

82      Viertens ist zu den anderen Beweismitteln, wie einem Mahnschreiben vom 30. Januar 2002 und Dokumenten, die beweisen sollen, dass der „Żubrówka“ genannte Wodka in Deutschland unter der Marke Grasovka vermarktet wurde, darunter eine Aussage eines Angestellten und ein Auszug aus dem Online-Lexikon Wikipedia, festzustellen, dass die Klägerin nicht darlegt, worin insoweit die Beurteilungsfehler der Beschwerdekammer bestehen sollen.

83      Was das Mahnschreiben vom 30. Januar 2002 anbelangt, das von Polmos an die Streithelferin geschickt wurde (K19-19a), so trifft es zwar zu, dass es sich auf das Vorliegen von Vermarktungsvereinbarungen bezieht, wonach Agros der ausschließliche Vermittler von Polmos für die Ausfuhr der alkoholischen Getränke auf der Grundlage von Wodka „Żubrówka“ und „Grasovka“ war, jedoch ist festzustellen, dass dieses Schreiben beinahe sechs Jahre nach Anmeldung der [hier in Rede stehenden] Marke verfasst wurde und dass zudem ein bloßes einseitiges Schreiben keineswegs denselben Beweiswert hat wie eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien, die es im vorliegenden Fall nicht gibt.

84      Was ferner die auf Polnisch verfasste und ins Englische übersetzte Erklärung eines seit 1992 bei Polmos und der Klägerin für die Etikettierung verantwortlichen spezialisierten Technikers vom 16. Februar 2011 angeht, in der dieser u. a. bestätigte, dass Polmos seit Beginn der 1970er Jahre den Wodka „Żubrówka“ herstelle, bei dem jede Flasche unabhängig von Änderungen der Etiketten systematisch einen Grashalm enthalte (Rn. 50 und 51 des ersten Aufhebungsurteils), ist darauf hinzuweisen, dass einer Erklärung, wenn sie im Sinne von Art. 78 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 [jetzt Art. 97 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung 2017/1001] von einem leitenden Mitarbeiter der betroffenen Partei erstellt wurde, nur dann ein Beweiswert zukommen kann, wenn sie durch andere Beweismittel gestützt wird. Eine im Interesse des Erklärenden abgegebene Erklärung hat nur einen begrenzten Beweiswert und muss durch ergänzende Beweiselemente untermauert werden, auch wenn dies den Dienststellen des EUIPO nicht gestattet, grundsätzlich anzunehmen, dass eine solche Erklärung an sich unglaubhaft wäre. Der Beweiswert, der solch einer Erklärung einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Beweiselementen beizumessen ist, hängt insbesondere von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Urteil vom 22. Juni 2022, Puma/EUIPO – V. Fraas [FRAAS], T‑329/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:379, Rn. 41 und 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall enthält diese Erklärung, die beinahe 15 Jahre nach Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke abgegeben wurde, keinen Hinweis auf das Bestehen einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der Klägerin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin Polmos) und der Streithelferin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin Diversa) zu diesem Zeitpunkt. Gleiches gilt für den Auszug aus dem Online-Lexikon Wikipedia vom 9. April 2009, einem Zeitpunkt, der 13 Jahre nach Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke liegt.

85      Was fünftens die grundlegende Umwandlung des politischen und wirtschaftlichen Systems in Polen in der Zeit von 1970 bis 1990 angeht, ist festzustellen, wie dies die Beschwerdekammer in den Rn. 76 und 83 der angefochtenen Entscheidung getan hat, dass diese Situation 1996 zum Zeitpunkt der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke nicht mehr bestand und dass die Beschwerdekammer jedenfalls verpflichtet war, sich auf die von der Klägerin vorgelegten Beweise zu beschränken, da das Vorliegen eines treuhänderischen vertraglichen Agenten- oder Vertreterverhältnisses nicht durch Wahrscheinlichkeiten oder Vermutungen nachgewiesen werden kann (vgl. oben, Rn. 53).

86      Nach alledem ist festzustellen, dass keine direkte vertragliche Vereinbarung, auch nicht implizit oder de facto, über die geschäftliche Zusammenarbeit zwischen der Klägerin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) und der Streithelferin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) nachgewiesen worden ist, so dass keine Treue- und Loyalitätspflicht der Streithelferin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) gegenüber der Klägerin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) nachgewiesen wurde.

87      Daher hat die Beschwerdekammer keinen Beurteilungsfehler begangen, als sie im Wesentlichen festgestellt hat, dass es der Klägerin nicht gelungen sei, das Vorliegen eines treuhänderischen Vertragsverhältnisses zwischen ihr und der Streithelferin nachzuweisen, sei es nun zum Zeitpunkt der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke oder zuvor, dass die Klägerin der ihr obliegenden Beweislast für das Vorliegen einer direkten Agenten- oder Vertretervereinbarung nicht nachgekommen sei und dass sie daher nicht nachgewiesen habe, dass eine der kumulativen Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 in Bezug auf die ältere französische Marke Nr. 95588457 und die älteren polnischen Marken Nrn. 62081 und 85811 erfüllt sei.

88      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass die zweite Voraussetzung für das Vorliegen einer Agenten- oder Vertretungsvereinbarung nicht erfüllt ist, ausreichte, um den Widerspruch nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 in Bezug auf die von der Beschwerdekammer im Rahmen dieses Eintragungshindernisses geprüften älteren Marken zurückzuweisen.

89      Daraus folgt, dass die Beschwerdekammer nicht gegen Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen hat und insbesondere, dass sie keinen Beurteilungsfehler bei der Anwendung dieser Vorschrift begangen hat.

90      Aus dem Vorstehenden und insbesondere oben aus Rn. 63 ergibt sich auch, dass die Beschwerdekammer den Sachverhalt ordnungsgemäß ermittelt und ihre Beurteilung umfassend begründet hat, so dass sie keine wesentlichen Formvorschriften verletzt hat, insbesondere nicht gegen Art. 95 Abs. 1 und Art. 94 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 verstoßen hat.

91      Die zweite Rüge ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

92      Daher braucht das Vorbringen der Streithelferin nicht geprüft zu werden, wonach im Wesentlichen aus verschiedenen Gründen keines der von der Klägerin angeblich nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 in der Widerspruchsschrift geltend gemachten älteren Rechte in geeigneter Weise geltend gemacht und untermauert worden sei, so dass der Widerspruch als unzulässig hätte zurückgewiesen werden müssen und die Beschwerde beim EUIPO von vornherein als unbegründet hätte zurückgewiesen werden müssen.

 Zur ersten Rüge: Fehlende Prüfung der nicht eingetragenen deutschen Marke

93      Mit der ersten Rüge wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, es unterlassen zu haben, die nicht eingetragene deutsche Marke in Form einer Flasche mit Grashalm im Rahmen des in Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehenen Widerspruchsgrundes zu prüfen, und ihre Entscheidung insoweit nicht begründet zu haben.

94      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

95      In Rn. 46 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer im Rahmen ihrer Beurteilung des in Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 genannten Widerspruchsgrundes ausgeführt, dass auch nicht eingetragene Marken unter den Begriff „Marke“ im Sinne dieser Vorschrift fielen. Sie hat jedoch nicht ausdrücklich auf eine nicht eingetragene deutsche Marke Bezug genommen.

96      In den Rn. 101 und 105 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer im Rahmen der Beurteilung des in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 genannten Widerspruchsgrundes ausgeführt, dass die Klägerin in der Widerspruchsschrift die deutsche Marke in Form einer Flasche mit Grashalm (vgl. oben, Rn. 7 in fine) als nicht eingetragene Marke im Sinne dieses Artikels bezeichnet habe und dass sie in der Begründung des Widerspruchs auch geltend gemacht habe, dass sie für diese Marke in mehreren anderen europäischen Ländern nicht eingetragene Markenrechte besitze. Sie führte jedoch aus, dass es, selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die vorgelegten Unterlagen einen umfangreichen Handel mit Wodka in Deutschland und Polen belegten, keinen speziellen Hinweis auf ein älteres nicht registriertes Recht gebe, sondern nur Hinweise auf Wodkas, die durch Wortelemente bezeichnet würden.

97      In den Rn. 112 bis 115 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer im Rahmen desselben Grundes im Einklang mit der Widerspruchsabteilung ausgeführt, dass die vorgelegten Beweise in keiner Weise belegten, dass die beanspruchte nicht eingetragene deutsche Marke tatsächlich als solche benutzt worden sei oder dass sie von den deutschen Verkehrskreisen als eindeutiger Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren erkannt werde. Sie hat daraus geschlossen, dass die Widersprechende die tatsächliche Benutzung dieser nicht eingetragenen Marke nicht nachgewiesen und erst recht keinen Beleg dafür geliefert habe, dass sie mehr als lediglich örtliche Bedeutung gehabt habe und vor der Anmeldung der hier in Rede stehenden Marke in Deutschland im geschäftlichen Verkehr benutzt worden sei. Gleiches gelte für die angeblichen nicht eingetragenen Markenrechte in anderen europäischen Ländern, für die die tatsächliche Benutzung der beanspruchten nicht eingetragenen Marke nicht nachgewiesen worden sei und das anwendbare nationale Recht nicht genannt worden sei. Da die notwendigen Voraussetzungen gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 für keines der beanspruchten nicht eingetragenen Markenrechte erfüllt waren, hat sie den Widerspruch auch aus diesem Grund zurückgewiesen.

98      Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht erklärt, inwiefern sich das angebliche Versäumnis der Beschwerdekammer auf die Prüfung des Vorliegens einer Agenten- oder Vertretungsvereinbarung auswirken soll. Insbesondere hat die Klägerin weder behauptet noch nachgewiesen, dass der für dieses angebliche ältere Recht geltende rechtliche und tatsächliche Rahmen ein anderer wäre als der für die anderen älteren Rechte geltende, die im Rahmen der zweiten Rüge des vorliegenden Klagegrundes geprüft wurden, so dass der Rechtsstreit in Bezug auf dieses Recht keinen anderen Ausgang haben kann. Die vorliegende Rüge geht daher ins Leere.

99      Jedenfalls ist diese Rüge auch unbegründet.

100    Zwar ist mit der Beschwerdekammer und der Klägerin darauf hinzuweisen, dass die nicht eingetragenen Marken auch unter den Begriff „Marke“ im Sinne von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 fallen, soweit die Rechtsvorschriften des Herkunftslandes Rechte dieser Art anerkennen (vgl. oben, Rn. 42). Zudem ergibt sich nach den Angaben der Klägerin der Schutz von in Deutschland nicht eingetragenen Marken durch die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr, soweit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben habe (§ 4 Abs. 2 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen [Markengesetz] vom 25. Oktober 1994 [BGBl. 1994 I, S. 3082], das der Klageschrift als Anhang K21 beigefügt ist).

101    Es ist jedoch festzustellen, dass die Klägerin die Beurteilungen der Beschwerdekammer in den Rn. 112 bis 115 der angefochtenen Entscheidung (vgl. oben, Rn. 97) nicht in Frage stellt, die nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 angestellt wurden und rechtskräftig geworden sind (vgl. oben, Rn. 27).

102    Im Übrigen enthalten die Akten nichts, was diese Beurteilung in Frage stellen würde, da nicht nachgewiesen worden ist, dass die im deutschen Recht aufgestellten Voraussetzungen für den Schutz der von der Klägerin geltend gemachten nicht eingetragenen Marke erfüllt sind, so dass nicht erwiesen ist, dass es diese geltend gemachte Marke gibt.

103    Diese nicht bestrittenen und nicht in Frage gestellten Beurteilungen führen zwangsweise zur Zurückweisung des Widerspruchs sowohl nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 als auch nach Art. 8 Abs. 4 dieser Verordnung, was die beanspruchte nicht eingetragene deutsche Marke betrifft.

104    Daraus folgt, dass die Beschwerdekammer insoweit nicht gegen Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen hat.

105    Zudem trifft es zwar zu, dass es wünschenswert gewesen wäre, wenn die Beschwerdekammer im Rahmen ihrer Prüfung des in Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 genannten Widerspruchsgrundes ausdrücklich auf ihre Beurteilungen zum Nichtvorhandensein der von der Klägerin geltend gemachten nicht eingetragenen deutschen Marke hingewiesen hätte, wie sie in den Rn. 112 bis 115 der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf Art. 8 Abs. 4 dieser Verordnung angeführt sind, jedoch hat dieses redaktionelle Versäumnis weder eine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung noch auf den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits, da feststeht und von der Klägerin nicht bestritten wird, dass nicht erwiesen ist, dass es die von der Klägerin geltend gemachte nicht eingetragene deutsche Marke gibt und eine solche nicht untermauerte Behauptung eines Rechts keinen Widerspruch nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 begründen kann.

106    Folglich kann der Beschwerdekammer nicht vorgeworfen werden, es unterlassen zu haben, den in Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 genannten Widerspruchsgrund im Hinblick auf die nicht eingetragene deutsche Marke in Form einer Flasche mit einem Grashalm zu prüfen.

107    Im Übrigen hat es die von der Beschwerdekammer in den Rn. 112 bis 115 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich angeführte Begründung, weshalb es die von der Klägerin geltend gemachte nicht registrierte deutsche Marke nicht gebe, Letzterer ermöglicht, von der Begründung der angefochtenen Entscheidung Kenntnis zu erlangen, um ihre Rechte verteidigen zu können. Außerdem hat die Beschwerdekammer den von der Klägerin insoweit vorgetragenen Sachverhalt ordnungsgemäß ermittelt.

108    Daraus folgt, dass die Beschwerdekammer den Sachverhalt ordnungsgemäß ermittelt und ihre Beurteilung hinreichend begründet hat, so dass sie keine wesentlichen Formvorschriften verletzt und insbesondere nicht gegen Art. 95 Abs. 1 und Art. 94 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 verstoßen hat.

109    Die erste Rüge ist daher zurückzuweisen.

 Zur dritten Rüge: Fehlerhafte Beurteilung des Umfangs der von den Einfuhrvereinbarungen erfassten gewerblichen Schutzrechte

110    Mit der dritten Rüge wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, den Sachverhalt in Bezug auf den Umfang der gewerblichen Schutzrechte, die durch das Agenten- oder Vertreterverhältnis zwischen den Parteien gedeckt seien, fehlerhaft ermittelt zu haben, insbesondere die Rechte in Bezug auf die dreidimensionale Marke in Form einer Flasche mit einem Grashalm, und ihre Schlussfolgerung nicht begründet zu haben, wonach der Wortlaut der Einfuhrvereinbarungen (vgl. oben, Rn. 31) die in Rede stehende Marke ausschließe. Insbesondere habe die Beschwerdekammer den Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 der Einfuhrvereinbarung vom 8. Mai 1987 (K8-K8a) nicht berücksichtigt, in der die Verwendung des Worts „einschließlich“ als Hinweis auf eine nicht erschöpfende Liste verstanden werden müsse.

111    Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

112    In den Rn. 87 bis 91 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer „der Vollständigkeit halber“ erklärt, sie habe eine gründliche Prüfung der Beweise vorgenommen und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass keine der vorgelegten vertraglichen Vereinbarungen ausdrücklich auf die in Rede stehenden älteren Marken, nämlich die älteren polnischen Marken Nrn. 62081 und 85811 und die ältere französische Marke Nr. 95588457, Bezug nehme. Sie hat festgestellt, dass die erste Vereinbarung (K4), die für den Zeitraum von 1975 bis 1979 geschlossen worden sei, aus einer „Einfuhrvereinbarung“ (mit Diversa als Einführerin) für die Wodka-Marken Wyborowa, Krakus und Żubrówka bestanden habe, in der es geheißen habe, dass „Agros … ihre Marken und/oder Darstellungsrechte [schützt]“, jedoch ohne diese Marken und diese Rechte genauer zu beschreiben. In den späteren Einfuhrvereinbarungen vom 10. Mai 1983 und vom 8. Mai 1987 und vom 29. Oktober 1993 (K5 bis K11), die von Diversa oder der Streithelferin geschlossen worden seien, werde nicht mehr auf die Marke Żubrówka Bezug genommen, sondern auf andere Wodka-Marken wie Wyborowa und Grasovka und sodann ab 1987 auf „andere Elemente des gewerblichen Eigentums, darunter Etiketten, Embleme und Verpackungselemente für diese Wodkas“, wiederum ohne diese „anderen Elemente des gewerblichen Eigentums“ genauer zu beschreiben. Es sei schwierig, festzustellen, ob diese Formulierung mit den Marken der Klägerin in Verbindung gebracht werden sollte, aber jedenfalls bezögen sich die Begriffe „Geschmacksmuster, Embleme, Etiketten und Verpackungen“ aufgrund ihrer wörtlichen Bedeutung alle auf die äußeren Elemente einer Ware und nicht auf die Positionierung eines Grashalms in einer Flasche, so dass die in Rede stehende Marke bereits aufgrund dieses Wortlauts nicht erfasst sei. Sie hat darauf hingewiesen, dass es wünschenswert gewesen wäre, wenn die von der Klägerin vorgelegten Vereinbarungen ausdrücklich auf die Eintragungen der oben genannten polnischen oder französischen Marken oder zumindest auf die Darstellung dieser Marken Bezug genommen hätten (vgl. oben, Rn. 7); dies sei hier aber nicht der Fall gewesen.

113    Insoweit ist zunächst festzustellen, dass sich die vorliegende Rüge gegen eine nichttragende Beurteilung richtet, die die Beschwerdekammer „der Vollständigkeit halber“ dargelegt hat. Folglich ist die Rüge, mit der eine solche Beurteilung beanstandet wird, nicht geeignet, den verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung zu beeinträchtigen und als ins Leere gehend zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. April 2013, Boehringer Ingelheim International/HABM [RELY-ABLE], T‑640/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:225, Rn. 27 und 28, und vom 7. September 2022, Peace United/EUIPO – 1906 Collins [MY BOYFRIEND IS OUT OF TOWN], T‑699/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:528, Rn. 46 und 47).

114    Überdies ist die vorliegende Rüge auch deshalb als ins Leere gehend zurückzuweisen, weil die Zurückweisung der zweiten Rüge des ersten Klagegrundes ausreicht, um den Widerspruch nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 in Bezug auf die von der Beschwerdekammer im Rahmen dieses Grundes geprüften älteren Marken zurückzuweisen (vgl. oben, Rn. 88).

115    Jedenfalls ist diese Rüge auch unbegründet, da sie auf einem falschen Verständnis der angefochtenen Entscheidung beruht.

116    Es trifft zwar zu, dass die Beschwerdekammer erklärt hat, dass eine Bezugnahme auf Markeneintragungen wünschenswert gewesen wäre, doch hat sie sich nicht auf den Nachweis beschränkt, dass es in den vorgelegten Vereinbarungen keine ausdrückliche und spezifische Bezugnahme auf die Marken gab. Es ist darauf hinzuweisen, dass sie in den Rn. 87 bis 91 der angefochtenen Entscheidung (vgl. oben, Rn. 112) ihre Schlussfolgerungen auch auf eine gründliche Bewertung aller vorgelegten Vereinbarungen gestützt und erklärt hat, warum die jeweiligen Marken, Rechte oder Elemente gewerblicher Schutzrechte nicht genauer beschrieben wurden und warum es der jeweilige Wortlaut dieser Vereinbarungen nicht ermöglichte, eindeutig festzustellen, worauf sie Bezug nahmen.

117    Im Übrigen führt die Klägerin selbst aus, dass die „Interessen“ der Markeninhaber, um geschützt zu werden, für die betroffenen Personen zumindest durch einen allgemeinen Hinweis hinreichend erkennbar sein müssen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

118    Im Übrigen ist es unerheblich, ob der Ausdruck „indem“ in der deutschen Originalfassung von Art. 7 Abs. 1 der Einfuhrvereinbarung vom 8. Mai 1987 „einschließlich“ bedeutet, wie die Klägerin behauptet, oder vielmehr „entsprechend“ oder „in Form von“, wie die Streithelferin behauptet, und somit, ob die Liste der „anderen Elemente des geistigen Eigentums, einschließlich der [/in Form von] Etiketten, Emblemen und Verpackungselementen für diese Wodkas“, Hinweischarakter hat und nicht erschöpfend oder abschließend ist.

119    Jedenfalls ist festzustellen, dass sich nach dem Wortlaut dieser Klausel keine Marke in Form einer Flasche mit einem Grashalm eindeutig bestimmen lässt. Wie die Beschwerdekammer in Rn. 90 der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt hat, nehmen die Begriffe „Etiketten, Embleme und Verpackungselemente“ ihrer wörtlichen Bedeutung nach alle auf die äußeren Elemente einer Ware und nicht auf die Positionierung eines Grashalms in einer Flasche Bezug, so dass dieser Wortlaut eine solche Marke nicht abdecken kann.

120    Die Beschwerdekammer ist daher zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass in keiner der vorgelegten Vereinbarungen ausdrücklich auf ältere Marken in Form einer Flasche mit einem Grashalm, insbesondere auf die älteren polnischen Marken Nrn. 62081 und 85811 sowie auf die ältere französische Marke Nr. 95588457, Bezug genommen worden sei.

121    Daraus folgt, dass die Beschwerdekammer nicht gegen Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen hat und insbesondere, dass sie keinen Beurteilungsfehler bei der Anwendung dieser Vorschrift begangen hat.

122    Aus dem Vorstehenden und insbesondere aus den Rn. 87 bis 91 der angefochtenen Entscheidung (vgl. oben, Rn. 112 und 116) folgt auch, dass die Beschwerdekammer den Sachverhalt gemäß Art. 95 Abs. 1 und Art. 94 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 ordnungsgemäß ermittelt und ihre Beurteilung begründet hat.

123    Die dritte Rüge ist somit zurückzuweisen.

124    Nach alledem hat die Beschwerdekammer keine wesentlichen Formvorschriften verletzt und insbesondere nicht gegen Art. 95 Abs. 1 und Art. 94 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen.

125    Somit ist der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94

126    Mit dem zweiten Klagegrund wirft die Klägerin der Beschwerdekammer im Wesentlichen vor, einen Rechtsfehler bei ihrer Auslegung der Voraussetzungen für das Agenten- oder Vertreterverhältnis nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr.40/94 begangen zu haben, indem sie die Anwendung dieses Artikels allein auf die Fälle beschränkt habe, in denen die älteren Rechte in einem dieses Verhältnis begründenden schriftlichen Vertrag ausdrücklich und spezifisch bezeichnet worden seien. Die Beschwerdekammer habe somit ein unangemessenes Beweismaß angewandt, obwohl diese Vorschrift weit auszulegen sei, da sie alle Arten von Beziehungen erfasse, unabhängig davon, ob eine allgemeine Treue- und Loyalitätspflicht gegenüber den Interessen des Markeninhabers ausdrücklich oder implizit auferlegt worden sei, und da sie alle Arten von „Interessen“ dieses Inhabers erfasse, die mit der Beziehung zwischen den Parteien in Zusammenhang stünden. Die allgemeine Treue- und Loyalitätspflicht sollte daher nicht durch das Erfordernis einer ausdrücklichen Spezifizierung aller erfassten Elemente eingeschränkt werden.

127    Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

128    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die zu den Akten gereichten Beweismittel nicht belegen, dass die Klägerin (bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen) jemals eine direkte vertragliche Vereinbarung mit der Streithelferin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) hatte (vgl. oben, Rn. 63 bis 92). Da es entgegen dem Vorbringen der Klägerin keinerlei Beweis für das Vorliegen einer (ausdrücklichen oder impliziten, schriftlichen oder mündlichen) unmittelbaren vertraglichen Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Streithelferin gibt, besteht keine Grundlage nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94, um ihnen als „Herstellerin“ und „Einführerin“ eine allgemeine Treue- und Loyalitätspflicht aufzuerlegen, in deren Rahmen sich die Frage nach dem ausdrücklichen oder impliziten Charakter der Bestimmung der erfassten Elemente stellen könnte. Der vorliegende Klagegrund geht daher ins Leere.

129    Jedenfalls ist mit der Streithelferin festzustellen, dass dieser Klagegrund auf einem falschen Verständnis der angefochtenen Entscheidung beruht und in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend ist.

130    Die Beschwerdekammer hat nämlich keineswegs behauptet, dass die Anwendung von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 voraussetze, dass die vertragliche Vereinbarung zwischen dem Inhaber und dem Agenten ausdrücklich und spezifisch alle von ihrer Geschäftsbeziehung betroffenen Marken erwähne, was im Übrigen die Gefahr einer Sanktionierung durch das Gericht mit sich gebracht hätte.

131    Darüber hinaus trifft es zwar zu, dass grundsätzlich alle Vertragsbeziehungen zwischen zwei Parteien, die den Vertrieb von Waren betreffen, für die Anwendung von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 ausreichen können, doch müssen diese Parteien eine klare und genaue Vorstellung davon haben, für welche Marken der Inhaber einen Schutz geltend macht. Während dies bei Wort- und Bildmarken, die für die vertriebene Ware benutzt werden, für gewöhnlich klar ist, ist es bei anderen Arten von nicht traditionellen Marken, wie beispielsweise dreidimensionalen Marken oder Positionsmarken, wie sie von der Klägerin geltend gemacht werden, weniger klar. Damit solche nicht traditionellen Marken vom Vertragsverhältnis erfasst werden, ist es wünschenswert, dass der Inhaber dem Agenten klar und deutlich mitteilt, dass er Rechte an diesen Marken beansprucht und besitzt, damit diese dem Agenten bekannt sind. Eine spezielle Erwähnung in einer schriftlichen Vereinbarung ist die zweckmäßigste Art und Weise, dies sicherzustellen.

132    Im vorliegenden Fall ist jedoch festzustellen, dass die Akten keinen Anhaltspunkt dafür enthalten, dass die Klägerin (oder eine ihrer Rechtsvorgängerinnen) die Streithelferin über den besonderen Schutz informiert hätte, den sie für eine dreidimensionale Marke, die eine Flasche mit einem Grashalm darstellt, oder für eine Positionsmarke, die aus einem Grashalm in einer Flasche besteht, wie sie von der angemeldeten Marke erfasst wird, beanspruchte.

133    Selbst wenn die Beschwerdekammer also hätte behaupten wollen, dass in den Vereinbarungen, mit denen das Vertragsverhältnis begründet worden sei, die Marken, an denen die Inhaberin die Rechte beanspruche, nicht klar erwähnt oder auf sie Bezug genommen werde, wäre eine solche Behauptung im vorliegenden Fall zutreffend gewesen, da sich aus der Akte nicht ergibt, dass die Klägerin (bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen) klar und deutlich die Rechte an einer Marke, die eine Flasche mit einem Grashalm darstellt, im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mit der Streithelferin (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) beansprucht hätte, obwohl dies bei einer solchen nicht traditionellen Marke wünschenswert gewesen wäre.

134    Daraus folgt, dass die Beschwerdekammer insoweit nicht gegen Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen hat.

135    Der zweite Klagegrund ist daher als ins Leere gehend und jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen.

136    Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

137    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

138    Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die CEDC International sp. z o.o. trägt die Kosten.

Costeira

Kancheva

Öberg

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 28. Juni 2023.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprache: Englisch.