Language of document : ECLI:EU:T:2011:693

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

24. November 2011(*)

„Wettbewerb – Kartell – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Markt für Tintenpatronen – Entscheidung über die Zurückweisung einer Beschwerde – Fehlendes Gemeinschaftsinteresse“

In der Rechtssache T‑296/09

European Federation of Ink and Ink Cartridge Manufacturers (EFIM) mit Sitz in Köln (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt D. Ehle,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Antoniadis und A. Biolan als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt W. Berg,

Beklagte,

unterstützt durch

Lexmark International Technology SA mit Sitz in Meyrin (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt R. Snelders und G. Eclair-Heath, Solicitor,

Streithelferin,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung K (2009) 4125 der Europäischen Kommission vom 20. Mai 2009, mit der die Beschwerde COMP/C‑3/39.391 hinsichtlich geltend gemachter Verstöße der Unternehmen Hewlett-Packard, Lexmark, Canon und Epson gegen die Art. 81 EG und 82 EG zurückgewiesen wurde,

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas (Berichterstatter) sowie der Richter V. Vadapalas und K. O’Higgins,

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2011

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 30. März 2000 legte die Pelikan AG, ein Hersteller von Tinte und Tintenpatronen, bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde gegen Hewlett-Packard wegen Missbrauchs einer beherrschenden Stellung ein (Sache COMP/C‑3/38.577) (im Folgenden: erste Beschwerde).

2        Am 19. Juli 2005 fand auf diese Beschwerde hin ein Gespräch zwischen Pelikan und der Europäischen Kommission statt.

3        Am 8. November 2005 wurde die Klägerin, die European Federation of Ink and Ink Cartridge Manufacturers (im Folgenden: EFIM), gegründet, um europäische Hersteller von Tinte und Tintenpatronen zu vereinigen und insbesondere die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten, mit dem Ziel der Wiederherstellung und der Aufrechterhaltung fairer Wettbewerbsbedingungen auf den Märkten für Tinte und Tintenpatronen.

4        Am 16. Dezember 2005 sandte die Kommission Auskunftsverlangen an mehrere Unternehmen, u. a. an die Mitglieder der Klägerin.

5        Am 13. Februar 2006 legte die Klägerin bei der Kommission eine Beschwerde ein, die mit Schriftsatz vom 30. November 2006 ergänzt wurde (im Folgenden: zweite Beschwerde). In dieser Beschwerde machte die Klägerin geltend, dass sich die Originalgerätehersteller (Original Equipment Manufacturers) Hewlett-Packard, Lexmark, Canon und Epson (im Folgenden: OEM) wettbewerbswidrige Praktiken auf den Märkten für Tintenpatronen hätten zuschulden kommen lassen.

6        Am 15. Januar 2007 führte die Klägerin ein Gespräch mit der Kommission über die zweite Beschwerde. Sie ergänzte diese Beschwerde mit vertraulichen Dokumenten, die am 14. März und am 13. April 2007 versandt wurden.

7        Am 16. Mai und am 11. November 2008 übermittelte die Klägerin der Kommission eine Schätzung des geltend gemachten jährlichen Schadens der Verbraucher aufgrund der in der zweiten Beschwerde beanstandeten Praktiken.

8        Am 26. Mai 2008 teilte die Kommission der Klägerin mit, sie sei gemäß Art. 7 Abs. 1 ihrer Verordnung (EG) Nr. 773/2004 vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 [EG] und 82 [EG] durch die Kommission (ABl. L 123, S. 18) nach einer Prüfung der tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte der vorläufigen Ansicht, dass das Gemeinschaftsinteresse nicht ausreiche, um die Fortsetzung der Untersuchung zu rechtfertigen.

9        Am 9. Juli 2008 gab die Klägerin eine Stellungnahme ab, in der sie u. a. darlegte, dass in dem Schreiben der Kommission vom 26. Mai 2008 die Kriterien, anhand deren das Gemeinschaftsinteresse beurteilt werden könne, entweder nicht oder offensichtlich unzutreffend beurteilt worden seien. Sie fügte ihrer Stellungnahme auch mehrere Dokumente zum Nachweis des Vorliegens der in der zweiten Beschwerde beanstandeten Praktiken bei.

10      Die Klägerin sandte der Kommission am 15. September und am 10. November 2008 zusätzliche Dokumente.

11      Am 24. März 2009 richtete die Klägerin eine förmliche Aufforderung auf der Grundlage von Art. 232 EG an die Kommission, eine Entscheidung gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 773/2004 zu erlassen.

12      Am 20. Mai 2009 erließ die Kommission auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 773/2004 die Entscheidung K (2009) 4125 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), in der sie die Ansicht vertrat, dass das Gemeinschaftsinteresse nicht ausreiche, um eine Untersuchung fortzusetzen, und infolgedessen die zweite Beschwerde zurückwies. Die Kommission war im Wesentlichen der Auffassung, dass erstens die Klägerin keine Anhaltspunkte für eine Verletzung von Art. 81 EG geliefert habe und dass zweitens die Fortsetzung der Untersuchung angesichts der geringen Wahrscheinlichkeit, eine Verletzung von Art. 82 EG nachzuweisen, und des Umfangs der für den Abschluss der Untersuchung notwendigen Mittel unverhältnismäßig sei.

 Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

13      Mit Klageschrift, die am 30. Juli 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, die einen Antrag auf vorrangige Behandlung gemäß Art. 55 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts enthält.

14      Mit Schriftsatz, der am 27. November 2009 eingegangen ist, hat die Lexmark International Technology SA (im Folgenden: Streithelferin) beantragt, gemäß Art. 115 der Verfahrensordnung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.

15      Mit Beschluss vom 15. Juni 2010 hat der Präsident der Achten Kammer des Gerichts diese Streithilfe zugelassen und dem Antrag der Klägerin auf vertrauliche Behandlung stattgegeben. Die Streithelferin hat nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist schriftlich Stellung genommen.

16      Im Zuge einer Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Fünften Kammer zugeteilt worden, der die Rechtssache dementsprechend am 27. September 2010 zugewiesen worden ist.

17      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Fünfte Kammer) den Antrag auf vorrangige Behandlung abgelehnt und beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung hat es die Verfahrensbeteiligten aufgefordert, mehrere Dokumente vorzulegen. Diese sind der Aufforderung fristgerecht nachgekommen.

18      Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 17. März 2011, an der die Streithelferin nicht teilgenommen hat, mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

19      In dieser Sitzung hat die Klägerin ein Schriftstück mit Statistiken über die Entwicklung der Marktanteile der OEM und der Preise vorgelegt und beantragt, es zu den Akten zu nehmen. Die Kommission hat keine Einwände erhoben. Das Gericht hat seine Entscheidung über diesen Antrag vorbehalten.

20      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

21      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Frage, ob das von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schriftstück zu den Akten zu nehmen ist

22      Nach Art. 48 § 1 der Verfahrensordnung können die Parteien zwar in der Erwiderung oder in der Gegenerwiderung Beweismittel benennen; das Gericht lässt die Vorlage von Beweisangeboten nach der Gegenerwiderung jedoch nur unter außergewöhnlichen Umständen zu, nämlich dann, wenn der Beweisantragsteller vor dem Abschluss des schriftlichen Verfahrens nicht über die betreffenden Beweise verfügen konnte oder wenn die verspätete Vorlage von Dokumenten durch seinen Gegner es rechtfertigt, die Verfahrensakte zur Wahrung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens zu vervollständigen (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Agrar-Invest-Tatschl/Kommission, T‑51/07, Slg. 2008, II‑2825, Randnr. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin mit der Erklärung begnügt, sie wünsche ein in der mündlichen Verhandlung vorgelegtes Schriftstück zu den Akten zu reichen, da dieses eine beständige Entwicklung bestimmter Marktanteile belege. Sie hat jedoch nichts vorgetragen, um die verspätete Vorlegung dieses Schriftstücks zu rechtfertigen.

24      Daher ist das von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schriftstück nicht zu den Akten zu nehmen.

 Zur Begründetheit

25      Zur Stützung ihrer Klage führt die Klägerin im Wesentlichen vier Gruppen von Klagegründen an, die erstens die Priorität der ersten Beschwerde, zweitens die Prüfung des in der zweiten Beschwerde enthaltenen Vorbringens hinsichtlich einer Verletzung von Art. 81 EG, drittens die Prüfung des in der zweiten Beschwerde enthaltenen Vorbringens hinsichtlich einer Verletzung von Art. 82 EG und viertens die maßgebenden Kriterien für die Beurteilung des Gemeinschaftsinteresses an der Fortsetzung der Untersuchung einer Angelegenheit betreffen.

 Zur ersten Gruppe von Klagegründen, die die Priorität der ersten Beschwerde betreffen

26      Die Klägerin macht drei Klagegründe geltend, nämlich einen Verstoß gegen den Grundsatz des konsequenten Verwaltungsverhaltens, einen Verstoß gegen den Grundsatz, wonach sich die Kommission nicht in Widerspruch zu ihrem früheren Verhalten setzen darf, und einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

27      Die Klägerin trägt vor, aus den Kontakten zwischen Pelikan und der Kommission gehe hervor, dass die Kommission bereits im Jahr 2005 der Ansicht gewesen sei, dass die erste gegen die OEM erhobene Beschwerde aufgrund des Gemeinschaftsinteresses, das diese Beschwerde aufweise, vorrangig sei. Die Kommission habe eine Entscheidung über den Prioritätsgrad der Angelegenheit getroffen, die später 2007 oder 2008 geändert worden sei, obwohl kein neuer Umstand dies gerechtfertigt habe. Diese Änderung stelle einen Verstoß gegen die oben in Randnr. 26 genannten Grundsätze dar.

28      Da die ursprüngliche Entscheidung über den Prioritätsgrad nicht wirksam widerrufen worden sei, bestünden das Gemeinschaftsinteresse am Verfahren gegen die OEM und die Priorität dieses Verfahrens unverändert fort. Die angefochtene Entscheidung sei daher nichtig.

29      Zunächst ist festzustellen, dass weder die Schriftsätze noch die von der Klägerin vorgelegten Schriftstücke die Existenz einer Entscheidung über die Verleihung eines Prioritätsgrads belegen, auf die sie sich beruft. Eine solche Entscheidung ist im Übrigen weder in der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) noch in der Verordnung Nr. 773/2004 vorgesehen. Im Übrigen hat die Kommission in ihren Schriftsätzen bestätigt, dass weder eine solche Entscheidung noch eine Rechtsgrundlage für ihren Erlass existiere.

30      Zur von der Klägerin behaupteten Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes ist festzustellen, dass sie nichts vorgetragen hat, was belegt, dass sie seitens der Kommission nicht an Bedingungen geknüpfte, präzise Zusicherungen erhalten hätte, dass ihrer Beschwerde Priorität eingeräumt werde. Nach ständiger Rechtsprechung kann sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes jeder berufen, bei dem die Unionsverwaltung begründete Erwartungen geweckt hat (Urteile des Gerichtshofs vom 11. März 1987, Van den Bergh en Jurgens und Van Dijk Food Products [Lopik]/Kommission, 265/85, Slg. 1987, 1155, Randnr. 44, und vom 26. Juni 1990, Sofrimport/Kommission, C‑152/88, Slg. 1990, I‑2477, Randnr. 26), wobei eine Verletzung dieses Grundsatzes nur dann geltend gemacht werden kann, wenn die Verwaltung präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen von zuständiger und zuverlässiger Seite gegeben hat (vgl. Urteil des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 152 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Nach alledem sind die Klagegründe eines Verstoßes gegen den Grundsatz des konsequenten Verwaltungsverhaltens, eines Verstoßes gegen den Grundsatz, wonach sich die Kommission nicht in Widerspruch zu ihrem früheren Verhalten setzen darf, und eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes unbegründet.

32      Die erste Gruppe von Klagegründen ist mithin insgesamt zurückzuweisen.

 Zur zweiten Gruppe von Klagegründen, die die Prüfung der zweiten Beschwerde wegen Verstoßes gegen Art. 81 EG betreffen

33      Die Klägerin macht fünf Klagegründe geltend, nämlich einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, eine Verletzung der Sorgfaltspflicht, eine Verletzung der Begründungspflicht, eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler.

–       Zur Verletzung der Begründungspflicht

34      Die Klägerin ist der Ansicht, die Kommission habe nicht angegeben, weshalb sie es abgelehnt habe, die Prüfung der zweiten, wegen Verletzung von Art. 81 EG erhobenen Beschwerde fortzusetzen, und dadurch ihre Begründungspflicht verletzt.

35      Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Anforderungen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Im vorliegenden Fall hat die Kommission ausdrücklich in den Erwägungsgründen 6 und 7 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, ihrer Meinung nach enthalte das Vorbringen der Klägerin in ihrer zweiten Beschwerde und in ihrer Stellungnahme vom 9. Juli 2008 keinen Hinweis auf eine Verletzung von Art. 81 EG, sondern betreffe in Wirklichkeit Behauptungen zum Missbrauch einer kollektiven beherrschenden Stellung. Somit ist festzustellen, dass die Klägerin über alle Gesichtspunkte verfügte, die notwendig waren, um die Gründe für die erlassene Maßnahme zu erfassen, und dass das Gericht in der Lage war, seine Kontrollaufgabe wahrzunehmen. Die Klägerin kann daher keine Unzulänglichkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung in diesem Punkt rügen.

–       Zum Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und zur Verletzung der Sorgfaltspflicht

37      Die Klägerin führt aus, sie habe in der zweiten Beschwerde und in den ergänzenden Unterlagen, die sie der Kommission übersandt habe, Beweise und ernst zu nehmende Anhaltspunkte für abgestimmte Verhaltensweisen, die gegen Art. 81 EG verstoßen hätten, vorgelegt. Die Kommission hätte die Richtigkeit der vorgetragenen Tatsachen prüfen und eine ergänzende Untersuchung durchführen müssen. Sie habe den zutreffenden Sachverhalt nicht sorgfältig und unparteiisch festgestellt und damit den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und ihre Sorgfaltspflicht verletzt.

38      Nach der Rechtsprechung hat die Kommission, der es nach Art. 85 Abs. 1 EG obliegt, auf die Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG zu achten, die Wettbewerbspolitik der Union festzulegen und durchzuführen, wozu ihr bei der Behandlung von Beschwerden ein Ermessen zusteht (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. Dezember 2010, CEAHR/Kommission, T‑427/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Wenn die Kommission in Ausübung dieses Ermessens beschließt, den bei ihr eingereichten Beschwerden unterschiedliche Prioritäten einzuräumen, kann sie nicht nur die Reihenfolge festlegen, in der die Beschwerden geprüft werden, sondern auch eine Beschwerde mangels eines Gemeinschaftsinteresses an der Fortführung der Untersuchung der Angelegenheit zurückweisen (vgl. Urteil CEAHR/Kommission, Randnr. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Das Ermessen der Kommission ist jedoch nicht unbegrenzt. Sie muss alle erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte berücksichtigen, um darüber zu entscheiden, wie eine Beschwerde zu behandeln ist. Sie muss insbesondere alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte aufmerksam prüfen, die ihr der Beschwerdeführer zur Kenntnis bringt. Sie trifft auch eine Begründungspflicht, wenn sie die weitere Prüfung einer Beschwerde ablehnt, wobei die Begründung so genau und detailliert sein muss, dass das Gericht die Ausübung der Ermessensbefugnis der Kommission zur Festlegung der Prioritäten wirksam überprüfen kann (Urteil CEAHR/Kommission, Randnr. 28). Diese Überprüfung darf nicht dazu führen, dass das Gericht seine Beurteilung des Gemeinschaftsinteresses an die Stelle der Beurteilung durch die Kommission setzt, sondern beschränkt sich auf die Prüfung, ob die streitige Entscheidung nicht auf unzutreffenden Tatsachenfeststellungen beruht und weder einen Rechtsfehler noch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einen Ermessensmissbrauch aufweist (Urteile des Gerichts vom 18. September 1992, Automec/Kommission, T‑24/90, Slg. 1992, II‑2223, Randnr. 80, vom 13. Dezember 1999, Européenne automobile/Kommission, T‑9/96 und T‑211/96, Slg. 1999, II‑3639, Randnr. 29, und vom 14. Februar 2001, Sodima/Kommission, T‑62/99, Slg. 2001, II‑655, Randnr. 42).

41      Auch ist daran zu erinnern, dass es Sache des Beschwerdeführers ist, der Kommission die seiner Beschwerde zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte mitzuteilen (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, International Power u. a./NALOO, C‑172/01 P, C‑175/01 P, C‑176/01 P und C‑180/01 P, Slg. 2003, I‑11421, Randnr. 148). Um diese mit der Begründung zurückweisen zu können, dass die gerügten Praktiken das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft nicht verletzten oder gegebenenfalls nicht in dessen Anwendungsbereich fielen, ist die Kommission nicht verpflichtet, bei der Prüfung einer Beschwerde Tatsachen zu berücksichtigen, die ihr nicht vom Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht worden sind. Es kann ihr deshalb im Rahmen einer Klage gegen die Zurückweisung einer wettbewerbsrechtlichen Beschwerde kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie einen ihr vom Beschwerdeführer nicht vorgetragenen Gesichtspunkt, den sie nur durch eine Untersuchung hätte aufdecken können, nicht berücksichtigt hat (Urteil des Gerichts vom 4. März 2003, FENIN/Kommission, T‑319/99, Slg. 2003, II‑357, Randnr. 43).

42      Im vorliegenden Fall erwähnt die Klägerin in der zweiten Beschwerde einen Verstoß gegen Art. 81 EG nicht ausdrücklich. Sie begnügt sich damit, eine stillschweigende Koordinierung im Zusammenhang mit einer kollektiven beherrschenden Stellung von Druckerherstellern zu behaupten.

43      Art. 81 EG wird erstmals in der ergänzenden Stellungnahme vom 30. November 2006 erwähnt. Die Klägerin macht darin geltend, dass die im Rahmen des Missbrauchs einer kollektiven beherrschenden Stellung beschriebenen Praktiken ebenfalls einen Verstoß gegen Art. 81 EG darstellten. Sie legt jedoch nicht dar, inwiefern diese Praktiken auch ein Kartell oder eine abgestimmte Verhaltensweise seien, die gegen Art. 81 EG verstießen.

44      Die Klägerin erwähnt Art. 81 EG auch in ihrer Stellungnahme vom 9. Juli 2008. Sie verweist auf ihren Vortrag in der zweiten Beschwerde und behauptet, es bestünden abgestimmte Verhaltensweisen zwischen den OEM sowohl auf dem Markt für Drucker als auch auf dem Markt für Tintenpatronen. Für das Bestehen abgestimmter Verhaltensweisen sprächen auch die Beständigkeit der Marktanteile der OEM, die gleichzeitige Anwendung von Ausschlusspraktiken, das Vorhandensein vertraglicher Beziehungen der OEM untereinander durch Lizenzen oder Produktionsabsprachen und die Zusammenarbeit der OEM in verschiedenen institutionellen Rahmen für die Ausarbeitung bestimmter Normen für Tintenpatronen. Die Klägerin stellt jedoch im Wesentlichen Behauptungen auf, ohne diese zu erhärten oder zu erläutern.

45      Die Klägerin führt in ihrem Schreiben vom 15. September 2008 erneut einen Verstoß gegen Art. 81 EG an. Sie behauptet, dass Ähnlichkeiten zwischen den Tintenpatronen von Hewlett-Packard und Canon festgestellt worden seien, was eine Kooperation zwischen den beiden Unternehmen beweise und notwendigerweise zu einer Kostenvereinheitlichung und einem Informationsaustausch führe, ohne die dieser Behauptung zugrunde liegenden Überlegungen zu erläutern.

46      Es ist festzustellen, dass sämtliche von der Klägerin vorgetragenen Umstände ungenau und nicht hinreichend untermauert sind, um auf einen Verstoß gegen Art. 81 EG schließen zu können. Die Klägerin begnügt sich nämlich im Wesentlichen mit der Behauptung, dass die Praktiken, die einen Missbrauch einer kollektiven beherrschenden Stellung darstellten, auch einen Verstoß gegen Art. 81 EG bedeuteten, ohne zusätzliche Hinweise auf ein Kartell, eine abgestimmte Verhaltensweise oder eine Entscheidung über einen Beschluss einer Unternehmensvereinigung beizubringen. Was im Übrigen die angeblichen Lizenzen und Produktionsabsprachen zwischen den OEM angeht, sind die Behauptungen der Klägerin nicht hinreichend untermauert und detailliert, zumal solche Absprachen nicht notwendigerweise mit Art. 81 EG unvereinbar sind. Desgleichen beschränkt die angebliche Kooperation der OEM bei der Einführung von Normen nicht notwendigerweise den Wettbewerb.

47      Unter diesen Umständen ist die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin ihr keine ausreichenden Hinweise auf das Vorliegen einer Absprache oder einer abgestimmten Verhaltensweise, die Art. 81 EG verletzen und daher die Einleitung einer Untersuchung rechtfertigen, gegeben hat.

48      Im Übrigen kann der Kommission nach der oben in Randnr. 41 angeführten Rechtsprechung kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie keine ergänzende Untersuchung vorgenommen hat.

49      Infolgedessen sind die Klagegründe eines Verstoßes gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und einer Verletzung der Sorgfaltspflicht bei der Feststellung des Sachverhalts zurückzuweisen.

–       Zum offensichtlichen Beurteilungsfehler wegen der Nichtberücksichtigung der Schwere der behaupteten Zuwiderhandlung

50      Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe dadurch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, dass sie die Schwere der behaupteten Zuwiderhandlungen und ihre Auswirkungen auf die betreffenden Märkte nicht berücksichtigt habe.

51      Dazu ist angesichts der Ungenauigkeit und der unzureichenden Untermauerung der von der Klägerin zur Stützung der zweiten Beschwerde vorgetragenen Tatsachen festzustellen, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie die Zurückweisung der zweiten Beschwerde in Bezug auf den Verstoß gegen Art. 81 EG wegen der Unzulänglichkeit der von der Klägerin vorgetragenen Hinweise als gerechtfertigt ansah und die Schwere der in keiner Weise nachgewiesenen Zuwiderhandlungen und infolgedessen deren angebliche Auswirkungen außer Betracht ließ. Auf alle Fälle war die Kommission, wie aus den nachfolgenden Randnrn. 104 bis 111 hervorgeht, nicht verpflichtet, dieses Kriterium bei ihrer Untersuchung zu berücksichtigen.

–       Zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör

52      Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission auch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe, da sie auf wesentliche Argumente der Klägerin zum Nachweis einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG nicht eingegangen sei.

53      Hierzu ist auszuführen, dass die Kommission das in Art. 7 der Verordnung Nr. 773/2004 vorgesehene Verfahren befolgt hat. So hat sie der Klägerin das Ergebnis ihrer Untersuchung der zweiten Beschwerde in ihrem Schreiben vom 26. Mai 2008 mitgeteilt und ihr Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Die Klägerin hat nämlich am 9. Juli 2008 Stellung genommen und am 15. September sowie am 10. November 2008 ergänzende Unterlagen vorgelegt. Wie aus dem ersten Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, hat sich die Kommission auf diese Stellungnahme und auf diese Unterlagen bezogen.

54      Aus alledem geht hervor, dass die Kommission der Klägerin Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Argumente gegeben und diese in der angefochtenen Entscheidung auch berücksichtigt hat.

55      Der Klagegrund einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist daher zurückzuweisen.

56      Aus alledem folgt, dass die zweite Gruppe von Klagegründen insgesamt zurückzuweisen ist.

 Zur dritten Gruppe von Klagegründen, die die Prüfung der zweiten Beschwerde wegen Verstoßes gegen Art. 82 EG betreffen

57      Die Klägerin macht folgende Klagegründe geltend: einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, eine Verletzung der Sorgfaltspflicht bei der Feststellung des Sachverhalts, eine Verletzung der Begründungspflicht, eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und mehrere Beurteilungsfehler, da eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Nachweis einer Verletzung des Art. 82 EG bestehe.

–       Zum Vorliegen von Beurteilungsfehlern

58      Die Klägerin vertritt die Ansicht, die Kommission habe zu Recht zwischen einem Primärmarkt für Drucker und Sekundärmärkten für die Tintenpatronen unterschieden, wendet sich jedoch gegen die Auffassung, dass der Wettbewerb auf dem Primärmarkt die Sekundärmärkte disziplinieren könne. Für den Fall, dass die Auffassung der Kommission zutreffend sei, bestreitet die Klägerin zum einen das Vorliegen von Wettbewerb auf dem Primärmarkt für Drucker und zum anderen die Tatsache, dass die nachfolgend in Randnr. 60 aufgeführten Kriterien erfüllt seien. Somit bestehe eine beherrschende Stellung der OEM auf den Sekundärmärkten für Tintenpatronen.

59      Vorab ist daran zu erinnern, dass nach der oben in Randnr. 40 angeführten Rechtsprechung das Ermessen, über das die Kommission bei der Zurückweisung einer Beschwerde wegen fehlenden Gemeinschaftsinteresses verfügt, nicht unbegrenzt ist. So unterliegt die Kommission einer Begründungspflicht, wenn sie die weitere Prüfung einer Beschwerde ablehnt, wobei die Begründung so genau und detailliert sein muss, dass das Gericht die Ausübung des Ermessens der Kommission bei der Festlegung der Prioritäten tatsächlich überprüfen kann. Diese Überprüfung darf nicht dazu führen, dass das Gericht seine Beurteilung des Gemeinschaftsinteresses an die Stelle der Beurteilung durch die Kommission setzt, sondern beschränkt sich auf die Frage, ob die streitige Entscheidung nicht auf unzutreffenden Tatsachenfeststellungen beruht und ob sie einen Rechtsfehler, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einen Ermessensmissbrauch aufweist.

60      Im vorliegenden Fall hat die Kommission bei der Zurückweisung der Beschwerde die Grundsätze angewandt, die sie in zwei vorhergehenden Entscheidungen herausgestellt hatte, von denen eine die Märkte für Laserdrucker und Toner und der andere die Märkte für Fotokopiergeräte und Toner betraf. Nach diesen Grundsätzen erlaubt es der horizontale Wettbewerb auf dem Primärmarkt unter bestimmten Voraussetzungen, die Sekundärmärkte zu disziplinieren und jede beherrschende Stellung auf diesen Märkten auszuschließen. Diese Disziplinierung ist nur dann möglich, wenn die Primär- und Sekundärmärkte in engem Zusammenhang miteinander stehen, was von der Erfüllung der vier folgenden Voraussetzungen abhängt: Der Verbraucher kann eine sachkundige Wahl auch in Bezug auf die Preise während der Lebensdauer der Zubehörteile treffen; es ist wahrscheinlich, dass der Verbraucher eine solche sachkundige Wahl beim Kauf trifft; im Falle überhöhter Preise auf den Sekundärmärkten würde eine ausreichende Zahl von Verbrauchern ihre Kaufpraktiken auf dem Primärmarkt anpassen; diese Anpassung der Kaufpraktiken würde innerhalb angemessener Frist erfolgen (Erwägungsgründe 16 und 22 der angefochtenen Entscheidung).

61      Im Fall der Tintenstrahldrucker hat die Kommission festgestellt, dass auf dem Primärmarkt intensiver Wettbewerb herrsche (23. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und dass es wenig wahrscheinlich sei, dass der Primär- und der Sekundärmarkt unter Berücksichtigung der vier erwähnten Kriterien nicht eng miteinander verbunden seien. Sie hat daraus geschlossen, dass die OEM keine beherrschende Stellung auf den Sekundärmärkten einnähmen (25. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

62      Die Kommission hat hinzugefügt, die Klägerin habe keine Argumente vorgetragen bzw. keine Beweise vorgelegt, die die Anwendung anderer Kriterien rechtfertigten oder zu einem anderen Ergebnis führten (26. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Insbesondere stünden die von der Klägerin vorgetragenen Umstände im Widerspruch zu ihrer Behauptung, dass die Verbraucher keinen Zugang zu Informationen über die Druckkosten hätten (Erwägungsgründe 27 und 28 der angefochtenen Entscheidung).

63      Die Kommission ist daher zum Ergebnis gelangt, dass es in Anbetracht der wenigen mit der zweiten Beschwerde vorgetragenen Hinweise und unter Berücksichtigung der in den früheren Entscheidungen gezogenen Schlussfolgerungen wenig wahrscheinlich sei, dass ein Missbrauch einer beherrschenden Stellung nachgewiesen werden könne (31. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

64      Zunächst macht die Klägerin zur Stichhaltigkeit der Auffassung der Kommission, dass der Primärmarkt die Sekundärmarkte diszipliniere, geltend, dass vier Beweise zeigten, dass diese Theorie auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei. Erstens gebe es keinen unmittelbaren Wettbewerb zwischen den Herstellern von Druckern auf den verschiedenen Märkten für Tintenpatronen der jeweiligen OEM. Zweitens wendeten die Druckerhersteller auf den Märkten für Tintenpatronen die „razor-and-blade-strategy“ an, die darin bestehe, Nachlässe auf den Preis der Drucker zu gewähren, um auf einer möglichst breiten Basis installierter Geräte die Preise für Tintenpatronen auf hohem Niveau festzusetzen und dadurch erhebliche Gewinne zu realisieren. Drittens blieben die Preise für Tintenpatronen der OEM auf demselben Niveau. Viertens gehe aus kürzlich gemachten Beobachtungen hervor, dass die OEM die Tintenpreise gleichzeitig erhöhten.

65      Die Behauptung, es bestehe kein unmittelbarer Wettbewerb zwischen den Druckerherstellern auf den verschiedenen Märkten für Tintenpatronen der einzelnen OEM, ist nicht geeignet, die Ansicht der Kommission in Frage zu stellen. Nach dieser Ansicht ist es nämlich unerheblich, dass die OEM auf den Märkten ihrer Tintenpatronen nicht unmittelbar im Wettbewerb stünden, denn die Disziplinierung finde auf dem Primärmarkt der Drucker statt, und die Verbraucher könnten durch den Austausch von Druckern, deren Kosten gering seien, von einem Markt für Tintenpatronen zum anderen wechseln.

66      Sodann ist in Bezug auf die „razor-and-blade-strategy“ festzustellen, dass die Beweismittel, auf die sich die Klägerin beruft, nämlich Presseartikel, unzureichend sind. In diesen Artikeln wird nämlich behauptet, dass die OEM ihre Drucker zu sehr niedrigen Preisen oder sogar mit Verlust verkauften, dann aber Gewinne aus dem Verkauf der Tintenpatronen zu exzessiven Preisen erwirtschafteten. Diese Artikel liefern einige Zahlen, meist in Bezug auf den amerikanischen Markt, und deuten das Bestehen eines stillschweigenden Kartells an. Sie erwähnen allerdings einen Restwettbewerb durch andere Tintenpatronenhersteller und durch den Markteintritt des Unternehmens Kodak, das ein anderes wirtschaftliches Modell als die übrigen OEM anwende. Diese Artikel sind daher nicht geeignet, die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung vertretene Auffassung in Frage zu stellen.

67      Schließlich werden die dritte und die vierte Behauptung der Klägerin durch kein Beweismittel untermauert. Die Klägerin berichtet lediglich von „Beobachtungen“ ihrer Mitglieder. So nimmt sie für die Behauptung, dass die Preise für die Tintenpatronen der OEM auf gleichem Niveau blieben, keine zeitbezogene Untersuchung über die Entwicklung der Preise vor und begnügt sich mit der Behauptung, dass die Preisspanne für die Patronen zwischen 20 und 45 Euro betrage, ohne Erläuterungen zu den Arten von Patronen, die als Grundlage dieser Feststellung gedient haben, oder zu den berücksichtigten Fabrikaten zu geben. Zur angeblichen gleichzeitigen Erhöhung der Tintenpreise verweist die Klägerin lediglich auf eine Behauptung in einer Fußnote der Klageschrift, ohne eine Untersuchung anhand von Zahlen und ohne sonstige Beweismittel.

68      Die Klägerin hat somit keine ausreichenden Hinweise vorgetragen, die es erlaubten, die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung vertretene Ansicht in Frage zu stellen.

69      Sodann bestreitet die Klägerin das Vorliegen von Wettbewerb auf dem Markt für Drucker, der die Sekundärmärkte für Tintenpatronen disziplinieren könnte. Erstens hätten sich die OEM auf dem Markt für Drucker unter Verstoß gegen Art. 81 EG abgestimmt. Zweitens gebe es eine kollektive beherrschende Stellung auf diesem Markt, und eine Marktkonzentration unterhalb der Oligopolschwelle genüge, um den Wettbewerb auszuschließen. Drittens existiere ein enges Oligopol zwischen Hewlett-Packard und Canon, und viertens liege eine individuelle beherrschende Stellung von Hewlett-Packard vor.

70      Zur behaupteten Abstimmung der OEM unter Verstoß gegen Art. 81 EG genügt die Feststellung, dass aus den obigen Randnrn. 42 bis 49 hervorgeht, dass die Klägerin, die im Rahmen dieses Vorbringens nicht zwischen dem Markt für Drucker und dem Markt für Tintenpatronen unterscheidet, keine ausreichenden Beweise oder Anhaltspunkte für dieses Kartell oder diese abgestimmte Verhaltensweise beigebracht bzw. vorgetragen hat.

71      Zur angeblichen kollektiven beherrschenden Stellung der OEM auf dem Markt für Drucker ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung eine solche Stellung davon abhängt, dass drei Voraussetzungen zusammen erfüllt sind: Erstens muss jedes Mitglied des beherrschenden Oligopols das Verhalten der anderen Mitglieder in Erfahrung bringen können, um festzustellen, ob sie einheitlich vorgehen oder nicht; zweitens muss der Zustand der stillschweigenden Koordinierung auf Dauer aufrechterhalten werden können, d. h., es muss einen Anreiz geben, nicht vom gemeinsamen Vorgehen auf dem Markt abzuweichen; drittens darf die voraussichtliche Reaktion der tatsächlichen und potenziellen Konkurrenten sowie der Verbraucher nicht die erwarteten Ergebnisse des gemeinsamen Vorgehens in Frage stellen (vgl. Urteil des Gerichts vom 26. Januar 2005, Piau/Kommission, T‑193/02, Slg. 2005, II‑209, Randnr. 111 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Die Klägerin vertritt die Ansicht, sie habe die Beweise für eine kollektive beherrschende Stellung auf dem Primärmarkt für Drucker in mehreren Schriftstücken erbracht. In den meisten Fällen werden jedoch die Kriterien für die kollektive beherrschende Stellung nur im Zusammenhang mit den Märkten für Tintenpatronen erwähnt.

73      In den Fällen, in denen der Markt für Drucker erwähnt ist, konzentriert sich die Klägerin im Wesentlichen auf die Voraussetzung der Transparenz des Marktes. Sie führt auch die Konzentration des Marktes für Drucker, die angebliche Stabilität der Marktanteile, die Schwierigkeiten von Kodak beim Markteintritt und die Anwendung ähnlicher Strategien, der sogenannten „razor-and-blade-strategies“, an (vgl. oben, Randnr. 64). Ferner ist sie der Auffassung, dass die behaupteten koordinierten Ausschlusspraktiken auf den Märkten für Tintenpatronen einen Anhaltspunkt für eine kollektive beherrschende Stellung darstellten. Die Ausführungen der Klägerin dazu sind mitunter widersprüchlich, da sie sich einerseits auf die Stabilität der Marktanteile beruft, andererseits jedoch darauf hinweist, dass die Markteinführung von Multifunktions- und Fotodruckern die Aufteilung der Marktanteile geändert habe. Insbesondere habe Canon ihre Marktanteile in den Jahren 2003 und 2004 erheblich erhöht.

74      In Bezug auf die zweite und die dritte oben in Randnr. 71 aufgeführte Voraussetzung macht die Klägerin geltend, sie seien erfüllt, erläutert dies jedoch nicht näher und trägt auch nichts vor, was ihr Vorbringen untermauern könnte.

75      Im Übrigen geht aus den zur Stützung der zweiten Beschwerde vorgelegten Dokumenten, wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, hervor, dass die Anteile der OEM am Markt für Drucker im Lauf der letzten Jahre schwankten, was das Vorhandensein von Wettbewerb auf diesem Markt bestätigt. Ebenso belegen die Unterlagen, die die Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegt hat, zwar tatsächlich, dass Kodak sehr geringe Marktanteile hatte, aus ihnen geht jedoch auch hervor, dass es sich um einen neu eingetretenen Marktteilnehmer handelt, der eine aggressive Strategie praktiziert.

76      Nach alledem hat die Klägerin keine ausreichenden Anhaltspunkte vorgetragen, um darzutun, dass auf dem Markt für Drucker eine kollektive beherrschende Stellung vorliegt.

77      Zum Vorbringen, dass eine Marktkonzentration unterhalb der Oligopolschwelle genüge, um jeden wirksamen Wettbewerb auszuschließen, ist zu bemerken, dass das Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren ihrem Vorbringen zum Nachweis einer kollektiven beherrschenden Stellung ähnelt und nicht oder kaum untermauert ist. Somit ist es der Klägerin nicht gelungen, darzutun, inwiefern die Konzentration auf dem Markt für Drucker verhindert, dass dieser Primärmarkt die Sekundärmärkte für Tintenpatronen diszipliniert.

78      Ebenso hat die Klägerin nicht dargetan, inwiefern die Zusammenarbeit zwischen Hewlett-Packard und Canon im Bereich der Herstellung von Tintenpatronen – wenn sie denn nachgewiesen wäre – den Wettbewerb auf dem Primärmarkt und die Disziplinierung der Sekundärmärkte in Frage stellt.

79      In Bezug auf die individuelle beherrschende Stellung von Hewlett-Packard auf dem Markt für Drucker ist schließlich darauf hinzuweisen, dass nach der angefochtenen Entscheidung und den Einschätzungen der Klägerin der Marktanteil dieses Unternehmens 43 % bei Tintenstrahldruckern betrug, was für sich nicht ausreicht, um das Vorliegen einer beherrschenden Stellung darzutun (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continentaal/Kommission, 27/76, Slg. 1978, 207, Randnrn. 108 bis 110). Ferner weisen die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen, wie die Kommission im 23. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausführt, darauf hin, dass die Wettbewerber Druck auf die Gewinnspannen von Hewlett‑Packard ausüben. Das übrige Vorbringen der Klägerin zur beherrschenden Stellung von Hewlett-Packard wird entweder auf Feststellungen zu den Tintenpatronen gestützt und ist daher unerheblich, oder auf das Vorliegen missbräuchlicher Praktiken, deren Drahtzieherin Hewlett-Packard sein soll, was durch keinerlei Beweis belegt ist. Die Kommission ist daher zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass Hewlett-Packard auf den ersten Blick keine beherrschende Stellung auf dem Markt für Drucker innehat.

80      Nach alledem hat die Klägerin ihre Behauptungen, dass auf dem Primärmarkt für Drucker kein Wettbewerb herrsche, nicht hinreichend belegt. Vielmehr zeigen, wie oben in Randnr. 75 ausgeführt worden ist, die von der Klägerin vorgelegten Dokumente eine Entwicklung der Marktanteile der OEM und den Markteintritt eines möglichen neuen Wettbewerbers, was auf das Vorliegen von Wettbewerb auf diesem Markt hindeutet.

81      Drittens ist die Klägerin der Ansicht, dass die oben in Randnr. 60 erwähnten Kriterien im vorliegenden Fall nicht erfüllt seien. Sie macht geltend, dass die von der Kommission angeführten früheren Entscheidungen alt seien, dass der Verbraucher keine sachkundige Wahl treffen könne, dass es auf alle Fälle wenig wahrscheinlich sei, dass der Verbraucher eine solche Wahl treffe, und dass sie, die Klägerin, das Vorliegen missbräuchlicher Praktiken seitens der OEM dargetan habe.

82      Zum Vorbringen, dass die beiden von der Kommission angeführten Entscheidungen alt seien und auf einem anderen Sachverhalt als der vorliegende Fall beruhten, ist festzustellen, dass die Klägerin nichts vorgetragen hat, was ihren Standpunkt hinreichend stützen könnte. Insbesondere hat sie nicht dargetan, inwiefern die Strukturen des Wettbewerbs auf den Primärmärkten für Laserdrucker und Fotokopiergeräte einerseits und auf den Sekundärmärkten für Toner andererseits so unterschiedlich waren, dass die in den früheren Entscheidungen gefundenen Lösungen auf die Märkte für Tintenstrahldrucker und Tintenpatronen nicht anwendbar sind.

83      Zu ihrem Argument, dass der Verbraucher in Ermangelung von Informationen über die Druckkosten pro Seite keine sachkundige Wahl treffen könne, führt die Klägerin aus, dass die Lage von Kodak, die in der angefochtenen Entscheidung zum Vergleich herangezogen worden sei, kein gutes Beispiel sei, da das Unternehmen kein bedeutender Wirtschaftsteilnehmer auf den Märkten für Drucker und Tintenpatronen sei. Tatsächlich seien verlässliche Informationen hierzu für den Verbraucher nicht verfügbar.

84      Zur Erhärtung dieser Behauptungen hat die Klägerin einen Bericht des Office of Fair Trading (im Folgenden: OFT) von Dezember 2002 und zwei Gutachten vorgelegt. Aus diesen Unterlagen geht hervor, dass sowohl das OFT als auch die von der Klägerin zitierten Sachverständigen der Ansicht sind, dass die Preise für Tintenpatronen nicht leicht erhältlich und vergleichbar seien.

85      Festzustellen ist, dass der Bericht des OFT und das erste Gutachten auf das Jahr 2002 bzw. das Jahr 1997 zurückgehen und vor Einführung der ISO-Normen erstellt wurden, mit denen laut dem zweiten von der Klägerin vorgelegten Gutachten gerade die Transparenz verstärkt und ein Vergleich der Druckkosten ermöglicht werden sollte. Der Verfasser dieses zweiten Gutachtens aus dem Jahr 2008 behauptet, dass die Möglichkeit, die Druckkosten pro Seite zu vergleichen, durch die Einführung der ISO-Normen nicht verbessert worden sei. Diese Normen seien nicht bindend und berücksichtigten nicht alle Kriterien, die die Leistung eines Druckers beeinflussten. Er führt aus, dass der durchschnittliche Verbraucher nur schwer Zugang zu den Druckkosten habe. Diese Behauptung beruht jedoch nicht auf einer bei den Verbrauchern durchgeführten Erhebung, sondern auf der Erfahrung und den Unterstellungen des Verfassers. Ferner geht aus dem zweiten Gutachten hervor, dass die Leistung der Drucker von den OEM auf ihren Verpackungskartons oder ihren Internetseiten angegeben werde.

86      Im Übrigen hat die Klägerin, wie die Kommission im 28. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angibt, auch Unterlagen vorgelegt, die belegen, dass bestimmte Preisvergleiche im Internet verfügbar sind und dass die Presse über Preisunterschiede zwischen den Tintenpatronen von Kodak und den anderen Patronen berichtet hat.

87      Die Kommission hat somit keinen offensichtlichen Fehler begangen, als sie – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – nicht zu dem Ergebnis gelangte, dass die Verbraucher keinen Zugang zu Informationen über die Druckkosten hätten.

88      Zur Wahrscheinlichkeit, dass der Verbraucher eine sachkundige Wahl trifft, hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren angegeben, dass die Verbraucher angesichts der Schwierigkeit, sich Informationen über die Druckkosten zu verschaffen, sich in der Praxis damit abfänden, die ihrem Drucker entsprechenden Tintenpatronen zu kaufen.

89      Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen, da, wie zuvor festgestellt worden ist, die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass sich die Verbraucher Informationen über die Druckkosten verschaffen können. Ebenso ist das Vorbringen, dass die Verbraucher ihre Kaufpraktiken nicht anpassten, nicht hinreichend belegt.

90      Daher hat die Kommission mit der Annahme, es sei unter Berücksichtigung der oben in Randnr. 60 angeführten Kriterien wenig wahrscheinlich, dass der Primär- und der Sekundärmarkt nicht eng miteinander verbunden seien, keinen Fehler begangen.

91      Aus alledem ergibt sich, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass die Ansicht der Kommission, der Wettbewerb auf dem Markt für Drucker diszipliniere die Sekundärmärkte für Tintenpatronen, nicht stichhaltig ist. Ferner hat die Kommission in Anbetracht der von der Klägerin vorgetragenen Umstände rechtsfehlerfrei anhand der vorgelegten Beweismittel und der früheren Entscheidungen, die für vergleichbare Märkte erlassen wurden, das Vorhandensein von Wettbewerb auf dem Primärmarkt festgestellt und ist zu dem Ergebnis gelangt, es sei wenig wahrscheinlich, dass der Primär- und der Sekundärmarkt nicht eng miteinander verbunden seien. Infolgedessen hat die Kommission durch die Annahme, dass keine beherrschende Stellung der OEM auf den Märkten für Tintenpatronen vorliege und dass der Nachweis eines Verstoßes gegen Art. 82 EG wenig wahrscheinlich sei, keinen Fehler begangen.

92      Dieses Ergebnis kann auch nicht durch das Vorbringen der Klägerin zu den angeblichen von den OEM angewandten Ausschlusspraktiken in Frage gestellt werden. Mit ihnen lässt sich nämlich nicht aufzeigen, dass die Kommission einen Fehler begangen hätte, als sie die Wahrscheinlichkeit, einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung nachweisen zu können, als gering einschätzte. Da die Kommission der Ansicht war, sie verfüge über ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme des Fehlens einer beherrschenden Stellung, war es nicht notwendig, dass sie die angeblichen missbräuchlichen Praktiken prüfte.

–       Zur Verletzung der Begründungspflicht

93      Die Klägerin vertritt die Ansicht, die Kommission habe ihre Argumente zur geltend gemachten Verletzung des Art. 82 EG mit einer sehr kurzen Begründung zurückgewiesen, ohne eine Reihe von Gesichtspunkten, die sie vorgebracht habe, insbesondere die Informationen über die Druckkosten pro Seite, geprüft zu haben.

94      Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht auf das gesamte Vorbringen der Klägerin eingegangen ist und einige der Argumente, die diese vor dem Gericht vorgetragen hat, wie etwa den Einfluss der ISO-Normen, nicht erwähnt hat. Insoweit hat die Kommission ihre Begründungspflicht nicht verletzt, da sie, wie aus den obigen Randnrn. 60 bis 63 hervorgeht, ihre Überlegungen so klar dargelegt hat, dass die Klägerin die Gründe für die Zurückweisung der Beschwerde begreifen und das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen konnte.

95      Der Umstand, dass nicht auf das gesamte Vorbringen der Klägerin spezifisch eingegangen wurde, kann dieses Ergebnis nicht in Frage stellen, da die Kommission in der Begründung von Entscheidungen, die sie erlässt, um die Anwendung der Wettbewerbsregeln sicherzustellen, nicht auf alle Argumente einzugehen braucht, die die Betroffenen für ihren Antrag vorbringen. Es genügt, dass sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. Urteil FENIN/Kommission, Randnr. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

96      Auf alle Fälle ist in Bezug auf Informationen über die Druckkosten pro Seite festzustellen, dass diese Frage von der Kommission im 28. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich erwähnt wird.

97      Der Klagegrund des Verstoßes gegen die Begründungspflicht ist daher zurückzuweisen.

 Zur Verletzung der Sorgfaltspflicht, des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Verfahrensrechte

98      Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe ihre Sorgfaltspflicht, den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, den Anspruch auf rechtliches Gehör und die Verfahrensrechte verletzt, da sie lediglich und dazu noch zu Unrecht behauptet habe, dass die Argumente von der Klägerin niemals vorgetragen worden seien, anstatt die erteilten Auskünfte zu prüfen.

99      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, wie dies bereits oben in Randnr. 53 geschehen ist, dass die Kommission das in Art. 7 der Verordnung Nr. 773/2004 vorgesehene Verfahren befolgt und der Klägerin Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat. Aus der angefochtenen Entscheidung geht weiter hervor, dass die Kommission die von der Klägerin in der zweiten Beschwerde gegebenen Auskünfte und die ergänzenden Ausführungen berücksichtigt hat.

100    Die Klagegründe einer Verletzung der Sorgfaltspflicht, des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung, des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Verfahrensrechte sind daher zurückzuweisen.

101    Nach alledem ist die Gruppe von Klagegründen, die die Prüfung der zweiten Beschwerde wegen Verstoßes gegen Art. 82 EG betreffen, insgesamt zurückzuweisen.

 Zur vierten Gruppe von Klagegründen, die die maßgebenden Kriterien für die Beurteilung des Gemeinschaftsinteresses an der Fortsetzung der Untersuchung einer Angelegenheit betreffen

102    Die Klägerin rügt, dass die Kommission die Kriterien für die Beurteilung des Prioritätsgrads einer Beschwerde nicht eingehalten habe. Ferner sei die angefochtene Entscheidung mit mehreren Fehlern behaftet. Erstens sei die Schwere der behaupteten Zuwiderhandlungen nicht berücksichtigt worden, zweitens sei das Kriterium des Umfangs der für die Untersuchung erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen nicht hinreichend geprüft worden und drittens liege ein offensichtlicher Beurteilungsfehler und ein Ermessensmissbrauch vor, weil die Kommission die erforderlichen Untersuchungsmaßnahmen und Ressourcen für unverhältnismäßig gehalten habe. Viertens sei allein die Kommission in der Lage, die Zuwiderhandlung abzustellen.

–       Zum offensichtlichen Beurteilungsfehler wegen Nichtberücksichtigung der Schwere der behaupteten Zuwiderhandlungen

103    Die Klägerin rügt, dass der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei, indem sie die Schwere der Auswirkungen der geltend gemachten Zuwiderhandlungen auf das Funktionieren des Wettbewerbs nicht berücksichtigt habe, obwohl dies ein Kriterium bei der Beurteilung des Gemeinschaftsinteresses bei einer Beschwerde sei und die Klägerin das Vorliegen schwerwiegender Auswirkungen der geltend gemachten Zuwiderhandlungen auf den Wettbewerb und für die Verbraucher eindeutig kenntlich gemacht habe.

104    Da bei der Einschätzung des Gemeinschaftsinteresses bei einer Beschwerde auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen ist, ist es nicht angebracht, die Zahl der Beurteilungskriterien, die die Kommission heranziehen kann, einzuschränken oder ihr die ausschließliche Anwendung bestimmter Kriterien vorzuschreiben. Da sich der tatsächliche und rechtliche Zusammenhang von Fall zu Fall beträchtlich unterscheiden kann, ist es möglich, bis dahin nicht in Betracht gezogene Kriterien zugrunde zu legen (Urteile des Gerichtshofs vom 4. März 1999, Ufex u. a./Kommission, C‑119/97 P, Slg. 1999, I‑1341, Randnrn. 78 und 79, und vom 17. Mai 2001, IECC/Kommission, C‑449/98 P, Slg. 2001, I‑3875, Randnr. 47).

105    So ist es denkbar, dass die Kommission die Bedeutung der behaupteten Zuwiderhandlung für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes, die Wahrscheinlichkeit des Nachweises ihres Vorliegens und den Umfang der notwendigen Untersuchungsmaßnahmen gegeneinander abzuwägen hat, um ihrer Aufgabe der Überwachung der Einhaltung der Artikel 81 EG und 82 EG nachzukommen (Urteil Automec/Kommission, Randnr. 86). Die Kommission kann jedoch der Prüfung zweier der drei genannten Kriterien Vorrang geben (vgl. Urteil des Gerichts vom 16. Januar 2008, Scippacercola und Terezakis/Kommission, T‑306/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 190 und die dort angeführte Rechtsprechung) oder sich auf ein ganz anderes Kriterium stützen (vgl. in diesem Sinne Urteil IECC/Kommission, Randnrn. 48 und 49).

106    Die Kommission kann auch den Umstand berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer zur Geltendmachung seiner Ansprüche Klage bei den nationalen Gerichten erheben kann (Urteil Automec/Kommission, Randnr. 88). Für die Beurteilung des Gemeinschaftsinteresses an der Prüfung einer Angelegenheit kann auch das Kriterium maßgeblich sein, wie weit deren Untersuchung fortgeschritten ist (Urteil IECC/Kommission, Randnr. 37).

107    Zur angeblichen Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG wird auf Randnr. 51 verwiesen.

108    Zur angeblichen Zuwiderhandlung gegen Art. 82 EG geht aus den Erwägungsgründen 10, 12, 31 und 32 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission dem Umfang der erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen, der geringen Wahrscheinlichkeit des Nachweises einer Zuwiderhandlung und der Unverhältnismäßigkeit einer Untersuchung Rechnung getragen hat. Daher ist festzustellen, dass die Kommission im vorliegenden Fall zweien der drei oben in Randnr. 105 aufgeführten Kriterien den Vorrang gegeben und die Schwere der behaupteten Zuwiderhandlung nicht geprüft hat.

109    Aus der in den Randnrn. 104 und 105 angeführten Rechtsprechung geht jedoch hervor, dass die Kommission nicht verpflichtet war, das letztgenannte Kriterium zu berücksichtigen.

110    Angesichts der zwei älteren Entscheidungen, mit denen Beschwerden wegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 82 EG auf vergleichbaren Märkten zurückgewiesen worden sind, und der Unzulänglichkeit der von der Klägerin vorgetragenen Umstände können die von der Kommission berücksichtigten Kriterien als Grundlage für die Zurückweisung der Beschwerde dienen.

111    Daher hat die Kommission keinen Fehler begangen, als sie die Schwere der behaupteten Zuwiderhandlungen bei der Schlussfolgerung, es fehle bei der Beschwerde am Gemeinschaftsinteresse, nicht berücksichtigt hat.

–       Zum Fehler und zur Verletzung der Sorgfalts- und der Begründungspflicht wegen nicht hinreichend genauer Prüfung des die erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen betreffenden Kriteriums

112    Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Kommission nicht hinreichend genau geprüft habe, ob die Komplexität der Sache und der Umfang der für die Untersuchung erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen dergestalt gewesen seien, dass sie die Zurückweisung der zweiten Beschwerde gerechtfertigt hätten. In Anbetracht der Schäden, die sich aus den geltend gemachten Praktiken ergäben, sei der Aufwand der Kommission für die Durchführung der Ermittlungen nicht unangemessen. Ferner stelle der Umstand, dass auf die im Verwaltungsverfahren von der Klägerin abgegebene Stellungnahme nicht eingegangen worden sei, eine Verletzung der Sorgfaltspflicht und der Begründungspflicht dar.

113    Aus der angefochtenen Entscheidung geht der Hinweis der Kommission hervor, sie habe bereits in den beiden früheren Angelegenheiten die Märkte der Toner für Drucker und Fotokopiergeräte untersucht und sei zu dem Ergebnis gelangt, es gebe dort keine beherrschende Stellung. Ferner erlaube keines der von der Klägerin vorgelegten Beweismittel den Schluss auf eine beherrschende Stellung nach dem in den vorhergehenden Entscheidungen dargestellten wirtschaftlichen Modell, und ebenso wenig, dieses Modell in Frage zu stellen. Infolgedessen ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, es sei wenig wahrscheinlich, dass sie einen Verstoß gegen Art. 82 EG nachweisen könne. Sie hat daher angenommen, dass es in Anbetracht dieser geringen Wahrscheinlichkeit und der umfangreichen erforderlichen Ressourcen, die einzusetzen gewesen wären, um Beweise für die behauptete Zuwiderhandlung zu erhalten, unverhältnismäßig wäre, die Ermittlungen in der in Rede stehenden Angelegenheit fortzuführen. Sie hat ferner ausgeführt, dass sie sich auf die Praktiken konzentrieren müsse, die dem Wettbewerb und den Verbrauchern schaden könnten, was im vorliegenden Fall nicht gegeben sei.

114    Die von der Kommission angeführten Gründe reichen daher aus, um darzutun, dass die Angelegenheit komplex war und erhebliche Ressourcen erfordert hätte, da es für eine Fortsetzung der Untersuchung der zweiten Beschwerde unerlässlich gewesen wäre, ausreichende Anhaltspunkte zu finden, um den in den beiden früheren Entscheidungen vertretenen Standpunkt, dass der Primärmarkt die Sekundärmärkte disziplinieren könne, zu widerlegen.

115    Somit hat die Kommission ihre Begründungspflicht nicht verletzt, da sie es in der angefochtenen Entscheidung der Klägerin ermöglicht hat, die Gründe für die Zurückweisung der Beschwerde zu begreifen, und das Gericht in die Lage versetzt hat, seine Kontrollaufgabe wahrzunehmen. Wie in Randnr. 95 ausgeführt worden ist, kann der Umstand, dass die Kommission nicht auf sämtliche Argumente der Klägerin eingegangen ist, dieses Ergebnis nicht in Frage stellen.

116    Desgleichen geht aus den vorstehenden Ausführungen hervor, dass die Kommission ihre Sorgfaltspflicht nicht verletzt hat und keinen Beurteilungsfehler in Bezug auf die Komplexität der Ermittlungen und der erforderlichen Untersuchungsmaßnahmen begangen hat.

–       Zum offensichtlichen Beurteilungsfehler in Bezug auf die Unverhältnismäßigkeit der erforderlichen Untersuchungsmaßnahmen und Ressourcen sowie zum Ermessensmissbrauch der Kommission

117    Die Klägerin macht geltend, in Anbetracht der Schwere des Wettbewerbsverstoßes und der Tatumstände sei der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie zu dem Schluss gekommen sei, dass die Untersuchungsmaßnahmen und die zum Nachweis von Zuwiderhandlungen erforderlichen Ressourcen unverhältnismäßig seien.

118    Es liege auch ein Ermessensmissbrauch seitens der Kommission vor, denn auf der Grundlage der von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen müsse man zu dem Schluss gelangen, dass die zweite Beschwerde aus anderen als den angegebenen Gründen, insbesondere den mangelnden Ressourcen der Kommission, zurückgewiesen worden sei.

119    Dazu ist unter Bezugnahme auf die Randnrn. 104 bis 111 festzustellen, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, die Schwere der behaupteten Zuwiderhandlungen zu berücksichtigen.

120    Die Klägerin hat keine anderen Anhaltspunkte für das Vorliegen des geltend gemachten offensichtlichen Beurteilungsfehlers vorgetragen. Sie begnügt sich mit der Behauptung, dass die betreffende Angelegenheit notwendigerweise von Gemeinschaftsinteresse sei. Ebenso wenig zeigt die Klägerin auf, inwiefern die Kommission ihr Ermessen missbraucht habe, und belegt nicht ihre Behauptung, dass die zweite Beschwerde aus anderen als den angegebenen Gründen zurückgewiesen worden sei.

121    Daher ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

–       Zur fehlenden Rechtsbehelfsmöglichkeit bei Untätigkeit der Kommission

122    Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Kommission die einzige Behörde sei, die in der Lage sei, ausreichenden Schutz gegen die Wettbewerbsbeschränkungen zu bieten, und dass weder die nationalen Wettbewerbsbehörden noch die nationalen Gerichte einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt für Tintenpatronen wiederherstellen könnten.

123    Hierzu geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Möglichkeit, seine Rechte bei den nationalen Gerichten geltend zu machen, öfter als notwendig erwähnt wird und dass die anderen Erwägungen in Bezug auf die geringe Wahrscheinlichkeit eines Nachweises der Zuwiderhandlung und die Unverhältnismäßigkeit der Ressourcen, die für die Ermittlungen aufzuwenden wären, ausreichend sind, um zu dem abschließenden Ergebnis zu gelangen, dass es am Gemeinschaftsinteresse fehlt. Daher ist diese Rüge nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung in Frage zu stellen.

124    Somit ist die vierte Gruppe von Klagegründen insgesamt zurückzuweisen.

125    Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

 Kosten

126    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

127    Nach Art. 87 § 4 der Verfahrensordnung kann das Gericht entscheiden, dass ein Streithelfer seine eigenen Kosten trägt. Im vorliegenden Fall ist die Streithelferin zur Tragung ihrer eigenen Kosten zu verurteilen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die European Federation of Ink and Ink Cartridge Manufacturers (EFIM) trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission.

3.      Die Lexmark International Technology SA trägt ihre eigenen Kosten.

Papasavvas

Vadapalas

O’Higgins

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. November 2011.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.