Language of document : ECLI:EU:T:2015:96

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

12. Februar 2015(*)

„Gemeinschaftsmarke – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke LIFEDATA – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 75 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Mangelnde Einzelfallprüfung – Begründungspflicht“

In der Rechtssache T‑318/13

Vita Phone GmbH mit Sitz in Mannheim (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt P. Ruess und Rechtsanwältin A. Doepner‑Thiele,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Marten und G. Schneider als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 26. März 2013 (Sache R 1072/2012‑1) über die Anmeldung des Wortzeichens LIFEDATA als Gemeinschaftsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude, der Richterin I. Wiszniewska‑Białecka und des Richters I. Ulloa Rubio (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 13. Juni 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 25. Juli 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund der Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 23. Dezember 2011 meldete die Klägerin, die Vita Phone GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen LIFEDATA.

3        Die Marke wurde – nach den während des Verfahrens vor dem HABM vorgenommenen Einschränkungen – für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 10 und 44 im Sinne des Abkommens von Nizza über die Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 10: „Ärztliche und telemedizinische Apparate und Instrumente zur Erfassung und Übertragung von Körperfunktionswerten und Biosignalen, sämtliche vorgenannten Waren ausschließlich für den Bereich der Telemedizin“;

–        Klasse 44: „Telemedizinische Dienstleistungen; Dienstleistungen eines telemedizinischen Servicecenters, telemedizinisches Monitoring, telemedizinische Betreuung von Patienten, telemedizinische Diagnostik, insbesondere über elektronische Kommunikationsmittel, telefonische ärztliche Betreuung und telefonischer Notfalldienst im Bereich der Telemedizin“.

4        Mit Bescheid vom 10. April 2012 wies der Prüfer die Anmeldung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 mit der Begründung zurück, dass das streitige Zeichen keine Unterscheidungskraft besitze und beschreibend sei.

5        Am 1. Juni 2012 legte die Klägerin gegen die Entscheidung des Prüfers beim HABM eine Beschwerde gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 ein.

6        Mit Entscheidung vom 26. März 2013 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie war insbesondere der Auffassung, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 aufweise.

7        Die Beschwerdekammer stellte zunächst fest, dass sich die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen im Bereich der Telemedizin an ein medizinisches Fachpublikum und an die Patienten richteten, die sie in Anspruch nähmen; diese Personen verfügten im Allgemeinen über gute Englischkenntnisse und zeigten einen erhöhten Aufmerksamkeitsgrad.

8        Sodann führte sie aus, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Marke unmittelbar als Zusammensetzung aus den englischen Wörtern „life“ (auf Deutsch: Leben) und „data“ (auf Deutsch: Daten, Messwerte, Angaben) erkennen würden und dass diese Zusammensetzung, da sie eine nicht ungewöhnliche Aneinanderreihung zweier Wörter des englischen Grundwortschatzes darstelle, von jedem Verbraucher, der über Mindestkenntnisse dieser Sprache verfüge, als „Lebensdaten“ verstanden werde, ohne dass es einer Auslegung bedürfe. Ferner wies die Beschwerdekammer darauf hin, dass die angemeldete Marke dieselbe Bedeutung wie bestimmte Fachbegriffe im telemedizinischen Bereich habe, und zwar die Begriffe „Biosignal“ und „Vitalparameter“.

9        Die Beschwerdekammer gelangte schließlich zu dem Schluss, dass man nicht davon ausgehen könne, dass sich eine so leicht verständliche Wortkombination, die sich zudem auf den Gegenstand der betroffenen Waren und Dienstleistungen beziehe, in der Erinnerung der angesprochenen Verbraucher unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen einprägen werde.

 Verfahren und Anträge der Parteien

10      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

11      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

12      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung rügt.

 Erster Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009

13      Dieser Klagegrund besteht aus zwei Teilen, mit denen ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 und ein Verstoß gegen Art. 75 dieser Verordnung geltend gemacht werden.

 Erster Teil: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

14      Mit dem ersten Teil des ersten Klagegrundes wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, die Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 in Bezug auf die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen verkannt zu haben. Sie erhebt insoweit drei Rügen: Das angemeldete Zeichen könne den betroffenen Verkehrskreisen keine konkrete und eindeutige Botschaft vermitteln, zwischen dem angemeldeten Zeichen und dem Gegenstand der beanspruchten Waren und Dienstleistungen bestehe keine Beziehung, und die Beschwerdekammer habe bei ihrer Beurteilung die frühere Praxis des HABM und des Patent- und Markenamts der Vereinigten Staaten von Amerika nicht hinreichend berücksichtigt.

15      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

16      Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen. Nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 genügt es, dass dieses absolute Eintragungshindernis in einem Teil der Europäischen Union vorliegt.

17      Nach ständiger Rechtsprechung hat eine Marke Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 12. Juli 2012, Smart Technologies/HABM, C‑311/11 P, Slg, EU:C:2012:460, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung). Den maßgeblichen Verkehrskreisen soll es ermöglicht werden, bei einem späteren Erwerb der betreffenden Waren oder Dienstleistungen ihre Entscheidung davon abhängig zu machen, ob sie beim ersten Erwerb gute oder schlechte Erfahrungen gemacht haben (Urteil vom 12. März 2008, Compagnie générale de diététique/HABM [GARUM], T‑341/06, EU:T:2008:70, Rn. 29).

18      Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung der Marke beantragt wurde, und zum anderen im Hinblick auf ihre Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen (Urteil Smart Technologies/HABM, oben in Rn. 17 angeführt, EU:C:2012:460, Rn. 24).

19      Im vorliegenden Fall ist vorab darauf hinzuweisen, dass die Klägerin die Definition der maßgeblichen Verkehrskreise in Rn. 12 der angefochtenen Entscheidung nicht in Abrede stellt. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise einerseits aus Fachleuten des medizinischen oder medizintechnischen Bereichs und andererseits aus Patienten bestehen, die die betreffenden Waren und Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Sodann handelt es sich, da sich das angemeldete Zeichen aus englischen Wörtern zusammensetzt, bei den maßgeblichen Verkehrskreisen insbesondere um englischsprachige Verbraucher, obwohl man in Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer davon ausgehen darf, dass die maßgeblichen Fachverbraucher anderer Mitgliedstaaten ebenfalls über hinreichende Englischkenntnisse verfügen können, um die Bedeutung der angemeldeten Marke zu verstehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. März 2012, Kaltenbach & Voigt/HABM [3D eXam], T‑242/11, EU:T:2012:179, Rn. 26). Da die Feststellung der Beschwerdekammer demnach nicht mit einem Fehler behaftet ist, ist sie bei der Prüfung der vorliegenden Klage zu berücksichtigen.

20      Mit der ersten Rüge macht die Klägerin erstens geltend, dass das Zeichen LIFEDATA aus einer Kombination von Begriffen bestehe, die keine Information übermitteln könne, die hinreichend spezifisch sei, um ohne weitere Überlegung von den maßgeblichen Verkehrskreisen verstanden werden zu können. Insbesondere ergebe sich dieses Zeichen aus einer für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen unüblichen Wortkombination, die weder in englischen Wörterbüchern nachweisbar sei noch den Grammatikregeln dieser Sprache entspreche. Das streitige Zeichen veranlasse daher die Verbraucher, eine aufmerksame Prüfung vorzunehmen und über seinen Sinngehalt nachzudenken, ohne es unmittelbar als „Lebensdaten“ auffassen und auslegen zu können. Die Klägerin kommt zu dem Ergebnis, dass die angemeldete Marke unter diesen Umständen sehr wohl geeignet sei, auf die betriebliche Herkunft der mit der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen hinzuweisen.

21      Es ist hervorzuheben, dass sich das streitige Zeichen, wie die Beschwerdekammer in Rn. 13 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, aus zwei Substantiven, nämlich den Begriffen „life“ und „data“, zusammensetzt, die ohne Leerschritt oder Bindestrich zusammengeschrieben werden. Es handelt sich zudem um zwei einfache und im Englischen gebräuchliche Wörter. In semantischer Hinsicht werden sie in der elektronischen Fassung des Oxford English Dictionary, das das HABM in Rn. 26 seiner Klagebeantwortung anführt, dahin definiert, dass sie u. a. zum einen auf die Bedingung, lebend zu sein, und zum anderen auf zusammenhängende, insgesamt betrachtete Daten über Informationen, die üblicherweise auf wissenschaftlicher Arbeit beruhen und als Referenzdaten, zur Analyse oder zur Berechnung verwendet werden, verweisen.

22      Es ist daher davon auszugehen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise dem Begriff „lifedata“ entgegen der Auffassung der Klägerin einen besonderen Inhalt werden zuschreiben können und dem angemeldeten Zeichen eine genaue Bedeutung zuweisen werden. Insbesondere wird, wie die Beschwerdekammer in Rn. 15 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt hat, das angemeldete Zeichen von diesen Verkehrskreisen als „Lebensdaten“ verstanden werden. Da die beiden Begriffe zum englischen Grundwortschatz gehören und in einer gebräuchlichen lexikalischen Verbindung verwendet werden, die von den Benutzern, die über die grundlegendsten Kenntnisse dieser Sprache verfügen, leicht erkannt werden kann, konnte die Beschwerdekammer im Übrigen fehlerfrei feststellen, dass die angemeldete Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen sofort ohne zusätzliche Überlegung verstanden wird.

23      Dieses Ergebnis kann nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt werden, der Begriff „lifedata“ entspreche nicht den englischen Grammatikregeln. Wie nämlich das HABM zutreffend festgestellt hat, sind zusammengesetzte Wörter – auf Englisch „compound nouns“ – in der englischen Grammatik üblich und ergeben sich aus der Verbindung von mindestens zwei Wörtern zur Bildung eines einzigen Substantivs. Insoweit steht das Fehlen eines Leerschritts zwischen den Begriffen „life“ und „data“ in der angemeldeten Marke dem nicht entgegen, dass die betroffenen Verkehrskreise die Bedeutung der Wörter leicht erkennen können. Auch wenn zusammengesetzte Wörter manchmal mit Bindestrich oder Leerschritt geschrieben werden, ist es nämlich auch üblich, sie ohne diese Zeichen zusammenzuschreiben.

24      Zweitens ist zu der Behauptung der Klägerin, der Umstand, dass der Begriff „lifedata“ nicht für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen verwendet werde, unterstütze die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke, darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung Zeichen, die bei der Vermarktung der betreffenden Waren oder Dienstleistungen üblicherweise verwendet werden, als ungeeignet gelten, auf die Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen (Urteil GARUM, oben in Rn. 17 angeführt, EU:T:2008:70, Rn. 29). Jedoch kann dies nicht im Umkehrschluss bedeuten, dass die angemeldete Marke Unterscheidungskraft besitzt, wenn sie für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen kaum verwendet wird. Nach der Rechtsprechung ist die Unterscheidungskraft einer Gemeinschaftsmarke nicht anhand der Originalität oder der mangelnden Benutzung der entsprechenden Marke im Bereich der betreffenden Waren und Dienstleistungen zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 14. Mai 2012, Timehouse/HABM, C‑453/11 P, EU:C:2012:291, Rn. 19). Im vorliegenden Fall ist daher der von der Beschwerdekammer in Rn. 16 der angefochtenen Entscheidung vorgenommenen Beurteilung beizupflichten, wonach es für die Feststellung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke unerheblich ist, dass das Zeichen LIFEDATA im Bereich der telemedizinischen Waren und Dienstleistungen nicht benutzt werde.

25      Drittens ist der von der Klägerin geltend gemachte Umstand, bei der angemeldeten Marke handele es sich um eine Wortneuschöpfung, nicht dazu angetan, als solcher automatisch die Unterscheidungskraft des fraglichen Zeichens zu belegen und daher dessen Eintragung zu ermöglichen. Dazu müsste nämlich die Bedeutung des Zeichens insgesamt über die Bedeutung der einzelnen Bestandteile, aus denen es sich zusammensetzt, hinausgehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Mai 2008, Eurohypo/HABM, C‑304/06 P, Slg, EU:C:2008:261, Rn. 45, und vom 29. April 2010, Kerma/HABM [BIOPIETRA], T‑586/08, EU:T:2010:171, Rn. 31 bis 33).

26      Im vorliegenden Fall besteht jedoch, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Kombination „lifedata“ als Ganzes eine sprachliche Neuschöpfung darstellt, kein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der bloßen Summe ihrer Bestandteile im Sinne der in der vorstehenden Rn. 25 angeführten Rechtsprechung. Denn es ist offensichtlich, dass der Ausdruck „lifedata“, dessen Bestandteile im englischen Grundwortschatz belegt sind, als Ganzes „Lebensdaten“ bedeutet.

27      Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht die Auffassung vertreten, dass die angemeldete Marke auf einer leicht verständlichen Wortkombination beruhe, die sich nicht unmittelbar in der Erinnerung der maßgeblichen Verkehrskreise einpräge und es diesen Verkehrskreisen in diesem Zusammenhang nicht ermögliche, sie als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen zu erkennen.

28      Die erste Rüge ist daher zurückzuweisen.

29      Mit einer zweiten Rüge wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke auch aus dem Grund verneint zu haben, dass diese den Gegenstand der von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen beschreibe.

30      Soweit die Klägerin im Rahmen der vorliegenden Rüge erneut geltend macht, dass das angemeldete Zeichen nicht als „Lebensdaten“ zu verstehen sei, genügt zunächst die Feststellung, dass die Beschwerdekammer, wie aus Rn. 22 des vorliegenden Urteils hervorgeht, fehlerfrei angenommen hat, dass das angemeldete Zeichen von den maßgeblichen Verkehrskreisen im Sinne einer solchen Bedeutung verstanden werde.

31      Ferner trägt die Klägerin vor, selbst wenn das angemeldete Zeichen im Sinne von „Lebensdaten“ verstanden würde, führte dies nicht notwendigerweise zu dem Schluss, dass die maßgeblichen Verkehrskreise diese Bedeutung mit den von der Anmeldung erfassten Begriffen Biosignale und Vitalparameter gleichsetzten, sondern eher mit dem Begriff Biografie.

32      Zwar ist es, wie die Klägerin vorbringt, nicht ausgeschlossen, dass das angemeldete Zeichen Bedeutungen haben kann, die nicht mit dem medizinischen Bereich verbunden sind, insbesondere die Bedeutung „Biografie“ (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2012, medi/HABM [medi], T‑470/09, EU:T:2012:369, Rn. 29).

33      Im vorliegenden Fall geht es bei den fraglichen Waren und Dienstleistungen darum, Gesundheitsdaten zur Verfügung zu stellen und zu übermitteln. Die maßgeblichen Verkehrskreise bestehen aus einem medizinischen Fachpublikum und dessen Patienten. Daher kann nicht, wie die Klägerin behauptet, davon ausgegangen werden, dass die zwischen dem medizinischen Personal und den Patienten mit Hilfe der fraglichen Waren und Dienstleistungen übermittelten Informationen dazu dienen, die Lebensgeschichte der Patienten, d. h. deren Biografie, zu erzählen. Da die betreffenden Waren und Dienstleistungen in einem medizinischen Zusammenhang beansprucht werden, kann die angemeldete Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen nämlich nur im Sinne von „Biosignale“ oder „Daten über den Gesundheitszustand von Patienten“ verstanden werden.

34      Die Beschwerdekammer ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft hat, da sie sich –angesichts dessen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise das Zeichen in dem medizinischen Zusammenhang auslegten, in dem die fraglichen Waren und Dienstleistungen stünden – auf den Gegenstand der beanspruchten Waren und Dienstleistungen beziehe, so dass sie es nicht ermögliche, diese als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

35      Die zweite Rüge ist zurückzuweisen.

36      Mit einer dritten Rüge wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, zu dem Ergebnis gelangt zu sein, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft habe, ohne frühere Eintragungen sowohl beim HABM als auch beim Patent- und Markenamt der Vereinigten Staaten von Amerika zu berücksichtigen.

37      Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung das HABM zwar die bereits zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen zu berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage zu richten hat, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, dass aber die Anwendung dieser Grundsätze mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden muss. Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Demgemäß muss diese Prüfung in jedem Einzelfall erfolgen. Die Eintragung eines Zeichens als Marke hängt nämlich von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren zu ermitteln ist, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (vgl. Urteil vom 14. Juli 2014, NIIT Insurance Technologies/HABM [SUBSCRIBE], T‑404/13, EU:T:2014:645, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38      Darüber hinaus sind nach ständiger Rechtsprechung die Entscheidungen, die die Beschwerdekammern gemäß der Verordnung Nr. 207/2009 über die Eintragung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke zu treffen haben, gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen. Ob ein Zeichen als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden kann, ist daher nur auf der Grundlage dieser Verordnung in ihrer Auslegung durch den Unionsrichter zu überprüfen und nicht auf der Grundlage einer früheren Praxis der Beschwerdekammern (vgl. Urteile vom 2. Mai 2012, Universal Display/HABM [UniversalPHOLED], T‑435/11, EU:T:2012:210, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 30. April 2013, Boehringer Ingelheim International/HABM [RELY-ABLE], T‑640/11, EU:T:2013:225, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der in den Rn. 20 bis 35 des vorliegenden Urteils vorgenommenen Prüfung, dass die Beschwerdekammer auf der Grundlage einer umfassenden Beurteilung und unter Berücksichtigung der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise zutreffend festgestellt hat, dass der Gemeinschaftsmarkenanmeldung der Klägerin das absolute Eintragungshindernis von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 entgegensteht. Nach der vorstehend in den Rn. 37 und 38 angeführten Rechtsprechung kann diese Beurteilung daher nicht allein aus dem Grund in Frage gestellt werden, dass die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall nicht der früheren Entscheidungspraxis des HABM gefolgt sein soll.

40      Zweitens ist das Vorbringen zur Entscheidungspraxis des Patent- und Markenamts der Vereinigten Staaten von Amerika ebenfalls zurückzuweisen. Die Gemeinschaftsregelung für Marken ist nämlich ein aus einer Gesamtheit von Vorschriften bestehendes autonomes System, mit dem ihm eigene Zielsetzungen verfolgt werden und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist. Ob ein Zeichen als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden kann, ist daher nur auf der Grundlage des einschlägigen Gemeinschaftsrechts zu beurteilen. Das HABM und gegebenenfalls der Unionsrichter sind nicht an eine in einem Drittstaat ergangene Entscheidung gebunden, dass dieses Zeichen als nationale Marke eingetragen werden kann (Urteil vom 5. Dezember 2000, Messe München/HABM [electronica], T‑32/00, Slg, EU:T:2000:283, Rn. 47).

41      Die dritte Rüge ist zurückzuweisen.

42      Nach alledem ist die Beschwerdekammer zutreffend davon ausgegangen, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 besitzt. Die Beschwerdekammer hat die Eintragung des Zeichens LIFEDATA für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen daher zu Recht abgelehnt.

43      Der erste Teil des ersten Klagegrundes ist als unbegründet zurückzuweisen.

 Zweiter Teil: Verstoß gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009

44      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe es versäumt, die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke für jede der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen zu beurteilen. Ihre pauschale Prüfung verstoße gegen die Begründungspflicht gemäß Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009.

45      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

46      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidungen des HABM gemäß Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 mit Gründen zu versehen sind. Zu dieser Begründungspflicht, die sich auch aus Art. 296 AEUV ergibt, gibt es eine ständige Rechtsprechung, nach der die Begründung die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass der jeweilige Betroffene sein Recht auf gerichtliche Überprüfung der Entscheidung über die Zurückweisung einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung wirksam wahrnehmen kann (Urteil vom 23. Januar 2014, Novartis/HABM [CARE TO CARE], T‑68/13, EU:T:2014:29, Rn. 27).

47      Darüber hinaus ist die Eintragungsfähigkeit der Marke für jede der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu prüfen und zu begründen. Wenn jedoch dasselbe Eintragungshindernis einer Kategorie oder Gruppe von Waren oder Dienstleistungen entgegengehalten wird, genügt insoweit eine pauschale Begründung (Urteil vom 15. Oktober 2013, Electric Bike World/HABM – Brunswick [LIFECYCLE], T‑379/12, EU:T:2013:529, Rn. 31). Damit diese pauschale Begründung ausreichen kann, müssen die betreffenden Waren oder Dienstleistungen eine homogene Kategorie oder Gruppe darstellen, wofür es nicht ausreicht, dass diese Waren oder Dienstleistungen zu derselben Klasse im Sinne des Abkommens von Nizza gehören (Beschluss vom 18. März 2010, CFCMCEE/HABM, C‑282/09 P, Slg, EU:C:2010:153, Rn. 38, und Urteil vom 12. April 2011, Euro-Information/HABM [EURO AUTOMATIC PAYMENT], T‑28/10, Slg, EU:T:2011:158, Rn. 54 bis 57).

48      Im vorliegenden Fall ergibt sich zum einen hinsichtlich der Waren der Klasse 10 ihre Homogenität insbesondere aus dem Umstand, dass diese Waren alle die gleiche Funktion haben, etwa die Erfassung und Übertragung von Körperfunktionswerten und Biosignalen. Die Verwendung dieser Waren ermöglicht es den maßgeblichen Verkehrskreisen nämlich, trotz räumlicher Entfernung Gesundheitsdaten von Patienten zu übermitteln und darauf Zugriff zu nehmen.

49      Zum anderen beziehen sich die Dienstleistungen der Klasse 44 sämtlich auf telemedizinische Dienstleistungen zur drahtlosen Aufzeichnung der Lebenszeichen von Patienten sowie verschiedener anderer medizinischer Informationen und ermöglichen die Übertragung dieser Daten zwischen den Patienten und den für ihre Beobachtung verantwortlichen Personen.

50      Darüber hinaus ist im Hinblick auf die in den Rn. 48 und 49 des vorliegenden Urteils dargelegten Merkmale festzustellen, dass die telemedizinischen Dienstleistungen der Klasse 44 nur mit Hilfe von Spezialausstattungen, insbesondere denjenigen der Klasse 10, erbracht werden können.

51      Da zum einen mit allen diesen Waren und Dienstleistungen, die sich an dasselbe Publikum richten, nämlich ein medizinisches Fachpublikum und die Patienten, die sie in Anspruch nehmen, bezweckt wird, Informationen und Daten über den Gesundheitszustand der Patienten aus der Ferne zu erfassen, zu speichern, zu verarbeiten, zu übertragen und zurückzuübertragen, und diese Dienstleistungen zum anderen nur unter Verwendung der betreffenden Waren erbracht werden können, stellen diese Waren und Dienstleistungen aufgrund ihrer ähnlichen oder sogar identischen Funktionen eine homogene Gruppe dar, die Gegenstand einer pauschalen Begründung sein kann (vgl. entsprechend Urteil vom 20. Mai 2009, CFCMCEE/HABM [P@YWEB CARD und PAYWEB CARD], T‑405/07 und T‑406/07, Slg, EU:T:2009:164, Rn. 77 und 78).

52      Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist festzustellen, dass aufgrund der Homogenität der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen eine pauschale Begründung der Beschwerdekammer ausreichend war und dass diese daher nicht gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen hat.

53      Der zweite Teil des ersten Klagegrundes und damit der erste Klagegrund insgesamt sind als unbegründet zurückzuweisen.

 Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009

54      Mit dem zweiten Klagegrund rügt die Klägerin, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass das angemeldete Zeichen beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 sei.

55      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

56      Wie sich aus Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 ergibt, ist ein Zeichen bereits dann von der Eintragung als Gemeinschaftsmarke ausgeschlossen, wenn nur eines der dort genannten absoluten Eintragungshindernisse vorliegt (vgl. Urteil vom 13. September 2012, Sogepi Consulting y Publicidad/HABM [ESPETEC], T‑72/11, EU:T:2012:424, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57      Da die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall zu Recht das Vorliegen des Eintragungshindernisses nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 festgestellt hat, ist die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung nicht zu prüfen.

58      Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer, wie aus Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, ihrer ablehnenden Entscheidung allein Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zugrunde gelegt hat.

59      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

60      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihren Anträgen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Vita Phone GmbH trägt die Kosten.

Van der Woude

Wiszniewska-Białecka

Ulloa Rubio

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Februar 2015.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.