Language of document : ECLI:EU:T:2019:815

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

27. November 2019(*)

„Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Dokumente betreffend eine von Frontex im Jahr 2017 im zentralen Mittelmeer durchgeführte Marineoperation – Eingesetzte Schiffe – Verweigerung des Zugangs – Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Sicherheit“

In der Rechtssache T‑31/18,

Luisa Izuzquiza, wohnhaft in Madrid (Spanien),

Arne Semsrott, wohnhaft in Berlin (Deutschland),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Hilbrans und R. Callsen sowie J. Pobjoy, Barrister,

Kläger,

gegen

Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex), vertreten durch H. Caniard und T. Knäbe als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte B. Wägenbaur und J. Currall,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Aufhebung der Frontex-Entscheidung CGO/LAU/18911c/2017 vom 10. November 2017, mit der der Zugang zu Dokumenten verweigert wurde, die Informationen über den Namen, die Flagge und den Typ jedes der von Frontex zwischen dem 1. Juni und dem 30. August 2017 im Rahmen der gemeinsamen Operation Triton im zentralen Mittelmeer eingesetzten Schiffe enthalten,

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Richters P. Nihoul in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten sowie der Richter J. Svenningsen und U. Öberg (Berichterstatter),

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2019

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

1        Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (im Folgenden: Frontex) wurde im Jahr 2004 errichtet und ist gegenwärtig in der Verordnung (EU) 2016/1624 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. September 2016 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 863/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates und der Entscheidung des Rates 2005/267/EG (ABl. 2016, L 251, S. 1) geregelt.

2        Nach Art. 1 der Verordnung 2016/1624 soll die – gemäß Art. 3 dieser Verordnung aus Frontex und den für die Grenzverwaltung zuständigen nationalen Behörden der Mitgliedstaaten gebildete – Europäische Grenz- und Küstenwache auf europäischer Ebene für eine integrierte Grenzverwaltung an den Außengrenzen sorgen, was „die Bewältigung des Migrationsdrucks sowie potenzieller künftiger Bedrohungen an diesen Grenzen ein[schließt], wobei gleichzeitig zur Bekämpfung von schwerer Kriminalität mit grenzüberschreitender Dimension beigetragen werden soll, um ein hohes Maß an innerer Sicherheit innerhalb der Union unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte und der Wahrung der Freizügigkeit in diesem Raum zu gewährleisten“.

3        Frontex unterstützt die Grenzschutzdienststellen und Küstenwachen der Mitgliedstaaten namentlich durch deren Koordinierung im Wege „gemeinsamer Aktionen“ des Einsatzmitgliedstaats und anderer Mitgliedstaaten. Die Einsatzregeln, die Mittel, das Personal, die Ausrüstung und die von den Teilnehmern verwendeten Infrastrukturen werden durch den für jede Aktion spezifischen Einsatzplan festgelegt.

4        Frontex begann die Operation Triton Anfang November 2014, nachdem ihr zusätzliche Haushaltsmittel von der Europäischen Kommission zugeteilt worden waren.

5        Die Operation Triton sollte die Überwachung und Kontrolle der Grenzsicherheit mit Hilfe gemeinsamer Patrouillen und von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellter Ausrüstung sicherstellen. Ihr Einsatzbereich erstreckte sich auf die Hoheitsgewässer Italiens und Maltas sowie auf Such- und Rettungsgebiete dieser Mitgliedstaaten in einem Bereich bis zu 138 Seemeilen südlich von Sizilien.

6        Die Operation Triton 2017 begann am 1. Januar 2017 und endete am 31. Januar 2018.

7        Art. 74 Abs. 1 der Verordnung 2016/1624 lautet: „Bei der Bearbeitung von Anträgen auf Zugang zu in ihrem Besitz befindlichen Dokumenten unterliegt [Frontex] der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43)].“

8        Ferner bestimmt Art. 8 Abs. 3 der Verordnung 2016/1624:

„Die Agentur leistet zu Themen innerhalb ihres Mandats von sich aus Öffentlichkeitsarbeit. Sie stellt der Öffentlichkeit zutreffende und umfassende Informationen über ihre Tätigkeit zur Verfügung.

Diese Öffentlichkeitsarbeit darf den in Absatz 1 genannten Aufgaben nicht abträglich sein; insbesondere dürfen keine operativen Informationen offengelegt werden, deren Veröffentlichung die Erreichung von Operationszielen gefährden würde. Die Öffentlichkeitsarbeit muss unbeschadet des Artikels 50 durchgeführt werden und mit den entsprechenden vom Verwaltungsrat angenommenen Plänen für die Öffentlichkeitsarbeit und Verbreitung im Einklang stehen.“

9        Schließlich heißt es in Art. 74 Abs. 2 der Verordnung 2016/1624:

„[Frontex] leistet zu Themen innerhalb ihrer Aufgabenbereiche von sich aus Öffentlichkeitsarbeit. Sie veröffentlicht einschlägige Informationen, darunter den jährlichen Tätigkeitsbericht … und stellt … insbesondere sicher, dass die Öffentlichkeit und die betroffenen Kreise rasch objektive, detaillierte, zuverlässige und leicht verständliche Informationen über ihre Arbeit erhalten. Dies erfolgt, ohne dabei operative Informationen offenzulegen, deren Veröffentlichung die Erreichung von Operationszielen gefährden würde.“

10      Mit E‑Mail vom 1. September 2017 stellten die Kläger, Frau Luisa Izuzquiza und Herr Arne Semsrott, gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) bei Frontex einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten, die Informationen über den Namen, die Flagge und den Typ jedes der von ihr zwischen dem 1. Juni und dem 30. August 2017 im Rahmen der gemeinsamen Operation Triton im zentralen Mittelmeer eingesetzten Schiffe enthielten.

11      Mit Schreiben vom 8. September 2017, das den Klägern am selben Tag zuging, verweigerte Frontex den Klägern auf der Grundlage der in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Sicherheit den Zugang zu den angeforderten Dokumenten.

12      In diesem Schreiben wies Frontex auf Folgendes hin:

„Die in dem angeforderten Dokument enthaltenen Informationen würden es in Verbindung mit öffentlich zugänglichen Informationen, wie sie auf der Website www.marinetraffic.com verfügbar sind, ermöglichen, die aktuelle Position der Patrouillenboote zu erkennen.

Im Besitz dieser Informationen würden an der Schleusung von Migranten und am Menschenhandel beteiligte kriminelle Netze Kenntnis von den Patrouillengebieten und ‑zeiten erlangen, was ihnen ermöglichen würde, ihre Vorgehensweise anzupassen, um die Grenzüberwachung zu umgehen und so die Außengrenze zu überschreiten und illegal Zugang zum Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zu erhalten.

Die Grenzüberwachung zielt darauf ab, illegale Migration und Menschenhandel zu bekämpfen und jede Bedrohung für die innere Sicherheit der Mitgliedstaaten und die öffentliche Sicherheit zu verhindern.“

13      Mit E‑Mail vom 29. September 2017 stellten die Kläger einen Zweitantrag gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001.

14      In ihrem Zweitantrag machten die Kläger erstens geltend, der Name, die Flagge und der Typ jedes an der Operation Sophia des EAD (Europäischer Auswärtiger Dienst) beteiligten Schiffes würden proaktiv online veröffentlicht und aktiv in den Medien verbreitet, zweitens seien der Name, die Flagge und der Typ jedes an der Operation Triton 2016 beteiligten Schiffes demnach online zugänglich, und drittens habe Frontex am 12. September 2017 einen Teil der angeforderten Informationen proaktiv auf Twitter veröffentlicht.

15      Mit E‑Mail vom 17. Oktober 2017 ersuchte Frontex auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 um eine zusätzliche Frist von 15 Arbeitstagen.

16      Mit der Entscheidung CGO/LAU/18911c/2017 vom 10. November 2017 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) bestätigte Frontex die Weigerung, die angeforderten Dokumente offenzulegen, mit der Begründung, die „Verbreitung von Einzelheiten zu der im Rahmen der gegenwärtig laufenden Operationen verwendeten technischen Ausrüstung wäre der öffentlichen Sicherheit abträglich“.

17      In der angefochtenen Entscheidung stellte Frontex erneut fest,

–        „auf der Grundlage der in den angeforderten Dokumenten enthaltenen Informationen in Verbindung mit über bestimmte Websites/maritime Instrumente öffentlich zugänglichen Informationen [könnte] die aktuelle Position der Patrouillenboote erkannt werden“;

–        „im Besitz dieser Informationen würden an der Schleusung von Migranten und am Menschenhandel beteiligte kriminelle Netze Kenntnis von den Patrouillengebieten und ‑zeiten der Schiffe erlangen, was es ihnen ermöglichen würde, ihre Vorgehensweise anzupassen, um die Grenzüberwachung zu umgehen und so die Außengrenze zu überschreiten und illegal Zugang zum Hoheitsgebiet eines EU‑Mitgliedstaats zu erhalten“.

 Verfahren und Anträge der Parteien

18      Mit Klageschrift, die am 20. Januar 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben.

19      Am 27. März 2018 hat Frontex die Klagebeantwortung eingereicht.

20      Am 30. Mai 2018 haben die Kläger die Erwiderung eingereicht.

21      Am 20. Juli 2018 hat Frontex die Gegenerwiderung eingereicht.

22      Am 1. Oktober 2018 hat Frontex einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit gemäß Art. 109 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts gestellt. Am 24. Oktober 2018 haben die Kläger zu dem Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit Stellung genommen.

23      Mit Entscheidung vom 30. April 2019 hat das Gericht den Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit zurückgewiesen.

24      Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und den Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung schriftliche Fragen gestellt. Diese haben darauf innerhalb der gesetzten Frist geantwortet.

25      Im Rahmen einer Beweisaufnahme nach Art. 91 Buchst. c der Verfahrensordnung hat das Gericht Frontex aufgegeben, „alle Dokumente, die Angaben über den Namen, die Flagge und den Typ aller vom 1. Juni bis zum 30. August 2017 in der Operation Triton eingesetzten Schiffe enthalten“, vorzulegen, wobei es darauf hinwies, dass diese gemäß Art. 104 der Geschäftsordnung nicht den Klägern mitgeteilt würden. Auf diese Maßnahme zur Beweiserhebung hin hat Frontex innerhalb der vorgeschriebenen Fristen ein einziges Dokument vorgelegt, das alle angeforderten Daten enthält.

26      Die Parteien haben in der Sitzung vom 2. Juli 2019 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

27      Die Kläger beantragen,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        jedenfalls Frontex die Kosten aufzuerlegen.

28      Frontex beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

 Zur Zulässigkeit der Klage

29      Frontex hält die Klage für unzulässig, da dem Antrag auf Zugang zu den fraglichen Dokumenten eine Reihe von separaten Anträgen der Kläger vorausgegangen und nachgefolgt sei (Rn. 33 der Klagebeantwortung), die sich zumindest teilweise auf dieselben Informationen bezögen. Mit der vorliegenden Klage zielten die Kläger in Wirklichkeit darauf ab, die für Klagen geltenden Fristen zu umgehen, da die Entscheidungen über die Ablehnung der anderen Anträge bestandskräftig geworden seien, weil sie nicht vor dem Gericht angefochten worden seien.

30      Nach ständiger Rechtsprechung sind Maßnahmen mit verbindlichen Rechtswirkungen, die geeignet sind, die Interessen des Klägers zu beeinträchtigen, indem sie seine Rechtsstellung in qualifizierter Weise verändern, Handlungen oder Entscheidungen, gegen die eine Nichtigkeitsklage gegeben ist (Urteil vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, EU:C:1981:264, Rn. 9, und Beschluss vom 2. September 2009, E.ON Ruhrgas und E.ON Földgáz Trade/Kommission, T‑57/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:297, Rn. 30).

31      Dagegen ist eine Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung, mit der eine frühere, nicht fristgerecht angefochtene Entscheidung lediglich bestätigt wurde, unzulässig (vgl. Urteil vom 11. Januar 1996, Zunis Holding u. a./Kommission, C‑480/93 P, EU:C:1996:1, Rn. 14 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Beschluss vom 16. März 1998, Goldstein/Kommission, T‑235/95, EU:T:1998:56, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass von den in Rn. 33 der Klagebeantwortung angeführten ähnlichen Anträgen nur der Antrag vom 19. Juni 2017 Anlass zu einer Entscheidung gab, die der angefochtenen Entscheidung vorausging, und zwar am 30. Juni 2017. Daher kann die angefochtene Entscheidung nur in Bezug auf diese Entscheidung einen bestätigenden Charakter haben.

33      Die angefochtene Entscheidung hat jedoch in Bezug auf diejenige vom 30. Juni 2017 keinen bestätigenden Charakter.

34      Wie nämlich die Kläger hervorheben, betreffen die beiden Zugangsanträge unterschiedliche Informationen. Der Antrag vom 19. Juni 2017, der zu der Entscheidung vom 30. Juni 2017 führte, betraf den Zugang zu einer Liste von Schiffen, die seinerzeit von Frontex im Rahmen der gemeinsamen Operationen Triton und Poseidon eingesetzt worden waren, die detaillierte Informationen über die Flotte, einschließlich der Namen der Schiffe, ihrer Rufzeichen, der Rufnummer des mobilen Seefunkdienstes (MMSI), der Heimathäfen, der Dienstgeschwindigkeiten, des Schiffstyps und der Treibstoffkapazität enthielt, während der Antrag vom 1. September 2017, der zu der angefochtenen Entscheidung führte, sich auf den Namen, den Typ und die Flagge dieser Schiffe in der Zeit vom 1. Juni bis zum 30. August 2017 bezog.

35      Der Antrag vom 19. Juni 2017 betraf zwar sehr viele Informationen, die mit denen am 1. September 2017 angeforderten identisch sind, nämlich Namen, Flaggen und Typen der bei der Operation Triton eingesetzten Schiffe, aber der Zeitraum, auf den sich diese Anträge bezogen, war ein anderer. Während sich die am 19. Juni 2017 angeforderten Informationen auf Schiffe bezogen, die zum Zeitpunkt dieses Antrags eingesetzt waren, betraf der Antrag vom 1. September 2017 Schiffe, die im Zeitraum vom 1. Juni bis zum 30. August 2017 eingesetzt waren, der zum Zeitpunkt der Antragstellung mithin abgeschlossen war. Darüber hinaus wurde der erste dieser Anträge von Herrn Semsrott gestellt, während der zweite von beiden Klägern gestellt wurde.

36      Somit ist festzustellen, dass sich der Antrag vom 1. September 2017 von demjenigen vom 19. Juni 2017 unterscheidet, so dass die angefochtene Entscheidung nicht als eine die Entscheidung vom 30. Juni 2017 bestätigende Entscheidung angesehen werden kann.

37      Folglich ist die Klage zulässig.

 Zur Begründetheit

38      Die Kläger machen fünf Klagegründe geltend.

39      Der erste Klagegrund besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil vertreten die Kläger die Ansicht, Frontex habe gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 verstoßen, da sie nicht geprüft habe, ob jedes angeforderte Dokument unter die Ausnahme aus Gründen der öffentlichen Sicherheit falle, während sie im zweiten Teil geltend machen, Frontex habe die Begründungspflicht verletzt.

40      Mit den vier weiteren Klagegründen werden jeweils gerügt:

–        ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001, da die Entscheidung auf offensichtlich falschen Tatsachen beruhe: Die im Rahmen der Operation Triton eingesetzten Schiffe könnten nicht mit während der Missionen öffentlich zugänglichen Mitteln nachverfolgt werden;

–        ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001, da die Verbreitung von Informationen betreffend die in der Vergangenheit eingesetzten Schiffe sich nicht automatisch nachteilig auf die Grenzüberwachung auswirken würde;

–        ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001, da ein Teil der angeforderten Informationen bereits veröffentlicht worden sei;

–        ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001, da ein eventuelles Risiko, dass kriminelle Netze die Grenzüberwachung umgingen, nicht die Weigerung rechtfertige, Informationen über den Typ oder die Flagge der betreffenden Schiffe zu übermitteln.

41      Der zweite Teil des ersten Klagegrundes wird zuletzt geprüft.

 Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001, da Frontex nicht geprüft habe, ob jedes angeforderte Dokument unter die Ausnahme aus Gründen der öffentlichen Sicherheit falle

42      Die Kläger werfen Frontex vor, in der angefochtenen Entscheidung die verschiedenen Dokumente, die die angeforderten Informationen enthielten, nicht einzeln geprüft zu haben, um festzustellen, ob sie unter die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme fielen.

43      Frontex ist der Auffassung, dass der erste Teil des ersten Klagegrundes unbegründet sei, und weist darauf hin, dass die Kläger den Zugang nicht zu bestimmten Dokumenten, sondern zu Daten in nicht näher angegebenen Dokumenten beantragt hätten.

44      Hierzu ist festzustellen, dass die Kläger in ihrem Schreiben vom 1. September 2017 den Zugang zu „Dokumenten [mit] Informationen“ über den Namen, die Flagge und den Typ jedes der von Frontex zwischen dem 1. Juni und dem 30. August 2017 im Rahmen der Operation Triton 2017 im zentralen Mittelmeer eingesetzten Schiffe beantragt haben.

45      Was einen solchen Antrag angeht, ist darauf hinzuweisen, dass Zugangsanträge sich gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 auf Dokumente beziehen müssen und dass sie nach Art. 6 Abs. 1 dieser Verordnung „so präzise formuliert sein [müssen], dass das Organ das [angeforderte] Dokument ermitteln kann“.

46      Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 bestimmt: „Ist ein Antrag nicht hinreichend präzise, fordert das Organ den Antragsteller auf, den Antrag zu präzisieren, und leistet ihm dabei Hilfe, beispielsweise durch Informationen über die Nutzung der öffentlichen Dokumentenregister.“

47      Das Verfahren nach den Art. 6 bis 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 soll in erster Linie eine schnelle und einfache Bearbeitung der Anträge auf Zugang zu diesen Dokumenten ermöglichen und in zweiter Linie gemäß dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung eine unverhältnismäßige Arbeitsbelastung des Organs vermeiden (Urteil vom 3. Mai 2018, Malta/Kommission, T‑653/16, EU:T:2018:241, Rn. 77; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 2. Oktober 2014, Strack/Kommission, C‑127/13 P, EU:C:2014:2250, Rn. 25, 27 und 28).

48      Darüber hinaus bestimmt Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001: „Im Hinblick auf die wirksame Ausübung der Rechte aus dieser Verordnung durch die Bürger macht jedes Organ ein Dokumentenregister öffentlich zugänglich.“

49      Im vorliegenden Fall führte Frontex kein Dokumentenregister im Sinne von Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001. Sie forderte die Kläger auch nicht auf, ihren Zugangsantrag weiter zu präzisieren, und unterstützte sie nicht dabei. Frontex scheint auch keine anderen Mittel zur Verfügung gestellt zu haben, um den Klägern zu helfen, die einschlägigen Dokumente zu finden, zu beschreiben oder zu bestimmen.

50      Auf eine Maßnahme des Gerichts zur Beweiserhebung hin hat Frontex ein Dokument mit allen von den Klägern angeforderten Informationen übermittelt. In der mündlichen Verhandlung teilte Frontex mit, dass sie diese Informationen aus einer elektronischen Datenbank extrahiert habe, bevor sie sie in dem an das Gericht übermittelten Dokument zusammengestellt habe.

51      Diesbezüglich hat der Gerichtshof befunden, dass sich das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe zwar nur auf vorliegende Dokumente bezieht, die sich tatsächlich im Besitz des betreffenden Organs befinden, die Unterscheidung zwischen einem vorliegenden Dokument und einem neuen Dokument, was elektronische Datenbanken angeht, jedoch auf der Grundlage eines Kriteriums vorzunehmen ist, das an die technischen Besonderheiten dieser Datenbanken angepasst ist und mit dem Ziel der Verordnung Nr. 1049/2001 im Einklang steht, mit der, wie aus ihrem vierten Erwägungsgrund und aus ihrem Art. 1 Buchst. a hervorgeht, ein größtmöglicher Zugang zu Dokumenten gewährleistet werden soll (Urteil vom 11. Januar 2017, Typke/Kommission, C‑491/15 P, EU:C:2017:5, Rn. 31 und 35).

52      Daher sind als vorliegendes Dokument alle Informationen einzuordnen, die aus einer elektronischen Datenbank im Rahmen ihrer üblichen Nutzung mit Hilfe vorprogrammierter Suchfunktionen extrahiert werden können, auch wenn diese Informationen noch nicht in dieser Form angezeigt wurden oder von den Bediensteten der Organe nie gesucht worden sind (Urteil vom 11. Januar 2017, Typke/Kommission, C‑491/15 P, EU:C:2017:5, Rn. 37).

53      Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass die Organe entgegen der Auffassung der Kläger aus den in einer Datenbank enthaltenen Informationen durch die Verwendung vorhandener Suchfunktionen ein Dokument erstellen können, um den Anforderungen der Verordnung Nr. 1049/2001 zu genügen (Urteil vom 11. Januar 2017, Typke/Kommission, C‑491/15 P, EU:C:2017:5, Rn. 38).

54      Wird ein Dokument erstellt, das solche Informationen enthält, so ist das betreffende Organ oder die betreffende Agentur nicht verpflichtet, jedes der Dokumente, aus denen die angeforderten Daten stammen, einzeln zu prüfen, da es im Wesentlichen darauf ankommt, dass die betreffenden Informationen wie im vorliegenden Fall auf diese Weise geprüft wurden.

55      Der erste Teil des ersten Klagegrundes ist somit zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001, da die Entscheidung auf offensichtlich falschen Tatsachen beruhe

56      Die Kläger widersprechen der Behauptung von Frontex in dem Schreiben vom 8. September 2017 und in der angefochtenen Entscheidung, dass es möglich sei, die im Rahmen der Operation Triton eingesetzten Schiffe über öffentlich zugängliche maritime Websites wie marinetraffic.com nachzuverfolgen. Die Schiffe, die im Rahmen der Operation Triton eingesetzt würden, seien mit einem automatischen Identifikationssystem (AIS) ausgestattet, das es ermögliche, u. a. ihren Namen, ihre Position, ihre Geschwindigkeit und ihren Kurs über Funkübertragungen an Stationen oder Satelliten zu übermitteln. Während eines Einsatzes übermittelten sie ihre AIS-Daten jedoch nicht, um zu vermeiden, dass sie selbst erkennbar würden. Infolge dieser Praxis könnten Informationen über die Identität der eingesetzten Schiffe Dritten nicht helfen, sich über die Position oder die Patrouillegepflogenheiten dieser Schiffe im Einsatz, insbesondere zu Zwecken der Grenzkontrolle, zu informieren. Nach Auffassung der Kläger entspricht daher der von Frontex in der angefochtenen Entscheidung angeführte Grund nicht der Realität.

57      Frontex hält dieses Vorbringen für unbegründet.

58      Hierzu ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 1049/2001, wie sich aus ihrem vierten Erwägungsgrund und ihrem Art. 1 ergibt, der Öffentlichkeit ein größtmögliches Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Organe gewähren soll (Urteil vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 61; vgl. ebenfalls Urteil vom 7. Februar 2018, Access Info Europe/Kommission, T‑851/16, EU:T:2018:69, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

59      Dieses Recht ist aus Gründen öffentlicher oder privater Interessen gleichwohl gewissen Grenzen unterworfen (Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 62, und vom 7. Februar 2018, Access Info Europe/Kommission, T‑851/16, EU:T:2018:69, Rn. 35).

60      Insbesondere sieht die Verordnung Nr. 1049/2001, im Einklang mit ihrem elften Erwägungsgrund, in Art. 4 eine Ausnahmeregelung vor, wonach die Organe den Zugang zu einem Dokument verweigern können, falls durch dessen Verbreitung eines der mit dieser Vorschrift geschützten Interessen beeinträchtigt würde (Urteil vom 7. Februar 2018, Access Info Europe/Kommission, T‑851/16, EU:T:2018:69, Rn. 35).

61      Da solche Ausnahmen vom Grundsatz des größtmöglichen öffentlichen Zugangs zu Dokumenten abweichen, sind sie eng auszulegen und anzuwenden (Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 63, und vom 7. Februar 2018, Access Info Europe/Kommission, T‑851/16, EU:T:2018:69, Rn. 36), so dass der bloße Umstand, dass ein Dokument ein durch eine Ausnahme geschütztes Interesse betrifft, nicht ausreichen kann, um die Anwendung der Ausnahme zu rechtfertigen (Urteile vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW, C‑365/12 P, EU:C:2014:112, Rn. 64, und vom 7. Februar 2018, Access Info Europe/Kommission, T‑851/16, EU:T:2018:69, Rn. 36).

62      Beschließt das betreffende Organ, den Zugang zu einem Dokument zu verweigern, dessen Übermittlung bei ihm beantragt wurde, muss es nämlich grundsätzlich erläutern, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument das Interesse, das durch eine von ihm geltend gemachte Ausnahme nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte. Die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung muss außerdem bei vernünftiger Betrachtung absehbar und darf nicht rein hypothetisch sein (Urteile vom 3. Juli 2014, Rat/in’t Veld, C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 52, und vom 7. Februar 2018, Access Info Europe/Kommission, T‑851/16, EU:T:2018:69, Rn. 37).

63      In seiner Rechtsprechung hat der Gerichtshof eine Sonderregelung für die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1049/2001 zum Schutz des öffentlichen Interesses vorgesehenen Ausnahmen in den Bereichen öffentliche Sicherheit, Verteidigung und Militär, internationale Beziehungen sowie Finanz‑, Währungs- oder Wirtschaftspolitik der Union oder eines Mitgliedstaats entwickelt.

64      Was diese Interessen angeht, hat der Gerichtshof befunden, dass angesichts dessen, dass die betreffenden öffentlichen Interessen besonders sensibel und wesentlich sind und dass das Organ nach dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1049/2001 verpflichtet ist, den Zugang zu einem Dokument zu verweigern, wenn dessen Verbreitung die genannten Interessen beeinträchtigen würde, die von dem Organ zu treffende Entscheidung einen komplexen und diffizilen Charakter aufweist, der ganz besondere Vorsicht erforderlich macht, und dass es für eine solche Entscheidung unter den gegebenen Umständen daher eines Ermessensspielraums bedarf (Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 35, und vom 7. Februar 2018, Access Info Europe/Kommission, T‑851/16, EU:T:2018:69, Rn. 38).

65      Daher widerspricht es dem Gerichtshof zufolge dem Grundsatz der engen Auslegung der in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmeregelungen nicht, dass das betreffende Organ im Rahmen der in Abs. 1 Buchst. a dieses Artikels im Hinblick auf das öffentliche Interesse vorgesehenen Ausnahmeregelungen bei der Feststellung, ob die Verbreitung eines Dokuments die von dieser Bestimmung geschützten Interessen beeinträchtigen könnte, über ein weites Ermessen verfügt, und die vom Gericht ausgeübte Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung, mit der das Organ aufgrund einer dieser Ausnahmeregelungen den Zugang zu einem Dokument verweigert, muss dementsprechend auf die Prüfung beschränkt werden, ob die Verfahrensregeln und die Bestimmungen über die Begründung eingehalten worden sind, der Sachverhalt zutrifft, bei der Tatsachenwürdigung kein offensichtlicher Fehler vorgekommen ist und kein Ermessensmissbrauch vorliegt (Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 64, und vom 7. Februar 2018, Access Info Europe/Kommission, T‑851/16, EU:T:2018:69, Rn. 40).

66      Demzufolge ist im vorliegenden Fall zu ermitteln, ob Frontex in der angefochtenen Entscheidung plausibel erläutert hat, inwiefern der Zugang zu den streitigen Dokumenten den Schutz der öffentlichen Sicherheit der Union konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte, und ob die behauptete Beeinträchtigung in den Grenzen des Frontex im Rahmen der Ausnahmen von Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 zustehenden weiten Ermessens als bei vernünftiger Betrachtung absehbar und nicht rein hypothetisch angesehen werden konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Februar 2018, Access Info Europe/Kommission, T‑851/16, EU:T:2018:69, Rn. 41).

67      Im vorliegenden Fall wird mit dem Klagegrund die sachliche Richtigkeit der von Frontex in der angefochtenen Entscheidung aufgestellten Behauptung in Frage gestellt, die angeforderten Informationen könnten im Falle ihrer Verbreitung mit Informationen kombiniert werden, die über bestimmte Websites oder maritime Instrumente zugänglich seien, um die Position der an der Operation Triton beteiligten Schiffe zu erkennen.

68      In diesem Zusammenhang machen die Kläger ausdrücklich geltend, es sei nicht möglich, die Position der an der Operation Triton 2017 beteiligten Schiffe auf der von Frontex in ihrem Schreiben vom 8. September 2017 angeführten Website www.marinetraffic.com zu verfolgen, da diese Schiffe ihre Transponder während ihrer Einsätze ausschalteten, so dass sie keine Signale mehr übermittelten, die es ermöglichen würden, sie über diese Website zu orten.

69      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass den Erklärungen von Frontex in der mündlichen Verhandlung zufolge die Transponder der an den von Frontex organisierten Einsätzen beteiligten Schiffe während dieser Zeiträume nicht systematisch ausgeschaltet werden.

70      Vielmehr geht aus den Erklärungen von Frontex hervor, dass im Gegensatz zu den Angaben in der Klageschrift die auf den Schiffen installierten Transponder manchmal aktiv sind, wobei die Entscheidung, sie zu aktivieren oder zu deaktivieren, vom Kapitän jedes Schiffes getroffen wird. Es ist nämlich dessen Sache, in Anbetracht der besonderen Umstände, unter denen das Schiff sich bewegt, zu bestimmen, ob es aus Sicherheitsgründen zweckmäßig ist, dessen etwaige Ortung zu vermeiden, oder ob im Gegenteil, um beispielsweise eine Kollision zu vermeiden oder um Menschen in Not zu retten, die Position des Schiffes auf den Radaranlagen anderer Schiffe angezeigt werden sollte.

71      Darüber hinaus reichen laut Frontex die von den Klägern angeforderten Informationen – auch wenn das AIS-System nicht verwendet werde – aus, um ein Schiff zu orten und dann zu verfolgen, wenn sie mit Low-Tech-Überwachungsmitteln wie der Beobachtung der Schiffsbewegungen von der Küste oder von einem oder mehreren anderen Schiffen aus oder mit High-Tech-Überwachungsmitteln wie dem Einsatz von Drohnen kombiniert würden, wobei der Einsatz beider Arten von Mitteln bei kriminellen Gruppen, die auf hoher See oder in anderen Meeresgebieten tätig seien, weit verbreitet sei.

72      In Kenntnis des Standorts der Schiffe würden die Schlepper über die notwendigen Informationen verfügen, um die Kontrollen zur Verhinderung des illegalen Zugangs zu den Grenzen zu vermeiden.

73      Die Aussicht, dass solche Schiffe von Schleppern geortet werden können, stellt ein Risiko für die öffentliche Sicherheit in einem Kontext dar, in dem diese Schlepper nicht zögern, Schiffe anzugreifen, und zwar manchmal mit Kriegswaffen, oder Manöver durchzuführen, die die Besatzungen und die Ausrüstung gefährden könnten.

74      Daher ist festzustellen, dass trotz des Vorbringens der Kläger die Erläuterungen von Frontex in der angefochtenen Entscheidung plausibel bleiben und, wie in der oben in Rn. 62 angeführten Rechtsprechung gefordert, das Bestehen eines absehbaren und nicht rein hypothetischen Risikos für die öffentliche Sicherheit belegen, das den Rückgriff auf die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 genannte Ausnahme im Rahmen des weiten Ermessens rechtfertigt, das Frontex nach der in den Rn. 63 bis 65 angeführten Rechtsprechung für die Anwendung dieser Ausnahme eingeräumt werden muss.

75      Folglich ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001, da die Verbreitung von Informationen betreffend die in der Vergangenheit eingesetzten Schiffe sich nicht automatisch nachteilig auf die Grenzüberwachung auswirken würde

76      Die Kläger sind der Ansicht, dass Frontex einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie ihnen die angeforderten Informationen verweigert habe, weil diese sich auf den Zeitraum zwischen dem 1. Juni und dem 30. August 2017 bezogen hätten, der bereits bei der Stellung ihres Antrags und erst recht beim Erlass der angefochtenen Entscheidung abgeschlossen gewesen sei.

77      Frontex tritt diesem Klagegrund entgegen.

78      Im vorliegenden Fall wurde der Zugangsantrag am 1. September 2017 gestellt und betraf Informationen über den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 30. August 2017.

79      Zwar war der Zeitraum, auf den sich die angeforderten Informationen bezogen, zum Zeitpunkt der Formulierung des Antrags abgelaufen. Er war jedoch Teil eines längeren Zeitraums, in dem die Operation Triton 2017 durchgeführt werden sollte und der seinerseits am 31. Januar 2018 endete.

80      Da die Operation Triton 2017 zum Zeitpunkt der Antragstellung noch im Gange war, bestand weiterhin das Risiko, dass die angeforderten Informationen von Kriminellen verwendet würden, um Schiffe zu orten, die nach dem 30. August 2017 an der Operation teilnahmen.

81      In dieser Hinsicht besteht kein Grund zu der Annahme, dass, wie von den Klägern angedeutet, die Flotte der an der Operation Triton 2017 beteiligten Schiffe zwischen dem 31. August und dem 1. September 2017 verändert wurde.

82      Frontex hat daher bei der Verweigerung des Zugangs zu den streitigen Dokumenten keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen.

83      Der dritte Klagegrund ist folglich als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001, da ein Teil der angeforderten Informationen bereits veröffentlicht worden sei

84      Die Kläger sind der Ansicht, Frontex habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie ihnen keinen teilweisen Zugang zu den angeforderten Informationen gewährt habe, obwohl diese Angaben bereits zuvor offengelegt worden seien.

85      In diesem Zusammenhang machen sie geltend, die Kommission habe erstens am 2. Februar 2017 in Nr. 22 der Strategienoten des Europäischen Zentrums für politische Strategie (EPSC) die Marineeinheiten veröffentlicht, die bei der Operation Triton 2016 eingesetzt worden seien, zweitens hätten die Kommission und der EAD im Jahr 2017 bzw. im Jahr 2016 in demselben Dokument Angaben über die bei der Operation Sophia EUNAVFOR MED eingesetzten Schiffe veröffentlicht, und drittens habe Frontex im Jahr 2017 auf Twitter den Namen, die Flagge und den Typ mehrerer bei der gemeinsamen Operation Triton 2017 eingesetzter Schiffe veröffentlicht.

86      In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die von den Klägern angeführten veröffentlichten Angaben nicht mit den von ihnen am 1. September 2017 angeforderten Informationen vergleichbar sind.

87      Erstens bezogen sich die von der Kommission am 2. Februar 2017 in den Strategienoten des EPSC veröffentlichten Informationen auf die abgeschlossene Operation Triton 2016, während sich die von den Klägern am 1. September 2017 angeforderten Informationen auf die noch laufende Operation Triton 2017 bezogen.

88      Sodann ist die Operation Sophia EUNAVFOR MED keine von Frontex geführte Operation, sondern eine politisch kontrollierte und vom Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee unter dem Vorsitz des EAD strategisch geführte Operation unter der Verantwortung des Rates der Europäischen Union und des Hohen Vertreters der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik.

89      Auf jeden Fall betrafen die über diese Mission veröffentlichten Angaben Informationen mit Bezug auf das Jahr 2016.

90      Auch wenn es zutrifft, dass einige der von Frontex im Jahr 2017 auf Twitter veröffentlichten Angaben Schiffe betrafen, die im Rahmen der Operation Triton 2017 eingesetzt wurden, waren diese Angaben doch zahlenmäßig begrenzt und bezogen sich auf unterschiedliche Zeiten, so dass sie nicht mit allen von den Klägern am 1. September 2017 angeforderten Angaben verglichen werden können, die die gesamte im Rahmen der Operation Triton 2017 zwischen dem 1. Juni und dem 30. August 2017 eingesetzte Flotte betrafen.

91      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Frontex zwar gemäß Art. 8 Abs. 3 und Art. 74 Abs. 2 der Verordnung 2016/1624 verpflichtet ist, Öffentlichkeitsarbeit zu Themen innerhalb ihrer Aufgabenbereiche zu leisten, dabei jedoch keine operativen Informationen offenlegen darf, die die Erreichung von deren Zielen gefährden könnten.

92      Im vorliegenden Fall wurden die von den Klägern angeführten Informationen von Frontex im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Öffentlichkeitsarbeit veröffentlicht, was bedeutet, dass zuvor überprüft wurde, ob ihre Verbreitung mit allen sich aus ihrem Mandat ergebenden Aufgaben vereinbar war, und dass eine solche etwaige Verbreitung gegen die Bedürfnisse der öffentlichen Sicherheit abgewogen wurde.

93      Daher kann das Versenden von Kurznachrichten über Twitter durch Frontex, die bestimmte im Rahmen ihrer Mitteilungspflichten ausgewählte Informationen enthielten, nicht als Präzedenzfall angesehen werden, der Frontex zwingen würde, Informationen zu veröffentlichen, die nach Ansicht von Frontex die öffentliche Sicherheit gefährden.

94      Die Kläger machen ferner geltend, die Öffentlichkeit habe auf der Grundlage der von der Kommission veröffentlichten Daten über die Operation Triton 2016 zumindest die Anzahl und den Typ der im darauffolgenden Jahr eingesetzten Schiffe genau vorhersagen können.

95      Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Informationen über das Jahr 2016 gab es nämlich keinen Anlass zu der Annahme, dass die Operation im Jahr 2017 mit der gleichen Anzahl und dem gleichen Typ von Schiffen durchgeführt würde. Infolgedessen konnte die Öffentlichkeit nicht auf der Grundlage der im Jahr 2016 veröffentlichten Informationen über genaue Auskünfte darüber verfügen, wie die Mission im Jahr 2017 organisiert würde.

96      Darüber hinaus bezogen sich die von den Klägern angeforderten Informationen nicht nur auf Anzahl und Typ der während der Operation Triton 2017 eingesetzten Schiffe, sondern auch auf deren Namen und Flagge, die wichtige Informationen für die Identifizierung von Schiffen darstellen.

97      Daher ist festzustellen, dass der vierte Klagegrund unbegründet und zurückzuweisen ist.

 Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001, da ein eventuelles Risiko, dass kriminelle Netze die Grenzüberwachung umgingen, nicht die Weigerung rechtfertige, Informationen über den Typ oder die Flagge der betreffenden Schiffe zu übermitteln

98      Die Kläger vertreten die Auffassung, Frontex habe gegen Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001 verstoßen, indem sie ihnen keinen Zugang zu Informationen über die Flagge und den Typ der im Rahmen der Operation Triton 2017 eingesetzten Schiffe gewährt habe.

99      Nach ihrer Ansicht könnte nämlich selbst dann, wenn bei Verbreitung der angeforderten Informationen die Gefahr bestünde, dass kriminelle Netze die Grenzüberwachung umgehen könnten, diese Gefahr nicht die Weigerung rechtfertigen, Informationen über die Flagge und den Typ der betreffenden Schiffe zu übermitteln. Denn die Identifizierung von Schiffen auf Websites erfolge anhand des Schiffsnamens, so dass die Übermittlung von Informationen über die Flagge und den Typ der Schiffe ihre Identifizierung nicht ermögliche.

100    Hierzu ist festzustellen, dass auf der von Frontex in ihrem Schreiben vom 8. September 2017 angeführten Website www.marinetraffic.com die Identifizierung von Schiffen unstreitig auf dem Schiffsnamen basiert.

101    In der Gegenerwiderung hat Frontex jedoch geltend gemacht, es gebe andere Mittel zur Ortung von Schiffen, insbesondere Low-Tech-Lösungen, wie z. B. die einfache Beobachtung der Bewegung von Schiffen von der Küste oder von einem oder mehreren anderen Schiffen aus, oder High-Tech-Überwachungsmittel, wie z. B. den Einsatz von Drohnen.

102    Es ist klar, dass für den Einsatz dieser anderen Mittel Informationen wie Schiffsflagge und ‑typ auch nützliche Daten darstellen.

103    Unter diesen Umständen konnte Frontex in der angefochtenen Entscheidung den Zugang zum Namen der Schiffe und zu den anderen angeforderten Informationen, nämlich zur Flagge und zum Typ der von der Operation Triton 2017 betroffenen Schiffe, verweigern.

104    Der fünfte Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes

105    Die Kläger rügen, Frontex habe in der angefochtenen Entscheidung nicht erläutert, wie Informationen über den Namen, den Typ und die Flagge eines Schiffes es Dritten ermöglichen würden, dieses auf bestimmten Websites zu verfolgen.

106    Frontex hält den zweiten Teil des ersten Klagegrundes für unbegründet.

107    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die gemäß Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass der Betroffene ihr die Gründe für die erlassenen Maßnahmen entnehmen und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil vom 15. November 2012, Rat/Bamba, C‑417/11 P, EU:C:2012:718, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

108    In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob eine Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile vom 15. November 2012, Rat/Bamba, C‑417/11 P, EU:C:2012:718, Rn. 53, und vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat, T‑390/08, EU:T:2009:401, Rn. 82).

109    Im vorliegenden Fall hat Frontex in der angefochtenen Entscheidung die Gründe dargelegt, aus denen die angeforderten Informationen nicht verbreitet werden könnten. In diesem Zusammenhang argumentierte sie, im Falle der Verbreitung der angeforderten Informationen könnte in Verbindung mit über bestimmte Websites oder maritime Instrumente öffentlich zugänglichen Informationen die Position von Patrouillenbooten ermittelt werden, und im Besitz dieser Informationen würden an der Schleusung von Migranten und am Menschenhandel beteiligte kriminelle Netze Kenntnis über die Patrouillengebiete und ‑pläne der Schiffe erlangen, was es ihnen ermöglichen würde, ihre Vorgehensweise anzupassen, um die Grenzüberwachung zu umgehen und so die Außengrenze zu überschreiten und illegal Zugang zum Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Union zu erhalten.

110    Diese Erläuterungen als solche ermöglichen es den Klägern, die Gründe zu verstehen, aus denen ihnen der Zugang zu den angeforderten Informationen verweigert wurde, und dem Gericht, seine Kontrolle auszuüben, da sie aufzeigen, wie die angeforderten Informationen von Schleppernetzen in Verbindung mit leicht zugänglichen Auskünften verwendet werden können, um eine Situation zu schaffen, in der die öffentliche Sicherheit in einer bei vernünftiger Betrachtung absehbaren und nicht rein hypothetischen Weise beeinträchtigt würde.

111    Die Kläger machen jedoch geltend, Frontex habe in der angefochtenen Entscheidung angeben müssen, wie die angeforderten Informationen, sobald sie ihnen zur Verfügung gestellt worden wären, in Verbindung mit öffentlich zugänglichen Websites und Instrumenten oder anderen Quellen hätten verwendet werden können, um den wahrscheinlichen künftigen Standort der an der Operation Triton beteiligten Schiffe zu bestimmen.

112    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das beklagte Organ oder die beklagte Agentur, bei dem oder der ein Antrag auf Verbreitung bestimmter Informationen gestellt wird, nicht verpflichtet ist, in den Gründen des angefochtenen Rechtsakts Einzelheiten aufzudecken, die im Falle der Verbreitung dieser Informationen dazu führen würden, dass das öffentliche Interesse, das unter die von diesem Organ oder dieser Agentur geltend gemachte Ausnahme fällt, beeinträchtigt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Februar 2018, Access Info Europe/Kommission, T‑852/16, EU:T:2018:71, Rn. 114 und die dort angeführte Rechtsprechung).

113    Bestünde eine solche Verpflichtung, würde das Organ oder die Agentur durch diese Erläuterungen zur möglichen Verwendung der angeforderten Informationen selbst eine Situation schaffen, in der durch sein bzw. ihr Verhalten die öffentliche Sicherheit, mit deren Schutz es bzw. sie u. a. betraut ist, gefährdet wäre.

114    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung der Begründungspflicht genügt.

115    Folglich ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

116    Die Klage ist daher abzuweisen.

 Kosten

117    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

118    Da die Kläger unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag von Frontex die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Frau Luisa Izuzquiza und Herr Arne Semsrott tragen die Kosten.

Nihoul

Svenningsen

Öberg

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. November 2019.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.