Language of document : ECLI:EU:T:2011:393

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

15. Juli 2011(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke ERGO Group – Ältere Gemeinschaftswortmarke URGO – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b, der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EG] Nr. 207/2009)“

In der Rechtssache T-221/09

Ergo Versicherungsgruppe AG mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte V. von Bomhard, A. W. Renck, T. Dolde und J. Pause,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch B. Schmidt als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Verfahrensbeteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

Société de développement et de recherche industrielle mit Sitz in Chenôve (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin K. Dröge,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 20. März 2009 (Sache R 520/2008‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Société de développement et de recherche industrielle und der Ergo Versicherungsgruppe AG

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi, der Richterin E. Cremona (Berichterstatterin) und des Richters S. Frimodt Nielsen,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 3. Juni 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 18. September 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 11. September 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund des Umstands, dass keiner der Verfahrensbeteiligten binnen einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht der Berichterstatterin gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 31. Juli 2003 meldete die Klägerin, die Ergo Versicherungsgruppe AG, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelte es sich um das Wortzeichen ERGO Group.

3        Die Marke wurde u. a. für folgende Waren der Klassen 3 und 5 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 3: „Wasch- und Bleichmittel; Polier- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel“;

–        Klasse 5: „Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygieneartikel für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide“.

4        Die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 25/2004 vom 21. Juni 2004 veröffentlicht.

5        Am 21. September 2004 erhob die Holding Urgo Participations (HUP), die ihre Marke während des Verfahrens vor dem HABM auf die Streithelferin, die Société de développement et de recherche industrielle, übertrug, gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) gegen die Anmeldung der Marke für die oben in Randnr. 3 genannten Waren Widerspruch.

6        Der Widerspruch stützte sich auf die am 16. Februar 2000 unter der Nummer 989 863 eingetragene Gemeinschaftswortmarke URGO, die folgende Waren der Klassen 3 und 5 erfasst:

–        Klasse 3: „Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel“;

–        Klasse 5: „Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide“.

7        Als Grund für den Widerspruch wurde Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) geltend gemacht.

8        Am 25. Januar 2008 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch teilweise, nämlich für sämtliche Waren der Klasse 5 und für die Waren „Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel“ der Klasse 3, statt.

9        Am 25. März 2008 legte die Klägerin beim HABM nach den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

10      Mit Entscheidung vom 20. März 2009 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Die Beschwerdekammer führte zunächst aus, dass sich die maßgebenden Verkehrskreise aus angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern aus sämtlichen Mitgliedstaaten zusammensetzten. Dann stellte sie fest, dass die Waren der Klasse 5 sowie die Waren der Klasse 3, für die die Markenanmeldung zurückgewiesen worden war, identisch seien. Was den Vergleich der Zeichen betrifft, führte die Beschwerdekammer aus, dass das Wort „ergo“ aufgrund zum einen seiner Positionierung an erster Stelle der angemeldeten Marke und zum anderen der geringen originären Unterscheidungskraft des Begriffs „group“, der als beschreibende Ergänzung des unterscheidungskräftigen Bestandteils „ergo“ wahrgenommen werde, den unterscheidungskräftigen und dominierenden Bestandteil der Marke ERGO Group darstelle. In bildlicher Hinsicht stellte die Beschwerdekammer fest, dass es sich bei der älteren Marke und dem dominierenden Bestandteil der angemeldeten Marke um Wörter mit vier Buchstaben handele, bei denen die drei letzten Buchstaben übereinstimmten und die sich ausschließlich durch den ersten Buchstaben unterschieden. Sie gelangte so zu dem Ergebnis, dass dieser Unterschied allein die große bildliche Ähnlichkeit nicht aufwiegen könne, die sich aus der Identität der übrigen Buchstaben ergebe, aus denen die ältere Marke und der dominierende und unterscheidungskräftige Bestandteil der Anmeldemarke bestünden. In klanglicher Hinsicht stellte die Beschwerdekammer fest, dass sich die unterscheidungskräftigen Bestandteile der beiden Marken aus zwei Silben zusammensetzten, wobei die angemeldete Marke allerdings insgesamt drei Silben habe und die letzte Silbe keiner Silbe in der älteren Marke entspreche. Sie verglich die Aussprache der unterschiedlichen Anfangsbuchstaben der einander gegenüberstehenden Zeichen in mehreren europäischen Sprachen miteinander und gelangte zu dem Schluss, dass die ältere Marke und der dominierende Bestandteil der angemeldeten Marke im Englischen praktisch klangliche Identität, im Französischen eine starke klangliche Ähnlichkeit und in verschiedenen europäischen Sprachen eine durchschnittliche klangliche Ähnlichkeit aufwiesen. In begrifflicher Hinsicht stellte die Beschwerdekammer fest, dass die ältere Marke in keiner europäischen Sprache eine Bedeutung besitze, während es sich bei „ergo“ um ein lateinisches Wort mit der Bedeutung „also“ oder „folglich“ handele, das es in bestimmten Sprachen, insbesondere dem Englischen, als abstraktes Wort mit juristischer oder philosophischer Konnotation gebe. Die Beschwerdekammer war der Auffassung, dass dieses Wort in der Alltagssprache selten benutzt werde; es sei somit dem Endverbraucher unbekannt und werde von ihm nicht verwendet. Die Tatsache, dass der Begriff „ergo“ in Wörterbüchern zu finden sei, stelle keinen Beweis für seine Bekanntheit beim allgemeinen Publikum dar. In Bezug auf den Begriff „group“ führte die Beschwerdekammer aus, dass es sich um eine gängige Bezeichnung für ein Unternehmenskonglomerat handele und dass es einen eigenen Sinngehalt, aber keine eigentliche Bedeutung innerhalb der Marke habe. Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen stellte die Beschwerdekammer fest, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken zumindest für den englischsprachigen Teil des Gebiets der Europäischen Union vorliege.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

12      Das HABM und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Die Klägerin stützt ihre Klage auf den einzigen Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94.

14      Gemäß dieser Vorschrift ist auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Die Gefahr von Verwechslungen schließt die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

15      Nach der Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr umfassend, nach der Wahrnehmung der fraglichen Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (Urteile des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnrn. 30 bis 33, und vom 13. September 2010, Procter & Gamble/HABM – Prestige Cosmetics [P&G PRESTIGE BEAUTE], T‑366/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 49).

16      Wenn sich der Schutz der älteren Marke auf die gesamte Union erstreckt, ist die Wahrnehmung der einander gegenüberstehenden Marken durch den Verbraucher der fraglichen Waren in diesem Gebiet zu berücksichtigen. Jedoch ist eine Gemeinschaftsmarke bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ein relatives Eintragungshindernis im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nur in einem Teil der Union vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg. 2006, II‑5409, Randnr. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

17      Die Klägerin rügt nicht die Feststellung der Beschwerdekammer, dass es sich bei dem Gebiet, auf das bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr abzustellen sei, um das der Union und bei dem von den Marken angesprochenen Verbraucher um den Durchschnittsverbraucher handele. Sie wirft jedoch der Beschwerdekammer vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass auch diese Verbraucher bei den in Rede stehenden Waren eine erhöhte Aufmerksamkeit walten ließen, da diese Bedeutung für ihre Gesundheit, ihr Wohlbefinden und ihr Aussehen hätten.

18      Hierzu ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Art von Waren abzustellen ist. Es ist auch zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach der Art der fraglichen Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, Slg. 2007, II‑449, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Zu den in Rede stehenden Waren der Klasse 3 ist festzustellen, dass es sich um gängige Verbrauchsartikel handelt, die im Allgemeinen einen vergleichsweise geringen Wert haben. Somit kann die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise für diese Waren nicht als höher angesehen werden als diejenige, die diese Verkehrskreise bei anderen gängigen Verbrauchsartikeln walten lassen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 14. April 2011, TTNB/HABM – March Juan [Tila March], T-433/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 23, und Lancôme/HABM, – Focus Magazin Verlag [ACNO FOCUS], T-466/08, Slg. 2011, II‑0000, Randnr. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Was die in Rede stehenden Waren der Klasse 5 angeht, ist festzustellen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise, wie die Klägerin dargelegt hat, einem Teil von ihnen, wie beispielsweise den pharmazeutischen Erzeugnissen, eine überdurchschnittliche Aufmerksamkeit entgegenbringen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. Februar 2008, Sanofi-Aventis/HABM–GD Searle [ATURION], T‑146/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). Jedoch handelt es sich bei einem anderen Teil der in Rede stehenden Waren dieser Klasse um gängige Gebrauchswaren, die ohne Verschreibung verkauft werden und für alle Verbraucher bestimmt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 9. Dezember 2009, Longevity Health Products/HABM – Merck [Kids Vits], T-484/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 27, und vom 2. Juni 2010, Procaps/HABM – Biofarma [PROCAPS], T‑35/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 29). Somit ist für diesen Teil der in Rede stehenden Waren, für den nicht dargelegt worden ist, dass er unbedeutend sei, nicht von einer erhöhten Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise auszugehen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 11. November 2009, REWE‑Zentral/HABM – Aldi Einkauf [Clina], T‑150/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 69).

21      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf die Verkehrskreise mit der geringsten Aufmerksamkeit abzustellen ist (Urteil des Gerichts vom 8. September 2010, Kido/HABM – Amberes [SCORPIONEXO], T‑152/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 40). Außerdem reicht es, um die Beurteilung der Beschwerdekammer in Frage zu stellen, nicht aus, dass eine Klägerin behauptet, dass der Verbraucher in einem bestimmten Bereich Marken besondere Aufmerksamkeit schenkt; sie muss diese Behauptung durch Tatsachenvortrag und Beweismittel untermauern (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. April 2005, Gillette/HABM – Wilkinson Sword [RIGHT GUARD XTREME sport], T‑286/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 20 und 21), was die Klägerin im vorliegenden Fall nicht getan hat.

22      Sind die Waren oder Dienstleistungen, auf die sich die Anmeldung bezieht, für alle Verbraucher bestimmt, so ist gemäß ständiger Rechtsprechung davon auszugehen, dass das maßgebliche Publikum aus normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern besteht (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, Slg. 2007, I-3569, Randnr. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Nach alledem kann die Klägerin nicht mit Erfolg einen Fehler der Beschwerdekammer in Bezug auf die Bestimmung des Aufmerksamkeitsgrades der maßgeblichen Verkehrskreise geltend machen.

 Zum Vergleich der in Rede stehenden Waren und Zeichen

24      Zunächst ist festzustellen, dass die Identität der in Rede stehenden Waren nicht bestritten wird. Zwischen den Verfahrensbeteiligten ist lediglich die Ähnlichkeit der Zeichen streitig.

25      Nach der Rechtsprechung sind zwei Marken einander ähnlich, wenn sie aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise hinsichtlich eines oder mehrerer relevanter Aspekte zumindest teilweise übereinstimmen (Urteil des Gerichts vom 26. Februar 2006, Volkswagen/HABM – Nacional Motor [Variant], T‑317/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 46).

26      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Hinblick auf die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bezug auf Bild, Klang oder Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marken auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirken. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27      Ferner bedeutet die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken bei der Prüfung des Vorliegens einer Verwechslungsgefahr nicht, dass nur ein Bestandteil einer komplexen Marke zu berücksichtigen und mit einer anderen Marke zu vergleichen wäre. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. in diesem Sinne Urteil HABM/Shaker, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung; siehe auch, was insbesondere Marken betrifft, die aus mehreren Wortbestandteilen bestehen, Urteil des Gerichts vom 3. Februar 2010, Enercon/HABM – Hasbro [ENERCON], T-472/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 28).

28      Im vorliegenden Fall sind die zu vergleichenden Zeichen die ältere Gemeinschaftswortmarke URGO und die angemeldete Gemeinschaftswortmarke ERGO Group. Die ältere Marke besteht aus einem einzelnen Wort, die angemeldete Marke aus zwei Wörtern. Die ältere Marke und der erste Bestandteil der angemeldeten Marke bestehen jeweils aus einem Wort mit vier Buchstaben, von denen die drei letzten, „r“, „g“ und „o“, identisch und die Anfangsbuchstaben verschieden sind, nämlich „u“ in der älteren Marke und „e“ im ersten Wort der angemeldeten Marke.

29      In der angefochtenen Entscheidung stellte die Beschwerdekammer fest, dass der Begriff „ergo“ der dominierende und unterscheidungskräftige Bestandteil der angemeldeten Marke sei. Sie stützte ihre Beurteilung zum einen darauf, dass sich dieser Begriff an erster Stelle in der angemeldeten Marke befinde, und zum anderen darauf, dass der Begriff „group“ über eine originär schwache Kennzeichnungskraft verfüge, da er im Allgemeinen als Bezeichnung für ein Unternehmenskonglomerat diene und somit normalerweise als ein beschreibender Zusatz zum unterscheidungskräftigen Bestandteil ERGO aufgefasst werde. Die Klägerin stellt diese Beurteilung der Beschwerdekammer nicht in Frage. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass der Begriff „ergo“ der dominierende und unterscheidungskräftige Bestandteil der angemeldeten Marke ist.

 Zur bildlichen Ähnlichkeit

30      Was die bildliche Ähnlichkeit betrifft, rügt die Klägerin die Feststellung der Beschwerdekammer, dass zwar nicht zu leugnen sei, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Anfangsbuchstaben der beiden Marken nicht vernachlässigen könnten, dieser Unterschied jedoch nicht geeignet sei, die starke bildliche Ähnlichkeit aufgrund der Identität der übrigen Buchstaben, die die ältere Marke und den dominierenden und unterscheidungskräftigen Bestandteil der angemeldeten Marke bildeten, aufzuwiegen. Sie macht erstens geltend, die Beschwerdekammer habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung die festgestellten Unterschiede für die Verbraucher wesentlich auffälliger seien, weil die Wörter „urgo“ und „ergo“ kurz seien.

31      Hierzu ist festzustellen, dass es zwar zutrifft, dass der Gerichtshof in bestimmten Urteilen entschieden hat, dass ein Unterschied, der nur in einem einzigen Buchstaben besteht, der Feststellung eines hohen Grades an bildlicher Ähnlichkeit zwischen zwei verhältnismäßig kurzen Wortzeichen entgegenstehen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 22. Juni 2004, Ruiz-Picasso u. a./HABM – DaimlerChrysler [PICARO], T‑185/02, Slg. 2004, II‑1739, Randnr. 54, und vom 16. Januar 2008, Inter-Ikea/HABM – Waibel [idea], T‑112/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 54); diese Beurteilung, die im Rahmen der speziellen Anwendung auf die entschiedenen Sachverhalte vorgenommen wurde, ist jedoch keine Bestätigung einer allgemeinen Regel, die im vorliegenden Fall angewandt werden könnte (Urteil des Gerichts vom 13. September 2010, Inditex/HABM – Marín Díaz de Cerio [OFTEN], T-292/08, Slg. 2010, II‑0000, Randnrn. 79 und 80). Selbst im Rahmen der Beurteilung kurzer Wortzeichen kann nämlich die Übereinstimmung dreier von vier Buchstaben zur Folge haben, dass der sich aus einem einzigen Buchstaben ergebende Unterschied optisch kaum ins Gewicht fällt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2006, Castell del Remei/HABM – Bodegas Roda [ODA], T‑13/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 52). So hat das Gericht entschieden, dass sich durch einen einzigen Buchstaben unterscheidende Wortzeichen sowohl optisch als auch klanglich als sehr ähnlich angesehen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 13. April 2005, Duarte y Beltrán/HABM – Mirato [INTEA], T‑353/02, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 27 und 28, und OFTEN, Randnr. 81).

32      Im vorliegenden Fall sind, wie die Klägerin geltend macht, die ältere Marke und der dominierende und unterscheidungskräftige Bestandteil der angemeldeten Marke zwar kurz, da sie nur aus vier Buchstaben bestehen, doch ist festzustellen, dass drei dieser vier Buchstaben identisch sind und in genau derselben Reihenfolge stehen, so dass sich die beiden Begriffe nur in ihrem Anfangsvokal unterscheiden. Unter diesen Umständen kann das Vorliegen eines hohen Grades an bildlicher Ähnlichkeit zwischen der älteren Marke und dem dominierenden und unterscheidungskräftigen Bestandteil der angemeldeten Marke nicht in Abrede gestellt werden.

33      Zweitens wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass sich der Unterschied zwischen den Begriffen „ergo“ und „urgo“ im vorliegenden Fall am Beginn dieser Wörter zeige, so dass dieser Unterschied dem Verbraucher besonders auffallen könne. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Erwägung, dass dem Anfang eines Zeichens in dem von diesem hervorgerufenen Gesamteindruck Bedeutung zukommt, nicht in allen Fällen gelten kann. Außerdem kann sie nicht den Grundsatz entkräften, dass die Prüfung der Ähnlichkeit der Marken den von ihnen hervorgerufenen Gesamteindruck berücksichtigen muss, da der Verbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. Urteil ACNO FOCUS, oben in Randnr. 19 angeführt, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). Somit ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass der Unterschied im Anfangsvokal zwischen den beiden Begriffen die starke bildliche Ähnlichkeit aufgrund der Identität der übrigen Buchstaben, aus denen die beiden Wörter bestehen, nicht aufzuwiegen vermag.

34      Drittens wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, den Bestandteil „group“ beim bildlichen Zeichenvergleich außer Acht gelassen zu haben. Sie macht geltend, selbst wenn dieser Bestandteil den Gesamteindruck der angemeldeten Marke weniger stark bestimmen sollte als der Bestandteil „ergo“, könne er beim bildlichen Vergleich der Marken nicht außer Acht gelassen werden, weil er die bildlichen Unterschiede zwischen der angemeldeten Marke und der älteren Marke verstärke.

35      Hierzu ist festzustellen, dass es nach der Rechtsprechung für die Beurteilung der Ähnlichkeit nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen kann, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind (vgl. Urteile des Gerichtshofs HABM/Shaker, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 42, und vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C‑193/06 P, Slg. 2007, I‑000, Randnr. 43). Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn dieser Bestandteil allein schon geeignet ist, das Bild dieser Marke, das das maßgebliche Publikum im Gedächtnis behält, so zu prägen, dass alle übrigen Bestandteile der Marke in dem durch diese hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen sind. Die Tatsache, dass ein Bestandteil nicht zu vernachlässigen ist, bedeutet nicht, dass er dominierend ist; ebenso bedeutet die Tatsache, dass ein Bestandteil nicht dominierend ist, keineswegs, dass er zu vernachlässigen ist (Urteil Nestlé/HABM, Randnrn. 43 und 44).

36      Es ist jedoch festzustellen, dass die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung keineswegs befunden hat, dass der Wortbestandteil „group“ der angemeldeten Marke in dem durch diese hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen wäre, so dass die Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken allein auf der Grundlage des dominierenden Bestandteils der angemeldeten Marke vorgenommen werden könnte. Sie hat vielmehr lediglich ausgeführt, dass der Bestandteil „ergo“ der dominierende und unterscheidungskräftige Bestandteil der angemeldeten Marke sei und dieser Bestandteil beim Vergleich der Marken folglich „vorrangig“ sein müsse (Randnr. 10 a. E. der angefochtenen Entscheidung). Somit hätte gemäß der in der vorausgegangenen Randnummer angeführten Rechtsprechung der Bestandteil „group“ der angemeldeten Marke beim Vergleich der in Rede stehenden Zeichen nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Er hätte vielmehr bei diesem Vergleich berücksichtigt werden müssen, wie es die Beschwerdekammer im Übrigen beim begrifflichen Vergleich der beiden Zeichen selbst getan hat (vgl. Randnr. 15 a. E. der angefochtenen Entscheidung).

37      Im Rahmen des bildlichen Zeichenvergleichs jedoch hat die Beschwerdekammer die möglichen Auswirkungen des Vorhandenseins des Wortbestandteils „group“ der angemeldeten Marke auf den Grad der bildlichen Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen nicht untersucht. Sie hat sich darauf beschränkt, eine Beurteilung der bildlichen Ähnlichkeit zwischen den fraglichen Zeichen vorzunehmen, bei der sie allein den dominierenden Bestandteil der angemeldeten Marke, nämlich den Wortbestandteil „ergo“, mit der älteren Marke verglich.

38      Mit dieser Vorgehensweise hat die Beschwerdekammer einen Fehler begangen, da sie beim bildlichen Vergleich der beiden Marken nicht jeweils auf diese Marken in ihrer Gesamtheit abgestellt hat, wie es die Rechtsprechung verlangt (siehe oben, Randnr. 27). Allerdings kann dieser Fehler im vorliegenden Fall die Schlussfolgerung in Bezug auf die bildliche Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken nicht rechtsfehlerhaft machen.

39      Es trifft nämlich zu, wie die Klägerin geltend macht, dass das ausschließlich in der angemeldeten Marke enthaltene Wort „group“ in bildlicher Hinsicht einen weiteren Unterschied darstellt, der zu dem sich aus den Anfangsbuchstaben der älteren Marke und des dominierenden Bestandteils der angemeldeten Marke ergebenden Unterschied hinzutritt. Jedoch geht aus den Ausführungen der Beschwerdekammer in Randnr. 10 der angefochtenen Entscheidung, denen die Klägerin nicht entgegengetreten ist, hervor, dass der Begriff „group“ über eine von Haus aus schwache Unterscheidungskraft verfügt und als beschreibender Zusatz zu dem dominierenden Bestandteil „ergo“ aufgefasst werden kann und somit für die maßgeblichen Verkehrskreise zur Unterscheidung der Waren eine weniger wichtige Rolle spielt als jener Bestandteil.

40      Folglich wird der Durchschnittsverbraucher der identischen Waren dazu neigen, seine Aufmerksamkeit auf den zudem die erste Stelle innerhalb der angemeldeten Marke einnehmenden dominierenden Bestandteil „ergo“ dieser Marke zu richten, d. h. auf den Teil der angemeldeten Marke, der eine große bildliche Ähnlichkeit mit dem einzigen Wortbestandteil aufweist, der die ältere Marke bildet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. Dezember 2009, Trubion Pharmaceuticals/HABM – Merck [TRUBION], T‑412/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 48).

41      Im Lichte dieser Erwägungen ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall eine gewisse bildliche Ähnlichkeit zwischen den fraglichen Zeichen in ihrer Gesamtheit besteht.

 Zur klanglichen Ähnlichkeit

42      Was die klangliche Ähnlichkeit betrifft, rügt die Klägerin zunächst die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass der dominierende Bestandteil der angemeldeten Marke und die ältere Marke im Englischen klanglich beinahe identisch seien. Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Wortbestandteile, die einerseits die ältere Marke und andererseits den dominierenden Bestandteil der angemeldeten Marke bilden, jeweils aus zwei Silben bestehen, deren Aussprache in Rhythmus und Sprachmelodie übereinstimmt. Somit könnte sich der einzige klangliche Unterschied zwischen diesen Wörtern möglicherweise aus der Aussprache der unterschiedlichen Anfangsvokale ergeben.

43      Es ist jedoch unstreitig, dass im Englischen der erste Buchstabe des Wortbestandteils „ergo“ wie der Buchstabe „e“ im Wort „ergonomic“ ausgesprochen werden wird. Der Anfangsbuchstabe des Zeichens URGO, das kein Wort der englischen Sprache ist, wird auf dieselbe Weise ausgesprochen werden wie bei der Aussprache des Wortes „urge“. Nichts deutet nämlich darauf hin, dass der englische Verbraucher das Zeichen URGO anders aussprechen würde. Somit hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass zwischen der älteren Marke und dem dominierenden und unterscheidungskräftigen Bestandteil der angemeldeten Marke im Englischen beinahe Identität bestehe, da das einzige unterscheidende Element der beiden Wortbestandteile, nämlich ihr Anfangsbuchstabe, in diesen Wörtern gleich ausgesprochen wird.

44      Auch die ebenfalls von der Klägerin gerügte Schlussfolgerung der Beschwerdekammer in Bezug auf das Vorliegen einer starken klanglichen Ähnlichkeit zwischen der älteren Marke und dem dominierenden und unterscheidungskräftigen Bestandteil der angemeldeten Marke im Französischen ist zu bestätigen. Zwar wird in dieser Sprache der Anfangsvokal jeweils unterschiedlich ausgesprochen, doch ist festzustellen, dass sich die ältere Marke und der dominierende und unterscheidungskräftige Bestandteil der angemeldeten Marke aus zwei Silben zusammensetzen, die drei von vier Buchstaben gemeinsam haben, die in derselben Reihenfolge angeordnet sind und bei denen die Betonung auf derselben Stelle liegt, wodurch den betreffenden Wörtern derselbe Rhythmus und dieselbe Sprachmelodie verliehen wird. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass ein möglicherweise bestehender Unterschied in der Aussprache des Anfangsvokals der fraglichen Wortbestandteile nicht geeignet ist, den Eindruck starker klanglicher Ähnlichkeit zu neutralisieren, den diese hervorrufen.

45      Die Klägerin wirft der Beschwerdekammer ferner vor, den Wortbestandteil „group“ beim klanglichen Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen außer Acht gelassen zu haben, obwohl dieser Bestandteil die klanglichen Unterschiede der verglichenen Marken verstärke.

46      Hierzu ist ebenso wie in Bezug auf den bildlichen Vergleich (siehe oben, Randnrn. 37 bis 39) festzustellen, dass die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung erstens nicht dargetan hat, dass der Wortbestandteil „group“ in der angemeldeten Marke zu vernachlässigen wäre, und es zweitens unterlassen hat, die Auswirkungen zu untersuchen, die das Vorhandensein dieses Wortbestandteils in der angemeldeten Marke auf die klangliche Ähnlichkeit der fraglichen Zeichen haben könnte, obwohl sie festgestellt hatte, dass die letzte Silbe der angemeldeten Marke keiner Silbe in der älteren Marke entspreche.

47      Mit diesem Vorgehen hat die Beschwerdekammer die beiden Marken in klanglicher Hinsicht nicht verglichen, indem sie bei der Prüfung jeweils auf die Gesamtheit dieser Marken abgestellt hätte, und somit einen Fehler begangen. Allerdings kann dieser Fehler im vorliegenden Fall die Schlussfolgerung in Bezug auf das Vorliegen einer klanglichen Ähnlichkeit der fraglichen Marken nicht rechtsfehlerhaft machen.

48      Es trifft zwar zu, dass, wie die Klägerin geltend macht, das ausschließlich in der angemeldeten Marke enthaltene Wort „group“ in klanglicher Hinsicht einen weiteren Unterschied darstellt, der zu dem sich aus den Anfangsbuchstaben der älteren Marke und des dominierenden Bestandteils der angemeldeten Marke ergebenden Unterschied hinzutritt. Dieser Unterschied vermag jedoch nicht die Feststellung einer klanglichen Ähnlichkeit in dem von diesen beiden Marken hervorgerufenen Gesamteindruck in Frage zu stellen. Das Wort „group“ ist in der angemeldeten Marke nämlich deutlich von deren dominierendem Bestandteil abgesetzt, der der älteren Marke sehr ähnlich ist, da seiner Aussprache eine kurze Unterbrechung vorausgeht. Diese Aussprache hat somit keine spürbaren klanglichen Auswirkungen und ändert nichts an der klanglichen Beinahe-Identität oder der starken klanglichen Ähnlichkeit zwischen dem dominierenden Bestandteil der angemeldeten Marke und dem einzigen Bestandteil der älteren Marke.

49      Im Lichte dieser Erwägungen ist festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerin im vorliegenden Fall der durch das Vorhandensein des Wortes „group“ in der angemeldeten Marke bewirkte Unterschied es nicht vermag, die klangliche Beinahe-Identität der älteren Marke und des dominierenden Bestandteils der angemeldeten Marke in irgendeiner Sprache aufzuwiegen oder in Frage zu stellen.

50      Somit kann der von der Beschwerdekammer beim klanglichen Vergleich der in Rede stehenden Zeichen begangene Fehler die Schlussfolgerung, dass zwischen den fraglichen Zeichen eine klangliche Ähnlichkeit besteht, nicht rechtsfehlerhaft machen.

 Zur begrifflichen Ähnlichkeit

51      Was den begrifflichen Vergleich der in Rede stehenden Zeichen betrifft, ist unstreitig, dass der Begriff „urgo“ in keinem Mitgliedstaat eine Bedeutung hat und dass es sich bei dem Begriff „ergo“ um ein lateinisches Wort handelt, das „also“ oder „folglich“ bedeutet. Ferner ist unstreitig, dass der Begriff „group“ einen eigenen Sinngehalt hat, wie in Randnr. 15 der angefochtenen Entscheidung festgestellt worden ist.

52      Die Klägerin rügt dagegen die Feststellung der Beschwerdekammer, dass dem englischen Durchschnittsverbraucher diese Bedeutung des Begriffs „ergo“ nicht bekannt sei.

53      Allerdings beschränkt sich die Klägerin zur Stützung ihres Vorbringens darauf, darzulegen, dass das Wort „ergo“ in zahlreichen Wörterbüchern der englischen Sprache enthalten sei, was für eine weite Verbreitung dieses Wortes in der englischen Sprache spreche. Wie jedoch die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, beweist die Tatsache als solche, dass ein Begriff in Wörterbüchern steht, nicht notwendigerweise, dass dieses Wort den maßgeblichen Verkehrskreisen, insbesondere den allgemeinen Verkehrskreisen, bekannt ist. Dies gilt erst recht, wenn sich, wie im vorliegenden Fall, die maßgeblichen Verkehrskreise aus Durchschnittsverbrauchern zusammensetzen, von denen nicht zu erwarten ist, dass sie Latein verstehen, und wenn es sich bei dem fraglichen Wort um ein abstraktes Wort mit einer im Wesentlichen juristischen oder philosophischen Bedeutung handelt, das selten und hauptsächlich in der Schriftsprache verwendet wird.

54      Ferner ist auch festzustellen, dass die Klägerin ihr Vorbringen, wonach das Wort „ergo“ heute ebenso wie andere Wörter lateinischen Ursprungs, wie beispielsweise Villa, Quantum, Maximum und Flora, zum gängigen Vokabular der deutschen und der englischen Sprache gehöre, nicht untermauert. Der von der Klägerin geltend gemachte Umstand, dass das Wort „ergo“ in bestimmten Wörterbüchern aus dem Englischen ins Deutsche und umgekehrt u. a. mit dem Begriff „ergo“ übersetzt wird, ist nämlich nicht zum Beleg dafür geeignet, dass dieser Begriff zum gängigen Sprachschatz der beiden von der Klägerin angeführten Sprachen gehört.

55      Folglich hat die Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass die englischen und deutschen Verbraucher die fraglichen Marken nicht mit einem Begriff in Verbindung brächten, nicht nachgewiesen.

56      Jedenfalls ist festzustellen, dass, da die bildliche und klangliche Ähnlichkeit zwischen der älteren Marke und dem dominierenden Bestandteil der angemeldeten Marke für die maßgeblichen Verkehrskreise sehr stark sind, die Gefahr bestünde, dass ein möglicher begrifflicher Unterschied ihrer Aufmerksamkeit entgehen könnte, so dass, selbst wenn ein Teil der maßgeblichen Verkehrskreise in der Lage sein sollte, den Begriffsinhalt der angemeldeten Marke zu erfassen, dies die bildlichen und klanglichen Ähnlichkeiten zwischen den fraglichen Marken nicht neutralisieren könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil Clina, oben in Randnr. 20 angeführt, Randnrn. 53 und 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zur Verwechslungsgefahr

57      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung der in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg. 1998, I‑5507, Randnr. 17, und Urteil VENADO mit Rahmen u. a., oben in Randnr. 16 angeführt, Randnr. 74).

58      Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass wegen der Identität der Waren sowie des hohen Grades an bildlicher Ähnlichkeit zwischen den Zeichen, ihrer Beinahe-Identität in klanglicher Hinsicht und der für den englischsprachigen Durchschnittsverbraucher fehlenden begrifflichen Bedeutung eine Verwechslungsgefahr zumindest im englischsprachigen Teil der Union vorliege.

59      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass, auch wenn der Beschwerdekammer Fehler beim bildlichen und klanglichen Vergleich der in Rede stehenden Zeichen unterlaufen sind, ihre Beurteilung in Bezug auf das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der Identität der in Rede stehenden Waren und der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen zu bestätigen ist.

60      Die Argumente der Klägerin können diese Beurteilung nicht in Frage stellen.

61      Aus dem Argument, dem bildlichen Zeichenvergleich komme im vorliegenden Fall bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr besondere Bedeutung zu, weil die fraglichen Waren üblicherweise in Selbstbedienungsgeschäften verkauft würden, wo der Verbraucher sie selbst auswähle und sich dabei hauptsächlich auf das Bild der auf diesen Waren angebrachten Marke verlasse, kann die Klägerin keinen Nutzen ziehen, da festgestellt worden ist, dass zwischen den in Rede stehenden Zeichen eine bildliche Ähnlichkeit besteht (siehe oben, Randnrn. 30 bis 41). Zu dem Argument, die maßgeblichen Verbraucher ließen beim Erwerb der fraglichen Waren erhöhte Aufmerksamkeit walten, wodurch die Verwechslungsgefahr verringert werde, genügt es, darauf hinzuweisen, dass dieses Vorbringen bereits in den Randnrn. 17 bis 23 zurückgewiesen worden ist.

62      Was schließlich die von der Klägerin wiederholt angeführte frühere Praxis des HABM betrifft, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass das HABM verpflichtet ist, seine Befugnisse im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts auszuüben. Zwar muss das HABM im Hinblick auf die Grundsätze der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung im Rahmen der Prüfung der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, doch muss die Anwendung dieser Grundsätze mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden. Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (Urteil vom 21. Oktober 2004, HABM/Erpo Möbelwerk, C-64/02 P, Slg. 2004, I-10031, Randnr. 45). Demgemäß muss diese Prüfung in jedem Einzelfall erfolgen. Denn die Eintragung eines Zeichens als Marke hängt von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 12. Februar 2004, Henkel, C‑218/01, Slg. 2004, I-1725, Randnr. 62).

63      Im vorliegenden Fall hat, wie aus den Randnrn. 24 bis 61 des vorliegenden Urteils hervorgeht, die Beschwerdekammer zu Recht angenommen, dass der angemeldeten Marke das Eintragungshindernis des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 entgegensteht, so dass die Klägerin sich nicht mit Erfolg auf frühere Entscheidungen des HABM berufen kann, um diese Feststellung zu entkräften.

64      Mithin ist der einzige Klagegrund zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

65      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

66      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Ergo Versicherungsgruppe AG trägt die Kosten.

Azizi

Cremona

Frimodt Nielsen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. Juli 2011.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.