Language of document : ECLI:EU:T:2014:926

Verbundene Rechtssachen T‑307/12 und T‑408/13

Adib Mayaleh

gegen

Rat der Europäischen Union

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Syrien – Einfrieren von Geldern – Tätigkeit als Gouverneur der Zentralbank Syriens – Nichtigkeitsklage – Übermittlung eines Rechtsakts, der restriktive Maßnahmen enthält – Rechtsbehelfsfrist – Zulässigkeit – Verteidigungsrechte – Fairer Prozess – Begründungspflicht – Beweislast – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Verhältnismäßigkeit – Eigentumsrecht – Recht auf Privat- und Familienleben – Anwendung von Einreisebeschränkungen auf einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats – Freizügigkeit der Unionsbürger“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Neunte erweiterte Kammer) vom 5. November 2014

1.      Gerichtliches Verfahren – Beschluss oder Verordnung, der bzw. die den angefochtenen Rechtsakt während des Verfahrens ersetzt – Neue Tatsache – Zulässigkeit neuer Anträge

(Art. 263 Abs. 6 AEUV, Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 48 § 2, Beschlüsse 2012/739/GASP und 2013/255/GASP des Rates)

2.      Gerichtliches Verfahren – Rechtsakte, die im Laufe des Verfahrens die angefochtenen Rechtsakte aufheben und ersetzen – Im Laufe des Verfahrens gestellter Antrag auf Anpassung der auf Nichtigerklärung gerichteten Anträge – Frist für die Stellung eines solchen Antrags – Beginn – Zeitpunkt der Übermittlung des neuen Rechtsakts an die Betroffenen – Pflicht zur Übermittlung auch bei Fehlen neuer Erkenntnisse

(Art. 263 Abs. 6 AEUV, Verordnungen Nr. 36/2012, Art. 32 Abs. 1 und 2, und Nr. 363/2013 des Rates)

3.      Nichtigkeitsklage – Fristen – Beginn – Rechtsakt, der restriktive Maßnahmen gegenüber einer Person oder Einrichtung nach sich zieht – Veröffentlichter und den Adressaten mitgeteilter Rechtsakt – Zeitpunkt der Mitteilung des Rechtsakts – Mitteilung an den Betroffenen durch Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union – Zulässigkeit – Voraussetzungen – Unmöglichkeit der Zustellung durch den Rat

(Art. 263 Abs. 6 AEUV und 275 Abs. 2 AEUV, Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 102 § 1, Verordnungen Nr. 36/2012, Art. 32 Abs. 1 und 2, und Nr. 363/2013 des Rates)

4.      Nichtigkeitsklage – Fristen – Beginn – Anmeldung – Begriff – Zustellung an den Vertreter eines Klägers – Voraussetzung

(Art. 263 Abs. 6 AEUV)

5.      Handlungen der Organe – Begründung – Verpflichtung – Umfang – Restriktive Maßnahmen gegen Syrien – Verbot der Einreise und der Durchreise sowie Einfrieren der Gelder bestimmter Personen und Organisationen, die für das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung verantwortlich sind – Verpflichtung, dem Betroffenen die Begründung gleichzeitig mit dem Erlass des ihn beschwerenden Rechtsakts oder unmittelbar danach mitzuteilen – Heilung eines Begründungsmangels im gerichtlichen Verfahren – Unzulässigkeit

(Art. 296 Abs. 2 AEUV, Beschlüsse des Rates 2011/782/GASP, 2012/256/GASP, 2012/739/GASP und 2013/255/GASP, Verordnungen des Rates Nr. 36/2012, Nr. 410/2012 und Nr. 363/2013)

6.      Handlungen der Organe – Begründung – Verpflichtung – Umfang – Restriktive Maßnahmen gegen Syrien – Verbot der Einreise und der Durchreise sowie Einfrieren der Gelder bestimmter Personen und Organisationen, die für das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung verantwortlich sind – Verpflichtung, dem Betroffenen die Begründung gleichzeitig mit dem Erlass des ihn beschwerenden Rechtsakts oder unmittelbar danach mitzuteilen – Grenzen – Sicherheit der Union und der Mitgliedstaaten oder Gestaltung ihrer internationalen Beziehungen – Beschluss, der in einem dem Betroffenen bekannten Zusammenhang ergeht und ihn in die Lage versetzt, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen – Zulässigkeit einer summarischen Begründung

(Art. 296 Abs. 2 AEUV, Beschlüsse des Rates 2011/782/GASP, 2012/256/GASP, 2012/739/GASP und 2013/255/GASP, Verordnungen des Rates Nr. 36/2012, Nr. 410/2012 und Nr. 363/2013)

7.      Nichtigkeitsklage – Gründe – Fehlende oder unzureichende Begründung – Klagegrund, der sich von dem die materielle Rechtmäßigkeit betreffenden Klagegrund unterscheidet

(Art. 263 AEUV und 296 AEUV)

8.      Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Recht auf Anhörung – Recht auf ein faires Verfahren und auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Verbot der Einreise und der Durchreise sowie Einfrieren der Gelder bestimmter Personen und Organisationen, die für das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung in Syrien verantwortlich sind – Fehlende Mitteilung des belastenden Materials und fehlende Anhörung der betreffenden Personen und Einrichtungen – Zulässigkeit

(Art. 6 Abs. 1 EUV, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 41 Abs. 2 Buchst. a und 47, Beschlüsse des Rates 2011/782/GASP, 2012/256/GASP, 2012/739/GASP und 2013/255/GASP, Verordnungen Nr. 36/2012 und Nr. 410/2012 des Rates)

9.      Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Syrien – Verbot der Einreise und der Durchreise sowie Einfrieren der Gelder bestimmter Personen und Organisationen, die für das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung verantwortlich sind – Verteidigungsrechte – Mitteilung von belastendem Material – Folgebeschluss über den Verbleib des Namens des Klägers in der Liste der Adressaten dieser Maßnahmen – Keine neuen Erkenntnisse – Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör – Fehlen

(Beschlüsse 2011/739/GASP und 2013/255/GASP des Rates, Verordnung Nr. 363/2013 des Rates)

10.    Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Restriktive Maßnahmen gegen Syrien im Rahmen des Kampfes gegen die gewaltsame Repression der Zivilbevölkerung – Handlung, mit der solche Maßnahmen erlassen oder aufrecht erhalten werden – Unterbleiben der Mitteilung an den Kläger – Keine Auswirkung, es sei denn, es wird eine Verletzung der Rechte des Klägers dargetan

(Art. 263 Abs. 4 AEUV)

11.    Europäische Union – Gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Handlungen der Organe – Restriktive Maßnahmen gegen Syrien – Verbot der Einreise und der Durchreise sowie Einfrieren der Gelder bestimmter Personen und Organisationen, die für das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung verantwortlich sind – Gerichtliche Nachprüfung – Umfang – Eingeschränkte Überprüfung in Bezug auf allgemeine Vorschriften – Überprüfung, die sich in Bezug auf Rechtsakte, die für spezifische Organisationen gelten, auf die Tatsachenwürdigung und die Überprüfung der Beweise erstreckt

(Art. 29 EUV, Art. 215 Abs. 2 AEUV, Beschlüsse des Rates 2012/256/GASP, 2012/739/GASP und 2013/255/GASP, Verordnungen Nr. 410/2012 und Nr. 363/2013 des Rates)

12.    Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Syrien – Verbot der Einreise und der Durchreise sowie Einfrieren der Gelder bestimmter Personen und Organisationen, die für das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung verantwortlich sind – Unterstützung des Regimes – Begriff – Jede Form der Unterstützung – Aufgaben, die eine Leitungsbefugnis gegenüber einer von restriktiven Maßnahmen betroffenen Organisation einräumen – Gouverneur der Zentralbank Syriens, die u. a. die Aufgabe hat, der Regierung Syriens als Bankinstitut zu dienen – Einbeziehung – Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – Fehlen

(Beschlüsse des Rates 2011/782/GASP, Art. 18 Abs. 1 und 19 Abs. 1, 2012/256/GASP, 2012/739/GASP, Art. 24 Abs. 1 und 25 Abs. 1 und 2013/255/GASP, Art. 27 Abs. 1 und 28 Abs. 1)

13.    Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Verhältnismäßigkeit – Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme – Beurteilungskriterien

14.    Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Syrien – Verbot der Einreise und der Durchreise sowie Einfrieren der Gelder bestimmter Personen und Organisationen, die für das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung verantwortlich sind – Beschränkung des Eigentumsrechts – Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – Fehlen

(Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 17, Beschlüsse des Rates 2011/782/GASP, Art. 19 Abs. 3 bis 7, 2012/739/GASP, Art. 25 Abs. 3 bis 11, und 2013/255/GASP, Art. 28 Abs. 3 bis 11, Verordnung Nr. 36/2012 des Rates, Art. 16 und 18)

15.    Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Syrien – Verbot der Einreise und der Durchreise sowie Einfrieren der Gelder bestimmter Personen und Organisationen, die für das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung verantwortlich sind  – Beschränkung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens und auf Freizügigkeit innerhalb der Union – Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – Fehlen

(Art. 21 Abs. 1 AEUV, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 7, Richtlinie 2004/38 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 27, Beschlüsse des Rates 2011/782/GASP, Art. 18 Abs. 2, 2012/739/GASP, Art. 24 Abs. 2, und 2013/255/GASP, Art. 27 Abs. 2)

1.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 47-49)

2.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 56-58)

3.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 59-66)

4.      Wenn ein Rechtsakt Gegenstand einer Mitteilung sein muss, damit die Klagefrist in Gang gesetzt wird, ist die Mitteilung grundsätzlich an den Adressaten des Rechtsakts und nicht an die ihn vertretenden Anwälte zu richten. Die Mitteilung an den Vertreter eines Klägers gilt nämlich nur dann als Mitteilung an den Adressaten, wenn eine solche Form der Mitteilung ausdrücklich durch eine Regelung oder eine Vereinbarung zwischen den Parteien vorgesehen ist.

(vgl. Rn. 74)

5.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 85)

6.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 86-88, 93, 94)

7.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 96)

8.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 102, 103, 110-113, 120)

9.      Im Zusammenhang mit dem Erlass des Beschlusses 2012/739, der Durchführungsverordnung Nr. 363/2013 und des Beschlusses 2013/255 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien, mit denen der Name des Klägers auf den Listen der von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen belassen wurde, kann das Argument des Überraschungseffekts dieser Maßnahmen grundsätzlich nicht geltend gemacht werden. Der Anspruch auf Anhörung vor Erlass von Rechtsakten über die Beibehaltung restriktiver Maßnahmen gegenüber bereits von diesen Maßnahmen betroffenen Personen setzt voraus, dass der Rat zulasten dieser Personen neue Erkenntnisse berücksichtigt hat.

Da der Rat beim Beschluss über den Verbleib des Namens des Betroffenen auf den Listen der von den restriktiven Maßnahmen gegen Syrien betroffenen Personen keine neuen Erkenntnisse berücksichtigt hatte, die dem Betroffenen nicht bereits im Anschluss an den Erlass der Rechtsakte mitgeteilt worden waren, die seine erstmalige Aufnahme in die fraglichen Listen vorsahen, und da der Kläger keinen Gebrauch von der Möglichkeit gemacht hat, dem Rat auf eigene Initiative eine Stellungnahme zukommen zu lassen, ohne dass vor Erlass eines jeden Folgerechtsakts mangels Berücksichtigung neuer, ihn betreffender Erkenntnisse eine erneute ausdrückliche Einladung ausgesprochen wurde, hatte der Kläger während mehrerer Monate Gelegenheit, dem Rat eine Stellungnahme zukommen zu lassen und die Stichhaltigkeit der Gründe, die in den angefochtenen Rechtsakten hinreichend klar angegeben waren und zu seiner Aufnahme und Beibehaltung in den Listen der von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen geführt haben, zu beanstanden. Daher kann keine Verletzung des Rechts auf Anhörung nachgewiesen werden.

(vgl. Rn. 114-119, 123)

10.    Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 122)

11.    Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 127-129)

12.    Was die restriktiven Maßnahmen gegen Personen betrifft, die das syrische Regime unterstützen, ist die Formulierung „Unterstützung des Regimes“ in den maßgeblichen Bestimmungen, nämlich Art. 18 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 1 des Beschlusses 2011/782, Art. 24 Abs. 1 und Art. 25 Abs. 1 des Beschlusses 2012/739 sowie Art. 27 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 des Beschlusses 2013/255 zwar nicht definiert, jedoch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich restriktive Maßnahmen nur gegen Personen richten können, die das syrische Regime mit dem speziellen Ziel unterstützen, ihm die Ausübung von Repressionen gegen die Zivilbevölkerung zu ermöglichen. Da der Rat nämlich nicht kontrollieren kann, zu welchem Zweck die dem Regime bereitgestellten Mittel verwendet werden, mussten Maßnahmen erlassen werden, die sich gegen jegliche Form der Unterstützung richten.

Bei einer Person, die Aufgaben wahrnimmt, die ihr eine Leitungsbefugnis gegenüber einer von restriktiven Maßnahmen betroffenen Organisation einräumen, kann im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass sie selbst an den Handlungen, die den Erlass restriktiver Maßnahmen gegen die betreffende Organisation rechtfertigen, beteiligt ist.

Somit konnte sich der Rat, ohne gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verstoßen, auf die Tätigkeit einer Person – im vorliegenden Fall des Gouverneurs der Zentralbank Syriens, die u. a. die Aufgabe hat, der Regierung dieses Landes als Bankinstitut zu dienen – stützen, als er die Auffassung vertrat, dass sich diese Person im Hinblick auf die finanzielle Unterstützung des syrischen Regimes durch die Zentralbank Syriens in einer Position befinde, die ihm Macht und Einfluss verschaffe, und daher berechtigterweise annehmen, dass der Erlass restriktiver Maßnahmen gegen diese Person dazu beitragen konnte, Druck auf das Regime auszuüben und auf diese Weise die Repression der Zivilbevölkerung zu beenden oder abzuschwächen.

Die restriktiven Maßnahmen gegen Syrien wurden nämlich als Reaktion auf die gewaltsame Repression der Zivilbevölkerung durch die syrischen Behörden verhängt. Wenn sich die fraglichen restriktiven Maßnahmen nur auf die Führung des syrischen Regimes und nicht auch auf Personen, die das Regime unterstützen, gerichtet hätten, wäre die Realisierung der vom Rat verfolgten Ziele gefährdet gewesen, da es der Führung des Regimes ein Leichtes gewesen wäre, die – u. a. finanzielle – Unterstützung zu erhalten, die sie benötigt, um mit Hilfe anderer Personen, die hochrangige Leitungsfunktionen innerhalb der wichtigsten Einrichtungen des syrischen Staats einnehmen, die Repression fortzusetzen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass das Ziel der Aufrechterhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit sowie des Schutzes der Zivilbevölkerung für die Union von hoher Bedeutung ist.

(vgl. Rn. 135-137, 143, 147, 148)

13.    Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 146)

14.    Bei den im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik verhängten Maßnahmen, die das Einfrieren von Geldern und anderen wirtschaftlichen Ressourcen von Personen, die als Unterstützer des syrischen Regimes identifiziert wurden, vorsehen, handelt es sich zwar um Sicherungsmaßnahmen, die nicht darauf abzielen, die betreffenden Personen zu enteignen, gleichwohl sind diese Maßnahmen aber unbestreitbar mit einer Beschränkung des Gebrauchs des Eigentumsrechts verbunden.

Diese Maßnahmen sind jedoch erstens gesetzlich vorgesehen, da sie in Rechtsakten festgelegt sind, die u. a. allgemeine Geltung haben und über eine eindeutige Rechtsgrundlage im Unionsrecht verfügen, und im Hinblick auf ihre Tragweite und die Gründe, die ihre Anwendung gegenüber dem Kläger rechtfertigen, hinreichend genau formuliert sind. Was zweitens die Geeignetheit der fraglichen Maßnahmen angesichts eines für die Völkergemeinschaft derart grundlegenden Ziels wie des Schutzes der Zivilbevölkerung und der Aufrechterhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit betrifft, können diese Maßnahmen für sich genommen offensichtlich nicht als unangemessen angesehen werden. Was drittens die Erforderlichkeit angeht, ermöglichen alternative und weniger belastende Maßnahmen, z. B. ein System einer vorherigen Erlaubnis oder eine Verpflichtung, die Verwendung der gezahlten Beträge nachträglich zu belegen, es – namentlich in Anbetracht der Möglichkeit einer Umgehung der auferlegten Beschränkungen – nicht, das angestrebte Ziel, nämlich die Ausübung von Druck auf die Unterstützer des syrischen Regimes, ebenso wirksam zu erreichen.

Darüber hinaus ist es nach Art. 19 Abs. 3 bis 7 des Beschlusses 2011/782, Art. 25 Abs. 3 bis 11 des Beschlusses 2012/739, Art. 28 Abs. 3 bis 11 des Beschlusses 2013/255 und den Art. 16 bis 18 der Verordnung Nr. 36/2012 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien zum einen möglich, die Verwendung eingefrorener Gelder zur Deckung von Grundbedürfnissen oder zur Erfüllung bestimmter Verpflichtungen zu genehmigen, und zum anderen, spezifische Genehmigungen zu erteilen, um eingefrorene Gelder, sonstige Vermögenswerte oder wirtschaftliche Ressourcen freizugeben. Schließlich wird der Verbleib des Namens des Klägers auf Listen, die den angefochtenen Rechtsakten als Anhänge beigefügt wurden, regelmäßig überprüft, um sicherzustellen, dass die Personen und Organisationen, die nicht mehr die Kriterien erfüllen, um auf der fraglichen Liste zu stehen, aus dieser gestrichen werden.

(vgl. Rn. 172, 175-181)

15.    Was die behauptete Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie die Beschränkung der Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Kläger besitzt, und der Freizügigkeit in der Union betrifft, erkennen die Sonderbestimmungen zu Staatsangehörigen, nämlich Art. 18 Abs. 2 des Beschlusses 2011/782, Art. 24 Abs. 2 des Beschlusses 2012/739 und Art. 27 Abs. 2 des Beschlusses 2013/255 betreffend restriktive Maßnahmen gegen Syrien, die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der fraglichen Beschränkungen auf ihre eigenen Staatsangehörigen an. Bei einer Person, die neben der syrischen Staatsangehörigkeit auch die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt, verpflichtet das Unionsrecht die Behörden dieses Mitgliedstaats folglich nicht, der betreffenden Person die Einreise in ihr Hoheitsgebiet zu verbieten.

Dagegen fällt ein Bürger eines Mitgliedstaats und somit auch der Union, dessen Name sich auf den Listen der Personen befindet, die von den Bestimmungen zu Einreisebeschränkungen betroffen sind, in den Anwendungsbereich dieser Bestimmungen im Hinblick auf Mitgliedstaaten, deren Staatsangehörigkeit er nicht besitzt. Die genannten Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die fraglichen Beschränkungen gegenüber diesen Bürgern im Hinblick auf ihr jeweiliges Hoheitsgebiet anzuwenden. Die Bestimmungen zu Staatsangehörigen gelten nämlich nur für das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit die betreffende Person besitzt. Im Übrigen besteht das Recht der Unionsbürger auf Freizügigkeit nicht uneingeschränkt. Denn nach dem in der zweiten Satzhälfte von Art. 21 Abs. 1 AEUV enthaltenen Vorbehalt konnte der Rat das Recht auf Freizügigkeit in der Union des Klägers grundsätzlich durch den Erlass von Rechtsakten der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit beschränken, da die Erwägungen zur Geeignetheit, Notwendigkeit und zeitlichen Beschränkung der Maßnahmen, die ein Einfrieren von Geldern vorsehen, für die Bestimmungen zu Einreisebeschränkungen entsprechend gelten.

Im Übrigen sind die Bestimmungen zu Einreisebeschränkungen, soweit sie für Unionsbürger gelten, gegenüber der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG als lex specialis anzusehen, so dass diese Bestimmungen in den Situationen, die sie spezifisch regeln sollen, der Richtlinie vorgehen. Im Übrigen ist diese lex specialis – auf einer gemeinsamen Ebene und in einem speziellen Kontext − nur Ausdruck der Freizügigkeitsbeschränkungen, die die Mitgliedstaaten – jeder für sich − bestimmten Personen gemäß Art. 27 der Richtlinie 2004/38 auferlegen können. Die Richtlinie gewährt den Unionsbürgern nämlich kein uneingeschränktes Recht auf Freizügigkeit in der Union, sondern erlaubt den Mitgliedstaaten, die Freizügigkeit insbesondere aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu beschränken.

(vgl. Rn. 172, 185, 186, 190, 191, 194-199)