Language of document : ECLI:EU:T:2021:895

URTEIL DES GERICHTS (VIERTE KAMMER)

15. Dezember 2021(*)

„Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Beamte – Dienstliche Verwendung in einem Drittland – Von der Verwaltung zur Verfügung gestellte Familienwohnung – Nichtbeachtung der Pflicht, mit der Familie dort zu wohnen – Disziplinarverfahren -Disziplinarstrafe des Versagens des Aufsteigens in den Dienstaltersstufen – Ersatz des der Union entstandenen Schadens – Art. 22 des Statuts – Abweisung der Klage als unbegründet – Aufhebung im Rechtsmittelverfahren – Vom Gerichtshof überprüftes und aufgehobenes Rechtsmittelurteil – Zurückverweisung an das Gericht“

In der Rechtssache T‑693/16 P‑RENV‑RX,

HG, vertreten durch Rechtsanwältin L. Levi,

Rechtsmittelführer,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch T. Bohr als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt A. Dal Ferro,

Beklagte in erster Instanz,

betreffend ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (Zweite Kammer) vom 19. Juli 2016, HG/Kommission (F‑149/15, EU:F:2016:155), wegen Aufhebung dieses Urteils

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni sowie der Richter L. Madise (Berichterstatter) und P. Nihoul,

Kanzler: L. Ramette, Verwaltungsrat,

unter Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs vom 26. März 2020,

auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2021

folgendes

Urteil(1)

[nicht wiedergegeben]

2        Mit seinem nach Art. 9 des Anhangs I der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union eingelegten Rechtsmittel beantragt der Rechtsmittelführer, HG, ein Beamter der Europäischen Kommission, die Aufhebung des angefochtenen Urteils, mit dem das Gericht für den öffentlichen Dienst seine Klage abgewiesen hat. Mit dieser Klage hatte er in der Hauptsache beantragt, die Entscheidung der Kommission vom 10. Februar 2015, mit der gegen ihn die Disziplinarstrafe des Versagens des Aufsteigens in den Dienstaltersstufen für einen Zeitraum von 18 Monaten verhängt worden war und mit der er zum Ersatz des der Kommission durch sein Verschulden angeblich entstandenen Schadens in Höhe von 108 596,35 Euro verurteilt worden war (im Folgenden: streitige Entscheidung), aufzuheben und, soweit erforderlich, die Entscheidung, mit der seine Beschwerde gegen die streitige Entscheidung zurückgewiesen worden war, aufzuheben sowie, hilfsweise, die mit dieser Entscheidung verhängte Geldstrafe herabzusetzen. Schließlich hatte er beantragt, die Kommission zu verurteilen, den ihm entstandenen immateriellen Schaden sowie den Schaden, der ihm aufgrund der Rufschädigung entstanden sei, die auf 20 000 Euro geschätzt werden, zu ersetzen und der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

[nicht wiedergegeben]

 Verfahren und Anträge der Parteien

[nicht wiedergegeben]

39      Das erste Rechtsmittelurteil, mit dem das angefochtene Urteil wegen nicht ordnungsgemäßer Zusammensetzung des Spruchkörpers des Gerichts für den öffentlichen Dienst aufgehoben wurde, erging im Anschluss an dieses Verfahren, wurde jedoch selbst wiederum, wie oben in den Rn. 1 bis 3 dargelegt, vom Gerichtshof aufgehoben, und das Rechtsmittel wurde an das Gericht zurückverwiesen. Deshalb wurde die Rechtssache, die mit dem ersten Rechtsmittelurteil an das Gericht zur Entscheidung über die Klage des Rechtsmittelführers vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst (Rechtssache T‑440/18 RENV) verwiesen wurde, mit Entscheidung der Kanzlei vom 26. März 2020 eingestellt.

[nicht wiedergegeben]

45      Die Parteien haben in der Sitzung vom 17. Juni 2021 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. Das mündliche Verfahren wurde am selben Tag für abgeschlossen erklärt.

46      Der Rechtsmittelführer beantragt,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        die streitige Entscheidung aufzuheben;

–        soweit erforderlich, die Entscheidung, mit der die Beschwerde zurückgewiesen wurde, aufzuheben;

–        hilfsweise, die in der streitigen Entscheidung vorgesehene Geldstrafe herabzusetzen;

–        die Kommission zum Ersatz des immateriellen Schadens und des aufgrund der Rufschädigung entstandenen Schadens in Höhe von 20 000 Euro zu verurteilen;

–        der Kommission die gesamten Kosten beider Instanzen aufzuerlegen.

47      Die Kommission beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        dem Rechtsmittelführer die gesamten Kosten aufzuerlegen.

 Begründetheit

 Zum Rechtsmittel

[nicht wiedergegeben]

 Zu den Rechtsmittelgründen, die gegen das angefochtene Urteil in Bezug auf die in der streitigen Entscheidung festgestellte finanzielle Haftung des Rechtmittelführers angeführt werden

[nicht wiedergegeben]

–       Zum Rechtsmittelgrund der Rechtsfehler, die das Gericht der Hauptsache in Bezug auf die in der streitigen Entscheidung festgestellte finanzielle Haftung des Rechtsmittelführers begangen haben soll

83      Der Rechtsmittelführer führt zunächst in Rn. 11 der Rechtsmittelschrift aus, dass das Gericht für den öffentlichen Dienst bei der Prüfung seines Vorbringens „zur fehlenden Erheblichkeit der behaupteten Verletzungen der Loyalitätspflicht“ in Rn. 151 des angefochtenen Urteils der Ansicht gewesen sei, dass, da die Loyalitätspflicht eines Beamten gegenüber der Union allgemein und objektiv bestehe, die Gründe, die dazu geführt hätten, dass er diese Verpflichtung verletzt habe, sofern sie nachgewiesen seien, nicht von Bedeutung seien. Nach Ansicht des Rechtsmittelführers muss die Anstellungsbehörde aber bei der Anwendung von Art. 22 des Statuts, der die finanzielle Haftung eines Beamten gegenüber der Union wegen schwerwiegenden Verschuldens in Ausübung oder anlässlich der Ausübung seines Amtes begründen könne, eventuelle mildernde Umstände berücksichtigen, die in den Gründen für die Pflichtverletzung dieses Beamten enthalten sein könnten. Andernfalls werde gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Indem das Gericht für den öffentlichen Dienst entschieden habe, dass die Gründe zur Erklärung seines Verhaltens nicht von Bedeutung seien, habe es einen Rechtsfehler sowohl hinsichtlich Art. 22 des Statuts als auch des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes begangen.

[nicht wiedergegeben]

86      Art. 22 Abs. 1 des Statuts sieht vor, dass „[d]er Beamte … zum vollen oder teilweisen Ersatz des Schadens herangezogen werden [kann], den die Union durch sein schwerwiegendes Verschulden in Ausübung oder anlässlich der Ausübung seines Amtes erlitten hat“.

[nicht wiedergegeben]

90      In Art. 11 Abs. 1 Satz 1 des Statuts, wonach sich „[d]er Beamte … bei der Ausübung seines Amtes und in seinem Verhalten ausschließlich von den Interessen der Union leiten zu lassen [hat]“, ist die Loyalitätspflicht der Unionsbeamten gegenüber der Union verankert. Diese Pflicht wird im weiteren Verlauf dieses Absatzes in Satz 3 ausdrücklich erwähnt, der erläutert, dass der Beamte die ihm aufgetragenen Aufgaben objektiv, unparteiisch und in voller Loyalität mit der Union ausführt. Diese Pflicht wird auch in Art. 17a des Statuts, der die Grenzen des Rechts der Beamten auf freie Meinungsäußerung betrifft, ausdrücklich erwähnt. Die Modalitäten der Einhaltung der Loyalitätspflicht werden im Hinblick auf bestimmte Aspekte oder Umstände in mehreren Bestimmungen des Statuts wie den Art. 12, 12b oder 17a präzisiert.

[nicht wiedergegeben]

93      Es stellt sich daher die Frage, ob bei der Beurteilung, ob das Verhalten eines Beamten ein Zeichen von Illoyalität gegenüber der Union darstellt oder nicht, die Gründe zu berücksichtigen sind, die den Beamten zu einem Verhalten veranlassen können, das ganz oder teilweise von anderen Interessen als denen der Union bestimmt wird oder diesen sogar entgegensteht, wie z. B. Schädigungsabsicht, Korruption, Gleichgültigkeit, politische Motivation, der Wille, sich selbst oder anderen einen Vorteil zu verschaffen, unüberwindbarer äußerer Druck, zwingende persönliche Belange.

94      Dies wurde vom Gericht für den öffentlichen Dienst in Rn. 151 des angefochtenen Urteils verneint, wobei es sich auf das Urteil vom 23. Oktober 2013, Gomes Moreira/ECDC (F‑80/11, EU:F:2013:159), stützte. In diesem Urteil wurde in den Rn. 65 und 66 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Feststellung eines Verstoßes gegen mehrere Pflichten aus dem Statut, die insbesondere die Loyalität der Beamten sicherstellen sollen, nicht voraussetzt, dass der Beamte der Union einen Schaden zugefügt oder sein Verhalten zu Beschwerden Anlass gegeben hat. Diese Bewertung war ihrerseits auf einen Präzedenzfall der Rechtsprechung gestützt (Urteil vom 3. Juli 2001, E/Kommission, T‑24/98 und T‑241/99, EU:T:2001:175, Rn. 76), in dem entschieden wurde, dass die Feststellung eines Verstoßes gegen mehrere gleichartige Verpflichtungen nicht zur Voraussetzung hat, dass der betreffende Beamte sich einen persönlichen Vorteil schaffen wollte oder dass er dem Organ einen Schaden zugefügt hat. In einer anderen Rechtssache, in der das Urteil vom 19. März 1998 Tzoanos/Kommission (T‑74/96, EU:T:1998:58, Rn. 66), ergangen ist und die selbst wiederum im Urteil vom 3. Juli 2001, E/Kommission (T‑24/98 und T‑241/99, EU:T:2001:175), als Präzedenzfall der Rechtsprechung für einen möglichen Verstoß gegen die Pflicht eines Beamten, für die Ausübung einer Nebentätigkeit die Zustimmung einzuholen, die unter die Loyalitätspflicht fällt und der eine allgemeine Tragweite zukommt, angeführt wird, wurde entschieden, dass es für die Beurteilung des Vorliegens eines solchen Verstoßes nicht erforderlich ist, zu wissen, ob diese Tätigkeit in Anbetracht der dienstlichen Aufgaben dieses Beamten zu einen Interessenkonflikt führen kann.

95      Entgegen der Ansicht des Gerichts für den öffentlichen Dienst geht aus diesen Präzedenzfällen nicht hervor, dass die Gründe, die einen Beamten zu einem Verhalten veranlasst haben, das gegen einige seiner Pflichten gegenüber der Union verstößt, bei der Feststellung, ob er sich gegenüber der Union illoyal verhalten hat, in keinem Fall berücksichtigt werden dürfen.

96      Zwar sind bestimmte Umstände in dieser Hinsicht ihrer Art nach gleichgültig, wie die oben in Rn. 94 genannten, doch hängt die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten illoyal war, von dem Kontext ab, in den es sich einfügt. So kann ein Beamter z. B. der Meinung sein, bei der Ausübung seines Amtes unter Berücksichtigung der Interessen der Union zu handeln, in Wirklichkeit handelt er aber gegen diese, weil er von einer besonders komplexen und nie dagewesenen Situation überfordert wird, was nicht zwangsläufig einen Mangel an Loyalität zum Ausdruck bringt, selbst wenn er zu einem bestimmten Zeitpunkt die Interessen der Union aus den Augen verloren hat. Ein Beamter kann wegen eines schwerwiegenden persönlichen Problems die Interessen der Union vorübergehend in den Hintergrund rücken, ohne dass ihm nach den Umständen stets fehlende Loyalität vorgeworfen werden könnte. Macht ein Beamter andererseits geltend, er habe die Interessen der Union nicht beachtet, da er von einer Situation überfordert gewesen sei, oder er habe wegen schwerwiegender persönlicher Probleme die Interessen der Union in den Hintergrund gerückt, ist es für die Beurteilung seiner Loyalität gegenüber der Union von Bedeutung, zu wissen, ob er sich der Rangfolge seiner Probleme bewusst war und welche Haltung er in diesem Kontext eingenommen hat.

97      Die Beurteilung der Loyalität einer Person bedeutet somit, ihr Verhalten gegenüber der Einrichtung oder der Person, der diese Loyalität geschuldet wird, im jeweiligen Kontext zu bewerten. Art. 11 Abs. 1 Satz 1 des Statuts, der bestimmt, dass sich der Beamte „bei der Ausübung seines Amtes und in seinem Verhalten ausschließlich von den Interessen der Union [hat] leiten zu lassen“, schreibt insoweit ein allgemeines Verhalten vor, das die Loyalität gegenüber der Union kennzeichnet, aber keine absolute Definition darstellt, und das den Kontext nicht berücksichtigt, in dem diese Loyalität zu bewerten ist, die nach Art. 11 Abs. 1 Satz 3 gefordert wird, in dem die Pflicht der Beamten der Union, ihre Aufgaben „in voller Loyalität mit der Union [auszuführen]“, genannt ist.

98      Insoweit bezieht sich in den Urteilen, auf die sich das Gericht für den öffentlichen Dienst in Rn. 151 des angefochtenen Urteils unmittelbar oder mittelbar gestützt hat, die Beurteilung, dass im Wesentlichen verschiedene statutarische Pflichten allgemein und objektiv gelten, auf diese eigentlichen Pflichten, bedeutet aber nicht, dass in allgemeinerer Hinsicht die Loyalität oder Illoyalität eines Unionsbeamten unabhängig von den Umständen, unter denen er ein bestimmtes Verhalten gezeigt hat, und von den Gründen, die ihn zu einem solchen Verhalten veranlasst haben, zu bewerten ist. Das Gericht für den öffentlichen Dienst hat somit einen Rechtsfehler begangen, als es festgestellt hat, dass die Gründe für das Verhalten des Rechtsmittelführers für die Feststellung der Verletzung seiner Loyalitätspflicht gleichgültig seien.

99      Darüber hinaus macht der Rechtsmittelführer zu Recht geltend, dass die Anstellungsbehörde, um im Rahmen der Anwendung von Art. 22 des Statuts das Verhalten eines Beamten als schwerwiegendes persönliches Verschulden einzustufen, die Umstände berücksichtigen muss und sich nicht mit der Feststellung begnügen darf, dass der betreffende Beamte die für ihn geltenden Vorschriften missachtet habe, oder anders gesagt sich nicht mit der Feststellung begnügen darf, dass er bestimmte Pflichten nicht erfüllt habe.

[nicht wiedergegeben]

102    Im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit kann sich das Gericht der Hauptsache auf die Feststellungen, Beurteilungen und Einstufungen in der angefochtenen Entscheidung stützen, wenn diese rechtmäßig sind, um Klagegründe oder das Vorbringen eines Klägers zurückzuweisen, und darüber hinaus die Zurückweisung dieser Klagegründe oder dieses Vorbringens mit seinen eigenen rechtlichen Erwägungen begründen (vgl. in diesem Sinne, Beschluss vom 27. September 2004, UER/M6 u. a., C‑470/02 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2004:565, Rn. 69 und 70, und Urteil vom 21. September 2010, Schweden u. a./API und Kommission, C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, EU:C:2010:541, Rn. 65). Dagegen darf das Gericht der Hauptsache im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle auf keinen Fall die vom Urheber der angefochtenen Handlung gegebene Begründung durch seine eigene ersetzen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. Januar 2000, DIR International Film u. a./Kommission, C‑164/98 P, EU:C:2000:48, Rn. 38, und vom 24. Januar 2013, Frucona Košice/Kommission, C‑73/11 P, EU:C:2013:32, Rn. 88 und 89). Wenn es jedoch seine Befugnis zu uneingeschränkter Ermessensnachprüfung ausübt, wie auf der Grundlage von Art. 91 Abs. 1 des Statuts in vermögensrechtlichen Streitigkeiten zwischen der Union und ihren Beamten und insbesondere auf der Grundlage von Art. 22 Abs. 3 des Statuts in Rechtsstreitigkeiten betreffend die finanzielle Haftung der Beamten gegenüber der Union, kann das Gericht der Hauptsache unter Berücksichtigung aller Umstände der Rechtssache die Zahlung eines Betrags von einer Partei an die andere selbst beurteilen oder begründen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. Oktober 1987, Houyoux und Guery/Kommission, 176/86 und 177/86, EU:C:1987:461, Rn. 16, und vom 20. Mai 2010, Gogos/Kommission, C‑583/08 P, EU:C:2010:287, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

103    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das Gericht für den öffentlichen Dienst dadurch, dass es in Rn. 159 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, dass die Situation des Rechtsmittelführers ab September 2008 rechtswidrig gewesen sei, eine in der streitigen Entscheidung in deren Rn. 22 und 37 enthaltene Beurteilung übernommen hat. Die Übernahme dieser Beurteilung diente jedoch, wie aus Rn. 160 des angefochtenen Urteils hervorgeht, nur dazu, das Vorbringen des Rechtsmittelführers zur Bewertung des Schadens, den er der Union möglicherweise zugefügt hatte und dessen Existenz er bis September 2009 bestritt, zu widerlegen, und diente entgegen dem Vorbringen des Rechtsmittelführers nicht dazu, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 22 des Statuts bereits im September 2008 erfüllt waren. Damit hat das Gericht für den öffentlichen Dienst somit weder das Verhalten des Rechtsmittelführers zwischen September 2008 und Dezember 2008 als schwerwiegendes persönliches Verschulden eingestuft noch im Übrigen den Eindruck entstehen lassen, dass ein schwerwiegendes persönliches Verschulden von der Anstellungsbehörde für einen Zeitraum ab September 2008 angenommen worden sei, und hat folglich die Akten in dieser Hinsicht nicht verfälscht, wie auch der Rechtsmittelführer in Rn. 14 der Rechtsmittelschrift vorträgt.

104    Zwar hat das Gericht für den öffentlichen Dienst, indem es in der genannten Rn. 159 des angefochtenen Urteils ausführt, dass der Delegation ab Januar 2009 die Möglichkeit genommen worden sei, die Dienstwohnung des Rechtsmittelführers für neue Zwecke zu nutzen, im Übrigen auch unter Berücksichtigung der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde des Rechtsmittelführers gegenüber der streitigen Entscheidung, in der nur angegeben worden war, dass der Schaden daraus resultiere, dass die Union die Kosten für die ungerechtfertigte Anmietung der dem Rechtsmittelführer zur Verfügung gestellten Familienwohnung übernommen habe, einen Grund hinzugefügt. Doch besteht dieser vom Gericht für den öffentlichen Dienst angeführte zusätzliche Grund lediglich darin, festzustellen, dass das Verhalten des Rechtsmittelführers es nicht ermöglicht habe, den in der streitigen Entscheidung festgestellten Schaden zu verringern, es stellt aber keinen zusätzlichen Schaden fest. Darüber hinaus kann diese Beurteilung unter die Ausübung der Befugnis des Gerichts für den öffentlichen Dienst zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung in Bezug auf die finanzielle Haftung des Rechtsmittelführers fallen, eine Befugnis, um deren Ausübung der Rechtsmittelführer es im Übrigen gebeten hatte. Somit wird der Rechtsfehler, dass das Gericht für den öffentlichen Dienst in Rn. 159 des angefochtenen Urteils einen neuen hypothetischen Schaden festgestellt habe, der nicht geeignet sei, die finanzielle Haftung des Rechtsmittelführers zu begründen, nicht nachgewiesen. Es ist auch festzustellen, dass der vom Gericht für den öffentlichen Dienst angeführte zusätzliche Grund keine Verfälschung der Akten, wie oben Rn. 67 definiert, erkennen lässt.

105    Der Rechtsmittelführer vertritt sodann in den Rn. 21 bis 23 der Rechtsmittelschrift die Auffassung, dass das Gericht für den öffentlichen Dienst bei der Prüfung seines Vorbringens zum „Verstoß gegen die fünfjährige Verjährungsfrist oder die angemessene Frist“ einen Rechtsfehler begangen habe, indem es entschieden habe, dass die Verjährungsfrist von fünf Jahren nach Art. 85 Abs. 2 des Statuts, auf die sich der Rechtsmittelführer in seiner Klageschrift berufe, auf seine Situation nicht anwendbar sei.

[nicht wiedergegeben]

107    In den Rn. 167 und 168 des angefochtenen Urteils hat das Gericht für den öffentlichen Dienst darauf hingewiesen, dass Art. 85 des Statuts die Rückerstattung von Beträgen betreffe, die ein Beamter ohne rechtlichen Grund erhalten habe, dass der Rechtsmittelführer im vorliegenden Fall von der Kommission keinen Geldbetrag erhalten habe, sondern ihr einen finanziellen Schaden zugefügt habe und dass die von diesem Organ an den Vermieter gezahlten Beträge nicht ohne rechtlichen Grund gezahlt worden seien. Es hat sich dabei auf das Urteil vom 27. Januar 2016, DF/Kommission (T‑782/14 P, EU:T:2016:29, Rn. 54), gestützt.

[nicht wiedergegeben]

109    Zur Begründetheit ist zu betonen, dass das Urteil vom 27. Januar 2016, DF/Kommission (T‑782/14 P, EU:T:2016:29), das vom Gericht für den öffentlichen Dienst genannt wird und das oben in Rn. 107 angeführt ist, nicht die Feststellung erlaubt, dass Art. 85 des Statuts nicht auf einen Sachverhalt anwendbar sei, in dem eine Sachleistung gewährt werde. Indem das Gericht nämlich in Rn. 54 des genannten Urteils, das in einer Rechtssache erging, in der der klagende Beamte, von dem die Rückzahlung einer ohne rechtlichen Grund gezahlten Entschädigung gefordert wurde, vortrug, dass er den Teil, der auf seine geschiedene Frau im Rahmen einer Unterhaltsleistung übertragen worden sei, nicht zurückfordern könne, hat sich das Gericht auf die Feststellung beschränkt, dass Art. 85 des Statuts nur die finanzielle Beziehung zwischen dem Beamten, dem die unrechtmäßigen Zahlungen zugutekamen, und dem betroffenen Organ betrifft und die etwaigen bereicherungsrechtlichen Folgen für den Beamten im Hinblick auf andere Personen, die unmittelbar oder mittelbar von den unrechtmäßigen Zahlungen, die von diesem Organ zurückgefordert wurden, profitieren konnten, nicht von Belang sind, da diese Fragen dem Privatrecht unterfallen. Folglich äußert sich das genannte Urteil nicht zu der Frage, ob eine Sachleistung, wie die Bereitstellung einer Dienstwohnung, als Teil der finanziellen Beziehung zwischen einem Beamten und seinem Organ angesehen werden kann und Gegenstand einer Klage auf Rückforderung von ohne rechtlichen Grund gezahlten Beträgen sein kann. Im Übrigen spricht nichts dagegen, dass eine rechtsgrundlos geleistete Sachleistung, die einer indirekten Zahlung eines Betrags gleichkommt, Gegenstand einer Rückforderung ist. Andernfalls könnten die Organe niemals die Rückzahlung dieser rechtsgrundlos erlangten Vorteile verlangen, es sei denn, sie würden das in Art. 22 des Statuts vorgesehene Verfahren einleiten und ein schwerwiegendes persönliches Verschulden der betroffenen Beamten nachweisen, was bei bestimmten Fällen nicht angemessen wäre und zu einer Ungleichbehandlung zwischen Beamten, die einen Vorteil in Form einer direkten Zahlung eines Geldbetrags rechtsgrundlos erhalten haben, und Beamten, die einen Vorteil in Form einer Sachleistung rechtsgrundlos erhalten haben, führen würde. Daher hat das Gericht für den öffentlichen Dienst mit der Feststellung, dass sich der Rechtsmittelführer nicht auf Art. 85 des Statuts berufen könne, da er nicht unmittelbar von seinem Organ einen Geldbetrag erhalten habe, einen Rechtsfehler begangen.

110    Allerdings ist, wenn die Gründe eines Urteils des Gerichts der Hauptsache eine Verletzung des Unionsrechts erkennen lassen, sich die Urteilsformel jedoch aus anderen Rechtsgründen als richtig darstellt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. Dies gilt auch dann, wenn das Gericht der Hauptsache einen Klagegrund oder Teil eines Klagegrundes der Klageschrift für sich allein genommen würdigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juni 1992, Lestelle/Kommission, C‑30/91 P, EU:C:1992:252, Rn. 27 bis 29).

111    Im vorliegenden Fall hat das Gericht für den öffentlichen Dienst in Rn. 167 des angefochtenen Urteils auch darauf hingewiesen, dass der Rechtsmittelführer seinem Organ durch sein Verhalten einen finanziellen Schaden zugefügt habe. Dieser Hinweis führt zu der Ausführung, dass die finanzielle Haftung des Rechtsmittelführers von der Anstellungsbehörde nicht anhand von Art. 85 des Statuts über die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beträge auf der Grundlage der Feststellung eines rechtsgrundlos gewährten Vorteils nachgewiesen worden sei, sondern anhand von Art. 22 des Statuts über den Ersatz des Schadens, den die Union durch ein schwerwiegendes Verschulden des Beamten in Ausübung oder anlässlich der Ausübung seines Amtes erlitten hat, indem festgestellt worden sei, dass die Union durch ein schwerwiegendes persönliches Verschulden des Rechtsmittelführers einen Schaden erlitten habe.

112    Es muss betont werden, dass die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 85 und von Art. 22 des Statuts ebenso wie ihr Kontext ganz verschieden sind. Die Entscheidung, ohne rechtlichen Grund gezahlte Beträge zurückzufordern, setzt nach Art. 85 nur den Nachweis voraus, dass dem betreffenden Beamten ein Geldbetrag oder ein gleichwertiger Vorteil ohne rechtlichen Grund gewährt wurde und dass dieser den Mangel des rechtlichen Grundes kannte oder der Mangel so offensichtlich war, dass er ihn hätte kennen müssen, während die Entscheidung, den Beamten zu Schadensersatz auf der Grundlage von Art. 22 des Statuts zu verpflichten, den Nachweis voraussetzt, dass diesem Schaden ein schwerwiegendes persönliches Verschulden dieses Beamten zugrunde liegt. Die Entscheidung, die rechtsgrundlose Bereicherung zurückzufordern, kann ergehen, nachdem gegebenenfalls die Tatsachen oder die Erklärungen des betreffenden Beamten erfasst worden sind, sobald der Nachweis der Voraussetzungen des Art. 85 des Statuts geführt ist, während die Entscheidung der Verpflichtung zum Schadensersatz auf der Grundlage von Art. 22 des Statuts nach Abs. 2 dieser Bestimmung nur getroffen werden kann, nachdem die für Disziplinarsachen vorgeschriebenen Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, d. h. unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, ein schwerwiegendes Verschulden zu begründen, grundsätzlich nach Durchführung einer Untersuchung, einem Verfahren vor dem Disziplinarrat und schließlich der kontradiktorischen Phase mit der Anstellungsbehörde, wie in Anhang IX des Statuts vorgesehen. Diese Unterschiede der Art und der inhaltlichen Voraussetzungen für beim Erlass der in Rede stehenden Entscheidungen rechtfertigen es, dass die Anstellungsbehörde je nach den Umständen nach Art. 22 des Statuts vorgehen kann, obwohl sie nach Art. 85 hätte vorgehen können, selbst wenn die Regeln und Grundsätze im Bereich der Fristen in den beiden Bereichen nicht gleich sind, was im Übrigen auch durch diese Unterschiede gerechtfertigt sein kann.

113    Im Hinblick auf die Gründe, die oben in den Rn. 111 und 112 genannt sind, ist die spezifische Verjährungsregel in Art. 85 des Statuts, die vom Rechtsmittelführer geltend gemacht wurde, vom Gericht für den öffentlichen Dienst zu Recht zurückgewiesen worden.

114    Der Rechtsmittelführer führt in den Rn. 24 und 25 der Rechtsmittelschrift weiter aus, dass das Gericht für den öffentlichen Dienst bei der Prüfung seines Vorbringens zum „Verstoß gegen die fünfjährige Verjährungsfrist oder die angemessene Frist“ auch dadurch Rechtsfehler begangen habe, dass es die in der Rechtsmittelschrift hilfsweise vorgetragenen Argumente zurückgewiesen habe, wonach, wenn die fünfjährige Verjährungsfrist nach Art. 85 Abs. 2 des Statuts nicht anwendbar sei, die in Art. 81 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Finanzvorschriften für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. 2012, L 298, S. 1) festgelegte fünfjährige Verjährungsfrist „als Parameter für die angemessene Frist“ für die Anwendung von Art. 22 des Statuts berücksichtigt werden müsse.

[nicht wiedergegeben]

127    Es ist festzustellen, dass sich im vorliegenden Fall sowohl der Rechtsmittelführer als auch das Gericht für den öffentlichen Dienst über den gesetzlichen Anwendungsbereich geirrt haben, in Rn. 130 der Rechtsmittelschrift dadurch, dass unter Hinweis auf Art. 81 der Verordnung Nr. 966/2012 eine Verjährung oder die Nichtbeachtung einer angemessenen Frist eingewendet wird, und in Rn. 170 des angefochtenen Urteils dadurch, dass unter Hinweis auf Art. 93 Abs. 2 der delegierten Verordnung Nr. 1268/2012, der die Bestimmungen des zuvor genannten Artikels anwendet, die Unterbrechung der geltend gemachten Frist eingewendet wird.

128    In der Verordnung Nr. 966/2012, bei der es sich um die Verordnung handelt, die die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung festlegte, steht Art. 81 im Kapitel „Einnahmevorgänge“ und folgt in demselben Kapitel auf die Art. 78, 79 und 80, die jeweils die Grundsätze enthalten, nach denen Forderungen festgestellt werden und deren Einziehung angeordnet und durchgeführt wird. In diesem Art. 81 heißt es in Abs. 1 u. a., dass unbeschadet besonderer Bestimmungen, die hier nicht relevant sind, für Forderungen der Union gegenüber Dritten eine Verjährungsfrist von fünf Jahren gilt, und in Abs. 2, dass der Kommission die Befugnis übertragen wird, delegierte Rechtsakte zur Festlegung detaillierter Vorschriften über die Verjährungsfrist zu erlassen. Art. 80 der delegierten Verordnung Nr. 1268/2012, die Anwendungsbestimmung zu Art. 78 der Verordnung Nr. 966/2012, bestimmt in seinem Abs. 3, dass der Anweisungsbefugte, der eine Forderung festgestellt hat, den Schuldner mit einer Zahlungsaufforderung, in der die Zahlungsfrist festlegt ist, ab der Verzugszinsen anfallen, darüber informiert, wenn die Schuld noch nicht beglichen ist. Art. 93 der delegierten Verordnung Nr. 1268/2012, die Anwendungsbestimmung zu Art. 81 der Verordnung Nr. 966/2012, bestimmt u. a. in Abs. 1, dass die Verjährungsfrist für Forderungen der Union gegenüber Dritten mit Ablauf dieser Zahlungsfrist beginnt, und in Abs. 2, dass diese Frist durch jeden Rechtsakt eines Organs oder eines auf Ersuchen eines Organs handelnden Mitgliedstaats, der auf die Einziehung der Forderung gerichtet ist und dem betreffenden Dritten bekannt gegeben wird, unterbrochen wird.

129    Daraus folgt, dass nach dem auf die vorliegende Rechtssache anwendbaren Recht die vom Rechtsmittelführer geltend gemachte Verjährung, die er auf Art. 81 der Verordnung Nr. 966/2012 stützt, nur einen Zeitraum nach Feststellung der Forderung betreffen kann, der konkret mit der Zahlungsfrist beginnt, die in der dem Drittschuldner übermittelten Zahlungsaufforderung genannt wird; hinsichtlich der vorausgehenden Zeiträume, die zur Feststellung der Forderung führen, kann diese Verjährung nicht eingewandt werden (vgl. entsprechend Urteil vom 14. Juni 2016, Marchiani/Parlament, C‑566/14 P, EU:C:2016:437, Rn. 86 bis 89). Im vorliegenden Fall ist die Frist, die der Rechtsmittelführer für exzessiv hält, aber der Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt des Entstehens der Forderung und dem Zeitpunkt, an dem diese mit der streitigen Entscheidung nachgewiesen wird, also noch vor ihrer Feststellung im Sinne von Art. 78 der Verordnung Nr. 966/2012. Somit kann die in Art. 81 der Verordnung Nr. 966/2012 vorgesehene fünfjährige Verjährungsfrist, sei es in unmittelbarer Anwendung oder als Parameter für die angemessene Frist, nicht zugunsten des Rechtsmittelführers angewandt werden.

130    Das Gericht für den öffentlichen Dienst hat sich infolgedessen geirrt, als es sich in Beantwortung des Vorbringens des Rechtsmittelführers betreffend die auf diesen letztgenannten Artikel gestützte Verjährung auf Art. 93 Abs. 2 der delegierten Verordnung Nr. 1268/2012, die Anwendungsvorschrift zu Art. 81 der Verordnung Nr. 966/2012, berufen hat. Gleichwohl ist das Ergebnis, zu dem das Gericht für den öffentlichen Dienst gelangt ist, dass die Forderung betreffend die in Rede stehenden Mieten nicht verjährt war, nach den Regeln, die zu den Finanzvorschriften gehören, aus den oben in Rn. 129 dargelegten Rechtsgründen sachlich richtig.

131    Unter Berücksichtigung dieser oben in Rn. 110 dargelegten Erwägungen, wonach Rechtsgründe durch den Rechtsmittelrichter ersetzt werden können, und die Tatsache, dass der Rechtsmittelführer in seiner Rechtsmittelschrift keine anderen Gründe gegen die Würdigung des Gerichts für den öffentlichen Dienst zum Klagegrund des Verstoßes gegen die fünfjährige Verjährungsfrist oder die angemessene Frist vorgetragen hat, ist der Rechtsmittelgrund des Rechtsirrtums hinsichtlich der finanziellen Haftung des Rechtsmittelführers zurückzuweisen, soweit er die Anwendung von Art. 81 der Verordnung Nr. 966/2012 betrifft.

[nicht wiedergegeben]

 Zu den Rechtsmittelgründen, die gegen das angefochtene Urteil in Bezug auf die behaupteten Verfahrensfehler und den Verstoß gegen die Verteidigungsrechte vor dem Gericht der Hauptsache angeführt werden

[nicht wiedergegeben]

–       Zum Rechtsmittelgrund der Rechtsfehler, die das Gericht der Hauptsache in Bezug auf die Verfahrensfehler und die Verletzung der Verteidigungsrechte, die vor ihm geltend gemacht wurden, begangen haben soll

[nicht wiedergegeben]

156    In Rn. 28 der Rechtsmittelschrift bestreitet der Rechtsmittelführer zunächst die grundsätzliche Beurteilung in Rn. 70 des angefochtenen Urteils, indem er vorträgt, dass sich die Rügen, die gegenüber einem Beamten erhoben werden, im Laufe des Verfahrens nicht geändert werden könnten, indem sie seinen Antworten entsprechend angepasst würden, nicht um sie abzumildern, sondern um ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren um jeden Preis aufrechtzuerhalten. Diese Handlungsweise erlaube dem betreffenden Beamten nicht, sich rechtzeitig zu verteidigen, das Gericht für den öffentlichen Dienst habe somit einen Rechtsfehler begangen.

[nicht wiedergegeben]

159    Hinsichtlich der oben in Rn. 156 geschilderten Rechtsmittelargumente, die die Beurteilung des oben in Rn. 155 am Ende zitierten Grundsatzes betreffen, ergibt sich aus Anhang IX des Statuts betreffend Disziplinarverfahren, dass dem Disziplinarverfahren eine von OLAF oder von der Anstellungsbehörde, die hierfür über einen speziellen Dienst verfügen kann, wie IDOC bei der Kommission, durchgeführte Untersuchung vorausgeht. Erst nachdem das Stadium der Untersuchung abgeschlossen ist, wird, wie in Art. 3 des genannten Anhangs vorgesehen, je nach der Höhe der in Betracht kommenden Strafen mit oder ohne Konsultation des Disziplinarrats gegebenenfalls das Disziplinarverfahren eingeleitet. Infolgedessen ist in dem Fall, dass der Disziplinarrat konsultiert wird, das dem betreffenden Beamten zur Last gelegte Verschulden dem Bericht der Anstellungsbehörde an den Disziplinarrat beigefügt, wie Art. 12 Abs. 1 des genannten Anhangs bekräftigt, wonach in diesem Bericht „die zur Last gelegten Handlungen und gegebenenfalls die Tatumstände, darunter auch etwaige erschwerende oder mildernde Umstände, eindeutig anzugeben sind“. Im Hinblick auf das Verschulden, das in diesem Bericht, der dem betreffenden Beamten gemäß Art. 12 Abs. 2 des genannten Anhangs übermittelt wird, festgestellt wird, wird sein Verhalten beurteilt, sowohl vom Disziplinarrat als auch von der Anstellungsbehörde, auch im Hinblick auf ergänzende Punkte, die in diesem Stadium des Disziplinarverfahrens ermittelt werden, und es wird gegebenenfalls eine Strafe gegen ihn verhängt. In Bezug auf dieses Verschulden, das die Anstellungsbehörde ihm nach der Untersuchung vorwirft, kann der betreffende Beamte nach dem in den Art. 12 bis 22 des genannten Anhangs vorgesehenen Verfahren weiter seine Verteidigungsrechte ausüben, insbesondere indem er vom gesamten Akteninhalt Kenntnis nimmt und indem er schriftliche und mündliche Erklärungen beim Disziplinarrat und, nachdem dieser seine Stellungnahme abgegeben hat, bei der Anstellungsbehörde einreicht. Infolgedessen können eventuelle Anpassungen, die den Inhalt des Verschuldens betreffen, im Stadium der Untersuchung, in deren Verlauf die mit der Durchführung der Untersuchung betrauten Dienststellen diese auf der Grundlage eines möglichen Verschuldens durchführen, keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte darstellen, wie das Gericht für den öffentlichen Dienst zu Recht festgestellt hat. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn in Anbetracht der durchgeführten Untersuchung das am Ende der Untersuchung festgestellte Verschulden umfangreicher oder schwerwiegender ist als das ursprünglich erfasste Verschulden. Insoweit weisen die Art. 1 und 2 des Anhangs IX des Statuts, die beide das Stadium der Untersuchung betreffen, darauf hin, dass, wenn sich zeigt, dass ein Beamter möglicherweise in eine Sache verwickelt ist, dieser in Kenntnis gesetzt wird, sofern die Untersuchung dadurch nicht beeinträchtigt wird. Daraus entsteht nicht die Pflicht, das mögliche Verschulden schon ab dem Beginn der Untersuchung festzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Mai 1997, N/Kommission, T‑273/94, EU:T:1997:71, Rn. 79). Der behauptete Rechtsfehler in der Rechtsmittelschrift hinsichtlich Rn. 70 des angefochtenen Urteils ist somit nicht nachgewiesen.

[nicht wiedergegeben]

162    Dennoch genügen die in Rn. 161 erwähnten Gründe rechtlich nicht, um die Kritik des Rechtsmittelführers daran, dass in den Akten, die die Anstellungsbehörde dem Disziplinarrat übermittelte, und in seiner persönlichen Akte, die er einsehen konnte, das Ergebnis der von IDOC durchgeführten Ermittlungsmaßnahme zum Bestehen dieser Regel der Nichtzuweisung einer Dienstwohnung unter den beim Rechtsmittelführer gegebenen Umständen fehlte.

163    Insoweit ist zu betonen, dass diese Ermittlungsmaßnahme tatsächlich durchgeführt wurde, wie sich aus der Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 10. September 2015 über die Zurückweisung der Beschwerde des Rechtsmittelführers ergibt. In dieser wird darauf hingewiesen, dass sich „dem Austausch mit dem EAD nicht mit Sicherheit entnehmen lässt, dass eine solche Regelung und Praxis beim EAD besteht“, und dass „sich nicht gezeigt hat, dass eine solche Regelung besteht“. Der Rechtsmittelführer berichtete in seiner Beschwerde gegen die streitige Entscheidung selbst, dass die Vertreter der Anstellungsbehörde in der Sitzung des Disziplinarrats eine ähnliche Erklärung abgegeben hätten. Art. 13 Abs. 1 des Anhangs IX des Statuts bestimmt aber, dass, nachdem der Disziplinarrat den Bericht der Anstellungsbehörde erhalten hat, der betreffende Beamte berechtigt ist, seine vollständige Personalakte einzusehen und von allen Verfahrensunterlagen Abschrift zu nehmen. Diese Bestimmung soll sicherstellen, dass die Verteidigungsrechte gewahrt bleiben, auch wenn die Untersuchung abgeschlossen ist. Es ist daran zu erinnern, dass die Wahrung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu Sanktionen führen können, einen fundamentalen Grundsatz des Unionsrechts darstellt, der auch in einem Verwaltungsverfahren beachtet werden muss (Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, EU:C:1979:36, Rn. 9). Außerdem muss der betreffende Beamte im Rahmen eines Disziplinarverfahrens Gelegenheit haben, zu jedem Schriftstück Stellung zu nehmen, das ein Organ gegen ihn verwenden will, sofern das Schriftstück nicht letztlich für die Rechtmäßigkeit der am Ende dieses Verfahrens getroffenen Entscheidung unerheblich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 2001, E/Kommission, T‑24/98 und T‑241/99, EU:T:2001:175, Rn. 92 und 93). Art. 13 Abs. 1 des Anhangs IX des Statuts gehört nunmehr auch zur Wahrung des in Art. 41 Abs. 2 Buchst. b der Charta der Grundrechte verbürgten Grundsatzes des Rechts auf eine gute Verwaltung, wonach jede Person ein Recht auf Zugang zu den sie betreffenden Akten hat. Daraus folgt, dass eine Ermittlungsmaßnahme der Untersuchungsdienststellen, unabhängig von ihrem Ergebnis, Teil der Akte sein muss, die dem Disziplinarrat und dem Betroffenen übermittelt wird. Im vorliegenden Fall ist darüber hinaus Folgendes festzustellen: Erstens verwendete die Anstellungsbehörde in der Sitzung des Disziplinarrats das Ergebnis dieser Ermittlungsmaßnahme, indem sie feststellte, dass das Bestehen der vom Rechtsmittelführer geltend gemachten Regel nicht bestätigt worden sei, und zwar ohne dass dem Rechtsmittelführer dieses Ergebnis zuvor in der Akte zur Kenntnis gebracht worden war; zweitens übernahm der Disziplinarrat im 38. Erwägungsgrund seiner Stellungnahme im Wesentlichen diese Schlussfolgerung; schließlich wurde diese Schlussfolgerung in der Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 10. September 2015, mit der die Beschwerde des Rechtsmittelführers zurückgewiesen wurde, noch einmal wiederholt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Rechtsmittelführer, wenn er nach der Anrufung des Disziplinarrats Kenntnis vom Inhalt der von IDOC durchgeführten Ermittlungsmaßnahme erhalten hätte, sein Vorbringen dazu hätte vertiefen können, insbesondere wenn sich diese Maßnahme als knapp, informell oder wenig dokumentiert erwiesen hätte, und z. B. überzeugender als in seinem Vermerk an den Disziplinarrat vom 23. September 2014 eine Wiederaufnahme der Ermittlungen zu dieser Sache hätte fordern können, insbesondere durch eine vom Disziplinarrat auf der Grundlage von Art. 17 Abs. 1 des Anhangs IX des Statuts angeordnete kontradiktorische Untersuchung.

[nicht wiedergegeben]

169    Indem das Gericht für den öffentlichen Dienst in Rn. 80 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass die Rügen des Rechtsmittelführers zur Beurteilung des Sachverhalts durch den Disziplinarrat ins Leere gingen, hat es einen Rechtsfehler begangen.

170    Wenn das Disziplinarverfahren die Beteiligung des Disziplinarrats vorsieht, d. h., wenn die Anstellungsbehörde unter Berücksichtigung der Art. 3 und 11 des Anhangs IX ein Disziplinarverfahren einleitet und dabei in Betracht zieht, dass es zur Verhängung einer höheren Strafe als einer schriftlichen Verwarnung oder eines Verweises führen könnte, ist diese Beteiligung ein wesentlicher Bestandteil des Verfahrens, weil es – eventuell unter Durchführung einer ergänzend zu der zuvor durchgeführten Untersuchung – der richtige Zeitpunkt für eine vertiefte kontradiktorische Erörterung ist und weil die Anstellungsbehörde anschließend unter Berücksichtigung der Arbeit des Disziplinarrats entscheidet, d. h. unter Berücksichtigung seiner mit Mehrheit verabschiedeten, mit Gründen versehenen Stellungnahme und sogar unter Berücksichtigung der möglicherweise geäußerten abweichenden Meinung bestimmter Mitglieder, wie es sich aus den Art. 12 bis 18 des genannten Anhangs ergibt. Der Rechtsmittelführer betont zu Recht in dieser Hinsicht, dass die Anstellungsbehörde, wenn sie von der Stellungnahme des Disziplinarrats abweicht, die Gründe dafür substantiiert darlegen muss, wie das Gericht für den öffentlichen Dienst mehrfach entschieden hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Juni 2015, Bedin/Kommission, F‑128/14, EU:F:2015:51, Rn. 29, vom 18. Juni 2015, CX/Kommission, F‑27/13, EU:F:2015:60, Rn. 57 und 58, und vom 10. Juni 2016, HI/Kommission, F‑133/15, EU:F:2016:127, Rn. 147). Somit ist die Beteiligung des Disziplinarrats, wenn dieser wie im vorliegenden Fall angerufen werden muss, eine wesentliche Formvorschrift des Verfahrens, und der am Ende dieses Verfahrens mit einer Strafe belegte Beamte muss dessen Stellungnahmen grundsätzlich anfechten können, wenn die Anstellungsbehörde die Beurteilung der Tatsachen durch den Disziplinarrat für ihre Zwecke übernimmt. Im Übrigen hat der Gerichtshof entschieden, dass die Stellungnahme des Disziplinarrats selbst Gegenstand eines zulässigen Aufhebungsantrags sein kann (Urteil vom 29. Januar 1985, F./Kommission, 228/83, EU:C:1985:28, Rn. 16). Wenn, wie im vorliegenden Fall, eine Klage erhoben wird, mit der nur die Aufhebung der endgültigen Entscheidung der Anstellungsbehörde über die Verhängung einer Strafe beantragt wird, kann nur dann, wenn die Anstellungsbehörde in ihrer endgültigen Entscheidung eindeutig von der Beurteilung des Disziplinarrats oder eines seiner Mitglieder abweicht oder diese Beurteilung eindeutig nicht berücksichtigt, festgestellt werden, dass ein Klagegrund oder eine Rüge, der bzw. die gegen diese Beurteilung gerichtet ist, ins Leere geht, da die angefochtene Handlung nämlich die endgültige Entscheidung ist und nicht die Stellungnahme des Disziplinarrats oder die Meinung einiger seiner Mitglieder. In den anderen Fällen wäre es übermäßig formalistisch, vom Rechtsmittelführer zu verlangen, dass er sich in seinen Klagegründen und Rügen auf spezifische Passagen der streitigen Entscheidung bezieht, um eine im Rahmen der Arbeit des Disziplinarrats abgegebene Beurteilung anzufechten, obwohl die Anstellungsbehörde diese Beurteilung bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat.

[nicht wiedergegeben]

 Zur Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung und zu den akzessorischen Anträgen

[nicht wiedergegeben]

 Zum ersten Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelschrift, mit dem Verfahrensfehler gerügt werden, die die vorbereitenden Handlungen für die streitige Entscheidung beeinträchtigen

[nicht wiedergegeben]

239    Wie bereits oben in Rn. 147 dargelegt, wirft der Rechtsmittelführer dem Disziplinarrat erstens in Rn. 59 der Rechtsmittelschrift vor, dass er nicht darüber entschieden habe, ob er ordnungsgemäß an der Sache beteiligt worden sei, und allgemeiner, dass er nicht über die Verfahrensfragen entschieden habe, die er in seiner oben in Rn. 19 erwähnten Verteidigungsschrift an den Disziplinarrat aufgeworfen habe.

240    In dieser Hinsicht hat der Disziplinarrat in den Rn. 1 und 2 seiner Stellungnahme zu Recht im Wesentlichen dargelegt, dass es nicht seine Aufgabe sei, die Ordnungsmäßigkeit der Untersuchung zu kontrollieren, sondern nur die Ordnungsmäßigkeit des Ablaufs des vor ihm stattfindenden Verfahrens. Wie das Gericht für den öffentlichen Dienst in Rn. 78 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, besteht die Rolle des Disziplinarrats nach Art. 18 des Anhangs IX des Statuts nämlich darin, eine mit Gründen versehene Stellungnahme zu der Frage abzugeben, ob das beanstandete Verhalten tatsächlich stattgefunden hat, und gegebenenfalls zu der Strafe, die das beanstandete Verhalten seines Erachtens nach sich ziehen sollte. Es ist Sache der Anstellungsbehörde, die befugt ist, eine Strafe gegen den betreffenden Beamten zu verhängen, zu überprüfen, ob das Untersuchungsverfahren und das gesamte Disziplinarverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurden, und gegebenenfalls ist dies auch Sache des Gerichts, vor dem eine Klage gegen die Entscheidung der Anstellungsbehörde erhoben wurde. Der Disziplinarrat seinerseits muss wie jedes Verwaltungs- oder Beratungsorgan die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens vor ihm, das einen Abschnitt des Disziplinarverfahrens darstellt, sicherstellen. Ist der Disziplinarrat der Auffassung, dass die Untersuchung, bevor er befasst wurde, unzureichend war, muss er sie über die schriftlichen oder mündlichen Erklärungen des betreffenden Beamten und der Anstellungsbehörde hinaus durch eigene Fragen oder durch eine kontradiktorische Untersuchung ergänzen, wie dies in Art. 17 des Anhangs IX des Statuts vorgesehen ist. Im vorliegenden Fall wies der Disziplinarrat in den Rn. 1 und 2 seiner Stellungnahme darauf hin, dass er nicht befugt sei, etwaige Unregelmäßigkeiten zu monieren, die das Verfahren vor seiner Befassung betreffen, er habe sich jedoch vergewissert, dass der Rechtsmittelführer zur Mitteilung des IDOC vom 31. Oktober 2013, mit der die Untersuchung bezüglich der finanziellen Haftung des Rechtsmittelführers eingeleitet worden war und die Teil der dem Disziplinarrat übermittelten Akte sein musste, habe Stellung nehmen können; der Disziplinarrat wies darauf hin, dass er selbst rechtzeitig davon habe Kenntnis nehmen können. Darüber hinaus ist festzustellen, dass der Rechtsmittelführer dem Disziplinarrat in der Klageschrift nicht vorwirft, dass er keine weiteren Untersuchungen durch Fragen oder Ermittlungen durchgeführt habe. Daher ist das Vorbringen des Rechtsmittelführers in Rn. 59 der Klageschrift, auf das in Rn. 74 des angefochtenen Urteils hingewiesen wird, mit dem dem Disziplinarrat vorgeworfen wird, über bestimmte behauptete Unregelmäßigkeiten des Verfahrens nicht entschieden zu haben, zurückzuweisen.

[nicht wiedergegeben]

 Zu den Klagegründen der Klageschrift, die die finanzielle Haftung des Rechtsmittelführers betreffen (vierter Teil des vierten Klagegrundes und sechster Klagegrund)

286    Art. 22 des Statuts bestimmt, dass der Beamte zum vollen oder teilweisen Ersatz des Schadens herangezogen werden kann, den die Union durch sein schwerwiegendes Verschulden in Ausübung oder anlässlich der Ausübung seines Amtes erlitten hat.

[nicht wiedergegeben]

295    Der Rechtsmittelführer wusste, dass der Umstand, dass er mit seiner Familie nicht in der Dienstwohnung wohnte, die ihrer Größe nach als Unterkunft für seine Familie vorgesehen war, wie er es beantragt hatte, nicht andauern konnte, auch wenn die Verwaltungschefin der Delegation ihn nicht zwang, seine Dienstwohnung wieder zur Verfügung zu stellen. In seiner zweiten Anhörung durch das OLAF räumte er u. a. ein, dass Letztere darauf bestanden habe, dass seine Familie mit ihm diese Wohnung bewohne, und er bestreitet nicht, dass bei einer Dienstwohnung, die dafür vorgesehen ist, von einer Familie bewohnt zu werden, dies normalerweise auch der Fall sein muss. Insoweit können die einschlägigen Bestimmungen des Anhangs X des Statuts und seiner Anwendungsmodalitäten verbunden mit der Berücksichtigung der Interessen der Union, die ihren Beamten nach Art. 11 des Statuts obliegt, nur so ausgelegt werden, dass der Beamte, der eine ausreichend große Dienstwohnung für seine Familie beantragt hat, mit seiner Familie dort wohnt oder mitteilt, dass er auf die Wohnung verzichten muss, wenn fortdauernde Schwierigkeiten dem Einzug der Familie in diese Wohnung über einen angemessenen Zeitraum hinaus entgegenstehen. Für den betreffenden Beamten ist dies eine Frage der Loyalität.

296    Wenn im vorliegenden Fall der Einzug der Familie wegen eines Problems der fehlerhaften Versiegelung des Parketts nicht möglich gewesen wäre, wäre dies in den Verantwortungsbereich des Eigentümers gefallen, und der Rechtsmittelführer hätte die Übernahme der Wohnung verweigern oder andere geeignete Schritte bei der Delegation unternehmen müssen, damit diese den Eigentümer auf seine Verantwortung hätte hinweisen können.

297    Selbst wenn die Anwesenheit eines Freundes als „Wohnungshüter“ der Sorge des Rechtsmittelführers Rechnung tragen konnte, dass seine Dienstwohnung nicht zwangsweise mit Dritten belegt werde, lag dies letztlich nur daran, dass der Rechtsmittelführer dort nicht ständig wohnte, weil seine Familie dort nicht zu ihm gezogen war, dass dieses Wohnungshüter-Arrangement langfristig eine Rechtfertigung fand.

298    Somit kann keiner der mit den gesundheitlichen Problemen seiner Frau und seines Kindes, mit den Mängeln in der Wohnung oder mit der Haltung der Verwaltungschefin in Verbindung stehenden Gründe das persönliche Verhalten des Rechtsmittelführers rechtfertigen, und sie können seine Loyalität gegenüber der Union für den Zeitraum ab Januar 2009, d. h. nach den ersten vier Monaten des Mietvertrags, nicht nachweisen, da er nicht anbot, auf die große, ihm zur Verfügung stehende Familienwohnung zu verzichten, und er sie zu seinem eigenen Vorteil behielt, auch wenn er die Situation gegenüber der Verwaltungschefin der Delegation in gewisser Weise offenlegte.

[nicht wiedergegeben]

300    In diesem Stadium der Würdigung ist daher unter Berücksichtigung der unnötigen Ausgabe öffentlicher Gelder, zu der die Haltung des Rechtsmittelführers führte, und des Umstands, dass dieser die Dienstwohnung über einen angemessenen Zeitraum hinaus behielt, festzustellen, dass die Anstellungsbehörde zu Recht feststellte, dass das persönliche Verschulden des Rechtsmittelführers schwerwiegend war, da er ab Januar 2009, vier Monate nach Beginn des Mietvertrags, seine Dienstwohnung bis zur Beendigung des Mietvertrags im August 2010 weiterhin unberechtigt nutzte, ohne der Delegation auch nur ein einziges Mal anzubieten, sie zur Verfügung zu stellen. Das Verschulden, das geeignet ist, die finanzielle Haftung des Rechtsmittelführers nach Art. 22 des Statuts auszulösen, ist somit für diesen Zeitraum zu Recht begründet.

[nicht wiedergegeben]

302    Was den Schaden anbelangt, den die Haltung des Rechtsmittelführers herbeigeführt hat, ist zunächst sein Vorbringen in den Rn. 120 bis 123 der Klageschrift zurückzuweisen, das sich darauf stützt, dass bei einer Kündigung des Mietvertrags im ersten Jahr die Miete für das ganze Jahr dennoch gezahlt werden musste, was einen Schaden für die Union während des ersten Jahres des Mietvertrags von September 2008 bis August 2009 ausgeschlossen haben soll. Es ist durchaus ein Schaden der Union in dem gesamten Zeitraum entstanden, für den in der streitigen Entscheidung ein Verschulden des Rechtsmittelführers angenommen wurde, nämlich von Januar 2009 bis August 2010, also insbesondere von Januar bis August 2009, da die Union in dieser Zeit einem Beamten eine Familienwohnung als Dienstwohnung bezahlte, in der er nur allein und teilweise wochentags wohnte, während er eine andere Familienwohnung in der Nähe hatte, wo sich seine Familie aufhielt und wo er selbst teilweise lebte. Im Übrigen hat der Rechtsmittelführer diesen Schaden tatsächlich verursacht, indem er, nachdem er eine solche Dienstwohnung beantragt hatte, die oben genannte Situation nicht beendete und nicht anbot, die Wohnung nach einigen Monaten zur Verfügung zu stellen. Wenn die fehlerhafte Versiegelung des Parketts ein dauerhaftes Problem gewesen und der Einzug der Familie dadurch unmöglich geworden wäre, wie oben in Rn. 296 ausgeführt, wäre der Eigentümer dafür verantwortlich gewesen, und der Rechtsmittelführer hätte die Übernahme der Wohnung sofort verweigern oder andere geeignete Schritte bei der Delegation unternehmen müssen, damit diese den Eigentümer auf seine Verantwortung hätte hinweisen können. Dieser Schaden ist auch bis zum Ende des Mietvertrags nachgewiesen, da der Rechtsmittelführer, indem er seine Dienstwohnung der Delegation nicht zur Verfügung stellte, die Kommission daran hinderte, diesen Vermögenswert zu nutzen, obwohl sie die Miete dafür bezahlte, insbesondere indem er sie daran hinderte, diese Wohnung anderweitig zu nutzen, wie das Gericht für den öffentlichen Dienst in Rn. 159 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, oder zumindest den Mietvertrag ab September 2009 ohne Vertragsstrafe zu kündigen, was den der Union tatsächlich entstandenen Schaden hätte mindern können. In dieser Hinsicht kann die Tatsache, dass im Mietvertrag ein Zeitraum vorgesehen war, in dem der Mieter im ersten Jahr nicht kündigen durfte, es sei denn, die Mietzahlungen würden in diesem Zeitraum trotzdem geleistet, entgegen der Auffassung des Rechtsmittelführers nicht zu der Annahme führen, dass für diesen Zeitraum kein Schaden entstanden ist. In diesem Zeitraum hat die Delegation sehr wohl auf Antrag des Rechtsmittelführers eine Familienwohnung als Dienstwohnung bezahlt, ohne dass dies gerechtfertigt war und ohne dass sie daraus irgendeinen Nutzen hätte ziehen können.

303    Weiter trägt der Rechtsmittelführer in Rn. 125 der Klageschrift vor, da er einen Anspruch auf eine kleinere Dienstwohnung für Alleinstehende gehabt habe, beschränke sich der Schaden der Union auf den Unterschiedsbetrag der Miete für die Familienwohnung, die er belegt habe, und der Miete für eine solche kleinere Dienstwohnung. Diesem Vorbringen könnte nur dann gefolgt werden, wenn der Rechtsmittelführer während der Laufzeit des Mietvertrags für die Familienwohnung tatsächlich eine Dienstwohnung für Alleinstehende beantragt hätte. Da dies aber nicht der Fall war, handelt es sich um eine reine Spekulation, zumal seine Ehefrau Eigentümerin eines Appartements war, in dem die Familie wohnte. Es ist deshalb festzustellen, dass der Union für die gesamte Dauer des Mietvertrags tatsächlich ein Schaden in Höhe der gesamten Miete entstanden ist, die für die dem Rechtsmittelführer zugewiesene Dienstwohnung bezahlt wurde, obwohl die Anmietung dieser Wohnung nicht erforderlich gewesen wäre. Dieser Schaden erstreckt sich, wie die Kommission in der streitigen Entscheidung ausgeführt hat, auf den Zeitraum von Januar 2009 bis August 2010, für den oben in Rn. 300 ein schwerwiegendes persönliches Verschulden des Rechtsmittelführers festgestellt wurde.

[nicht wiedergegeben]

307    Wie oben in den Rn. 106 und 114 ausgeführt, beruft sich der Rechtsmittelführer auf die fünfjährige Verjährung nach Art. 85 Abs. 2 des Statuts und hilfsweise als Parameter für eine angemessene Frist für die Anwendung von Art. 22 des Statuts auf die in Art. 81 der Verordnung Nr. 966/2012 vorgesehene Frist von fünf Jahren. Wie oben in den Rn. 113 und 129 festgestellt, ist im vorliegenden Fall keine der beiden Bestimmungen anwendbar. Es gibt nämlich im Unionsrecht keine Bestimmung, die die Frist festlegt, innerhalb der in Bezug auf den in Rede stehenden Sachverhalt eine Untersuchung, ein Disziplinarverfahren und eine Entscheidung, in der die finanzielle Haftung eines Beamten nach Art. 22 festgestellt wird, erfolgen müssen. Es kann jedoch berücksichtigt werden, dass Art. 85 Abs. 2 des Statuts eine Verjährungsfrist vorgibt, die vom Gesetzgeber für bestimmte Beziehungen zwischen der Union und ihren Beamten angewandt wird, auch wenn im Hinblick auf die oben in Rn. 112 genannten Unterschiede, die die Anwendung von Art. 22 des Statuts gegenüber der Anwendung von Art. 85 des Statuts kennzeichnen, die Einhaltung einer Frist von entsprechender Dauer im Rahmen der Anwendung von Art. 22 des Statuts keine Frist wäre, die nicht wie die in Art. 85 Abs. 2 des Statuts vorgesehene nicht unterbrochen werden könnte.

308    Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass, wenn der Gesetzgeber keine Verjährungsfrist vorgesehen hat, das Gebot der Rechtssicherheit verlangt, dass die Unionsorgane ihre Befugnisse innerhalb einer angemessenen Frist wahrnehmen (vgl. Urteil vom 14. Juni 2016, Marchiani/Parlament, C‑566/14 P, EU:C:2016:437, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist daher zu prüfen, ob die Dienststellen der Union und die Anstellungsbehörde bei der Durchführung einer Untersuchung, der Einleitung eines Disziplinarverfahrens und der endgültigen Feststellung der finanziellen Haftung des Rechtsmittelführers für den Zeitraum Januar 2009 bis August 2010 gegen den Grundsatz, ihre Befugnisse innerhalb einer angemessenen Frist wahrzunehmen, verstoßen haben.

309    Die Angemessenheit einer Frist ist anhand aller Umstände der jeweiligen Sache zu beurteilen, insbesondere anhand der Interessen, die in dem Rechtsstreit für den Betroffenen auf dem Spiel stehen, der Komplexität der Angelegenheit und der verschiedenen von dem Unionsorgan abgeschlossenen Verfahrensschritte sowie des Verhaltens der Parteien im Lauf des Verfahrens. Die Angemessenheit einer Frist kann nämlich nicht am Maßstab einer präzisen, abstrakt festgelegten Obergrenze geprüft werden (vgl. Urteil vom 14. Juni 2016, Marchiani/Parlament, C‑566/14 P, EU:C:2016:437, Rn. 99 und 100 und die dort angeführte Rechtsprechung).

310    Im vorliegenden Fall geht der Zeitraum, für den ein schwerwiegendes Verschulden des Rechtsmittelführers angenommen wird, von Januar 2009 bis August 2010. OLAF informierte den Rechtsmittelführer im März 2012, also weniger als zwei Jahre nach Ende dieses zusammenhängenden Zeitraums, über die Einleitung einer ihn betreffenden Untersuchung bezüglich der Nutzung seiner Dienstwohnung. Nach Abschluss der Untersuchung, an der nacheinander OLAF und IDOC beteiligt waren, leitete die Anstellungsbehörde im Juli 2014 ein Disziplinarverfahren gegen den Rechtsmittelführer ein und erließ im Februar 2015 die streitige Entscheidung, mit der sie u. a. die finanzielle Haftung des Rechtsmittelführers feststellte. Diese Entscheidung wurde im September 2015 mit der Zurückweisung der Beschwerde des Rechtsmittelführers bestätigt. Angesichts dieser Verkettung von Tatsachen muss davon ausgegangen werden, dass die Verwaltungsbehörde ihre Befugnisse nicht innerhalb unangemessener Fristen ausgeübt hat.

[nicht wiedergegeben]

 Zu den vom Rechtsmittelführer im Rechtsmittelverfahren vorgetragenen neuen Gründen

[nicht wiedergegeben]

315    Die Anzeige des Rechtsmittelführers, die betrügerische Machenschaften eines seiner Kollegen in New York betraf, erfolgte mittels E‑Mail des Rechtsmittelführers vom 13. Mai 2013, die als Anlage 36 der Klageschrift vorgelegt wurde. Diese E‑Mail wurde versandt, als die Untersuchung zur Nutzung seiner Dienstwohnung bereits eingeleitet war, und zielte in erster Linie darauf ab, die Glaubwürdigkeit von zwei ihn belastenden und vom OLAF berücksichtigten Zeugenaussagen in Zweifel zu ziehen. In diesem Zusammenhang wies der Rechtsmittelführer auf potenzielle Unregelmäßigkeiten in verschiedener Hinsicht im Verhalten dieses Kollegen hin, der mit zwei Personen, die als Zeugen ausgesagt hätten, in Verbindung gestanden habe. Dieser E‑Mail ist zu entnehmen, dass sich die Anzeige des Rechtsmittelführers zum Teil auf Sachverhalte bezog, die seinen Vorgesetzten in der Delegation und ihm selbst offensichtlich bereits seit einiger Zeit bekannt waren, und zum Teil auf Sachverhalte, die andere Personen der Delegation OLAF mitgeteilt hatten, bevor der Rechtsmittelführer mehrere Monate, nachdem er selbst zufällig davon Kenntnis erhalten hatte, dem IDOC darüber berichtete. Daher erfolgt die Anzeige des Rechtsmittelführers nicht im Rahmen eines Whistleblowing zu Umständen, die auf eine illegale Aktivität schließen lassen, die ein Beamter entdeckt, wie in Art. 22a des Statuts vorgesehen, sondern es handelt sich lediglich um die Verteidigung eigener Interessen eines Beamten. Der Rechtsmittelführer kann sich somit nicht darauf berufen, ein Hinweisgeber zu sein, sofern man annimmt, dass eine solche Eigenschaft im Hinblick auf Umstände, die nichts mit von ihm angezeigten zu tun hatten, als mildernder Umstand hätte gewertet werden können, selbst wenn sich die angezeigten Umstände als zutreffend herausgestellt haben.

[nicht wiedergegeben]

317    Nach alledem konnte keiner der gegen die streitige Entscheidung vorgetragenen Aufhebungsgründe durchgreifen, so dass die Aufhebungsanträge des Rechtsmittelführers einschließlich derjenigen gegen die Zurückweisung seiner Beschwerde zurückzuweisen sind. In dieser Hinsicht verweist das Gericht auf die Gründe, die das Gericht für den öffentlichen Dienst in den Rn. 43 bis 45 des angefochtenen Urteils dargelegt hat.

 Zum Antrag auf Herabsetzung der Höhe des vom Rechtsmittelführer geforderten Schadensersatzes

318    Es ist festzustellen, dass der Rechtsmittelführer im Zusammenhang mit seinem Antrag, dass das Gericht die in Art. 22 Abs. 3 des Statuts vorgesehene Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung ausüben möge, um die von ihm mit der streitigen Entscheidung geforderte finanzielle Entschädigung herabzusetzen, außer denjenigen Gründen, die er zur Stützung seines Aufhebungsbegehrens geltend gemacht hat, keine spezifischen Gründe zur Rechtfertigung der geforderten Herabsetzung vorgetragen hat. Gleichwohl muss sich, wie Generalanwältin Kokott in Nr. 60 ihrer Schlussanträge in der Rechtssache Gogos/Kommission (C‑583/08 P, EU:C:2010:118) ausgeführt hat, der Unionsrichter für die rein vermögensrechtlichen Aspekte eines Rechtsstreits zwischen der Union und einem ihrer Beamten nicht auf eine bloße Kontrolle der Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Handlungen beschränken, sondern er ist befugt, auch deren Zweckmäßigkeit zu prüfen, und darf somit seine eigene Bewertung an die Stelle der Bewertung der Anstellungsbehörde setzen. Insoweit erlaubt Art. 91 Abs. 1 Satz 2 des Statuts dem Unionsrichter in Streitsachen vermögensrechtlicher Art im Rahmen der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, von Amts wegen unter Berücksichtigung aller Umstände der Rechtssache den Schaden nach billigem Ermessen zu schätzen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 20. Mai 2010, Gogos/Kommission, C‑583/08 P, EU:C:2010:287, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem kann eine solche Befugnis selbst dann ausgeübt werden, wenn kein dahin gehender Antrag gestellt worden ist (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Gogos/Kommission, C‑583/08 P, EU:C:2010:118, Nr. 61), und erst recht dann, wenn ein solcher Antrag ohne besondere Begründung gestellt wird. Im vorliegenden Fall wurde im Hinblick auf die Erfordernisse der Wahrung des kontradiktorischen Verfahrens die Frage der Rolle der Verwaltungschefin der Delegation sowohl in den Schriftsätzen der Parteien als auch in der mündlichen Verhandlung umfassend erörtert, insbesondere durch die bei dieser Gelegenheit gestellten Fragen des Gerichts.

319    Aus dieser Erörterung und aus den Akten ergibt sich, dass die Verwaltungschefin der Delegation den Rechtsmittelführer nicht aufgefordert hat, seine Dienstwohnung aufzugeben, sondern ihn lediglich auf die Rechtswidrigkeit seiner Situation hingewiesen hat (siehe oben, Rn. 274). Auch wenn dadurch das Vorliegen eines schwerwiegenden Verschuldens des Rechtsmittelführers, das darin besteht, dass er seine Dienstwohnung von Januar 2009 bis August 2010 weiterhin unberechtigt nutzte (siehe oben, Rn. 300), nicht in Frage gestellt wird, so ist doch offensichtlich, dass die Kommission, deren Vertreterin vor Ort nicht in geeigneter Weise tätig geworden war, obwohl ihr die Situation bekannt war, den der Kommission entstandenen Schaden mitverursacht hat, obwohl sie dessen Höhe hätte mindern können, da nicht erkennbar ist, was einem solchen Tätigwerden hätte im Wege stehen können, insbesondere wenn dieses in einer Aufforderung des Rechtsmittelführers bestanden hätte, die Wohnung zu räumen, da die Voraussetzungen für die Belegung der Wohnung nicht erfüllt waren. Somit und nach alledem ist das Gericht nach billigem Ermessen der Auffassung, dass der Schadensersatz, den der Rechtsmittelführer der Union zu leisten hat, herabzusetzen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. November 1985, Adams/Kommission, 145/83, EU:C:1985:448, Rn. 53 und 54, und vom 11. Juli 2007, Schneider Electric/Kommission, T‑351/03, EU:T:2007:212, Rn. 332 und 334).

320    Deshalb ist gemäß Art. 22 des Statuts der vom Rechtsmittelführer zu leistende Ersatz für den Schaden, den er der Union durch sein schwerwiegendes persönliches Verschulden zugefügt hat, indem er nichts unternahm, um seine Dienstwohnung ab Januar 2009 zur Verfügung zu stellen, auf 80 000 Euro am Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils festzusetzen; dies bedeutet, dass dem Rechtsmittelführer von ihm gegebenenfalls schon bezahlte und diesen Betrag übersteigende Beträge (eventuell einschließlich Zinsen) von der Kommission zu erstatten sind oder dass die Kommission vom Rechtsmittelführer gegebenenfalls eine zusätzliche Zahlung bis zur Höhe dieses Betrags fordert. In beiden Fällen sind zusätzlich zu der Erstattung oder Zahlung ab der Verkündung des vorliegenden Urteils Zinsen in Höhe des von der Europäischen Zentralbank für Hauptrefinanzierungsgeschäfte festgelegten Zinssatzes zu zahlen.

[nicht wiedergegeben]

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (Zweite Kammer) vom 19. Juli 2016, HG/Kommission (F149/15), wird aufgehoben.

2.      Die Höhe des von HG der Europäischen Union geschuldeten Schadensersatzes wird auf einen Betrag von 80 000 Euro am Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils festgesetzt.

3.      Im Übrigen wird die Klage in der Rechtssache F149/15 abgewiesen.

4.      HG und die Europäische Kommission tragen ihre eigenen Kosten in den Rechtssachen F149/15, T693/16 P, T440/18 RENV und T693/16 PRENVRX.

Gervasoni

Madise

Nihoul

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. Dezember 2021.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Französisch.


1      Es werden nur die Randnummern des vorliegenden Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.