Language of document : ECLI:EU:T:2013:24

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

17. Januar 2013(*)

„Gemeinschaftsmarke – Anmeldungen der Gemeinschaftswortmarken Premium XL und Premium L – Absolute Eintragungshindernisse –Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In den Rechtssachen T‑582/11 und T‑583/11

Solar-Fabrik AG für Produktion und Vertrieb von solartechnischen Produkten mit Sitz in Freiburg im Breisgau (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Douglas,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend zwei Klagen gegen zwei Entscheidungen der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 1. September 2011 (Sachen R 245/2011-1 und R 246/2011-1) über die Anmeldungen der Wortmarken Premium XL und Premium L als Gemeinschaftsmarken

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Dittrich, der Richterin I. Wiszniewska-Białecka (Berichterstatterin) und des Richters M. Prek,

Kanzler: C. Heeren, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 14. November 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschriften,

aufgrund der am 2. Februar 2012 (Rechtssache T‑583/11) und am 3. Februar 2012 (Rechtssache T‑582/11) bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortungen,

aufgrund des Beschlusses vom 4. Oktober 2012, die Rechtssachen T‑582/11 und T‑583/11 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren zu verbinden,

auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2012

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 30. März 2010 meldete die Klägerin, die Solar-Fabrik AG für Produktion und Vertrieb von solartechnischen Produkten, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) zwei Gemeinschaftsmarken an.

2        Bei den angemeldeten Marken handelt es sich um die Wortzeichen Premium XL und Premium L.

3        Die Marken wurden für folgende Waren der Klassen 9 und 11 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 9: „Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Photovoltaikmodule, Solarzellen, Solarmodule und Solarkollektoren zur Erzeugung von Energie, insbesondere von Elektrizität, auch als Fassadenelemente oder Dachelemente; Photovoltaikanlagen- und Systeme und deren Teile; Apparate für die Umwandlung von Solarenergie in elektrische Energie; elektrische und/oder elektronische Mess- und Kontrollapparate und -instrumente; Elemente, Module und Anlagen zur Umwandlung von Solarstrahlung in elektrische Energie; Wechselrichter; Systemkomponenten für Anlagen zur Umwandlung von Solarstrahlung in elektrische Energie, soweit in Klasse 9 enthalten”;

–        Klasse 11: „Solaranlagen- und Systeme; Solarkollektoren (Heizung); Solarmodule zur Wärmeerzeugung; Solaröfen, Wärmepumpen, Systemkomponenten für Anlagen zum Umwandeln von Solarstrahlung in Wärme, soweit in Klasse 11 enthalten; photovoltaische solarthermische Hybridmodule und Hybridanlagen“.

4        Mit Entscheidungen vom 26. November 2010 wies der Prüfer die Anmeldungen für alle fraglichen Waren zurück. Zur Begründung verwies er zum einen auf den beschreibenden Charakter der Marken Premium XL und Premium L im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 und zum anderen auf ihre fehlende Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung.

5        Am 26. Januar 2011 legte die Klägerin beim HABM gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 gegen die Entscheidungen des Prüfers zwei Beschwerden ein.

6        Mit zwei Entscheidungen vom 1. September 2011 (im Folgenden: angefochtene Entscheidungen) wies die Erste Beschwerdekammer des HABM diese Beschwerden zurück. Nach Ansicht der Beschwerdekammer richten sich die fraglichen Waren, Solaranlagen und Solarmodule sowie das dafür notwendige Zubehör, sowohl an den Endverbraucher als auch an Spezialisten, deren Aufmerksamkeit als hoch anzusehen sei. Wenn die Zeichen Premium XL und Premium L in Bezug zu den fraglichen Waren gesetzt würden, ergebe sich hieraus ein konkreter und direkter Bezug, nämlich dahin, dass die Solaranlagen und Solarmodule sowie ihr Zubehör eine besondere Qualität hätten und „besonders groß oder leistungsstark“ bzw. „groß oder leistungsstark“ seien. Die betreffenden Zeichen seien im vorliegenden Fall für die Waren beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009. Außerdem war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass auch ein aufmerksamer und verständiger Verbraucher diesen Zeichen keinen Hinweis auf die Herkunft der Waren entnehme, sondern darin ausschließlich einen Bezug zur noch größeren Qualität der fraglichen Waren sehe. Daher stellten die angemeldeten Zeichen rein werbewirksame Botschaften dar, womit im Ergebnis auch das Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 vorliege.

 Anträge der Parteien

7        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtenen Entscheidungen aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

8        Das HABM beantragt,

–        die Klagen abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

9        Nach Anhörung der Parteien in der mündlichen Verhandlung hat das Gericht beschlossen, die vorliegenden Rechtssachen gemäß Art. 50 seiner Verfahrensordnung zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden.

10      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe, mit denen sie einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 und einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung rügt.

11      Zunächst ist der zweite Klagegrund zu prüfen, mit dem ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gerügt wird.

12      Mit ihrem zweiten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, als sie davon ausging, dass die Zeichen Premium XL und Premium L keine Unterscheidungskraft hätten.

13      Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen. Nach ständiger Rechtsprechung werden die unter Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fallenden Zeichen als ungeeignet angesehen, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, nämlich die betriebliche Herkunft der Ware oder Dienstleistung zu identifizieren, um es dem Verbraucher, der die mit der Marke gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt, so zu ermöglichen, bei einem weiteren Erwerb seine Entscheidung davon abhängig zu machen, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat (Urteile vom 27. Februar 2002, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], T‑34/00, Slg. 2002, II‑683, Randnr. 37, und vom 15. September 2009, Wella/HABM [TAME IT], T‑471/07, Slg. 2009, II‑3377, Randnr. 14).

14      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Eintragung einer Marke, die aus Zeichen oder Angaben besteht, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen, auf die sich diese Marke bezieht, verwendet werden, nicht schon wegen dieser Verwendung ausgeschlossen. Jedoch ist eine Marke, die wie ein Werbeslogan andere Funktionen als die einer Marke im herkömmlichen Sinne erfüllt, nur dann unterscheidungskräftig im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgebenden Verkehrskreise die Waren und Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (Urteil vom 3. Juli 2003, Best Buy Concepts/HABM [BEST BUY], T‑122/01, Slg. 2003, II‑2235, Randnr. 21, und Urteil TAME IT, oben in Randnr. 13 angeführt, Randnr. 15).

15      Das Fehlen der Unterscheidungskraft kann bereits festgestellt werden, wenn der semantische Gehalt der fraglichen Wortmarke den Verbraucher auf ein Merkmal der Ware oder der Dienstleistung hinweist, das deren Verkehrswert betrifft und, ohne präzise zu sein, eine verkaufsfördernde Information oder eine Werbebotschaft enthält, die von den maßgeblichen Verkehrskreisen in erster Linie als eine solche und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware oder der Dienstleistung wahrgenommen werden wird (Urteil vom 30. Juni 2004, Norma Lebensmittelfilialbetrieb/HABM [Mehr für Ihr Geld], T‑281/02, Slg. 2004, II‑1915, Randnr. 31, und Urteil TAME IT, oben in Randnr. 13 angeführt, Randnr. 16).

16      Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlichen Verbrauchern dieser Waren oder Dienstleistungen zusammensetzen (Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Henkel/HABM, C‑456/01 P und C‑457/01 P, Slg. 2004, I‑5089, Randnr. 35, und Urteil TAME IT, oben in Randnr. 13 angeführt, Randnr. 17).

17      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer zu Recht und ohne dass dies von der Klägerin bestritten würde, festgestellt, dass die von den Anmeldungen der Marken Premium XL und Premium L erfassten Waren Solaranlagen und Solarmodule sowie das dafür notwendige Zubehör sind, die sich sowohl an den Endverbraucher als auch an Spezialisten, die Solaranlagen montieren, richten, und dass die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise als hoch anzusehen ist, da es sich um Waren handelt, die erst nach eingehender Information angeschafft werden.

18      Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin die von der Beschwerdekammer festgehaltene Bedeutung der Bestandteile „Premium“, „XL“ und „L“ nicht bestreitet.

19      Hierzu hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass der Begriff „Premium“ in der deutschen Sprache soviel wie „von besonderer, bester Qualität“ bedeute und dass die Großbuchstaben „XL“ und der Großbuchstabe „L“ auf die aus dem Bekleidungssektor stammenden Größenbezeichnungen „extra large“ („besonders groß“) bzw. „large“ („groß“) verwiesen.

20      Diese Feststellung ist zutreffend. Somit ist mit der Beschwerdekammer davon auszugehen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Zeichen Premium XL und Premium L  als eine anpreisende Aussage über die Qualität („Premium“) und die Größe („XL“ bzw. „L“) der fraglichen Waren verstehen werden. Das Zeichen Premium XL wird als Hinweis darauf verstanden werden, dass die fraglichen Waren hochwertig und besonders groß sind. Das Zeichen Premium L wird als Hinweis darauf verstanden werden, dass die die fraglichen Waren hochwertig und groß sind. Die Klägerin behauptet übrigens nicht, dass die fraglichen Zeichen eine andere Bedeutung hätten.

21      Die Bedeutung der beiden Bestandteile, aus denen sich die angemeldeten Zeichen jeweils zusammensetzen, ist klar und bezieht sich auf die hohe Qualität und die große Größe der fraglichen Waren. Ihre bloße Aneinanderreihung schafft keine originelle Kombination und verändert nicht die offensichtliche Bedeutung dieser Bestandteile. Sie ist somit nicht geeignet, den Zeichen insgesamt Unterscheidungskraft zu verleihen; diese werden von den maßgeblichen Verkehrskreisen unmittelbar als Verweisung auf die hohe Qualität und die große Größe der fraglichen Waren verstanden werden, d. h. als Werbefloskel und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware.

22      Die Beschwerdekammer ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass die Bedeutung der angemeldeten Zeichen so offensichtlich ist, dass der verständige Verbraucher keiner Gedankenschritte bedarf, um sie sofort zu erfassen, und dass er darin ausschließlich den Werbehinweis auf die noch größere Qualität der Waren sehen wird. Sie ist auch zu Recht zu dem Schluss gelangt, dass die angemeldeten Zeichen reine Werbebotschaften darstellen und keine Unterscheidungskraft haben.

23      Dieses Ergebnis wird durch das Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt.

24      Erstens genügt zum Argument der Klägerin, wonach die Tatsache, dass die angemeldeten Zeichen keine Originalität aufwiesen, nicht bedeute, dass ihnen von Haus aus keine Unterscheidungskraft zukomme, die Feststellung, dass die Beschwerdekammer das Fehlen von Unterscheidungskraft nicht mit mangelnder Originalität der Zeichen begründet hat, sondern damit, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Zeichen in erster Linie als Werbebotschaft und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware wahrnehmen würden.

25      Zweitens macht die Klägerin geltend, dass die Unterscheidungskraft einer Marke immer konkret im Hinblick auf die fraglichen Waren geprüft werden müsse und dass die Beschwerdekammer hätte nachweisen müssen, dass die Zeichen Premium XL und Premium L außerhalb des Bekleidungssektors für die maßgeblichen Verkehrskreise hinsichtlich der fraglichen Waren nicht unterscheidungskräftig seien.

26      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nicht bestritten wird, dass der Bestandteil „Premium“ ein lobender Begriff ist, der darauf gerichtet ist, Waren von besserer Qualität zu kennzeichnen. Außerdem ist davon auszugehen, dass die Großbuchstaben „XL“ und „L“ im alltäglichen Sprachgebrauch häufig dazu genutzt werden, die Größe (extra large und large) einer Ware zu bezeichnen, und zwar auch außerhalb des Bekleidungssektors. Bei den Zeichen Premium XL und Premium L handelt es sich nur um eine bloße Aneinanderreihung des Bestandteils „Premium“ und der Großbuchstaben „XL“ bzw. des Großbuchstabens „L“ ohne jeglichen Zusatz, und sie werden als bloße Kombination lobender und gängiger Bestandteile wahrgenommen, die nicht geeignet sind, die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren zu bezeichnen.

27      Die Zeichen Premium XL und Premium L vermitteln zwar dem Verbraucher infolge ihrer generischen Bedeutung, die darauf abzielt, auf unbestimmte Weise die Art, die Funktion, die Qualität oder eine der Eigenschaften einer beliebigen Ware zu preisen, keine Vorstellung von der Art der mit den Zeichen gekennzeichneten Ware, doch können diese Wortzeichen, gerade weil sie im alltäglichen Sprachgebrauch wie auch im Verkehr allgemein als generische lobende Begriffe verwendet werden, nicht als geeignet angesehen werden, auf die betriebliche Herkunft der mit den Zeichen gekennzeichneten Waren hinzuweisen und damit die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Juli 2005, Sunrider/HABM [TOP], T‑242/02, Slg. 2005, II‑2793, Randnr. 95, und vom 20. Januar 2009, Pioneer Hi-Bred International/HABM [OPTIMUM], T‑424/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 26). Somit können die Zeichen Premium XL und Premium L nicht als unterscheidungskräftig angesehen werden.

28      Die Tatsache, dass die von den angemeldeten Marken erfassten Waren für ein Fachpublikum bestimmt sind, ändert nichts an dieser Beurteilung. Zum einen ist, wie die Beschwerdekammer festgestellt hat, die Bedeutung der Zeichen Premium XL und Premium L so offensichtlich, dass der verständige Verbraucher keiner Gedankenschritte bedarf, um sie sofort zu erfassen. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass das Maß an Aufmerksamkeit bei einem Fachpublikum zwar grundsätzlich hoch, gegenüber Werbeaussagen aber verhältnismäßig gering ist (Urteil OPTIMUM, oben in Randnr. 27 angeführt, Randnr. 27).

29      Außerdem kann die Klägerin nicht geltend machen, dass die Beschwerdekammer zum Nachweis der fehlenden Unterscheidungskraft der angemeldeten Marken Beispiele für die Benutzung der Großbuchstaben „XL“ und „L“ außerhalb des Bekleidungssektors hätte vorlegen müssen. Dazu genügt der Hinweis darauf, dass die Tatsache, dass eine Marke im geschäftlichen Verkehr gewöhnlich für die Präsentation der fraglichen Waren oder Dienstleistungen verwendet werden kann, zwar im Rahmen von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 ein relevantes Kriterium ist, nicht aber das Kriterium ist, das für die Auslegung des Buchst. b dieser Vorschrift gilt (Urteile des Gerichtshofs vom 16. September 2004, SAT.1/HABM, C‑329/02 P, Slg. 2004, I‑8317, Randnr. 36, und vom 15. September 2005, BioID/HABM, C‑37/03 P, Slg. 2005, I‑7975, Randnrn. 61 und 62). Folglich brauchte die Beschwerdekammer, da sie festgestellt hatte, dass die Zeichen Premium XL und Premium L keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 haben, keine derartigen Beispiele zu nennen. Dieses Vorbringen ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen.

30      Drittens ist zum Argument der Klägerin, frühere Entscheidungen des HABM hätten die Eintragung von Zeichen mit den Buchstaben „L“ oder „XL“ oder dem Bestandteil „Premium“ erlaubt, darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft für die Eintragung oder den Schutz in der Union jeweils unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist. Die von den Beschwerdekammern nach der Verordnung Nr. 207/2009 über die Eintragung oder den Schutz eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke zu treffenden Entscheidungen sind gebundene Entscheidungen. Die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ist daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung in ihrer Auslegung durch die Unionsgerichte und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis der Beschwerdekammern zu beurteilen (Urteil BioID/HABM, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnr. 47, und Urteil vom 29. September 2009, The Smiley Company/HABM [Darstellung eines halben Smileys], T‑139/08, Slg. 2009, II‑3535, Randnr. 36).

31      Der Gerichtshof hat zwar entschieden, dass nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung das HABM im Rahmen der Prüfung der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten muss, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht (Urteil des Gerichtshofs vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 74).

32      Er hat jedoch hinzugefügt, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden müssen. Folglich kann sich der Anmelder eines Zeichens als Marke nicht auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Diese Prüfung muss in jedem Einzelfall erfolgen. Die Eintragung eines Zeichens als Marke hängt von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (Urteil Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnrn. 75 bis 77).

33      Im vorliegenden Fall stand den von der Klägerin eingereichten Gemeinschaftsmarkenanmeldungen eines der in Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 aufgeführten Eintragungshindernisse entgegen. Da die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hatte, dass die Eintragung der Zeichen Premium XL und Premium L als Marken für die fraglichen Waren mit der Verordnung Nr. 207/2009 nicht vereinbar wäre, konnte die Klägerin frühere Entscheidungen des HABM nicht mit Erfolg geltend machen, um dieses Ergebnis in Frage zu stellen.

34      Viertens genügt zum Argument der Klägerin, wonach die Zeichen Premium XL und Premium L über das für ihre Eintragung erforderliche Minimum an Unterscheidungskraft verfügten, da sie nachgewiesen habe, dass sie nicht beschreibend für die fraglichen Waren seien, ein Hinweis darauf, dass es sich bei den Hindernissen in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 um zwei verschiedene Hindernisse für die Eintragung einer Marke handelt. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer nicht einfach die fehlende Unterscheidungskraft dieser Zeichen aus ihrem beschreibenden Charakter abgeleitet, sondern eine selbständige Prüfung der Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 durchgeführt. Dieses Vorbringen ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen.

35      Nach alledem ist die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass den angemeldeten Marken ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft fehlt und sie gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nicht für die fraglichen Waren eingetragen werden können.

36      Der zweite Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gerügt wird, ist daher zurückzuweisen.

37      Es ist darauf hinzuweisen, dass ein Zeichen bereits dann von der Eintragung als Gemeinschaftsmarke ausgeschlossen ist, wenn eines der in Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten absoluten Eintragungshindernisse vorliegt (Urteil des Gerichtshofs vom 19. September 2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, Slg. 2002, I‑7561, Randnr. 29, und Urteil vom 8. Juli 2008, Lancôme/HABM – CMS Hasche Sigle [COLOR EDITION], T‑160/07, Slg. 2008, II‑1733, Randnr. 51). Daraus folgt, dass der erste Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 gerügt wird, nicht zu prüfen ist.

38      Nach alledem sind die Klagen abzuweisen.

 Kosten

39      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen sowohl in der Rechtssache T‑582/11 als auch in der Rechtssache T‑583/11 unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM in beiden Rechtssachen die gesamten Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Rechtssachen T‑582/11 und T‑583/11 werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

2.      Die Klagen werden abgewiesen.

3.      Die Solar-Fabrik AG für Produktion und Vertrieb von solartechnischen Produkten trägt die Kosten.

Dittrich

Wiszniewska-Białecka

Prek

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Januar 2013.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.