Language of document : ECLI:EU:T:2010:282

BESCHLUSS DES GERICHTS (Zweite Kammer)

6. Juli 2010(*)

„Gemeinschaftsmarke – Verfallsverfahren – Widerruf der Entscheidung der Beschwerdekammer – Wegfall des Streitgegenstands – Erledigung der Hauptsache“

In der Rechtssache T‑349/09

PAGO International GmbH mit Sitz in Klagenfurt (Österreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Hauer und C. Schumacher,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:

Tirol Milch reg. Gen. mbH Innsbruck mit Sitz in Innsbruck (Österreich),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 1. Juli 2009 (Sache R 864/2008‑4) zu einem Verfallsverfahren zwischen der Tirol Milch reg. Gen. mbH Innsbruck und der PAGO International GmbH

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) und des Richters S. Soldevila Fragoso,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

1        Mit Klageschrift, die am 3. September 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin, die PAGO International GmbH, Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 1. Juli 2009 (Sache R 864/2008‑4) zu einem Verfallsverfahren zwischen der Tirol Milch reg. Gen. mbH Innsbruck (im Folgenden: Tirol Milch) und der Klägerin (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) erhoben. Mit der angefochtenen Entscheidung hatte die Beschwerdekammer die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung vom 8. April 2008 aufgehoben, soweit sie – nach Auffassung der Beschwerdekammer zu Unrecht – den Antrag auf Erklärung des Verfalls der Bildmarke Pago der Klägerin für „Fruchtgetränke und Fruchtsäfte“ der Klasse 32 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung zurückgewiesen hatte.

2        In ihrer Klageschrift beantragt die Klägerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit die Beschwerdekammer die Gemeinschaftsmarke für „Fruchtgetränke und Fruchtsäfte“ für verfallen erklärt hat. Zur Begründung ihres Antrags macht sie insbesondere geltend, die Beschwerdekammer habe es versäumt, im Rahmen ihrer Prüfung der Benutzung der in Rede stehenden Marke bestimmte schriftliche Belege zu berücksichtigen, die sie im Verfahren vor dem HABM eingereicht habe.

3        Mit Schreiben vom 20. Oktober 2009 hat der Vorsitzende der Vierten Beschwerdekammer der Klägerin mitgeteilt, dass diese Kammer beabsichtige, die angefochtene Entscheidung nach Art. 80 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) zu widerrufen.

4        Mit Schreiben, die am 13. und 25. November 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben das HABM und die Klägerin auf die Aufforderung des Gerichts, zur Zweckmäßigkeit der Aussetzung des Verfahrens Stellung zu nehmen, ihr Einverständnis zu einer solchen Aussetzung erklärt.

5        Mit Beschluss vom 11. Dezember 2009, PAGO International/HABM – Tirol Milch (pago) (T‑349/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) hat die Präsidentin der Zweiten Kammer des Gerichts angeordnet, das Verfahren bis zur Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer über einen eventuellen Widerruf der angefochtenen Entscheidung auszusetzen.

6        Mit Schreiben, das am 15. Dezember 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das HABM zum einen dem Gericht mitgeteilt, die Vierte Beschwerdekammer habe die angefochtene Entscheidung mit der Begründung widerrufen, dass bestimmte, von der Klägerin eingereichte Dokumente, die nicht zur Akte des HABM gelangt seien, von der Nichtigkeitsabteilung und von der Beschwerdekammer nicht berücksichtigt worden seien. Zum anderen hat das HABM geltend gemacht, die vorliegende Klage sei gegenstandslos geworden, und beantragt, sie für erledigt zu erklären.

7        Mit Schreiben, das am 24. Dezember 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat sich die Klägerin mit dem Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache einverstanden erklärt. In diesem Schreiben beantragt die Klägerin die Verurteilung des HABM zur Tragung der Kosten. Hierzu macht sie geltend, die vorliegende Klage sei ausschließlich deshalb gegenstandslos geworden, weil die angefochtene Entscheidung von der Beschwerdekammer widerrufen worden sei.

8        Mit Schreiben, das am 3. Februar 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das HABM dem Gericht mitgeteilt, dass Tirol Milch mit Schreiben vom 11. Januar 2010 ihren Verfallsantrag zurückgenommen habe. Nach Angaben des HABM ist diese Rücknahme die Folge eines Vergleichs, den Tirol Milch mit der Klägerin vor dem 4. November 2009 geschlossen hat. Das HABM ist deshalb der Ansicht, die vorliegende Klage sei infolge des Abschlusses dieses Vergleichs gegenstandslos geworden und nicht infolge des am 30. November 2009 ergangenen Widerrufs der angefochtenen Entscheidung durch die Beschwerdekammer. Das HABM beantragt deshalb, ihm nicht die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

9        Mit Schreiben, das am 15. März 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, erkennt die Klägerin an, dass Tirol Milch ihren Verfallsantrag im Anschluss an den von beiden geschlossenen Vergleich zurückgenommen hat. Nach Ansicht der Klägerin ändert dieser Vergleich jedoch nichts an der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Einreichung ihrer Klageschrift die Erhebung der vorliegenden Klage der einzige Rechtsbehelf gewesen sei, mit dem sie habe sicherstellen können, dass die angefochtene und ihrer Ansicht nach rechtswidrige Entscheidung nicht rechtskräftig werde. Sie betont außerdem, dass zum Zeitpunkt der Einreichung ihrer Klageschrift kein Vergleich mit Tirol Milch vorgelegen habe und auch nicht vorhersehbar gewesen sei. Ferner ändere der Abschluss dieses Vergleichs nichts an der Tatsache, dass die angefochtene Entscheidung rechtskräftig geworden wäre, wenn sie nicht von der Beschwerdekammer widerrufen worden wäre.

10      Nach Art. 113 der Verfahrensordnung des Gerichts kann das Gericht jederzeit nach Anhörung der Parteien feststellen, dass die Klage gegenstandslos geworden und die Hauptsache erledigt ist.

11      Im vorliegenden Fall ist die Klage unstreitig gegenstandslos geworden. Folglich ist die Hauptsache erledigt.

12      Nach Art. 87 § 6 der Verfahrensordnung entscheidet das Gericht, wenn es die Hauptsache für erledigt erklärt, über die Kosten nach freiem Ermessen.

13      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerin zur Wahrung ihrer Rechte an der in Rede stehenden Marke keine andere Wahl hatte, als gegen die angefochtene Entscheidung, die die Beschwerdekammer in der Folge widerrufen hat, Klage zu erheben. Im Übrigen konnten die Rücknahme des Antrags auf Erklärung des Verfalls dieser Marke und der Abschluss des Vergleichs zwischen der Klägerin und Tirol Milch nichts an der Tatsache ändern, dass die angefochtene Entscheidung wirksam geworden wäre, wenn sie nicht widerrufen worden wäre. Infolgedessen sind nach Ansicht des Gerichts dem HABM die gesamten Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

beschlossen:

1.      Der Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt.

2.      Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) trägt die Kosten.

Luxemburg, den 6. Juli 2010

Der Kanzler

 

      Die Präsidentin

E. Coulon

 

       I. Pelikánová


* Verfahrenssprache: Deutsch.