Language of document : ECLI:EU:T:2018:118

Rechtssache T-855/16

Fertisac SL

gegen

Europäische Chemikalienagentur

„REACH – Gebühr für die Registrierung eines Stoffes – Ermäßigung für KMU – Überprüfung der Angaben zur Größe des Unternehmens durch die ECHA – Beschluss, mit dem ein Verwaltungsentgelt festgesetzt wird – Empfehlung 2003/361/EG – Überschreitung der finanziellen Schwellenwerte – Begriff des ‚verbundenen Unternehmens‘“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 7. März 2018

1.      Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlungen – Begriff – Handlungen mit verbindlichen Rechtswirkungen – Einem Beschluss der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) beigefügte Rechnung, mit der die Gebührenermäßigung für kleine und mittlere Unternehmen abgelehnt und ein Verwaltungsentgelt festgesetzt wird – Einbeziehung

(Art. 263 AEUV; Verordnung Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates)

2.      Nichtigkeitsklage – Zuständigkeit des Unionsrichters – Antrag eines Klägers, der eine Gebührenermäßigung bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) in Anspruch nehmen möchte, auf Anerkennung des Status eines kleinen oder mittleren Unternehmens – Unzulässigkeit

(Art. 263 AEUV, 264 AEUV und 266 AEUV; Verordnung Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates)

3.      Rechtsangleichung – Registrierung, Bewertung und Zulassung chemischer Stoffe – REACH-Verordnung – An die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) zu entrichtende Gebühren und Entgelte – Gebührenermäßigung zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen – Ermittlung der Größe eines Unternehmens – Kriterien der Mitarbeiterzahl und der finanziellen Merkmale – Kumulativer Charakter

(Verordnung Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 6 Abs. 4; Verordnung Nr. 340/2008 der Kommission; Empfehlung 2003/361 der Kommission, 4. Erwägungsgrund und Anhang, Art. 2 Abs. 1, und Art. 4 Abs. 2)

1.      Gegenstand einer Nichtigkeitsklage können nur Maßnahmen mit verbindlichen Rechtswirkungen sein, die die Interessen des Klägers beeinträchtigen, indem sie seine Rechtsstellung in qualifizierter Weise verändern. Um festzustellen, ob die Maßnahme, deren Nichtigerklärung begehrt wird, Gegenstand einer Klage sein kann, ist ferner auf ihr Wesen abzustellen; die Form, in der sie ergangen ist, ist grundsätzlich ohne Bedeutung.

Dies gilt für Rechnungen, die einem Beschluss der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) beigefügt sind und die den Antragsteller auf Registrierung eines Stoffes dazu verpflichten, den auf den Rechnungen vermerkten Restbetrag der Gebühr für große Unternehmen sowie ein ebenfalls darauf vermerktes Verwaltungsentgelt zu zahlen. Anhänge gelten nämlich allgemein als Teil des Dokuments, dem sie beigefügt sind, so dass ihnen dieselbe normative Wirkung wie den Bestimmungen im Hauptteil des Dokuments beigemessen wird. Die Rechnungen sind von dem Beschluss nicht getrennt und so liegt insgesamt eine einzige Maßnahme vor, die aus zwei Teilen – einem administrativen Teil (dem Beschluss) und einem rechnerischen Teil (den dem Beschluss beigefügten Rechnungen) – besteht. Aus dieser einen Maßnahme ergeben sich die Feststellung der ECHA, dass die nach der Regelung erforderlichen Nachweise nicht erbracht wurden, und ihr Wille, daraus die Konsequenzen zu ziehen, indem dem Antragsteller finanzielle Verpflichtungen auferlegt werden. Diese eine Maßnahme entfaltet verbindliche Rechtswirkungen, die die Interessen des Antragstellers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung beeinträchtigen, da er nicht in den Genuss der ermäßigten Gebühr für KMU kommt und den Restbetrag der für große Unternehmen geltenden Gebühr sowie das nach der Regelung für solche Fälle vorgesehene Verwaltungsentgelt zu entrichten hat.

(vgl. Rn. 18-21, 25-27)

2.      Der Unionsrichter kann, wenn es mit einer Klage befasst ist, mit der die Gebühr und das Verwaltungsentgelt beanstandet werden, die die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) von einem Unternehmen aufgrund einer falschen Größenangabe verlangt, nicht über die Einstufung dieses Unternehmens als KMU befinden, da es sich damit unter Verstoß gegen die Art. 263, 264 und 266 AEUV an die Stelle der ECHA setzen würde.

(vgl. Rn. 31)

3.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 42, 49, 50, 52)