Language of document : ECLI:EU:T:2013:321

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

18. Juni 2013(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Weltmarkt für Aluminiumfluorid – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen festgestellt wird – Nichtigkeitsklage – Klagefrist – Verspätung – Unzulässigkeit – Festsetzung der Preise und Aufteilung der Märkte – Nachweis der Zuwiderhandlung – Verteidigungsrechte – Definition des relevanten Marktes – Geldbußen – Schwere der Zuwiderhandlung – Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen“

In der Rechtssache T‑404/08

Fluorsid SpA mit Sitz in Assemini (Italien),

Minmet financing Co. mit Sitz in Lausanne (Schweiz),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte L. Vasques und F. Perego,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch V. Di Bucci, C. Cattabriga und K. Mojzesowicz als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung C(2008) 3043 der Kommission vom 25. Juni 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (COMP/39.180 – Aluminiumfluorid) betreffend eine Absprache auf dem Weltmarkt für Aluminiumfluorid, die sich auf die Festsetzung der Preise und die Aufteilung der Märkte weltweit bezog, sowie, hilfsweise, Herabsetzung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi (Berichterstatter), der Richterin I. Labucka und des Richters S. Frimodt Nielsen,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2012

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

I –  Sachverhalt

1        Die Entscheidung C(2008) 3043 der Kommission vom 25. Juni 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (COMP/39.180 – Aluminiumfluorid) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) betrifft eine Absprache auf dem Weltmarkt für Aluminiumfluorid, die sich auf die Festsetzung der Preise und die Aufteilung der Märkte weltweit bezogen habe und an der sich die Klägerinnen, die Fluorsid SpA und die Minmet financing Co. (im Folgenden: Minmet) aktiv beteiligt hätten.

2        Fluorsid ist eine Gesellschaft italienischen Rechts, die Fluorderivate, u. a. Aluminiumfluorid, herstellt und vertreibt. Minmet, eine Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz, ist mit einer Beteiligung von 54,844 % Hauptaktionär von Fluorsid und mit Ausnahme von Italien weltweit exklusiver Handelsvertreter dieser Gesellschaft für Aluminiumfluorid.

3        Die Boliden Odda A/S (im Folgenden: Boliden) ist ein norwegisches Unternehmen, das in den Bereichen Herstellung und Verkauf von Zink und Aluminiumfluorid tätig ist (sechster Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Am 23. März 2005 stellte Boliden bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften einen Antrag auf Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über die Zusammenarbeit). Im April 2005 übermittelte Boliden Einzelheiten und ergänzende Auskünfte über ihre Beteiligung an einem Kartell auf dem Markt für Aluminiumfluorid und gab mündliche Erklärungen ab. Am 28. April 2005 gewährte die Kommission Boliden einen bedingten Geldbußenerlass gemäß Nr. 8 Buchst. a der Mitteilung über die Zusammenarbeit (56. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

4        Am 25. und 26. Mai 2005 nahm die Kommission gemäß Art. 20 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) in den Räumen europäischer Aluminiumfluorid-Lieferanten Nachprüfungen vor (57. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), insbesondere in den Räumen von Fluorsid, der Alufluor AB, der Derivados del Fluor SA und der C. E. Giulini & C. Srl.

5        Am 23. und 31. August 2006 befragte die Kommission Herrn O., den ehemaligen Vertriebsleiter der Aluminiumfluorid-Sparte „Noralf“ von Boliden, gemäß Art. 19 der Verordnung Nr. 1/2003 (58. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

6        Zwischen September 2006 und Februar 2007 sandte die Kommission gemäß Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 mehrere Auskunftsverlangen an die Unternehmen, gegen die sich das Verwaltungsverfahren damals richtete, insbesondere an die Industries chimiques du fluor (ICF), eine Gesellschaft tunesischen Rechts, Boliden, Alufluor, Derivados del Fluor, Fluorsid, C. E. Giulini & C., Minmet und Industrial Quimica de Mexico (IQM), eine Gesellschaft mexikanischen Rechts, denen diese Gesellschaften nachkamen (59. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

7        Am 29. März 2007 legte Fluorsid bei einem Treffen mit der Kommission eine Reihe von Dokumenten vor. Am 22. April 2007 stellte Fluorsid gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit einen „Antrag auf Geldbußenerlass oder auf Herabsetzung der Geldbuße“, den die Kommission als Antrag auf Ermäßigung der Geldbuße auslegte. Am 27. Mai 2007 legte Fluorsid einen Nachtrag zu diesem Antrag vor. Am 13. Juli 2007 teilte die Kommission Fluorsid mit, dass sie ihr keine Geldbußenermäßigung gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit gewähren werde (Erwägungsgründe 60, 248 und 249 der angefochtenen Entscheidung).

8        Am 24. April 2007 leitete die Kommission u. a. gegen ICF, Boliden, Fluorsid, Minmet und IQM förmlich das Verfahren ein und erließ eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, die am 25. April 2007 abgesandt und den genannten Unternehmen zwischen dem 26. und 30. April 2007 zugestellt wurde. Zugleich gewährte die Kommission den genannten Adressaten in Form von CD-ROMs Einsicht in die Akten (61. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

9        Mit Ausnahme von Boliden nahmen die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu den gegen sie erhobenen Beschwerdepunkten Stellung (62. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

10      Am 13. September 2007 fand eine mündliche Anhörung statt, an der alle Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte teilnahmen (63. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

11      Am 11. und 14. April 2008 richtete die Kommission Auskunftsverlangen an sämtliche Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte, in denen diese aufgefordert wurden, ihren 1999, 2000, 2001 und 2007 erzielten Gesamtumsatz und ihren Umsatz mit Aluminiumfluorid mitzuteilen sowie nähere Angaben zu bevorstehenden wesentlichen Änderungen hinsichtlich Geschäftstätigkeit und Inhaberverhältnissen zu machen (64. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

II –  Angefochtene Entscheidung

A –  Verfügender Teil

12      Der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung lautet wie folgt:

Artikel 1

Die folgenden Unternehmen haben durch ihre Beteiligung an einer Vereinbarung und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweise in der Aluminiumfluorid-Branche gegen Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen verstoßen:

a)      Boliden …;

b)      Fluorsid … und Minmet …;

c)      [ICF];

d)      [IQM] und Q.B. Industrias S.A.B.

Artikel 2

Für die in Artikel 1 genannte Zuwiderhandlung werden folgende Geldbußen festgesetzt:

a)      Boliden …: 0 EUR;

b)      Fluorsid … und Minmet … gesamtschuldnerisch: 1 600 000 EUR;

c)      [ICF]: 1 700 000 EUR;

d)      [IQM] und Q.B. Industrias S.A.B. gesamtschuldnerisch: 1 670 000 EUR.

…“

B –  Begründung der angefochtenen Entscheidung

13      In der Begründung der angefochtenen Entscheidung vertrat die Kommission im Wesentlichen folgende Auffassung.

1.     Zur Aluminiumfluoridbranche

14      Aluminiumfluorid sei eine zur Herstellung von Aluminium verwendete chemische Verbindung, die den für den Schmelzvorgang erforderlichen Stromverbrauch bei der Herstellung von Hüttenaluminium senke und damit erheblich zur Reduzierung der Herstellungskosten von Aluminium beitrage. Die Aluminiumhersteller seien die hauptsächlichen Verbraucher von Aluminiumfluorid. Die Aluminiumproduktion belaufe sich weltweit auf jährlich mehr als 20 Mio. Tonnen, von denen ungefähr 30 % in Europa hergestellt würden (Erwägungsgründe 2 und 3 der angefochtenen Entscheidung).

15      Im Jahr 2000 habe sich der von Fluorsid erzielte Absatz von Aluminiumfluorid im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf 2 717 735 Euro und weltweit auf 31 997 725 Euro belaufen. Im Jahr 2007 habe der weltweite Umsatz einen Betrag von 83 136 704 Euro erreicht (15. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

16      Im Jahr 2000 habe der geschätzte gesamte Marktwert des auf dem freien Markt des EWR verkauften Aluminiumfluorids bei 71 600 000 Euro gelegen. Der Marktwert des Aluminiumfluorids, das auf dem vom Kartell betroffenen freien Weltmarkt verkauft worden sei, habe im Jahr 2000 bei 340 000 000 Euro gelegen. Der geschätzte kumulierte Marktanteil der von der angefochtenen Entscheidung betroffenen Unternehmen betrage 33 % auf dem Markt des EWR und 35 % auf dem Weltmarkt (33. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

17      Aluminiumfluorid werde weltweit gehandelt. Es werde aus den Vereinigten Staaten in den EWR und vom EWR in die Vereinigten Staaten, nach Afrika, Südamerika und Australien geliefert (35. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). ICF setze erhebliche Mengen des genannten Erzeugnisses im EWR ab (36. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Seit 1997 seien die Hersteller der ganzen Welt in der Inorganic Fluorine Producers Association (Verband der Hersteller anorganischer Fluoride, IFPA) organisiert (38. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

2.     Zum Treffen von Mailand und zur Durchführung des Kartells

18      Die Kommission führt aus, gewisse abgestimmte Verhaltensweisen habe es in der Aluminiumfluorid-Industrie bereits in der Zeit zwischen der Gründung der IFPA im Jahr 1997 und dem Treffen von Mailand (Italien) vom 12. Juli 2000 gegeben; es lägen insoweit jedoch keine überzeugenden Belege vor (73. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Bei dem Treffen von Mailand seien Vertreter von Fluorsid, ICF und IQM anwesend gewesen, während ein Vertreter der Abteilung „Noralf“ von Boliden per Telefon an diesem Treffen teilgenommen habe. Bei dem Treffen seien die Teilnehmer übereingekommen, die Preise für Aluminiumfluorid um 20 % zu erhöhen. Sie hätten verschiedene Erdteile, darunter Europa, auf die Durchsetzbarkeit eines allgemeinen Preisniveaus und gegebenenfalls einer Marktaufteilung geprüft. Gemäß ihrer Vereinbarung habe das allgemeine Ziel darin bestanden, ein höheres Preisniveau zu erreichen und größere Preisermäßigungen zu verhindern. Die Teilnehmer hätten auch sensible Geschäftsinformationen ausgetauscht. Die Kommission stützte sich insoweit auf den Bericht von Herrn R., dem Vertreter von Fluorsid, die Notizen von Herrn O., dem Vertreter der Abteilung „Noralf“ von Boliden, und die Erklärung von Herrn O. (Erwägungsgründe 77 bis 91 der angefochtenen Entscheidung).

19      Nach dem Treffen von Mailand hätten die betreffenden Unternehmen untereinander Verbindung gehalten (93. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

20      Am 25. Oktober 2000 hätten Herr T. aus der Abteilung „Noralf“ von Boliden und Herr A. von IQM telefonisch Informationen über ihre Angebote an einen Kunden in Australien ausgetauscht, u. a. Informationen über die Preishöhe, die Vertragsdauer und die Angebotsmenge. Der Inhalt dieses Telefongesprächs sei seinerzeit in einer handschriftlichen Notiz von Herrn T. festgehalten worden, die an den ebenfalls der Abteilung „Noralf“ angehörenden Herrn O. gerichtet gewesen sei (94. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

21      Am 8. November 2000 habe Herr C., der Geschäftsführer von Minmet, an Fluorsid eine Notiz über ein Telefongespräch gesandt, das er am selben Tag mit Herrn G., einem Mitarbeiter von ICF, über die Verkaufspreise von Aluminiumfluorid geführt habe (95. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

22      Am 9. November 2000 habe Minmet an Fluorsid ferner den Bericht eines Treffens mit ICF in Lausanne (Schweiz) gesandt, das sich mit der Kundschaft und den Preisen auf bestimmten Märkten, insbesondere Brasilien und Venezuela, befasst habe (96. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

3.     Zur Anwendung von Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 EWR-Abkommen

23      Die Kommission gelangte zu dem Ergebnis, dass das Treffen von Mailand und die nachfolgenden Handlungen zu dessen Umsetzung alle Merkmale einer Vereinbarung und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweise im Sinne von Art. 81 EG bzw. Art. 53 EWR-Abkommen erfüllten (Erwägungsgründe 115 bis 122 der angefochtenen Entscheidung) und dass dieses Kartell eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung darstelle (Erwägungsgründe 123 bis 129 der angefochtenen Entscheidung).

24      Die Zuwiderhandlung habe eine Einschränkung des Wettbewerbs in der Europäischen Gemeinschaft und im EWR bezweckt (Erwägungsgründe 130 bis 135 der angefochtenen Entscheidung). Ihr räumlicher Umfang habe sich jedoch auf die ganze Welt erstreckt; von der Zuwiderhandlung seien die in dem Bericht über das Treffen von Mailand genannten Gebiete betroffen gewesen, insbesondere Europa, die Türkei, Australien, Südamerika, Südafrika und Nordamerika (136. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

25      Das Kartell sei geeignet gewesen, spürbare Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten oder zwischen den Vertragsparteien des EWR-Abkommens zu haben (Erwägungsgründe 137 bis 142 der angefochtenen Entscheidung).

4.     Zur Dauer der Zuwiderhandlung

26      Trotz Anzeichen dafür, dass sich die Aluminiumfluorid-Hersteller bereits in der zweiten Hälfte der 90er Jahre auf abgestimmte Verhaltensweisen eingelassen hätten, vor allem im Anschluss an ein Treffen, das 1999 in Griechenland stattgefunden habe, war die Kommission der Ansicht, dass ihr überzeugende Belege für das Bestehen eines Kartells erst für die Zeit „zumindest“ ab dem 12. Juli 2000, dem Zeitpunkt des Treffens von Mailand, vorlägen (144. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

27      In der Aluminiumfluorid-Branche würden die Lieferverträge innerhalb eines Zeitraums, der im Laufe des zweiten Halbjahrs eines Kalenderjahrs beginne und mit Ablauf des betreffenden Kalenderjahrs oder in den ersten fünf Monaten des folgenden Kalenderjahrs ende, im Voraus ausgehandelt. Dies gelte auch für mehrjährige Verträge. In bestimmten mehrjährigen Verträgen sei noch eine Aushandlung der Preise am Ende des Kalenderjahrs oder eine halbjährliche Überprüfung der Preise am Ende des Halbjahrs vorgesehen gewesen. Der Bericht über das Treffen von Mailand bestätige, dass es in der Branche Praxis gewesen sei, die Preise im Voraus für das folgende Geschäftsjahr festzulegen. Die Kommission schloss hieraus, dass das Ergebnis der kollusiven Gespräche im Juli 2000 bei den Verhandlungen angewandt worden sei, die im Laufe des zweiten Halbjahrs des Jahres 2000 geführt worden seien (146. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

28      Die Kommission gelangte daher zu dem Schluss, dass das Kartell durch die Handlungen seiner Teilnehmer „zumindest“ bis zum 31. Dezember 2000 angedauert und sich wettbewerbswidrig ausgewirkt habe (147. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

5.     Zur Bemessung der Geldbuße

29      Die Kommission setzte den Grundbetrag der gegen die Klägerinnen zu verhängenden Geldbuße auf der Grundlage von deren Angaben zu dem mit dem relevanten Produkt im EWR erzielten Umsatz (6 279 960 Euro) auf 1 600 000 Euro fest; sie wies darauf hin, dass nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) „zur Bestimmung des Grundbetrags ein bestimmter Anteil am Umsatz, der sich nach der Schwere des Verstoßes richtet, mit der Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung multipliziert [wird]“ (234. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

30      Im vorliegenden Fall habe die Zuwiderhandlung vor allem in einer horizontalen Preisabsprache bestanden, die ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Verstößen gehöre. Dies müsse sich in dem Anteil am Umsatz, der berücksichtigt werde, widerspiegeln (236. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Der geschätzte kumulierte Marktanteil der Unternehmen, die an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien, sei im Jahr 2000 nicht größer als 35 % im EWR gewesen (237. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Räumlich habe sich das Kartell auf die ganze Welt erstreckt (238. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission „hat bei der Festlegung des heranzuziehenden Anteils am Umsatz auch den Grad der Durchführung der Zuwiderhandlung berücksichtigt (Erwägungsgründe 134 und 135, 154 bis 156, 172 und 185 der angefochtenen Entscheidung)“ (239. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

31      Angesichts der vorstehend angeführten Gesichtspunkte bezüglich der Art der Zuwiderhandlung und ihres räumlichen Umfangs gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass sich der Anteil am Umsatz der einzelnen Unternehmen, anhand dessen der Grundbetrag der zu verhängenden Geldbußen zu ermitteln sei, auf 17 % belaufe (240. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

32      Da die Zuwiderhandlung „zumindest“ vom 12. Juli 2000 bis zum 31. Dezember 2000 angedauert habe, betrage der auf den Grundbetrag anzuwendende Multiplikationsfaktor 0,5 (241. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Der Zusatzbetrag, um die Unternehmen von der Beteiligung an horizontalen Preisabsprachen wie im vorliegenden Fall von vornherein abzuschrecken, belaufe sich auf 17 % des Umsatzes (242. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

33      Die Kommission setzte folgende Grundbeträge der gegen die Kartellteilnehmer zu verhängenden Geldbuße fest:

–        Boliden: 1 Mio. Euro;

–        Fluorsid und Minmet: 1,6 Mio. Euro;

–        ICF: 1,7 Mio. Euro;

–        IQM, Q.B. Industrias S.A.B.: 1,67 Mio. Euro.

34      Boliden wurde von der Kommission schließlich gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit ein Erlass von Geldbußen gewährt, so dass dieses Unternehmen keine Geldbuße zu zahlen hatte.

6.     Zu den mildernden Umständen

35      Die Kommission stellte schließlich fest, dass der Umstand, dass Fluorsid und Minmet bei der Untersuchung mit ihr zusammengearbeitet hätten, für sich genommen nicht bereits einen mildernden Umstand darstelle und im vorliegenden Fall kein außergewöhnlicher Umstand vorliege, der eine Ermäßigung der Geldbuße dieser Unternehmen rechtfertigen könnte (Erwägungsgründe 248 und 249 der angefochtenen Entscheidung). Fluorsid habe ihren Antrag auf Erlass von Geldbußen oder Ermäßigung der Geldbuße etwa zwei Jahre nach dem Beginn der Untersuchung gestellt; sie sei das zweite Unternehmen gewesen, das an sie herangetreten sei. Die Informationen, die Fluorsid vor Erlass der Mitteilung der Beschwerdepunkte geliefert habe, hätten keinen erheblichen Mehrwert aufgewiesen, und die Informationen, die dieses Unternehmen nach dem 22. April 2007 geliefert habe, seien nicht für den Nachweis der Zuwiderhandlung verwertet worden (Erwägungsgründe 260 bis 263 der angefochtenen Entscheidung). Demzufolge gewährte die Kommission keine Ermäßigung der Geldbuße. Sie setzte den Endbetrag der gesamtschuldnerisch gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße auf 1 600 000 Euro fest (276. Erwägungsgrund und Art. 2 der angefochtenen Entscheidung).

 Verfahren und Anträge der Parteien

36      Mit Klageschrift, die am 20. September 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen und von denselben Prozessbevollmächtigten unterzeichnet ist, haben die Klägerinnen gemeinsam die vorliegende Klage erhoben.

37      Die Klägerinnen beantragen,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, die gegen sie gesamtschuldnerisch verhängte Geldbuße herabzusetzen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

38      Die Kommission beantragt,

–        die Klage von Minmet als offensichtlich unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

–        die Klage von Fluorsid als unbegründet abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

39      Das Gericht (Erste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

40      Da ein Richter an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident des Gerichts gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts einen anderen Richter bestimmt, durch den die Kammer ergänzt wird.

41      Im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme nach Art. 64 der Verfahrensordnung hat das Gericht die Kommission aufgefordert, eine Frage schriftlich zu beantworten. Die Kommission ist dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen.

42      Die Parteien haben in der Sitzung vom 14. Juni 2012 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission ein Dokument vorgelegt, in dem sie erläutert, wie sie bei der Bestimmung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße den Umsatz und die Marktanteile berechnet hat. Nach Anhörung der Parteien ist dieses Dokument zu den Akten genommen worden, was in das Protokoll der Sitzung aufgenommen worden ist.

 Rechtliche Würdigung

I –  Zur Zulässigkeit

A –  Vorbemerkung

43      Da die Kommission, soweit die Klage von Minmet erhoben worden ist, die Einrede der Unzulässigkeit erhoben hat, ist festzustellen, dass es sich bei der angefochtenen Entscheidung um ein Bündel ähnlicher Individualentscheidungen, mit denen Geldbußen auferlegt wurden, handelt, die im Rahmen eines gemeinsamen Verfahrens erlassen worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. September 1999, Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., C‑310/97 P, Slg. 1999, I‑5363, Randnrn. 49 ff.). Im vorliegenden Fall ist somit u. a. zwischen der an Fluorsid und der an Minmet gerichteten Entscheidung zu unterscheiden und ist die Zulässigkeit der Klagen von Minmet und Fluorsid jeweils gesondert zu beurteilen, da sich diese auf gegen diese Unternehmen ergangene Entscheidungen beziehen, die rechtlich verschieden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., Randnrn. 53 bis 56).

B –  Zur Tragweite der Klagen

44      Minmet ist am 9. Juli 2008 eine englischsprachige Version der angefochtenen Entscheidung zugestellt worden, Fluorsid am 11. Juli 2008 eine italienischsprachige.

45      Die Klageschrift enthält u. a. den Antrag, „die Entscheidung in vollem Umfang für nichtig zu erklären“, ohne dass der Streitgegenstand weiter präzisiert würde. In Randnr. 1 der Klageschrift heißt es aber, dass die Klägerinnen die „Nichtigerklärung der Entscheidung C(2008) 3043 der Kommission …, die Fluorsid und Minmet am 11. … beziehungsweise 9. Juli 2008 zugestellt wurde“, begehren. Ebenso heißt es in Randnr. 3 der Klageschrift: „Mit der vorliegenden Klage fechten … Fluorsid und Minmet die Entscheidung an, mit der die Kommission … einen Verstoß gegen Art. 81 [EG] … festgestellt und entsprechend Fluorsid und Minmet gesamtschuldnerisch mit einer Sanktion belegt hat“. Schließlich haben die Klägerinnen als Anlage zur Klageschrift nur die italienischsprachige, an Fluorsid gerichtete Entscheidung vorgelegt, und nicht die englischsprachige, an Minmet gerichtete. Letztere ist von Minmet erst nach einer prozessleitenden Maßnahme des Gerichts gemäß Art. 64 der Verfahrensordnung vorgelegt worden.

46      Mithin haben die Klägerinnen zwar nicht ausdrücklich präzisiert, dass sich ihre Klagen in Wirklichkeit auf zwei an zwei verschiedene juristische Personen gerichtete Entscheidungen beziehen, die rechtlich verschieden sind. Aus der Klageschrift ergibt sich aber hinreichend deutlich und genau, dass die Klägerinnen diese beiden Entscheidungen insoweit anfechten wollten und deren Nichtigerklärung begehren, als sie durch sie beschwert sind. Sie sehen die „angefochtene Entscheidung“ als „einheitliche Entscheidung“ an, die ihnen zugestellt worden sei, da mit ihr ihre gesamtschuldnerische Verantwortung für eine einheitliche Zuwiderhandlung festgestellt und demgemäß gegen sie gesamtschuldnerisch eine Geldbuße verhängt worden sei. Sie haben dies in der mündlichen Verhandlung bekräftigt, was in das Protokoll der Sitzung aufgenommen worden ist.

C –  Zur Zulässigkeit der Klage von Minmet

47      Was die Zulässigkeit der Klage von Minmet gegen die an sie gerichtete Entscheidung angeht, macht die Kommission geltend, die Klage sei am 20. September 2008 verspätet erhoben worden und somit als unzulässig abzuweisen. Minmet behauptet, die Verspätung sei auf eine Störung der elektronischen Kommunikation zurückzuführen. Es handele sich um objektive Tatsachen technischer Art, die unvorhersehbar und somit entschuldbar seien.

48      Unabhängig von der Frage, ob Minmet – anders als die Kommission meint – befugt ist, gegen die an sie gerichtete Entscheidung zu klagen, ist festzustellen, dass Minmet ein Rechtsschutzinteresse daran hat, gegen die an Fluorsid gerichtete Entscheidung und die gegen dieses Unternehmen verhängte Geldbuße zu klagen, für die Minmet sowohl in dieser Entscheidung als auch in der individuell an sie gerichteten gesamtschuldnerisch verantwortlich gemacht worden ist, zumal die an Fluorsid gerichtete Entscheidung die primäre Rechtsgrundlage für die gesamtschuldnerische Verantwortung von Minmet darstellt, die mit der von Fluorsid und der gegen dieses Unternehmen verhängten Geldbuße steht und fällt. Minmet hat also zweifellos ein Interesse an der Nichtigerklärung oder Herabsetzung dieser Geldbuße.

49      Jedenfalls braucht die Klagebefugnis der anderen Kläger nach der Rechtsprechung, da es sich um eine gemeinsame Klage handelt, nicht geprüft zu werden (Urteil des Gerichtshofs vom 24. März 1993, CIRFS u. a./Kommission, C‑313/90, Slg. 1993, I‑1125, Randnr. 31; Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2003, Verband der freien Rohrwerke u. a./Kommission, T‑374/00, Slg. 2003, II‑2275, Randnr. 57).

50      Soweit sie sich auf die an Fluorsid gerichtete Entscheidung bezieht, bei der die Klage fristgerecht erhoben worden ist, ist die Klage von Minmet also zulässig.

51      Soweit sich die Klage von Minmet hingegen auf die an sie gerichtete Entscheidung bezieht, ist zunächst festzustellen, dass die Kommission beantragt, die Klage insoweit wegen Ablauf der Klagefrist abzuweisen. Hierzu ist festzustellen, dass die Klagefrist gemäß Art. 230 Abs. 5 EG, die zwei Monate ab Mitteilung der betreffenden Handlung beträgt, zwingenden Rechts ist und zur Gewährleistung der Klarheit und Sicherheit der Rechtsverhältnisse und zur Vermeidung jeder Diskriminierung oder willkürlichen Behandlung bei der Gewährung von Rechtsschutz eingeführt wurde. Der Richter hat daher von Amts wegen zu prüfen, ob diese Frist gewahrt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. September 1997, Mutual Aid Administration Services/Kommission, T‑121/96 und T‑151/96, Slg. 1997, II‑1355, Randnr. 38). Die Klagefrist ist nämlich fest, absolut und nicht verlängerbar (Urteil des Gerichts vom 16. Dezember 2011, Enviro Tech Europe und Enviro Tech International/Kommission, T‑291/04, Slg. 2011, II‑8281, Randnr. 95).

52      Im vorliegenden Fall ist Minmet die angefochtene Entscheidung am 9. Juli 2008 zugestellt worden. Art. 101 Abs. 1 Buchst. a der Verfahrensordnung bestimmt: „Ist für den Anfang einer nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so wird bei der Berechnung dieser Frist der Tag, in den das Ereignis oder die Handlung fällt, nicht mitgerechnet.“ Art. 102 Abs. 2 der Verfahrensordnung bestimmt: „Die Verfahrensfristen werden um eine pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen verlängert.“ Im vorliegenden Fall war die Frist zur Erhebung einer Klage gegen die an Minmet gerichtete Entscheidung somit am 19. September 2008 abgelaufen. Minmet hat dies in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, was in das Protokoll der Sitzung aufgenommen worden ist. Sie hat ihre Klage gegen die gegen sie gerichtete Entscheidung aber erst am 20. September 2008 mit der Einreichung der Klageschrift bei der Kanzlei des Gerichts erhoben.

53      Die Klagefrist ist nach Auffassung von Minmet durch die Aufforderung des Gerichts zur Behebung eines Mangels verlängert worden. Sie ist aber fest, absolut und nicht verlängerbar (Urteil Enviro Tech Europe und Enviro Tech International/Kommission, oben in Randnr. 51 angeführt, Randnr. 95), so dass ihr Lauf weder durch eine Aufforderung des Gerichts zur Behebung eines Mangels noch durch die Annahme der Behebung des betreffenden Mangels beeinflusst werden konnte. Nach der Rechtsprechung ist für die Zulässigkeit einer Klage nämlich der Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift maßgeblich. Sind die Voraussetzungen für die Erhebung der Klage zu diesem Zeitpunkt nicht erfüllt, ist die Klage unzulässig. Ein etwaiger Mangel kann nämlich nur innerhalb der Klagefrist behoben werden (vgl. Beschlüsse des Gerichts vom 7. September 2010, Norilsk Nickel Harjavalta und Umicore/Kommission, T‑532/08, Slg. 2010, II‑3959, Randnr. 70, und Etimine und Etiproducts/Kommission, T‑539/08, Slg. 2010, II‑4017, Randnr. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung). Da die Behebung des Mangels im vorliegenden Fall aber nach Ablauf der Klagefrist erfolgt ist, konnte sie die Klage von Minmet nicht mehr zulässig machen.

54      Soweit sie sich auf die an sie gerichtete Entscheidung bezieht, ist die Klage von Minmet also verspätet erhoben worden und für unzulässig zu erklären.

55      Dieses Ergebnis wird durch die übrigen Argumente der Klägerinnen nicht in Frage gestellt.

56      Als Erstes kann allein der Umstand, dass Fluorsid und Minmet die vorliegende Klage gegen die „angefochtene Entscheidung“ als wirtschaftliche Einheit gemeinsam erhoben haben, ohne nach den jeweils an sie gerichteten individuellen Entscheidungen zu unterscheiden, nicht zur Folge haben, dass für Minmet dieselbe Klagefrist gilt wie für Fluorsid.

57      Zwar ist unter dem Begriff des Unternehmens im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen, selbst wenn diese rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird. Verstößt eine solche wirtschaftliche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, muss diese Zuwiderhandlung nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit aber eindeutig einer juristischen Person zugerechnet werden, gegen die Geldbußen festgesetzt werden können, und müssen die Mitteilung der Beschwerdepunkte und erst recht die abschließende Entscheidung an diese gerichtet werden, wobei angegeben werden muss, in welcher Eigenschaft der juristischen Person die behaupteten Tatsachen zur Last gelegt werden (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, Slg. 2009, I‑8237, Randnrn. 54 bis 57 und die dort angeführte Rechtsprechung; Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in dieser Rechtssache, Slg. 2009, I‑8241, Randnr. 37).

58      Erhebt ein Adressat einer solchen Entscheidung Nichtigkeitsklage, so wird der Unionsrichter nur mit den Teilen der Entscheidung befasst, die diesen Adressaten betreffen. Diejenigen Teile, die andere Adressaten betreffen, die die Entscheidung nicht oder nicht fristgemäß angefochten haben, sind nicht Teil des Streitgegenstands, über den der Unionsrichter zu entscheiden hat (Urteile Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 53, und vom 29. März 2011, ArcelorMittal Luxembourg/Kommission, C‑201/09 P und C‑216/09 P, Slg. 2011, I‑2239, Randnr. 142).

59      Minmet ist eine von Fluorsid verschiedene juristische Person, so dass sie hinsichtlich der an sie gerichteten Entscheidung nicht in den Genuss der Klagefrist kommt, die für die an Fluorsid gerichtete Entscheidung gegolten hat. Es handelt sich nämlich um zwei verschiedene Entscheidungen, die an zwei verschiedene juristische Personen gerichtet sind, zu verschiedenen Zeitpunkten zugestellt worden sind und für die die Klagefrist jeweils gesondert zu berechnen ist.

60      Als Zweites beruft sich Minmet auf höhere Gewalt und einen entschuldbaren Irrtum. Hierzu ist festzustellen, dass die Begriffe der höheren Gewalt und des Zufalls nach der Rechtsprechung ein objektives und ein subjektives Merkmal umfassen, von denen ersteres sich auf ungewöhnliche, außerhalb der Sphäre des Wirtschaftsteilnehmers liegende Umstände bezieht und letzteres mit der Verpflichtung des Betroffenen zusammenhängt, sich gegen die Folgen ungewöhnlicher Ereignisse zu wappnen, indem er, ohne übermäßige Opfer zu bringen, geeignete Maßnahmen trifft. Insbesondere müssen die Wirtschaftsteilnehmer zum Zweck der Einhaltung der vorgesehenen Fristen Sorgfalt walten lassen. Es muss sich demnach um ungewöhnliche, vom Willen des Klägers unabhängige Schwierigkeiten handeln, die selbst bei Beachtung aller erforderlichen Sorgfalt unvermeidbar erschienen (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Dezember 1994, Bayer/Kommission, C‑195/91 P, Slg. 1994, I‑5619, Randnr. 31 und 32). Im Übrigen kann von den Vorschriften über die Verfahrensfristen nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen – bei Vorliegen eines Zufalls oder eines Falles höherer Gewalt im Sinne von Art. 45 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union – abgewichen werden, da die strikte Anwendung dieser Vorschriften dem Erfordernis der Rechtssicherheit und der Notwendigkeit entspricht, jede Diskriminierung oder willkürliche Behandlung bei der Rechtspflege zu vermeiden (vgl. Beschluss des Gerichtshofs vom 8. November 2007, Belgien/Kommission, C‑242/07 P, Slg. 2007, I‑9757, Randnr. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61      Speziell zum Begriff des entschuldbaren Irrtums ist entschieden worden, dass er sich nur auf Ausnahmefälle, insbesondere auf solche bezieht, in denen das betroffene Organ ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das für sich genommen oder aber in ausschlaggebendem Maß geeignet gewesen ist, bei dem gutgläubigen Rechtsbürger, der alle Sorgfalt aufwendet, die von einer Person mit normalem Kenntnisstand verlangt werden kann, eine verständliche Verwirrung hervorzurufen (Beschluss des Gerichtshofs vom 14. Januar 2010, SGAE/Kommission, C‑112/09 P, Slg. 2010, I‑351, Randnr. 20), z. B., wenn der Kläger besondere Auslegungsschwierigkeiten hinsichtlich der Bestimmung der zuständigen Stelle oder der Dauer der Frist hat (Beschlüsse des Gerichtshofs vom 17. Mai 2002, Deutschland/Parlament und Rat, C‑406/01, Slg. 2002, I‑4561, Randnr. 21, und SGAE/Kommission, Randnr. 24; Urteil des Gerichts vom 6. Juni 1996, Confindustria und Romoli/Rat, T‑382/94, Slg. 1996, II‑519, Randnr. 21).

62      Im vorliegenden Fall wiesen die Vorschriften über die Klagefrist für Minmet jedoch keine Auslegungsschwierigkeiten auf. Ferner hat die Kommission kein Verhalten an den Tag gelegt, das geeignet gewesen wäre, hinsichtlich der Beurteilung der Frist Verwirrung hervorzurufen. Vielmehr hat sie, indem sie zwei verschiedenen juristischen Personen zu verschiedenen Zeitpunkten zwei verschiedene Entscheidungen – im Übrigen in verschiedenen Sprachfassungen, nämlich Englisch für Minmet und Italienisch für Fluorsid – zugestellt hat, den Erfordernissen der Rechtsklarheit und ‑sicherheit entsprochen. Folglich war Minmet durchaus in der Lage, zu erkennen, dass es sich um zwei rechtlich verschiedene Entscheidungen handelte, die jeweils verschiedene Rechtsfolgen für die beiden Klägerinnen hatten.

63      Im Übrigen ist das Vorbringen von Minmet, die verspätete Einreichung der Klageschrift sei auf eine Störung der elektronischen Kommunikation, die unvorhersehbare Verzögerung der Meldung der Nichtübermittelung durch das System der elektronischen Post und auf Funktionsstörungen des Telefaxgeräts zurückzuführen, sehr wenig substantiiert und nicht belegt. Aus den Schriftsätzen von Minmet lässt sich nämlich nicht einmal entnehmen, zu welchem Zeitpunkt sie versucht haben will, die Klageschrift abzusenden. Derartig vage und nicht belegte Behauptungen können jedoch für den Nachweis eines Falles höherer Gewalt oder eines entschuldbaren Irrtums nicht genügen. Das entsprechende Vorbringen ist daher als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

64      Somit ist festzustellen, dass Minmet die an sie gerichtete Entscheidung nicht innerhalb der Klagefrist gemäß Art. 230 Abs. 5 EG angefochten hat, so dass diese Entscheidung in Bezug auf sie Rechtskraft erlangt hat und sie deren Rechtmäßigkeit nicht mehr in Zweifel ziehen kann.

II –  Zur Begründetheit

A –  Zusammenfassung der Nichtigkeitsgründe

65      Die Klägerinnen machen im Wesentlichen drei Klagegründe geltend.

66      Mit dem ersten wird ein Verstoß gegen Art. 81 EG gerügt. Erstens sei das von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung behauptete Kartell „unmöglich“. Selbst wenn ein solches Kartell existiert hätte, hätte es zweitens keine Auswirkungen auf den Markt gehabt, da eine im Juli 2000 getroffene Vereinbarung über die Preise, anders als die Kommission in der angefochtenen Entscheidung behaupte, in der zweiten Hälfte des Jahres 2000 keine Auswirkungen gehabt haben könne. Die Preise für das zweite Halbjahr des Jahres 2000 seien 1999, „spätestens“ aber in den ersten Monaten des Jahres 2000 festgesetzt worden. Drittens bestreiten die Klägerinnen, dass bei dem Treffen von Mailand eine Vereinbarung mit einem wettbewerbsbeschränkenden Ziel getroffen worden sei. Es habe sich lediglich um einen Austausch von Informationen unter Wettbewerbern gehalten. Die Klägerinnen machen insoweit einen Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß Art. 253 EG hinsichtlich des Nachweises der Zuwiderhandlung und gegen Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 geltend.

67      Mit dem zweiten Klagegrund wird eine Verletzung der Verteidigungsrechte sowie ein Verstoß gegen Art. 27 der Verordnung Nr. 1/2003, Art. 81 EG und „Art. 253 [EG] oder Art. 173 EG“ geltend gemacht. Erstens werde in der angefochtenen Entscheidung eine andere Zuwiderhandlung festgestellt als die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zur Last gelegte. Die Kommission habe sich auf Tatsachen gestützt, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht erwähnt worden seien und in Bezug auf die sich die Parteien nicht hätten verteidigen können. Zweitens habe die Kommission die Dokumente zum Kronzeugenantrag von Fluorsid zu den Akten des Verwaltungsverfahrens genommen, nachdem sie diesen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte „ignoriert“ habe.

68      Mit dem dritten Klagegrund wird hilfsweise ein Verstoß gegen Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 gerügt, der die gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße betrifft. Die Klägerinnen beanstanden die Definition und die Bestimmung des Wertes des relevanten Marktes in der angefochtenen Entscheidung. Die von der Kommission festgestellte Schwere der Zuwiderhandlung sei unverhältnismäßig. Außerdem sei Ziff. 18 der Leitlinien von 2006 nicht richtig angewandt worden.

B –  Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 EG

1.     Vorbemerkungen

69      Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, dass das Kartell, das die Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, unmöglich sei. Die betroffenen Unternehmen hätten den Preis für Aluminiumfluorid auf dem Markt der Aluminiumerzeuger nicht diktieren können, da dieser nicht durch das Angebot, sondern durch die Nachfrage bestimmt werde. Außerdem sei Ziel des Treffens von Mailand nicht gewesen, einen „Kartellpreis“ festzusetzen, sondern „nach Maßgabe bestimmter Kostenfunktionen zu verstehen, bei welchem Preis die Adressaten der angefochtenen Entscheidung trotz des exponentiellen Steigens der Produktionskosten hätten ‚auf dem Markt bleiben‘ können“. Im Übrigen würden die Preise für Aluminiumfluorid jährlich für die Lieferungen des Folgejahrs ausgehandelt. Daher habe eine im Juli 2000 getroffene Vereinbarung über die Preise in der zweiten Hälfte des Jahres 2000 keine Auswirkungen haben können. Selbst wenn die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung behauptete Zuwiderhandlung existiert hätte, hätte sie also keine Auswirkungen auf den relevanten Markt haben können. Was die „Tatsachen von Mailand“ angeht, machen die Klägerinnen schließlich geltend, die Kommission habe einen Austausch von Informationen unter Wettbewerbern nachgewiesen, nicht aber ein Kartell „mit dem Ziel der Beschränkung“. Die Kommission habe daher gegen Art. 81 EG verstoßen, hinsichtlich der Angabe der Beweismittel für die Zuwiderhandlung die Begründungspflicht gemäß Art. 253 EG verletzt und gegen Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen.

70      Nach Auffassung der Kommission ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

71      Zunächst ist auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach es zum einen der Partei oder der Behörde, die den Vorwurf einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln erhebt, obliegt, die Beweismittel beizubringen, die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend beweisen, und wonach zum anderen das Unternehmen, das sich gegenüber der Feststellung einer Zuwiderhandlung auf eine Rechtfertigung berufen möchte, den Nachweis zu erbringen hat, dass die Voraussetzungen für diese Rechtfertigung erfüllt sind, so dass die genannte Behörde dann auf andere Beweismittel zurückgreifen muss (Urteile des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 58, vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 78, und des Gerichts vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, Slg. 2006, II‑4441, Randnr. 50).

72      Für den Nachweis einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG muss die Kommission genaue und übereinstimmende Beweismittel beibringen, um die feste Überzeugung zu begründen, dass der behauptete Verstoß begangen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 28. März 1984, CRAM/Kommission, 29/83 und 30/83, Slg. 1984, 1679, Randnr. 20). Hat der Richter Zweifel, muss dies dem Unternehmen zugutekommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird. Der Richter kann daher nicht davon ausgehen, dass die Kommission das Vorliegen der betreffenden Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn bei ihm noch Zweifel in dieser Hinsicht bestehen; dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung handelt, mit der eine Geldbuße verhängt wird (Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 215).

73      Außerdem muss nach ständiger Rechtsprechung nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise diesen Kriterien notwendig hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung genügen. Es reicht aus, dass das von der Kommission angeführte Indizienbündel bei einer Gesamtwürdigung dieser Anforderung genügt (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 180 und die dort angeführte Rechtsprechung).

74      Im Übrigen ist es üblich, dass die Tätigkeiten, mit denen wettbewerbswidrige Vereinbarungen und Verhaltensweisen verbunden sind, insgeheim ablaufen, dass die Zusammenkünfte heimlich stattfinden und dass die Unterlagen darüber auf ein Minimum reduziert werden. Selbst wenn die Kommission Schriftstücke findet, die – wie z. B. Berichte über Zusammenkünfte – eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen, handelt es sich folglich normalerweise nur um lückenhafte und vereinzelte Belege, so dass es häufig erforderlich ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren. In den meisten Fällen muss daher das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (Urteile des Gerichtshofs Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnrn. 55 bis 57, und vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C‑403/04 P und C‑405/04 P, Slg. 2007, I‑729, Randnr. 51).

75      Die Begriffe der Vereinbarung und der abgestimmten Verhaltensweise im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG erfassen in subjektiver Hinsicht Formen der Kollusion, die in ihrer Art übereinstimmen und sich nur in ihrer Intensität und ihren Ausdrucksformen unterscheiden (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, Slg. 1999, I‑4125, Randnrn. 131 und 132, und Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission, T‑9/99, Slg. 2002, II‑1487, Randnr. 190). Bei einer komplexen Zuwiderhandlung kann von der Kommission nicht verlangt werden, dass sie die Zuwiderhandlung entweder als Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise qualifiziert, da beide Formen der Zuwiderhandlung von Art. 81 EG umfasst werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, Randnrn. 111 bis 114, und Urteil des Gerichts vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, Slg. 1999, II‑931, Randnr. 696). Die doppelte Einstufung der Zuwiderhandlung als Vereinbarung und/oder abgestimmte Verhaltensweise bezieht sich demnach auf einen Komplex von Einzelakten, von denen einige als Vereinbarungen und andere als abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG anzusehen sind, der ja für diesen Typ einer komplexen Zuwiderhandlung keine spezifische Subsumtion vorschreibt (vgl. Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 1991, Hercules Chemicals/Kommission, T‑7/89, Slg. 1991, II‑1711, Randnr. 264, und HFB u. a./Kommission, Randnr. 187) – so auch im vorliegenden Fall.

2.     Inhalt der angefochtenen Entscheidung

76      Die Kommission hat sich in der angefochtenen Entscheidung für die Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG im Wesentlichen auf folgende Dokumente gestützt: Bericht über das Treffen von Mailand (Erwägungsgründe 77 und 81 bis 88 der angefochtenen Entscheidung), Notizen, die Herr O. aus der Abteilung „Noralf“ von Boliden bei diesem Treffen gemacht hat (89. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), Erklärung von Herrn O. bezüglich des genannten Berichts (90. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), Notizen von Herrn O. vom 25. Oktober 2000 über das Telefongespräch zwischen der Abteilung „Noralf“ von Boliden und IQM (94. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) sowie Notizen von Herrn C. von Minmet vom 8. und 9. November 2000 (Erwägungsgründe 95 und 96 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission hat aus diesen Dokumenten abgeleitet, dass am 12. Juli 2000 in Mailand ein Treffen des Vertreters von Fluorsid, Herrn R., des Vertreters von ICF, Herrn G., und des Vertreters von IQM, Herrn A., stattgefunden habe, an dem der Vertreter aus der Abteilung „Noralf“ von Boliden, Herr O., per Telefon teilgenommen habe. Der Bericht über das Treffen von Mailand ist von Herrn R. von Fluorsid erstellt worden. Nach Auffassung der Kommission waren Gegenstand und Zweck dieses Treffens wettbewerbswidrig (Erwägungsgründe 115 bis 122 der angefochtenen Entscheidung).

77      Den in den genannten Dokumenten verwendeten Fachausdrücken und Abkürzungen entsprechen folgende Definitionen:

–        „US$/T oder US$/MT“: Die Preise werden in US-Dollar (USD) je Tonne oder metrische Tonne angegeben;

–        „Incoterms“: „International Commercial Terms“ (internationale Handelsklauseln);

–        „fca“ (free carrier): „frei Frachtführer“;

–        „fob“ (free on board): „frei an Bord“;

–        „cfr“ (cost and freight): „Kosten und Fracht“;

–        „C & F filo“ (cost and freight, free in liner out): „Kosten und Fracht, Beladung frei, Entladung Reederei“;

–        „LME“ (London Metal Exchange) ist die „Londoner Metallbörse“, an der die Kurse für Metalle notiert werden. Die Kurse der LME bestimmen den Aluminiumpreis. In den angeführten Dokumenten ist mit dieser Abkürzung der Aluminiumpreis gemeint;

–        „AlF3“ ist die Abkürzung für Aluminiumfluorid. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass der Aluminiumfluorid-Preis als Prozentsatz des Kurses der LME angegeben werden kann. Nach dem Vortrag der Parteien beläuft sich der Aluminiumfluorid-Preis normalerweise auf 45 % bis 55 % der LME und liegt normalerweise zwischen 650 und 900 USD.

78      Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Dokumente, auf die sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung stützt, von Boliden oder anderen Kartellteilnehmern, insbesondere Fluorsid, vorgelegt worden sind. Die Klägerinnen haben weder die Echtheit noch die Glaubwürdigkeit noch die Überzeugungskraft der genannten Dokumente in Zweifel gezogen, und die Akten enthalten nichts, was vermuten ließe, dass ihre Beweiskraft in Frage zu stellen wäre. Die Klägerinnen stellen nämlich nicht den Gehalt dieser Beweismittel als solchen in Frage, sondern wenden sich lediglich gegen die Schlussfolgerungen, die die Kommission aus ihnen für die Feststellung eines Kartells gezogen hat.

3.     Zum Nachweis der Zuwiderhandlung

79      In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission die Auffassung vertreten, die Teilnehmer des Treffens von Mailand hätten eine Vereinbarung über die Erhöhung des Verkaufspreises für Aluminiumfluorid um 20 % getroffen. Sie hätten auch in mehreren Regionen der Welt einschließlich Europa ein allgemeines Preisniveau festgelegt und in einer Reihe von Fällen die Märkte aufgeteilt und sensible Geschäftsinformationen ausgetauscht. Es sind daher die Beweise zu würdigen, auf die sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zur Begründung ihrer Schlussfolgerungen gestützt hat.

80      In dem Bericht über das Treffen von Mailand ist zunächst die Rede von einer Erhöhung der Gesamtkosten in der Zeit von Juni 1999 bis Juni 2000 um 20 %, die 2001 eine Erhöhung des Aluminiumfluorid-Preises um 20 % erforderlich mache. Hierzu wird sodann ausgeführt:

„[D]a der Verkaufspreis für [Aluminiumfluorid] für 2000 Ende des ersten Halbjahrs 1999 festgelegt worden ist und unsere Kosten Mitte des Jahres 2000 20 % höher waren als 1999, sollten unsere Preise für [Aluminiumfluorid] im Jahr 2001 20 % höher liegen als im Jahr 2000. Die drei Beteiligten [Fluorsid, ICF und IQM] sind übereingekommen, dass diese Preiserhöhung aus Erzeugersicht angemessen ist. Es bleibt jedoch die Frage, ob Angebot/Nachfrage des Marktes sie zulässt“ (81. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

81      Aus dem Bericht über das Treffen von Mailand geht somit klar hervor, dass sich die an diesem Treffen teilnehmenden Vertreter, unter ihnen der Vertreter von Fluorsid, darauf geeinigt haben, ihren Verkaufspreis für Aluminiumfluorid im Jahr 2001 um 20 % zu erhöhen.

82      In Bezug auf den europäischen Markt ist in dem Bericht über das Treffen von Mailand ferner von einer Vereinbarung der teilnehmenden Vertreter über einen Preis von 775 USD „fca“, d. h. 800 USD „fob“, je Tonne Aluminiumfluorid für das Jahr 2001 die Rede:

„Für das Jahr 2001 möchte [ICF] den Preis auf 800 USD/t fca Mordijk anheben [u]nd auf 775 USD/t fob Gabes. [Der] europäische Erzeugerpreis [beläuft sich] somit auf 775/800 USD/t fca/fob“ (85. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

83      Aus der Gesamtheit dieser Schriftstücke ergibt sich, dass der genannte Preis ein Mindestverkaufspreis war, den die Kartellteilnehmer mit ihren Angeboten auf den betroffenen Märkten nicht unterschreiten durften.

84      Diese Schlussfolgerungen werden durch die Notizen bestätigt, die Herr O. aus der Abteilung „Noralf“ von Boliden bei dem Treffen von Mailand gemacht hat, an dem er per Telefon teilnahm, sowie durch seine mündlichen Erklärungen, die er vor der Kommission abgegeben hat (Erwägungsgründe 77, 89 und 90 der angefochtenen Entscheidung). Wie sich daraus ergibt, erklärten die Teilnehmer des Treffens, dass eine Preiserhöhung um 20 % erforderlich sei, und gelangten nach Aufstellung der Kosten zu dem Schluss, dass die Preise für 2001 um 20 % angehoben und auf 800 USD je Tonne, d. h. auf 50 % des LME-Preises, festgesetzt werden sollten.

85      Eine Reihe von Dokumenten, die aus der Zeit nach dem Treffen von Mailand stammen, belegt, dass die Teilnehmer dieses Treffens das Abkommen eingehalten, insoweit bilaterale Kontakte unterhalten und sensible Geschäftsinformationen ausgetauscht haben, insbesondere zum Zweck der gegenseitigen Kontrolle ihrer jeweiligen Preispolitik. So geht aus der Notiz, die Herr T. aus der Abteilung „Noralf“ von Boliden an Herrn O. – ebenfalls aus der Abteilung „Noralf“ von Boliden – sandte und die ein Telefongespräch vom 25. Oktober 2000 zwischen Herrn T. und Herrn A. von IQM betraf, hervor, dass die beiden Letztgenannten Informationen über ihre Preisangebote an einen Kunden in Australien ausgetauscht haben. Diese Preisangebote entsprachen dem beim Treffen von Mailand vereinbarten Mindestpreis von 800 USD je Tonne. Aus der genannten Notiz ergibt sich nämlich, dass IQM dem genannten Kunden ein Preisniveau von „850 – 875 – 900 USD“ angeboten hatte, während die Abteilung „Noralf“ von Boliden erklärte, sie habe einen Preis von ungefähr 800 USD angeboten, einen Vertrag mit dem australischen Kunden allerdings noch nicht geschlossen (94. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

86      Ferner geht aus der Notiz von Herrn C. von Minmet über dessen Telefongespräch vom 8. November 2000 mit Herrn G. von ICF hervor, dass sich ICF über die „niedrigen“ Preise beschwerte, die Minmet bei einer Ausschreibung in Ägypten geboten habe – sie beliefen sich auf „725 USD fob/745 USD cfr“ –, und wissen wollte, wie Minmet den in Venezuela angewandten Preis auf 875 USD anheben wolle, wo doch die Venezolaner Zugang zur Ausschreibung in Ägypten hätten. Aus der Notiz ergibt sich weiter, dass ICF bestätigte, dass die Preise, die einem brasilianischen Kunden angeboten worden seien, über 800 USD je Tonne lägen (95. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

87      Aus einem weiteren Bericht, dem vom 9. November 2000 über ein Treffen von Herrn C. und Herrn K. von Minmet und Herrn G. und Herrn. T von ICF, den Minmet erstellte und Fluorsid übermittelte, geht ferner hervor, dass ICF Minmet davon unterrichtete, dass sie mit einem brasilianischen Kunden einen Vertrag zu einem Preis von 845 USD abgeschlossen habe, und bestätigte, dass sie auf dem venezolanischen Markt nicht mehr als 6 000 metrische Tonnen anbieten werde. Minmet bestand darauf, dass die Preise in Venezuela über 800 USD „cfr“ liegen müssten (96. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

88      Aus den Dokumenten bezüglich der Gespräche vom 25. Oktober, 8. November und 9. November 2000 ergibt sich somit, dass die betroffenen Unternehmen das Preisniveau gegenseitig kontrolliert haben. Überdies entsprachen die Preise, wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zutreffend feststellt, dem Ergebnis der Verhandlungen, die bei dem Treffen von Mailand geführt worden waren. Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass in den genannten Dokumenten von Kontakten die Rede ist, die nach dem Treffen von Mailand zwischen den Teilnehmern dieses Treffens stattfanden, insbesondere zwischen den Klägerinnen und ICF, die offensichtlich durch die Absprache über die bei diesem Treffen vereinbarten Preise gebunden waren, da sie auf die Kernpunkte dieser Absprache Bezug nehmen.

89      Die Preisabsprache betraf zum einen die europäischen Märkte. Insoweit nennt der Bericht über das Treffen von Mailand u. a. Prognosen für Produktions- und Verkaufsmengen von Aluminiumfluorid für das Jahr 2001 für Italien, Rumänien, Spanien, Skandinavien, Deutschland, die Beneluxstaaten und das Vereinigte Königreich (85. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). ICF erklärte insoweit, sie wolle den Preis für 2001 auf 800 USD je Tonne „fca Mordijk“ und auf 775 USD je Tonne „fob Gabes“ erhöhen, so dass sich der europäische Herstellerpreis auf 775/800 USD je Tonne „fca/fob“ belaufe (siehe oben, Randnr. 82).

90      Zum anderen hat die Kommission festgestellt, dass die Absprache auch in verschiedenen Weltregionen Anwendung gefunden habe. So war nach dem Bericht über das Treffen von Mailand die „Preisidee“ für 2001 bezüglich Australiens 800 USD je Tonne „fob Europa“, d. h. „50 % LME fob“, während der europäische Preis höher als der chinesische Preis sein konnte und 875 USD je Tonne betragen sollte (86. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Bezüglich Südamerikas sind in dem Bericht Preise für 2000 und Mindestpreise für das Jahr 2001 aufgeführt. Für Venezuela werden für das Jahr 2001 der Preis von 850 USD je metrische Tonne „C & F filo“ und als absoluter Mindestpreis 890 USD je metrische Tonne genannt. Bezüglich Brasiliens sind sich alle Hersteller darin einig, dass der Preis auf ungefähr „50 % LME fob“ und 875 USD je Tonne „cfr“ festgesetzt werden müsse (87. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

91      In seinen mündlichen Erklärungen vor der Kommission bestätigte Herr O. aus der Abteilung „Noralf“ von Boliden ferner, dass sich die Teilnehmer des Treffens von Mailand über ihre jeweiligen Kunden und über das Preisniveau verständigt hätten, das in Europa und außerhalb Europas eingehalten werden sollte. Zweck des Treffens von Mailand sei es auch gewesen, sich gemeinsam darüber zu verständigen, wie die neuen Preisniveaus eingeführt werden sollten. Die Teilnehmer des Treffens von Mailand hätten die den einzelnen Kunden anzubietenden Mengen untereinander aufgeteilt. Es habe eine stillschweigende Vereinbarung gegeben, die jeweiligen Kunden der Teilnehmer des Treffens und die Lieferungen an diese Kunden zu respektieren (vgl. 90. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

92      Ebenso lässt sich der Telefonnotiz vom 25. Oktober 2000 entnehmen, dass Herr A. von IQM u. a. hinsichtlich der Höhe der Preise für Aluminiumfluorid in Australien mit Herrn T. aus der Abteilung „Noralf“ von Boliden „in Kontakt bleiben“ wollte, indem er an den bei dem Treffen von Mailand vereinbarten Preis von 800 USD erinnerte (94. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

93      Schließlich ergibt sich aus dem Bericht über das Treffen von Mailand auch, dass die Teilnehmer dieses Treffens, d. h. Fluorsid, ICF und IQM, in der Folgezeit Informationen mit genauen Mengenangaben über die Produktion, den Absatz im Jahr 2000 und die Erwartungen für 2001 für verschiedene Länder der Welt sowie nach Hersteller und Kunden aufgeschlüsselte Informationen ausgetauscht haben. Bezüglich der „individuellen Märkte“ heißt es in dem Bericht (84. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung):

„Wir haben die einzelnen Märkte untersucht, um ein allgemeines Preisniveau festzulegen und in bestimmten Fällen eine Marktaufteilung vorzunehmen. Wir sind jedoch übereingekommen, dass unabhängig davon, wer den Auftrag erhält, ein höheres Preisniveau erreicht werden muss. Wir müssen daher von jeder größeren Ermäßigung abraten.“

94      Folglich haben die Teilnehmer des Treffens von Mailand u. a. über ihre Produktionsmengen, über die Mengen, die sie verkauft hatten oder verkaufen wollten, über ihre Kunden sowohl in Europa als auch weltweit, über die Festsetzung ihrer Preise und über die Aufteilung der Märkte sensible Geschäftsinformationen ausgetauscht, um eine Einigung über diese Wettbewerbsparameter zu erreichen.

95      Aus der Gesamtheit dieser Beweise, deren Inhalt die Klägerinnen nicht in Frage stellen, ergibt sich demzufolge, dass die Kommission das Vorliegen einer bei dem Treffen von Mailand mit Teilnahme der Klägerinnen geschlossenen Vereinbarung über die Festsetzung von Preisen im Sinne von Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen rechtlich hinreichend nachgewiesen hat.

96      Die Kommission hat somit in der angefochtenen Entscheidung den wettbewerbswidrigen Zweck des Treffens von Mailand und das Vorliegen einer gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßenden Vereinbarung nachgewiesen, ohne dass nachgewiesen zu werden braucht, dass diese Vereinbarung Wirkungen erzeugt hat (Urteile Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 75 angeführt, Randnr. 123, und JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 73 angeführt, Randnr. 181). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der wettbewerbswidrige Zweck und die wettbewerbswidrige Wirkung einer Vereinbarung keine kumulativen, sondern alternative Voraussetzungen für die Beurteilung sind, ob diese Vereinbarung unter das Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG fällt. Nach ständiger Rechtsprechung weist der durch die Konjunktion „oder“ gekennzeichnete alternative Charakter dieser Voraussetzung darauf hin, dass zunächst der eigentliche Zweck der abgestimmten Verhaltensweise in Betracht zu ziehen ist, wobei die wirtschaftlichen Begleitumstände ihrer Durchführung zu berücksichtigen sind. Die Auswirkungen einer Vereinbarung brauchen daher nicht geprüft zu werden, wenn feststeht, dass diese einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., C‑501/06 P, C‑513/06 P, C‑515/06 P und C‑519/06 P, Slg. 2009, I‑9291, Randnr. 55, und vom 4. Oktober 2011, Football Association Premier League u. a., C‑403/08 und C‑429/08, Slg. 2011, I‑9083, Randnr. 135). Das Vorbringen der Klägerinnen, die Durchführung einer solchen Vereinbarung sei „unmöglich“, ist demnach zurückzuweisen.

97      Daher ist nicht zu prüfen, ob die von der Rechtsprechung für den Begriff der abgestimmten Verhaltensweise aufgestellten Kriterien (vgl. die oben in Randnr. 75 angeführte Rechtsprechung) auch hier erfüllt sind. Da im vorliegenden Fall das Verbot des Art. 81 EG nämlich bereits greift, weil das Tatbestandsmerkmal einer „Vereinbarung“ erfüllt ist, würde es sich bloß um eine alternative Einstufung desselben Kartells handeln, die für die weitere Analyse unerheblich wäre.

98      Die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 81 EG ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

99      Zur Rüge eines „Verstoßes gegen die Begründungspflicht hinsichtlich des Nachweises der Zuwiderhandlung“ ist festzustellen, dass die Klägerinnen einen Begründungsmangel lediglich in der Überschrift des vorliegenden Klagegrundes nennen, ohne eine entsprechende Argumentation zu entwickeln. Da die Rüge aber nicht substantiiert und nicht mit Beweisen untermauert wird, ist davon auszugehen, dass sie sich mit dem vorliegenden, die materielle Rechtmäßigkeit betreffenden Klagegrund deckt und sich auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung bezieht (Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnrn. 65 bis 68). Sie fällt demnach mit der eines Verstoßes gegen Art. 81 EG zusammen, so dass sie nicht gesondert geprüft zu werden braucht.

100    Selbst wenn die Klägerinnen tatsächlich einen Begründungsmangel geltend machten oder ein solcher von Amts wegen zu prüfen wäre, wäre festzustellen, dass die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihre Rechte wahrnehmen können und der Unionsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteile des Gerichtshofs vom 18. September 2003, Volkswagen/Kommission, C‑338/00 P, Slg. 2003, I‑9189, Randnr. 124, und vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, Slg. 2008, I‑4951, Randnrn. 166 und 178). Nach Art. 253 EG hat die Kommission zwar die sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung abhängt, sowie die rechtlichen Erwägungen aufzuführen, die sie zum Erlass ihrer Entscheidung veranlasst haben; sie braucht jedoch nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen, die im Verwaltungsverfahren behandelt worden sind (Urteile des Gerichtshofs vom 17. Januar 1984, VBVB und VBBB/Kommission, 43/82 und 63/82, Slg. 1984, 19, Randnr. 22, vom 11. Juli 1989, Belasco u. a./Kommission, 246/86, Slg. 1989, 2117, Randnr. 55, und Volkswagen/Kommission, Randnr. 127; Urteil des Gerichts vom 5. Oktober 2011, Romana Tabacchi/Kommission, T‑11/06, Slg. 2011, II‑6681, Randnr. 233). Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere von dem Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a., C‑89/08 P, Slg. 2009, I‑11245, Randnr. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).

101    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung aber die sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte sowie alle Erwägungen, die sie zum Erlass ihrer Entscheidung veranlasst haben, detailliert aufgeführt. Anhand der Begründung der angefochtenen Entscheidung konnten die Klägerinnen zur Wahrnehmung ihrer Rechte die Gründe für den Erlass der Entscheidung erfahren und das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen. Somit liegt hinsichtlich des Nachweises einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG kein Begründungsmangel vor und ist die vorliegende Rüge jedenfalls zurückzuweisen.

102    Der vorliegende Klagegrund ist daher in vollem Umfang zurückzuweisen.

C –  Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte

1.     Vorbemerkungen

103    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe ihre Verteidigungsrechte verletzt und gegen die Art. 2 und 27 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen. In der angefochtenen Entscheidung werde eine andere Zuwiderhandlung festgestellt als die, die im Verwaltungsverfahren in der Mitteilung der Beschwerdepunkte bezeichnet worden sei. Die Kommission habe ihre Untersuchung nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte fortgeführt und weitere Dokumente zusammengetragen. Sie, die Klägerinnen, hätten insofern aber ihre Verteidigungsrechte nicht ausüben können. Zum einen würden in der angefochtenen Entscheidung Zuwiderhandlungen und Tatsachen festgestellt, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht genannt seien, insbesondere die Dokumente zu den bilateralen Kontakten am 8. und 9. November 2000. Zum anderen sei in der Mitteilung der Beschwerdepunkte eine „dauernde Zuwiderhandlung“, in der angefochtenen Entscheidung hingegen eine „Zuwiderhandlung von einer Dauer von sechs Monaten“ festgestellt worden. Fluorsid rügt zudem, dass die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht auf den Antrag auf Ermäßigung der Geldbuße eingegangen sei, den sie bei ihr gestellt habe, und dessen Zurückweisung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht begründet habe.

104    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Die Dokumente, die sich auf Kontakte nach dem Treffen von Mailand bezögen, seien Bestandteile ihrer Verwaltungsakte. Die von ihr gegen die Kartellteilnehmer erhobenen Beschwerdepunkte seien nicht erweitert worden. Die Tatsachen, die sie festgestellt und den Kartellteilnehmern zur Last gelegt habe, seien diesen bekannt gewesen. Ihre abschließende Entscheidung – die angefochtene Entscheidung – müsse nicht mit der Mitteilung der Beschwerdepunkte übereinstimmen. Sie habe es nicht für erforderlich erachtet, hinsichtlich der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht genannten Beweismittel eine ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte zu erlassen. Diese Dokumente stellen die bereits herangezogenen Beweismittel nicht in Frage und hätten zu keinen anderen Ergebnissen geführt.

105    Was die behauptete Verletzung der Verteidigungsrechte von Fluorsid im Zusammenhang mit deren Antrag auf Ermäßigung der Geldbuße angeht, macht die Kommission geltend, sie sei, da die von Fluorsid gelieferten Beweismittel keinen erheblichen Mehrwert aufgewiesen hätten, zu der Auffassung gelangt, dass der Antrag von Fluorsid auf Ermäßigung der Geldbuße nicht begründet gewesen sei, und habe dieses Unternehmen am 13. Juli 2007 davon unterrichtet. Sie habe nur in der angefochtenen Entscheidung auf den genannten Antrag eingehen müssen, was sie auch getan habe. Folglich habe Fluorsid, die gewusst habe, dass ihr Antrag auf Ermäßigung der Geldbuße zurückgewiesen worden sei, im Verwaltungsverfahren ihre Verteidigungsrechte ausüben können.

106    Die Beachtung der Verteidigungsrechte bei der Durchführung von Verwaltungsverfahren im Bereich der Wettbewerbspolitik stellt einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts dar, dessen Wahrung die Gerichte der Union zu sichern haben (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, Slg. 2009, I‑7415, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

107    Nach ständiger Rechtsprechung erfordert es die Wahrung der Verteidigungsrechte, dem betroffenen Unternehmen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den von ihr zur Stützung ihrer Behauptung, dass ein Verstoß gegen den Vertrag vorliege, herangezogenen Schriftstücken sachgerecht Stellung zu nehmen (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 10, vom 6. April 1995, BPB Industries und British Gypsum/Kommission, C‑310/93 P, Slg. 1995, I‑865, Randnr. 21, und vom 9. Juli 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, C‑511/06 P, Slg. 2009, I‑5843, Randnr. 88 und die dort angeführte Rechtsprechung).

108    Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 spiegelt diesen Grundsatz insofern wider, als er vorsieht, dass den Beteiligten eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandt wird, in der alle wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt, klar angegeben werden müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 67), dergestalt, dass die Betroffenen tatsächlich erkennen können, welches Verhalten ihnen die Kommission zur Last legt und über welche Beweismittel diese verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I‑8375, Randnrn. 315 und 316, und Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnrn. 66 und 67), und dass sie ihre Verteidigung sachgerecht wahrnehmen können, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlässt (vgl. in diesem Sinne Urteil Archer Daniels Midland/Kommission, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnrn. 85 und 86). Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn die genannte Entscheidung den Betroffenen keine anderen Zuwiderhandlungen zur Last legt als diejenigen, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannt werden, und sich nur auf Tatsachen stützt, zu denen die Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung hatten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 19. März 2003, CMA CGM u. a./Kommission, T‑213/00, Slg. 2003, II‑913, Randnr. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung).

109    Die Darstellung der wesentlichen Gesichtspunkte, auf die sich die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte stützt, kann jedoch in gedrängter Form erfolgen, und die abschließende Entscheidung braucht nicht notwendig ein Abbild der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu sein (Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 14), da es sich bei Letzterer um ein vorbereitendes Schriftstück handelt, dessen tatsächliche und rechtliche Wertungen lediglich vorläufiger Natur sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 17. November 1987, British American Tobacco und Reynolds Industries/Kommission, 142/84 und 156/84, Slg. 1987, 4487, Randnr. 70). Zulässig sind daher Ergänzungen zur Mitteilung der Beschwerdepunkte unter Berücksichtigung der Erwiderungen der Beteiligten, deren Argumente zeigen, dass sie ihre Verteidigungsrechte tatsächlich wahrnehmen konnten. Die Kommission darf auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsverfahrens Argumente, auf die sie ihre Beschwerdepunkte stützt, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ändern oder ergänzen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 28. Februar 2002, Compagnie générale maritime u. a./Kommission, T‑86/95, Slg. 2002, II‑1011, Randnr. 448, und vom 22. Oktober 2002, Schneider Electric/Kommission, T‑310/01, Slg. 2002, II‑4071, Randnr. 438). Bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung kann die Kommission daher in Anbetracht insbesondere der schriftlichen oder mündlichen Äußerungen der Beteiligten entweder einzelne oder auch sämtliche bis dahin gegen diese erhobenen Beschwerdepunkte fallen lassen und damit ihre Auffassung zugunsten der Beteiligten ändern oder umgekehrt beschließen, neue Beschwerdepunkte hinzuzufügen, sofern sie den betreffenden Unternehmen Gelegenheit gibt, hierzu Stellung zu nehmen (Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑191/98, T‑212/98 bis T‑214/98, Slg. 2003, II‑3275, Randnr. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung).

110    Wie ferner von der Rechtsprechung anerkannt ist, liegt eine Verletzung der Verteidigungsrechte vor, wenn aufgrund eines von der Kommission begangenen Fehlers die Möglichkeit besteht, dass das von ihr durchgeführte Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Zum Nachweis eines solchen Verstoßes braucht ein klagendes Unternehmen nicht darzutun, dass die Entscheidung der Kommission einen anderen Inhalt gehabt hätte, sondern muss nur hinreichend belegen, dass es sich ohne den Fehler besser hätte verteidigen können, z. B. deshalb, weil es zu seiner Verteidigung Schriftstücke hätte einsetzen können, in die ihm im Verwaltungsverfahren keine Einsicht gewährt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission, C‑194/99 P, Slg. 2003, I‑10821, Randnr. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, Slg. 2010, I‑6375, Randnr. 28; vgl. entsprechend auch Urteil des Gerichtshofs vom 1. Oktober 2009, Foshan Shunde Yongjian Housewares & Hardware/Rat, C‑141/08 P, Slg. 2009, I‑9147, Randnr. 94).

111    Was insbesondere das Recht auf Akteneinsicht betrifft, braucht das Unternehmen nach ständiger Rechtsprechung in dem Fall, dass die Akteneinsicht abgelehnt wurde, nur darzutun, dass es die fraglichen Unterlagen zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission, C‑109/10 P, Slg. 2011, I‑10329, Randnr. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in dieser Rechtssache, ebd., Nr. 171 und die dort angeführte Rechtsprechung, Urteile Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnrn. 74 und 75, Knauf Gips/Kommission, oben in Randnr. 110 angeführt, Randnr. 23, und vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Randnr. 108 angeführt, Randnrn. 318 und 324). Es braucht nicht nachzuweisen, dass die Unregelmäßigkeit den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission zu seinen Ungunsten beeinflusst hat, sondern nur, dass sie den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission beeinflussen konnte (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zum Urteil vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission, Nrn. 179 und 181, und Urteile des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Hercules Chemicals/Kommission, C‑51/92 P, Slg. 1999, I‑4235, Randnr. 81, vom 2. Oktober 2003, Corus UK/Kommission, C‑199/99 P, Slg. 2003, I‑11177, Randnr. 128, vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Randnr. 108 angeführt, Randnr. 318, und Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 74). Das betroffene Unternehmen muss bei einer unterbliebenen Offenlegung von Dokumenten also nicht nachweisen, dass das Verwaltungsverfahren bei Offenlegung der Dokumente zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, es muss lediglich eine – sei es auch nur entfernte – Möglichkeit dartun, dass die im Verwaltungsverfahren nicht einsehbaren Schriftstücke für seine Verteidigung hätten von Nutzen sein können (Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zum Urteil vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission, Nr. 181 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 131).

2.     Zur behaupteten Verletzung der Verteidigungsrechte im Zusammenhang mit den Dokumenten, die Kontakte nach dem Treffen von Mailand betreffen

112    Im vorliegenden Fall machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, dass die Kommission die angefochtene Entscheidung auf Beweismittel gestützt habe, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht genannt gewesen seien, insbesondere auf die Dokumente, die die Kontakte am 8. und 9. November 2000 beträfen, wodurch die Verteidigungsrechte verletzt worden seien.

113    Insofern geht aus den Randnrn. 20 bis 22, 76, 86 bis 88 des vorliegenden Urteils (vgl. auch 239. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) hervor, dass sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung auf diese Dokumente gestützt hat, um das Bestehen des Kartells und dessen Durchführung nachzuweisen und dementsprechend die Schwere der Zuwiderhandlung und die gegen die Klägerinnen zu verhängende Geldbuße zu bestimmen.

114    Zunächst ist also der Inhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte mit dem der angefochtenen Entscheidung zu vergleichen.

115    In der Mitteilung der Beschwerdepunkte war die Kommission davon ausgegangen, dass es seit 1997 Kontakte zwischen den Kartellteilnehmern gegeben habe (Abschnitte 76 ff.); sie hatte ein Treffen in Griechenland am 29. Juli 1999 (Abschnitte 85 ff.) sowie „spätere Kontakte“ (Abschnitte 92 ff.) und das Treffen von Mailand (Abschnitte 103 ff.) angeführt. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte war in der Sachverhaltsdarstellung bezüglich der Durchführung des Kartells von Kontakten zwischen den Kartellteilnehmern die Rede, u. a. von Kontakten, die nach dem Treffen von Mailand stattfanden. Die Kommission hatte festgestellt, dass „[nach dem] Treffen von Mailand … die Unternehmen, die an der getroffenen Vereinbarung beteiligt waren, im Wege bilateraler Kontakte weiterhin Informationen über den Aluminiumfluorid-Markt [ausgetauscht haben]“ (Abschnitt 117). Sie hatte insoweit ausdrücklich Kontakte vom 25. Oktober 2000, Kontakte im Laufe des Jahres 2001, eine Konferenz, die vom 17. bis zum 21. Februar 2002 stattgefunden habe, eine weitere Konferenz in San Diego, Kalifornien (Vereinigte Staaten), am 6. März 2003 sowie Kontakte im Januar 2004 und am 21. Januar 2005 (Abschnitte 118 bis 123) angeführt. Sie hatte ferner ausgeführt, dass das Kartell durchgeführt worden sei und dass sie dies bei der Würdigung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigen werde (Abschnitt 227).

116    Bezüglich der Dauer der Zuwiderhandlung hatte die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellt, dass die Zuwiderhandlung am 30. Juni 1997, dem Zeitpunkt des Treffens in Sousse (Tunesien), begonnen habe, die Intensität der Zuwiderhandlung seit dem Treffen in Griechenland am 29. Juli 1999, „als die endgültige Vereinbarung über die Preiserhöhung für die Verkäufe im Jahr 2000 geschlossen wurde und in Kraft trat“, zugenommen habe und eine ähnliche Vereinbarung am 12. Juli 2000 in Mailand für die Verkaufspreise im Jahr 2001 geschlossen worden sei. Sie hatte hieraus gefolgert, dass die Zuwiderhandlung im Fall von Fluorsid, ICF und IQM „zumindest bis zum 31. Dezember 2001“ angedauert habe, wobei das Ende des Zeitraums, in dem die genannte Vereinbarung durchgeführt worden sei, dem Ende des Zeitraums entsprochen habe, in dem die von der Vereinbarung erfassten Umsätze getätigt worden seien (Abschnitt 216).

117    In den Erwägungsgründen 155 und 156 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission „bilaterale Kontakte im Herbst 2000“ an, insbesondere die Kontakte vom 25. Oktober 2000 sowie vom 8. und 9. November 2000. Diese Kontakte seien ein Beleg dafür, dass die Durchführung der bei dem Treffen von Mailand geschlossenen Vereinbarung überwacht worden sei. Im 239. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung bezieht sich die Kommission im Zusammenhang mit der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße erneut auf die Dokumente, die die Kontakte vom 8. und 9. November 2000 bezüglich der Durchführung des Kartells betreffen. Sie führt aus, sie habe den Grad der Durchführung des Kartells berücksichtigt, um den heranzuziehenden Anteil am Umsatz festzulegen, und verweist insbesondere auf die Erwägungsgründe 154 bis 156 der angefochtenen Entscheidung.

118    Bezüglich der Dauer der Zuwiderhandlung stellt die Kommission in der angefochtenen Entscheidung fest, dass das Kartell zumindest vom 12. Juli bis zum 31. Dezember 2000 angedauert habe (Erwägungsgründe 241 und 147 der angefochtenen Entscheidung). Nach dem 146. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung „werden die Lieferverträge innerhalb eines Zeitraums, der im Laufe des zweiten Halbjahrs eines Kalenderjahrs beginnt und mit Ablauf des betreffenden Kalenderjahrs oder in den ersten fünf Monaten des folgenden Kalenderjahrs endet, im Voraus ausgehandelt“. Die Kommission hat somit angenommen, dass es in der Aluminiumfluorid-Branche Praxis sei, die Preise im Voraus für das folgende Geschäftsjahr festzulegen.

119    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Dokumente bezüglich der nach dem Treffen von Mailand stattgefundenen Kontakte, darunter die Kontakte vom 8. und 9. November 2000, in dem Teil der angefochtenen Entscheidung, der sich mit der Dauer der Zuwiderhandlung befasst, nicht erwähnt werden.

120    Demnach sind in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zwar Dokumente herangezogen worden, die Kontakte nach dem Treffen von Mailand betreffen, wie sie in Randnr. 115 des vorliegenden Urteils genannt sind; die die bilateralen Kontakte vom 8. und 9. November 2000 betreffenden Dokumente, auf die sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung gestützt hat, werden in der Mitteilung der Beschwerdepunkte allerdings nicht ausdrücklich erwähnt.

121    Die genannten Dokumente bezüglich der Kontakte vom 8. und 9. November 2000 waren indessen in der Verwaltungsakte der Kommission enthalten, die diese Dokumente den Beteiligten des Verwaltungsverfahrens, und damit den Klägerinnen, zusammen mit der Übersendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelte, damit die Verteidigungsrechte und die Rechte auf Akteneinsicht ausgeübt werden konnten. Im Übrigen ist unstreitig, dass zum einen die Klägerinnen vollständige Einsicht in die Akten einschließlich der Dokumente bezüglich der Kontakte vom 8. und 9. November 2000 erhalten haben und dass zum anderen die Kontakte, die nach dem Treffen von Mailand stattfanden, ausdrücklich, wenn auch nur allgemein, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte erwähnt worden sind.

122    Sowohl die bilateralen Kontakte vom 8. und 9. November 2000, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht ausdrücklich erwähnt worden sind, als auch die dort ausdrücklich erwähnten Kontakte bestätigen, dass die Klägerinnen an dem Kartell und an dessen Durchführung, die nach dem Treffen von Mailand erfolgte, beteiligt gewesen sind. Es war jedoch insoweit ausreichend, dass die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte die Beurteilung der Frage, ob eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung vorgelegen hat und durchgeführt worden ist, auf verschiedene Beweise gestützt hat, u. a. das Treffen von Mailand sowie bilaterale und multilaterale Kontakte nach diesem Treffen, insbesondere einen Kontakt am 25. Oktober 2000, also im Herbst 2000. Schon allein die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegten Beweise haben nämlich ausgereicht, um den Klägerinnen vor Augen zu führen, dass die Kommission die genannten Beweise als belastende Beweismittel gegen sie verwenden konnte. Angesichts der Dokumente bezüglich der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte erwähnten Kontakte, die nach dem Treffen von Mailand stattfanden, waren die Dokumente betreffend die Kontakte vom 8. und 9. November 2000 somit für den Nachweis, dass eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung vorgelegen hat und durchgeführt worden ist, nicht erforderlich. So bezieht sich die Kommission im 156. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, insbesondere in Fn. 120, auch auf den Kontakt vom 25. Oktober 2000, der bereits in Abschnitt 118 der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannt worden war. Die Dokumente bezüglich der Kontakte vom 8. und 9. November 2000 waren demnach für das Ergebnis, zu dem die Kommission in der angefochtenen Entscheidung gelangte, für sich genommen nicht ausschlaggebend, da eine über den 31. Dezember 2000 hinausgehende fortgesetzte Zuwiderhandlung und deren Durchführung bereits in der Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgrund anderer Beweismittel zur Last gelegt worden war.

123    Im Übrigen ist auf die in Randnr. 110 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung hinzuweisen, wonach die Verteidigungsrechte nur verletzt sind, wenn die Möglichkeit besteht, dass das Verwaltungsverfahren ohne den Verfahrensfehler, hier die unterbliebenen ausdrücklichen Bezugnahmen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte auf die Dokumente bezüglich der Kontakte vom 8. und 9. November 2000, zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.

124    Dies ist vorliegend nicht der Fall.

125    Wie oben in Randnr. 121 ausgeführt worden ist, hatten die Klägerinnen zusammen mit der Mitteilung der Beschwerdepunkte Zugang zu den Dokumenten bezüglich der Kontakte vom 8. und 9. November 2000, ohne dass sie diesen Dokumenten im Rahmen des Verwaltungsverfahrens oder im Laufe des gerichtlichen Verfahrens entlastendes Material entnommen hätten. Zudem haben die Klägerinnen im Stadium des Verwaltungsverfahrens sogar darauf verzichtet, zu den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich erwähnten Kontakten, die nach dem Treffen von Mailand stattfanden, Stellung zu nehmen (Abschnitte 117 bis 123 der Mitteilung der Beschwerdepunkte). Auch haben sie im Laufe des gerichtlichen Verfahrens nicht substantiiert dargelegt, inwiefern im Verwaltungsverfahren die Wirksamkeit ihrer Verteidigung dadurch beeinträchtigt worden wäre, dass die genannten Dokumente in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht ausdrücklich angeführt worden waren, und wie sie sich wirksamer hätten verteidigen können, wenn sie bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darüber informiert worden wären, dass die Kommission die Dokumente vom 8. und 9. November 2000 in der angefochtenen Entscheidung als Beweis für ihre Teilnahme an der Zuwiderhandlung und deren Durchführung verwenden wollte. In Anbetracht der genannten Dokumente und der Tatsache, dass diese den Klägerinnen vollständig bekannt waren, da die Klägerinnen sogar Ersteller der Dokumente waren, die aus ihrer eigenen Sphäre stammten, ist vielmehr festzustellen, dass die Klägerinnen nicht nachgewiesen haben, dass sie diesen Dokumenten im Hinblick auf eine wettbewerbswidrige Vereinbarung und deren anschließende Durchführung entlastendes Material hätten entnehmen können. Insoweit ist klarzustellen, dass die Kommission – im Rahmen der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung zum Zweck der Festsetzung der Geldbuße – die Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt nicht berücksichtigt hat. Die Klägerinnen konnten daher nicht nachweisen, dass der Umstand, dass sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte über die Absicht der Kommission, die fraglichen Dokumente als belastende Beweise zu verwenden, nicht informiert worden sind, die Wirksamkeit ihrer Verteidigung beeinträchtigen und damit das Ergebnis der Kommission in der angefochtenen Entscheidung in Frage stellen konnte (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 17. Dezember 1991, Hercules Chemicals/Kommission, oben in Randnr. 75 angeführt, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung, bestätigt durch Urteil vom 8. Juli 1999, Hercules Chemicals/Kommission, oben in Randnr. 111 angeführt, Randnr. 80).

126    Jedenfalls können die Klägerinnen nicht geltend machen, dass die genannte Unterlassung geeignet gewesen wäre, sie daran zu hindern, sich angemessen gegen den Vorwurf zu verteidigen, die Zuwiderhandlung habe bis zum 31. Dezember 2001 angedauert. Insoweit unterscheidet sich die angefochtene Entscheidung nicht von der Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der festgestellt worden war, dass die Zuwiderhandlung über das Treffen von Mailand hinaus angedauert habe, nämlich – was die Klägerinnen angeht – bis zum 31. Dezember 2001. Die Klägerinnen waren somit durchaus in der Lage, zu erkennen, welche Relevanz die Beweismittel bezüglich der nach dem Treffen von Mailand stattgefundenen Kontakte, wie sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der angefochtenen Entscheidung aufgeführt waren, für die Dauer der Zuwiderhandlung hatten, wobei die Kommission die Dauer im Wesentlichen daraus abgeleitet hat, dass es in der Aluminiumfluorid-Branche Praxis gewesen sei, die Preise im Voraus für das folgende Geschäftsjahr festzulegen. Unter Berücksichtigung dieser Praxis hat die Kommission bereits aufgrund der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich angeführten Beweise zu Recht festgestellt, dass die Dauer der Zuwiderhandlung das gesamte fragliche Halbjahr bis zum 31. Dezember 2001 umfasst hat. Insoweit ist der zusätzliche Hinweis in der angefochtenen Entscheidung auf die Dokumente bezüglich der Kontakte vom 8. und 9. November 2000 ohne Bedeutung.

127    Ferner ist klarzustellen, dass die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigte Dauer die Mindestdauer einer Zuwiderhandlung ist, da Zeiträume von weniger als einem Halbjahr als Halbjahr gezählt werden und sich der auf den Grundbetrag der Geldbuße anzuwendende Multiplikationsfaktor in beiden Fällen auf lediglich 0,5 beläuft. Selbst wenn die Dauer der Zuwiderhandlung daher nur auf das Treffen von Mailand beschränkt wäre, ohne dass die Auswirkungen der dort getroffenen Vereinbarung und die nach diesem Treffen stattgefundenen Kontakte berücksichtigt würden, würde der Zeitfaktor für die Ermittlung der Geldbuße derselbe sein.

128    Es liegt somit keine Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen im Zusammenhang mit den Dokumenten vom 8. und 9. November 2000 vor, so dass die vorliegende Rüge zurückzuweisen ist.

a)     Zur behaupteten Verletzung der Verteidigungsrechte im Zusammenhang mit dem „zeitlichen Rahmen“ der Zuwiderhandlung

129    Zur behaupteten Verletzung der Verteidigungsrechte im Zusammenhang mit der Dauer der Zuwiderhandlung ist festzustellen, dass die in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigte Dauer, nämlich vom 12. Juli bis zum 31. Dezember 2000, kürzer ist als die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angegebene Dauer vom 30. Juni 1997 bis zum 31. Dezember 2001. Zwar hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung einige Anhaltspunkte dafür angegeben, dass es in der Aluminiumfluorid-Industrie vor dem Treffen von Mailand vom 12. Juli 2000 bestimmte abgestimmte Verhaltensweisen gegeben habe; sie hat aber die Auffassung vertreten, dass kein ausschlaggebender Beweis für diesen früheren Zeitraum vorgelegen habe (73. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission hat die Dauer der Zuwiderhandlung deshalb schließlich entsprechend dem Beweiswert der verfügbaren Beweismittel reduziert und darauf hingewiesen, dass sie nicht über stichhaltige Beweise für ein Kartell ab dem 12. Juli 2000 verfüge (Erwägungsgründe 73 bis 76 und 144 der angefochtenen Entscheidung).

130    Daher ist allein der Umstand, dass die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorläufig noch davon ausgegangen war, dass das Kartell am 30. Juni 1997, dem Zeitpunkt des Treffens von Sousse, begonnen und ab dem Treffen in Griechenland am 29. Juli 1999 intensiviert worden sei (Abschnitt 216 der Mitteilung der Beschwerdepunkte), unerheblich und kann weder die Interessen noch die Verteidigungsrechte der Klägerinnen beeinträchtigt haben, die, was die Dauer der zur Last gelegten Zuwiderhandlung angeht, in der angefochtenen Entscheidung weniger beschwert sind (vgl. in diesem Sinne Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 73 angeführt, Randnr. 435). Im Übrigen war dieser Unterschied hinsichtlich des „zeitlichen Rahmens“ der von der Kommission festgestellten Zuwiderhandlung, anders als die Klägerinnen behaupten, nicht geeignet, die Art der dauernden Zuwiderhandlung zu ändern, wie sie sowohl in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch in der angefochtenen Entscheidung festgestellt worden ist. Schließlich ist festzustellen, dass die Klägerinnen Gelegenheit hatten, angemessen zur Mitteilung der Beschwerdepunkte Stellung zu nehmen, auch zu den Feststellungen zu einer längeren Dauer der Zuwiderhandlung als der schließlich in der angefochtenen Zuwiderhandlung festgestellten, mit der die Kommission einen Beschwerdepunkt zugunsten der Klägerin teilweise fallen gelassen hat (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Atlantic Container Line u. a./Kommission, oben in Randnr. 109 angeführt, Randnr. 115).

131    Die Rüge, mit der eine Verletzung der Verteidigungsrechte im Zusammenhang mit der von der Kommission festgestellten Dauer der Zuwiderhandlung geltend gemacht wird, ist also zurückzuweisen.

b)     Zur behaupteten Verletzung der Verteidigungsrechte im Zusammenhang mit dem Antrag von Fluorsid auf Ermäßigung der Geldbuße und zum behaupteten Begründungsmangel

132    Zu der behaupteten Verletzung der Verteidigungsrechte von Fluorsid im Zusammenhang mit deren Antrag auf Ermäßigung der Geldbuße ist zunächst festzustellen, dass sich Fluorsid nicht gegen die angefochtene Entscheidung als solche wendet, was die Anwendung der Mitteilung über die Zusammenarbeit auf sie angeht, sondern dagegen, dass ihr Antrag auf Ermäßigung der Geldbuße nicht in der Mitteilung der Beschwerdepunkte erwähnt worden sei. Bei Letzterer handelt es sich aber um eine unanfechtbare vorbereitende Maßnahme. Nach ständiger Rechtsprechung sind Handlungen, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage gemäß Art. 230 EG sein können, Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung beeinträchtigen (Urteil des Gerichtshofs vom 6. Dezember 2007, Kommission/Ferriere Nord, C‑516/06 P, Slg. 2007, I‑10685, Randnr. 27). Im Fall von Handlungen oder Entscheidungen, die in einem mehrphasigen Verfahren ergehen, liegt eine anfechtbare Handlung grundsätzlich nur bei Maßnahmen vor, die den Standpunkt des Organs zum Abschluss des Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber bei Zwischenmaßnahmen, die die abschließende Entscheidung vorbereiten sollen (Urteile des Gerichtshofs vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, Slg. 1981, 2639, Randnrn. 9 und 10, und Kommission/Ferriere Nord, Randnrn. 27 bis 33).

133    Soweit die vorliegende Rüge dahin zu verstehen ist, dass mit ihr rechtliche Mängel der angefochtenen Entscheidung als solcher geltend gemacht werden sollen, ist festzustellen, dass Maßnahmen rein vorbereitender Art zwar nicht als solche anfechtbar sind, die ihnen etwa anhaftenden rechtlichen Mängel jedoch im Rahmen der Klage gegen die endgültige Handlung, deren Vorbereitung sie dienen, geltend gemacht werden können (Urteil IBM/Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 12), im vorliegenden Fall also der angefochtenen Entscheidung. Es ist also Sache des Gerichts, festzustellen, ob im Rahmen des Verwaltungsverfahrens rechtswidrig gehandelt worden ist und ob hierdurch die Rechtmäßigkeit der von der Kommission zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens getroffenen Entscheidung beeinträchtigt wird (Urteil IBM/Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 24).

134    Nach der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 umfasst das Verfahren der Gewährung eines Erlasses von Geldbußen oder der Ermäßigung der Geldbuße im Rahmen der von dieser Mitteilung vorgesehenen Kronzeugenregelung verschiedene Abschnitte. Die Kommission gewährt erst im letzten Abschnitt, am Ende des Verwaltungsverfahrens, wenn sie die abschließende Entscheidung erlässt, einen Erlass von Geldbußen oder eine Ermäßigung der Geldbuße. Aus der Systematik der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 ergibt sich daher, dass ein Unternehmen, das einen Erlass von Geldbußen oder eine Ermäßigung der Geldbuße beantragt, vor der abschließenden Entscheidung keinen eigentlichen Erlass von Geldbußen und keine eigentliche Ermäßigung der Geldbuße erhält, sondern dass ihm lediglich eine verfahrensrechtliche Stellung zuerkannt wird, die am Ende des Verwaltungsverfahrens zu einem Erlass von Geldbußen oder einer Ermäßigung der Geldbuße führen kann, wenn die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichts vom 9. September 2011, Deltafina/Kommission, T‑12/06, Slg. 2011, II‑5639, Randnr. 118).

135    Nach Randnr. 26 der Mitteilung von 2002 über die Zusammenarbeit teilt die Kommission, wenn sie zu dem vorläufigen Ergebnis gelangt, dass die Beweismittel des Unternehmens einen Mehrwert darstellen, dem Unternehmen spätestens zum Zeitpunkt der Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte schriftlich ihre Absicht mit, die Geldbuße zu ermäßigen. Das heißt aber auch, dass die Kommission, wenn sie nicht vorhat, einem Kronzeugenantrag stattzugeben, nicht verpflichtet ist, dem betroffenen Unternehmen dies im Stadium der Mitteilung der Beschwerdepunkte mitzuteilen. Nach Randnr. 27 bestimmt die Kommission in ihrer Entscheidung am Ende des Verwaltungsverfahrens die Ermäßigungen, die den Unternehmen, die eine Ermäßigung der Geldbuße beantragt haben, endgültig gewährt werden. Die Kommission muss sich also erst in der abschließenden Entscheidung des Verwaltungsverfahrens zu den bei ihr gestellten Kronzeugenanträgen äußern, wie sie es im vorliegenden Fall getan hat.

136    Demnach war die Kommission nicht verpflichtet, im Stadium der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu dem Kronzeugenantrag von Fluorsid Stellung zu nehmen. Mithin hat die Kommission weder die Verteidigungsrechte von Fluorsid verletzt noch gegen ihre entsprechende Begründungspflicht verstoßen, da sie zu dem genannten Stadium nicht verpflichtet war, sich zu dem Kronzeugenantrag von Fluorsid zu äußern. Dasselbe gilt erst recht für die Nichtäußerung der Kommission zum Antrag von Fluorsid auf Ermäßigung der Geldbuße in der Mitteilung der Beschwerdepunkte.

137    Die Rüge einer Verletzung der Verteidigungsrechte von Fluorsid im Zusammenhang mit deren Antrag auf Erlass von Geldbußen oder Ermäßigung der Geldbuße ist daher zurückzuweisen.

D –  Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 (Berechnung der Geldbuße) und Ziff. 18 der Leitlinien von 2006

1.     Vorbemerkungen

138    Zunächst ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall die Leitlinien von 2006 anwendbar sind.

139    Die Klägerinnen machen, auch wenn sie einräumen, dass „die Beurteilung der Kommission hinsichtlich der Abgrenzung des Marktes in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden ist“, Begründungsmängel und Widersprüche hinsichtlich der Quantifizierung und des räumlichen Umfangs des genannten Marktes geltend, mit denen die angefochtene Entscheidung behaftet sei; insbesondere habe die Kommission bei ihrer Beurteilung China und Russland außer Betracht gelassen, obwohl diese Länder von der Zuwiderhandlung betroffen seien. Außerdem habe sie bei der Schätzung des Umsatzes auf dem Aluminiumfluorid-Markt im EWR die von Fluorsid im April 2008, und nicht die von diesem Unternehmen im Mai 2008 vorgelegten Zahlen zugrunde gelegt. Die Grundlage der Berechnung der Geldbuße gemäß Ziff. 18 der Leitlinien von 2006 sei daher fehlerhaft.

140    Nach Auffassung der Kommission ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

141    Der vorliegende Klagegrund gliedert sich im Wesentlichen in drei Teile: Die Klägerinnen rügen erstens eine fehlerhafte Beurteilung des räumlichen Umfangs des Marktes und der Zuwiderhandlung, zweitens eine fehlerhafte Bestimmung des Wertes des Marktes und des Umsatzes und drittens eine fehlerhafte Berechnung der Geldbuße.

142    Insoweit ist auf die allgemeinen Grundsätze für die Festsetzung von Geldbußen hinzuweisen.

143    Nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 sind bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße, die bei einem Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG zu verhängen ist, die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.

144    Nach ständiger Rechtsprechung ist die Schwere der Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu denen die besonderen Umstände der Rechtssache, deren Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Urteile des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 241, Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 106 angeführt, Randnr. 54, und vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P und C‑137/07 P, Slg. 2009, I‑8681, Randnr. 91).

145    Nach der Rechtsprechung sind bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen die Dauer der Zuwiderhandlungen sowie sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die für die Beurteilung der Schwere dieser Zuwiderhandlungen eine Rolle spielen, wie das Verhalten jedes einzelnen Unternehmens, die Rolle, die jedes Unternehmen bei der Abstimmung der Verhaltensweisen gespielt hat, der Gewinn, den die Unternehmen aus diesen Verhaltensweisen ziehen konnten, ihre Größe und der Wert der betroffenen Waren sowie die Gefahr, die derartige Zuwiderhandlungen für die Europäische Union bedeuteten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, Slg. 2011, I‑13085, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

146    Der Gerichtshof hat auch entschieden, dass objektive Gesichtspunkte wie Inhalt und Dauer der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, deren Zahl und Intensität, der Umfang des betroffenen Marktes und die Schädigung der öffentlichen Wirtschaftsordnung einzubeziehen sind. Bei der Analyse sind auch die relative Bedeutung und der Marktanteil der verantwortlichen Unternehmen sowie ein etwaiger Wiederholungsfall zu berücksichtigen (vgl. Urteil Chalkor/Kommission, oben in Randnr. 145 angeführt, Randnr. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

147    Diese Vielzahl an Faktoren zwingt die Kommission zu einer gründlichen Prüfung der Umstände der Zuwiderhandlung (Urteil Chalkor/Kommission, oben in Randnr. 145 angeführt, Randnr. 58).

148    Um die Transparenz und Objektivität ihrer Entscheidungen, mit denen Geldbußen wegen des Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln festgesetzt werden, zu erhöhen, hat die Kommission Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen erlassen (Ziff. 3 der Leitlinien von 2006). Darin legt die Kommission dar, inwieweit sie die einzelnen Umstände der Zuwiderhandlung berücksichtigt und welche Konsequenzen sich daraus für die Höhe der Geldbuße ergeben (Urteil Chalkor/Kommission, oben in Randnr. 145 angeführt, Randnr. 59).

149    Die Leitlinien enthalten eine Verhaltensnorm, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Verwaltung im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen, die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sind, abweichen kann; sie beschreiben lediglich die Vorgehensweise der Kommission bei der Prüfung der Zuwiderhandlung und die Kriterien, zu deren Berücksichtigung sie sich verpflichtet, wenn sie die Höhe der Geldbuße festsetzt (vgl. Urteil Chalkor/Kommission, oben in Randnr. 145 angeführt, Randnr. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

150    Die Leitlinien sind nämlich ein Instrument, mit dem unter Beachtung höherrangigen Rechts die Kriterien präzisiert werden sollen, die die Kommission im Rahmen der Ausübung des ihr nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zustehenden Ermessens bei der Festsetzung von Geldbußen anzuwenden gedenkt. Die Leitlinien stellen also nicht die Rechtsgrundlage für eine Entscheidung dar, mit der Geldbußen verhängt werden – diese Entscheidung beruht auf der Verordnung Nr. 1/2003 –, sie enthalten jedoch eine allgemeine und abstrakte Regelung der Vorgehensweise, die sich die Kommission zur Festsetzung der in dieser Entscheidung verhängten Geldbußen auferlegt hat, und schaffen damit Rechtssicherheit für die Unternehmen (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 144 angeführt, Randnrn. 209 bis 213, und Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnrn. 219 und 223).

151    Auch wenn die Leitlinien somit nicht als Rechtsnorm qualifiziert werden können, die die Verwaltung auf jeden Fall zu beachten hat, stellen sie doch eine Verhaltensnorm dar, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Verwaltung im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann, will sie nicht Gefahr laufen, gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung zu verstoßen (Urteile des Gerichtshofs Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 144 angeführt, Randnrn. 209 und 210, und vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, Slg. 2006, I‑4429, Randnr. 91).

152    Nach Ziff. 5 der Leitlinien von 2006 in der Fassung, die für die vorliegende Rechtssache gilt, sollen die Geldbußen auf der Grundlage des Wertes der verkauften Waren oder Dienstleistungen berechnet werden, mit denen der Verstoß in Zusammenhang steht. Die Dauer der Zuwiderhandlung soll ebenfalls als wichtiger Gesichtspunkt berücksichtigt werden. Die Verbindung des Umsatzes auf den vom Verstoß betroffenen Märkten mit der Dauer der Zuwiderhandlung gibt die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das jeweilige Gewicht des einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens angemessen wieder. Nach Ziff. 6 der Leitlinien von 2006 vermitteln diese Gesichtspunkte Aufschluss über die Größenordnung der Geldbuße und sollten nicht als Grundlage für eine „automatische arithmetische Berechnungsmethode“ verstanden werden.

153    Nach den Ziff. 10 und 11 der Leitlinien von 2006 setzt die Kommission für die Berechnung der Geldbuße für jedes einzelne Unternehmen einen Grundbetrag fest, den sie anpassen kann.

154    Nach den Ziff. 12 und 13 der Leitlinien von 2006 richtet sich der Grundbetrag der Geldbuße nach dem Wert der Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen und von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauft wurden, im Regelfall im letzten vollständigen Geschäftsjahr, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war. Nach Ziff. 15 dieser Leitlinien hat die Kommission die „zuverlässigsten Daten“ heranzuziehen, die von diesem Unternehmen „verfügbar“ sind.

155    Ziff. 18 der Leitlinien von 2006 sieht Folgendes vor:

„Soweit sich eine Zuwiderhandlung in einem Gebiet auswirkt, das über das Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums (‚EWR‘) hinausreicht (beispielsweise weltweite Kartelle), gibt der innerhalb des EWR erzielte Umsatz das Gewicht der einzelnen Unternehmen bei der Zuwiderhandlung möglicherweise nicht angemessen wieder. Das ist insbesondere der Fall, wenn eine Aufteilung der Märkte weltweit vereinbart wurde.

Um in solchen Fällen sowohl den aggregierten Umsatz im EWR als auch das jeweilige Gewicht der einzelnen Unternehmen bei der Zuwiderhandlung wiederzugeben, kann die Kommission den Gesamtwert des Umsatzes mit den betreffenden Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in Zusammenhang stehen, im gesamten (über den EWR hinausreichenden) relevanten räumlichen Markt schätzen, den Anteil der einzelnen beteiligten Unternehmen am Umsatz auf diesem Markt ermitteln und diesen Anteil auf den aggregierten Umsatz derselben Unternehmen innerhalb des EWR anwenden. Das Ergebnis wird als Umsatz bei der Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße verwendet.“

156    Nach Ziff. 19 der Leitlinien von 2006 wird zur Bestimmung des Grundbetrags ein bestimmter Anteil am Umsatz, der sich nach der Schwere des Verstoßes richtet, mit der Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung multipliziert. Nach Ziff. 20 der Leitlinien von 2006 wird die Schwere der Zuwiderhandlung in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände beurteilt. Und nach Ziff. 21 der Leitlinien von 2006 kann grundsätzlich ein Betrag von bis zu 30 % des Umsatzes festgesetzt werden.

157    Die verschiedenen Rügen der Klägerinnen sind nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen zu beurteilen.

2.     Zum räumlichen Umfang der Zuwiderhandlung und zur behaupteten fehlerhaften Abgrenzung des Marktes

158    Nach Ziff. 18 der Leitlinien von 2006 und den in den Randnrn. 142 bis 151 des vorliegenden Urteils dargelegten Grundsätzen hat die Kommission nicht den Markt der relevanten Produkte als solchen, sondern lediglich den räumlichen Umfang der Zuwiderhandlung zu bestimmen. Insofern hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass sich die Kartellteilnehmer beim Treffen von Mailand über die Preise, die Absatzmengen und die Aufteilung der Märkte in Europa, Nord- und Südamerika, Australien und auf anderen Märkten wie der Türkei abgestimmt hätten. Somit hat die Kommission in Einklang mit der Verhaltensnorm, die sie sich selbst auferlegt hat, festgestellt, dass sich die Zuwiderhandlung in einem Gebiet ausgewirkt hat, das über den EWR hinausreicht, und dass es sich um eine weltweite Zuwiderhandlung gehandelt hat.

159    Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, die Kommission habe bei der Beurteilung des Gesamtwerts des im gesamten relevanten räumlichen Markt mit den betreffenden Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in Zusammenhang stehen, erzielten Umsatzes im Sinne von Ziff. 18 der Leitlinien von 2006 zu Unrecht und mit einer unzureichenden und widersprüchlichen Begründung die Zahlen zu Russland und China außer Betracht gelassen.

160    Aus den Erwägungsgründen 33, 51 und 136 der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass die Kommission, obwohl sie davon ausgegangen ist, dass es sich um ein weltweites Kartell gehandelt hat, China von dessen räumlichen Umfang ausgenommen hat, weil sich die geheimen Absprachen nicht auf dieses Land bezogen hätten, und Russland, weil die „Bezugnahme auf Russland nicht die Existenz von Absprachen betreffend dieses Land untermauer[e]“.

161    Zu Russland hat die Kommission in Fn. 69 zum 84. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, ohne dass die Klägerinnen ihr insoweit widersprochen hätten, festgestellt, dass aus dem Bericht über das Treffen von Mailand hervorgehe, dass Russland nur einmal erwähnt werde, und zwar wie folgt: „Russland – Für ICF oder IQM völlig uninteressant“. Allein diese Erwähnung genügt aber nicht für den Nachweis, dass sich der räumliche Umfang der von den in der angefochtenen Entscheidung identifizierten Parteien begangenen Zuwiderhandlung auf Russland erstreckt hätte. Somit hat die Kommission Russland rechtsfehlerfrei vom räumlichen Umfang der Zuwiderhandlung ausgenommen. Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass Boliden den Wert des von dem Kartell betroffenen Weltmarkts für Aluminiumfluorid im Jahr 2000 zum Zweck seiner Schätzung unter Einbeziehung des russischen Marktes mit 329 000 000 Euro beziffert hat. Die Kommission hat bei der von ihr vorgenommenen Schätzung des genannten Wertes auf 340 000 000 Euro nämlich auch die Zahlen von ICF berücksichtigt, die den Wert mit 400 852 695 Euro beziffert hat (Fn. 37 zum 33. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Außerdem heißt es in dem Auszug aus dem Protokoll des IFPA-Treffens von Montreal (Kanada) vom 13. September 1999 lediglich, dass die Unsicherheiten hinsichtlich der Zahlen, die sich auf Russland beziehen, so groß seien, dass sie alle Überlegungen, die auf den weltweiten Zahlen beruhen, entkräfteten.

162    Zwar machen die Klägerinnen, was China anbelangt, zu Recht geltend, dass in dem Bericht über das Treffen von Mailand von „einem chinesischen Preis“ die Rede ist. Im 86. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wird dieser Bericht nämlich im Zusammenhang mit der Darstellung der Aufteilung des Angebots und der von den Aluminiumfluorid-Lieferanten auf dem australischen Markt geplanten Preise wie folgt zitiert: Der „chinesische Preis 2001 wird etwa 750-760 USD [pro Tonne] fob mit [einem] Transport[preis] von 10 USD [pro Tonne] betragen“, wobei die europäischen Preise höher sein könnten mit einem „Preis der Lieferung von Europa/IQM aus, [der] bei ungefähr 875 USD [pro Tonne] liegen dürfte“. Die Kommission hat in ihren Schriftsätzen aber, ohne dass ihr die Klägerinnen in der Erwiderung überzeugend widersprochen hätten, plausibel dargelegt, dass mit den chinesischen Preisen diejenigen gemeint sind, die die chinesischen Ausführer ihren australischen Kunden anbieten, und nicht Verkäufe auf dem chinesischen Markt als solchem.

163    Die Kommission hat daher zu Recht angenommen, dass China und Russland nicht zu den räumlichen Gebieten gehört haben, auf die sich das Kartell erstreckt hat. Sie hat den räumlichen Umfang des Marktes in der angefochtenen Entscheidung demnach rechtsfehlerfrei gemäß Ziff. 18 der Leitlinien von 2006 festgestellt.

164    Somit ist der erste Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen.

3.     Zum Wert des Marktes und dem Umsatz mit Aluminiumfluorid im EWR

165    Nach dem 33. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung beruht der Wert des Aluminiumfluorid-Marktes im EWR auf den von den Kartellteilnehmern auf die Auskunftsverlangen der Kommission vom 11. und 14. April 2008 hin vorgelegten Schätzungen.

166    Fluorsid hatte den Wert im April 2008 auf die Auskunftsverlangen hin zunächst mit 73 195 200 Euro angegeben, am 16. Mai 2008 dann mit 46 920 000 Euro.

167    Was als Erstes das Vorbringen der Klägerinnen angeht, die im Mai 2008 vorgelegten Zahlen seien zutreffender gewesen, so dass die Kommission die von Fluorsid im April 2008 vorgelegten durch sie hätte ersetzen müssen, ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht in der Lage waren, ihr Vorbringen hinreichend substantiiert und plausibel zu erläutern. Es ist umso weniger überzeugend, als die ursprüngliche Angabe von Fluorsid (73 195 200 Euro) sehr nahe bei der von IQM (75 000 000 Euro) und ICF (82 057 530 Euro) gelegen hatte und nur Boliden den Wert des Aluminiumfluorid-Marktes im EWR mit 53 000 000 Euro viel niedriger angegeben hatte. Den Klägerinnen ist es aber nicht gelungen eine plausible Erklärung für diese Anpassung der von Fluorsid gemachten Angaben an die von Boliden zu liefern, die zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, zu dem das Unternehmen bereits gewarnt war („in tempore suspecto“), noch hinreichend zu belegen, dass die Zahlen von Mai 2008 zuverlässiger waren als die von April 2008. Sie haben insoweit lediglich darauf hingewiesen, dass die Differenz zwischen den genannten Beträgen auf eine unterschiedliche Bewertung des Aluminiumfluorid-Verbrauchs im EWR zurückzuführen sei, der nicht 25 kg pro Tonne, wie sie bei der Bestimmung der Zahlen von April 2008 angenommen hätten, sondern 16 kg pro Tonne betrage, was den Wert des Aluminiumfluorid-Marktes im EWR senke. Diese vage Behauptung der Klägerinnen ist aber nicht durch Beweismittel untermauert. Somit haben die Klägerinnen nicht rechtlich hinreichend dargetan, dass die Zahlen von Mai 2008 zutreffender gewesen wären als die von April 2008. Die Kommission ist bei ihrer Schätzung daher zu Recht vom arithmetischen Mittel der von den Kartellteilnehmern im April 2008 vorgelegten Zahlen ausgegangen, das sie gerundet hat.

168    Da es keine triftigen Gründe gab, auf die von Fluorsid im Mai 2008 vorgelegten Zahlen zu vertrauen, durfte sich die Kommission bei der Schätzung des Wertes des Aluminiumfluorid-Marktes im EWR auf die von Fluorsid im April 2008 vorgelegten Zahlen stützen, bei denen es sich im Sinne von Ziff. 15 der Leitlinien um die zuverlässigsten Zahlen gehandelt hat, die von dem Unternehmen verfügbar waren.

169    Was das Interesse der Klägerinnen angeht, sich gegen die Nichtberücksichtigung des von ihnen im Mai 2008 mitgeteilten Wertes des Aluminiumfluorid-Marktes im EWR zu wenden, ist festzustellen, dass die Kommission nach Ziff. 22 der Leitlinien zur Bestimmung des Grundbetrags bei der Bestimmung der genauen Höhe des Anteils am Umsatz innerhalb der Bandbreite von 0 % bis 30 % mehrere Umstände berücksichtigt, u. a. die Art der Zuwiderhandlung, den kumulierten Marktanteil sämtlicher beteiligter Unternehmen, den Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis.

170    Zum kumulierten Marktanteil sämtlicher beteiligter Unternehmen hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage der Angaben der Adressaten der angefochtenen Entscheidung zunächst festgestellt, dass der von der Abteilung „Noralf“ von Boliden 2000 im EWR erzielte Umsatz 12 731 118 Euro betragen hat (9. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), der von Fluorsid 2 717 735 Euro (15. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und der von ICF 8 146 129 Euro (25. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). IQM hat 2000 im EWR kein Aluminiumfluorid verkauft (29. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Der kumulierte Umsatz der Adressaten der angefochtenen Entscheidung, die 2000 im EWR Aluminiumfluorid verkauften, hat demnach 23 594 982 Euro betragen.

171    Sodann hat die Kommission den im Jahr 2000 im EWR mit Aluminiumfluorid erzielten Gesamtumsatz auf 71 600 000 Euro geschätzt, den Durchschnitt der von den Kartellteilnehmern angegebenen Werte. Sie hat daraus auf einen kumulierten Marktanteil der Adressaten der angefochtenen Entscheidung auf dem EWR-Markt von 33 % geschlossen (33. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

172    Schließlich hat die Kommission bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße auf der Grundlage des Anteils am Umsatz darauf hingewiesen, dass sie berücksichtige, dass der kumulierte Marktanteil der Adressaten der angefochtenen Entscheidung im EWR 2000 35 % nicht überschritten habe (237. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

173    Dass die Kommission die Zahlen von April 2008 und nicht die von Mai 2008 zugrunde gelegt hat, war für die Klägerinnen also von Vorteil. Der Marktanteil der Adressaten der angefochtenen Entscheidung im EWR ist umso geringer, als der Gesamtwert des Marktes groß ist und umgekehrt. Der kumulierte Umsatz der Kartellteilnehmer von 23 594 982 Euro entspricht somit ungefähr 33 % des Gesamtumsatzes mit Aluminiumfluorid im EWR im Jahr 2000, der nach den von Fluorsid im April 2008 gemachten Angaben 71 600 000 Euro betragen hat. Bei Zugrundelegung eines 2000 im EWR mit Aluminiumfluorid erzielten Gesamtumsatzes von 46 920 000 Euro, wie von Fluorsid im Mai 2008 angegeben, ergäbe sich ein Durchschnittswert des Marktes von 64 244 250 Euro und der Anteil der Adressaten der angefochtenen Entscheidung am Umsatz wäre höher (37 %), was für die Klägerinnen ungünstiger wäre.

174    Folglich ist die Rüge der Klägerinnen betreffend die Nichtberücksichtigung des von ihnen im Mai 2008 mitgeteilten Wertes des Aluminiumfluorid-Marktes im EWR bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße zurückzuweisen.

175    Was als Zweites den behaupteten Begründungsmangel angeht, ist auf die für die Begründungspflicht der Kommission geltenden Grundsätze hinzuweisen, die in Randnr. 100 des vorliegenden Urteils dargestellt sind.

176    Insoweit kann es mit der Feststellung sein Bewenden haben, dass die Kommission, indem sie sich im 33. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf die Angaben zum Wert des Aluminiumfluorid-Marktes im EWR, wie sie u. a. von Fluorsid im April 2008 gemacht worden sind, gestützt hat, implizit die Auffassung vertreten hat, dass die von Fluorsid im Mai 2008 verspätet vorgelegten Zahlen nicht erheblich gewesen sind. Da IQM und ICF sowie ursprünglich auch die Klägerinnen für diese Schätzung des Wertes des Aluminiumfluorid-Marktes im EWR Zahlen derselben Größenordnung vorgelegt haben, konnten die Klägerinnen den Ansatz, den die Kommission insoweit in der angefochtenen Entscheidung verfolgt hat, verstehen, so dass sie ihn vor Gericht in Zweifel ziehen konnten und das Gericht seine Kontrolle über die materielle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung ausüben konnte. Die Kommission hat nach Art. 253 EG zwar die sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung abhängt, sowie die rechtlichen Erwägungen aufzuführen, die sie zum Erlass ihrer Entscheidung veranlasst haben; sie braucht jedoch nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen, die im Verwaltungsverfahren behandelt worden sind (Urteile VBVB und VBBB/Kommission, oben in Randnr. 100 angeführt, Randnr. 22, Belasco u. a./Kommission, oben in Randnr. 100 angeführt, Randnr. 55, Volkswagen/Kommission, oben in Randnr. 100 angeführt, Randnr. 127, und Romana Tabacchi/Kommission, oben in Randnr. 100 angeführt, Randnr. 233). Dies gilt umso mehr, wenn die betreffende Partei solche Angaben – wie im vorliegenden Fall – verspätet, ja sogar zu einem Zeitpunkt, zu dem sie bereits gewarnt war („in tempore suspecto“), macht und die Angaben in Widerspruch zu denjenigen stehen, die sie ursprünglich gemacht hatte.

177    Die Rüge betreffend einen Begründungsmangel ist daher zurückzuweisen.

4.     Zur Bemessung der Geldbuße

178    Da die Klägerinnen allgemein die Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Höhe der Geldbuße durch die Kommission in Zweifel ziehen, ist zunächst festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt hat, dass ein Kartell bestanden hat, an dem die Klägerinnen teilgenommen haben. Außerdem hat die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass die bei dem Treffen von Mailand getroffene Vereinbarung im zweiten Halbjahr 2000 überwacht worden ist und das Kartell von den Adressaten der angefochtenen Entscheidung, u. a. den Klägerinnen, daher tatsächlich durchgeführt worden ist (vgl. Randnrn. 79 bis 101 des vorliegenden Urteils und 239. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

179    Sodann ist festzustellen, dass die Kommission gemäß Ziff. 23 der Leitlinien von 2006 zu Recht angenommen hat, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Zuwiderhandlung gehandelt hat, die u. a. in einer horizontalen Vereinbarung zur Festsetzung von Preisen bestanden hat, die ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Verstößen gehört (236. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

180    Demnach hat die Kommission keinen Fehler begangen, indem sie Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 angewandt hat, wonach sie „unabhängig von der Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung, … einen Betrag zwischen 15 % und 25 % des Umsatzes … [hinzufügt], um die Unternehmen von vornherein an der Beteiligung u. a. an horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen [und] Aufteilung von Märkten … abzuschrecken“, unter Berücksichtigung von in Ziff. 22 der Leitlinien von 2006 genannten Umständen wie der Art der Zuwiderhandlung, des kumulierten Marktanteils sämtlicher beteiligter Unternehmen, des Umfangs des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und der etwaigen Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis.

181    In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission festgestellt, dass der kumulierte Marktanteil der Kartellteilnehmer im Jahr 2000 im EWR nicht mehr als 35 % betragen (237. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, mit Verweis auf den 33. Erwägungsgrund dieser Entscheidung) und der von der Zuwiderhandlung betroffene räumliche Markt weltweit bestanden habe (238. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, mit Verweis auf den 136. Erwägungsgrund dieser Entscheidung). Sie hat ferner darauf hingewiesen, dass sie bei den Klägerinnen bei der Festsetzung des Anteils am Umsatz, der bei der Festsetzung des Grundbetrags der zu verhängenden Geldbuße zugrunde gelegt werde, auf 17 % einen Marktanteil von weniger als 35 % berücksichtigt habe (240. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Da die Klägerinnen den Ansatz, dem die Kommission in der angefochtenen Entscheidung insoweit gefolgt ist, aber nicht hinreichend klar und genau in Zweifel gezogen haben, ist festzustellen, dass die Kommission die genannten Umstände bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße fehlerfrei berücksichtigt hat.

182    Folglich ist die Rüge einer fehlerhaften Berechnung der Höhe der Geldbuße zurückzuweisen.

183    Mithin ist auch der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

184    Nach alledem sind die Nichtigkeitsanträge in vollem Umfang zurückzuweisen. Im Übrigen ist die Höhe der gegen die Klägerinnen festgesetzten Geldbuße insbesondere in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen nicht, wie hilfsweise beantragt, in Ausübung der Befugnis des Gerichts zu unbeschränkter Nachprüfung abzuändern.

185    Die Klage ist somit in vollem Umfang abzuweisen.

 Kosten

186    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Fluorsid SpA und die Minmet financing Co. tragen ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission.

Azizi

Labucka

Frimodt Nielsen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. Juni 2013.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Vorgeschichte des Rechtsstreits

I –  Sachverhalt

II –  Angefochtene Entscheidung

A –  Verfügender Teil

B –  Begründung der angefochtenen Entscheidung

1.  Zur Aluminiumfluoridbranche

2.  Zum Treffen von Mailand und zur Durchführung des Kartells

3.  Zur Anwendung von Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 EWR-Abkommen

4.  Zur Dauer der Zuwiderhandlung

5.  Zur Bemessung der Geldbuße

6.  Zu den mildernden Umständen

Verfahren und Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

I –  Zur Zulässigkeit

A –  Vorbemerkung

B –  Zur Tragweite der Klagen

C –  Zur Zulässigkeit der Klage von Minmet

II –  Zur Begründetheit

A –  Zusammenfassung der Nichtigkeitsgründe

B –  Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 EG

1.  Vorbemerkungen

2.  Inhalt der angefochtenen Entscheidung

3.  Zum Nachweis der Zuwiderhandlung

C –  Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte

1.  Vorbemerkungen

2.  Zur behaupteten Verletzung der Verteidigungsrechte im Zusammenhang mit den Dokumenten, die Kontakte nach dem Treffen von Mailand betreffen

a)  Zur behaupteten Verletzung der Verteidigungsrechte im Zusammenhang mit dem „zeitlichen Rahmen“ der Zuwiderhandlung

b)  Zur behaupteten Verletzung der Verteidigungsrechte im Zusammenhang mit dem Antrag von Fluorsid auf Ermäßigung der Geldbuße und zum behaupteten Begründungsmangel

D –  Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 (Berechnung der Geldbuße) und Ziff. 18 der Leitlinien von 2006

1.  Vorbemerkungen

2.  Zum räumlichen Umfang der Zuwiderhandlung und zur behaupteten fehlerhaften Abgrenzung des Marktes

3.  Zum Wert des Marktes und dem Umsatz mit Aluminiumfluorid im EWR

4.  Zur Bemessung der Geldbuße

Kosten


* Verfahrenssprache: Italienisch.