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Vorabentscheidungsersuchen des Conseil dʼÉtat (Frankreich), eingereicht am 4. Januar 2021 – Fédération des entreprises de la beauté/Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé

(Rechtssache C-4/21)

Verfahrenssprache: Französisch

Vorlegendes Gericht

Conseil dʼÉtat

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerin: Fédération des entreprises de la beauté

Beklagte: Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé

Vorlagefragen

Ist das Schreiben vom 27. November 2019 des Leiters des Referats „Technologien für Verbraucher, Umwelt und Gesundheit“ der Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU der Europäischen Kommission unter Berücksichtigung seiner Formulierung sowie des Umstandes, dass nichts darauf hinweist, dass die unterzeichnende Person bevollmächtigt ist, einen Beschluss im Namen der Kommission zu erlassen, als vorbereitende Handlung des Beschlusses zu betrachten, mit dem die Europäische Kommission entscheidet, ob eine vorläufige Maßnahme eines Mitgliedstaats nach Art. 27 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel1 gerechtfertigt ist, oder ist es als ein solcher Beschluss zu betrachten, der den endgültigen Standpunkt der Europäischen Kommission zum Ausdruck bringt?

Falls das Schreiben vom 27. November 2019 als vorbereitende Handlung für den Beschluss zu betrachten ist, mit dem die Europäische Kommission entscheidet, ob eine vorläufige Maßnahme eines Mitgliedstaats nach Art. 27 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 gerechtfertigt ist, darf das nationale Gericht, wenn es über die Rechtmäßigkeit einer von einer nationalen Behörde nach Abs. 1 dieses Artikels ergriffenen vorläufigen Maßnahme zu entscheiden hat, bevor die Europäische Kommission ihren Beschluss erlässt, über die Vereinbarkeit der vorläufigen Maßnahme mit diesem Artikel entscheiden, und falls ja, inwiefern und in welcher Hinsicht, oder muss es überhaupt die Maßnahme, solange die Kommission sie nicht für nicht gerechtfertigt erklärt hat, als mit diesem Artikel vereinbar betrachten?

Falls die vorstehende Frage bejaht wird, ist Art. 27 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 dahin auszulegen, dass er es gestattet, vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die eine Kategorie von Mitteln betreffen, die den gleichen Stoff enthalten?

Für den Fall, dass das Schreiben vom 27. November 2019 als Beschluss zu betrachten ist, der den endgültigen Standpunkt der Europäischen Kommission zur gegenständlichen vorläufigen Maßnahme zum Ausdruck bringt, kann die Gültigkeit dieses Beschlusses unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Formulierung dieses Schreibens den Schluss zuließ, dass es sich nur um eine vorbereitende Handlung handle, und des Umstands, dass die Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé als Adressatin des Schreibens in ihrer Antwort darauf zum Ausdruck brachte, dass kein Einverständnis herrsche und sie die vorläufige Maßnahme aufrechterhalten werde, bis die Europäische Kommission endgültig entschieden habe, worauf sie von der Kommission keine Antwort erhielt, vor einem nationalen Gericht angefochten werden, obwohl keine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dagegen eingebracht wurde?

Falls die vorstehende Frage bejaht wird, wurde das Schreiben vom 27. November 2019 von einer Person unterzeichnet, die bevollmächtigt ist, den Beschluss im Namen der Kommission zu erlassen, und ist es unter Berücksichtigung der maßgeblichen Auslegung der Bestimmungen von Art. 27 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 in Verbindung mit jenen des Art. 31 rechtswirksam, soweit es sich darauf stützt, dass der in diesem Artikel vorgesehene Schutzklauselmechanismus „individuelle Maßnahmen zu kosmetischen Mitteln betrifft, die auf dem Markt bereitgestellt werden, und nicht Maßnahmen allgemeiner Natur, die sich auf eine Kategorie von Mitteln beziehen, die einen bestimmten Stoff enthalten“?

Für den Fall, dass die vorstehende Frage bejaht wird, oder falls das Schreiben vom 27. November 2019 im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits nicht mehr bekämpft werden kann, verstößt die auf der Grundlage von Art. 27 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 ergriffene vorläufige Maßnahme von Anfang an gegen diese Verordnung, erst ab der Zustellung des Schreibens an die Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé oder erst nach Ablauf einer angemessenen Frist ab dieser Zustellung zur Ermöglichung seiner Aufhebung, auch in Anbetracht der Unsicherheit über die Tragweite dieses Schreibens sowie des Umstands, dass die Kommission der Agentur auf die Ankündigung, „die Entscheidung vom 13. März 2019 vorsorglich bis zum Beschluss der Kommission nach Art. 27 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 aufrechtzuerhalten“ nicht geantwortet hat?

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1 ABl. 2009, L 342, S. 59.