Language of document : ECLI:EU:C:2010:366

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI

vom 24. Juni 20101(1)

Rechtssache C‑482/08

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland

gegen

Rat der Europäischen Union

„Ausschluss des Vereinigten Königreichs vom Verfahren zum Erlass eines Beschlusses des Rates über den Zugang zum Visa-Informationssystem (VIS) für Datenabfragen zu polizeilichen Zwecken“





1.        Mit der vorliegenden Klage beantragt das Vereinigte Königreich die Nichtigerklärung des Beschlusses 2008/633/JI des Rates vom 23. Juni 2008 über den Zugang der benannten Behörden der Mitgliedstaaten und von Europol zum Visa-Informationssystem (VIS) für Datenabfragen zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten(2) (im Folgenden auch: angefochtener Beschluss).

2.        Dem Vereinigten Königreich wurde die Beteiligung am Erlass des angefochtenen Beschlusses nicht gestattet, da dieser als eine Weiterentwicklung eines durch die Schengener Übereinkommen geschaffenen Bereichs (des Visumbereichs) angesehen wurde, an denen dieser Mitgliedstaat nicht beteiligt ist. Das Vereinigte Königreich macht jedoch geltend, bei dem angefochtenen Beschluss handle es sich um eine Maßnahme im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und nicht im Visumbereich.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Die Schengener Übereinkommen

3.        Bekanntlich wurden die ersten Schengener Übereinkommen 1985 zwischen Frankreich, Deutschland, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden geschlossen, um einen Raum (den sogenannten Schengen-Raum) ohne Binnengrenzen zu schaffen. Später sind diesen Übereinkommen weitere Mitgliedstaaten beigetreten und 1997 wurde das entsprechende rechtliche Regelwerk mit dem Vertrag von Amsterdam in die Europäische Union integriert. Dies geschah u. a. durch ein dem Vertrag als Anlage beigefügtes Protokoll(3) (im Folgenden: Schengen-Protokoll), das zu einer verstärkten Zusammenarbeit in diesem Bereich ermächtigte.

4.        Art. 4 des Schengen-Protokolls bestimmt:

„Irland und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, die durch den Schengen-Besitzstand nicht gebunden sind, können jederzeit beantragen, dass einzelne oder alle Bestimmungen dieses Besitzstands auch auf sie Anwendung finden sollen.

Der Rat beschließt einstimmig über einen solchen Antrag, wobei die Einstimmigkeit mit den Stimmen seiner in Artikel 1 genannten Mitglieder und der Stimme des Vertreters der Regierung des betreffenden Staates zustande kommt.“

5.        Gemäß den Vorgaben des Schengen-Protokolls stellte das Vereinigte Königreich einen Antrag, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf es anzuwenden, dem stattgegeben wurde. Mit dem Beschluss 2000/365/EG(4) bestimmte der Rat die auf diesen Mitgliedstaat anzuwendenden Bereiche. Es steht fest und ist im vorliegenden Verfahren auch unstreitig, dass das Vereinigte Königreich sich im Rahmen des Schengen-Besitzstands nicht an der Visa-Zusammenarbeit beteiligt(5).

B –    Das Visa-Informationssystem

6.        Das Visa-Informationssystem (im Folgenden: VIS) wurde durch die Entscheidung 2004/512/EG(6) zur Schaffung eines gemeinsamen Systems der Mitgliedstaaten im Visumbereich eingerichtet, um in diesem Bereich insbesondere den zuständigen nationalen Behörden eine Datenbank zur Verfügung stellen zu können.

7.        Als Rechtsgrundlage für die Entscheidung Nr. 2004/512/EG diente Art. 66 EG(7), der im Dritten Teil Titel IV des Vertrags bestimmt, dass „[d]er Rat … Maßnahmen [beschließt], um die Zusammenarbeit zwischen den entsprechenden Dienststellen der Behörden der Mitgliedstaaten in den Bereichen dieses Titels sowie die Zusammenarbeit zwischen diesen Dienststellen und der Kommission zu gewährleisten“. In dem betreffenden Titel sind die Bereiche „Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr“ geregelt.

8.        Der 11. Erwägungsgrund der Entscheidung Nr. 2004/512/EG lautet:

„Diese Entscheidung stellt eine Weiterentwicklung von Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, die auf das Vereinigte Königreich entsprechend dem Beschluss 2000/365/EG … keine Anwendung finden. Das Vereinigte Königreich beteiligt sich folglich nicht an der Annahme der Entscheidung, die daher für das Vereinigte Königreich weder bindend noch in diesem Staat anzuwenden ist.“

9.        Auf die Entscheidung 2004/512/EG folgte die Verordnung Nr. 767/2008(8), die insbesondere eine detaillierte Regelung des VIS bereitstellen sollte. Auch die Rechtsgrundlage dieser Verordnung befindet sich im Dritten Teil Titel IV des Vertrags. Im 29. Erwägungsgrund heißt es, dass sich das Vereinigte Königreich nicht an der Annahme dieser Verordnung beteiligt, die für das Vereinigte Königreich nicht bindend ist.

C –    Der angefochtene Beschluss

10.      Zweck des angefochtenen Beschlusses ist es, Europol und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zur Verhütung und Ermittlung bestimmter, besonders schwerwiegender Straftaten unter bestimmten, besonderen Umständen Zugang zum VIS zu gewähren. Da das VIS selbst keine Aufgaben erfüllt, die mit der Verhütung oder Ermittlung von Straftaten zusammenhängen, ist dieser spezielle Zugang in dem angefochtenen Beschluss als Ausnahme ausgestaltet. Nach Art. 1 des angefochtenen Beschlusses handelt es sich insbesondere um einen Zugang „für Datenabfragen“, der außerdem auf Fälle beschränkt ist, in denen die Datenabfrage den Zweck hat, terroristische und sonstige schwerwiegende Straftaten zu verhüten oder zu ermitteln.

11.      Rechtsgrundlage für den angefochtenen Beschluss sind die Art. 30 Abs. 1 Buchst. b EU und Art. 34 Abs. 2 Buchst. c EU(9).

12.      In den Erwägungsgründen des angefochtenen Beschlusses heißt es:

„(1)      … Die Einrichtung des VIS stellt eine der wichtigsten Initiativen im Rahmen der Strategie der Europäischen Union zur Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts dar. Ziel des VIS sollte eine verbesserte Durchführung der gemeinsamen Visumpolitik sein; das VIS sollte ferner zur inneren Sicherheit und zur Bekämpfung des Terrorismus unter genau bestimmten und kontrollierten Umständen beitragen.

(5)      Dieser Beschluss ergänzt die Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates … insofern, als er eine Rechtsgrundlage im Rahmen von Titel VI des Vertrags über die Europäische Union schafft, die den benannten Behörden und Europol den Zugang zum VIS gestattet.

(6)      … Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass der Kreis der ordnungsgemäß ermächtigten Bediensteten, die das Recht auf Zugang zum VIS erhalten, auf die Personen beschränkt wird, die Zugang zu den Daten benötigen und über angemessene Kenntnisse der Datensicherheits- und Datenschutzbestimmungen verfügen.

(13)      Dieser Beschluss stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich das Vereinigte Königreich gemäß dem Beschluss 2000/365/EG des Rates … nicht beteiligt. Das Vereinigte Königreich beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieses Beschlusses, der für das Vereinigte Königreich nicht bindend oder anwendbar ist.

(15)      Nach dem Rahmenbeschluss 2006/960/JI des Rates … können jedoch die im VIS gespeicherten Informationen dem Vereinigten Königreich und Irland von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, deren benannte Behörden nach diesem Beschluss Zugang zum VIS haben, zur Verfügung gestellt werden. Die in den einzelstaatlichen Visumregistern des Vereinigten Königreichs und Irlands gespeicherten Informationen können den zuständigen Strafverfolgungsbehörden der anderen Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden. Jede Form des direkten Zugangs der Zentralbehörden des Vereinigten Königreichs und Irlands zum VIS würde entsprechend der derzeitigen Stellung der Beteiligung der beiden Staaten am Schengen-Besitzstand den Abschluss eines Abkommens zwischen der Gemeinschaft und den betreffenden Mitgliedstaaten erfordern, das möglicherweise noch durch weitere Regeln betreffend die Bedingungen und die Verfahren für den Zugang ergänzt werden müsste.

…“

II – Verfahren vor dem Gerichtshof

13.      Mit seiner Klage, die am 10. November 2008 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, begehrt das Vereinigte Königreich die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, soweit dieser Mitgliedstaat darin von dessen Annahme ausgeschlossen wurde.

14.      Der Rat, unterstützt durch die Kommission, beantragt, die Klage als unbegründet abzuweisen.

15.      Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 14. April 2010 mündlich verhandelt. Dabei hat das Königreich Spanien Erklärungen zur Unterstützung der Anträge des Rates abgegeben.

III – Vorbemerkungen

16.      Bevor das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten im Einzelnen untersucht und seine Erheblichkeit geprüft wird, ist der genaue Gegenstand des Rechtsstreits zu ermitteln. Es gibt nämlich bestimmte Punkte, die zwar im Lauf des Verfahrens erörtert wurden, zwischen den Verfahrensbeteiligten jedoch unstreitig sind.

17.      Außer Streit steht erstens, dass sich das Vereinigte Königreich an dem Visa betreffenden Teil des Schengen-Besitzstands, der u. a. das VIS umfasst, nicht beteiligt.

18.      Zweitens sind sich alle Verfahrensbeteiligten darüber einig, dass die für den Erlass des angefochtenen Beschlusses herangezogene Rechtsgrundlage (wie bereits erwähnt die Art. 30 EU und 34 EU) zutreffend ist.

19.      Aus rechtlicher Sicht besteht der einzige Punkt, zu dem die Verfahrensbeteiligten unterschiedliche Meinungen vertreten und der deshalb vom Gerichtshof zu klären ist, darin, ob die Qualifizierung des angefochtenen Beschlusses als ein Akt zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Visumbereich zutreffend ist.

IV – Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

A –    Der Standpunkt des Vereinigten Königreichs

20.      Das Vereinigte Königreich begehrt nach Art. 35 Abs. 6 EU die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses und beruft sich hierzu auf eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften und/oder einen Verstoß gegen den Vertrag. Das Hauptargument des Vereinigten Königreichs besteht darin, dass der Beschluss keine Weiterentwicklung der gemeinsamen Visumpolitik sei, sondern eine Maßnahme der polizeilichen Zusammenarbeit, was u. a. die vom Rat zur Annahme des Beschlusses herangezogene Rechtsgrundlage belege.

21.      Tatsächlich wäre das Vereinigte Königreich, wäre der angefochtene Beschluss als eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Visumbereich zu qualifizieren, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht berechtigt gewesen, sich an dessen Annahme zu beteiligen. Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, hätte ihm, da es sich an der polizeilichen Zusammenarbeit beteilige, die Beteiligung an der Annahme dieses Rechtsakts gestattet werden müssen.

22.      Die Kommission selbst habe im ursprünglichen Beschlussvorschlag das Recht des Vereinigten Königreichs anerkannt, sich zum Zweck der Verhütung und Bekämpfung des Terrorismus und sonstiger schwerwiegender Straftaten am Mechanismus des Zugangs zum VIS zu beteiligen.

23.      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sei auf den Zweck und den Inhalt des angefochtenen Beschlusses Bezug zu nehmen, um den Bereich der Schengen-Zusammenarbeit bestimmen zu können, zu dem dieser Beschluss gehöre. Jedoch stünden sowohl der Zweck wie auch der Inhalt des angefochtenen Beschlusses in keinerlei Zusammenhang mit der Visumpolitik, denn sein einziges Ziel sei eine wirksamere Bekämpfung einiger Formen von Kriminalität.

24.      Die Entscheidung des Rates, den angefochtenen Beschluss als eine Weiterentwicklung der Schengen-Zusammenarbeit im Visumbereich anzusehen, leide an einem grundlegenden Widerspruch. Der Rat habe nämlich nicht die Bestimmungen über die polizeiliche Zusammenarbeit des Titels VI des EU-Vertrags als Rechtsgrundlage heranziehen und die Maßnahme zugleich für die Zwecke ihrer Annahme als eine Maßnahme im Bereich der Visumpolitik qualifizieren dürfen. Sollte der angefochtene Beschluss tatsächlich zum Visumbereich gehören, hätte seine Rechtsgrundlage dem Dritten Teil Titel IV des EG-Vertrags entnommen werden müssen.

25.      Schließlich räumt das Vereinigte Königreich ein, dass eine etwaige Anerkennung seines Standpunkts zu Problemen hinsichtlich der Teilnahme Islands, Norwegens und der Schweiz an dem durch den angefochtenen Beschluss geschaffenen System führen könnte. Diese Länder seien nämlich an der Schengen-Zusammenarbeit im Visumbereich beteiligt, nicht aber an der polizeilichen Zusammenarbeit. Jedoch könnten die möglichen Auswirkungen der rechtlichen Qualifizierung des angefochtenen Beschlusses auf Drittländer einerseits nichts daran ändern, dass dieser zwingend objektiv zu qualifizieren sei. Andererseits begrüße und befürworte es sehr eine Lösung, die diesen Staaten eine Teilnahme an dem System ermögliche.

B –    Der Standpunkt des Rates

26.      Der Rat weist die Argumente des Vereinigten Königreichs insgesamt zurück.

27.      Vorab sei darauf hinzuweisen, dass das Vereinigte Königreich innerhalb des derzeit geltenden rechtlichen Rahmens bereits die Möglichkeit habe, auf der Grundlage des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI(10) Zugang zu den im VIS enthaltenen Daten zu erhalten. Der einzige Unterschied bestehe darin, dass der Zugang beim derzeitigen System indirekt sei, während das Vereinigte Königreich einen direkten Zugang durch Beteiligung an dem angefochtenen Beschluss erhalten wolle.

28.      Der Rat wendet sich gegen das Vorbringen des Vereinigten Königreichs, wonach die Modalitäten der Annahme des angefochtenen Beschlusses in sich widersprüchlich seien. Der Umstand, dass die Rechtsgrundlage der Maßnahme in Titel VI EU und nicht in Titel IV EG zu finden sei, sei nämlich für die Feststellung, ob der angefochtene Beschluss eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Bereich der Visumpolitik darstelle, unerheblich. Es gebe keine Vorschrift, die eine zwingende Verbindung zwischen der Wahl der Rechtsgrundlage und dem Bereich des Schengen-Besitzstands vorschreibe, zu dem eine bestimmte Maßnahme gehöre.

29.      Das mit dem angefochtenen Beschluss verfolgte Ziel bestehe gerade darin, die VIS-Regelung um einige Sonderregelungen für den Zugang zur Visadatenbank zur Verhütung und Bekämpfung von Straftaten zu ergänzen. Die Wahl der Rechtsgrundlage sei somit zutreffend gewesen, da Art. 30 Abs. 1 Buchst. b EU eine Zusammenarbeit vorsehe, die „das Einholen, Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen sachdienlicher Informationen … insbesondere unter Einschaltung von Europol“ umfasse.

30.      Der vom Vereinigten Königreich vertretene Ansatz, wonach die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Bereich des Schengen-Besitzstands ausschließlich anhand der Kriterien des Inhalts und des Ziels der einzuordnenden Vorschrift zu prüfen sei, sei abzulehnen. Die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs verlange keinen solchen einheitlichen Ansatz. Hingegen sei über den Inhalt und den Gegenstand des Rechtsakts hinaus auch das Kriterium der Kohärenz des Schengen-Besitzstands zu berücksichtigen. Dieses Kriterium werde beispielsweise im Beschluss 2000/365/EG betont.

31.      Der angefochtene Beschluss sei sowohl unter funktionellen als auch unter materiellen Gesichtspunkten mit der VIS-Verordnung verbunden. Die Tatsache, dass der angefochtene Beschluss eine andere Rechtsgrundlage als die VIS-Verordnung habe, spreche keineswegs dagegen, dass die fragliche Maßnahme als eine Weiterentwicklung und eine Ergänzung der VIS-Verordnung angesehen werden könne. Zwar könnte der angefochtene Beschluss bei isolierter Betrachtung nicht als mit den Schengener Übereinkommen verbunden angesehen werden, doch sei entscheidend, dass er eine objektive Verbindung zu den das VIS betreffenden Bestimmungen aufweise. Zudem sei zu bedenken, dass das VIS, anders als das Vereinigte Königreich es offenbar darstellen möchte, kein System mit zwei unterschiedlichen Zielsetzungen, nämlich der der Durchführung der Visumpolitik und der der Verhütung und Bekämpfung von Straftaten, sei. Das VIS habe nur einen einzigen Hauptzweck, der darin bestehe, den Austausch von Informationen über Einreisevisa unter den für die Einwanderung und die Kontrolle der Einreise zuständigen nationalen Behörden zu ermöglichen. Die Möglichkeit des Zugangs zu einem solchen System zu polizeilichen Zwecken müsse gegenüber dem Hauptziel als ganz und gar zweitrangig und nebensächlich angesehen werden. Ferner sei von Bedeutung, dass dieser Zugang aus polizeilichen Gründen ein Nur-Lese-Zugriff sei, ohne Möglichkeit, VIS-Daten einzugeben oder zu ändern.

32.      Schlösse man sich dem Standpunkt des Vereinigten Königreichs an, wären Island, Norwegen und die Schweiz vom Anwendungsbereich des Beschlusses ausgeschlossen. Dies hätte das paradoxe Ergebnis zur Folge, dass diese Drittstaaten zum Zweck der Verhütung und Bekämpfung von Straftaten keinen Zugang zum VIS-System hätten, obwohl sie in vollem Umfang an dessen Verwaltung und Nutzung beteiligt seien. So gesehen würden diese Staaten gegenüber den Staaten, die nicht am VIS beteiligt seien (das Vereinigte Königreich und Irland), benachteiligt.

C –    Der Standpunkt der Kommission und des Königreichs Spanien

33.      Die Kommission ist dem Rechtsstreit als Streithelferin des Rates beigetreten und schließt sich dessen Vorbringen an. Sie beruft sich insbesondere auf den Grundsatz der Kohärenz des Schengen-Besitzstands und macht geltend, dass es nicht möglich sei, das VIS als ein System mit zweifacher Zielsetzung anzusehen.

34.      Im ursprünglichen Vorschlag, der zur Annahme des angefochtenen Beschlusses geführt habe, sei die Möglichkeit, diesen vollumfänglich auf das Vereinigte Königreich anzuwenden, nicht in Betracht gezogen worden. Es sei nämlich lediglich ein indirekter Zugang für das Vereinigte Königreich und Irland vorgesehen gewesen.

35.      Das Königreich Spanien, das lediglich mündliche Erklärungen abgegeben hat, geht ebenfalls davon aus, dass der Standpunkt des Rates zutreffend ist. Insbesondere könne der angefochtene Beschluss auch dann als eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Visumbereich angesehen werden, wenn man ihn allein anhand der Kriterien des Inhalts und des Ziels untersuchte. Der Inhalt und das Ziel des angefochtenen Beschlusses bezögen sich nämlich lediglich auf einige Modalitäten des Zugangs zu einer Datenbank, die, was unbestritten sei, in den Bereich der verstärkten Schengen-Zusammenarbeit fielen, an der das Vereinigte Königreich nicht beteiligt sei.

V –    Würdigung

A –    Einleitende Bemerkungen

1.      Zum Antrag des Vereinigten Königreichs

36.      Das Vereinigte Königreich hat einen ungewöhnlich formulierten Antrag vor dem Gerichtshof gestellt. Auf der einen Seite begehrt es nämlich die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses. Auf der anderen Seite beantragt es, dessen Bestimmungen mit Ausnahme derjenigen, die die Beteiligung des Vereinigten Königreichs an dem in dem Beschluss vorgesehenen Mechanismus des Zugangs zum VIS ausschließen, aufrechtzuerhalten.

37.      In formeller Hinsicht könnte der zweite Teil des Antrags als Antrag nach Art 231 EG zu verstehen sein, bis zu einem erneuten Tätigwerden des Gesetzgebers einige Wirkungen des Beschlusses aufrechtzuerhalten.

38.      Das Vereinigte Königreich hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sein Antrag, einige Wirkungen des Beschlusses aufrechtzuerhalten, in Wirklichkeit als auf den gesamten Beschluss bezogen zu verstehen sei. Diese Aufrechterhaltung hätte somit lediglich den Zweck, bis zur Annahme eines neuen Beschlusses durch den Rat die unveränderte Fortführung des gegenwärtigen Systems zu ermöglichen.

39.      Festzustellen ist, dass zwischen dem Klagebegehren des Vereinigten Königreichs (vgl. insbesondere Randnr. 116 Buchst. b) und seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung eine gewisse Unstimmigkeit besteht. In der Klage wird der Antrag, die Bestimmungen des angefochtenen Beschlusses aufrechtzuerhalten, nämlich ausdrücklich auf die Teile des Beschlusses beschränkt, die das Vereinigte Königreich nicht vom Zugang zum VIS zu polizeilichen Zwecken ausschließen, so dass es in Wirklichkeit verlangt, einstweilen unmittelbar auf die Daten dieser Bank zugreifen zu können. In der mündlichen Verhandlung hat das Vereinigte Königreich hingegen, wie bereits erwähnt, eingeräumt, dass seine Polizeibehörden auch im Fall der Nichtigerklärung des Beschlusses erst nach Erlass einer neuen Maßnahme einen direkten Zugang zur Visadatenbank erhalten könnten.

40.      Dieser Punkt erscheint mir allerdings eher zweitrangig. Die für eine teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses erforderlichen objektiven Voraussetzungen liegen nämlich hier nicht vor und folglich auch nicht die Voraussetzungen für eine einstweilige Fortgeltung einiger Teile desselben.

41.      Die teilweise Nichtigerklärung eines Rechtsakts ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nämlich nur insoweit möglich, als davon Teile betroffen sind, die sich von dem Rechtsakt „trennen lassen“, und die teilweise Nichtigerklärung nicht den Wesensgehalt dieses Aktes verändert(11).

42.      Vorliegend betreffen die vom Vereinigten Königreich geltend gemachten Mängel jedoch nicht nur einen speziellen Teil des angefochtenen Beschlusses, sondern den Beschluss insgesamt. Die Entscheidung, bestimmte Mitgliedstaaten am Erlass eines Rechtsakts zu beteiligen oder nicht, stellt gewiss keinen Teil dieses Rechtsakts dar, der sich ohne Weiteres von dessen Rest trennen ließe. Es ist nämlich offensichtlich, dass das Vereinigte Königreich und Irland, wären sie berechtigt gewesen, sich am Erlass des angefochtenen Beschlusses zu beteiligen, das Recht/die Pflicht gehabt hätten, sich zu der Maßnahme insgesamt zu äußern und darüber abzustimmen. Der Rat weist in seinen schriftlichen Erklärungen zu Recht darauf hin, dass bei einer eventuellen Rechtswidrigkeit dieser Art der angefochtene Beschluss insgesamt neu geprüft werden müsste. Mit anderen Worten müsste der Gesetzgeber der Union sozusagen wieder von vorne anfangen.

43.      Sollte das Vereinigte Königreich mit seinem Vorbringen Erfolg haben, könnte die Entscheidung des Gerichtshofs somit nur auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses insgesamt lauten.

2.      Zum ursprünglichen Vorschlag der Kommission

44.      Wie bereits erwähnt, macht das Vereinigte Königreich geltend, dass der ursprüngliche Vorschlag der Kommission für den angefochtenen Beschluss die Möglichkeit eines Zugangs zu Informationen zugunsten der Polizeibehörden des Vereinigten Königreichs vorgesehen habe. Dies zeige, dass sein Standpunkt zutreffend sei, da es bestätige, dass der angefochtene Beschluss nicht als eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Visumbereich angesehen werden könne.

45.      Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Untersuchung des ursprünglichen Vorschlags der Kommission, auch wenn sich daraus möglicherweise nützliche Hinweise für die Klärung der besonderen Umstände dieses Falls entnehmen lassen, für die Feststellung einer eventuellen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses jedenfalls ohne Bedeutung ist.

46.      Am bedeutsamsten ist jedoch ein anderer Gesichtspunkt. Dem Vorschlag der Kommission lag eine gänzlich andere Betrachtungsweise zugrunde als dem angefochtenen Beschluss. Die Kommission hatte nämlich neben dem direkten Zugang der Polizeibehörden der Schengen-Staaten zum VIS auch eine Zusammenlegung der jeweiligen Datenbanken der am VIS beteiligten Staaten und der nicht am VIS beteiligten Mitgliedstaaten (des Vereinigten Königreichs und Irlands) vorgesehen. Es ist daher völlig logisch, dass bei diesem Vorschlag davon ausgegangen wurde, dass sich auch das Vereinigte Königreich an dessen Genehmigung beteiligen müsste, da es seinerseits Zugang zu seiner Visadatenbank gewähren sollte.

47.      Allerdings war für die nicht am VIS beteiligten Mitgliedstaaten auch im ursprünglichen Vorschlag der Kommission keine Möglichkeit für einen direkten Zugang zu dieser Datenbank vorgesehen. Art. 6 des Vorschlags enthielt nämlich bereits einen Mechanismus für einen indirekten Zugang, der auf der Weiterleitung einer Anfrage durch die Behörden eines am VIS beteiligten Staates basierte.

48.      Mit dem angefochtenen Beschluss werden die ursprünglichen Ambitionen im Vorschlag der Kommission sozusagen zurückgeschraubt. Der angefochtene Beschluss ist nämlich eine Maßnahme, die nur den Zugang zum VIS für strafrechtliche Ermittlungs- und Verfolgungstätigkeiten zum Gegenstand hat und keine Bestimmungen über den Austausch von Daten zwischen den am VIS beteiligten und den nicht daran beteiligten Staaten enthält.

49.      Alles in allem scheint mir die Prüfung des ursprünglichen Vorschlags der Kommission nichts zu ergeben, was für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses von entscheidender Bedeutung sein könnte.

B –    Die Qualifizierung des angefochtenen Beschlusses

50.      Das Problem, das der Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache zu lösen hat, ist einzig und allein, zu bestimmen, ob der angefochtene Beschluss als ein Rechtsakt zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Visumbereich betrachtet werden kann.

51.      Die Verfahrensbeteiligten sind sich darüber einig, dass das Vereinigte Königreich bei einer Bejahung dieser Frage zu Recht von der Annahme des angefochtenen Beschlusses ausgeschlossen wurde. Der Gerichtshof hat nämlich eindeutig festgestellt, dass die Beteiligung an einer Maßnahme, die zu einem Bereich des Schengen-Besitzstands gehört, denjenigen Mitgliedstaaten vorbehalten ist, die sich an der Zusammenarbeit in diesem Bereich beteiligen. Diese Feststellung wurde in zwei Urteilen getroffen, die beide am 18. Dezember 2007 verkündet wurden und Rechtssachen betrafen, in denen sich ebenfalls das Vereinigte Königreich und der Rat gegenüberstanden(12).

52.      In diesen Urteilen wandte der Gerichtshof die Kriterien zur Wahl der Rechtsgrundlage eines Rechtsakts der Union analog an, um zu bestimmen, ob eine Maßnahme mit dem Schengen-Besitzstand verbunden ist. Er hat insbesondere entschieden, dass „die Einstufung eines Rechtsakts der Gemeinschaft, der einen Vorschlag oder eine Initiative auf der Grundlage des Schengen-Besitzstands … enthält, auf objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände gründen muss, zu denen insbesondere das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören“(13).

53.      Wäre im vorliegenden Fall nur auf die Zielsetzung des angefochtenen Beschlusses abzustellen, könnte das Vereinigte Königreich die beantragte Nichtigerklärung wahrscheinlich erreichen. Wie nämlich auch die vom Rat gewählte Rechtsgrundlage (wie bereits erwähnt, sind dies die Bestimmungen des Titels VI des EU-Vertrags) zeigt, soll mit dem Beschluss ohne Zweifel ein Ziel erreicht werden, das für Rechtsakte der polizeilichen Zusammenarbeit typisch ist. Dies erkennt selbst der Rat an.

54.      Anders und in gewisser Hinsicht weniger eindeutig verhält es sich hingegen bei der Frage des Inhalts des Rechtsakts. Dass der Inhalt des angefochtenen Beschlusses aus einer Reihe von Bestimmungen besteht, die den Zugang zum VIS zu polizeilichen Zwecken ermöglichen, könnte dafür sprechen, die Maßnahme nach dem Kriterium, das sich auf ihren Inhalt bezieht, als eine Maßnahme im Bereich des Titels VI des EU-Vertrags zu qualifizieren.

55.      Konkret betrifft der angefochtene Beschluss jedoch nicht den Austausch persönlicher Daten zu polizeilichen Zwecken im Allgemeinen(14). Er regelt im Gegenteil die Modalitäten, um ausnahmsweise und unter bestimmten Voraussetzungen zu polizeilichen Zwecken Zugang zu einer Datenbank (dem VIS) zu erhalten, die nicht für solche Zwecke konzipiert war. Alle Verfahrensbeteiligten sind sich darüber einig, dass sich die gewöhnliche und vorwiegende Nutzung des VIS auf die Kontrolle der Grenzen und der Einreisen bezieht und nicht auf die Verhütung oder Bekämpfung von Straftaten. Mit anderen Worten, der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, den angefochtenen Beschluss als eine einfache Maßnahme zur Verwaltung des VIS auszugestalten, die in bestimmten Fällen die Nutzung dieses Systems zu Zwecken ermöglicht, die sich von denen unterscheiden, für die es in der Regel verwendet wird.

56.      Folglich besteht der Inhalt des angefochtenen Beschlusses in erster Linie weniger aus einer Reihe von Bestimmungen, deren Zweck in der polizeilichen Zusammenarbeit liegt, als vielmehr aus einer Gesamtheit von Maßnahmen zur Verwaltung des VIS, d. h. einer Datenbank für Visa, die auf der Grundlage des Titels IV des EG-Vertrags geschaffen wurde und Teil eines Bereichs der verstärkten Schengen-Zusammenarbeit ist, an dem das Vereinigte Königreich nicht beteiligt ist.

57.      Die analoge Anwendung der Kriterien, die zur Ermittlung der Rechtsgrundlage eines Rechtsakts herangezogen werden können, ermöglicht somit keine eindeutige Lösung des Problems, ob der angefochtene Beschluss als eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Visumbereich qualifiziert werden kann oder nicht.

58.      Außerdem bin ich der Ansicht, dass im Allgemeinen eine isolierte und abstrakte Betrachtung des Zwecks und des Inhalts des Beschlusses nicht ausreichend ist, wenn es nicht um die Wahl der Rechtsgrundlage, sondern wie hier um die Verbindung mit dem Schengen-Besitzstand geht.

59.      Erstens hat der Gerichtshof nämlich insoweit, wie bereits erwähnt, nicht einfach auf seine Rechtsprechung zur Wahl der Rechtsgrundlage verwiesen, sondern ausdrücklich erklärt, dass die Kriterien dieser Rechtsprechung in analoger Weise anzuwenden seien. Deshalb steht keineswegs fest, dass dabei in derselben Weise zu verfahren ist.

60.      Zweitens sind auch nach der Rechtsprechung zur Wahl der Rechtsgrundlage nicht ausschließlich der Inhalt und das Ziel des Rechtsakts heranzuziehen. Nach dieser Rechtsprechung ist es vielmehr notwendig, auf objektive Elemente Bezug zu nehmen, die eine gerichtliche Nachprüfung der Wahl des Gesetzgebers ermöglichen. Zu diesen objektiven Elementen zählen typischerweise der Inhalt und der Zweck, die vom Gerichtshof oftmals angeführt werden. Dies sind jedoch keineswegs die einzig möglichen Elemente, die zu berücksichtigen sind(15).

61.      Im vorliegenden Fall scheint mir ein weiteres objektives Element zu berücksichtigen zu sein. Wie erwähnt, bezieht sich der angefochtene Beschluss in materieller Hinsicht auf eine Datenbank (das VIS), die innerhalb der Schengen-Zusammenarbeit in einem Bereich (dem der Visa) eingerichtet wurde, an dem das Vereinigte Königreich nicht beteiligt ist. Dies zeigt ohne jeden Zweifel eine enge Verbindung des angefochtenen Beschlusses zur Schengen-Zusammenarbeit im Visumbereich.

62.      Drittens hat der Gerichtshof daran erinnert, dass eine Bestimmung, was im Übrigen ständige Rechtsprechung ist, niemals für sich allein betrachtet werden darf, sondern immer in dem speziellen Kontext, in dem sie steht(16).

63.      Viertens schließlich zwingt die ganz spezielle Natur der Schengen-Zusammenarbeit als einer verstärkten Zusammenarbeit, die nur einen Teil der Mitgliedstaaten der Union betrifft, zur Berücksichtigung eines weiteren Grundsatzes, nämlich dem der Integrität und der Kohärenz des Schengen-Besitzstands(17). Dieser Grundsatz findet sich u. a. auch im zweiten Erwägungsgrund des bereits erwähnten Beschlusses 2000/365/EG wieder(18).

64.      Auch der Gerichtshof hat, wenngleich er sich nicht ausdrücklich zu diesem Punkt geäußert hat, berücksichtigt, dass vermieden werden muss, den Schengen-Besitzstand zu zerstückeln und zu verfälschen, indem Formen einer allzu „einfachen“ Beteiligung derjenigen Mitgliedstaaten zugelassen werden, die nicht an der Schengen-Zusammenarbeit beteiligt sind. Insbesondere hat er festgestellt, dass die Maßnahmen zur Entwicklung des Schengen-Besitzstands „mit den Bestimmungen, die sie umsetzen oder deren Weiterentwicklung sie darstellen, in Einklang stehen [müssen], so dass sie die Billigung sowohl dieser Bestimmungen als auch der Grundsätze voraussetzen, auf denen sie beruhen“(19).

65.      Die soeben zitierte Passage bezieht sich auf eine Situation, die mit der vorliegenden nicht identisch ist. In jenem Fall ging der Gerichtshof nämlich davon aus, dass die zu bewertende Maßnahme ohne Zweifel eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands darstellte, während in der vorliegenden Rechtssache gerade diese Qualifizierung im Streit ist. Das Zitat zeigt meiner Ansicht nach jedoch gut, dass vermieden werden muss, den Schengen-Besitzstand einer Auslegung zu unterziehen, die letztlich dazu führt, seine Reichweite und Charakteristika scheinbar leicht, in Wirklichkeit aber erheblich zu ändern(20).

66.      Meiner Ansicht nach verpflichtet der Grundsatz der Integrität und der Kohärenz des Schengen-Besitzstands dazu, jede Maßnahme, die ohne diesen konkret nicht existieren könnte, als eine Weiterentwicklung desselben anzusehen. Im vorliegenden Fall setzt der Zugang zu den Daten des VIS ganz offensichtlich die Existenz dieses Systems voraus, dessen ausschließliche Grundlage die Schengen-Zusammenarbeit im Visumbereich ist.

67.      Folglich führt der Grundsatz der Integrität und der Kohärenz dazu, den angefochtenen Beschluss als eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Visumbereich anzusehen.

68.      Damit sind wir jetzt in einer Situation, in der die Anwendung verschiedener Auslegungskriterien zu zwei entgegengesetzten Ergebnissen führt. Auf der einen Seite legt die Untersuchung des Zwecks des angefochtenen Beschlusses dessen Qualifizierung als „normale“ Maßnahme polizeilicher Zusammenarbeit nahe. Auf der anderen Seite führt die Anwendung des Grundsatzes der Integrität und der Kohärenz des Schengen-Besitzstands dazu, ihn als eine Maßnahme zur Weiterentwicklung der verstärkten Zusammenarbeit im Visumbereich, also eben gerade des Schengen-Besitzstands, zu qualifizieren. Die Prüfung des Inhalts des angefochtenen Beschlusses kann ihrerseits, wie oben ausgeführt, sowohl zu der einen als auch zu der anderen Qualifizierung führen.

69.      Es muss also ein Kriterium gefunden werden, mit dessen Hilfe der einen oder der anderen Sichtweise der Vorzug gegeben werden kann.

70.      Die spezielle Situation des vorliegenden Falles erlaubt es meines Erachtens nicht, in analoger Weise die Kriterien anzuwenden, die der Gerichtshof für die Wahl der Rechtsgrundlage aufgestellt hat, wenn unsicher ist, welcher von zwei möglichen Ansätzen zugrunde zu legen ist.

71.      Erstens ist nämlich der Grundsatz, dass von mehreren möglichen Rechtsgrundlagen für einen Rechtsakt der Union diejenige heranzuziehen ist, die der angestrebten hauptsächlichen Zielsetzung entspricht, nicht anwendbar(21). Dieser Grundsatz ist nämlich, wie sich auch aus der Formulierung des Gerichtshofs klar ergibt, nur dann anwendbar, wenn es aufgrund mehrerer Ziele der zu qualifizierenden Rechtsvorschrift mehrere mögliche Rechtsgrundlagen gibt. Im vorliegenden Fall liegt das Problem jedoch nicht in erster Linie im Vorhandensein mehrerer Zielsetzungen, sondern in den unterschiedlichen Ergebnissen, zu denen zwei unterschiedliche Kriterien für die rechtliche Qualifizierung der Rechtsnorm führen (das der Berücksichtigung des Zwecks auf der einen Seite und das der Integrität und der Kohärenz des Schengen-Besitzstands auf der anderen Seite).

72.      Zweitens ist auch der Grundsatz, dass eine Maßnahme auf zwei verschiedene Rechtsgrundlagen gestützt werden kann, nicht anwendbar, den der Gerichtshof im Übrigen als Ausnahme betrachtet(22). In der vorliegenden Rechtssache führt die Anwendung der beiden genannten Kriterien nämlich zu zwei nicht miteinander zu vereinbarenden Ergebnissen. Denn es ist nicht denkbar, dass ein Rechtsakt als gewöhnliche Maßnahme polizeilicher Zusammenarbeit und zugleich als Maßnahme zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Visumbereich erlassen werden kann. Dabei handelt es sich nämlich um zwei Situationen, die per definitionem zwei unterschiedliche Gruppen von Staaten betreffen (die Mitgliedstaaten der Union im ersten Fall, einen Teil der Staaten der Union und einige Drittstaaten im zweiten Fall).

73.      Das Problem könnte meines Erachtens in der Weise gelöst werden, dass auf das sozusagen „spezifische Gewicht“ der widerstreitenden Kriterien abgestellt wird. Es handelt sich um Kriterien, die grundsätzlich dieselbe Bedeutung und Wertigkeit besitzen, sich aber aufgrund der besonderen Umstände der einzelnen Situation hierarchisch einordnen lassen, indem dem einen Vorrang vor dem anderen zuerkannt wird. Dabei ist derselben Logik zu folgen, der der Gerichtshof bei der Bestimmung der Rechtsgrundlage eines Rechtsakts folgt, wenn dieser aus zwei unterschiedlichen Teilen besteht. In diesen Fällen ist die Rechtsgrundlage heranzuziehen, die mit dem Hauptbestandteil verbunden ist. In unserem Fall ist demjenigen der beiden Kriterien der Vorrang zu geben, das unter den besonderen Umständen in Anbetracht des Inhalts des in Rede stehenden Rechtsakts als das geeignetere erscheint.

74.      In der vorliegenden Rechtssache bezieht sich das Kriterium der Zielsetzung auf die polizeiliche Funktion des angefochtenen Beschlusses. Das Kriterium der Integrität und der Kohärenz des Schengen-Besitzstands zielt hingegen auf die inhaltlichen Aspekte des fraglichen Rechtsakts ab, bei dem es um die Nutzung einer Datenbank (des VIS) geht, die zur Verwaltung von Visa geschaffen worden ist.

75.      Meiner Ansicht nach überwiegt das „Schengen-Element“, d. h. die VIS-Datenbank, im konkreten, dem Gerichtshof hier zur Entscheidung vorliegenden Fall das „Element der polizeilichen Zusammenarbeit“, das Ersterem gegenüber zugleich akzessorisch ist und von diesem abhängt, und zwar deshalb, weil der angefochtene Beschluss aus gesetzgeberischer Sicht vor allem eine Maßnahme zur Verwaltung der VIS-Datenbank ist. Anders ausgedrückt, der angefochtene Beschluss besteht inhaltlich nicht nur aus einer Gesamtheit von Vorschriften zur Verhütung und Bekämpfung von Straftaten, sondern auch und vor allem aus einer Gesamtheit von Vorschriften zur Abfrage des VIS.

76.      Dabei darf die Tatsache nicht außer Betracht gelassen werden, dass das Vereinigte Königreich, wie es selbst in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, beim gegenwärtigen Stand der Dinge nicht einmal dann unmittelbar auf die Daten des VIS zugreifen könnte, wenn ihm diese Möglichkeit zugestanden würde. Es verfügt nämlich nicht über die notwendige Infrastruktur (die „physische“ Anbindung an das VIS). Diese Infrastruktur könnte auch sicher nicht auf der Grundlage des angefochtenen Beschlusses geschaffen werden. Dieser enthält nämlich keine technischen Bestimmungen, was seine Akzessorietät gegenüber dem Regelwerk für das VIS bestätigt, das auf der Grundlage des Titels IV des EG-Vertrags erlassen worden ist.

77.      Der Rat hat in seinen schriftlichen Erklärungen wiederholt darauf hingewiesen, dass die Qualifizierung des angefochtenen Beschlusses als „normale“ Maßnahme polizeilicher Zusammenarbeit zu dem paradoxen Ergebnis führen würde, dass Ländern zur Verhütung und Verfolgung bestimmter besonders schwerer Straftaten Zugang zum VIS gewährt würde (dem Vereinigten Königreich und Irland), obwohl sie keinen Beitrag zur Verwaltung dieser Datenbank leisteten, während ein solcher Zugang Ländern verwehrt würde (der Schweiz, Norwegen und Island), die einen Beitrag zur Verwaltung und Finanzierung des VIS leisteten, das von ihnen täglich für seine „gewöhnlichen“ Zwecke (d. h. insbesondere die Grenzkontrolle) genutzt werde.

78.      Das Vereinigte Königreich bemüht sich, den angefochtenen Beschluss als eine Maßnahme des Informationsaustauschs darzustellen, und trägt vor, dass das Vereinigte Königreich und Irland, wenn sie daran beteiligt würden, die Daten zur Verfügung stellten, über die sie im Visumbereich verfügten. Dieses Vorbringen beruht jedoch meiner Ansicht nach auf einer falschen Sichtweise. Es wäre zutreffend, wenn der angefochtene Beschluss vom Gesetzgeber tatsächlich gemäß dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission als eine Maßnahme für den Datenaustausch geplant worden wäre. Da es sich jedoch, wie bereits erwähnt, bei dem angefochtenen Beschluss in Wirklichkeit lediglich um eine Maßnahme zur Verwaltung und Organisation der VIS-Datenbank handelt, halte ich die Sichtweise, der zufolge nur diejenigen zum Erlass einer derartigen Maßnahme berechtigt sind, die diese Datenbank geschaffen haben und sie verwalten, für die richtige.

79.      Selbstverständlich wäre es sehr wünschenswert, dass die im VIS enthaltenen Informationen im Visumbereich einerseits und die Informationen in den entsprechenden Datenbanken des Vereinigten Königreichs und Irlands andererseits zumindest hinsichtlich bestimmter Zwecke miteinander verknüpft werden. Dies ist jedoch nur aufgrund eines gänzlich anderen Ansatzes als dem des angefochtenen Beschlusses möglich, nämlich durch eine Maßnahme, die speziell die Verknüpfung oder den Austausch solcher Daten zum Gegenstand hat.

C –    Die vom Rat gewählte Rechtsgrundlage

80.      Abschließend bleibt jedoch ein letztes Problem, das nicht ignoriert werden kann und vielleicht den heikelsten und schwierigsten Punkt in der vorliegenden Rechtssache darstellt. Ich meine die mögliche Rolle, die der Rechtsgrundlage beizumessen ist, die der Rat zur Annahme des fraglichen Rechtsakts herangezogen hat.

81.      Das Vereinigte Königreich hält, wie bei der Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien erwähnt, insbesondere daran fest, dass die Heranziehung einer Rechtsgrundlage aus dem Titel VI des EU-Vertrags zeige, dass der angefochtene Beschluss keine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Visumbereich darstelle, sondern eine Maßnahme polizeilicher Zusammenarbeit, an der das Vereinigte Königreich folglich hätte beteiligt werden müssen.

82.      Dem im vorhergehenden Absatz angeführten Argument liegt im Wesentlichen die Vorstellung zugrunde, dass es unzulässig sei, einen Beschluss auf den Titel VI des EU-Vertrags zu stützen und zugleich als eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Visumbereich zu qualifizieren.

83.      Es ist jedoch daran zu erinnern, dass der Schengen-Besitzstand auch Maßnahmen umfasst, die die polizeiliche Zusammenarbeit betreffen(23). Auch wenn das Vereinigte Königreich an diesem Bereich der Schengen-Zusammenarbeit im Gegensatz zum Visumbereich zumindest teilweise beteiligt ist(24), zeigt dies jedoch, dass eine polizeiliche Maßnahme für sich genommen in den Bereich der Schengen-Zusammenarbeit fallen kann und kein grundsätzliches Hindernis besteht, eine in Titel VI des EU-Vertrags gründende Maßnahme als zum Schengen-Besitzstand gehörend zu qualifizieren.

84.      Die Tatsache, dass die Art. 30 EU und 34 EU die Rechtsgrundlage des angefochtenen Beschlusses bilden, schließt also nicht aus, dass der Beschluss selbst eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands darstellt.

85.      Das Vereinigte Königreich bestreitet jedoch nicht, dass es sich bei dem angefochtenen Beschluss um eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Allgemeinen handelt, sondern, dass es sich um eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Visumbereich handelt. Dazu ist jedoch aufgrund meiner obigen Ausführungen festzustellen, dass die Verfolgung eines „polizeilichen“ Zwecks nichts an der Tatsache ändert, dass es sich bei der Maßnahme inhaltlich im Wesentlichen um einen Beschluss handelt, der die Modalitäten der Verwaltung des VIS betrifft.

86.      Außerdem ist zu berücksichtigen, dass das Vereinigte Königreich automatisch nicht einmal an den Schengen-Maßnahmen beteiligt ist, die die polizeiliche Zusammenarbeit betreffen. Seine Beteiligung ist auf die Fälle beschränkt, in denen eine solche ausdrücklich vorgesehen ist.

87.      Folglich ist festzustellen, dass die Entscheidung des Rates, den angefochtenen Beschluss zugleich als eine Maßnahme zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Visumbereich und als einen auf Titel VI des EU-Vertrags gegründeten Rechtsakt anzusehen, zwar untypisch, aber zutreffend ist. Der angefochtene Beschluss ist eine Maßnahme, die unter die Schengen-Zusammenarbeit fällt und deren Rechtsgrundlage die Unionsvorschriften bilden, die die polizeiliche Zusammenarbeit regeln. Da der angefochtene Beschluss jedoch ein Rechtsakt ist, der die Verwaltung des VIS betrifft, wird er von den „VIS-Ländern“ erlassen. Meiner Ansicht nach ist die Klage des Vereinigten Königreichs deshalb abzuweisen.

88.      Abschließend möchte ich noch auf einen wesentlichen Punkt hinweisen, nämlich auf die ganz spezielle Natur der vorliegenden Rechtssache. Eine etwaige Abweisung der Klage des Vereinigten Königreichs durch den Gerichtshof würde in keiner Weise die Bedeutung der Rechtsgrundlage im Unionsrecht in Frage stellen. Selbstverständlich bestimmt grundsätzlich die Angabe der Rechtsgrundlage eines Rechtsakts die Modalitäten, nach denen dieser zu erlassen ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die verstärkte Schengen-Zusammenarbeit eine Art paralleles Regelwerk im Unionsrecht darstellt. Die Vorschriften des Unionsrechts sind im Bereich der Schengen-Zusammenarbeit stets anwendbar, mit der (im vorliegenden Fall erfolgten) einzigen Begrenzung aufgrund der Tatsache, dass in einigen Fällen an den Beschlüssen nicht die für „gewöhnliche“ Rechtsakte der Union typische Zahl von Staaten beteiligt ist.

VI – Ergebnis

89.      Aufgrund der vorstehenden Ausführungen schlage ich dem Gerichtshof vor,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Vereinigten Königreich die Kosten aufzuerlegen;

–        der Kommission und dem Königreich Spanien jeweils ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.


1 – Originalsprache: Italienisch.


2 – ABl. L 218, S. 129.


3 – Protokoll (Nr. 2) zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands in den Rahmen der Europäischen Union. Mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon wurde das Schengen-Protokoll (jetzt Protokoll Nr. 19) leicht geändert. In der vorliegenden Rechtssache ist allerdings die frühere Fassung maßgeblich.


4 – Beschluss 2000/365/EG des Rates vom 29. Mai 2000 zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf sie anzuwenden (ABl. L 131, S. 43).


5 – Das Vereinigte Königreich ist, worauf es in seinen schriftlichen Erklärungen selbst hinweist, in den Bereichen Polizei und Sicherheit zu einem großen Teil am Schengen-Besitzstand beteiligt, während es an allem, was die Abschaffung der Binnengrenzen und die Freizügigkeit betrifft, nicht beteiligt ist.


6 – Entscheidung 2004/512/EG des Rates vom 8. Juni 2004 zur Errichtung des Visa-Informationssystems (VIS) (ABl. L 213, S. 5).


7 – Dem jetzt Art. 74 AEUV entspricht.


8 – Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über das Visa-Informationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (VIS-Verordnung) (ABl. L 218, S. 60).


9 – Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon wurden diese Bestimmungen aufgehoben und der Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit in den AEUV übertragen, wo er jetzt unter demselben Titel (Titel V des Dritten Teils) zu finden ist wie die Vorschriften, auf die sich die verstärkte Zusammenarbeit im Visumbereich gründet. Diese neue Platzierung eröffnet interessante Perspektiven, die auch in der mündlichen Verhandlung angesprochen worden sind. Wäre der angefochtene Beschluss heute zu erlassen, könnte er nach Auffassung des Rates somit auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt werden. Diese Anmerkung hat jedoch für die Lösung des vorliegenden Rechtsstreits keine Bedeutung.


10 – Rahmenbeschluss 2006/960/JI des Rates vom 18. Dezember 2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. L 386, S. 89).


11 – Urteil vom 11. Dezember 2008, Kommission/Département du Loiret (C‑295/07 P, Slg. 2008, I‑9363, Randnrn. 105 und 106 und die dort angeführte Rechtsprechung).


12 – Urteile vom 18. Dezember 2007, Vereinigtes Königreich/Rat (C‑77/05, Slg. 2007, I‑11459, Randnr. 62) und Vereinigtes Königreich/Rat (C‑137/05, Slg. 2007, I‑11593, Randnr. 50).


13 – Urteil Vereinigtes Königreich/Rat, in Fn. 12 angeführt (Randnr. 77). Der Gerichtshof führte sodann einige „klassische“ Entscheidungen zur Wahl der Rechtsgrundlage an: Urteile vom 11. Juni 1991, Kommission/Rat, „Titandioxid“ (C‑300/89, Slg. 1991, I‑2867, Randnr. 10), vom 13. September 2005, Kommission/Rat (C‑176/03, Slg. 2005, I‑7879, Randnr. 45), und vom 23. Oktober 2007, Kommission/Rat (C‑440/05, Slg. 2007, I‑9097, Randnr. 61).


14 – Ein System mit dieser Zielsetzung existierte wie oben erwähnt bereits aufgrund des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI (vgl. oben, Fn. 10). Dieses bietet allerdings, wie bereits erwähnt, nur einen indirekten Zugang zu Informationen und keinen direkten Zugang wie der angefochtene Beschluss.


15 – Vgl. z. B. Urteile vom 26. März 1987, Kommission/Rat (45/86, Slg. 1987, 1493, Randnr. 11), „Titandioxid“, in Fn. 13 angeführt (Randnr. 10), und vom 12. November 1996, Vereinigtes Königreich/Rat (C‑84/94, Slg. 1996, I‑5755, Randnr. 25). Vgl. außerdem das Gutachten 2/00 vom 6. Dezember 2001 (Slg. 2001, I‑9713, Randnr. 22).


16 – Urteil Vereinigtes Königreich/Rat, in Fn. 12 angeführt (Randnr. 55).


17 – Vgl. allgemein zu diesem Grundsatz die Schlussanträge von Generalanwältin Trstenjak vom 10. Juli 2007 in der Rechtssache Vereinigtes Königreich/Rat, in Fn. 12 angeführt (Nrn. 108 bis 112 der Schlussanträge).


18 – Dieser Erwägungsgrund lautet: „Der Schengen-Besitzstand wurde als kohärentes Ganzes konzipiert und wird auch als solches angewendet; er ist von allen Staaten, die dem Grundsatz der Abschaffung der Personenkontrollen an ihren gemeinsamen Grenzen zustimmen, in vollem Umfang zu übernehmen und anzuwenden.“


19 – Urteil Vereinigtes Königreich/Rat, in Fn. 12 angeführt (Randnr. 61).


20 – Zum Begriff der Kohärenz im juristischen Diskurs siehe meine Schlussanträge vom 5. März 2009 in der Rechtssache, in der das Urteil vom 11. Juni 2009, X BV, ergangen ist (C‑429/07, Slg. 2009, I‑0000, Nr. 28 und Fn. 6 der Schlussanträge).


21 – Vgl. Urteil vom 20. Mai 2008, Kommission/Rat (C‑91/05, Slg. 2008, I‑3651, Randnr. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).


22 – Vgl. z. B. Urteile vom 11. September 2003, Kommission/Rat (C‑211/01, Slg. 2003, I‑8913, Randnr. 40), und vom 10. Januar 2006, Kommission/Rat (C‑94/03, Slg. 2006, I‑1, Randnr. 36).


23 – Vgl. z. B. die Art. 39 ff. des Schengener Durchführungsübereinkommens (ABl. 2000, L 239, S. 1).


24 – Vgl. Art. 1 des oben angeführten Beschlusses 2000/365/EG.