Language of document : ECLI:EU:T:2022:195

URTEIL DES GERICHTS (Zehnte Kammer)

30. März 2022(*)

„Unionsmarke – Anmeldung einer Unionsmustermarke – Darstellung von Dreizacksternen auf schwarzem Hintergrund II – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑278/21,

Daimler AG mit Sitz in Stuttgart (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwältin N. Siebertz,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch J. Schäfer und E. Markakis als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des EUIPO vom 18. März 2021 (Sache R 1896/2020-5) über die Anmeldung eines Musterzeichens, das Dreizacksterne auf schwarzem Hintergrund II darstellt, als Unionsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. Kornezov sowie der Richter G. Hesse (Berichterstatter) und D. Petrlík,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 20. Mai 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 22. Juli 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 6. März 2020 meldete die Klägerin, die Daimler AG, nach der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Dabei handelt es sich um folgendes Musterzeichen:

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3        Die Marke wurde für eine Vielzahl an Waren und Dienstleistungen in den Klassen 3, 6 bis 9, 11, 12, 14, 16, 18, 20, 21, 24, 25, 27, 28, 35 bis 37, 39, 41 und 43 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet. Insbesondere handelt es sich bei den Waren in den Klassen 3, 6 bis 9, 11, 12, 14, 16, 18, 20, 21, 24, 25, 27 und 28 u. a. um Kosmetika und Mittel für die Körper- und Schönheitspflege, Baumaterialien, Motoren und Werkzeuge, Computer und Computerprogramme, elektronische Geräte jeglicher Art, Beleuchtungsgeräte und Geräte im Sanitärbereich, Fahrzeuge und deren Teile sowie Zubehör, Edelmetalle, Uhren und Schmuck, Schreibwaren, Lederwaren, Bekleidung, Haushaltswaren, Möbel, Stoffe und Bezüge sowie Teppiche und Spielzeug. Die Dienstleistungen in den Klassen 35 bis 37, 39, 41 und 43 decken ebenfalls ganz unterschiedliche Wirtschaftszweige ab und umfassen insbesondere Dienste im Bereich Werbung, Geschäftsführung, Finanzen und Versicherungen, Bau- und Transportwesen, Bildung, Unterhaltung sowie die Beherbergung und Verpflegung von Gästen.

4        Mit Entscheidung vom 30. Juli 2020 wies der Prüfer die Anmeldung gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 zurück.

5        Am 28. September 2020 legte die Klägerin gegen die Entscheidung des Prüfers gemäß den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 Beschwerde beim EUIPO ein.

6        Mit Entscheidung vom 18. März 2021 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Fünfte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Sie war der Auffassung, die Anmeldemarke sei nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 von der Eintragung auszuschließen, da sie keine Unterscheidungskraft habe.

 Anträge der Parteien

7        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten des Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

8        Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

9        Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 geltend.

10      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen.

11      Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne dieser Bestimmung bedeutet, dass die Marke geeignet ist, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 10. September 2015, EE/HABM [Darstellung weißer Punkte auf gelbem Grund], T‑143/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:616, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

12      Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf ihre Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise, die aus den Verbrauchern dieser Waren oder Dienstleistungen bestehen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 24. Februar 2016, Coca-Cola/HABM [Form einer Konturflasche ohne Riffelung], T‑411/14, EU:T:2016:94, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

13      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in Rn. 18 der angefochtenen Entscheidung zur Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise ausgeführt, dass sich die von der Anmeldemarke erfassten Waren und Dienstleistungen teilweise an allgemeine Verkehrskreise und teilweise an Fachverkehrskreise in den genannten Wirtschaftssektoren richteten und die maßgeblichen Verkehrskreise die der Europäischen Union seien. Der Aufmerksamkeitsgrad dieser Verkehrskreise könne daher – so die Beschwerdekammer weiter in dieser Rn. 18 – von durchschnittlich bis erhöht sein, je nachdem, ob es sich bei diesen Waren und Dienstleistungen um alltägliche Gebrauchsgüter bzw. täglich in Anspruch genommene Dienstleistungen handele oder ob sie Fachkenntnisse und eine sorgfältige Auswahl voraussetzten. Diese Beurteilung der Beschwerdekammer wird von der Klägerin nicht beanstandet.

14      Daher ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, dass der Anmeldemarke im Hinblick auf die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise in Bezug auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft fehle.

15      In den Rn. 24 und 25 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass die Anmeldemarke, die aus rasterförmig angeordneten, wiederkehrenden dreizackigen Elementen in weißer Farbe auf schwarzem Hintergrund bestehe, als dekorative Gestaltung der betreffenden Waren selbst oder ihrer Verpackung mit dem Erscheinungsbild der Waren in den Klassen 3, 6 bis 9, 11, 12, 14, 16, 18, 20, 21, 24, 25, 27 und 28 oder mit deren Verpackung verschmelze, weshalb die maßgeblichen Verkehrskreise nicht in der Lage sein würden, ein Zeichen zu identifizieren, das sich nicht vom Erscheinungsbild der Ware selbst unterscheide. Für die Beurteilung der originären Unterscheidungskraft der Anmeldemarke sei daher zu prüfen, ob sie erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweiche (Rn. 26 der angefochtenen Entscheidung). Hierzu hat die Beschwerdekammer in Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die dreizackigen weißen Komponenten auf schwarzem Hintergrund in der Anmeldemarke trotz ihrer wiederkehrenden Anordnung einfache geometrische Formen seien, die nicht geeignet seien, von den maßgeblichen Verkehrskreisen im Gedächtnis behalten zu werden, und von diesen vielmehr als rein dekoratives Raster wahrgenommen werden würden. Die maßgeblichen Verkehrskreise würden die Anmeldemarke nur als eine von vielen möglichen Formen und Gestaltungen von Oberflächengestaltungen der Waren oder ihrer Verpackungen ansehen und die Anmeldemarke daher ausschließlich als rasterförmige Dekoration, aber nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren wahrnehmen (Rn. 37 der angefochtenen Entscheidung).

16      Was die betreffenden Dienstleistungen in den Klassen 35 bis 37, 39, 41 und 43 angeht, würden die maßgeblichen Verkehrskreise in der Anmeldemarke lediglich die Aneinanderreihung einfacher geometrischer Figuren (dreizackiger Sterne) in weißer Farbe vor schwarzem Hintergrund sehen; die Kombination einfacher geometrischer Grundfiguren erscheine wie ein rein dekoratives Element (Rn. 41 der angefochtenen Entscheidung). Daher könne die Anmeldemarke ihre „Unterscheidungsfunktion“ – d. h., die Dienstleistungen der Klägerin von denen ihrer Wettbewerber zu unterscheiden – nicht erfüllen (Rn. 42 der angefochtenen Entscheidung).

17      Einleitend ist festzustellen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Mustermarken, die aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst bestehen, nicht von denen unterscheiden, die auf die übrigen Markenkategorien angewandt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. April 2015, Louis Vuitton Malletier/HABM – Nanu-Nana [Darstellung eines grauen Schachbrettmusters], T‑360/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:214, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18      Jedoch ist bei der Anwendung dieser Kriterien zu berücksichtigen, dass eine Marke, die aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst besteht, vom Durchschnittsverbraucher nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen wird wie eine Wort- oder Bildmarke, die aus einem Zeichen besteht, das vom Erscheinungsbild der mit der Marke gekennzeichneten Waren unabhängig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. April 2015, Darstellung eines grauen Schachbrettmusters, T‑360/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:214, Rn. 21, 24 und 25).

19      Die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise kann nämlich durch die Art des Anmeldezeichens beeinflusst werden. Da die Durchschnittsverbraucher aus Zeichen, die mit dem Erscheinungsbild der Waren verschmelzen, gewöhnlich nicht auf die betriebliche Herkunft dieser Waren schließen, sind solche Zeichen nur dann unterscheidungskräftig im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001, wenn sie erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweichen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Oktober 2004, Mag Instrument/HABM, C‑136/02 P, EU:C:2004:592, Rn. 30 und 31, vom 12. Januar 2006, Deutsche SiSi-Werke/HABM, C‑173/04 P, EU:C:2006:20, Rn. 28 und 31, sowie vom 4. Oktober 2007, Henkel/HABM, C‑144/06 P, EU:C:2007:577, Rn. 36 und 37).

20      Der entscheidende Gesichtspunkt für die Anwendbarkeit der oben angeführten Rechtsprechung ist nicht, als was das betreffende Zeichen eingestuft wird – als Bild‑, dreidimensionales oder sonstiges Zeichen –, sondern, dass es mit dem Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware verschmilzt. Außer auf dreidimensionale Marken ist dieses Kriterium demnach schon auf Bildmarken, die aus einer zweidimensionalen Wiedergabe der gekennzeichneten Ware bestanden, sowie auf ein Zeichen angewandt worden, das aus einem auf der Oberfläche der Ware angebrachten Muster bestand. Der Rechtsprechung zufolge haben zudem Farben und abstrakte Farbkombinationen nur unter außergewöhnlichen Umständen originäre Unterscheidungskraft, da sie mit dem Erscheinungsbild der gekennzeichneten Waren selbst verschmelzen und grundsätzlich nicht dazu verwendet werden, die betriebliche Herkunft zu identifizieren (vgl. entsprechend Urteile vom 6. Mai 2003, Libertel, C‑104/01, EU:C:2003:244, Rn. 65 und 66, sowie vom 24. Juni 2004, Heidelberger Bauchemie, C‑49/02, EU:C:2004:384, Rn. 39).

21      Insoweit hat das Gericht bereits den Ansatz gebilligt, wonach es nicht erforderlich ist, nachzuweisen, dass eine identische oder fast identische Form bereits auf dem Markt vorhanden ist, sondern zu prüfen ist, ob die betreffende Branche durch eine große Formenvielfalt gekennzeichnet ist und die Anmeldemarke lediglich als eine Variante davon angesehen wird. Denn dadurch, dass sich der Verbraucher auf dem Markt mit zahlreichen bestehenden Erscheinungsformen konfrontiert sieht, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass er eine bestimmte Form als Hinweis auf einen bestimmten Hersteller ansieht anstatt als Ausdruck der Vielfalt auf diesem Markt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juni 2019, Gibson Brands/EUIPO – Wilfer [Form eines Gitarrenkorpus], T‑340/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:455, Rn. 35 und 36).

22      Was den vorliegenden Fall betrifft, ist allgemein bekannt, dass sich der Verbraucher in Bezug auf die oben in Rn. 3 genannte breite Warenpalette auf dem Markt mit einer Vielzahl an Mustern oder Kombinationen geometrischer Grundformen bzw. einfachen geometrischen Formen konfrontiert sieht, etwa verschiedene Gestaltungen von Linien, Kreisen, Rechtecken, Fünfecken oder Sternen. Vorliegend kommt es entscheidend darauf an, ob die in der Anmeldemarke verkörperte Gestaltung geometrischer Figuren erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweicht und somit von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft dieser Waren wahrgenommen wird. Aufgrund der Einfachheit dieser Gestaltung – regelmäßige Wiederholung einer geometrischen Figur wie einem dreizackigen Stern, in weißer Farbe auf schwarzem Hintergrund – werden die maßgeblichen Verkehrskreise in dieser Form keine Kennzeichnung der Waren eines bestimmten Herstellers, sondern vielmehr den Ausdruck der Vielfalt auf dem betreffenden Markt sehen. Was die oben in Rn. 3 angeführten Dienstleistungen betrifft, mit deren Erscheinungsbild die Anmeldemarke nicht verschmelzen kann, kommt es, wie die Beschwerdekammer in Rn. 40 der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt hat, entscheidend darauf an, ob die Anmeldemarke aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet ist, die Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Zu Recht hat die Beschwerdekammer hierzu festgestellt, dass die angesprochenen Verkehrskreise in dem in Rede stehenden Zeichen lediglich die Aneinanderreihung einfacher geometrischer Figuren in weißer Farbe vor schwarzem Hintergrund sehen würden, die als rein dekoratives bzw. ästhetisches Element und nicht als Hinweis auf die Herkunft der Dienstleistungen wahrgenommen würde.

23      Hierzu macht die Klägerin als Erstes geltend, die Beschwerdekammer habe einen Rechtsfehler begangen, indem sie nicht angenommen habe, dass die überragende Bekanntheit der Marke „Dreizackstern im Ring“ dazu führe, dass die maßgeblichen Verkehrskreise in der Anmeldemarke, die das wiederkehrende „Dreizackstern“-Element enthalte, einen Hinweis auf die Herkunft der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen erkennen würden. Das Fortlassen des Rings um dieses prägende Element führe nicht zum Wegfall der Bekanntheit oder gar der Funktion des Zeichens, auf die betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen hinzuweisen.

24      Zur Stützung ihres Vorbringens hat die Klägerin aktuelle Verkehrsdurchsetzungsgutachten (aus den Jahren 2016 und 2018) betreffend die Marke „Dreizackstern im Ring“ für den deutschen, den französischen und den spanischen Markt vorgelegt, die belegen, dass der Marke auf diesen Märkten durchgängig eine äußerst hohe Bekanntheit von 97,7 % bis 99,4 % zukommt.

25      Die Struktur von Art. 7 der Verordnung 2017/1001 unterscheidet indes klar zwischen den originären Merkmalen eines Zeichens und denen, die es durch Benutzung auf dem Markt erwirbt. Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung regelt die originäre, Art. 7 Abs. 3 die erlangte Unterscheidungskraft eines Zeichens. Nur bei der Anwendung von Art. 7 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 sind die tatsächliche Benutzung eines Anmeldezeichens und seine Bekanntheit zu beurteilen. Denn diese Bestimmung erlaubt die Eintragung einer zunächst nicht unterscheidungskräftigen Marke, wenn sie für die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat (Urteil vom 6. Juni 2019, Ortlieb Sportartikel/EUIPO [Darstellung eines achteckigen Polygons], T‑449/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:386‚ Rn. 35).

26      In ihrer Markenanmeldung hat sich die Klägerin jedoch, wie sie selbst einräumt und wie die Beschwerdekammer festgestellt hat, weder auf Art. 7 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 berufen noch geltend gemacht, dass die Anmeldemarke Unterscheidungskraft durch Benutzung im Sinne dieser Bestimmung erlangt habe. Unter diesen Umständen kann sie sich nicht mit Erfolg auf die tatsächliche und konkrete Benutzung der Anmeldemarke berufen und auch nicht auf die Bekanntheit einer anderen, sich von der Anmeldemarke unterscheidenden Marke, die einen isolierten „Dreizackstern im Ring“ darstellt. Solche Erwägungen sind hier unerheblich, denn dadurch kommt der Anmeldemarke keine originäre Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung zu.

27      Daher ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen.

28      Als Zweites macht die Klägerin geltend, dass aus zahlreichen Entscheidungen nationaler Gerichte und Markenämter anderer Mitgliedstaaten hervorgehe, dass die Marke „Dreizackstern im Ring“ überragende Bekanntheit genieße.

29      Allerdings kann zum einen, wie bereits festgestellt, die Bekanntheit der aus einem „Dreizackstern im Ring“ bestehenden Marke – selbst wenn sie relevant wäre – nur im Rahmen von Art. 7 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 geltend gemacht werden, was hier nicht der Fall ist.

30      Zum anderen ist das EUIPO nach ständiger Rechtsprechung nicht an die Entscheidungen gebunden, die nationale Behörden in angeblich ähnlichen Rechtssachen erlassen haben und die jedenfalls nur einen Umstand darstellen, der für die Eintragung einer Unionsmarke lediglich berücksichtigt werden kann, ohne entscheidend zu sein (Urteile vom 16. Februar 2000, Procter & Gamble/HABM [Form einer Seife], T‑122/99, EU:T:2000:39, Rn. 61, und vom 19. September 2001, Henkel/HABM [Runde, rot-weiße Tablette], T‑337/99, EU:T:2001:221, Rn. 58).

31      Folglich hat die Beschwerdekammer keinen Fehler begangen, indem sie die Bekanntheit des „Dreizacksterns im Ring“ und die Entscheidungen, in denen diese Bekanntheit nach Ansicht der Klägerin anerkannt wird, nicht berücksichtigt hat.

32      Als Drittes beanstandet die Klägerin die Erwägungen der Beschwerdekammer, wonach es sich bei den Einzelelementen der Anmeldemarke lediglich um nicht unterscheidungskräftige, einfache geometrische Formen handele, die nicht geeignet seien, von den maßgeblichen Verkehrskreisen im Gedächtnis behalten zu werden. Nach Ansicht der Klägerin werden durch den hexagonalen Versatz der Einzelelemente innerhalb des Musters eine deutliche visuelle Spannung erzeugt und Ruhe und Eleganz vermittelt. Auch sei die Anmeldemarke nicht so gewöhnlich, dass sie vollständig mit der Ware verschmelze und nicht mehr als eigenes Zeichen wahrgenommen werde.

33      Wie oben in Rn. 22 ausgeführt, sieht sich jedoch der Verbraucher vorliegend in Bezug auf die in Rede stehenden Waren auf dem Markt mit verschiedenen Gestaltungen und Kombinationen einfacher Grundformen konfrontiert. Unter diesen Umständen weicht die Anmeldemarke, die in der Wiederholung einer einfachen weißen geometrischen Form auf schwarzem Hintergrund besteht, nicht erheblich von der Norm und der Branchenüblichkeit ab und hat daher keine originären Merkmale, die ihr originäre Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 verleihen könnten. Die maßgeblichen Verkehrskreise würden darin nur eine von Tausenden möglichen rasterförmigen Anordnungen sehen, die dekorativ ist und sich aus einfachen Bestandteilen zusammensetzt.

34      Aus den oben in Rn. 22 angeführten Gründen gilt dasselbe für die in Rede stehenden Dienstleistungen.

35      Nach alledem hat die Beschwerdekammer nicht gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 verstoßen. Da der einzige Klagegrund zurückzuweisen ist, ist die Klage abzuweisen.

 Kosten

36      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

37      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zehnte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Daimler AG trägt die Kosten.

Kornezov

Hesse

Petrlík

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 30. März 2022.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

H. Kanninen


*      Verfahrenssprache: Deutsch.