Language of document : ECLI:EU:T:2022:172

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

30. März 2022(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionswortmarke Testa Rossa – Ältere Unionsbildmarke TESTA ROSSA – Relatives Eintragungshindernis – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EU] 2017/1001)“

In der Rechtssache T‑451/21,

Kurt Hesse, wohnhaft in Nürnberg (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt M. Krogmann,

Kläger,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch M. Eberl und E. Markakis als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Wedl & Hofmann GmbH mit Sitz in Mils/Hall in Tirol (Österreich), vertreten durch Rechtsanwalt T. Raubal,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 20. Mai 2021 (Sache R 878/2020‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Wedl & Hofmann und Herrn Hesse

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tomljenović sowie der Richter F. Schalin (Berichterstatter) und I. Nõmm,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 30. Juli 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 14. Oktober 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 6. Oktober 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 23. Juni 2014 meldete der Kläger, Herr Kurt Hesse, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen Testa Rossa.

3        Die Marke wurde u. a. für folgende Waren der Klassen 7, 21 und 28 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 7: „Elektrische Bohnergeräte; elektrische Bohnermaschinen und Bohnerapparate; elektrische Bohrmaschinen; Brotschneidemaschinen; Bügelmaschinen; Dynamos für Fahrräder; Gemüse-Raspelmaschinen; nicht handbetriebene Handwerkzeuge; Hochdruckreiniger; nicht handbetriebene Kaffeemühlen; Kettensägen; Klebepistolen; elektrische Küchenmaschinen; Staubsaugerschläuche; Staubsaugerzubehörteile zum Versprühen von Duftstoffen und Desinfektionsmitteln; Waschapparate, Wäschewaschmaschinen, Waschmaschinen, Waschanlagen für Fahrzeuge; Müll-Zerkleinerer, elektrische Zerkleinerungsgeräte für den Haushalt; Zentrifugen“;

–        Klasse 21: „Haushaltsgeräte“;

–        Klasse 28: „Angelgeräte, Angelhaken, Angeln, Angelrollen, Angelruten, Angelschnüre (Vorfächer), Autorennbahnen, Bobs, Bodybuilding-Geräte, Bögen zum Bogenschießen, Boxhandschuhe, Eislaufstiefel, Ellbogenschützer, Expander, Fahrrad-Heimtrainer, Rollen für Fahrrad-Heimtrainer, Federballspiele, Gesellschaftsspiele, Golfhandschuhe, Golfschläger, Golftaschen (mit oder ohne Räder), Hanteln, Haspeln für Drachen; Modell-Fahrzeuge, Modell-Schiffe, Modell-Hubschrauber, Modell-Raketen und Modell-Flugzeuge, alles mit oder ohne elektrischen Antrieb; Netze, Wurf-Pfeile, Reusen, Rodelschlitten, Roller, Rollschuhe, Saiten für Schläger, Schläger, Schlittschuhe, Schlittschuhstiefel, Schienbeinschützer, Skibeläge, Skibindungen, Snowboards, Schwimmer (Angelzubehör), Schwimmflossen, Skateboards, Skier, Spielwaren, Surfbretter“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 133/2014 vom 21. Juli 2014 veröffentlicht.

5        Am 6. Oktober 2014 erhob die Streithelferin, die Wedl & Hofmann GmbH, gemäß Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 46 der Verordnung 2017/1001) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren.

6        Der Widerspruch war auf die nachstehend wiedergegebene ältere Unionsbildmarke gestützt, die am 8. Juli 2008 angemeldet und am 11. Mai 2009 unter der Nr. 7070519 eingetragen worden war:

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7        Die ältere Marke umfasst folgende Waren der Klassen 21, 25 und 30:

–        Klasse 21: „Behälter für Haushalt und Küche; Glaswaren, Porzellan, insbesondere Geschirr; Trinkgläser“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, nämlich Schürzen, Hemden, Polo-Shirts und T-Shirts; Kopfbedeckungen“;

–        Klasse 30: „Kaffee, Tee, Kakao, Zucker; Schokolade; Schokoladegetränke; Bonbons“.

8        Als Widerspruchsgrund wurde das in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) genannte Eintragungshindernis geltend gemacht.

9        Am 11. März 2020 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch teilweise statt und wies die Eintragung der angemeldeten Marke für alle von ihr erfassten Waren der Klassen 21 und 28 sowie für einen Teil der von ihr erfassten Waren der Klasse 7, nämlich für „Brotschneidemaschinen; Gemüse-Raspelmaschinen; nicht handbetriebene Kaffeemühlen; elektrische Küchenmaschinen“ und „elektrische Zerkleinerungsgeräte für den Haushalt“, zurück.

10      Am 11. Mai 2020 legte der Kläger beim EUIPO nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

11      Mit Entscheidung vom 20. Mai 2021 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Erste Beschwerdekammer des EUIPO der Beschwerde teilweise statt. Was insbesondere den Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken betrifft, vertrat sie die Auffassung, dass diese insgesamt hochgradig ähnlich seien. Hinsichtlich des Vergleichs der Waren bestätigte sie die Entscheidung der Widerspruchsabteilung, dass zwischen den von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klassen 7 und 21 zum einen und den von der älteren Marke erfassten Waren zum anderen eine Ähnlichkeit bestehe. In Bezug auf die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 28 war sie jedoch im Gegensatz zur Widerspruchsabteilung der Ansicht, dass diese keine Ähnlichkeit mit den von der älteren Marke erfassten Waren aufwiesen und dass der Eintragung der angemeldeten Marke für diese Waren stattzugeben sei. Folglich nahm die Beschwerdekammer eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nur für die von der angemeldeten Marke erfassten „Haushaltsgeräte“ der Klasse 21 und für einen Teil der von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 7, nämlich für „Brotschneidemaschinen; Gemüse-Raspelmaschinen; nicht handbetriebene Kaffeemühlen; elektrische Küchenmaschinen“ und „elektrische Zerkleinerungsgeräte für den Haushalt“, an.

 Anträge der Parteien

12      Der Kläger beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung teilweise aufzuheben, soweit darin die Begründetheit des Widerspruchs gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für „Brotschneidemaschinen; Gemüse-Raspelmaschinen; nicht handbetriebene Kaffeemühlen; elektrische Küchenmaschinen“ und „elektrische Zerkleinerungsgeräte für den Haushalt“ der Klasse 7 sowie von „Haushaltsgeräten“ der Klasse 21 bestätigt werde;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

13      Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

14      Vorab ist festzustellen, dass auf den Rechtsstreit die materiell-rechtlichen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 anwendbar sind, da für die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts der Zeitpunkt der in Rede stehenden Anmeldung, d. h. der 23. Juni 2014, maßgeblich ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Mai 2014, Bimbo/HABM, C‑591/12 P, EU:C:2014:305, Rn. 12, und vom 18. Juni 2020, Primart/EUIPO, C‑702/18 P, EU:C:2020:489, Rn. 2 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Da im Übrigen nach ständiger Rechtsprechung bei Verfahrensvorschriften im Allgemeinen davon auszugehen ist, dass sie ab dem Datum ihres Inkrafttretens Anwendung finden (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien, C‑610/10, EU:C:2012:781, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung), gelten für diesen Rechtsstreit die Verfahrensvorschriften der Verordnung 2017/1001.

15      Was die materiell-rechtlichen Bestimmungen betrifft, sind im vorliegenden Fall Bezugnahmen auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 durch die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung oder durch die Parteien des Verfahrens folglich als Bezugnahmen auf den inhaltsgleichen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zu verstehen.

16      Der Kläger macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend, da die Beschwerdekammer zum einen zu Unrecht angenommen habe, dass sich die einander gegenüberstehenden Marken „überdurchschnittlich ähnlich“ seien, und sie zum anderen, was den Vergleich der von diesen Marken erfassten Waren betreffe, gegen ihre Pflicht zur Begründung der angefochtenen Entscheidung verstoßen und Fehler begangen habe, die diesen Vergleich verfälscht hätten.

17      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen des Klägers entgegen.

18      Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

19      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach derselben Rechtsprechung ist das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr umfassend anhand dessen zu beurteilen, wie die betreffenden Zeichen und die betreffenden Waren oder Dienstleistungen auf das relevante Publikum wirken, wobei alle erheblichen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind, insbesondere die Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung.

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

20      Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Art von Waren abzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, EU:T:2007:46, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Die Beschwerdekammer war der Auffassung, dass aufgrund der Art der in Rede stehenden Waren das breite Publikum der Europäischen Union zu berücksichtigen sei, das einen durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad aufweise.

22      Diese Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer, die im Hinblick auf den Akteninhalt dieser Rechtssache zutreffend erscheinen und die im Übrigen von den Parteien nicht beanstandet werden, sind zu bestätigen.

 Zum Vergleich der Waren

23      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis der fraglichen Waren oder Dienstleistungen zueinander kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihr Charakter als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. Es können auch andere Faktoren wie beispielsweise die Vertriebswege der betreffenden Waren berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, EU:T:2007:219, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Die Beschwerdekammer hat in Rn. 48 der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass die von der angemeldeten Marke erfassten „Brotschneidemaschinen; Gemüse-Raspelmaschinen; nicht handbetriebenen Kaffeemühlen; elektrischen Küchenmaschinen“ der Klasse 7 und die von der älteren Marke erfassten „Behälter für Haushalt und Küche“ der Klasse 21 nicht als „vollständig unähnlich betrachtet werden“ könnten, was im Wesentlichen darauf hinauslaufe, dass sie zumindest als geringfügig ähnlich anzusehen seien.

25      Die Beschwerdekammer hat ferner in Rn. 49 der angefochtenen Entscheidung die Ansicht vertreten, dass die von der angemeldeten Marke erfassten „elektrischen Zerkleinerungsgeräte für den Haushalt“ der Klasse 7 insbesondere insoweit, als es sich dabei um Waren handele, die allgemein für den Haushalt gedacht seien, zumindest eine sehr geringfügige Ähnlichkeit zu den von der älteren Marke erfassten Waren aufwiesen.

26      Des Weiteren hat die Beschwerdekammer in Rn. 52 der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten, dass auch hinsichtlich der von der angemeldeten Marke erfassten „Haushaltsgeräte“ der Klasse 21 von einer zumindest sehr geringfügigen Ähnlichkeit mit den von der älteren Marke erfassten Waren auszugehen sei, da es sich um eine breite Warenangabe handele, die Küchengeräte umfassen könne, die nur eben handbetätigt sein müssten.

27      Der Kläger macht geltend, die Beschwerdekammer sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klassen 7 und 21 einen gewissen Grad an Ähnlichkeit mit den von der älteren Marke erfassten Waren aufwiesen. Insoweit würden sich insbesondere die von der angemeldeten Marke erfassten „Brotschneidemaschinen, Gemüse-Raspelmaschinen, nicht handbetriebenen Kaffeemühlen, elektrischen Küchenmaschinen“ der Klasse 7 und die von der älteren Marke erfassten „Behälter für Haushalt und Küche“ der Klasse 21 nicht ergänzen und sich nicht an dieselben Verbraucher richten.

28      Außerdem sei die angefochtene Entscheidung insofern mit einem Begründungsmangel behaftet, als die Beschwerdekammer weder angegeben habe, welche der von der älteren Marke erfassten Waren sie mit den von der angemeldeten Marke erfassten „elektrischen Zerkleinerungsgeräten für den Haushalt“ der Klasse 7 und den „Haushaltsgeräten“ der Klasse 21 verglichen habe, noch ausgeführt habe, welche Ähnlichkeiten zwischen den in Rede stehenden Waren bestünden.

29      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen des Klägers entgegen und machen im Wesentlichen geltend, der Beschwerdekammer sei beim Vergleich der von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren kein Fehler unterlaufen.

30      Erstens ist hinsichtlich der „Brotschneidemaschinen, Gemüse-Raspelmaschinen; nicht handbetriebenen Kaffeemühlen; elektrischen Küchenmaschinen“ der Klasse 7, die von der angemeldeten Marke erfasst werden, und der von der älteren Marke erfassten „Behälter für Haushalt und Küche“ der Klasse 21 festzustellen, dass die Behälter sowohl für die Aufbewahrung der zu verarbeitenden Lebensmittel verwendet werden können als auch zum Auffangen des fertigen Produkts dienen können, das durch die Verwendung der Maschine, der Mühle oder der Küchenmaschine entsteht. Ein praktischer und hygienischer Umgang mit Maschinen, Mühlen oder Küchenmaschinen und den Lebensmitteln, die dank deren Verwendung entstehen, entspricht aber gerade einer der von den in Rede stehenden Geräten im Bereich der Küche erwarteten Funktionen, so dass die Verwendung von Behältern zum Auffangen des fertigen Produkts für die Verwendung dieser Geräte wichtig bzw. sogar erforderlich ist. Somit ist davon auszugehen, dass die in Rede stehenden Waren einander ergänzen. Zudem geht schon aus der Bezeichnung der von der älteren Marke erfassten Waren hervor, dass sie zur Verwendung „in der Küche“ bestimmt sind. Daher ist bei den in Rede stehenden Waren entgegen dem Vorbringen des Klägers davon auszugehen, dass sie sich an dieselben Endverbraucher richten.

31      Zwischen diesen Waren besteht daher ein geringer Grad der Ähnlichkeit.

32      Was zweitens die von der angemeldeten Marke erfassten „elektrischen Zerkleinerungsgeräte für den Haushalt“ der Klasse 7 betrifft, geht aus dem Wortlaut der angefochtenen Entscheidung implizit hervor, dass die Beschwerdekammer sie mit den von der älteren Marke erfassten „Behältern für Haushalt und Küche“ der Klasse 21 verglichen hat.

33      Wie sich nämlich aus Rn. 8 der angefochtenen Entscheidung ergibt, hatte die Widerspruchsabteilung eben diese Waren miteinander verglichen. Außerdem hat die Beschwerdekammer ihren Vergleich darauf gestützt, dass es sich bei den in Rede stehenden Waren um Waren handele, die allgemein für den Haushalt gedacht seien, ebenso wie die von der älteren Marke erfassten „Behälter für Haushalt und Küche“.

34      Es ist insoweit darauf hinzuweisen, dass in Rechtsstreitigkeiten betreffend das geistige Eigentum die Begründung einer Entscheidung auch implizit erfolgen kann, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erkennen, aus denen ihrer Argumentation nicht gefolgt wurde, und dem Gericht ausreichende Angaben liefert, damit es seine Kontrolle ausüben kann (vgl. entsprechend Urteil vom 18. Juni 2020, Primart/EUIPO, C‑702/18 P, EU:C:2020:489, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Der Begründung der Beschwerdekammer lässt sich ohne Weiteres entnehmen, welche Waren dem Vergleich zugrunde gelegt wurden. Außerdem ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer keinen Fehler begangen hat, als sie die Auffassung vertrat, dass „elektrische Zerkleinerungsgeräte für den Haushalt“, insoweit als es sich dabei um allgemein für den Haushalt gedachte Geräte handele, insbesondere für die Behandlung von Haushaltsabfällen verwendet werden könnten und dass sie im Wesentlichen den gleichen Verwendungszweck hätten wie „Behälter für Haushalt und Küche“, was auf einen sehr geringen Grad der Ähnlichkeit zwischen ihnen schließen lasse.

36      Drittens ist zu den von der angemeldeten Marke erfassten „Haushaltsgeräten“ der Klasse 21 festzustellen, dass sie nach dem Wortlaut der angefochtenen Entscheidung auch mit den von der älteren Marke erfassten „Behältern für Haushalt und Küche“ der Klasse 21 verglichen wurden, so dass die Rüge eines Begründungsmangels aus den gleichen Gründen wie denjenigen zurückzuweisen ist, auf die in Bezug auf die „elektrischen Zerkleinerungsgeräte für den Haushalt“ abgestellt wurde.

37      Wie die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, kann die breite Warenangabe „Haushaltsgeräte“ auch Küchengeräte wie „Behälter für Haushalt und Küche“ umfassen, was ausreicht, um insbesondere in Bezug auf ihren Verwendungszweck eine Verbindung zwischen den in Rede stehenden Waren herzustellen. Dies lässt den Schluss zu, dass zwischen diesen Waren ein sehr geringer Grad an Ähnlichkeit besteht.

38      Im Ergebnis hat die Beschwerdekammer keinen Fehler begangen, als sie die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren miteinander verglichen hat und zu den oben in den Rn. 24 bis 26 wiedergegebenen Schlussfolgerungen gelangt ist.

 Zum Vergleich der Zeichen

39      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken in Bild, Klang oder Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt hierbei eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, dass die Beschwerdekammer den Bildbestandteil der älteren Marke nicht berücksichtigt habe und dass die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken allenfalls gering sei. Der Wortbestandteil der älteren Marke sei im Übrigen beschreibend, da er deren Bildbestandteil beschreibe.

41      Das EUIPO tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen. Im Wesentlichen macht es insbesondere geltend, der Kläger habe nicht dargetan, inwiefern der Bildbestandteil der älteren Marke im vorliegenden Fall geeignet sei, die durch den gemeinsamen Bestandteil „Testa Rossa“ hervorgerufenen Ähnlichkeiten zu verringern.

42      Die Streithelferin tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen. Insbesondere seien die einander gegenüberstehenden Zeichen aufgrund ihrer gemeinsamen Wortbestandteile ähnlich, und bei Wort- und Bildmarken seien die Wortbestandteile und nicht die grafischen Elemente dominierend.

43      Was erstens die Kennzeichnungskraft der Bestandteile der in Rede stehenden Zeichen betrifft, vertrat die Beschwerdekammer die Ansicht, dass der Wortbestandteil „Testa Rossa“ der älteren Marke in Bezug auf die von ihr erfassten Waren kennzeichnungskräftig sei.

44      Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der älteren Marke um ein zusammengesetztes Zeichen, das aus dem Wortbestandteil „Testa Rossa“ besteht, dessen Schriftzug sich in grauen Großbuchstaben unter einem Bildbestandteil mit einem roten Kopf befindet, der mit Hilfe von weißen geometrischen Formen hervorgehoben wird, die eine stilisierte Version des Buchstabens Omega bilden und auf einem roten Rechteck über einer roten Linie platziert sind.

45      Es ist festzustellen, dass der Wortbestandteil „Testa Rossa“ und der Bildbestandteil des älteren Zeichens insgesamt in diesem gleich viel Platz beanspruchen, so dass in visueller Hinsicht keiner der Bestandteile dominierender erscheint als der andere.

46      Im Übrigen konnte die Beschwerdekammer zu Recht feststellen, dass Wortbestandteil und Bildbestandteil der älteren Marke in Bezug auf die von dieser Marke erfassten Waren kennzeichnungskräftig sind und dass die Verbraucher, da es sich um eine zusammengesetzte Marke handelt, grundsätzlich eher dazu neigen, sich auf den Wortbestandteil der Marke zu beziehen als deren Bildbestandteil zu beschreiben, was dem Wortbestandteil eine größere Kennzeichnungskraft verleiht als dem Bildbestandteil, so dass im vorliegenden Fall der Bildbestandteil der älteren Marke weniger kennzeichnungskräftig ist als ihr Wortbestandteil (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juli 2005, Wassen International/HABM – Stroschein Gesundkost [SELENIUM-ACE], T‑312/03, EU:T:2005:289, Rn. 37).

47      Entgegen dem Vorbringen des Klägers impliziert der Umstand, dass der Wortbestandteil „Testa Rossa“, was auf Italienisch „roter/rothaariger Kopf“ bedeutet, den Bildbestandteil des älteren Zeichens beschreibt, nicht, dass dieser Bestandteil innerhalb des Zeichens eine untergeordnete, beschreibende Funktion einnähme. Nach der Rechtsprechung ist zur Beurteilung der Kennzeichnungskraft einer Marke oder eines Markenbestandteils nämlich ihre bzw. seine mehr oder weniger stark ausgeprägte Eignung zu prüfen, dazu beizutragen, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. September 2017, Aldi Einkauf/EUIPO – Weetabix [Alpenschmaus], T‑103/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:605, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48      Was zweitens den Vergleich der in Rede stehenden Zeichen in Bild, Klang und Bedeutung betrifft, war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass diese Zeichen begrifflich und klanglich identisch und visuell überdurchschnittlich ähnlich seien. Sie schloss daraus, dass die Marken insgesamt hochgradig ähnlich seien.

49      In Anbetracht des Akteninhalts sind die Feststellungen der Beschwerdekammer zur klanglichen und begrifflichen Identität der einander gegenüberstehenden Marken, die im Übrigen von den Parteien nicht bestritten werden, zu bestätigen.

50      Zum visuellen Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken ist festzustellen, dass sie im Wortbestandteil „Testa Rossa“ übereinstimmen, sich aber durch das Vorhandensein eines Bildbestandteils in der Form eines roten/rothaarigen Kopfes in der älteren Marke unterscheiden.

51      Wie oben aus Rn. 46 hervorgeht, kommt für die Verbraucher dem Wortbestandteil der älteren Marke eine größere Kennzeichnungskraft als dem Bildbestandteil zu, was der Ähnlichkeit aufgrund des gemeinsamen Bestandteils „Testa Rossa“ noch ein größeres Gewicht verleihen kann.

52      Angesichts des Unterschieds zwischen den einander gegenüberstehenden Marken, der darin besteht, dass die ältere Marke einen Bildbestandteil enthält, während es sich bei der angemeldeten Marke um eine Wortmarke handelt, die lediglich aus den Wörtern „Testa“ und „Rossa“ besteht, ist jedoch davon auszugehen, dass in visueller Hinsicht eine allenfalls durchschnittliche Ähnlichkeit besteht und diese nicht, wie von der Beschwerdekammer angenommen, überdurchschnittlich ist.

53      Daher ist davon auszugehen, dass die einander gegenüberstehenden Marken in visueller Hinsicht zumindest einen durchschnittlichen Grad an Ähnlichkeit aufweisen und, wie die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, im Hinblick auf ihre klangliche und begriffliche Identität insgesamt hochgradig ähnlich sind.

 Zur umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr

54      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, EU:T:2006:397, Rn. 74).

55      Die Beschwerdekammer war im Wesentlichen der Auffassung, dass angesichts der hochgradigen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken und der durchschnittlichen originären Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die im Übrigen vom Kläger nicht bestritten wird, zwischen den einander gegenüberstehenden Marken insofern eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestehe, als die angemeldete Marke Waren der Klassen 7 und 21 erfasse, die den von der älteren Marke erfassten Waren zumindest sehr geringfügig ähnlich seien. Die Beschwerdekammer war im Gegensatz zur Widerspruchsabteilung hingegen der Auffassung, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe, soweit die angemeldete Marke Waren der Klasse 28 beschreibe.

56      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass durch den gemeinsamen Bestandteil „Testa Rossa“ bei den einander gegenüberstehenden Marken ein ähnlicher Gesamteindruck entsteht, den auch das Vorhandensein des Bildbestandteils der älteren Marke nicht in Frage zu stellen vermag, was zur Feststellung einer allenfalls durchschnittlichen visuellen Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen und zur Feststellung ihrer Identität in Klang und Bedeutung geführt hat. Insoweit hat der Beurteilungsfehler der Beschwerdekammer in Bezug auf den Grad der visuellen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, soweit diese allenfalls durchschnittlich und nicht überdurchschnittlich ist, keine Folgen.

57      Folglich konnte die Beschwerdekammer in Anbetracht der hochgradigen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke und der – wenn auch geringfügigen oder sehr geringfügigen – Ähnlichkeit zwischen den von der älteren Marke erfassten „Behältern für Haushalt und Küche“ der Klasse 21 und den von der angemeldeten Marke erfassten „Brotschneidemaschinen; Gemüse-Raspelmaschinen; nicht handbetriebenen Kaffeemühlen; elektrischen Küchenmaschinen; elektrischen Zerkleinerungsgeräten für den Haushalt“ der Klasse 7 und den „Haushaltsgeräten“ der Klasse 21 zu dem Schluss gelangen, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken hinsichtlich der in Rede stehenden Waren eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestehe, ohne dabei einen Fehler zu begehen.

58      Nach alledem ist der einzige Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen und damit die Klage abzuweisen.

 Kosten

59      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

60      Da im vorliegenden Fall der Kläger unterlegen ist, sind ihm neben seinen eigenen Kosten gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin deren Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Herr Kurt Hesse trägt die Kosten.

Tomljenović

Schalin

Nõmm

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 30. März 2022.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

H. Kanninen


*      Verfahrenssprache: Deutsch.