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URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

22. September 2022(*)(i)

Inhaltsverzeichnis



„Rechtsmittel – Entwicklungszusammenarbeit – Ausführung des Unionshaushalts im Wege der indirekten Mittelverwaltung durch eine internationale Organisation – Beschluss, einer Einrichtung wegen Zweifeln an ihrer Eigenschaft als internationale Organisation keine die Ausführung des Haushalts betreffenden Aufgaben mehr zu übertragen – Nichtigkeitsklage – Durchführung eines Nichtigkeitsurteils – Rechtskraft – Pflichten und Befugnisse des Urhebers der für nichtig erklärten Maßnahme – Vorbereitende Maßnahme – Zulässigkeit – Schadensersatzantrag – Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen – Haushaltsordnungen der Union – Sorgfaltspflicht – Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen diese Pflicht – Konkrete Einzelfallprüfung – Immaterieller Schaden – Angemessener und hinreichender Ersatz durch die Nichtigerklärung der rechtswidrigen Maßnahme – Materieller Schaden – Rechtsstreit, der nicht zur Entscheidung reif ist – Zurückverweisung der Sache an das Gericht“

In den verbundenen Rechtssachen C‑619/20 P und C‑620/20 P

betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 19. November 2020,

International Management Group (IMG) mit Sitz in Brüssel (Belgien), vertreten durch J.‑Y. de Cara und L. Levi, Avocats,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch J. Baquero Cruz und J. Norris als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richter J. Passer (Berichterstatter), F. Biltgen und N. Wahl sowie der Richterin M. L. Arastey Sahún,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache C‑619/20 P zu entscheiden,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache C‑620/20 P in der Sitzung vom 3. März 2022

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑619/20 P begehrt die International Management Group (im Folgenden: IMG) die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 9. September 2020, IMG/Kommission (T‑645/19, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2020:388), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Schreibens der Europäischen Kommission vom 18. Juli 2019, mit dem sie aufgefordert wurde, im Rahmen der Durchführung des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, im Folgenden: Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78) bestimmte Dokumente vorzulegen, und auf Ersatz der ihr durch dieses Schreiben sowie durch die Beschlüsse, die mit dem genannten Urteil für nichtig erklärt wurden, entstandenen Schäden abgewiesen hat.

2        Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑620/20 P begehrt IMG die Aufhebung des Urteils des Gerichts vom 9. September 2020, IMG/Kommission (T‑381/15 RENV, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2020:406), mit dem das Gericht ihre Klage auf Ersatz der Schäden abgewiesen hat, die ihr durch den im Schreiben der Kommission vom 8. Mai 2015 enthaltenen Beschluss, mit ihr keine neuen Übertragungsvereinbarungen in indirekter Mittelverwaltung zu schließen, „bis absolute Gewissheit über [ihren] Status … als internationale Organisation besteht“, entstanden sein sollen.

I.      Rechtlicher Rahmen

A.      Finanzregelung von 2002

1.      Haushaltsordnung von 2002

3        Die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2002, L 248, S. 1) in der durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1995/2006 des Rates vom 13. Dezember 2006 (ABl. 2006, L 390, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Haushaltsordnung von 2002) wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2013 durch die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 1605/2002 (ABl. 2012, L 298, S. 1) (im Folgenden: Haushaltsordnung von 2012) aufgehoben. Art. 212 Buchst. a der Haushaltsordnung von 2012 sah jedoch u. a. vor, dass die Art. 53 und 53d der Haushaltsordnung von 2002 weiterhin Anwendung auf sämtliche Mittelbindungen finden, die bis zum 31. Dezember 2013 eingegangen sein werden.

4        Art. 53 der Haushaltsordnung von 2002 sah vor:

„Die Kommission führt den Haushalt entsprechend den Artikeln 53a bis 53d nach einer der folgenden Methoden aus:

a)      nach dem Prinzip der zentralen Mittelverwaltung oder

b)      nach dem Prinzip der geteilten oder dezentralen Verwaltung oder

c)      nach dem Prinzip der gemeinsamen Verwaltung mit internationalen Organisationen.“

5        Art. 53d der Haushaltsordnung von 2002 bestimmte u. a.:

„(1)      Bei der gemeinsamen Mittelverwaltung werden … bestimmte Haushaltsvollzugsaufgaben internationalen Organisationen … übertragen …

(2)      Die mit der betreffenden internationalen Organisation geschlossenen Vereinbarungen über die Bereitstellung der Finanzmittel müssen genaue Bestimmungen über die Haushaltsvollzugsaufgaben enthalten, die dieser Organisation übertragen werden.

…“

2.      Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung von 2002

6        Die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1605/2002 (ABl. 2002, L 357, S. 1) in der durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 478/2007 der Kommission vom 23. April 2007 (ABl. 2007, L 111, S. 13) geänderten Fassung (im Folgenden: Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung von 2002 und, zusammen mit der Haushaltsordnung von 2002, Finanzregelung von 2002) wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2013 durch die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 der Kommission vom 29. Oktober 2012 über die Anwendungsbestimmungen für die Verordnung Nr. 966/2012 (ABl. 2012, L 362, S. 1) (im Folgenden: Delegierte Haushaltsordnung von 2012 und, zusammen mit der Haushaltsordnung von 2012, Finanzregelung von 2012) aufgehoben.

7        Art. 43 („Gemeinsame Verwaltung“) der Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung von 2002 sah u. a. in Abs. 2 vor:

„Bei den internationalen Organisationen gemäß Artikel 53d der [Haushaltsordnung von 2002] handelt es sich im Einzelnen um:

a)      internationale öffentliche Einrichtungen, die durch zwischenstaatliche Abkommen geschaffen werden, sowie von diesen eingerichtete spezialisierte Agenturen;

…“

B.      Finanzregelung von 2012

1.      Haushaltsordnung von 2012

8        Die Haushaltsordnung von 2012 trat gemäß ihrem Art. 214 Abs. 1 am 27. Oktober 2012 in Kraft. Nach ihrem Art. 214 Abs. 2 galt sie unbeschadet besonderer, für bestimmte Vorschriften vorgesehener Daten, ab dem 1. Januar 2013.

9        Zu ihnen gehörte Art. 58 („Arten des Haushaltsvollzugs“) der Haushaltsordnung von 2012, der ausschließlich auf ab dem 1. Januar 2014 eingegangene Mittelbindungen Anwendung fand und dessen Abs. 1 vorsah:

„Die Kommission führt den Haushalt nach einer der folgenden Methoden aus:

a)      direkt (‚direkte Mittelverwaltung‘) über ihre Dienststellen …

b)      in geteilter Mittelverwaltung mit den Mitgliedstaaten (‚geteilte Mittelverwaltung‘) oder

c)      indirekt (‚indirekte Mittelverwaltung‘) … im Wege der Übertragung von Haushaltsvollzugsaufgaben auf:

ii)      internationale Organisationen und deren Agenturen,

…“

10      Die Art. 84 bis 86 der Haushaltsordnung von 2012 galten ab dem 1. Januar 2013.

11      In Art. 84 („Finanzierungsbeschluss“) der Haushaltsordnung von 2012 hieß es:

„(1)      Jede Ausgabe ist Gegenstand von vier Vorgängen: Mittelbindung, Feststellung, Zahlungsanordnung und Zahlung.

(2)      Der Mittelbindung geht ein Finanzierungsbeschluss des betreffenden Organs oder der Behörden voran, denen das Organ entsprechende Befugnisse übertragen hat, sofern die betreffenden Mittel nicht … ohne Basisrechtsakt verwendet werden können.

(3)      In dem Beschluss nach Absatz 2 werden das verfolgte Ziel, die erwarteten Ergebnisse, die Methode der Umsetzung und ihr Gesamtbetrag angegeben. Er enthält zudem eine Beschreibung der zu finanzierenden Maßnahmen, Angaben zur Höhe der für die einzelnen Maßnahmen vorgesehenen Beträge und den vorläufigen Durchführungszeitplan.

Im Fall [indirekter] Mittelverwaltung werden in dem Beschluss auch die [betraute] Einrichtung oder Person nach Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe c, die für die Wahl der Einrichtung oder der Person angelegten Kriterien sowie die ihr übertragenen Aufgaben angegeben.

…“

12      Art. 85 („Mittelbindungsarten“) der Haushaltsordnung von 2012 bestimmte in Abs. 1 Unterabs. 1 und 2:

„Eine Mittelbindung besteht darin, die Mittel vorzumerken, die erforderlich sind, um Zahlungen, die sich aus rechtlichen Verpflichtungen ergeben, zu einem späteren Zeitpunkt leisten zu können.

Eine rechtliche Verpflichtung ist die Handlung, durch die der Anweisungsbefugte eine Verpflichtung eingeht, die eine Belastung zur Folge hat.“

13      Art. 86 („Mittelbindungsvorschriften“) der Haushaltsordnung von 2012 sah in Abs. 1 vor:

„Bei allen haushaltswirksamen Maßnahmen muss der zuständige Anweisungsbefugte eine Mittelbindung vornehmen, bevor er eine rechtliche Verpflichtung gegenüber Dritten eingeht …“

2.      Delegierte Haushaltsordnung von 2012

14      Art. 43 („Besondere Bestimmungen für die indirekte Mittelverwaltung mit internationalen Organisationen …“) der Delegierten Haushaltsordnung von 2012 bestimmte in Abs. 1:

„Bei den internationalen Organisationen gemäß Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer ii der [Haushaltsordnung von 2012] handelt es sich im Einzelnen um:

a)      internationale öffentliche Einrichtungen, die durch zwischenstaatliche Abkommen geschaffen werden, sowie von diesen eingerichtete spezialisierte Agenturen;

…“

C.      Finanzregelung von 2018

15      Die Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. 2018, L 193, S. 1, im Folgenden: Haushaltsordnung von 2018) trat am 2. August 2018 in Kraft und gilt seitdem, unbeschadet besonderer, für bestimmte Vorschriften vorgesehener Daten.

16      Art. 62 („Arten des Haushaltsvollzugs“) der Haushaltsordnung von 2018 sieht in Abs. 1 Unterabs. 1 vor:

„Die Kommission führt den Haushalt nach einer der folgenden Methoden aus:

a)      direkt (‚direkte Mittelverwaltung‘) …;

b)      in geteilter Mittelverwaltung mit den Mitgliedstaaten (‚geteilte Mittelverwaltung‘) …;

c)      indirekt (‚indirekte Mittelverwaltung‘) gemäß den Artikeln 125 bis 149 und 154 bis 159, wenn dies im Basisrechtsakt vorgesehen ist oder in den in Artikel 58 Absatz 2 Buchstaben a bis d genannten Fällen, im Wege der Übertragung von Haushaltsvollzugsaufgaben auf

ii)      internationale Organisationen oder deren Agenturen im Sinne des Artikels 156,

…“

17      In Art. 156 („Indirekte Mittelverwaltung mit internationalen Organisationen“) der Haushaltsordnung von 2018 heißt es:

„(1)      Die Kommission kann gemäß Artikel 62 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe c Ziffer ii den Haushaltsplan indirekt mit internationalen öffentlichen Einrichtungen, die durch internationale Abkommen geschaffen werden (‚internationale Organisationen‘), sowie mit von diesen eingerichteten spezialisierten Agenturen ausführen. Diese Abkommen sind der Kommission im Rahmen der Bewertung zu übermitteln, die sie gemäß Artikel 154 Absatz 3 vornimmt.

(4)      Führen internationale Organisationen Mittel im Wege der indirekten Mittelverwaltung aus, so finden die mit ihnen geschlossenen Überprüfungsvereinbarungen Anwendung.“

II.    Vorgeschichte der Rechtsstreitigkeiten

A.      Rechtsmittelführerin

18      Wie sich aus Rn. 1 des angefochtenen Urteils ergibt, wurde IMG nach ihren Statuten am 25. November 1994 als internationale Organisation mit der Bezeichnung „International Management Group – Infrastructure for Bosnia and Herzegovina“ und mit Sitz in Belgrad (Serbien) errichtet, um den am Wiederaufbau Bosnien-Herzegowinas beteiligten Staaten zu diesem Zweck eine spezialisierte Stelle zur Verfügung stellen zu können. Seitdem dehnte IMG ihren Tätigkeitsbereich immer weiter aus und schloss am 13. Juni 2012 ein Sitzabkommen mit dem Königreich Belgien.

B.      Verwaltungsrechtliche Vorgeschichte

19      Die verwaltungsrechtliche Vorgeschichte der vorliegenden Rechtsstreitigkeiten, die bereits in den Rn. 17 bis 28 des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P dargestellt wurde, lässt sich wie folgt zusammenfassen.

1.      Beschluss vom 7. November 2013

20      Am 7. November 2013 erließ die Kommission auf der Grundlage von Art. 84 der Haushaltsordnung von 2012 den Durchführungsbeschluss C(2013) 7682 final über das Jahresaktionsprogramm 2013 für Myanmar/Burma zulasten des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union (im Folgenden: Beschluss vom 7. November 2013).

21      In Art. 1 dieses Beschlusses hieß es, dass das Aktionsprogramm für das Jahr 2013 für Myanmar/Burma, wie in den Anhängen 1 und 2 des Beschlusses näher ausgeführt, genehmigt sei.

22      Gemäß Art. 3 des Beschlusses konnten die Haushaltsvollzugsaufgaben im Rahmen der gemeinsamen Mittelverwaltung unter der Voraussetzung des Abschlusses einer Übertragungsvereinbarung auf die in seinen Anhängen 1 und 2 aufgeführten Einrichtungen übertragen werden.

23      Anhang 2 des Beschlusses beschrieb die zweite Aktion des Aktionsprogramms für das Jahr 2013 für Myanmar/Burma. Die Abschnitte 5 und 8 dieses Anhangs sahen im Wesentlichen vor, dass die Aktion aus einem Programm zur Entwicklung des Handels bestand, dessen Kosten, die auf 10 Mio. Euro veranschlagt wurden, von der Europäischen Union finanziert würden und dessen Durchführung in gemeinsamer Verwaltung mit IMG sichergestellt würde. In Nr. 8.3.1 des Anhangs wurde IMG als eine in Myanmar/Burma bereits etablierte und an der Durchführung von unionsfinanzierten Projekten in diesem Staat mitwirkende internationale Organisation vorgestellt.

2.      Beschluss vom 16. Dezember 2014

24      Am 17. Februar 2014 setzte das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) die Kommission davon in Kenntnis, dass es eine Untersuchung zum Status von IMG eröffnet habe.

25      Am 24. Februar 2014 übermittelte der Generalsekretär der Kommission diese Information dem Generaldirektor für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung dieses Organs und wies ihn auf die Möglichkeit hin, Sicherungsmaßnahmen auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 6 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. September 2013 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (Euratom) Nr. 1074/1999 des Rates (ABl. 2013, L 248, S. 1) zu erlassen.

26      Am 26. Februar 2014 erließ der Generaldirektor auf der Grundlage dieser Bestimmung Sicherungsmaßnahmen, die er damit begründete, dass die ursprüngliche Untersuchung des OLAF Zweifel am Status von IMG habe aufkommen lassen. Die Sicherungsmaßnahmen bestanden im Wesentlichen in dem vorübergehenden Verbot des Abschlusses neuer Übertragungsvereinbarungen mit IMG im Rahmen der indirekten Mittelverwaltung des Unionshaushalts gemäß der Haushaltsordnung von 2012 sowie der Ausdehnung bereits mit IMG geschlossener Übertragungsvereinbarungen im Rahmen der gemeinsamen Verwaltung des Unionshaushalts auf der Grundlage der Haushaltsordnung von 2002.

27      Am 25. April 2014 richtete der Generaldirektor für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung der Kommission ein Schreiben an IMG (im Folgenden: Schreiben vom 25. April 2014), in dem er sie über drei neue Gesichtspunkte in der Akte der Kommission informierte: Erstens betrachteten fünf Mitgliedstaaten der Union, die nach Angaben von IMG Mitglieder dieser Organisation sein sollten, sich nicht als solche, zweitens habe der Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) angegeben, dass IMG keine Sonderorganisation der UNO sei, und drittens bestünden Ungewissheiten in Bezug auf die Vollmachten von Personen, die bestimmte Staaten bei der Unterzeichnung der Gründungsakte von IMG vertreten hätten. Der Generaldirektor fügte hinzu, in Anbetracht der Zweifel, die sich aus diesen Gesichtspunkten hinsichtlich des Status von IMG ergäben, habe er seine Dienststellen angewiesen, in Bezug auf sie vorübergehend auf die Verfahren zu verzichten, die durch die Finanzregelungen von 2002 und 2012 eingeführt worden seien, um es der Kommission zu ermöglichen, internationale Organisationen im Rahmen einer indirekten oder gemeinsamen Verwaltung des Unionshaushalts mit der Ausführung von Haushaltsvollzugsaufgaben zu betrauen.

28      Am 15. Dezember 2014 erhielt die Kommission den vom OLAF nach Abschluss seiner Untersuchung erstellten Bericht (im Folgenden: OLAF‑Bericht), der eine Reihe von Empfehlungen enthielt. In diesem Bericht stellte das OLAF im Wesentlichen fest, dass IMG keine internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 sei, und empfahl der Kommission, Sanktionen gegen IMG zu verhängen und die an sie in dieser Eigenschaft gezahlten Beträge zurückzufordern.

29      Am 16. Dezember 2014 erließ die Kommission auf der Grundlage von Art. 84 der Haushaltsordnung von 2012 den Durchführungsbeschluss C(2014) 9787 final (im Folgenden: Beschluss vom 16. Dezember 2014). Nach Art. 1 dieses Beschlusses wurde Anhang 2 des Beschlusses vom 7. November 2013 durch einen neuen Anhang ersetzt, dessen Abschnitte 1 und 4.3 im Wesentlichen vorsahen, dass eine andere Einrichtung als IMG mit der Durchführung des in diesem Beschluss vorgesehenen Programms zur Entwicklung des Handels im Wege der indirekten Mittelverwaltung betraut werden sollte.

3.      Beschluss vom 8. Mai 2015

30      Am 16. Januar 2015 erstellte der juristische Dienst der Kommission einen Vermerk mit dem Titel „Rechtliche Bewertung des [OLAF‑Berichts] zur Untersuchung … in Bezug auf [IMG]“.

31      Am 8. Mai 2015 richtete die Kommission ein Schreiben an IMG, um IMG über die Konsequenzen zu informieren, die sie aus dem OLAF‑Bericht zu ziehen beabsichtige. Sie wies insbesondere darauf hin, dass sie zwar den meisten in diesem, IMG von ihr nicht übermittelten Bericht enthaltenen Empfehlungen nicht nachkommen werde, aber u. a. beschlossen habe, dass ihre Dienststellen mit IMG, „bis absolute Gewissheit über [deren] Status … als internationale Organisation besteht“, keine neue Übertragungsvereinbarung mehr gemäß den Bestimmungen schließen würden, die es erlaubten, internationale Organisationen im Rahmen einer indirekten Mittelverwaltung des Haushalts der Union mit Haushaltsvollzugsaufgaben zu betrauen.

C.      Gerichtliche Vorgeschichte

1.      Urteil T29/15

32      Mit Klageschrift, die am 21. Januar 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob IMG Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 16. Dezember 2014.

33      Die Kommission erhob gegen diese Klage eine Einrede der Unzulässigkeit, mit der sie die Unanfechtbarkeit des Beschlusses vom 16. Dezember 2014 geltend machte, weil dieser zum einen keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeuge und zum anderen einen das Schreiben vom 25. April 2014, mit dem IMG über die Sicherungsmaßnahmen vom 26. Februar 2014 informiert worden sei, rein bestätigenden Charakter habe.

34      Mit Beschluss vom 30. Juni 2015 behielt das Gericht die Entscheidung über diese Einrede dem Endurteil vor.

35      Mit Urteil vom 2. Februar 2017, International Management Group/Kommission (T‑29/15, nicht veröffentlicht, im Folgenden: Urteil T‑29/15, EU:T:2017:56), wies das Gericht die Klage von IMG ab. In den Rn. 28 bis 78 dieses Urteils führte es aus, dass die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit unbegründet sei, da der Beschluss vom 16. Dezember 2014 verbindliche Rechtswirkungen erzeugt habe, indem er IMG endgültig die Möglichkeit zum Abschluss der darin behandelten Übertragungsvereinbarung genommen habe, und da er keinen das Schreiben vom 25. April 2014 rein bestätigenden Charakter gehabt habe. In den Rn. 79 bis 169 und 174 dieses Urteils wies das Gericht jedoch die sieben Klagegründe von IMG zurück und wies infolgedessen die Klage als unbegründet ab.

2.      Urteil T381/15

36      Mit Klageschrift, die am 14. Juli 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob IMG Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 8. Mai 2015 und auf Ersatz des durch ihn verursachten Schadens.

37      Die Kommission erhob gegen diese Klage eine Einrede der Unzulässigkeit, mit der sie die Unanfechtbarkeit des Beschlusses vom 8. Mai 2015 geltend machte, da er insbesondere keine verbindlichen Rechtsfolgen entfalte.

38      Mit Beschluss vom 29. Januar 2016 behielt das Gericht die Entscheidung über diese Einrede dem Endurteil vor.

39      Mit Urteil vom 2. Februar 2017, IMG/Kommission (T‑381/15, nicht veröffentlicht, im Folgenden: Urteil T‑381/15, EU:T:2017:57), stellte das Gericht die Erledigung eines Teils der Klage von IMG fest und wies sie im Übrigen ab.

40      In den Rn. 41 bis 53 und 75 dieses Urteils führte das Gericht zunächst aus, dass der Beschluss vom 8. Mai 2015 verbindliche Rechtswirkungen erzeugt habe, da er IMG die Möglichkeit genommen habe, mit der Durchführung neuer Haushaltsaufgaben nach dem Modus der indirekten Mittelverwaltung durch eine internationale Organisation gemäß Art. 58 Abs. 1 der Haushaltsordnung von 2012 betraut zu werden, so dass die Nichtigkeitsklage von IMG zulässig sei. Sodann wies das Gericht in den Rn. 76 bis 160 des Urteils die acht Klagegründe von IMG zurück und wies infolgedessen die Klage als unbegründet ab. Hierbei entschied es u. a. im Wesentlichen, dass der Beschluss vom 8. Mai 2015 zwar nicht sehr genau und detailliert begründet sei, aber im Hinblick auf die drei oben in Rn. 27 genannten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu verstehen und zu prüfen sei, die die Kommission IMG mitgeteilt habe, um die Zweifel an ihrer Eigenschaft als internationale Organisation zu begründen. Schließlich wies das Gericht in den Rn. 170 bis 173 des Urteils den Schadensersatzantrag von IMG als unbegründet zurück.

3.      Urteil C183/17 P und C184/17 P

41      Mit zwei am 11. April 2017 eingelegten Rechtsmitteln beantragte IMG, die Urteile T‑29/15 und T‑381/15 aufzuheben und durch die Nichtigerklärung der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 endgültig über die Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden sowie die Union zum Ersatz der durch den letztgenannten Beschluss verursachten Schäden zu verurteilen.

42      Die Kommission beantragte, die beiden Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen, und legte außerdem zwei Anschlussrechtsmittel ein, mit denen sie den Gerichtshof im Wesentlichen ersuchte, die Urteile T‑29/15 und T‑381/15 aufzuheben, soweit mit ihnen ihre Einreden der Unzulässigkeit zurückgewiesen worden waren, und durch die Abweisung der Klagen als unzulässig endgültig über die Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden.

43      Im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P wies der Gerichtshof zunächst die beiden Anschlussrechtsmittel der Kommission mit der Begründung zurück, dass dem Gericht keiner der von ihr gerügten Rechtsfehler unterlaufen war, als es die beiden Klagen von IMG für zulässig erachtete, da sie Handlungen betrafen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen sollten, die geeignet waren, die Interessen von IMG durch eine qualifizierte Änderung ihrer Rechtsstellung zu beeinträchtigen.

44      Dazu stellte der Gerichtshof in den Rn. 55 bis 60 des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P fest, dass der Beschluss vom 16. Dezember 2014 einen auf der Grundlage von Art. 84 der Haushaltsordnung von 2012 erlassenen Finanzierungsbeschluss darstellte, der dazu diente, einen früheren Beschluss zu ändern und einer dritten Einrichtung eine Haushaltsvollzugsaufgabe zu übertragen, die zuvor IMG wahrgenommen hatte. Er fügte hinzu, dass IMG durch diesen Finanzierungsbeschluss die Rechtsstellung der mit dieser Haushaltsvollzugsaufgabe betrauten Einrichtung und infolgedessen jede Möglichkeit genommen wurde, später mit der Union eine sie betreffende Übertragungsvereinbarung zu schließen, was eine rechtliche Verpflichtung im Sinne der Art. 85 und 86 der Haushaltsordnung von 2012 verkörperte.

45      Ferner stellte der Gerichtshof in den Rn. 61 bis 63 seines Urteils fest, dass der Beschluss vom 8. Mai 2015 den Abschluss weiterer Übertragungsvereinbarungen im Rahmen einer indirekten Mittelverwaltung des Unionshaushalts mit IMG verbot, „bis hinsichtlich des Status von IMG als internationale Organisation absolute Gewissheit besteht“, dass er IMG dadurch jede echte Aussicht auf die Übertragung von Haushaltsvollzugsaufgaben in dieser Eigenschaft nahm und dass diese Wirkung als verbindliche Rechtswirkung des genannten Beschlusses anzusehen ist, wie das Gericht zutreffend entschieden hatte.

46      Sodann gab der Gerichtshof in den Rn. 84 bis 97 seines Urteils den beiden Rechtsmittelgründen statt, mit denen sich IMG gegen die Feststellung des Gerichts wandte, dass die Kommission keinen Rechtsfehler und keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie die Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 mit Zweifeln an der Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 begründete.

47      Insoweit entschied der Gerichtshof, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hatte, als es sich auf die Feststellung beschränkte, dass die von IMG vorgebrachten Argumente und Beweise die Zweifel der Kommission an ihrem Status als internationale Organisation nicht in Frage stellten, statt die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 im Hinblick auf den Begriff „internationale Organisation“ im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 zu prüfen, die insoweit auf „internationale öffentliche Einrichtungen, die durch zwischenstaatliche Abkommen geschaffen werden“, Bezug nehmen.

48      In diesem Kontext führte der Gerichtshof u. a. aus, dass keiner der drei oben in Rn. 27 aufgezählten Gesichtspunkte rechtlich geeignet war, Zweifel an der Eigenschaft von IMG als internationale Organisation zu begründen, da sie sich nur auf die Eigenschaft von fünf nach ihren Angaben zu ihren aktuellen oder ehemaligen Mitgliedern gehörenden Staaten sowie auf die Vollmachten von Personen, die diese Staaten bei der Unterzeichnung ihrer Gründungsakte vertreten hatten, und nicht auf alle Mitgliedstaaten von IMG oder auf ihre eigene Eigenschaft bezogen.

49      Schließlich kam der Gerichtshof in den Rn. 98 bis 106 des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P zu dem Ergebnis, dass die festgestellten Rechtsfehler des Gerichts zur vollständigen Aufhebung der Urteile T‑29/15 und T‑381/15 führen mussten, dass die beiden Rechtsstreitigkeiten zur Entscheidung reif waren, soweit IMG die Nichtigerklärung der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 begehrte, und dass diese beiden Beschlüsse ebenso wie die Urteile T‑29/15 und T‑381/15 rechtswidrig und deshalb insgesamt für nichtig zu erklären waren, wohingegen der Antrag auf Ersatz der Schäden, die IMG durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 entstanden sein sollen, nicht zur Entscheidung reif war, so dass die Sache insoweit an das Gericht zurückzuverweisen war.

4.      Beschluss C183/17 PINT

50      Mit Schriftsatz, der am 10. Januar 2020 bei der Kanzlei des Gerichtshofs einging, ersuchte IMG den Gerichtshof, die Nrn. 1 bis 3 des Tenors des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P in Verbindung mit den Rn. 91 bis 105 der Gründe dieses Urteils dahin auszulegen, dass die Kommission nicht zu Zweifeln an ihrem Status als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen der Union berechtigt gewesen sei.

51      Mit Beschluss vom 9. Juni 2020, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P‑INT, im Folgenden: Beschluss C‑183/17 P‑INT, EU:C:2020:507), wies der Gerichtshof diesen Auslegungsantrag als offensichtlich unzulässig zurück, da er eine Frage betraf, über die im genannten Urteil nicht entschieden worden war. Insbesondere führte der Gerichtshof in den Rn. 22 und 23 seines Beschlusses im Wesentlichen aus, dass er zwar festgestellt hatte, dass die Kommission ihre Zweifel an der Eigenschaft von IMG als internationale Organisation zu Unrecht auf eine Reihe von Gesichtspunkten gestützt hatte, die keine solchen Zweifel rechtfertigten, ohne sich aber mit der Frage zu befassen, ob auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien Analyse unter Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte diese Eigenschaft von IMG zu bejahen oder zu verneinen wäre.

D.      Erstinstanzliche Rechtssachen

1.      Rechtssache T381/15 RENV

52      Im Anschluss an die Verkündung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P forderte das Gericht die Parteien auf, schriftliche Erklärungen abzugeben, bevor es ihnen Fragen zur schriftlichen Beantwortung übermittelte, die sie fristgerecht beantworteten. Es hörte sie zudem in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2020 an.

53      Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht das oben in Rn. 49 angesprochene Schadensersatzbegehren zurückgewiesen.

54      Erstens hat das Gericht in den Rn. 49 bis 68 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen festgestellt, dass dieses, von IMG in ihren schriftlichen Erklärungen nach der teilweisen Zurückverweisung der Rechtssache durch den Gerichtshof konkretisierte Begehren unzulässig sei, soweit es auf den Ersatz einer Reihe von Schäden abziele, die entweder zu den in der Klageschrift genannten hinzukämen oder deren Natur sich geändert habe. Insbesondere wies das Gericht die Anträge als unzulässig zurück, mit denen IMG den Ersatz verschiedener materieller Schäden, die ihr durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 entstanden sein sollen, in Form der Naturalrestitution durch Anordnung eines bestimmten Handelns und öffentlicher Erklärungen nebst Verzugszinsen begehrte. Außerdem wies das Gericht den Antrag von IMG auf Ersatz eines immateriellen Schadens, der mit 10 Mio. Euro beziffert wurde, während in der Klageschrift ein symbolischer Euro verlangt worden war, als unzulässig zurück.

55      Dagegen wurde das Schadensersatzbegehren für zulässig erklärt, soweit es bestimmte materielle Schäden und den immateriellen Schaden betraf, dessen Ersatz IMG in der Klageschrift verlangt hatte.

56      Zweitens hat das Gericht in den Rn. 75 bis 93 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschluss vom 8. Mai 2015 zwar aus den vom Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P angeführten Gründen rechtswidrig sei, aber gegen keine Rechtsnorm verstoßen habe, die bezwecke, dem Einzelnen Rechte zu verleihen.

57      Insoweit hat es in den Rn. 76 bis 88 seines Urteils das Vorbringen von IMG als unbegründet zurückgewiesen, wonach davon auszugehen sei, dass die Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012, gegen die der Beschluss verstoße, im Licht bestimmter völkerrechtlicher Regeln über den in diesen Bestimmungen enthaltenen Begriff „internationale Organisation“ dahin auszulegen seien, dass sie Einrichtungen, denen die Kommission die Eigenschaft als internationale Organisation im Sinne der genannten Bestimmungen zuerkannt habe, das Recht verleihen sollten, als solche anerkannt zu bleiben.

58      Desgleichen hat das Gericht in den Rn. 89 bis 93 des angefochtenen Urteils das Vorbringen von IMG als unbegründet zurückgewiesen, wonach die vom Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P festgestellte Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 8. Mai 2015 als Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift einzustufen sei, die sich aus dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung ergebe und dem Einzelnen Rechte verleihen solle, und zwar dergestalt, dass die Kommission verpflichtet sei, ihre Situation und ihre etwaige Eigenschaft als internationale Organisation anhand der einschlägigen Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012 sorgfältig und unparteiisch zu prüfen.

59      Dabei hat sich das Gericht auf drei Erwägungen gestützt. Zunächst hat es darauf hingewiesen, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung der nunmehr in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankerte Grundsatz der guten Verwaltung als solcher dem Einzelnen keine Rechte verleihe, es sei denn, er stelle eine Ausprägung spezifischer Rechte dar, wie des Rechts des Einzelnen, dass die Unionsverwaltung eigene Angelegenheiten unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandele. Sodann hat es ausgeführt, aus der rechtlichen Würdigung im angefochtenen Urteil ergebe sich, dass die Kommission berechtigt gewesen sei, die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 in Frage zu stellen, so dass ihr nicht mit Erfolg vorgeworfen werden könne, dass sie mit IMG keine neuen Übertragungsvereinbarungen in indirekter Mittelverwaltung abgeschlossen habe. Abgesehen von diesem Vorbringen habe IMG nicht dargetan, inwiefern die Rechtsfehler, die den Gerichtshof zur Nichtigerklärung des Beschlusses vom 8. Mai 2015 veranlasst hätten, einen Verstoß gegen die Verpflichtung der Kommission darstellten, ihre Situation im Licht aller sachdienlichen Informationen unparteiisch zu prüfen.

60      Drittens schließlich hat das Gericht in den Rn. 94 bis 97 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen entschieden, dass der von IMG geltend gemachte Verstoß gegen die Finanzregelungen von 2002 und 2012 jedenfalls nicht hinreichend qualifiziert sei, da IMG nicht nachgewiesen habe, dass die Kommission bei der Umsetzung dieser Regelungen über kein Ermessen verfügt habe.

61      Aus diesen Gründen ist das Gericht in den Rn. 98 bis 101 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gekommen, dass das Schadensersatzbegehren von IMG in vollem Umfang zurückzuweisen sei.

2.      Rechtssache T645/19

62      Parallel zum Verfahren in der Rechtssache T‑381/15 RENV gab es einen Schriftwechsel zwischen der Kommission und IMG über die Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P. Aus ihm geht hervor, dass die Kommission ursprünglich der Ansicht war, dass die Nichtigerklärung der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 auf dem Fehlen einer Begründung dieser Beschlüsse beruhe, während IMG der Ansicht war, dass die Nichtigerklärung in der Sache zur Folge habe, dass die Kommission verpflichtet sei, ihr den Status einer internationalen Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 zuzuerkennen.

63      Im Rahmen dieses Schriftwechsels richtete die Kommission am 18. Juli 2019 ein Schreiben an IMG, das in der vor dem Gerichtshof nicht beanstandeten Rn. 31 des angefochtenen Beschlusses wie folgt beschrieben wird:

„Mit Schreiben vom 18. Juli 2019 … hat die Kommission zunächst geltend gemacht, der Gerichtshof sei im [Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P] nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass [IMG] eine internationale Organisation sei, so dass die Durchführung dieses Urteils ‚nicht die automatische Anerkennung von IMG als internationale Organisation, sondern eine Neubewertung ihres rechtlichen Status im Licht der verfügbaren Informationen und der einschlägigen Finanzvorschriften‘ erfordere. Anschließend wiederholte die Kommission ihre Aufforderung an [IMG], die in [ihrem] Schreiben vom 6. Mai 2019 … erwähnten Dokumente vorzulegen, und fügte hinzu, dass sie sich im Fall einer Weigerung [von IMG] unmittelbar an die Staaten wenden werde, die [IMG] zu ihren Mitgliedern zähle … Schließlich bekräftigte die Kommission, dass die Beurteilung des Status [von IMG] als internationale Organisation eine Vorfrage für die Durchführung des [Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P] sei, auch soweit darin der Beschluss vom 16. Dezember 2014 für nichtig erklärt worden sei.“

64      Mit Klageschrift, die am 26. September 2019 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob IMG Klage zum einen auf Nichtigerklärung des Schreibens vom 18. Juli 2019 mit der Begründung, die Kommission sei nicht befugt, ihren Status als internationale Organisation neu zu bewerten oder von ihren Mitgliedern Informationen hierzu einzuholen. Zum anderen verlangte IMG den Ersatz erstens des ihr durch dieses Schreiben entstandenen immateriellen Schadens, zweitens verschiedener materieller Schäden, die zwar auf den Beschluss vom 8. Mai 2015 zurückgingen, aber durch das genannte Schreiben perpetuiert würden, und drittens der ihr durch den Beschluss vom 16. Dezember 2014 entstandenen Schäden, soweit sie durch das betreffende Schreiben ebenfalls perpetuiert würden.

65      Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Gericht diese Klage abgewiesen. Den Antrag auf Nichtigerklärung des Schreibens vom 18. Juli 2019 hat es in den Rn. 45 bis 76 seines Beschlusses im Wesentlichen mit der Begründung für unzulässig erklärt, dieses Schreiben habe eine Maßnahme zur Vorbereitung des Beschlusses dargestellt, den die Kommission in Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P zu erlassen habe.

66      Den Antrag auf Ersatz durch das Schreiben vom 18. Juli 2019 verursachter Schäden hat das Gericht aus drei Gründen für offensichtlich unzulässig erklärt, und zwar erstens wegen des engen Zusammenhangs zwischen dem von IMG geltend gemachten immateriellen Schaden und dem seinerseits unzulässigen Antrag auf Nichtigerklärung dieses Schreibens (Rn. 80 und 81 des angefochtenen Beschlusses), zweitens wegen des Vorliegens eines Falles der Rechtshängigkeit aufgrund des Zusammenhangs zwischen einigen der von IMG geltend gemachten materiellen Schäden mit denen, die Gegenstand der Rechtssache T‑381/15 RENV seien (Rn. 82 bis 85 des Beschlusses), und drittens wegen der mangelnden Klarheit und Genauigkeit der Schriftsätze von IMG in Bezug auf die übrigen materiellen Schäden, deren Ersatz verlangt werde (Rn. 86 bis 93 des Beschlusses).

III. Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

A.      Anträge der Parteien

67      Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑619/20 P beantragt IMG,

–        den angefochtenen Beschluss aufzuheben,

–        die Sache T‑645/19 an das Gericht zurückzuverweisen und

–        die Kommission zur Tragung der durch das erstinstanzliche Verfahren und das Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten zu verurteilen.

68      Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑620/20 P beantragt IMG,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben,

–        den Rechtsstreit endgültig zu entscheiden und die Union zum Ersatz der durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 verursachten Schäden zu verurteilen sowie

–        die Kommission zur Tragung der durch das erstinstanzliche Verfahren und das Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten zu verurteilen.

69      Die Kommission beantragt in beiden Rechtssachen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und IMG die Kosten aufzuerlegen.

B.      Verfahren vor dem Gerichtshof

70      Am 16. Juni 2021, nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens in den beiden vorliegenden Rechtssachen, hat die Kommission dem Gerichtshof mitgeteilt, dass sie IMG mit Schreiben vom 8. Juni 2021 (im Folgenden: Schreiben vom 8. Juni 2021) die zur Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P vorgenommene endgültige Bewertung ihres Status übermittelt habe. Diese, in einem Dokument mit dem Titel „Endgültige Bewertung des rechtlichen Status von [IMG] im Hinblick auf die Möglichkeit ihrer Betrauung mit indirekter Mittelverwaltung“ enthaltene Bewertung habe ergeben, dass IMG nicht als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002, 2012 und 2018 eingestuft und infolgedessen nicht in dieser Eigenschaft mit Haushaltsvollzugsaufgaben betraut werden könne. Die Kommission fügte im Wesentlichen hinzu, diese Bewertung gelte rückwirkend ab den Beschlüssen vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015, so dass sie bewirkt habe oder haben könne, dass in der Rechtssache C‑619/20 P oder in der Rechtssache C‑620/20 P der Streitgegenstand entfallen sei oder IMG kein Rechtsschutzinteresse mehr habe.

71      Auf Frage des Gerichtshofs hat die Kommission angegeben, dass sie durch diese Mitteilung in jeder der beiden Rechtssachen ein neues Angriffsmittel im Sinne von Art. 127 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 190 Abs. 1 auf Rechtsmittel Anwendung finde, geltend machen wolle.

72      IMG ist gemäß Art. 127 Abs. 2 der Verfahrensordnung eine Frist zur Stellungnahme zu diesem Vorbringen der Kommission gesetzt worden; IMG hat sie fristgerecht eingereicht.

IV.    Zu den Rechtsmitteln

73      Da die beiden vorliegenden Rechtssachen miteinander in Zusammenhang stehen, sind sie nach Anhörung des Berichterstatters, des Generalanwalts und der Parteien gemäß Art. 54 der Verfahrensordnung zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden.

A.      Zum Streitgegenstand und zum Rechtsschutzinteresse

1.      Vorbringen der Parteien

74      Zur Stützung ihres oben in den Rn. 70 und 71 wiedergegebenen Vorbringens hat die Kommission das Schreiben vom 8. Juni 2021 vorgelegt, dem das oben in Rn. 70 erwähnte Dokument mit dem Titel „Endgültige Bewertung des rechtlichen Status von [IMG] im Hinblick auf die Möglichkeit ihrer Betrauung mit indirekter Mittelverwaltung“ beigefügt ist.

75      Aus diesem Dokument geht erstens hervor, dass die im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P genannten Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012 während des Verfahrens, das zu diesem Urteil führte, durch neue Bestimmungen der Haushaltsordnung von 2018 ersetzt wurden, die nach Ansicht der Kommission bei der zur Durchführung dieses Urteils erforderlichen Neubeurteilung der Situation und der Rechtsstellung von IMG zu berücksichtigen sind.

76      Zweitens bringt die Kommission darin ihren Standpunkt zum Ausdruck, dass die Bestimmungen der Haushaltsordnung von 2018, die vorsähen, dass internationale Organisationen, die durch „internationale Abkommen“ geschaffen worden seien, mit Haushaltsvollzugsaufgaben betraut werden könnten, zum einen dahin auszulegen seien, dass sie dieselbe Bedeutung hätten wie die in den Finanzregelungen von 2002 und 2012 enthaltene Bezugnahme auf internationale Organisationen, die durch „zwischenstaatliche Abkommen“ geschaffen worden seien, und zum anderen dahin, dass diese beiden Wendungen in gleicher Weise auf förmlich von mehreren Staaten, diese vertreten durch wirksam zur Erteilung ihrer Zustimmung ermächtigte Vertreter, geschlossene Verträge Bezug nähmen.

77      Drittens weist die Kommission darin darauf hin, dass sie zwecks Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P jeden der Staaten, die nach den Angaben von IMG zu ihren Mitgliedern gehörten oder gehört hätten, dazu befragt habe, ob IMG eine internationale Organisation sei, der sie angehörten oder angehört hätten, und ob sie das internationale Abkommen zur Errichtung einer solchen internationalen Organisation oder andere relevante Dokumente vorlegen könnten.

78      Viertens führt die Kommission darin im Wesentlichen aus, in den ihr übermittelten Antworten dieser Staaten habe keiner von ihnen angegeben, unter Beachtung der nötigen Formalitäten ein internationales Abkommen zur Errichtung von IMG als internationale Organisation geschlossen zu haben und IMG anzugehören. Die Antworten zeigten vielmehr, dass die verschiedenen Staaten, von denen erwiesen sei, dass sie die Gründungsakte oder die Statuten von IMG unterzeichnet, an der Sitzung zu ihrer Errichtung teilgenommen, ihrem Lenkungsausschuss angehört oder finanzielle Mittel beigesteuert hätten, diese Einrichtung im Jahr 1994 mittels eines Dokuments politischer Natur ohne rechtliche Bindungswirkung als zeitweiliges internationales Instrument zur Koordinierung der Finanzierung des Wiederaufbaus der Infrastruktur von Bosnien-Herzegowina geschaffen hätten.

79      Fünftens kommt die Kommission darin zu dem Schluss, dass angesichts dieser Gesichtspunkte, der verschiedenen Stellungnahmen, die IMG hierzu abgegeben habe, und der von ihr vorgenommen Bewertung nicht erwiesen sei, dass IMG als völkerrechtliche Organisation durch ein Abkommen von mindestens zwei zu diesem Zweck wirksam vertretenen Staaten gegründet worden sei, auch wenn sie seit mehr als 20 Jahren bestehe und ihr Tätigkeitsgebiet seit ihrer Gründung erheblich erweitert habe. Folglich könnten IMG nach den Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002, 2012 und 2018, die es erlaubten, internationale Organisationen mit Haushaltsvollzugsaufgaben zu betrauen, keine solchen Aufgaben übertragen werden.

80      IMG macht geltend, das Vorbringen der Kommission sei unbegründet.

2.      Würdigung durch den Gerichtshof

81      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs muss jede natürliche oder juristische Person, die ein Rechtsmittel einlegt, ebenso wie im Fall der Erhebung einer Nichtigkeitsklage ein Rechtsschutzinteresse haben, dessen Vorliegen im Hinblick zum einen auf den Gegenstand des Rechtsmittels oder der Klage und zum anderen auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels oder der Klageerhebung zu beurteilen ist. Bei diesem wesentlichen Erfordernis handelt es sich um eine unverzichtbare Prozessvoraussetzung, deren Einhaltung von den Unionsgerichten jederzeit von Amts wegen geprüft werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. September 2009, Moser Baer India/Rat, C‑535/06 P, EU:C:2009:498, Rn. 24, und vom 21. Januar 2021, Deutschland/Esso Raffinage, C‑471/18 P, EU:C:2021:48, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung).

82      Außerdem muss das Rechtsschutzinteresse ebenso wie der Gegenstand des Rechtsstreits selbst bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung fortbestehen. Der Wegfall des Rechtsschutzinteresses oder des Streitgegenstands im Lauf des Verfahrens kann daher die Unionsgerichte dazu veranlassen, den Rechtsstreit, gegebenenfalls von Amts wegen, für in der Hauptsache erledigt zu erklären (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Oktober 1995, Rendo u. a./Kommission, C‑19/93 P, EU:C:1995:339, Rn. 13, vom 3. September 2009, Moser Baer India/Rat, C‑535/06 P, EU:C:2009:498, Rn. 24, und vom 4. September 2018, ClientEarth/Kommission, C‑57/16 P, EU:C:2018:660, Rn. 43).

83      Schließlich setzen sowohl die Existenz als auch der Fortbestand des Rechtsschutzinteresses voraus, dass der natürlichen oder juristischen Person die von ihr erhobene Klage oder das von ihr eingelegte Rechtsmittel im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Mai 2013, Abdulrahim/Rat und Kommission, C‑239/12 P, EU:C:2013:331, Rn. 61 bis 64, und vom 4. September 2018, ClientEarth/Kommission, C‑57/16 P, EU:C:2018:660, Rn. 43). Diese Frage ist stets anhand des konkreten Falles zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Mai 2013, Abdulrahim/Rat und Kommission, C‑239/12 P, EU:C:2013:331, Rn. 65).

84      Im vorliegenden Fall ist erstens unstreitig, dass zum Zeitpunkt der Einlegung der vorliegenden Rechtsmittel sowohl ein Streitgegenstand als auch ein Rechtsschutzinteresse von IMG vorhanden waren. Dagegen macht die Kommission geltend, der Streitgegenstand und das Rechtsschutzinteresse seien im Lauf der vorliegenden Verfahren im Licht der zur Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P vorgenommenen endgültigen Bewertung des Status von IMG aufgrund des im Schreiben vom 8. Juni 2021 enthaltenen Beschlusses, sie nicht als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002, 2012 und 2018 einzustufen, entfallen.

85      Zweitens stellt dieser Beschluss den Schlusspunkt eines Bewertungsverfahrens dar, an dessen Beginn das oben in Rn. 63 erwähnte Schreiben vom 18. Juli 2019 stand, dessen Nichtigerklärung IMG begehrt. Außerdem stützt sich dieser Beschluss, wie aus dem oben in den Rn. 76 bis 78 zusammengefassten Vorbringen der Kommission hervorgeht, auf eine Reihe von Gesichtspunkten, die von ihr im Rahmen des fraglichen Bewertungsverfahrens zusammengetragen wurden. Schließlich wird mit der von IMG gegen dieses Schreiben erhobenen Klage (Rechtssache T‑645/19) und dem im Anschluss an deren Abweisung durch den angefochtenen Beschluss von ihr eingelegten Rechtsmittel (Rechtssache C‑619/20 P) u. a. die Möglichkeit der Kommission in Abrede gestellt, ein solches Bewertungsverfahren durchzuführen (siehe oben, Rn. 64).

86      Zusammengenommen lassen diese Umstände nicht den Schluss zu, dass das Rechtsmittel gegenstandslos geworden ist oder dass IMG ihr Rechtsschutzinteresse verloren hat, weil ihr das Rechtsmittel im Ergebnis keinen Vorteil mehr verschaffen kann. Sollte sich nämlich am Ende der vom Gerichtshof vorzunehmenden Prüfung herausstellen, dass das Rechtsmittel begründet und der angefochtene Beschluss aufzuheben ist, würde seine Aufhebung dazu führen, dass das Schreiben vom 18. Juli 2019 aus der Rechtsordnung verschwindet, was angesichts des Zusammenhangs zwischen ihm und dem Schreiben vom 8. Juni 2021, das nach den Angaben beider Parteien von IMG im Rahmen einer Klage angefochten wird, die unter dem Aktenzeichen T‑509/21 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist und die noch beim Gericht anhängig war, als die vorliegenden Rechtsmittel eingelegt wurden, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des letztgenannten Schreibens haben könnte.

87      Drittens ist nicht ersichtlich, dass das Schreiben vom 8. Juni 2021 nach seiner Beschreibung durch die Kommission Auswirkungen auf den Gegenstand des Rechtsmittels in der Rechtssache C‑620/20 P oder auf das insoweit bestehende Rechtsschutzinteresse von IMG haben könnte.

88      Dieses Rechtsmittel und die ihm vorausgegangene Klage in der Rechtssache T‑381/15 RENV betreffen nämlich den Ersatz der immateriellen und materiellen Schäden, die IMG aufgrund des Beschlusses vom 8. Mai 2015 entstanden sein sollen, mit dem die Kommission IMG darüber informiert hatte, dass sie mit ihr keine neue Übertragungsvereinbarung gemäß den Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012, die es ermöglichen, internationale Organisationen mit Haushaltsvollzugsaufgaben zu betrauen, mehr schließen werde, da Zweifel an ihrer Eigenschaft als internationale Organisation im Sinne dieser Bestimmungen bestünden (siehe oben, Rn. 31).

89      Da der Gerichtshof diesen Beschluss im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P für rechtswidrig erklärt hat, weil er die Erwägungen, die die Kommission zu solchen Zweifeln veranlassten, als rechtlich und tatsächlich unbegründet einstufte (siehe oben, Rn. 46 bis 49 und 51), und da die Gründe, auf denen diese Feststellung beruht, nach ständiger Rechtsprechung (Urteile vom 14. September 1999, Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., C‑310/97 P, EU:C:1999:407, Rn. 54, und vom 19. April 2012, Artegodan/Kommission, C‑221/10 P, EU:C:2012:216, Rn. 87) Rechtskraft erlangt haben, soweit sie den Tenor dieses Nichtigkeitsurteils tragen, kann es auf die Frage, ob dieser rechtswidrige Beschluss materielle und immaterielle Schäden verursachen konnte, an deren Ersatz IMG ein Interesse hat, keinen Einfluss haben, dass die Kommission in einem sechs Jahre später ergangenen Beschluss, der auf einer abweichenden rechtlichen und tatsächlichen Beurteilung beruht, zu dem Ergebnis gekommen ist, dass IMG nicht als internationale Organisation angesehen werden könne. Im Rahmen einer Schadensersatzklage ist nämlich die Rechtswidrigkeit eines Rechtsakts oder eines Verhaltens, die die außervertragliche Haftung der Union auslösen kann, anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Rechtsakts oder des Verhaltens zu beurteilen (Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat, C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 39).

90      Aus dem Vorstehenden folgt, dass das Vorbringen der Kommission zum Wegfall des Streitgegenstands der vorliegenden Rechtsmittel oder des Rechtsschutzinteresses von IMG unbegründet ist.

B.      Zum Rechtsmittel C619/20 P

91      IMG stützt ihre Anträge auf zwei Rechtsmittelgründe, mit denen sie rügt, dass sowohl die Zurückweisung ihres Antrags auf Nichtigerklärung des Schreibens vom 18. Juli 2019 als unzulässig (Rn. 43 bis 76 des angefochtenen Beschlusses) als auch die Zurückweisung ihres Antrags auf Ersatz der ihr durch dieses Schreiben entstandenen Schäden als offensichtlich unzulässig (Rn. 77 bis 93 des Beschlusses) mit Rechtsfehlern behaftet sei.

1.      Zum ersten Rechtsmittelgrund

a)      Vorbringen der Parteien

92      IMG macht geltend, die Begründung, aufgrund deren das Gericht zu dem Ergebnis gekommen sei, dass das Schreiben vom 18. Juli 2019 nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein könne, sei mit mehreren Rechtsfehlern behaftet.

93      Dieses Schreiben enthalte nämlich den endgültigen Beschluss der Kommission, das Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P mittels einer erneuten Bewertung der Eigenschaft von IMG anhand der Finanzregelungen von 2002 und 2012 im Licht zusätzlicher von ihr oder, hilfsweise, von den Staaten, die nach ihren Angaben zu ihren aktuellen oder ehemaligen Mitgliedern gehörten, zu liefernden Informationen durchzuführen. Zu diesem ausdrücklichen Beschluss komme – implizit, aber zwangsläufig – der Beschluss hinzu, das Urteil nicht in der Weise durchzuführen, dass IMG wieder in die Lage einer insbesondere von der Kommission anerkannten internationalen Organisation versetzt werde, in der sie sich vor dem Erlass der beiden vom Gerichtshof für nichtig erklärten Rechtsakte befunden habe.

94      Das Gericht habe dadurch, dass es die Anfechtbarkeit dieser Beschlüsse verneint habe, zunächst einen Rechtsfehler begangen, der darin bestehe, dass es den Verstoß der Kommission gegen Art. 266 Abs. 1 AEUV, wonach die Unionsorgane im Fall der Nichtigerklärung einer Handlung, deren Urheber sie seien, die sich aus dem Urteil, mit dem die Nichtigkeit festgestellt werde, ergebenden Maßnahmen zu ergreifen hätten, unbeanstandet gelassen habe. Im Einzelnen verstießen die Rn. 53 bis 59, 61 bis 66, 68 bis 70 und 73 bis 76 des angefochtenen Beschlusses gegen die Rechtskraft des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P, aus dessen tragenden Gründen (Rn. 92 bis 96 und 104) hervorgehe, dass die Kommission IMG wieder in ihre frühere Lage als anerkannte internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 hätte versetzen müssen.

95      Sodann habe das Gericht dadurch, dass es außer Acht gelassen habe, dass IMG dieser Status hätte erhalten bleiben müssen, es sei denn, ihre Mitglieder änderten ihr Statut oder lösten sie auf, gegen verschiedene völkerrechtliche Regeln zum Begriff „internationale Organisation“, auf den die genannten Regelungen Bezug nähmen, verstoßen, die angesichts ihres Vorrangs vor dem abgeleiteten Unionsrecht sowohl vom Gericht als auch von der Kommission im Rahmen der Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P beachtet werden müssten.

96      Schließlich habe das Gericht die in der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Grundsätze zum Begriff „anfechtbare Handlung“ falsch angewandt, indem es das Schreiben vom 18. Juli 2019 trotz seines Wortlauts, seines Kontexts und der Rechtswirkungen der in ihm enthaltenen ausdrücklichen und stillschweigenden Entscheidungen nicht als solche eingestuft habe.

97      Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für unbegründet.

b)      Würdigung durch den Gerichtshof

98      Auf der Grundlage von Art. 263 Abs. 1 AEUV kann eine Nichtigkeitsklage gegen jede Bestimmung oder Maßnahme der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, gleich welcher Form, erhoben werden, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen soll, die die Interessen einer natürlichen oder juristischen Person durch eine qualifizierte Änderung ihrer Rechtsstellung beeinträchtigen (Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission, C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

99      Um in einem konkreten Fall festzustellen, ob die angefochtene Handlung verbindliche Rechtswirkungen erzeugen soll, ist erstens nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs auf ihr Wesen abzustellen, und ihre Wirkungen sind anhand objektiver Kriterien wie ihrem Inhalt zu beurteilen, wobei gegebenenfalls der Kontext, in dem sie erlassen wurde, sowie die Befugnisse des Organs, der Einrichtung oder der sonstigen Stelle der Union, das bzw. die sie erlassen hat, zu berücksichtigen sind. Diese Befugnisse sind ihrerseits nicht abstrakt zu beurteilen, sondern als Anhaltspunkte, die geeignet sind, die konkrete Analyse des Inhalts der Handlung zu beleuchten, die von zentraler Bedeutung ist und unbedingt vorzunehmen ist (Urteil vom 21. Januar 2021, Deutschland/Esso Raffinage, C‑471/18 P, EU:C:2021:48, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

100    Zweitens sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs in einem Fall, in dem der angefochtene Rechtsakt wie hier im Anschluss an die Nichtigerklärung eines früheren Rechtsakts erlassen wurde, die rechtlichen Besonderheiten einer solchen Situation zu berücksichtigen.

101    Insoweit ergibt sich aus Art. 266 AEUV, dass die Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen, denen das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil, mit dem dieses Handeln für nichtig erklärt wurde, ergebenden Maßnahmen zu ergreifen haben. Um einem solchen Urteil nachzukommen und es vollständig durchzuführen, muss nicht nur dessen Tenor beachtet werden, sondern auch die Gründe, die ihn in dem Sinne tragen, dass sie zur Bestimmung seiner genauen Bedeutung unerlässlich sind (Urteil vom 14. Juni 2016, Kommission/McBride u. a., C‑361/14 P, EU:C:2016:434, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

102    In Art. 266 AEUV wird jedoch die Natur der Maßnahmen, die vom Urheber des für nichtig erklärten Handelns zu ergreifen sind, um seiner Verpflichtung nachzukommen, nicht konkretisiert, so dass es ihm obliegt, sie zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juni 2016, Kommission/McBride u. a., C‑361/14 P, EU:C:2016:434, Rn. 52 und 53); er verfügt über ein weites Ermessen bei der Wahl dieser Maßnahmen, die allerdings mit dem Tenor des Urteils, mit dem das fragliche Handeln für nichtig erklärt wurde, und den ihn tragenden Gründen vereinbar sein müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. März 2018, Deichmann, C‑256/16, EU:C:2018:187, Rn. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung).

103    Drittens schließlich liegt nach ständiger Rechtsprechung, wenn Handlungen in einem mehrphasigen Verfahren ergehen, eine mit einer Nichtigkeitsklage anfechtbare Handlung grundsätzlich nur bei Maßnahmen vor, die den Standpunkt der zuständigen Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union am Ende des Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber bei Zwischenmaßnahmen zur Vorbereitung der endgültigen Maßnahme, insbesondere solchen, die eine vorläufige Meinung zum Ausdruck bringen (Urteile vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, EU:C:1981:264, Rn. 10 und 20, sowie vom 3. Juni 2021, Ungarn/Parlament, C‑650/18, EU:C:2021:426, Rn. 43 und 44).

104    Eine Nichtigkeitsklage gegen eine Maßnahme, die eine vorläufige Meinung zum Ausdruck bringt, könnte den Unionsrichter nämlich zur Entscheidung über Fragen zwingen, zu denen sich die zuständigen Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen noch nicht äußern konnten; dies wäre mit dem System der Zuständigkeitsverteilung und von Rechtsbehelfen des AEU-Vertrags unvereinbar (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Oktober 2011, Deutsche Post und Deutschland/Kommission, C‑463/10 P und C‑475/10 P, EU:C:2011:656, Rn. 51, und vom 15. März 2017, Stichting Woonlinie u. a./Kommission, C‑414/15 P, EU:C:2017:215, Rn. 45).

105    Sofern etwaige Rechtsfehler einer Zwischenmaßnahme im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gegen die endgültige Maßnahme, zu deren Ausarbeitung sie beiträgt, geltend gemacht werden können, verschafft zudem diese Klage den Betroffenen einen ausreichenden gerichtlichen Rechtsschutz (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Oktober 2011, Deutsche Post und Deutschland/Kommission, C‑463/10 P und C‑475/10 P, EU:C:2011:656, Rn. 53 und 54, sowie vom 6. Oktober 2021, Poggiolini/Parlament, C‑408/20 P, EU:C:2021:806, Rn. 43).

106    Im vorliegenden Fall ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Schreiben vom 18. Juli 2019 in Anbetracht seines oben in Rn. 63 wiedergegebenen Inhalts keine Handlung sei, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein könne, da es eine vorbereitende Maßnahme darstelle.

107    Im Einzelnen hat das Gericht zunächst in den Rn. 51 und 52 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dieses Schreiben sei so zu verstehen, dass es den Standpunkt der Kommission zum Ausdruck bringe, wonach sie es für erforderlich gehalten habe, Informationen zu erlangen, die es ihr ermöglichen sollten, die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der einschlägigen Bestimmungen zu beurteilen und ihren endgültigen Standpunkt hierzu festzulegen, um ihrer Verpflichtung zur Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P nachzukommen.

108    Sodann hat das Gericht in den Rn. 54, 59 bis 69 und 71 bis 75 des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen ausgeführt, in Anbetracht des Kontexts dieses Schreibens, des Tenors und der Gründe des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P sowie des Ermessens, über das die Kommission bei der Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Durchführung dieses Urteils verfügt habe, sei sie befugt oder sogar verpflichtet gewesen, anhand der einschlägigen Bestimmungen eine Neubewertung der Eigenschaft von IMG als internationale Organisation vorzunehmen und sich zu diesem Zweck um die Erlangung der Informationen zu bemühen, die ihr erforderlich erschienen, um ihr die Festlegung ihres endgültigen Standpunkts zu ermöglichen.

109    Schließlich hat das Gericht daraus in Rn. 76 des angefochtenen Beschlusses geschlossen, dass das Schreiben vom 18. Juli 2019 eine Maßnahme zur Vorbereitung der Entscheidung darstelle, die die Kommission zur Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P habe treffen müssen.

110    Insoweit ist erstens zu dem oben in Rn. 94 zusammengefassten Vorbringen von IMG festzustellen, dass das Gericht in Anbetracht der oben in den Rn. 100 bis 102 angeführten Rechtsprechungsgrundsätze keinen Rechtsfehler begangen hat, als es in der oben in Rn. 108 zusammengefassten Weise die Rechtsfolgen bestimmt hat, die im Rahmen der Analyse der Anfechtbarkeit des Schreibens vom 18. Juli 2019 aus der Existenz des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P, aus dem Ermessen, über das die Kommission verfügte, um ihrer Verpflichtung, die sich aus dem genannten Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen, nachzukommen, und aus der Rechtskraft sowohl des Tenors dieses Nichtigkeitsurteils als auch seiner tragenden Gründe (siehe oben, Rn. 89) zu ziehen waren.

111    Insbesondere ergibt sich, wie das Gericht zutreffend ausgeführt hat, aus den Rn. 57 bis 59, 61 und 88 bis 90 des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P zum einen eindeutig, dass die Kommission sich vergewissern muss, dass die Einrichtungen, die sie gemäß den Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012 über die indirekte Mittelverwaltung des Haushalts der Union durch internationale Organisationen mit Haushaltsvollzugsaufgaben betraut hat oder betrauen möchte, um internationale Organisationen im Sinne dieser Bestimmungen handelt. Zum anderen ist die Kommission, wenn insoweit Zweifel bestehen, verpflichtet, diese Zweifel auszuräumen und alle Informationen zu sammeln, die zur Rechtfertigung ihres Beschlusses sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht in Anbetracht seiner rechtlichen Folgen für die betreffende Einrichtung erforderlich sind.

112    Außerdem geht aus den Rn. 92 bis 97 und 104 des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P, deren Inhalt in den Rn. 22 und 23 des Beschlusses C‑183/17 P‑INT wiedergegeben wurde, eindeutig hervor, dass die vom Gerichtshof für nichtig erklärten Beschlüsse im vorliegenden Fall weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht gerechtfertigt waren.

113    In Anbetracht dieser Erwägungen und Feststellungen, die den Tenor des genannten Urteils tragen, war die Kommission nicht verpflichtet, IMG in die nach deren Angaben frühere Lage als anerkannte internationale Organisation zu versetzen, sondern konnte ihrer Verpflichtung zur Durchführung des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P dadurch nachkommen, dass sie das Verfahren betreffende Maßnahmen ergriff, die es ihr ermöglichen sollten, die vom Gerichtshof festgestellte Unregelmäßigkeit zu beseitigen und unter Umständen als Ersatz für die vom Gerichtshof für nichtig erklärten Beschlüsse einen neuen Rechtsakt zu erlassen, nachdem sie die Informationen erlangt hatte, die sie zur Stützung des neuen Rechtsakts in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht für erforderlich hielt.

114    Zweitens ist zu dem oben in Rn. 96 zusammengefassten Vorbringen von IMG festzustellen, dass das Gericht in Anbetracht der zutreffenden rechtlichen Konsequenzen, die es aus dem Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P gezogen hatte, keinen Fehler bei der rechtlichen Einordnung des Sachverhalts begangen hat, als es in Rn. 76 des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis kam, dass das Schreiben vom 18. Juli 2019 angesichts seines Inhalts als vorbereitende Maßnahme anzusehen sei, in der ein vorläufiger Standpunkt der Kommission zur Einstufung von IMG als internationale Organisation im Sinne der einschlägigen Bestimmungen zum Ausdruck kam.

115    Da das zuständige Organ eine Bewertung dieser Eigenschaft vornehmen wollte, war es nämlich zulässig, eine solche Maßnahme im Licht der oben in den Rn. 103 und 104 angeführten Rechtsprechungsgrundsätze als vorbereitende Maßnahme einzustufen.

116    Drittens ist zu dem oben in Rn. 95 zusammengefassten Vorbringen von IMG festzustellen, dass es sich auf die Konsequenzen bezieht, die nach ihrer Auffassung aus bestimmten völkerrechtlichen Regeln zum Begriff „internationale Organisation“ im Rahmen der Beurteilung ihrer etwaigen Eigenschaft als internationale Organisation im Sinne der einschlägigen Bestimmungen zu ziehen sind, also auf eine Frage, mit der sich die Kommission nach ihren Angaben im Schreiben vom 18. Juli 2019 vor einer endgültigen Stellungnahme befassen wollte. In Anbetracht der oben in den Rn. 104 und 105 angeführten Rechtsprechung kann ein solches Vorbringen, selbst wenn es begründet wäre, nicht zur Anfechtbarkeit dieses Schreibens führen.

117    Aus den vorstehenden Gründen ist der vorliegende Rechtsmittelgrund unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

2.      Zum zweiten Rechtsmittelgrund

a)      Vorbringen der Parteien

118    IMG macht zunächst geltend, aus der Zulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung des Schreibens vom 18. Juli 2019 folge, dass entgegen den Feststellungen des Gerichts in den Rn. 80 und 81 des angefochtenen Beschlusses auch der Antrag auf Ersatz des durch dieses Schreiben verursachten immateriellen Schadens zulässig sei.

119    Desgleichen habe das Gericht in den Rn. 82 bis 85 seines Beschlusses fehlerhaft entschieden, dass der Antrag auf Ersatz der durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 verursachten materiellen Schäden wegen der Anhängigkeit der Rechtssache T‑381/15 RENV als unzulässig zurückgewiesen werden müsse. Die fraglichen Schäden gingen zwar auf diesen Beschluss zurück, würden aber speziell und ausschließlich geltend gemacht, soweit sie durch das genannte Schreiben perpetuiert würden.

120    Schließlich beziehe sich der Antrag auf Ersatz der materiellen Schäden, die auf den Beschluss vom 16. Dezember 2014 zurückgingen, ebenfalls speziell und ausschließlich auf die durch das Schreiben vom 18. Juli 2019 perpetuierten Schäden, so dass das Gericht auch dadurch einen Rechtsfehler begangen habe, dass es diesen Antrag in den Rn. 86 bis 93 des angefochtenen Beschlusses als unzulässig zurückgewiesen habe.

121    Die Kommission ist der Auffassung, dass dieser Rechtsmittelgrund teilweise unbegründet sei und im Übrigen ins Leere gehe.

b)      Würdigung durch den Gerichtshof

122    Erstens genügt zu dem Vorbringen von IMG zu der vom Gericht in den Rn. 80 und 81 des angefochtenen Beschlusses vorgenommenen Würdigung die Feststellung, dass IMG der Sache nach lediglich vorträgt, diese Würdigung sei rechtsfehlerhaft, sofern der Antrag auf Nichtigerklärung des Schreibens vom 18. Juli 2019 zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen worden sei. Wie oben in Rn. 117 dargelegt, hat das Gericht diesen Antrag aber zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

123    Zweitens ist hinsichtlich des Antrags auf Ersatz des materiellen Schadens, der zwar auf den Beschluss vom 8. Mai 2015 zurückgehen, aber durch das Schreiben vom 18. Juli 2019 perpetuiert worden sein soll, darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs, wie das Gericht in Rn. 82 des angefochtenen Beschlusses zu Recht ausgeführt hat, eine Nichtigkeits- oder Schadensersatzklage, die nach einer anderen Klage erhoben wird, dieselben Parteien betrifft, auf dieselben Ziele gerichtet ist und auf dieselben Klagegründe oder Rügen gestützt wird, wegen Rechtshängigkeit unzulässig (Beschluss vom 1. April 1987, Ainsworth u. a./Kommission, 159/84, 267/84, 12/85 und 264/85, EU:C:1987:172, Rn. 3 und 4, sowie Urteil vom 5. April 2017, Changshu City Standard Parts Factory und Ningbo Jinding Fastener/Rat, C‑376/15 P und C‑377/15 P, EU:C:2017:269, Rn. 29).

124    Im vorliegenden Fall hat das Gericht diese Rechtsprechung in den Rn. 83 bis 85 des angefochtenen Beschlusses zu Recht angewandt, da der Schadensersatzantrag von IMG später gestellt wurde als der Antrag, um den es in der Rechtssache T‑381/15 RENV geht, dieselben Parteien betraf, ebenfalls auf Schadensersatz abzielte und sich auf materielle Schäden bezog, die zwar durch das Schreiben vom 18. Juli 2019 perpetuiert wurden, aber, wie IMG selbst angegeben hat, auf den Beschluss zurückgingen, der Gegenstand der früheren Rechtssache war.

125    Drittens schließlich genügt in Bezug auf das entsprechende Vorbringen von IMG zu ihrem Antrag auf Ersatz der Schäden, die zwar auf den Beschluss vom 16. Dezember 2014 zurückgehen, aber durch das Schreiben vom 18. Juli 2019 perpetuiert worden sein sollen, der Hinweis, dass dieses Vorbringen ins Leere geht. Das Gericht hat sich nämlich bei der Zurückweisung dieses Antrags als unzulässig in den Rn. 91 bis 93 des angefochtenen Beschlusses nicht auf inhaltliche oder verfahrensrechtliche Erwägungen im Zusammenhang mit der Art oder dem Ursprung der geltend gemachten Schäden gestützt, sondern darauf, dass die für Klageschriften geltenden Formerfordernisse in Art. 76 Buchst. d seiner Verfahrensordnung nicht eingehalten worden seien; dazu hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen zur Stützung dieses Antrags zu vage und ungenau sei, um darüber befinden zu können.

126    Da der vorliegende Rechtsmittelgrund somit ebenso wie der erste Rechtsmittelgrund unbegründet ist, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.

C.      Zum Rechtsmittel in der Rechtssache C620/20 P

127    IMG stützt ihre Anträge auf zwei Rechtsmittelgründe, mit denen sie Rechtsfehler bei der Zurückweisung ihrer Schadensersatzanträge als teils unbegründet (Rn. 69 bis 100 des angefochtenen Urteils) und im Übrigen unzulässig (Rn. 40 bis 68 des angefochtenen Urteils) rügt.

1.      Zum ersten Rechtsmittelgrund

a)      Vorbringen der Parteien

128    In Bezug auf die im angefochtenen Urteil als unbegründet zurückgewiesenen Schadensersatzanträge macht IMG erstens geltend, das Gericht habe dadurch, dass es nicht die Konsequenzen aus der Nichtigerklärung des Beschlusses vom 8. Mai 2015 durch das Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P gezogen habe, gegen den in Art. 61 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union verankerten Grundsatz der Rechtskraft verstoßen, wonach das Gericht im Fall der Zurückverweisung einer Sache an die rechtliche Beurteilung in der Entscheidung des Gerichtshofs gebunden sei. Obwohl der Gerichtshof festgestellt habe, dass die Zweifel der Kommission hinsichtlich des Status von IMG als internationale Organisation ungerechtfertigt seien, habe das Gericht nämlich in den Rn. 82 bis 86 des angefochtenen Urteils nicht anerkannt, dass die Kommission insoweit keine Zweifel mehr geltend machen könne.

129    Zweitens habe das Gericht in den Rn. 86 bis 88 des angefochtenen Urteils eine Reihe von Rechtsfehlern begangen, indem es die vom Gerichtshof festgestellte Regelwidrigkeit im Licht der einschlägigen Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012 sowie der bei der Auslegung des Begriffs „internationale Organisation“, auf den sich diese Bestimmungen bezögen, zu berücksichtigenden Regeln des Völkerrechts nicht als Verstoß gegen eine Rechtsnorm eingestuft habe, die bezwecke, den Einrichtungen, denen die Union Haushaltsvollzugsaufgaben übertragen habe, Rechte zu verleihen.

130    Insoweit macht IMG zunächst geltend, dass einer Einrichtung, wenn sie als internationale Organisation anerkannt worden sei, ein solcher Status nicht mehr entzogen werden könne, weil er nach dem Völkerrecht endgültig sei und seine Anerkennung dem Entzug entgegenstehe, solange ihre Mitgliedstaaten nicht selbst entschieden hätten, ihr Statut zu ändern oder sie aufzulösen. Folglich habe eine solche Einrichtung völkerrechtlich während ihrer gesamten Lebensdauer das Recht, als solche anerkannt zu bleiben.

131    Sodann könne die Infragestellung des einer bestimmten Einrichtung zuerkannten Status als internationale Organisation nicht mit dem spezifischen oder autonomen Charakter des Begriffs „internationale Organisation“ im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 gerechtfertigt werden, denn sie müssten angesichts des höheren Ranges, den die einschlägigen Regeln des Völkerrechts in der Normenhierarchie einnähmen, im Einklang mit ihnen ausgelegt werden.

132    Schließlich trägt IMG im Wesentlichen vor, die Berücksichtigung aller im vorliegenden Fall relevanter rechtlicher und tatsächlicher Gesichtspunkte hätte das Gericht zu der Schlussfolgerung veranlassen müssen, dass ihr Status als internationale Organisation keinen Anlass zu begründeten Zweifeln gebe.

133    Drittens wirft IMG dem Gericht vor, in den Rn. 89 bis 93 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen zu haben, indem es sich geweigert habe, einen Verstoß gegen das Recht auf eine gute Verwaltung festzustellen, der in Anbetracht der vom Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P festgestellten Regelwidrigkeit geeignet sei, die Haftung der Union auszulösen. Da die Zweifel, die die Kommission veranlasst hätten, ihre vertraglichen Beziehungen zu IMG im Beschluss vom 8. Mai 2015 einzufrieren, ungerechtfertigt gewesen seien und da dieser Beschluss mit einem Rechtsfehler und einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet sei, liege ein Verstoß gegen das in Art. 41 der Charta verankerte Recht auf eine gute Verwaltung vor, genauer gesagt gegen die daraus resultierende Pflicht der Kommission, ihre Lage im Einklang mit der auf das Urteil des Gerichtshofs vom 21. November 1991, Technische Universität München (C‑269/90, EU:C:1991:438, Rn. 14), zurückgehenden Rechtsprechung sorgfältig zu prüfen.

134    Viertens habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, als es in den Rn. 96 und 97 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt sei, dass der von IMG geltend gemachte Verstoß gegen die Finanzregelungen von 2002 und 2012 jedenfalls nicht hinreichend qualifiziert sei.

135    Die Kommission hält dem erstens entgegen, die Rüge, das Gericht habe gegen Art. 61 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union verstoßen, sei unzulässig, gehe ins Leere und sei unbegründet. Sie betreffe nämlich die im Rahmen eines Rechtsmittels nicht anfechtbaren Ausführungen des Gerichts zum Nichtvorliegen eines Verstoßes gegen Rechtsnormen, die bezweckten, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. Außerdem sei das Gericht jedenfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass ein solcher Verstoß, selbst wenn er erwiesen wäre, nicht hinreichend qualifiziert sei. Schließlich ergebe sich sowohl aus dem Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P als auch aus dem Beschluss C‑183/17 P‑INT, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, IMG den Status einer internationalen Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 zuzuerkennen.

136    Zweitens gehe die Rüge, die vom Gerichtshof festgestellte Regelwidrigkeit hätte angesichts bestimmter Regeln des Völkerrechts zum Begriff „internationale Organisation“, auf den die Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012 Bezug nähmen, als Verstoß gegen eine Rechtsnorm qualifiziert werden müssen, die bezwecke, internationalen Organisationen, denen die Kommission Haushaltsvollzugsaufgaben übertragen habe, Rechte zu verleihen, ebenfalls ins Leere und sei unbegründet.

137    Im vorliegenden Fall gehe es nämlich nicht darum, ob die Kommission eine Neubewertung des Status von IMG vornehmen dürfe, sondern darum, ob es sich bei den Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012, auf deren Grundlage sie insoweit Zweifel geäußert habe, um Rechtsnormen handele, die bezweckten, Einrichtungen in der Lage von IMG Rechte zu verleihen. Die Ausführungen des Gerichts hierzu seien frei von Rechtsfehlern.

138    Drittens könnte die Rüge der Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung ein neues und daher unzulässiges Angriffsmittel sein, da sie in den Schriftsätzen im ersten Rechtszug nicht in hinreichend deutlicher und detaillierter Weise vorgebracht worden sei. Sie sei jedenfalls nicht stichhaltig. IMG versuche nämlich nicht einmal, darzutun, dass die Kommission über die vom Gerichtshof festgestellte Regelwidrigkeit hinaus mangelnde Sorgfalt an den Tag gelegt habe; dies habe das Gericht in Rn. 92 des angefochtenen Urteils konstatiert. Außerdem habe es in Rn. 91 seines Urteils aus dem Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P zutreffend abgeleitet, dass der Kommission der Abbruch ihrer vertraglichen Beziehungen zu IMG nicht vorgeworfen werden könne, da deren Status zweifelhaft gewesen sei.

139    Viertens weise IMG nicht nach, dass das Gericht das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen die Finanzregelungen von 2002 und 2012 zu Unrecht ausgeschlossen habe.

b)      Würdigung durch den Gerichtshof

140    Wie sich aus der vorstehenden Darlegung des Vorbringens der Parteien ergibt, gliedert sich der vorliegende Rechtsmittelgrund in vier gesonderte Rügen.

1)      Zur ersten Rüge: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtskraft

141    In Bezug auf die oben in Rn. 128 zusammengefasste Rüge ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof, nachdem er die Urteile T‑29/15 und T‑381/15 in vollem Umfang aufgehoben und über einen Teil der diesen Urteilen zugrunde liegenden Klagen entschieden hatte, in Rn. 104 des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P in der Tat ausgeführt hat, dass die drei von der Kommission in ihren Beschlüssen vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 herangezogenen und in den Rn. 92 bis 96 des letztgenannten Urteils analysierten Gesichtspunkte nicht geeignet waren, die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 in Frage zu stellen.

142    Diese Ausführungen sind jedoch im Kontext der Gründe des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P zu sehen, deren logische Folge sie darstellen und deren Bedeutung und Tragweite der Gerichtshof im Beschluss C‑183/17 P‑INT erläutert hat (siehe oben, Rn. 51). Aus diesen Gründen geht klar hervor, dass es der Kommission nicht verwehrt war, später unter Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation neu zu bewerten.

143    Daher hat das Gericht in den Rn. 82 bis 86 des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler im Hinblick auf Art. 61 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union begangen.

2)      Zur zweiten und zur vierten Rüge: Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen die Finanzregelungen von 2002 und 2012

144    In Bezug auf die oben in den Rn. 129 bis 132 und 134 zusammengefassten Rügen, wonach das Gericht in den Rn. 86 bis 88, 96 und 97 des angefochtenen Urteils Rechtsfehler begangen haben soll, weil es die vom Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P festgestellte Regelwidrigkeit nicht als hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm eingestuft habe, die bezwecke, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, obwohl die Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012, anhand deren die qualifizierte Regelwidrigkeit festgestellt worden sei, dies angesichts der im vorliegenden Fall einschlägigen völkerrechtlichen Regeln bezweckten, sind folgende Ausführungen angebracht.

145    Erstens kann nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die außervertragliche Haftung der Union in einem konkreten Fall nur dann ausgelöst werden, wenn – neben weiteren Voraussetzungen – die Person, die den Ersatz des Schadens oder der Schäden verlangt, die sie durch ein Verhalten oder einen Rechtsakt der Union erlitten zu haben glaubt, den Nachweis erbringt, dass ein Verstoß gegen eine Rechtsnorm vorliegt, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen (Urteile vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C‑352/98 P, EU:C:2000:361, Rn. 41 und 42, sowie vom 4. April 2017, Europäischer Bürgerbeauftragter/Staelen, C‑337/15 P, EU:C:2017:256, Rn. 31).

146    Außerdem muss der Verstoß hinreichend qualifiziert sein; dieses Erfordernis hängt wiederum von dem Wertungsspielraum des Organs, der Einrichtung oder der sonstigen Stelle der Union, dem oder der der Verstoß angelastet wird, sowie davon ab, ob die Grenzen dieses Spielraums in Anbetracht u. a. des Grades an Klarheit und Präzision der betreffenden Norm, etwaiger bei ihrer Auslegung oder Anwendung auftretender Schwierigkeiten sowie der Komplexität des zu regelnden Sachverhalts in offenkundiger und schwerwiegender Weise überschritten wurden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C‑352/98 P, EU:C:2000:361, Rn. 40, 43 und 44, sowie vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 30).

147    Zweitens geht im vorliegenden Fall aus dem Wortlaut und der Systematik der einschlägigen Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012 im Licht der mit den mit diesen Regelungen verfolgten Zielen klar hervor, dass den fraglichen Bestimmungen für sich genommen nicht der Zweck beigemessen werden kann, den Einrichtungen, denen gegenüber sie umgesetzt werden können, Rechte zu verleihen.

148    Nach Art. 53 Buchst. c und Art. 53d der Haushaltsordnung von 2002 sowie Art. 58 Abs. 1 Buchst. c der Haushaltsordnung von 2012 ist nämlich die Kommission für die Ausführung des Haushalts der Union verantwortlich, wobei mehrere Arten des Haushaltsvollzugs vorgesehen sind; eine von ihnen, die in der erstgenannten Verordnung als „gemeinsame Verwaltung mit internationalen Organisationen“ und in der letztgenannten als „indirekte Mittelverwaltung“ bezeichnet wird, ermöglicht es der Kommission, Haushaltsvollzugsaufgaben auf solche Organisationen zu übertragen. Im Rahmen dieser Befugnis verfügt sie über ein weites Ermessen.

149    Außerdem heißt es in Art. 53d Abs. 1 und 2 der Haushaltsordnung von 2002 ausdrücklich, dass nur dann, wenn die Kommission den Haushalt in gemeinsamer Mittelverwaltung ausführt, d. h., wenn sie beschlossen hat, diese Art des Haushaltsvollzugs zu wählen, bestimmte Aufgaben einer internationalen Organisation übertragen werden; in einem solchen Fall muss die mit der Organisation geschlossene Vereinbarung genaue Bestimmungen über diese Aufgaben enthalten. Desgleichen muss die Kommission nach Art. 84 Abs. 3 Unterabs. 2 der Haushaltsordnung von 2012, falls sie beschlossen hat, den Unionshaushalt im Wege indirekter Mittelverwaltung auszuführen, in dem Finanzierungsbeschluss u. a. die betraute Einrichtung oder Person, die Kriterien für ihre Wahl und die ihr übertragenen Aufgaben angeben. Eine entsprechende Regelung dieses Aspekts ist nunmehr in Art. 62 Abs. 1 Buchst. c und in Art. 156 Abs. 1 der Haushaltsordnung von 2018 vorgesehen.

150    Schließlich sind diese verschiedenen Bestimmungen, wie das Gericht in den Rn. 79 und 80 des angefochtenen Urteils zutreffend dargelegt hat und wie der Generalanwalt in Nr. 51 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, nach Maßgabe des in Art. 310 Abs. 5 und in Art. 317 Abs. 1 AEUV verankerten Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung zu verstehen.

151    In Anbetracht der Rolle und der Verantwortung, die diese Bestimmungen des Primärrechts der Union und die Haushaltsordnungen der Kommission im Zusammenhang mit der Ausführung des Haushaltsplans der Union übertragen, hat die Kommission nämlich für die Einhaltung des genannten Grundsatzes zu sorgen. Folglich muss die Kommission, wenn sie sich für eine Art des Haushaltsvollzugs entscheidet, die mit der Heranziehung eines Dritten verbunden ist, jedenfalls während der gesamten Dauer des Haushaltsvollzugs und der Erfüllung der damit verbundenen Aufgaben auf die Einhaltung der einschlägigen Voraussetzungen achten, insbesondere soweit sie die Gewährung und anschließende Verwendung der entsprechenden Mittel betreffen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Februar 2019, Alfamicro/Kommission, C‑14/18 P, EU:C:2019:159, Rn. 65 und 66, sowie vom 16. Juli 2020, ADR Center/Kommission, C‑584/17 P, EU:C:2020:576, Rn. 100 und 101).

152    Infolgedessen ist davon auszugehen, dass mit den fraglichen Bestimmungen eine Befugnis der Kommission geschaffen werden soll, im Rahmen eines weiten Ermessens und unter Beachtung einer Reihe rechtlicher, administrativer, technischer und finanzieller Voraussetzungen sowie des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung internationale Organisationen mit Haushaltsvollzugsaufgaben zu betrauen, ohne dass diese Anspruch darauf haben, solche Aufgaben übertragen zu bekommen oder behalten zu dürfen.

153    Drittens ist zum Vorbringen von IMG, der Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die bezwecke, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, ergebe sich aus der dem Unionsrichter obliegenden Verpflichtung, im Rahmen seiner Analyse der oben in den Rn. 148 und 149 angeführten Bestimmungen verschiedene Regeln des Völkerrechts in Bezug auf die Anerkennung internationaler Organisationen und ihre Auswirkungen zu berücksichtigen, zum einen darauf hinzuweisen, dass die Übertragung von Haushaltsvollzugsaufgaben auf eine bestimmte Einrichtung in ihrer Eigenschaft als internationale Organisation durch die Kommission stets später unter Beachtung der bestehenden Anforderungen an Form und Verfahren überprüft werden können, wenn dies in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht gerechtfertigt ist (siehe oben, Rn. 111).

154    Zum anderen konnten die von IMG angeführten Regeln unabhängig von der Prüfung ihres etwaigen Inhalts und der Möglichkeit für eine Einrichtung wie IMG, sich vor Gericht auf sie zu berufen, bei der Entscheidung über die vorliegende Schadensersatzklage, die sich auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 8. Mai 2015 durch den Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P stützt, nicht berücksichtigt werden.

155    Zunächst beruht der Beschluss vom 8. Mai 2015 nämlich gerade auf dem Vorliegen von Zweifeln an der Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 und nicht auf einer endgültigen Bejahung oder Verneinung dieser Eigenschaft (siehe u. a. oben, Rn. 31 und 46).

156    Sodann hat der Gerichtshof diese Beschlüsse zwar im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P mangels rechtlicher oder tatsächlicher Rechtfertigung für nichtig erklärt, ohne sich aber mit der in diesen Rechtsstreitigkeiten nicht aufgeworfenen Frage zu befassen, ob IMG auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien und unter Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände durchgeführten Analyse die genannte Eigenschaft zuzuerkennen war oder nicht (siehe oben, Rn. 51 und 142).

157    Schließlich kann diese Frage nunmehr vom Gericht im Rahmen der bei ihm anhängigen Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss vom 8. Juni 2021, mit dem die Kommission sich hierzu endgültig geäußert hat, behandelt werden.

158    Wie der Generalanwalt in Nr. 57 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann IMG ihr Vorbringen, dass gegen eine Rechtsnorm verstoßen worden sei, die bezwecke, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, aber nicht auf Regeln stützen, deren Berücksichtigung zwangsläufig voraussetzt, dass über eine Frage, die mit den Rechtsstreitigkeiten, deren Fortführung im Hinblick auf die vom Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P festgestellte Regelwidrigkeit das vorliegende Rechtsmittel darstellt, nichts zu tun hat und über die im Rahmen einer Nichtigkeitsklage, die der Betroffene parallel vor dem Gericht erhoben hat und die dort noch anhängig war, als dieses Rechtsmittel eingelegt wurde, zuvor im Sinne von IMG entschieden wird.

159    Nach alledem hat das Gericht in den Rn. 86 bis 88 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die vom Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P festgestellte Regelwidrigkeit nicht unter Bezugnahme auf die Bestimmungen der Finanzregelungen von 2002 und 2012, anhand deren diese Regelwidrigkeit festgestellt wurde, als Verstoß gegen eine Rechtsnorm qualifiziert werden kann, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. Das Vorbringen von IMG, das Gericht habe auch dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es in den Rn. 96 und 97 des angefochtenen Urteils ergänzend ausgeführt habe, dass dieser Verstoß jedenfalls nicht hinreichend qualifiziert sei, ist daher nicht zu prüfen.

3)      Zur dritten Rüge: Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht

160    Drittens schließlich ist zu der oben in Rn. 133 zusammengefassten Rüge, mit der Rechtsfehler des Gerichts in den Rn. 90 bis 93 des angefochtenen Urteils gerügt werden, die darin bestehen sollen, dass es im vorliegenden Fall einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht der Kommission bei der Prüfung der Lage von IMG verneint habe, Folgendes festzustellen.

161    Was die Zulässigkeit angeht, bezieht sich die von IMG im Rahmen ihres Schadensersatzantrags gegen die Kommission erhobene Hauptrüge zwar auf das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen die Finanzregelungen von 2002 und 2012; gleichwohl ist klar, dass IMG der Kommission auch vorwirft, zugleich andere Grundsätze und Rechtsnormen, darunter die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sowie das Recht, gehört zu werden, und das Recht auf eine gute Verwaltung, die in Art. 41 der Charta verankert sind, verletzt zu haben.

162    Insbesondere hat IMG in ihren Schriftsätzen im ersten Rechtszug speziell auf einige Urteile der Unionsgerichte Bezug genommen, in denen der Umfang der Sorgfaltspflicht, die der Unionsverwaltung nach Art. 41 der Charta obliegt, präzisiert wurde, und zwar auf die Urteile des Gerichtshofs vom 21. November 1991, Technische Universität München (C‑269/90, EU:C:1991:438, Rn. 14), und vom 16. Dezember 2008, Masdar (UK)/Kommission (C‑47/07 P, EU:C:2008:726, Rn. 92), sowie auf das Urteil des Gerichts vom 29. April 2015, Staelen/Bürgerbeauftragter (T‑217/11, EU:T:2015:238, Rn. 88). Außerdem hat sie sowohl im ursprünglichen Verfahren als auch im Verfahren nach der teilweisen Zurückverweisung der Sache an das Gericht wiederholt geltend gemacht, die von der Kommission im Beschluss vom 8. Mai 2015 geäußerten Zweifel beruhten auf einer offensichtlich fehlerhaften und unvollständigen Analyse des Begriffs „internationale Organisation“ in den Finanzregelungen von 2002 und 2012, auf ihrer Lage im Hinblick auf diesen Begriff sowie auf zahlreichen, insbesondere schriftlichen Anhaltspunkten, die bei der rechtlichen Einordnung dieser Lage zu berücksichtigen seien. Die Rügen der Verletzung der genannten Regelungen und der Sorgfaltspflicht waren daher im vorliegenden Fall eng miteinander verbunden, was es rechtfertigte, sie zusammen zu behandeln (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2022, SGL Carbon u. a./Kommission, C‑65/21 P und C‑73/21 P bis C‑75/21 P, EU:C:2022:470, Rn. 35).

163    Im Übrigen hat die Kommission die Tragweite der vorliegenden Rüge richtig erfasst, als sie in ihrer ursprünglichen Klagebeantwortung und in ihrer späteren Stellungnahme im Anschluss an die teilweise Zurückverweisung der Sache an das Gericht ausgeführt hat, selbst wenn der Beschluss vom 8. Mai 2015 rechtswidrig sein sollte, gehöre dies nicht zu den Unregelmäßigkeiten, die „eine durchschnittlich umsichtige und sorgfältige Verwaltung unter ähnlichen Umständen nicht begangen hätte“; ihr Vorgehen sei vielmehr „durchschnittlich umsichtig und sorgfältig“ gewesen.

164    In der Sache ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 8. Mai 2015, der den Rechtsakt der Union darstellt, auf dessen Grundlage im vorliegenden Fall ihre außervertragliche Haftung geltend gemacht wird, vom Gerichtshof bereits in den Rn. 92 bis 96 und 104 des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P festgestellt worden ist, die Rechtskraft erlangt haben (siehe oben, Rn. 89).

165    Insoweit hat der Gerichtshof, wie in den Rn. 22 und 23 des Beschlusses C‑183/17 P‑INT hervorgehoben und oben in den Rn. 46 und 49 dargelegt worden ist, entschieden, dass der Beschluss vom 8. Mai 2015 rechtswidrig war, weil die von der Kommission gegebene Begründung für ihre Zweifel an der Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 mit einem Rechtsfehler und einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet war, da die drei von ihr herangezogenen Gesichtspunkte nicht geeignet waren, diese Zweifel zu rechtfertigen.

166    Außerdem ergibt sich aus den fraglichen Randnummern des Urteils C‑183/17 P und C‑184/17 P sowie aus dessen Rn. 85 bis 87, in deren Licht sie zu lesen sind, dass diese Beurteilung der Kommission weder im Beschluss vom 8. Mai 2015 selbst, noch in anderen Dokumenten, die IMG von ihr zur Kenntnis gebracht wurden und die in den Akten des Verfahrens im ersten Rechtszug enthalten sind, auf einer Analyse der Relevanz der drei fraglichen Gesichtspunkte für die Einstufung als „internationale Organisation“ im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 oder auf der Bedeutung dieses Begriffs selbst beruht.

167    Schließlich ergibt sich daraus, dass IMG eine Reihe von Gesichtspunkten zum Nachweis ihrer Eigenschaft als internationale Organisation vorlegte, die von der Kommission nicht geprüft wurden.

168    Was zweitens die Frage betrifft, ob es sich bei der Sorgfaltspflicht um eine Rechtsregel handelt, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, deren Verletzung in einem konkreten Fall die außervertragliche Haftung der Union auslösen kann, sofern sie nachweislich hinreichend qualifiziert ist, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass diese Verpflichtung, die dem in Art. 41 der Charta verankerten Recht auf eine gute Verwaltung innewohnt und allgemein für das Handeln der Unionsverwaltung in ihren Beziehungen zur Öffentlichkeit gilt, gebietet, dass sie sorgsam und umsichtig handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2022, SGL Carbon u. a./Kommission, C‑65/21 P und C‑73/21 P bis C‑75/21 P, EU:C:2022:470, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

169    Sodann ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass es sich bei einer solchen Sorgfaltspflicht um eine Rechtsregel handelt, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, deren Verletzung unter bestimmten Umständen die außervertragliche Haftung der Union auslösen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. März 1990, Grifoni/Kommission, C‑308/87, EU:C:1990:134, Rn. 6, 7 und 14, vom 16. Dezember 2008, Masdar [UK]/Kommission, C‑47/07 P, EU:C:2008:726, Rn. 91, und vom 4. April 2017, Bürgerbeauftragter/Staelen, C‑337/15 P, EU:C:2017:256, Rn. 38 und 41), und zwar dann, wenn sie in einem konkreten Fall nachweislich hinreichend qualifiziert im Sinne der oben in Rn. 146 angeführten Rechtsprechung ist.

170    Schließlich kommt der Beachtung der Sorgfaltspflicht besondere Bedeutung zu, wenn das Organ, die Einrichtung oder die sonstige Stelle der Union, um dessen oder deren Verhalten oder Handlung es in einem bestimmten Fall geht, über ein weites Ermessen verfügt (Urteil vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, EU:C:1991:438, Rn. 14); über ein solches Ermessen verfügte die Kommission im vorliegenden Fall (siehe oben, Rn. 148 bis 152). Daraus folgt insbesondere, dass der Unionsrichter, wenn eine Partei geltend macht, dieses Organ, diese Einrichtung oder diese sonstige Stelle habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, kontrollieren muss, ob das Organ, die Einrichtung oder die sonstige Stelle sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht hat. Nur so kann nämlich überprüft werden, ob die für die Ausübung des fraglichen Ermessens maßgebenden sachlichen und rechtlichen Umstände vorgelegen haben (Urteile vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, EU:C:1991:438, Rn. 14, und vom 16. Juni 2022, SGL Carbon u. a./Kommission, C‑65/21 P und C‑73/21 P bis C‑75/21 P, EU:C:2022:470, Rn. 31).

171    Angesichts der Natur dieser Pflicht, die eng mit dem Rahmen verbunden ist, in dem die Unionsverwaltung in einem konkreten Fall handelt, kann sich die Feststellung des Vorliegens eines hinreichend qualifizierten Verstoßes der Unionsverwaltung somit nur aus einer Einzelfallprüfung aller relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände ergeben, die unter Berücksichtigung des Bereichs, der Umstände und des Kontexts dieser Pflicht des betreffenden Organs, der betreffenden Einrichtung oder der betreffenden sonstigen Stelle sowie der konkreten Gegebenheiten, die den Nachweis der Missachtung ermöglichen, vorzunehmen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. April 2017, Bürgerbeauftragter/Staelen, C‑337/15 P, EU:C:2017:256, Rn. 40 und 41).

172    Drittens ist zu der Frage, ob im vorliegenden Fall das Vorliegen eines – gegebenenfalls hinreichend qualifizierten – Verstoßes gegen diese Pflicht erwiesen ist, festzustellen, dass die Erwägungen, mit denen das Gericht dies in den Rn. 91 bis 97 des angefochtenen Urteils verneint hat, rechtsfehlerhaft sind.

173    Das Gericht hat nämlich zum Vorbringen von IMG zum einen ausgeführt, dass das Vorliegen eines solchen Verstoßes auszuschließen sei, da „der Kommission nicht zum Vorwurf gemacht werden [kann], dass sie keine neuen Übertragungsvereinbarungen in indirekter Mittelverwaltung mit einer Einrichtung schließt, wenn deren Status als internationale Organisation aufgrund von Informationen, die der Kommission zur Kenntnis gebracht wurden, fraglich ist“. Ein solcher Grund war jedoch irrelevant, da im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P endgültig festgestellt worden war, dass der Beschluss vom 8. Mai 2015 insofern rechtswidrig war, als mit ihm nach einer Analyse, die mit einem Rechtsfehler und einem offensichtlichen Beurteilungsfehler hinsichtlich der einzelnen Punkte, auf die sie sich bezog, behaftet war, die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation in Frage gestellt wurde, und da anhand dieses früheren Beschlusses und eben dieser Regelwidrigkeit – und nicht anhand der allgemeinen Befugnis der Kommission, die Eigenschaft von IMG auf der Grundlage anderer, ihr möglicherweise künftig zur Kenntnis gebrachter Gesichtspunkte in Frage zu stellen – das Vorliegen eines Verstoßes, der die außervertragliche Haftung der Union auslösen konnte, zu prüfen war.

174    Zum anderen hat das Gericht ausgeführt, IMG habe nicht angegeben, inwiefern der Rechtsfehler und der offensichtliche Beurteilungsfehler, die den Gerichtshof zur Nichtigerklärung des Beschlusses vom 8. Mai 2015 veranlasst hätten, einen Verstoß gegen die der Kommission obliegende Sorgfaltspflicht darstellen sollten. IMG hatte aber in klarer, genauer und konkreter Weise angegeben, dass die Kommission einen solchen Verstoß begangen habe, indem sie einen Beschluss erlassen habe, mit dem die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 aufgrund fragmentarischer Gesichtspunkte in Frage gestellt worden sei, deren Überprüfung durch den Gerichtshof ergeben habe, dass sie die Zweifel der Kommission weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht rechtfertigten und dass die Art und Weise ihrer Berücksichtigung durch die Kommission mit einem Rechtsfehler und einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet sei.

175    Das Gericht hat somit einen Rechtsfehler begangen, als es das Vorliegen eines Verstoßes gegen die der Kommission im vorliegenden Fall obliegende Sorgfaltspflicht verneint hat. Da es sich überdies nicht dazu geäußert hat, ob der Verstoß hinreichend qualifiziert im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs war, führt dieser Rechtsfehler zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit in dessen Rn. 100 der Schadensersatzantrag von IMG als unbegründet zurückgewiesen wurde.

2.      Zum zweiten Rechtsmittelgrund

a)      Vorbringen der Parteien

176    In Bezug auf die vom Gericht als unzulässig zurückgewiesenen Schadensersatzanträge macht IMG erstens geltend, das Gericht habe in den Rn. 49 bis 59 und 68 des angefochtenen Urteils gegen seine Begründungspflicht verstoßen und eine Reihe von Rechtsfehlern begangen, indem es ihre Anträge, der Kommission aufzugeben, einen Teil der ihr durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 entstandenen Schäden in Form der Naturalrestitution zu ersetzen, als unzulässig zurückgewiesen habe. Wenn eine Person den Ersatz der ihr durch eine der Union zuzurechnende Handlung oder Verhaltensweise entstandenen Schäden begehre, sei es nämlich zulässig und begründet, ihren Ersatz in Fällen, die sich – wie hier – dazu eigneten, in Form der Naturalrestitution zu verlangen. Ferner habe sie sich in ihren schriftlichen Erklärungen im Anschluss an die teilweise Zurückverweisung der Sache an das Gericht darauf beschränkt, den bereits in der Klageschrift enthaltenen Schadensersatzantrag in diesem Sinne zu präzisieren, um ihn zu aktualisieren. Schließlich habe das Gericht im angefochtenen Urteil keinen stichhaltigen Grund angeführt, diesem Antrag nicht stattzugeben.

177    Zweitens habe das Gericht auch in den Rn. 60 und 68 des angefochtenen Urteils gegen seine Begründungspflicht verstoßen und eine Reihe von Rechtsfehlern begangen, indem es festgestellt habe, dass einige der von IMG geltend gemachten materiellen Schäden neu seien und ihre entsprechenden Anträge aus diesem Grund als unzulässig zurückgewiesen habe. Diese Anträge stellten nämlich nur die Wiederaufnahme bereits in der Klageschrift enthaltener Anträge in sachgerecht angepasster und fortentwickelter Form dar.

178    Drittens habe das Gericht zudem gegen seine Begründungspflicht verstoßen und einen Rechtsfehler begangen, indem es in den Rn. 63 und 68 des angefochtenen Urteils ihren Antrag auf Ersatz eines mit 10 Mio. Euro bezifferten immateriellen Schadens in Form einer Rufschädigung mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen habe, dass sich die Art dieses Antrags gegenüber dem in der Klageschrift gestellten Antrag auf Schadensersatz in Höhe eines symbolischen Euro geändert habe. Zum einen sei der letztgenannte Antrag nämlich unter dem Vorbehalt einer Anpassung dieser symbolischen Zahl gestellt worden, was in den nach der teilweisen Zurückverweisung der Sache durch den Gerichtshof abgegebenen Erklärungen geschehen und eingehend begründet worden sei. Zum anderen verfüge das Gericht in Streitsachen vermögensrechtlicher Art über eine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung und könne deshalb einen Antrag wie den im vorliegenden Fall gestellten nicht als unzulässig verwerfen.

179    Die Kommission hält das gesamte Vorbringen für unbegründet.

b)      Würdigung durch den Gerichtshof

180    Zunächst ist festzustellen, dass die Entscheidungsbefugnis- und ‑pflicht des Gerichts in der Rechtssache T‑381/15 RENV ausschließlich den Schadensersatzantrag betraf, in Bezug auf den die Zurückverweisung durch den Gerichtshof im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P erfolgt war.

181    Wie sich aus Nr. 4 des Tenors dieses Urteils und aus den ihn tragenden Gründen in dessen Rn. 1, 33, 39, 100 und 105 ergibt, handelte es sich bei dem vom Gerichtshof an das Gericht zurückverwiesenen Schadensersatzantrag um den von IMG in ihrer Klageschrift in der Rechtssache T‑381/15 gestellten Antrag, der ausschließlich auf den Ersatz eines von IMG mit 28 Mio. Euro bezifferten materiellen Schadens sowie eines immateriellen Schadens in Form einer Rufschädigung gerichtet war, für deren Ersatz IMG einen symbolischen Euro begehrte. Darauf hat das Gericht in den Rn. 22, 46 und 48 des angefochtenen Urteils hingewiesen, die vor dem Gerichtshof nicht in Frage gestellt werden.

182    Wie das Gericht in den Rn. 40 bis 42, 46, 48, 53, 54, 60 und 63 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat, ging der Schadensersatzantrag, über den das Gericht nach den Erklärungen, die IMG nach der teilweisen Zurückverweisung der Sache abgab, entscheiden sollte, allerdings offensichtlich und erheblich über seinen ursprünglichen Gegenstand hinaus, denn ihm wurden eine Reihe von Anträgen hinzugefügt, die erstens auf eine Vielzahl von Anordnungen gerichtet waren, zweitens auf den Ersatz neuer oder von dem ursprünglich geltend gemachten abweichender materieller Schäden und drittens auf den Ersatz eines nicht mehr mit einem symbolischen Betrag von einem Euro, sondern mit 10 Mio. Euro bezifferten immateriellen Schadens.

183    Es ist aber nicht zulässig, dass der Kläger nach der vollständigen oder teilweisen Zurückverweisung eines Rechtsstreits durch den Gerichtshof an das Gericht mittels neuer Anträge oder Forderungen den ursprünglich dem erstinstanzlichen Gericht unterbreiteten Streitgegenstand ändert, der nach ständiger Rechtsprechung allein durch die in der Klageschrift gestellten Anträge abgegrenzt wird (Urteile vom 25. September 1979, Kommission/Frankreich, 232/78, EU:C:1979:215, Rn. 3, und vom 7. November 2019, Rose Vision/Kommission, C‑346/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:939, Rn. 43 und 46), die gegebenenfalls unter Beachtung der einschlägigen Voraussetzungen oder Erfordernisse im Lauf des erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahrens angepasst oder präzisiert wurden.

184    Im vorliegenden Fall war daher die von IMG vorgenommene Änderung ihres beim Gericht in der Rechtssache T‑381/15 gestellten Schadensersatzantrags, über den das Gericht nach der teilweisen Zurückverweisung durch das Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P erneut zu entscheiden hatte, nicht zulässig, wie das Gericht in Rn. 49 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden hat.

185    Daher hat das Gericht seine Entscheidung, die bei ihm unter Verstoß gegen dieses Erfordernis gestellten Anträge als unzulässig zurückzuweisen (Rn. 68 des angefochtenen Urteils), nicht nur rechtlich hinreichend, sondern auch rechtlich zutreffend begründet.

186    Folglich ist der vorliegende Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass auf das Vorbringen eingegangen zu werden braucht, mit dem IMG die nicht tragenden Gründe des angefochtenen Urteils beanstandet, die sich auf die Möglichkeit eines Klägers beziehen, im Rahmen eines Schadensersatzantrags Anträge auf die Erteilung von Anordnungen zu stellen.

V.      Zur Klage in der Rechtssache T381/15 RENV

A.      Zur Entscheidung des Rechtsstreits

187    Ist der Rechtsstreit ganz oder teilweise zur Entscheidung reif, kann der Gerichtshof nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union selbst endgültig über den Rechtsstreit oder dessen entscheidungsreifen Teil befinden und die Sache im Übrigen an das Gericht zurückverweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P, Rn. 103, und Urteil vom 28. Oktober 2021, Vialto Consulting/Kommission, C‑650/19 P, EU:C:2021:879, Rn. 139).

188    Im vorliegenden Fall sind einige Aspekte des oben in Rn. 181 behandelten Schadensersatzantrags vor dem Gericht streitig erörtert worden, und ihre Prüfung erfordert keine weitere prozessleitende Maßnahme oder Beweisaufnahme, so dass sie zur Entscheidung reif sind und in den nachfolgend genannten Grenzen endgültig über sie zu entscheiden ist (vgl. entsprechend Urteile vom 8. September 2020, Kommission und Rat/Carreras Sequeros u. a., C‑119/19 P und C‑126/19 P, EU:C:2020:676, Rn. 130, und vom 2. Dezember 2021, Kommission und GMB Glasmanufaktur Brandenburg/Xinyi PV Products [Anhui] Holdings, C‑884/19 P und C‑888/19 P, EU:C:2021:973, Rn. 104).

B.      Zum Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen die der Kommission im vorliegenden Fall obliegende Sorgfaltspflicht

189    Erstens ist der Rechtsstreit hinsichtlich der Frage zur Entscheidung reif, ob der Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht, die der Kommission gegenüber IMG oblag, als sie den Beschluss vom 8. Mai 2015 erließ (siehe oben, Rn. 173 bis 175), im Sinne der oben in Rn. 146 angeführten Rechtsprechung hinreichend qualifiziert ist, um die außervertragliche Haftung der Union auszulösen.

190    Insoweit ist zunächst der Kommission beizupflichten, dass der Begriff „internationale Organisation“, auf den die Finanzregelungen von 2002 und 2012 Bezug nehmen, ein allgemeiner Begriff ist, dessen Auslegung für die Zwecke dieser Regelungen zu Schwierigkeiten führen kann, insbesondere da es hierzu keine Rechtsprechung gibt.

191    Sodann hat die Kommission zutreffend hervorgehoben, dass sich auch die Anwendung dieses Begriffs im vorliegenden Fall angesichts der besonderen Situation von IMG (siehe oben, Rn. 18) als komplex erweisen und zu Schwierigkeiten bei der rechtlichen Qualifizierung des Sachverhalts führen konnte.

192    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs können solche Auslegungs- oder Anwendungsschwierigkeiten zwar geeignet sein, das Verhalten eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle zu erklären, wenn sie so gehandelt haben, wie es eine durchschnittlich umsichtige und sorgfältige Verwaltung unter ähnlichen Umständen getan hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat, C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 43), doch können sie es nicht ermöglichen, offenkundig mangelnde Sorgfalt im Rahmen einer Prüfung, wie sie die Kommission in Bezug auf die Lage von IMG durchzuführen hatte, als entschuldbar einzustufen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. April 2017, Europäischer Bürgerbeauftragter/Staelen, C‑337/15 P, EU:C:2017:256, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung), insbesondere wenn die mangelnde Sorgfalt darin besteht, dass Kernfragen der vorzunehmenden Prüfung offenbleiben oder dass aus der Prüfung eindeutig unangemessene, unzureichende, unvertretbare oder durch nichts untermauerte Schlüsse gezogen werden (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 4. April 2017, Europäischer Bürgerbeauftragter/Staelen, C‑337/15 P, EU:C:2017:256, Rn. 104 bis 106, 109, 112, 114 und 117).

193    Im vorliegenden Fall sind die oben in den Rn. 190 und 191 angesprochenen möglichen Auslegungs- und Anwendungsschwierigkeiten nicht geeignet, den Erlass eines Beschlusses zu erklären, der in so offensichtlicher Weise einer rechtlichen und tatsächlichen Rechtfertigung entbehrt wie der Beschluss vom 8. Mai 2015, in Bezug auf den im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P endgültig festgestellt worden ist, dass er keine rechtliche Analyse des Begriffs „internationale Organisation“ im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 enthielt und dass die zu seiner Stützung angeführten Gesichtspunkte nicht geeignet waren, die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation in Frage zu stellen.

194    Folglich ist das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen die Sorgfaltspflicht, die der Kommission im vorliegenden Fall oblag, erwiesen.

C.      Zu den geltend gemachten Schäden und zum Kausalzusammenhang mit dem festgestellten Verstoß

195    Zweitens ist hinsichtlich der Voraussetzungen, von denen die außervertragliche Haftung der Union in einem konkreten Fall neben der in der vorstehenden Randnummer genannten Voraussetzung abhängt, darauf hinzuweisen, dass sie nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs zum einen das tatsächliche Bestehen der geltend gemachten Schäden und zum anderen das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem streitigen Verhalten der Union und den Schäden betreffen (Urteil vom 28. Oktober 2021, Vialto Consulting/Kommission, C‑650/19 P, EU:C:2021:879, Rn. 138 und die dort angeführte Rechtsprechung).

196    Im vorliegenden Fall begehrt IMG Ersatz für die ihr durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 entstandenen immateriellen und materiellen Schäden. Wie oben in den Rn. 55 und 185 ausgeführt, hat das Gericht diese Schadensersatzanträge zu Recht für teilweise unzulässig erklärt. In diesem Stadium des gerichtlichen Verfahrens geht es daher allein um die Anträge auf Zahlung eines symbolischen Euros für den immateriellen Schaden wegen der Beeinträchtigung des Rufes von IMG und auf Ersatz des materiellen Schadens, der im Wesentlichen im möglichen Verlust einer Chance für IMG besteht, als internationale Organisation von der Kommission durch Übertragungsvereinbarungen mit Haushaltsvollzugsaufgaben im Rahmen einer indirekten Verwaltung des Haushalts der Union betraut zu werden und dafür als „Vergütung für indirekte Kosten“ einen Betrag zu erhalten, der einem pauschalen Prozentsatz der allgemeinen Verwaltungskosten entspricht, die als tatsächliche durch die Union finanzierbare Kosten angesehen werden können.

197    Hierzu ist erstens festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs in bestimmten Situationen davon ausgegangen werden kann, dass ein immaterieller Schaden durch die Nichtigerklärung der rechtswidrigen Handlung, die ihn verursacht hat, in angemessener und ausreichender Weise wiedergutgemacht wird (Urteile vom 9. Juli 1987, Hochbaum und Rawes/Kommission, 44/85, 77/85, 294/85 und 295/85, EU:C:1987:348, Rn. 22, vom 28. Februar 2008, Neirinck/Kommission, C‑17/07 P, EU:C:2008:134, Rn. 98, vom 28. Mai 2013, Abdulrahim/Rat und Kommission, C‑239/12 P, EU:C:2013:331, Rn. 72, und vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 49).

198    Im vorliegenden Fall steht zwar fest, dass IMG durch den hinreichend qualifizierten Verstoß der Kommission gegen die ihr obliegende Sorgfaltspflicht ein immaterieller Schaden in Form einer Rufschädigung entstanden ist, da er die Kommission dazu veranlasste, einen Beschluss zu erlassen, in dem Zweifel an der Eigenschaft von IMG als internationale Organisation geäußert wurden, obwohl die Gesichtspunkte, auf die er sich stützte, solche Zweifel weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht rechtfertigen konnten. Insbesondere hat IMG dem Gericht fristgerecht eine Reihe von Unterlagen vorgelegt, die hinreichend das Echo belegen, das dieser Beschluss in den betreffenden institutionellen und professionellen Kreisen auf europäischer und nationaler Ebene fand.

199    Der Gerichtshof hat jedoch im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses festgestellt und ihn für nichtig erklärt. Außerdem ist der klare Wortlaut dieser Feststellung in dem Kontext, in dem sie getroffen wurde, geeignet, im Einklang mit der oben in Rn. 197 angeführten Rechtsprechung einen angemessenen und hinreichenden Ersatz des von IMG erlittenen immateriellen Schadens zu gewährleisten.

200    Daher sind die Schadensersatzanträge von IMG als unbegründet zurückzuweisen, soweit sie den immateriellen Schaden betreffen, der sich aus der Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 8. Mai 2015 ergibt.

201    Zweitens ist der Rechtsstreit demgegenüber nicht zur Entscheidung reif, soweit er den materiellen Schaden betrifft, dessen Ersatz IMG verlangen kann.

202    Obwohl der Schadensersatzantrag von IMG als Ganzes Gegenstand einer schriftlichen und mündlichen Erörterung vor dem Gericht war, hat es nämlich die Begründetheit des Vorbringens von IMG zu diesem materiellen Schaden nicht geprüft. Außerdem ergibt die Prüfung der Akten des erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahrens, dass der Gerichtshof derzeit nicht über alle tatsächlichen Angaben verfügt, die erforderlich wären, um es ihm zu ermöglichen, die mit dieser Analyse verbundenen komplexen Tatsachenwürdigungen mit einem hinreichenden Grad der Sicherheit vorzunehmen, insbesondere unter Berücksichtigung des sowohl im Urteil C‑183/17 P und C‑184/17 P als auch oben in Rn. 45 angeführten Umstands, dass der materielle Schaden nur im etwaigen Verlust der Chance für IMG bestehen könnte, als internationale Organisation mit Haushaltsvollzugsaufgaben betraut zu werden.

203    Folglich ist die Sache an das Gericht zurückzuverweisen, damit es über das Bestehen und gegebenenfalls den Umfang des geltend gemachten materiellen Schadens und, falls er in rechtlich hinreichender Weise nachgewiesen wird, über das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen ihm und dem hinreichend qualifizierten Verstoß der Kommission gegen die Sorgfaltspflicht entscheiden kann, die ihr im vorliegenden Fall nach den vom Gerichtshof in diesem Urteil getroffenen endgültigen Feststellungen oblag.

VI.    Kosten

204    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

205    Da im vorliegenden Fall IMG in der Rechtssache C‑619/20 P unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission in dieser Rechtssache die Kosten aufzuerlegen.

206    In den Rechtssachen C‑620/20 P und T‑381/15 RENV sind IMG und die Kommission zwar beide mit einigen Anträgen unterlegen, doch war der Schadensersatzantrag von IMG teilweise an das Gericht zurückzuverweisen. Folglich ist die Kostenentscheidung in diesen beiden Rechtssachen nach Art. 137 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, vorzubehalten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Rechtssachen C619/20 P und C620/20 P werden zu gemeinsamem Urteil verbunden.

2.      Das Rechtsmittel in der Rechtssache C619/20 P wird zurückgewiesen.

3.      Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 9. September 2020, IMG/Kommission (T381/15 RENV, EU:T:2020:406), wird aufgehoben, soweit darin der Antrag der International Management Group (IMG) auf Ersatz des Schadens, der ihr durch den im Schreiben der Europäischen Kommission vom 8. Mai 2015 enthaltenen Beschluss, mit ihr keine neuen Übertragungsvereinbarungen in der indirekten Mittelverwaltung mehr zu schließen, entstanden sein soll, als unbegründet zurückgewiesen wird.

4.      Im Übrigen wird das Rechtsmittel in der Rechtssache C620/20 P zurückgewiesen.

5.      Die Klage in der Rechtssache T381/15 RENV wird abgewiesen, soweit sie den Antrag auf Ersatz des immateriellen Schadens betrifft, der der International Management Group (IMG) durch den in Nr. 3 des vorliegenden Tenors genannten Beschluss entstanden sein soll.

6.      Die Rechtssache T381/15 RENV wird zur Entscheidung über den in Nr. 3 des vorliegenden Tenors genannten Antrag, soweit er den von der International Management Group (IMG) geltend gemachten materiellen Schaden betrifft, an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.

7.      Die International Management Group (IMG) trägt in der Rechtssache C619/20 P die Kosten.

8.      In den Rechtssachen C620/20 P und T381/15 RENV bleibt die Kostenentscheidung vorbehalten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Französisch.


i      Die vorliegende Sprachfassung ist in Rn. 146 gegenüber der ursprünglich online gestellten Fassung geändert worden.