BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln)
12. Mai 2021(*)
„Rechtsmittel – Unionsmarke – Zulassung von Rechtsmitteln – Art. 170b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Antrag, in dem die Bedeutsamkeit einer Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts nicht dargetan ist – Nichtzulassung des Rechtsmittels“
In der Rechtssache C‑67/21 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 2. Februar 2021,
BSH Hausgeräte GmbH mit Sitz in München (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt S. Biagosch,
Rechtsmittelführerin,
andere Partei des Verfahrens:
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO),
Beklagter im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln)
unter Mitwirkung der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta sowie der Richter M. Ilešič und E. Juhász (Berichterstatter),
Kanzler: A. Calot Escobar,
auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts M. Szpunar
folgenden
Beschluss
1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die BSH Hausgeräte GmbH die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 2. Dezember 2020, BSH Hausgeräte/EUIPO (Home Connect) (T‑152/20, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2020:584), mit dem das Gericht ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 10. Januar 2020 (Sache R 1751/2019‑5) über die Anmeldung des Bildzeichens Home Connect als Unionsmarke abgewiesen hat.
Zur Zulassung des Rechtsmittels
2 Nach Art. 58a Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union entscheidet der Gerichtshof vorab über die Zulassung von Rechtsmitteln gegen eine Entscheidung des Gerichts, die eine Entscheidung einer unabhängigen Beschwerdekammer des EUIPO betrifft.
3 Gemäß Art. 58a Abs. 3 der Satzung wird ein Rechtsmittel nach den in der Verfahrensordnung des Gerichtshofs im Einzelnen festgelegten Modalitäten ganz oder in Teilen nur dann zugelassen, wenn damit eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen wird.
4 Art. 170a Abs. 1 der Verfahrensordnung sieht vor, dass der Rechtsmittelführer in den Fällen des Art. 58a Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs seiner Rechtsmittelschrift einen Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels als Anlage beizufügen hat, in dem er die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage darlegt, die mit dem Rechtsmittel aufgeworfen wird, und der sämtliche Angaben enthalten muss, die erforderlich sind, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, über diesen Antrag zu entscheiden.
5 Gemäß Art. 170b Abs. 1 und 3 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels so rasch wie möglich durch mit Gründen versehenen Beschluss.
6 Zur Stützung ihres Antrags auf Zulassung des Rechtsmittels trägt die Rechtsmittelführerin zwei Argumente vor, mit denen sie geltend macht, dass die mit ihrem Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen, deren Erste die Verletzung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) und deren Zweite die Verletzung von Art. 95 der Verordnung betrifft, für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam seien.
7 Im Einzelnen wirft die Rechtsmittelführerin mit ihrem ersten Argument dem Gericht im Wesentlichen vor, Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 dadurch verletzt zu haben, dass es in Rn. 66 des angefochtenen Urteils bei der Beurteilung des beschreibenden Charakters der angemeldeten Marke ein Kriterium angewandt habe, das auf die Eignung des Bildbestandteils des in Rede stehenden Zeichens gestützt werde, die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise von der vom Wortbestandteil des Zeichens übermittelten beschreibenden Botschaft abzulenken. Die Rechtsmittelführerin vertritt die Ansicht, dass, falls der Wortbestandteil eines Zeichens beschreibend sei, die Eintragung der Marke nur dann abgelehnt werden könne, wenn der Bildbestandteil des Zeichens bei isolierter Betrachtung selbst beschreibend sei, unabhängig davon, ob er von der Bedeutung des Wortbestandteils ablenke.
8 Die Rechtsmittelführerin macht geltend, diese Frage sei für die Kohärenz und die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam, denn eine solche Frage, über die der Gerichtshof noch nicht entschieden habe, sei Gegenstand der vom Europäischen Netzwerk für Marken und Design am 2. Oktober 2015 erlassenen Gemeinsamen Mitteilung zur Gemeinsamen Praxis zur Unterscheidungskraft – Wort-/Bildmarken mit beschreibenden/nicht unterscheidungskräftigen Wörtern (im Folgenden: Gemeinsame Mitteilung zur Gemeinsamen Praxis zur Unterscheidungskraft) und der Richtlinien des EUIPO.
9 Mit ihrem zweiten Argument wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht im Wesentlichen vor, gegen die allgemeinen Grundsätze der Beweislast, die sich daraus ergäben, dass das EUIPO gemäß Art. 95 der Verordnung 2017/1001 den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln habe, dadurch verstoßen zu haben, dass es ihr die Beweislast dafür auferlegt habe, dass die angemeldete Marke nicht im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung beschreibend sei. Sie macht geltend, diese Frage sei für die Kohärenz und die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam, denn sie ermögliche es dem Gerichtshof, die Verteilung der Vortrags- und Beweislast im Anmeldeverfahren einer Marke klarzustellen.
10 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es Sache der Rechtsmittelführerin ist, darzutun, dass die mit ihrem Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sind (Beschluss vom 24. Oktober 2019, Porsche/EUIPO, C‑613/19 P, EU:C:2019:905, Rn. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).
11 Außerdem muss, wie sich aus Art. 58a Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Verbindung mit Art. 170a Abs. 1 und Art. 170b Abs. 4 der Verfahrensordnung ergibt, der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels sämtliche Angaben enthalten, die erforderlich sind, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, über die Zulassung des Rechtsmittels zu entscheiden und im Fall seiner teilweisen Zulassung die Gründe oder Teile des Rechtsmittels zu bestimmen, auf die sich die Rechtsmittelbeantwortung beziehen muss. Da der Mechanismus der vorherigen Zulassung von Rechtsmitteln nach Art. 58a der Satzung die Kontrolle durch den Gerichtshof auf die Fragen beschränken soll, die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sind, sind vom Gerichtshof im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens nur die Gründe zu prüfen, die solche Fragen aufwerfen; diese Gründe müssen vom Rechtsmittelführer dargetan worden sein (Beschluss vom 3. September 2020, Gamma-A/EUIPO, C‑199/20 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:662, Rn. 10 und die dort angeführte Rechtsprechung).
12 Daher muss ein Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels in jedem Fall klar und genau die Gründe angeben, auf die das Rechtsmittel gestützt wird, ebenso genau und klar die von jedem Rechtsmittelgrund aufgeworfene Rechtsfrage benennen, erläutern, ob diese Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam ist, und speziell darlegen, warum diese Frage im Hinblick auf das geltend gemachte Kriterium bedeutsam ist. Was insbesondere die Rechtsmittelgründe betrifft, muss der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels nähere Angaben zu der Bestimmung des Unionsrechts oder der Rechtsprechung enthalten, gegen die durch das mit dem Rechtsmittel angegriffene Urteil bzw. den damit angegriffenen Beschluss verstoßen worden sein soll, in gedrängter Form darlegen, worin der vom Gericht angeblich begangene Rechtsfehler besteht, und Ausführungen dazu machen, inwieweit sich dieser Fehler auf das Ergebnis des mit dem Rechtsmittel angegriffenen Urteils bzw. des damit angegriffenen Beschlusses ausgewirkt hat (Beschluss vom 17. Dezember 2020, Brands Up/EUIPO, C‑404/20 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:1058, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).
13 Ein Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels, der die in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Beschlusses angeführten Angaben nicht enthält, ist daher von vornherein nicht geeignet, darzutun, dass das Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft, die seine Zulassung rechtfertigt (Beschluss vom 24. Oktober 2019, Porsche/EUIPO, C‑613/19 P, EU:C:2019:905, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).
14 Was zunächst die in den Rn. 7 und 8 des vorliegenden Beschlusses wiedergegebene Argumentation anbelangt, ist im vorliegenden Fall darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass eine Rechtsfrage vom Gerichtshof nicht untersucht worden ist, noch nicht bedeutet, dass diese Frage für die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts zwangsläufig bedeutsam ist. Der Rechtsmittelführer ist nämlich stets gehalten, eine solche Bedeutung darzutun, indem er genaue Angaben nicht nur zur Neuheit dieser Frage macht, sondern auch dazu, weswegen sie im Hinblick auf eine solche Kohärenz oder eine solche Entwicklung bedeutsam ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 24. Oktober 2019, Porsche/EUIPO, C‑614/19 P, EU:C:2019:904, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).
15 Die Rechtsmittelführerin muss auch dartun, dass ihr Rechtsmittel unabhängig von den darin angesprochenen Rechtsfragen eine oder mehrere für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Fragen aufwirft, wobei die Tragweite dieses Kriteriums über den Rahmen des mit dem Rechtsmittel angefochtenen Urteils und letztlich den ihres Rechtsmittels hinausgeht. Damit muss des Weiteren einhergehen, dass konkret und fallbezogen, und nicht lediglich mit allgemeinen Ausführungen, sowohl dargetan wird, dass derartige Fragen vorliegen, als auch, dass sie bedeutsam sind (Beschluss vom 12. März 2020, Roxtec/EUIPO, C‑893/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:209, Rn. 19).
16 Die Rechtsmittelführerin beschränkt sich jedoch auf das Vorbringen, dass das Interesse der im Rahmen der genannten Argumentation angeführten Frage darin bestehe, dass hierzu keine Rechtsprechung des Gerichtshofs vorliege, und dass diese Frage in der Gemeinsamen Mitteilung zur Gemeinsamen Praxis zur Unterscheidungskraft und den Richtlinien des EUIPO erwähnt werde, ohne jedoch weitere Ausführungen zu machen. Eine solche Argumentation genügt nicht den in den Rn. 12, 14 und 15 des vorliegenden Beschlusses angegebenen Anforderungen.
17 Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es für die Einstufung einer Marke als beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 nicht erforderlich ist, dass jeder Bestandteil, aus dem sie besteht, vorab zu prüfen wäre. Vielmehr haben die Beschwerdekammern des EUIPO und hat – im Falle einer Klage – das Gericht den beschreibenden Charakter der Marke in ihrer Gesamtheit zu beurteilen (Urteil vom 19. April 2007, HABM/Celltech, C‑273/05 P, EU:C:2007:224, Rn. 80). Insoweit tut die Rechtsmittelführerin nicht in rechtlich hinreichender Weise dar, inwiefern die Tatsache, dass das Gericht den beschreibenden Charakter des Bildbestandteils der angemeldeten Marke nicht isoliert geprüft hat, eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage darstellen soll.
18 Was sodann die in Rn. 9 des vorliegenden Beschlusses wiedergegebene Argumentation anbelangt, wonach das Gericht der Rechtsmittelführerin zu Unrecht die Beweislast dafür auferlegt habe, dass die angemeldete Marke nicht beschreibend sei, ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsmittelführerin nicht konkret angibt, inwiefern dieser Fehler, selbst wenn man ihn als erwiesen unterstellt, den Schluss, dass die Marke beschreibend sei, beeinflusst hätte. Des Weiteren ist hervorzuheben, dass es, wenn ein Kläger geltend macht, dass eine angemeldete Marke ungeachtet der vom EUIPO vorgenommenen Beurteilung keinen beschreibenden Charakter habe, Sache des Klägers ist, durch konkrete und fundierte Angaben zu belegen, dass die angemeldete Marke keinen solchen Charakter hat (vgl. entsprechend Urteil vom 15. Mai 2014, Louis Vuitton Malletier/HABM, C‑97/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:324, Rn. 70 bis 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).
19 Demzufolge tut die Rechtsmittelführerin nicht in rechtlich hinreichender Weise dar, inwiefern die Tatsache, dass das Gericht ihr die Beweislast dafür auferlegt habe, dass die angemeldete Marke nicht beschreibend sei, eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage darstellen soll.
20 Daher ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin in ihrem Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels nicht dargetan hat, dass das Rechtsmittel Fragen aufwirft, die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sind.
21 Nach alledem ist das Rechtsmittel nicht zuzulassen.
Kosten
22 Nach Art. 137 der Verfahrensordnung, der nach ihrem Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, wird über die Kosten in dem das Verfahren beendenden Beschluss entschieden.
23 Da der vorliegende Beschluss ergeht, bevor die Rechtsmittelschrift der anderen Partei des Verfahrens zugestellt worden ist und ihr Kosten entstehen konnten, ist zu entscheiden, dass die Rechtsmittelführerin ihre eigenen Kosten trägt.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln) beschlossen:
1. Das Rechtsmittel wird nicht zugelassen.
2. Die BSH Hausgeräte GmbH trägt ihre eigenen Kosten.
Luxemburg, den 12. Mai 2021.
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