Language of document : ECLI:EU:T:2022:180


 


 



Urteil des Gerichts (Vierte erweiterte Kammer) vom 30. März 2022 – Air France/Kommission

(Rechtssache T338/17)(1)

„Wettbewerb – Kartelle – Luftfrachtmarkt – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz über den Luftverkehr festgestellt wird – Abstimmung von Preisbestandteilen für Luftfrachtdienste (Treibstoffaufschlag, Sicherheitsaufschlag, Zahlung einer Provision auf die Aufschläge) – Austausch von Informationen – Räumliche Zuständigkeit der Kommission – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Voraussetzungen für die Gewährung der Immunität – Gleichbehandlung – Begründungspflicht – Höhe der Geldbuße – Umsatz – Schwere der Zuwiderhandlung – Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Ermutigung zu wettbewerbswidrigem Verhalten durch Behörden – Verhältnismäßigkeit – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“

1.      Wettbewerb – Verkehr – Wettbewerbsregeln – Luftverkehr – Verordnung Nr. 411/2004 – Anwendungsbereich – Strecken zwischen der Union und Drittländern und Strecken zwischen dem EWR (ohne die Union) und Drittländern – Luftfrachtdienste auf ankommenden Strecken – Einbeziehung

(Art. 101 und 102 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53 und 54 sowie Anhang XIII und Protokoll 21 in der durch den Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 40/2005 geänderten Fassung; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 32 Buchst. c und Verordnung Nr. 411/2004 des Rates, Art. 1 und 3)

(vgl. Rn. 79-94)

2.      Wettbewerb – Regeln der Union – Räumlicher Geltungsbereich – Zuständigkeit der Kommission – Zulässigkeit im Hinblick auf das Völkerrecht – Durchführung oder qualifizierte Auswirkungen der missbräuchlichen Verhaltensweisen im EWR – Alternative Möglichkeiten – Kriterium der unmittelbaren, wesentlichen und vorhersehbaren Wirkung – Bedeutung im Fall von Verhaltensweisen, die die Beschränkung des Wettbewerbs bezwecken

(Art. 101 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53)

(vgl. Rn. 96-98, 113, 115-124, 135-137, 153-155, 164-171)

3.      Nichtigkeitsklage – Gründe – Unzuständigkeit des Organs, das Urheber der angefochtenen Handlung ist – Prüfung durch die Unionsgerichte von Amts wegen – Voraussetzung – Beachtung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens

(Art. 263 AEUV)

(vgl. Rn. 184, 185)

4.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Beschluss der Kommission, mit dem eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Verwendung von Angaben und Beweisen, die von einem Unternehmen in einem Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung vorgelegt wurden – Zulässigkeit unabhängig vom Schicksal des Antrags auf Anwendung der Kronzeugenregelung

(Art. 101 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53; Luftverkehrsabkommen EG-Schweiz, Art. 8; Mitteilung 2002/C 45/03 der Kommission, Ziff. 11 Buchst. b und Ziff. 33 sowie Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Ziff. 31 und 37)

(vgl. Rn. 214-226)

5.      Wettbewerb – Geldbußen – Beurteilung anhand des individuellen Verhaltens des Unternehmens – Auswirkung des Fehlens einer Sanktion gegen einen anderen Wirtschaftsteilnehmer – Fehlen – Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, die mit der Einhaltung des Gebots rechtmäßigen Handelns vereinbar sein muss – Umfang der Begründungspflicht

(Art. 101 und 296 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53; Luftverkehrsabkommen EG-Schweiz, Art. 8; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 20)

(vgl. Rn. 235, 239, 240, 245-249)

6.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Festlegung des Grundbetrags – Ermittlung des Umsatzes – Umsätze, die mit der Zuwiderhandlung in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen – Kartell im Sektor der Luftfrachtdienste – Kartell, das mehrere Bestandteile der Preise für Frachtdienstleistungen umfasst – Berücksichtigung des Gesamtumsatzes aus Frachtdienstleistungen – Zulässigkeit – Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen – Fehlen

(Art. 101 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53; Luftverkehrsabkommen EG-Schweiz, Art. 8; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2 und 3; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Ziff. 6 und 13)

(vgl. Rn. 289-296, 298-309, 311-318)

7.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Festlegung des Grundbetrags – Ermittlung des Umsatzes – Berücksichtigung nur des Werts der Verkäufe, die im unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit dem Verstoß im relevanten räumlichen Markt stehen – Umsätze, die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums erzielt wurden – Kartell im Sektor der Luftfrachtdienste – Berücksichtigung der Umsätze aus eingehenden Frachtdienstleistungen – Zulässigkeit

(Art. 101 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53; Luftverkehrsabkommen EG-Schweiz, Art. 8; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Ziff. 13)

(vgl. Rn. 327-339)

8.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Festlegung des Grundbetrags – Schwere der Zuwiderhandlung – Beurteilungskriterien – Art der Zuwiderhandlung – Horizontale Preisabsprache – Einer solchen Zuwiderhandlung inhärente Schwere, die die Anwendung eines hohen Schwerekoeffizienten rechtfertigt

(Art. 101 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53; Luftverkehrsabkommen EG-Schweiz, Art. 8; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2 und 3; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Ziff. 19 bis 23)

(vgl. Rn. 358-363)

9.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Beschluss der Kommission, mit dem eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Beweislast der Kommission für die Zuwiderhandlung und ihre Dauer – Umfang der Beweislast – Beweis einer Unterbrechung der Zuwiderhandlung

(Art. 101 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53; Luftverkehrsabkommen EG-Schweiz, Art. 8; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2 und Art. 23 Abs. 2 und 3)

(vgl. Rn. 421-434)

10.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Anpassung des Grundbetrags – Mildernde Umstände – Angeblich erzwungene Beteiligung – Umfang der Begründungspflicht, die der Kommission obliegt

(Art. 101 Abs. 1 und Art. 296 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53; Luftverkehrsabkommen EG-Schweiz, Art. 8; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2 und 3; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Ziff. 29)

(vgl. Rn. 440, 441, 451-463)

11.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Gerichtliche Nachprüfung – Befugnis der Unionsgerichte zu unbeschränkter Nachprüfung – Umfang – Grenze – Beachtung des Diskriminierungsverbots – Berücksichtigung der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen

(Art. 261 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 31; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission)

(vgl. Rn. 473-479)

Tenor

1.

Die Klage wird abgewiesen.

2.

Die Europäische Kommission trägt ein Drittel ihrer Kosten.

3.

Société Air France trägt ihre eigenen Kosten sowie zwei Drittel der Kosten der Kommission.


1ABl. C 277 vom 21.8.2017.