Language of document : ECLI:EU:T:2014:817

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

25. September 2014(*)

„Gemeinschaftsmarke – Anmeldung einer dreidimensionalen Gemeinschaftsmarke – Form eines Spannschlosses – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑171/12

Peri GmbH mit Sitz in Weißenhorn (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin J. Dönch,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 26. Januar 2012 (Sache R 1209/2011‑1) über die Anmeldung eines dreidimensionalen Zeichens in Form eines Spannschlosses als Gemeinschaftsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias, der Richterin M. Kancheva und des Richters C. Wetter (Berichterstatter),

Kanzler: S. Bukšek Tomac, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 12. April 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 24. Juli 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2014

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 5. Oktober 2010 meldete die Klägerin, die Peri GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Die als Marke angemeldete dreidimensionale Form ist nachfolgend wiedergegeben:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 6 und 19 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 6: „Betonverschalungen und deren Zubehör aus Metall“;

–        Klasse 19: „Betonverschalungen und deren Zubehör nicht aus Metall“.

4        Am 21. April 2011 wies der Prüfer die Anmeldung für alle beanspruchten Waren auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zurück.

5        Am 7. Juni 2011 legte die Klägerin gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 Beschwerde gegen die Entscheidung des Prüfers ein.

6        Mit Entscheidung vom 26. Januar 2012 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), die der Klägerin am 13. Februar 2012 zugestellt wurde, wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde mit der Begründung zurück, dem als Gemeinschaftsmarke angemeldeten dreidimensionalen Zeichen mangele es in Bezug auf die fraglichen Waren an Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009.

 Anträge der Parteien

7        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

8        Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        die Klägerin zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

 Rechtliche Würdigung

 Zum Streitgegenstand

9        Auf die in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage nach einer etwaigen Stellungnahme zum Sitzungsbericht hat die Klägerin gegenüber dem Gericht den Wunsch geäußert, der Sitzungsbericht möge dahin gehend geändert werden, dass die Einschränkung ihrer Anmeldung berücksichtigt werde. Auf eine entsprechende Frage hat sie angegeben, dass diese Einschränkung zeitlich nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung liege, da sie am 23. Mai 2014 erfolgt sei, und dass sie darin bestehe, bezüglich der oben in Rn. 3 beschriebenen und den Gegenstand der angemeldeten Marke bildenden Waren folgende Präzisierung vorzunehmen: „ausgenommen Schalungsschlösser“.

10      Das HABM hat eingewandt, dass dieser Antrag, wie sich aus der Rechtsprechung (Urteil vom 20. November 2007, Tegometall International/HABM – Wuppermann [TEK], T‑458/05, Slg, EU:T:2007:349) ergebe, vom Gericht nicht berücksichtigt werden könne, da er zu einer nach Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts unzulässigen Änderung des Streitgegenstands führe.

11      Das Gericht habe zwar anerkannt, dass eine nach Erlass der Entscheidung der Beschwerdekammer abgegebene Erklärung des Markenanmelders, nach der er seinen Antrag für bestimmte vom ursprünglichen Antrag erfasste Waren oder Dienstleistungen zurückgezogen habe, dahin ausgelegt werden könne, dass mit ihr die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nur insoweit angegriffen werde, als sie die verbleibenden in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen erfasse, und dass sie somit den Streitgegenstand nicht ändere. So verhalte es sich vorliegend jedoch nicht, da die Einschränkung der Anmeldung keine Zurücknahme einer Ware enthalte, sondern in einer Änderung der Beschreibung der in Rede stehenden Waren bestehe.

12      Die Klägerin hat trotz dieses Einwands an ihrer Rechtsauffassung festgehalten.

13      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht die Entscheidung einer Beschwerdekammer des HABM nur aufheben oder abändern kann, wenn zum Zeitpunkt ihres Erlasses einer der in Art. 65 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Gründe für ihre Aufhebung oder Abänderung vorlag. Denn nach Art. 76 der Verordnung hat das Gericht anhand des tatsächlichen und rechtlichen Rahmens des Rechtsstreits zu entscheiden, mit dem die Beschwerdekammer befasst war (vgl. Urteil TEK, oben in Rn. 10 angeführt, EU:T:2007:349, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

14      Dagegen kann es diese Entscheidung nicht aus Gründen aufheben oder abändern, die erst nach ihrem Erlass eingetreten sind (Urteile vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM, C‑416/04 P, Slg, EU:C:2006:310, Rn. 55, und vom 9. Juli 2008, Reber/HABM – Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli [Mozart], T‑304/06, Slg, EU:T:2008:268, Rn. 24).

15      Im Übrigen muss nach Art. 26 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 „[d]ie Anmeldung der Gemeinschaftsmarke … ein Verzeichnis der Waren oder Dienstleistungen [enthalten], für die die Eintragung begehrt wird“.

16      Art. 43 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 sieht vor, dass „[d]er Anmelder … seine Anmeldung jederzeit zurücknehmen oder das in der Anmeldung enthaltene Verzeichnis der Waren oder Dienstleistungen einschränken [kann]“.

17      Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Klägerin nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung eine Einschränkung der von ihrer Gemeinschaftsmarkenanmeldung erfassten Waren vorgenommen hat.

18      Daraus folgt, dass sich eine Einschränkung des Verzeichnisses der von einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen im Sinne von Art. 43 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009, die nach dem Erlass der vor dem Gericht angefochtenen Entscheidung der Beschwerdekammer erfolgt, grundsätzlich nicht auf die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung auswirken kann; nur über diese Entscheidung wird vor dem Gericht gestritten (vgl. Urteil Mozart, oben in Rn. 14 angeführt, EU:T:2008:268, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Es ist jedoch auch darauf hinzuweisen, dass es möglich ist, die Entscheidung einer Beschwerdekammer des HABM vor dem Gericht nur in Bezug auf bestimmte der im Verzeichnis der betreffenden Gemeinschaftsmarkenanmeldung aufgeführten Waren oder Dienstleistungen anzufechten. In einem solchen Fall wird diese Entscheidung für die übrigen in diesem Verzeichnis aufgeführten Waren oder Dienstleistungen bestandskräftig (Urteil Mozart, oben in Rn. 14 angeführt, EU:T:2008:268, Rn. 26).

20      Unter Berücksichtigung dieser Möglichkeit hat das Gericht die vom Anmelder einer Marke vor dem Gericht und damit nach dem Erlass der Entscheidung der Beschwerdekammer abgegebene Erklärung, er ziehe seinen Antrag für bestimmte vom ursprünglichen Antrag erfasste Waren zurück, als Erklärung, dass die angefochtene Entscheidung nur insoweit angegriffen werde, als sie die verbleibenden in Rede stehenden Waren erfasse, ausgelegt, oder in einem Fall, in dem diese Erklärung in einem fortgeschrittenen Stadium des Verfahrens vor dem Gericht abgegeben wurde, als Teilrücknahme ausgelegt (vgl. Urteil Mozart, oben in Rn. 14 angeführt, EU:T:2008:268, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Will aber der Markenanmelder mit seiner Einschränkung des Verzeichnisses der von der Gemeinschaftsmarkenanmeldung erfassten Waren nicht eine oder mehrere Waren aus diesem Verzeichnis streichen, sondern eines oder mehrere ihrer Merkmale ändern, dann ist nicht auszuschließen, dass sich diese Änderung auf die Prüfung der Gemeinschaftsmarke auswirkt, die die Instanzen des HABM im Laufe des Verwaltungsverfahrens durchgeführt haben. Die betreffende Änderung im Stadium der Klage vor dem Gericht zuzulassen, hieße unter diesen Umständen, den Streitgegenstand im laufenden Verfahren zu ändern, was nach Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung unzulässig ist. Daher kann das Gericht eine solche Einschränkung bei der Prüfung der Begründetheit der Klage nicht berücksichtigen (Urteile TEK, oben in Rn. 10 angeführt, EU:T:2007:349, Rn. 25, und vom 20. Februar 2013, Caventa/HABM – Anson’s Herrenhaus [B BERG], T‑631/11, EU:T:2013:85, Rn. 23).

22      Zu prüfen ist deshalb, ob die am 23. Mai 2014 vorgenommene und von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemachte Einschränkung der Anmeldung der betroffenen Marke als eine Erklärung der Klägerin, dass sie sich gegen die angefochtene Entscheidung nur wende, soweit sie die im geänderten Verzeichnis aufgeführten Waren betreffe, oder als eine Teilrücknahme verstanden werden kann.

23      Das ist hier nicht der Fall. Denn mit der betreffenden Einschränkung hat die Klägerin nicht bestimmte Waren aus dem Verzeichnis der Waren, für die die Eintragung der fraglichen Marke beantragt wurde und bei denen es sich bezüglich der Klasse 6 weiterhin um Betonverschalungen und deren Zubehör aus Metall und bezüglich der Klasse 19 weiterhin um Betonverschalungen und deren Zubehör nicht aus Metall handelt, zurückgezogen, sondern angegeben, dass es sich um die fraglichen Waren „ausgenommen Schalungsschlösser“ handele. Folglich ist nicht auszuschließen, dass die Klägerin dadurch eine Änderung vorgenommen hat, die sich auf die Prüfung der Gemeinschaftsmarke auswirken kann, die die Instanzen des HABM im Laufe des Verwaltungsverfahrens durchgeführt haben. Wie oben in Rn. 21 ausgeführt, kann jedoch eine solche Einschränkung vom Gericht nicht berücksichtigt werden, da sie den Streitgegenstand ändern würde.

24      Infolgedessen handelt es sich bei den im Rahmen der vorliegenden Klage zu berücksichtigenden Waren um diejenigen, die im Verzeichnis der Waren enthalten sind, die von der ursprünglichen Markenanmeldung der Klägerin erfasst sind (siehe oben, Rn. 3).

25      Daher ist der oben in Rn. 9 genannte Antrag der Klägerin zurückzuweisen.

 Zur Begründetheit

26      Zur Stützung ihrer Klage macht die Klägerin zwei Klagegründe geltend, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung rügt.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

27      Die Klägerin trägt vor, dass die Beschwerdekammer der angemeldeten Marke Unterscheidungskraft hätte beimessen müssen, wenn sie ordnungsgemäß zum einen den von den maßgeblichen Verkehrskreisen, bei denen es sich um ein professionelles Fachpublikum handele, aufgebrachten Aufmerksamkeitsgrad, der höher sei als der des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers, und zum anderen die leicht wiedererkennbaren Eigenschaften des von dem fraglichen Zeichen dargestellten Spannschlosses berücksichtigt hätte.

28      Sie macht geltend, dass die Beschwerdekammer keine konkreten Tatsachen zur Stützung ihrer auf unbelegten Vermutungen beruhenden Beurteilung angeführt habe. Überdies seien diese Vermutungen durch die beim HABM vorgelegten Beweise widerlegt, insbesondere durch die von ihr vorgelegte Verkehrsbefragung, die die Beschwerdekammer zu Unrecht als nur auf das deutschsprachige Publikum bezogen angesehen habe, obwohl das Spannschloss ein Zeichen sei, das ohne Kenntnisse einer Sprache „gelesen“ werden könne.

29      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

30      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 Marken von der Eintragung ausgeschlossen sind, „die keine Unterscheidungskraft haben“.

31      Die Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 besagt, dass die Marke geeignet ist, die Ware, für die sie angemeldet worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 9. Dezember 2010, Wilo/HABM [Facettiertes Gehäuse eines Elektromotors und Darstellung grüner Facetten], T‑253/09 und T‑254/09, EU:T:2010:507, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren oder Dienstleistungen zusammensetzen (vgl. Urteil Facettiertes Gehäuse eines Elektromotors und Darstellung grüner Facetten, oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2010:507, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Nach ständiger Rechtsprechung sind die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Marken, die aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst bestehen, keine anderen als für die übrigen Markenkategorien (vgl. Urteil Facettiertes Gehäuse eines Elektromotors und Darstellung grüner Facetten, oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2010:507, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Jedoch wird im Rahmen der Anwendung dieser Kriterien eine dreidimensionale Marke, die aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst besteht, von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen wie eine Wort- oder Bildmarke, die aus einem Zeichen besteht, das vom Erscheinungsbild der mit der Marke bezeichneten Waren unabhängig ist. Denn wenn grafische oder Wortelemente fehlen, schließen die Durchschnittsverbraucher aus der Form der Waren oder ihrer Verpackung gewöhnlich nicht auf die Herkunft dieser Waren, und es kann schwieriger sein, die Unterscheidungskraft einer solchen dreidimensionalen Marke nachzuweisen als die einer Wort‑ oder Bildmarke (vgl. Urteil Facettiertes Gehäuse eines Elektromotors und Darstellung grüner Facetten, oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2010:507, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Nach der Rechtsprechung gilt zudem, dass, je mehr sich die angemeldete Form der Form annähert, in der die betreffende Ware am wahrscheinlichsten in Erscheinung tritt, umso eher zu erwarten ist, dass dieser Form die Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fehlt. Unter diesen Umständen besitzt nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder der Üblichkeit in der Branche abweicht und deshalb ihre wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion erfüllen kann, auch Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (vgl. Urteil Facettiertes Gehäuse eines Elektromotors und Darstellung grüner Facetten, oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2010:507, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Im Licht dieser Erwägungen ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen.

37      Die Beschwerdekammer hat hinsichtlich des maßgeblichen Publikums zu Recht die Ansicht vertreten, dass es sich um spezialisierte Fachverkehrskreise handelt (Rn. 11 der angefochtenen Entscheidung). Die Klägerin stimmt dieser Beurteilung zwar zu, folgert aber daraus, dass das maßgebliche Publikum somit das professionelle Fachpublikum sei, was nur teilweise zutrifft. Da die Beziehung des genannten Publikums zu dem betroffenen Bereich, wie die Klägerin im Übrigen einräumt, derart ist, dass in einem weiteren Sinne Personen einbezogen werden, die „ein grundsätzliches Interesse daran haben“, kann sie entgegen der Auslegung, die die Klägerin der letztgenannten Formulierung gibt, gegebenenfalls über den strikt professionellen Rahmen hinausgehen.

38      Nach dieser Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass sich die Parteien zu Recht darüber einig sind, welche Schlussfolgerung daraus zu ziehen ist, dass das maßgebliche Publikum ein spezialisiertes Publikum ist, d. h. über den hohen Aufmerksamkeitsgrad, den dieses Publikum gegenüber einem dreidimensionalen Zeichen wie dem in Rede stehenden aufbringt und der sich insbesondere darin zeigt, dass es „auf [die] technische[n] Eigenschaften (bzw. auf die Material- und Konstruktionsqualität) [eines solchen Verschließungssystems] achten wird“ (Rn. 11 der angefochtenen Entscheidung).

39      Die Klägerin beruft sich hingegen darauf, dass angesichts dieses hohen Aufmerksamkeitsgrads des maßgeblichen Publikums die charakteristischen Merkmale des Spannschlosses, das Gegenstand des als Gemeinschaftsmarke angemeldeten dreidimensionalen Zeichens sei, nämlich insbesondere die frei liegende Zahnreihe und die zentrale Kerbung in dem senkrecht ausgerichteten Klemmstab, zwangsläufig bemerkt würden und damit der Marke Unterscheidungskraft verliehen, was durch das Ergebnis einer Verkehrsbefragung bestätigt werde. Sie wirft der Beschwerdekammer vor, keine konkreten Tatsachen angeführt zu haben, die ihre Zurückweisung der angemeldeten Marke rechtfertigen könnten.

40      Nach Ansicht der Beschwerdekammer hingegen nehmen die maßgeblichen Verkehrskreise gerade wegen ihres oben in Rn. 38 erwähnten hohen Aufmerksamkeitsgrads die fraglichen funktionalen Elemente vor allem als ein technisches Mittel wahr, das zur Verkupplung bzw. Verschließung von Wandelementen und Betonteilen diene. Da sich diese technischen Elemente auch in anderen Spannschlössern befänden, ließen die geringen Unterschiede des in Rede stehenden Spannschlosses nicht den Schluss zu, dass die angemeldete dreidimensionale Marke eine eigenartige und einprägsame Ausgestaltung aufweise.

41      Insoweit ist zu betonen, dass im Bereich dreidimensionaler Marken nach der oben in Rn. 35 angeführten Rechtsprechung nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder der Üblichkeit der Branche abweicht und deshalb ihre wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion erfüllen kann, auch Unterscheidungskraft besitzt.

42      Diese Beurteilung ist auch dann uneingeschränkt zutreffend, wenn es sich bei dem fraglichen Publikum um ein spezialisiertes Publikum handelt (vgl. hinsichtlich eines beschränkten Kreises der Abnehmer von Mikrofonen das Urteil vom 12. September 2007, Neumann/HABM [Form eines Mikrofonkorbs], T‑358/04, Slg, EU:T:2007:263, Rn. 46, hinsichtlich Schutzdächern und Schatten spendenden Abdeckungen das Urteil vom 17. Dezember 2008, Somm/HABM [Schatten spendende Abdeckung], T‑351/07, EU:T:2008:591, Rn. 29, und hinsichtlich Luxusuhren und Ziffernblättern für Luxusuhren das Urteil vom 14. September 2009, Lange Uhren/HABM [Geometrische Felder auf dem Ziffernblatt einer Uhr], T‑152/07, EU:T:2009:324, Rn. 87).

43      Somit hat die Beschwerdekammer unter zutreffender Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 festgestellt, dass es an einer eigenartigen und einprägsamen Ausgestaltung des dargestellten Spannschlosses fehlt, weil dieses bloß geringe Unterschiede gegenüber anderen Waren dieser Art aufweist. Denn im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass das fragliche Spannschloss einen so ungewöhnlichen Charakter aufweist, dass angenommen werden könnte, dass allein aufgrund seiner dreidimensionalen Darstellung die angemeldete Marke als von sich aus geeignet angesehen werden kann, die Waren, die sie erfassen soll, von denen ihrer Wettbewerber zu unterscheiden.

44      Zwar wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, keine konkreten Tatsachen zur Stützung dieser Behauptung angeführt zu haben, doch trifft dieses Argument sachlich nicht zu. Aus der angefochtenen Entscheidung geht insoweit hervor, dass die Beschwerdekammer Beispiele von Spannschlössern der Konkurrenten der Klägerin untersucht und dabei festgestellt hat, dass die Klammern „verschiedene funktionale und gar ästhetische Ausgestaltungen haben“ könnten, aber dass „diese Produktvariationen“ nicht bedeuteten, dass sich ein „Gesamteindruck eine[r] Markenfunktion“ feststellen lasse (Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung). Sie hat die Klägerin zu Recht darauf hingewiesen, dass es nicht ausreichend sei, dass das Publikum die Unterschiede zwischen den verschiedenen Spannschlössern erkennen könne, wozu ein spezialisiertes Publikum wie das vorliegende in der Tat imstande ist, sondern dass das Publikum in der Lage sein müsse, die von der Klägerin vorgelegte Abwandlung eines Spannschlosses als „so erheblich“ wahrzunehmen, dass es sie „als Herkunftsbezeichnung erkennen [wird]“ (Rn. 18 der angefochtenen Entscheidung). Wie die Beschwerdekammer zutreffend geltend gemacht hat, erscheinen aber die Unterschiede des in Rede stehenden Spannschlosses, die gewiss erkennbar sind, als bloße Ausführungsvarianten von Spannschlössern. Diese Merkmale sind daher nicht geeignet, die betreffende Ware zu individualisieren und als solche eine bestimmte betriebliche Herkunft anzuzeigen.

45      Hinsichtlich des Beweiswerts der von der Klägerin im Verfahren vor dem HABM vorgelegten Verkehrsumfrage zur Unterscheidungskraft des in Rede stehenden dreidimensionalen Zeichens ist schließlich hervorzuheben, dass die Beschwerdekammer zu Recht geltend gemacht hat, dass die Umfrage nur bei einem deutschsprachigen spezialisierten Publikum durchgeführt worden ist und nicht bei dem im vorliegenden Fall maßgeblichen spezialisierten Publikum der Europäischen Union. Denn auch wenn es um eine Anmeldung einer dreidimensionalen Gemeinschaftsmarke geht, die somit keine Sprachkenntnisse voraussetzt, um „gelesen“ zu werden, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, ist doch das deutschsprachige spezialisierte Publikum mit den Produkten deutscher oder österreichischer Firmen vertrauter und damit natürlich veranlasst, in einer Meinungsumfrage häufiger ihren Namen zu nennen, als es das spezialisierte Publikum der Union in seiner Gesamtheit tun würde.

46      Außerdem hat die Klägerin unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Umfrage vor der Beschwerdekammer geltend gemacht (Rn. 6, vierter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung), dass „deutschsprachige Fachkreise … zu einer hohen Prozentzahl“ den Hersteller der als Gemeinschaftsmarke angemeldeten dreidimensionalen Form identifiziert hätten. Die Unterscheidungskraft muss aber von der Gesamtheit des maßgeblichen Publikums (nämlich des maßgeblichen Publikums der Union) als solche wahrgenommen werden. Folglich hat die Beschwerdekammer zu Recht diese Umfrage als ungeeignet dafür verworfen, ihre Schlussfolgerung zu entkräften, dass dem in Rede stehenden dreidimensionalen Zeichen die Unterscheidungskraft fehlt.

47      Soweit sich die Klägerin auf die Ergebnisse dieser Umfrage als Nachweis dafür berufen sollte, dass das genannte Zeichen bei dem maßgeblichen Publikum Unterscheidungskraft in Bezug auf die von ihr bereits vermarktete und von diesem Zeichen dargestellte Ware erlangt habe, ist darauf hinzuweisen, dass sich ein solches Argument auf die durch Benutzung erlangte Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke bezieht. Die Beschwerdekammer hat daher rechtsfehlerfrei darauf hingewiesen, dass ein solcher Gesichtspunkt nicht zum Ausschluss der Anwendung eines absoluten Eintragungshindernisses nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 durch das HABM führen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Februar 2002, Mag Instrument/HABM [Form von Taschenlampen], T‑88/00, Slg, EU:T:2002:28, Rn. 39), sondern nur im Rahmen der Anwendung von Art. 7 Abs. 3 der Verordnung berücksichtigt werden kann, auf den sich die Klägerin zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens berufen hat.

48      Somit hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass der in Rede stehenden dreidimensionalen Marke für sämtliche betroffenen Waren die Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fehlt.

49      Folglich ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 207/2009

50      Es ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer am Ende der angefochtenen Entscheidung, in deren Rn. 23, die Möglichkeit einer Zurückweisung der klägerischen Anmeldung gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. i und ii der Verordnung Nr. 207/2009, die der Prüfer ebenfalls hätte vornehmen können, nur vorsorglich erwähnt hat, ohne diese Bestimmung anzuwenden. Aus dem Wortlaut dieser Randnummer geht nämlich hervor, dass die Beschwerdekammer aus verfahrensökonomischen Gründen davon abgesehen hat, die Sache zur weiteren Entscheidung an den Prüfer zurückzuverweisen, weil „die Anmeldung aufgrund von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b [der Verordnung Nr. 207/2009 ohnehin] zurückzuweisen“ sei. Die Rechtmäßigkeit dieser letzteren Feststellung ist jedoch oben in den Rn. 30 bis 48 bestätigt worden.

51      Da die angefochtene Entscheidung, wie das HABM in seiner Klagebeantwortung vorgetragen hat, nicht auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. i und ii der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt wurde, kann somit der Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen diese Bestimmung gerügt wird, keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben.

52      Aus dem gleichen Grund liegt auch kein Verstoß gegen Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 vor, nach dessen Wortlaut die Entscheidungen des HABM mit Gründen zu versehen sind. Die vorherige Anhörung der Klägerin zu einem Gesichtspunkt, den die Beschwerdekammer nicht von Amts wegen zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht hat, war offenkundig nicht erforderlich.

53      Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

54      Daher ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass es einer Entscheidung über die Zulässigkeit des in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin vorgelegten Dokuments bedarf.

 Kosten

55      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

56      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Peri GmbH trägt die Kosten.

Gratsias

Kancheva

Wetter

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 25. September 2014.

Unterschriften


*Verfahrenssprache: Deutsch.