Language of document : ECLI:EU:T:2022:727

URTEIL DES GERICHTS (Vierte erweiterte Kammer)

30. November 2022(*)

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen die PKK im Rahmen der Bekämpfung des Terrorismus – Einfrieren von Geldern – Gemeinsamer Standpunkt 2001/931/GASP – Anwendbarkeit auf bewaffnete Konflikte – Terroristische Vereinigung – Tatsachengrundlage der Beschlüsse über das Einfrieren von Geldern – Von einer zuständigen Behörde gefasster Beschluss – Behörde eines Drittstaats – Überprüfung – Verhältnismäßigkeit – Begründungspflicht – Verteidigungsrechte – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Anpassung der Klageschrift“

In den verbundenen Rechtssachen T‑316/14 RENV und T‑148/19,

Kurdistan Workers’ Party (PKK), vertreten durch die Rechtsanwältinnen A. van Eik und T. Buruma,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch S. Van Overmeire und B. Driessen als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch T. Ramopoulos, J. Norris, J. Roberti di Sarsina und R. Tricot als Bevollmächtigte,

Streithelferin in der Rechtssache T‑316/14 RENV,

andere Parteien des Verfahrens:

Französische Republik, vertreten durch A.‑L. Desjonquères, B. Fodda und J.‑L. Carré als Bevollmächtigte,

und

Königreich der Niederlande, vertreten durch M. Bulterman und J. Langer als Bevollmächtigte,

Streithelfer im Rechtsmittelverfahren,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni (Berichterstatter), der Richter L. Madise und P. Nihoul, der Richterin R. Frendo und des Richters J. Martín y Pérez de Nanclares,

Kanzler: I. Kurme, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens in der Rechtssache T‑148/19, insbesondere

–        der Entscheidung vom 26. Juli 2019, mit der das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland als Streithelfer zugelassen wurde,

–        der Anpassungen der Anträge der Klägerin vom 7. Oktober 2019, 13. März 2020 und 29. September 2020,

aufgrund des Urteils vom 22. April 2021, Rat/PKK (C‑46/19 P, EU:C:2021:316), mit dem die Rechtssache T‑316/14 RENV an das Gericht zurückverwiesen wurde,

aufgrund der Verweisung der Rechtssachen T‑148/19 und T‑316/14 RENV an die Vierte erweiterte Kammer,

aufgrund der Entscheidung vom 8. Februar 2022, die Rechtssachen T‑148/19 und T‑316/14 RENV zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung zu verbinden,

aufgrund des Beschlusses vom 25. März 2022, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland als Streithelfer in den Rechtssachen T‑148/19 und T‑316/14 RENV zu streichen,

auf die mündliche Verhandlung vom 31. März 2022

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer auf Art. 263 AEUV gestützten Klage in der Rechtssache T‑316/14 RENV begehrt die Klägerin, die Kurdistan Workers’ Party (PKK), die Nichtigerklärung

–        der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 125/2014 des Rates vom 10. Februar 2014 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 714/2013 (ABl. 2014, L 40, S. 9);

–        der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 790/2014 des Rates vom 22. Juli 2014 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung Nr. 125/2014 (ABl. 2014, L 217, S. 1);

–        des Beschlusses (GASP) 2015/521 des Rates vom 26. März 2015 zur Aktualisierung und Änderung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, für die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus gelten, und zur Aufhebung des Beschlusses 2014/483/GASP (ABl. 2015, L 82, S. 107);

–        der Durchführungsverordnung (EU) 2015/513 des Rates vom 26. März 2015 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung Nr. 790/2014 (ABl. 2015, L 82, S. 1);

–        des Beschlusses (GASP) 2015/1334 des Rates vom 31. Juli 2015 zur Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, für die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus gelten, und zur Aufhebung des Beschlusses 2015/521 (ABl. 2015, L 206, S. 61);

–        der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1325 des Rates vom 31. Juli 2015 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung 2015/513 (ABl. 2015, L 206, S. 12);

–        der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2425 des Rates vom 21. Dezember 2015 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung 2015/1325 (ABl. 2015, L 334, S. 1);

–        der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1127 des Rates vom 12. Juli 2016 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung 2015/2425 (ABl. 2016, L 188, S. 1);

–        der Durchführungsverordnung (EU) 2017/150 des Rates vom 27. Januar 2017 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung 2016/1127 (ABl. 2017, L 23, S. 3);

–        des Beschlusses (GASP) 2017/1426 des Rates vom 4. August 2017 zur Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, für die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus gelten, und zur Aufhebung des Beschlusses (GASP) 2017/154 (ABl. 2017, L 204, S. 95);

–        der Durchführungsverordnung (EU) 2017/1420 des Rates vom 4. August 2017 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung 2017/150 (ABl. 2017, L 204, S. 3), soweit diese Rechtsakte die Klägerin betreffen.

2        Mit ihrer ebenfalls auf Art. 263 AEUV gestützten Klage in der Rechtssache T‑148/19 begehrt die Klägerin die Nichtigerklärung

–        des Beschlusses (GASP) 2019/25 des Rates vom 8. Januar 2019 zur Änderung und Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, auf die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus Anwendung finden, und zur Aufhebung des Beschlusses (GASP) 2018/1084 (ABl. 2019, L 6, S. 6);

–        des Beschlusses (GASP) 2019/1341 des Rates vom 8. August 2019 zur Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, auf die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus Anwendung finden, und zur Aufhebung des Beschlusses 2019/25 (ABl. 2019, L 209, S. 15);

–        der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1337 des Rates vom 8. August 2019 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2019/24 (ABl. 2019, L 209, S. 1);

–        der Durchführungsverordnung (EU) 2020/19 des Rates vom 13. Januar 2020 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung 2019/1337 (ABl. 2020, L 8 I, S. 1);

–        des Beschlusses (GASP) 2020/1132 des Rates vom 30. Juli 2020 zur Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, auf die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus Anwendung finden, und zur Aufhebung des Beschlusses (GASP) 2020/20 (ABl. 2020, L 247, S. 18);

–        der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1128 des Rates vom 30. Juli 2020 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung 2020/19 (ABl. 2020, L 247, S. 1), soweit diese Rechtsakte die Klägerin betreffen.

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

3        Die PKK wurde 1978 gegründet und nahm den bewaffneten Kampf gegen die türkische Regierung auf, um die Anerkennung des Rechts der Kurden auf Selbstbestimmung zu erreichen.

4        Am 28. September 2001 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Resolution 1373 (2001), mit der umfassende Strategien zur Bekämpfung des Terrorismus, insbesondere für den Kampf gegen seine Finanzierung, festgelegt wurden.

5        In der Erwägung, dass die Europäische Union tätig werden müsse, um die Resolution 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen umzusetzen, nahm der Rat der Europäischen Union am 27. Dezember 2001 den Gemeinsamen Standpunkt 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus (ABl. 2001, L 344, S. 93) an. Art. 2 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 sieht insbesondere das Einfrieren der Gelder und sonstigen Vermögenswerte oder wirtschaftlichen Ressourcen der an terroristischen Handlungen beteiligten Personen, Vereinigungen und Körperschaften vor, die im Anhang dieses Gemeinsamen Standpunkts aufgeführt sind.

6        Ebenfalls am 27. Dezember 2001 erließ der Rat die Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus (ABl. 2001, L 344, S. 70) sowie den Beschluss 2001/927/EG zur Aufstellung der Liste nach Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 (ABl. 2001, L 344, S. 83), um die im Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 beschriebenen Maßnahmen auf Unionsebene durchzuführen. Der Name der Klägerin befand sich nicht auf dieser ersten Liste.

7        Am 2. Mai 2002 nahm der Rat den Gemeinsamen Standpunkt 2002/340/GASP betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 (ABl. 2002, L 116, S. 75) an. Im Anhang zum Gemeinsamen Standpunkt 2002/340 wurde die Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, für die die im Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 vorgesehenen restriktiven Maßnahmen gelten, aktualisiert und u. a. der Name der Klägerin mit folgender Bezeichnung eingefügt: „Kurdische Arbeiterpartei (PKK)“.

8        Ebenfalls am 2. Mai 2002 erließ der Rat den Beschluss 2002/334/EG zur Durchführung von Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 und zur Aufhebung des Beschlusses 2001/927 (ABl. 2002, L 116, S. 33). Mit diesem Beschluss wurde der Name der Klägerin in derselben Form wie im Anhang zum Gemeinsamen Standpunkt 2002/340 in die in Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 vorgesehene Liste aufgenommen.

9        Diese Rechtsakte wurden seitdem gemäß Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 und Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 regelmäßig aktualisiert. Der Name der Klägerin wurde stets auf den Listen der Vereinigungen und Körperschaften belassen, für die die restriktiven Maßnahmen nach den oben genannten Rechtsakten gelten (im Folgenden: streitige Listen), trotz der Anfechtung vor dem Gericht bzw. der Nichtigerklärung mehrerer Beschlüsse und Verordnungen, denen diese Listen beigefügt sind, durch das Gericht. Seit dem 2. April 2004 lautet ihr Name in den streitigen Listen: „Kurdische Arbeiterpartei – PKK (alias ‚KADEK‘, alias ‚KONGRA-GEL‘)“.

10      So wurden die gegen die Klägerin ergriffenen restriktiven Maßnahmen u. a. mit den im Jahr 2014 erlassenen Rechtsakten (Durchführungsverordnung Nr. 125/2014 und Durchführungsverordnung Nr. 790/2014) aufrechterhalten, sodann mit den von 2015 bis 2017 erlassenen Rechtsakten (Beschluss 2015/521, Durchführungsverordnung 2015/513, Beschluss 2015/1334, Durchführungsverordnung 2015/1325, Durchführungsverordnung 2015/2425, Durchführungsverordnung 2016/1127, Durchführungsverordnung 2017/150, Beschluss 2017/1426 und Durchführungsverordnung 2017/1420) sowie mit den 2019 und 2020 erlassenen Rechtsakten (Beschluss 2019/25, Beschluss 2019/1341, Durchführungsverordnung 2019/1337, Durchführungsverordnung 2020/19, Beschluss 2020/1132 und Durchführungsverordnung 2020/1128).

11      In den Begründungen zu den im Jahr 2014 erlassenen Rechtsakten beschrieb der Rat die PKK als eine an terroristischen Handlungen beteiligte Körperschaft, die ab 1984 zahlreiche derartige Handlungen begangen habe. Die terroristischen Aktivitäten der PKK würden trotz einer Reihe von Waffenruhen, die von der PKK insbesondere seit 2009 einseitig erklärt worden seien, fortgesetzt. Zu den terroristischen Handlungen der PKK gehörten Bombenanschläge, Raketenanschläge, die Verwendung von Sprengstoffen, die Ermordung und Entführung türkischer Staatsangehöriger und ausländischer Touristen, Geiselnahmen, Anschläge auf türkische Sicherheitskräfte und bewaffnete Auseinandersetzungen mit ihnen, Anschläge auf türkische Öleinrichtungen, öffentliche Verkehrsmittel sowie diplomatische, kulturelle und kommerzielle Einrichtungen in verschiedenen Ländern, Erpressung im Ausland lebender türkischer Staatsbürger sowie andere kriminelle Handlungen zur Finanzierung ihrer Aktivitäten. Beispielhaft führte der Rat 69 Vorfälle an, die sich zwischen dem 14. November 2003 und dem 19. Oktober 2011 ereignet haben sollen und von ihm als terroristische Handlungen im Sinne von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 eingestuft wurden.

12      Der Rat fügte hinzu, die PKK sei Gegenstand von Beschlüssen zuständiger nationaler Behörden im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 gewesen. Insoweit verwies er zum einen auf eine Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs vom 29. März 2001, mit der die PKK nach dem UK Terrorism Act 2000 (Gesetz des Vereinigten Königreichs von 2000 über den Terrorismus) verboten worden sei. Diese Verfügung sei durch eine Verfügung vom 14. Juli 2006 ergänzt worden, mit der festgestellt worden sei, dass „KADEK“ und „KONGRA-GEL“ andere Bezeichnungen für die PKK seien. Zum anderen verwies der Rat auf Beschlüsse der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, ohne das Datum ihres Erlasses anzugeben. Darin sei die PKK gemäß Section 219 des US Immigration and Nationality Act (US-amerikanisches Gesetz über Einwanderung und Staatsbürgerschaft) als „ausländische terroristische Organisation“ (foreign terrorist organisation, im Folgenden: FTO) und gemäß der Executive Order Nr. 13224 (Präsidialerlass Nr. 13224) als „namentlich benannter internationaler Terrorist“ (specially designated global terrorist, im Folgenden: SDGT) eingestuft worden. Der Rat nahm ferner auf Urteile der türkischen Staatssicherheitsgerichte Bezug, die zwischen 1990 und 2006 ergangen waren.

13      In den Begründungen zu den zwischen 2015 und 2017 erlassenen Rechtsakten führte der Rat aus, der Verbleib des Namens der Klägerin auf den streitigen Listen beruhe auf den bereits zuvor berücksichtigten Beschlüssen der Behörden des Vereinigten Königreichs (2001 und 2006) und der Vereinigten Staaten (1997 und 2001), die wie folgt ergänzt worden seien: durch einen Beschluss der Behörden des Vereinigten Königreichs vom 3. Dezember 2014, mit dem das Verbot der PKK aufrechterhalten worden sei, durch ein Urteil des Tribunal de grande instance de Paris (Großinstanzgericht Paris, Frankreich) vom 2. November 2011, mit dem das Kurdische Ahmet-Kaya-Kulturzentrum wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung zur Vorbereitung einer terroristischen Handlung und wegen Finanzierung einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden sei und das die Cour d’appel de Paris (Berufungsgericht Paris) mit Urteil vom 23. April 2013 und die Cour de cassation (Kassationsgerichtshof, Frankreich) mit Urteil vom 21. Mai 2014 bestätigt hätten, sowie durch eine am 21. November 2013 abgeschlossene Überprüfung seitens der Behörden der Vereinigten Staaten, bei der die Benennung der PKK als „ausländische terroristische Organisation“ bestätigt worden sei.

14      Die Begründungen zu den 2019 und 2020 erlassenen Rechtsakten greifen die vorherigen Begründungen auf und ergänzen sie insbesondere ab dem Beschluss 2019/1341 und der Durchführungsverordnung 2019/1337 um einen Hinweis auf die Aufrechterhaltung der Benennung der PKK als „ausländische terroristische Organisation“ durch die Behörden der Vereinigten Staaten nach einer am 5. Februar 2019 abgeschlossenen Überprüfung.

II.    Anträge der Parteien

15      Die Klägerin beantragt, die Durchführungsverordnung Nr. 125/2014, die Durchführungsverordnung Nr. 790/2014, den Beschluss 2015/521, die Durchführungsverordnung 2015/513, den Beschluss 2015/1334, die Durchführungsverordnung 2015/1325, die Durchführungsverordnung 2015/2425, die Durchführungsverordnung 2016/1127, die Durchführungsverordnung 2017/150, den Beschluss 2017/1426 und die Durchführungsverordnung 2017/1420 (Rechtssache T‑316/14 RENV) sowie den Beschluss 2019/25, den Beschluss 2019/1341, die Durchführungsverordnung 2019/1337, die Durchführungsverordnung 2020/19, den Beschluss 2020/1132 und die Durchführungsverordnung 2020/1128 (Rechtssache T‑148/19) für nichtig zu erklären, soweit diese sie betreffen. In der Rechtssache T‑148/19 beantragt sie ferner hilfsweise, dem Rat aufzugeben, eine weniger restriktive Maßnahme als die Aufnahme in die streitigen Listen zu erlassen. Schließlich beantragt sie, dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

16      Der Rat, der in der Rechtssache T‑316/14 RENV von der Kommission unterstützt wird, beantragt, die Klagen abzuweisen und der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

III. Rechtliche Würdigung

A.      Zur Zulässigkeit

17      Da der Rat in der mündlichen Verhandlung seinen Einwand, dass die beiden Unterzeichner der den Rechtsanwältinnen, die die Schriftsätze der Klägerin unterzeichnet hätten, erteilten Vollmachten nicht zur Vertretung der Klägerin befugt seien, zurückgenommen hat, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist, bleibt nur seine gegen die drei Anpassungen der Klageschrift in der Rechtssache T‑148/19, die sich auf die Durchführungsverordnung 2019/1337, die Durchführungsverordnung 2020/19, den Beschluss 2020/1132 und die Durchführungsverordnung 2020/1128 beziehen, gerichtete Einrede der Unzulässigkeit bestehen.

18      Der Rat macht insbesondere geltend, mit diesen Rechtsakten seien die Rechtsakte, deren Nichtigerklärung zuvor beantragt worden sei, weder geändert noch ersetzt worden, so dass die Anforderungen von Art. 86 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts nicht erfüllt seien.

19      Da dieser Unzulässigkeitsgrund auch für die im Rahmen der Rechtssache T‑316/14 RENV angefochtenen Beschlüsse 2015/521, 2015/1334 und 2017/1426 gelten könnte, hat das Gericht die fragliche Prozessvoraussetzung, die die Zulässigkeit der Klage betrifft und daher zwingend erfüllt sein muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 2018, Hamas/Rat, T‑400/10 RENV, EU:T:2018:966, Rn. 139 bis 145 und die dort angeführte Rechtsprechung), von Amts wegen thematisiert und die Parteien dazu befragt.

20      In Beantwortung dieser Frage hat die Klägerin die Unzulässigkeit ihrer Klagen eingeräumt, soweit sie die Beschlüsse 2015/521, 2015/1334 und 2017/1426 (Rechtssache T‑316/14 RENV) und den Beschluss 2020/1132 sowie die Durchführungsverordnungen 2019/1337, 2020/19 und 2020/1128 (Rechtssache T‑148/19) betreffen, was im Sitzungsprotokoll festgehalten worden ist.

21      Nach Art. 86 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann der Kläger, wenn ein Rechtsakt, dessen Nichtigerklärung beantragt wird, durch einen anderen Rechtsakt mit demselben Gegenstand ersetzt oder geändert wird, vor Abschluss des mündlichen Verfahrens oder vor der Entscheidung des Gerichts, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden, die Klageschrift anpassen, um diesem neuen Umstand Rechnung zu tragen.

22      Im vorliegenden Fall verlängern die Beschlüsse 2015/521, 2015/1334 und 2017/1426 jedoch weder die Wirkungen des einzigen Rechtsakts, auf den sich die Klageschrift in der Rechtssache T‑316/14 RENV bezieht, nämlich die Durchführungsverordnung Nr. 125/2014, die durch die bei der ersten Anpassung der Klageschrift beanstandete Durchführungsverordnung Nr. 790/2014 ersetzt wurde, noch ersetzen sie ihn. Mit diesen Beschlüssen soll lediglich die Liste geändert werden, die in dem auf dem EU-Vertrag beruhenden Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 enthalten ist, während mit den Durchführungsverordnungen die Liste geändert wird, die in der insbesondere auf Art. 301 EG (nach Änderung jetzt Art. 215 AEUV) gestützten Verordnung Nr. 2580/2001 enthalten ist, mit der die in den Beschlüssen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und zuvor in den Gemeinsamen Standpunkten vorgesehenen restriktiven Maßnahmen auf Unionsebene durchgeführt werden sollen. Auch wenn die GASP-Beschlüsse und die Durchführungsverordnungen grundsätzlich am selben Tag erlassen werden und dieselbe Liste der betroffenen Personen, Vereinigungen und Körperschaften enthalten, sind sie demnach gesonderte Rechtsakte.

23      Desgleichen werden durch die Durchführungsverordnung 2019/1337, die Durchführungsverordnung 2020/19, mit der sie aufgehoben wurde, sowie die Durchführungsverordnung 2020/1128, mit der diese aufgehoben wurde, weder die Wirkungen des einzigen Rechtsakts, auf den sich die Klageschrift in der Rechtssache T‑148/19 bezieht, nämlich des Beschlusses 2019/25, der durch den in der ersten Anpassung dieser Klageschrift genannten Beschluss 2019/1341 ersetzt wurde, verlängert noch ersetzen sie diesen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Rat, da GASP-Beschlüsse den Rahmen für den Erlass von Verordnungen festlegen, die auf der Grundlage von Art. 215 AEUV erlassen werden, gemäß Art. 266 AEUV jedenfalls aus der etwaigen Nichtigerklärung der GASP-Beschlüsse die Konsequenzen für die zu deren Umsetzung ergangenen Durchführungsverordnungen zu ziehen haben wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Mai 2013, Trabelsi u. a./Rat, T‑187/11, EU:T:2013:273, Rn. 121).

24      Darüber hinaus wird mit dem Beschluss 2020/1132, auf den sich die dritte Anpassung der Klageschrift in der Rechtssache T‑148/19 bezieht, ausweislich seines Titels der Beschluss (GASP) 2020/20 des Rates vom 13. Januar 2020 zur Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, auf die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 Anwendung finden, und zur Aufhebung des Beschlusses 2019/1341 (ABl. 2020, L 8 I, S. 5) aufgehoben, der weder in der Klageschrift noch in ihren Anpassungen beanstandet worden ist, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Voraussetzungen von Art. 86 der Verfahrensordnung erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 2018, Hamas/Rat, T‑400/10 RENV, EU:T:2018:966, Rn. 141 und 142). Würde die Zulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2020/1132 mit der Begründung bejaht, dass dieser Beschluss, ebenso wie die Beschlüsse 2019/25 und 2019/1341, die im Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 enthaltene Liste ändere, liefe dies entgegen den Erfordernissen der Verfahrensökonomie und der Rechtssicherheit, mit denen die Aufnahme einer Bestimmung über Anpassungen der Klageschrift in die 2015 in Kraft getretene Verfahrensordnung gerechtfertigt worden ist (vgl. Erläuterungen zu Art. 86 der neuen Verfahrensordnung), darauf hinaus, die Tragweite von Art. 86 Abs. 1 auszudehnen, der die Änderung des „Rechtsakts, dessen Nichtigerklärung beantragt wird“, betrifft und nicht die Gesamtheit der „Rechtsakte mit demselben Gegenstand“.

25      Folglich sind die vorliegenden Klagen für unzulässig zu erklären, soweit sie auf die Nichtigerklärung der Beschlüsse 2015/521, 2015/1334 und 2017/1426 (Rechtssache T‑316/14 RENV), des Beschlusses 2020/1132 sowie der Durchführungsverordnungen 2019/1337, 2020/19 und 2020/1128 (Rechtssache T‑148/19) gerichtet sind.

26      Hinzu kommt, dass die Klägerin durch nichts daran gehindert war, in Bezug auf diese Rechtsakte, soweit sie sie betrafen, Nichtigkeitsklage zu erheben, um ihre Rechtmäßigkeit in Frage zu stellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2020, Kande Mupompa/Rat, T‑170/18, EU:T:2020:60, Rn. 37).

27      Daraus folgt, dass die Begründetheit der vorliegenden Klagen in Bezug auf folgende Rechtsakte zu prüfen sein wird:

–        die Durchführungsverordnungen Nr. 125/2014 und Nr. 790/2014 (im Folgenden: Rechtsakte von 2014);

–        die Durchführungsverordnungen 2015/513, 2015/1325, 2015/2425, 2016/1127, 2017/150 und 2017/1420 (im Folgenden: Rechtsakte von 2015 bis 2017);

–        die Beschlüsse 2019/25 und 2019/1341 (im Folgenden: Beschlüsse von 2019).

B.      Zur Begründetheit

28      In der Rechtssache T‑316/14 RENV hat die Klägerin in ihrer Stellungnahme zum Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK (C‑46/19 P, EU:C:2021:316), erklärt, sie wolle alle in ihrer Klageschrift in der Rechtssache T‑316/14 geltend gemachten Klagegründe aufrechterhalten, mit Ausnahme des ersten Klagegrundes, den sie in der mündlichen Verhandlung vor Erlass des vom Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren aufgehobenen Urteils vom 15. November 2018, PKK/Rat (T‑316/14, EU:T:2018:788), zurückgenommen habe. Zur Stützung dieser Klage vor dem Gericht machte die Klägerin acht Klagegründe geltend. Mit dem ersten Klagegrund, den die Klägerin inzwischen zurückgenommen hat, rügte sie einen Verstoß gegen das Kriegsvölkerrecht sowohl durch die Rechtsakte von 2014 und die Rechtsakte von 2015 bis 2017 als auch durch den Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 und die Verordnung Nr. 2580/2001, mit dem zweiten Klagegrund ihre fehlerhafte Einstufung als terroristische Vereinigung im Sinne von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931, mit dem dritten Klagegrund das Fehlen eines Beschlusses einer zuständigen Behörde im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931, mit dem vierten Klagegrund einen Verstoß gegen die Art. 4 und 51 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), da die Rechtsakte von 2014 und die Rechtsakte von 2015 bis 2017 teilweise auf Informationen beruhten, die durch Folter oder Misshandlung gewonnen worden seien, mit dem fünften Klagegrund das Fehlen einer den Erfordernissen von Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 genügenden Überprüfung, mit dem sechsten Klagegrund einen Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität, mit dem siebten Klagegrund einen Verstoß gegen die Begründungspflicht und mit dem achten Klagegrund eine Verletzung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz.

29      In der Rechtssache T‑148/19 stützt die Klägerin ihre Klage auf sechs Klagegründe und macht erstens ihre fehlerhafte Einstufung als terroristische Vereinigung im Sinne von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931, zweitens das Fehlen eines Beschlusses einer zuständigen Behörde im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931, drittens das Fehlen einer den Erfordernissen des Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 genügenden Überprüfung, viertens einen Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität, fünftens einen Verstoß gegen die Begründungspflicht und sechstens eine Verletzung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz geltend.

30      Angesichts der Ähnlichkeiten von sechs der in den beiden Rechtssachen geltend gemachten Klagegründe sind sie gemeinsam zu prüfen, wobei zwischen den Rechtssachen T‑316/14 RENV und T‑148/19 nur dann zu unterscheiden ist, wenn spezielle Argumente, die zur Stützung dieser Klagegründe vorgebracht werden, und bestimmte Unterschiede zwischen den angefochtenen Rechtsakten dies erfordern.

31      Mit diesen Klagegründen wird hauptsächlich ein Verstoß gegen Art. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 gerügt, wobei zu beachten ist, dass dieser Gemeinsame Standpunkt im vorliegenden Fall der einschlägige Rechtstext ist, und zwar auch für die Prüfung der angefochtenen Durchführungsverordnungen, die formal allein auf die Verordnung Nr. 2580/2001 gestützt sind, mit der das Einfrieren der Gelder von Terroristen und terroristischen Organisationen in den Mitgliedstaaten nach Maßgabe der im Gemeinsamen Standpunkt enthaltenen Grundsätze und Definitionen terroristischer Handlungen und auf der Grundlage der vom Rat gemäß dem Gemeinsamen Standpunkt erstellten Listen umgesetzt werden soll. Dieser Art. 1 bestimmt in seinen Abs. 3, 4 und 6:

„(3)      Im Sinne dieses Gemeinsamen Standpunkts bezeichnet der Ausdruck ‚terroristische Handlung‘ eine der nachstehend aufgeführten vorsätzlichen Handlungen, die durch ihre Art oder durch ihren Kontext ein Land oder eine internationale Organisation ernsthaft schädigen kann und im innerstaatlichen Recht als Straftat definiert ist, wenn sie mit dem Ziel begangen wird,

i)      die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern oder

ii)      eine Regierung oder eine internationale Organisation unberechtigterweise zu einem Tun oder Unterlassen zu zwingen oder

iii)      die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören:

a)      Anschläge auf das Leben einer Person, die zum Tode führen können;

b)      Anschläge auf die körperliche Unversehrtheit einer Person;

c)      Entführung oder Geiselnahme;

d)      weit reichende Zerstörungen an einer Regierungseinrichtung oder einer öffentlichen Einrichtung, einem Verkehrssystem, einer Infrastruktur, einschließlich eines Informatiksystems, einer festen Plattform, die sich auf dem Festlandsockel befindet, einem allgemein zugänglichen Ort oder einem Privateigentum, die Menschenleben gefährden oder zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten führen können;

e)      Kapern von Luft- und Wasserfahrzeugen oder von anderen öffentlichen Verkehrsmitteln oder Güterverkehrsmitteln;

f)      Herstellung, Besitz, Erwerb, Beförderung oder Bereitstellung oder Verwendung von Schusswaffen, Sprengstoffen, Kernwaffen, biologischen und chemischen Waffen sowie die Forschung und Entwicklung in Bezug auf biologische und chemische Waffen;

g)      Freisetzung gefährlicher Stoffe oder Herbeiführen eines Brandes, einer Explosion oder einer Überschwemmung, wenn dadurch das Leben von Menschen in Gefahr gebracht wird;

h)      Manipulation oder Störung der Versorgung mit Wasser, Strom oder anderen lebenswichtigen natürlichen Ressourcen, wenn dadurch das Leben von Menschen in Gefahr gebracht wird;

i)      Drohung mit der Begehung einer der unter den Buchstaben a) bis h) genannten Straftaten;

j)      Anführen einer terroristischen Vereinigung;

k)      Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung einschließlich durch Bereitstellung von Informationen oder materiellen Mitteln oder durch jegliche Art der Finanzierung ihrer Aktivitäten in dem Wissen, dass diese Beteiligung zu den kriminellen Aktivitäten der Gruppe beiträgt.

Im Sinne dieses Absatzes bezeichnet der Ausdruck ‚terroristische Vereinigung‘ einen auf längere Dauer angelegten organisierten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, die in Verabredung handeln, um terroristische Handlungen zu begehen. Der Ausdruck ‚organisierter Zusammenschluss‘ bezeichnet einen Zusammenschluss, der nicht zufällig zur unmittelbaren Begehung einer terroristischen Handlung gebildet wird und der nicht notwendigerweise förmlich festgelegte Rollen für seine Mitglieder, eine kontinuierliche Mitgliedschaft oder eine ausgeprägte Struktur hat.

(4)      Die Liste im Anhang wird auf der Grundlage genauer Informationen bzw. der einschlägigen Akten erstellt, aus denen sich ergibt, dass eine zuständige Behörde – gestützt auf ernsthafte und schlüssige Beweise oder Indizien – gegenüber den betreffenden Personen, Vereinigungen oder Körperschaften einen Beschluss gefasst hat, bei dem es sich um die Aufnahme von Ermittlungen oder um Strafverfolgung wegen einer terroristischen Handlung oder des Versuchs, eine terroristische Handlung zu begehen, daran teilzunehmen oder sie zu erleichtern oder um eine Verurteilung für derartige Handlungen handelt. Personen, Vereinigungen und Körperschaften, die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als mit dem Terrorismus in Verbindung stehend bezeichnet worden sind oder gegen die er Sanktionen angeordnet hat, können in die Liste aufgenommen werden.

Im Sinne dieses Absatzes bezeichnet der Ausdruck ‚zuständige Behörde‘ eine Justizbehörde oder, sofern die Justizbehörden keine Zuständigkeit in dem von diesem Absatz erfassten Bereich haben, eine entsprechende zuständige Behörde in diesem Bereich.

(6)      Die Namen von Personen oder Körperschaften, die in der Liste im Anhang aufgeführt sind, werden mindestens einmal pro Halbjahr einer regelmäßigen Überprüfung unterzogen, um sicherzustellen, dass ihr Verbleib auf der Liste nach wie vor gerechtfertigt ist.“

32      Aus der Rechtsprechung zur Auslegung dieser Bestimmungen des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 ergibt sich, dass das Verfahren, das nach dem Gemeinsamen Standpunkt zum Einfrieren von Geldern führen kann, auf zwei Ebenen stattfindet, nämlich auf nationaler und auf europäischer Ebene (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. März 2017, A u. a., C‑158/14, EU:C:2017:202, Rn. 84, und vom 16. Oktober 2014, LTTE/Rat, T‑208/11 und T‑508/11, EU:T:2014:885, Rn. 203 und 204). Zunächst fasst eine zuständige nationale Behörde einen Beschluss, auf den die Definition in Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 zutrifft, gegenüber dem Betroffenen. Sodann beschließt der Rat auf der Grundlage genauer Informationen bzw. der einschlägigen Akten, aus denen sich ergibt, dass ein solcher Beschluss gefasst wurde, einstimmig, den Betroffenen auf die Liste betreffend das Einfrieren von Geldern zu setzen (Urteile vom 12. Dezember 2006, Organisation des Modjahedines du peuple d’Iran/Rat, T‑228/02, EU:T:2006:384, Rn. 117, und vom 23. Oktober 2008, People’s Mojahedin Organization of Iran/Rat, T‑256/07, EU:T:2008:461, Rn. 131).

33      Da die Union nicht über Mittel verfügt, um selbst Nachforschungen in Bezug auf die Beteiligung einer bestimmten Person an terroristischen Handlungen anzustellen, hat die Aufstellung des Erfordernisses eines vorherigen Beschlusses einer nationalen Behörde nämlich den Zweck, dass festgestellt werden soll, ob es für die Beteiligung der betreffenden Person an terroristischen Aktivitäten ernsthafte und schlüssige Beweise oder Indizien gibt, die von den nationalen Behörden als zuverlässig angesehen werden und sie dazu veranlasst haben, zumindest Ermittlungsmaßnahmen zu ergreifen. So ergibt sich aus dem Verweis auf einen nationalen Beschluss sowie aus der Erwähnung von „genauen Informationen“ und „ernsthaften und schlüssigen Beweisen oder Indizien“ in Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931, dass dieser Gemeinsame Standpunkt zum Ziel hat, die Betroffenen zu schützen, indem sichergestellt wird, dass sie nur gestützt auf eine hinreichend gesicherte tatsächliche Grundlage in die Liste betreffend das Einfrieren von Geldern aufgenommen werden, und dass der Gemeinsame Standpunkt diesem Ziel dadurch dienen soll, dass er einen von einer nationalen Behörde gefassten Beschluss voraussetzt (Urteile vom 15. November 2012, Al-Aqsa/Rat und Niederlande/Al-Aqsa, C‑539/10 P und C‑550/10 P, EU:C:2012:711, Rn. 68 und 69, und vom 26. Juli 2017, Rat/Hamas, C‑79/15 P, EU:C:2017:584, Rn. 24).

34      Aus dieser besonderen Form der Zusammenarbeit zwischen dem Rat und den Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung des Terrorismus, die durch den Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 festgelegt wurde, ergeben sich mehrere Konsequenzen.

35      Erstens ergibt sich daraus, dass nach Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 die erstmalige Aufnahme einer Person oder Organisation in die Liste betreffend das Einfrieren von Geldern das Vorliegen eines nationalen Beschlusses, der von einer zuständigen Behörde stammt, voraussetzt. Eine solche Voraussetzung ist hingegen in Art. 1 Abs. 6 dieses Gemeinsamen Standpunkts, der die Überprüfung der Aufnahme betrifft, nicht vorgesehen.

36      Zweitens folgt daraus, dass die dem Rat obliegende Beweislast dafür, dass das Einfrieren der Gelder einer Person, Vereinigung oder Körperschaft rechtlich gerechtfertigt ist, auf der Ebene des Verfahrens vor den Unionsorganen einen relativ beschränkten Geltungsbereich hat. Die besondere Form der Zusammenarbeit zwischen dem Rat und den Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung des Terrorismus begründet für den Rat nämlich die Verpflichtung, sich so weit wie möglich auf die Beurteilung durch die zuständige nationale Behörde zu verlassen (Urteile vom 23. Oktober 2008, People’s Mojahedin Organization of Iran/Rat, T‑256/07, EU:T:2008:461, Rn. 133 und 134, vom 4. Dezember 2008, People’s Mojahedin Organization of Iran/Rat, T‑284/08, EU:T:2008:550, Rn. 53, und vom 14. Dezember 2018, Hamas/Rat, T‑400/10 RENV, EU:T:2018:966, Rn. 282).

37      Diese Verpflichtung des Rates, sich so weit wie möglich auf die Beurteilung durch die zuständige nationale Behörde zu verlassen, betrifft vor allem die bei der erstmaligen Aufnahme nach Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 berücksichtigten nationalen Verurteilungsbeschlüsse. Insbesondere ist es nicht Sache des Rates, zu prüfen, ob sich der Sachverhalt, der in den nationalen Verurteilungsbeschlüssen festgestellt wurde, auf denen die erstmalige Aufnahme beruhte, tatsächlich so ereignet hat und wem die Handlungen zuzuschreiben sind. Eine solche dem Rat auferlegte Verpflichtung zur Überprüfung des Sachverhalts, der einem nationalen Beschluss zugrunde liegt, auf den sich eine erstmalige Aufnahme in die Listen betreffend das Einfrieren von Geldern gründet, würde unzweifelhaft das diesen Gemeinsamen Standpunkt kennzeichnende zweistufige System unterminieren, da die Gefahr eines Konflikts zwischen der Beurteilung der Richtigkeit dieses Sachverhalts durch den Rat und der Beurteilung und den Feststellungen durch die betreffende nationale Behörde bestünde, was umso unangemessener wäre, als der Rat nicht unbedingt über alle Daten und Beweise verfügt, die sich in der Akte dieser Behörde befinden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 240 bis 242 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Garantie für die Betroffenen, dass ihre Aufnahme in die Liste betreffend das Einfrieren von Geldern auf eine hinreichend gesicherte tatsächliche Grundlage gestützt ist, gerade darauf beruht, dass ein Beschluss einer nationalen Behörde vorliegen muss und dass die Unionsorgane der Würdigung der Beweise und Indizien durch diese nationale Behörde vertrauen (siehe oben, Rn. 33).

38      Was hingegen die Angaben anbelangt, auf die sich der Rat stützt, um im Hinblick auf Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 zu belegen, dass die Gefahr einer Beteiligung an terroristischen Aktivitäten fortbesteht, so ist es unabhängig davon, ob diese Angaben einem innerstaatlichen Beschluss einer zuständigen Behörde oder anderen Quellen entstammen, im Bestreitensfall Sache des Rates, die Stichhaltigkeit der in den Rechtsakten über den Verbleib auf den Listen genannten Tatsachenfeststellungen nachzuweisen, und es obliegt dem Unionsrichter, deren inhaltliche Richtigkeit zu prüfen, was auf die Prüfung hinausläuft, ob die betreffenden Tatsachen zutreffen und als Umstände einzustufen sind, die die Anwendung restriktiver Maßnahmen gegen die betreffende Person rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 52 bis 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Wie der Gerichtshof auch in seinem Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK (C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 60 bis 62 und 78 bis 80 und die dort angeführte Rechtsprechung), ausgeführt hat, besteht für den Rat zudem eine Begründungspflicht, sowohl was Vorfälle betrifft, die in den nach Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 berücksichtigten Beschlüssen festgestellt werden, als auch was Vorfälle betrifft, die in späteren nationalen Beschlüssen festgestellt werden, oder was Vorfälle betrifft, die vom Rat autonom, ohne Bezugnahme auf solche Beschlüsse, berücksichtigt werden.

40      Daraus folgt, dass bei jedem angefochtenen Rechtsakt danach zu unterscheiden ist, ob er auf Beschlüssen der zuständigen nationalen Behörden beruht, mit denen die erstmalige Aufnahme der Klägerin gerechtfertigt wurde, oder ob er sich auf spätere Beschlüsse dieser nationalen Behörden oder auf autonom vom Rat herangezogene Angaben stützt. Eine solche Unterscheidung ist umso notwendiger, als diese beiden Arten von Grundlagen durch unterschiedliche Vorschriften des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 geregelt sind, wobei Erstere unter Art. 1 Abs. 4 und Letztere unter Art. 1 Abs. 6 dieses Gemeinsamen Standpunkts fallen.

41      Im vorliegenden Fall beruhen die Rechtsakte von 2014 zum einen auf einer autonomen Analyse mehrerer in der Begründung aufgeführter Vorfälle durch den Rat und zum anderen auf Beschlüssen der Behörden des Vereinigten Königreichs, der Vereinigten Staaten und der Türkei. Die Rechtsakte von 2015 bis 2017 und die Beschlüsse von 2019 stützen sich hingegen ausschließlich auf Beschlüsse mehrerer nationaler Behörden, nämlich der Behörden des Vereinigten Königreichs, der Vereinigten Staaten und Frankreichs. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass einige der berücksichtigten nationalen Beschlüsse die Grundlage für die erstmalige Aufnahme der Klägerin in die Liste waren, während andere, später erlassene Beschlüsse vom Rat im Rahmen seiner Überprüfung der Aufnahme der Klägerin in die Liste berücksichtigt wurden.

42      Daher sind die sechs ähnlichen Klagegründe, die gegen die angefochtenen Rechtsakte gerichtet sind, im Licht dieser Vorbemerkungen zu prüfen, wobei der spezifische Klagegrund in der Rechtssache T‑316/14 RENV, mit dem ein Verstoß gegen die Art. 4 und 51 der Charta gerügt wird und der sich allein gegen die Rechtsakte von 2014 richtet, zusammen mit dem Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 geprüft wird (siehe unten, Rn. 166 und 175). Nachfolgend wird daher analysiert, ob diese Rechtsakte im Einklang mit Abs. 3 (erster Klagegrund), Abs. 4 (zweiter Klagegrund) und Abs. 6 (dritter Klagegrund) von Art. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 stehen, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird (vierter Klagegrund) – wobei der in Rede stehende Klagegrund nach den in das Sitzungsprotokoll aufgenommenen Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausschließlich auf einen Verstoß gegen diesen Grundsatz gestützt wird und nicht auch auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Subsidiarität –, ob die Begründungspflicht beachtet wurde (fünfter Klagegrund), und schließlich, ob die Verteidigungsrechte der Klägerin und ihr Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz beachtet wurden (sechster Klagegrund). Begonnen wird mit der Prüfung des zweiten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 geltend gemacht wird.

1.      Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931

43      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass in Art. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 zwischen der in seinem Abs. 4 geregelten erstmaligen Aufnahme einer Person oder Organisation in die Liste betreffend das Einfrieren von Geldern und der in seinem Abs. 6 geregelten Belassung einer Person oder Organisation auf der Liste unterschieden wird. Während die erstmalige Aufnahme einer Person oder Organisation in die Liste betreffend das Einfrieren von Geldern das Vorliegen eines nationalen Beschlusses, der von einer zuständigen Behörde stammt, voraussetzt, ist eine solche Voraussetzung für die Belassung des Namens dieser Person oder Organisation auf der Liste nicht vorgesehen, da dies im Wesentlichen eine Verlängerung der erstmaligen Aufnahme darstellt und voraussetzt, dass die vom Rat aufgrund des der erstmaligen Aufnahme zugrunde gelegten innerstaatlichen Beschlusses ursprünglich festgestellte Gefahr einer Beteiligung der betroffenen Person oder Organisation an terroristischen Aktivitäten fortbesteht (Urteile vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 59 bis 61, und vom 26. Juli 2017, Rat/Hamas, C‑79/15 P, EU:C:2017:584, Rn. 37 bis 39).

44      Daraus folgt zum einen, dass der Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 zur Stützung einer Klage gegen einen solchen Beschluss einschlägig ist, wenn sich der Rat bei der Entscheidung über den Verbleib einer Person oder Organisation auf der Liste nach Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 weiterhin auf eine nationale Entscheidung einer zuständigen Behörde stützt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 2018, Hamas/Rat, T‑400/10 RENV, EU:T:2018:966, Rn. 229 und 230), was im Übrigen vom Rat nicht bestritten wird. Hinzuzufügen ist insoweit, dass der Gerichtshof diese Relevanz nicht in Frage gestellt hat, als er im Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK (C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 38), entschieden hat, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen hatte, als es die Beschlüsse über den Verbleib auf den Listen ausschließlich anhand von Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 prüfte. Der Gerichtshof hat sich nämlich zur Prüfung der Begründungspflicht des Rates durch das Gericht geäußert und dabei im Wesentlichen festgestellt, dass die Einhaltung dieser Pflicht anhand der unter Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 fallenden Gesichtspunkte zu prüfen ist, und er hat im Übrigen die Prüfung aller weiteren Klagegründe, u. a. der Klagegründe eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts, an das Gericht zurückverwiesen.

45      Daraus folgt zum anderen, dass dieser Klagegrund im vorliegenden Fall allein in Bezug auf nationale Beschlüsse zu prüfen sein wird, auf denen die erstmalige Aufnahme der Klägerin in die Liste im Jahr 2002 beruht, und zwar

–        die Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs vom 29. März 2001;

–        die Beschlüsse der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Oktober 1997 und vom 31. Oktober 2001.

46      Das Vorbringen zu den französischen Gerichtsentscheidungen, die nach der erstmaligen Aufnahme der Klägerin ergangen sind, sowie das Vorbringen zu den Beschlüssen über die Folgemaßnahmen zu den oben genannten Beschlüssen der Behörden des Vereinigten Königreichs im Jahr 2014 und der Behörden der Vereinigten Staaten in den Jahren 2013 und 2019 sowie den vom Rat eigenständig herangezogenen Gesichtspunkten werden dagegen im Rahmen der Prüfung des Klagegrundes eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 behandelt.

47      Gleiches gilt für das Vorbringen zu den in den Begründungen der Rechtsakte von 2014 angeführten Urteilen der türkischen Staatssicherheitsgerichte. Auch wenn bestimmte Passagen dieser Begründungen verwirrend erscheinen mögen, da sie sich auf Verurteilungen der PKK durch die türkischen Staatssicherheitsgerichte beziehen, von denen einige aus der Zeit vor 2002 stammen, und da im Anschluss an die Aufzählung dieser Verurteilungen formell auf das Vorliegen von Beschlüssen nach Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 geschlossen wird, kann aus der allgemeinen Schlussfolgerung in Bezug auf die Überprüfung der streitigen Aufnahmen in die Listen, in der nur der Fortbestand der Beschlüsse des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten erwähnt wird, abgeleitet werden, dass für die Zwecke der oben genannten Vorschrift des Gemeinsamen Standpunkts nur die letztgenannten Beschlüsse berücksichtigt wurden; dies wird vom Rat in seiner Klagebeantwortung bestätigt und von der Klägerin im Übrigen in der Erwiderung eingeräumt.

a)      Zum Beschluss des Vereinigten Königreichs

48      Die Klägerin bestreitet, dass die Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs vom 29. März 2001 als Beschluss einer zuständigen Behörde im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 eingestuft werden kann; dabei stützt sie sich auf den Begriff „zuständige Behörde“, die für den Nachweis, dass ein solcher Beschluss erlassen wurde, erforderlichen Angaben sowie den Zeitpunkt der in dieser Verfügung festgestellten Vorfälle.

1)      Zur Einstufung des Innenministers des Vereinigten Königreichs als „zuständige Behörde“

49      Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Innenminister des Vereinigten Königreichs nicht als „zuständige Behörde“ im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 eingestuft werden könne. Er sei nämlich keine Justiz‑, sondern eine Verwaltungsbehörde. Seine Verfügungen seien Verwaltungshandlungen und würden nicht am Ende eines mehrstufigen Verfahrens, wie es für strafrechtliche Entscheidungen kennzeichnend sei, erlassen. Zudem seien die in diesen Verfügungen ausgesprochenen Verbote unbegrenzt gültig, da sie nicht regelmäßig überprüft würden. Der Innenminister verfüge im Übrigen über ein weites Ermessen, da die Befugnisse des Parlaments des Vereinigten Königreichs auf eine kollektive Beurteilung der betreffenden Organisationen beschränkt seien, ohne dass es die vom Minister berücksichtigten vertraulichen Informationen kenne.

50      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht wiederholt die Auffassung vertreten hat, dass eine Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs einen Beschluss einer zuständigen Behörde im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 23. Oktober 2008, People’s Mojahedin Organization of Iran/Rat, T‑256/07, EU:T:2008:461, Rn. 144 und 145, vom 16. Oktober 2014, LTTE/Rat, T‑208/11 und T‑508/11, EU:T:2014:885, Rn. 106, vom 14. Dezember 2018, Hamas/Rat, T‑400/10 RENV, EU:T:2018:966, Rn. 258 bis 285, vom 6. März 2019, Hamas/Rat, T‑289/15, EU:T:2019:138, Rn. 71 bis 96, vom 10. April 2019, Gamaa Islamya Égypte/Rat, T‑643/16, EU:T:2019:238, Rn. 108 bis 133, und vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 112).

51      Auch wenn Art. 1 Abs. 4 Unterabs. 2 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 eine Präferenz für Beschlüsse von Justizbehörden vorsieht, ist nämlich nach der Rechtsprechung die Berücksichtigung von Beschlüssen von Verwaltungsbehörden keineswegs ausgeschlossen, wenn diese Behörden zum einen nach nationalem Recht tatsächlich befugt sind, restriktive Beschlüsse in Bezug auf Vereinigungen, die am Terrorismus beteiligt sind, zu erlassen, und zum anderen, obwohl sie nur Verwaltungsbehörden sind, als den Justizbehörden „entsprechend“ angesehen werden können (Urteile vom 16. Oktober 2014, LTTE/Rat, T‑208/11 und T‑508/11, EU:T:2014:885, Rn. 107, vom 14. Dezember 2018, Hamas/Rat, T‑400/10 RENV, EU:T:2018:966, Rn. 259, vom 6. März 2019, Hamas/Rat, T‑289/15, EU:T:2019:138, Rn. 72, vom 10. April 2019, Gamaa Islamya Égypte/Rat, T‑643/16, EU:T:2019:238, Rn. 111, und vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 114).

52      Verwaltungsbehörden können als den Justizbehörden entsprechend angesehen werden, wenn gegen ihre Entscheidungen ein gerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, der sowohl tatsächliche als auch rechtliche Aspekte betrifft (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 23. Oktober 2008, People’s Mojahedin Organization of Iran/Rat, T‑256/07, EU:T:2008:461, Rn. 145, vom 14. Dezember 2018, Hamas/Rat, T‑400/10 RENV, EU:T:2018:966, Rn. 260, vom 6. März 2019, Hamas/Rat, T‑289/15, EU:T:2019:138, Rn. 73, vom 10. April 2019, Gamaa Islamya Égypte/Rat, T‑643/16, EU:T:2019:238, Rn. 112, und vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 115).

53      Folglich hindert der Umstand, dass es im betreffenden Staat Gerichte gibt, die für die Terrorismusbekämpfung zuständig sind, den Rat nicht daran, Beschlüsse der für den Erlass restriktiver Maßnahmen auf dem Gebiet des Terrorismus zuständigen nationalen Verwaltungsbehörde zu berücksichtigen (Urteile vom 16. Oktober 2014, LTTE/Rat, T‑208/11 und T‑508/11, EU:T:2014:885, Rn. 108, vom 14. Dezember 2018, Hamas/Rat, T‑400/10 RENV, EU:T:2018:966, Rn. 261, vom 6. März 2019, Hamas/Rat, T‑289/15, EU:T:2019:138, Rn. 74, vom 10. April 2019, Gamaa Islamya Égypte/Rat, T‑643/16, EU:T:2019:238, Rn. 113, und vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 116).

54      Wie sich aus der Begründung der Rechtsakte von 2015 bis 2017 und der Beschlüsse von 2019 ergibt, kann gegen die Verfügungen des Innenministers des Vereinigten Königreichs ein Rechtsbehelf bei der Proscribed Organisations Appeal Commission (Beschwerdeausschuss für verbotene Organisationen, Vereinigtes Königreich, im Folgenden: POAC) eingelegt werden, die in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht unter Anwendung der für die gerichtliche Kontrolle geltenden Grundsätze entscheidet, und jede Partei kann gegen die Entscheidung der POAC ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel bei einem Rechtsmittelgericht einlegen, wenn dies von der POAC selbst oder ersatzweise vom Rechtsmittelgericht gestattet wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Dezember 2018, Hamas/Rat, T‑400/10 RENV, EU:T:2018:966, Rn. 262, vom 6. März 2019, Hamas/Rat, T‑289/15, EU:T:2019:138, Rn. 75, vom 10. April 2019, Gamaa Islamya Égypte/Rat, T‑643/16, EU:T:2019:238, Rn. 114, und vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 117).

55      Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2001 von einer Verwaltungsbehörde, die einer Justizbehörde entspricht, und mithin von einer zuständigen Behörde im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 erlassen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Dezember 2018, Hamas/Rat, T‑400/10 RENV, EU:T:2018:966, Rn. 263, vom 6. März 2019, Hamas/Rat, T‑289/15, EU:T:2019:138, Rn. 76, vom 10. April 2019, Gamaa Islamya Égypte/Rat, T‑643/16, EU:T:2019:238, Rn. 115, und vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 118).

56      Zudem ist darauf hinzuweisen, dass Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 nach der Rechtsprechung nicht verlangt, dass der Beschluss der zuständigen Behörde im Rahmen eines Strafverfahrens im engeren Sinne ergeht, sofern das fragliche nationale Verfahren in Anbetracht der Ziele, die mit dem Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 verfolgt werden, die Bekämpfung des Terrorismus im weiteren Sinne durch den Erlass präventiver oder repressiver Maßnahmen zum Gegenstand hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Dezember 2018, Hamas/Rat, T‑400/10 RENV, EU:T:2018:966, Rn. 269 bis 271, vom 6. März 2019, Hamas/Rat, T‑289/15, EU:T:2019:138, Rn. 82 bis 84, vom 10. April 2019, Gamaa Islamya Égypte/Rat, T‑643/16, EU:T:2019:238, Rn. 119 bis 121, und vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 119).

57      Im vorliegenden Fall werden mit der Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2001 Verbotsmaßnahmen gegen Organisationen verhängt, die als terroristisch eingestuft werden. Sie ist daher, wie von der Rechtsprechung verlangt, im Rahmen eines nationalen Verfahrens ergangen, das in erster Linie darauf gerichtet ist, zur Bekämpfung des Terrorismus gegen die PKK präventive oder repressive Maßnahmen zu verhängen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Oktober 2014, LTTE/Rat, T‑208/11 und T‑508/11, EU:T:2014:885, Rn. 115, vom 14. Dezember 2018, Hamas/Rat, T‑400/10 RENV, EU:T:2018:966, Rn. 272 und 273, vom 6. März 2019, Hamas/Rat, T‑289/15, EU:T:2019:138, Rn. 84, vom 10. April 2019, Gamaa Islamya Égypte/Rat, T‑643/16, EU:T:2019:238, Rn. 121, und vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 120).

58      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtenen Rechtsakte nicht deshalb für nichtig erklärt werden können, weil sich der Rat in den entsprechenden Begründungen bei der Aufnahme des Namens der Klägerin in die streitigen Listen auf die Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2001 stützte, der eine Verwaltungsbehörde ist und dessen Beschlüsse keinen strafrechtlichen Charakter haben.

59      Diese Schlussfolgerung wird durch das übrige Vorbringen der Klägerin zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes nicht in Frage gestellt.

60      Was erstens das gerügte Fehlen eines für Gerichtsverfahren kennzeichnenden mehrstufigen Verfahrens anbelangt, geht aus dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 nicht hervor, dass der in Rede stehende nationale Beschluss nur dann als Grundlage für eine Aufnahme in die Liste dienen kann, wenn er ein mehrstufiges Verfahren abschließt (Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 124).

61      Davon abgesehen ist das Verfahren, in dem Verbotsverfügungen des Innenministers des Vereinigten Königreichs erlassen werden, mehrstufig. Um ein Verbot aussprechen zu können, muss diese Behörde zunächst sorgfältig die Beweise prüfen, auf die sich die begründete Annahme stützt, dass die Organisation am Terrorismus beteiligt ist. Zu diesen Beweisen gehören Informationen aus öffentlichen Quellen und von Nachrichtendiensten. Zudem ergeht die Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs nach Konsultation der gesamten Regierung sowie der Nachrichtendienste und der Polizeibehörden. Schließlich unterliegt die Verbotsverfügung der Kontrolle und Genehmigung beider Kammern des Parlaments des Vereinigten Königreichs im Rahmen des Ratifizierungsverfahrens (Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 125 bis 128).

62      Zweitens ist hinsichtlich der gerügten unbegrenzten Gültigkeit des mit der Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs verhängten Verbots zum einen darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass die Verfügung nicht jährlich überprüft werden muss, den Rat nicht daran hindert, sich auf sie zu stützen, wenn er die von ihr erfasste Einrichtung in die Listen betreffend das Einfrieren von Geldern aufnimmt, da er im Rahmen seiner Überprüfungspflicht zu klären hat, ob dieser Beschluss, andere Beschlüsse oder spätere Tatsachen die Belassung der Einrichtung auf den Listen rechtfertigen (Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 131).

63      Zum anderen kann eine Organisation oder eine Person, die von einer Verbotsmaßnahme betroffen ist, gemäß Section 4 des UK Terrorism Act 2000 beim Innenminister schriftlich beantragen, die Zweckmäßigkeit einer Löschung von der Liste der verbotenen Organisationen zu prüfen, und der Antragsteller kann, wenn der Minister einen solchen Antrag zurückweist, gemäß Section 5 des UK Terrorism Act 2000 einen Rechtsbehelf bei der POAC einlegen, gegen deren Entscheidungen wiederum ein Rechtsmittel eröffnet ist (Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 132) (siehe oben, Rn. 54).

64      Daraus folgt, dass die Verbotsverfügungen des Innenministers des Vereinigten Königreichs, auch wenn der UK Terrorism Act 2000 keine jährliche Überprüfung vorsieht, keine unbegrenzte Wirkung haben.

65      Drittens ist hinsichtlich des beanstandeten weiten Ermessens des Innenministers des Vereinigten Königreichs beim Verbot terroristischer Organisationen hervorzuheben, dass er die Verbotsverfügungen nicht aufgrund politischer Erwägungen erlässt, sondern in Anwendung der Vorschriften des nationalen Rechts, die terroristische Handlungen definieren (Section 3 des UK Terrorism Act 2000). Entgegen dem Vorbringen der Klägerin zu dieser Vorschrift bezieht sich die darin enthaltene Angabe, dass der Innenminister eine Einrichtung verbietet, wenn er „meint, dass sie an terroristischen Handlungen beteiligt ist“, auf den für die Aufnahme in die Liste erforderlichen Beweisstandard (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2016, Al-Ghabra/Kommission, T‑248/13, EU:T:2016:721, Rn. 112 bis 119); dies macht eine Ermessensentscheidung noch unwahrscheinlicher, da dieses Beweisniveau einen Grad der Überzeugung und somit der Genauigkeit der Begründung voraussetzt, der über bloße Verdachtsmomente hinausgeht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2016, Al-Ghabra/Kommission, T‑248/13, EU:T:2016:721, Rn. 114 und 115).

66      Hinzu kommt, dass das weite Ermessen des Innenministers des Vereinigten Königreichs jedenfalls durch die parlamentarische Kontrolle und Billigung seiner Verfügungsentwürfe eingeschränkt wird. Das Gericht hat speziell zu Verfügungsentwürfen des Innenministers des Vereinigten Königreichs bereits klargestellt, dass alle Mitglieder des Unterhauses, einer der beiden Kammern des Parlaments des Vereinigten Königreichs, die den Verfügungsentwurf ratifizieren müssen, zu jeder Organisation, die in der Liste des genannten Entwurfs aufgeführt ist, eine Zusammenfassung des Sachverhalts erhalten, so dass das Unterhaus individuell prüfen kann, ob sich die dortigen Debatten tatsächlich auf einzelne Organisationen beziehen – dies belegen im Übrigen die im vorliegenden Fall von der Klägerin in der Klageschrift wiedergegebenen Stellungnahmen zur PKK während der Parlamentsdebatte, die zur Ratifizierung der Verfügung von 2001 führte –, und es dem Unterhaus in jedem Fall freisteht, den Verfügungsentwurf nicht anzunehmen (Urteil vom 16. Oktober 2014, LTTE/Rat, T‑208/11 und T‑508/11, EU:T:2014:885, Rn. 122; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 136 und 137).

67      Nach alledem ist das gesamte Vorbringen, mit dem die Einstufung des Innenministers des Vereinigten Königreichs als „zuständige Behörde“ im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 beanstandet wird, zurückzuweisen.

2)      Zu den genauen Informationen bzw. einschlägigen Akten, aus denen sich ergibt, dass ein solcher Beschluss von einer zuständigen Behörde gefasst wurde

68      Die Klägerin wirft dem Rat im Wesentlichen vor, keine genauen Informationen bzw. einschlägigen Akten angegeben zu haben, die zeigten, dass die Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs einen Beschluss einer zuständigen Behörde im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 darstelle. Dieser Vorwurf umfasst nach den Schriftsätzen der Klägerin drei Rügen. Erstens habe der Rat nicht angegeben, weshalb er den Innenminister des Vereinigten Königreichs als „zuständige Behörde“ ansehe. Zweitens enthielten die angefochtenen Rechtsakte keine Beschreibung der Gründe, auf die sich die Verfügung von 2001 stütze. Drittens werde in diesen Rechtsakten auch nicht angegeben, weshalb der Rat davon ausgegangen sei, dass die betreffenden Handlungen unter den Begriff der terroristischen Handlung im Sinne von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 fielen.

69      Zur ersten Rüge ist festzustellen, dass sie eine formale Kritik an der Beachtung der Begründungspflicht darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 329 bis 333) und daher im Rahmen des Klagegrundes eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht geprüft wird (siehe unten, Rn. 221 bis 224).

70      Hinsichtlich der anderen beiden Rügen ist es zweckmäßig, zunächst auf den Inhalt der Passagen in den Begründungen der angefochtenen Rechtsakte hinzuweisen, die der Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2001 gewidmet sind.

71      In den Rechtsakten von 2014 wies der Rat darauf hin, dass der Innenminister des Vereinigten Königreichs die PKK als an terroristischen Handlungen beteiligte Organisation verboten habe, da sie solche Handlungen begangen und an ihnen teilgenommen habe. Daraus schloss er, nachdem er auch andere nationale Entscheidungen angeführt hatte, dass die Beschlüsse von zuständigen Behörden im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 gefasst worden seien (S. 4 der Begründung).

72      In den Rechtsakten von 2015 bis 2017 und in den Beschlüssen von 2019, deren Begründungen in diesem Punkt übereinstimmen, führt der Rat aus, er habe sich auf Entscheidungen gestützt, die er als Beschlüsse einer zuständigen Behörde im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 eingestuft habe, u. a. auf die Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2001. Er habe die Tatsachen geprüft, auf denen diese Entscheidungen beruhten, und festgestellt, dass sie unter die Begriffe „terroristische Handlungen“ und „Vereinigungen und Körperschaften, die an terroristischen Handlungen beteiligt sind“, im Sinne von Art. 1 Abs. 2 und 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 fielen (Rn. 1 bis 6 der Begründung). Zudem führt der Rat in dem diese Verfügung betreffenden Anhang A der Begründung insbesondere aus, die Verfügung sei im Jahr 2001 erlassen worden, weil der damalige Innenminister des Vereinigten Königreichs Gründe für die Annahme gehabt habe, dass die PKK terroristische Handlungen im Sinne von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 begangen und daran teilgenommen habe (Rn. 3, 4 und 16). Die fraglichen terroristischen Handlungen umfassten terroristische Anschläge, die seit 1984 begangen worden seien und der PKK zugerechnet würden, und die PKK habe Anfang der 1990er Jahre eine terroristische Kampagne gegen westliche Interessen und Investitionen geführt, um verstärkten Druck auf die türkische Regierung auszuüben, und dabei u. a. westliche Touristen entführt sowie in den Jahren 1993 und 1994 einen Anschlag auf eine Raffinerie und Attentate auf touristische Einrichtungen verübt, bei denen ausländische Touristen zu Tode gekommen seien. Zwar habe die PKK diese Kampagne zwischen 1995 und 1999 offenbar aufgegeben, in diesem Zeitraum aber weiterhin mit Anschlägen gegen türkische touristische Einrichtungen gedroht. Diese Sachverhalte fielen daher unter die in Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 Ziff. i und ii des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 genannten Ziele und die in Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 Ziff. iii Buchst. a, c, d, f, g und i des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 aufgeführten Gewalttaten (Rn. 16).

73      Sodann ist darauf hinzuweisen, dass sich nach der Rechtsprechung aus den gemäß Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 erforderlichen „genauen Informationen bzw. einschlägigen Akten“ ergeben muss, dass eine zuständige nationale Behörde gegenüber den betreffenden Personen oder Körperschaften einen unter die Definition in dieser Vorschrift fallenden Beschluss gefasst hat, um es ihnen u. a. zu ermöglichen, diesen Beschluss zu identifizieren, ohne dass sich die Informationen aber auf den Inhalt des Beschlusses beziehen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 148 und die dort angeführte Rechtsprechung).

74      Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden kann, dass der Rat in den Rechtsakten von 2014 zur Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2001 „[hinreichend] genaue Informationen“ im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 geliefert hat, indem er das genaue Datum dieser Verfügung, ihren Verfasser und ihre Rechtsgrundlage, den UK Terrorism Act 2000, angeführt hat.

75      Gleiches gilt für die Rechtsakte von 2015 bis 2017 und die Beschlüsse von 2019, die ebenfalls Angaben zum genauen Datum, zum Verfasser und zur Rechtsgrundlage der Verfügung von 2001 enthalten.

76      Daraus folgt, dass das gesamte Vorbringen zurückzuweisen ist, mit dem beanstandet wird, dass der Rat die in Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 festgelegten Anforderungen hinsichtlich „genauer Informationen bzw. der einschlägigen Akten …, aus denen sich ergibt, dass eine zuständige Behörde … einen Beschluss gefasst hat“, nicht beachtet habe.

3)      Zum Zeitpunkt der terroristischen Handlungen, die das Verbot der PKK durch den Innenminister des Vereinigten Königreichs begründeten

77      Die Kritik, dass die Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2001 auf Vorfällen beruhe, die zu weit zurücklägen, um im Rahmen von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 sachgerecht berücksichtigt werden zu können, wird nur in der Rechtssache T‑148/19 vorgebracht.

78      Vorab ist klarzustellen, dass der im vorliegenden Fall zu beurteilende „zeitliche Abstand“ die Zeit zwischen den in der Verfügung von 2001 berücksichtigten Vorfällen und dem Datum der Verfügung betrifft, wie die Klägerin im Übrigen zutreffend geltend macht.

79      Da dieses Argument zur Stützung des Klagegrundes eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 vorgebracht wird, ist hier nur über die Einstufung der Verfügung von 2001 als „Beschluss einer zuständigen Behörde“ im Sinne dieser Vorschrift zu entscheiden, insbesondere in Bezug auf den Zeitpunkt der in der Verfügung berücksichtigten Vorfälle (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2016:723, Nr. 80), wobei der zeitliche Abstand zwischen den in der Verfügung berücksichtigten Vorfällen und ihrem Erlass einerseits und den angefochtenen Beschlüssen über den Verbleib auf der Liste andererseits im Rahmen des Klagegrundes eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 geprüft wird.

80      Zur Beurteilung des betreffenden zeitlichen Abstands kann im vorliegenden Fall festgestellt werden, dass die letzten in der Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2001 berücksichtigten Tatsachen nach der Beschreibung in den Beschlüssen von 2019 in angedrohten Anschlägen auf türkische touristische Einrichtungen im Zeitraum von 1995 bis 1999 bestehen (siehe oben, Rn. 72). Ferner ist darauf hinzuweisen, dass es nicht Sache des Rates ist, zu überprüfen, ob sich der in nationalen Verurteilungsentscheidungen wie der Verfügung von 2001 festgestellte Sachverhalt, auf dem die erstmalige Aufnahme in die Listen beruht, tatsächlich so ereignet hat (siehe oben, Rn. 37). Nach gefestigter Rechtsprechung ist diese Verfügung einer Verurteilungsentscheidung gleichzusetzen, da sie insofern abschließend ist, als sich ihr keine Ermittlungen anschließen müssen, und da sie das Verbot der betreffenden Personen und Körperschaften im Vereinigten Königreich zum Gegenstand hat, was strafrechtliche Konsequenzen für Personen, die jegliche Art von Verbindung zu ihnen unterhalten, nach sich zieht (vgl. Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 155 und 156 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

81      Daraus folgt, dass die betreffenden Drohungen mit Anschlägen im vorliegenden Fall berücksichtigt werden können, obwohl die Klägerin ihre Existenz bestreitet und geltend macht, dass die Begründungen keine Anhaltspunkte oder Argumente zur Glaubhaftmachung dieser Drohungen enthielten. Daraus folgt zudem, dass der zeitliche Abstand zwischen den letzten berücksichtigten Tatsachen (1999) und dem Datum der Verfügung von 2001 etwa zwei Jahre beträgt. Ein solcher zeitlicher Abstand von weniger als fünf Jahren ist nicht als übermäßig lang anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 208 und die dort angeführte Rechtsprechung).

82      Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 wurde somit nicht wegen des Zeitpunkts der in der Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2001, die gemäß dieser Vorschrift berücksichtigt wurde, herangezogenen Vorfälle verletzt.

83      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die gegen die Heranziehung der Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2001 in den angefochtenen Rechtsakten gerichteten Rügen zurückzuweisen sind.

b)      Zu den Beschlüssen in den Vereinigten Staaten

84      Die Klägerin bestreitet, dass die Beschlüsse der Behörden der Vereinigten Staaten von 1997 und 2001 als Beschlüsse einer zuständigen Behörde im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 eingestuft werden können; sie stützt ihre Argumentation auf den Begriff „zuständige Behörde“ und die für den Nachweis, dass solche Beschlüsse erlassen wurden, erforderlichen Angaben.

85      Insoweit ist auf die mittlerweile ständige Rechtsprechung hinzuweisen, wonach sich der in Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 verwendete Begriff „zuständige Behörde“ nicht auf die Behörden der Mitgliedstaaten beschränkt, sondern grundsätzlich auch Behörden von Drittstaaten einschließen kann (Urteile vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 22, vom 14. Dezember 2018, Hamas/Rat, T‑400/10 RENV, EU:T:2018:966, Rn. 244, und vom 6. März 2019, Hamas/Rat, T‑289/15, EU:T:2019:138, Rn. 43).

86      Diese Auslegung findet ihre Rechtfertigung zum einen im Wortlaut von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931, der den Begriff „zuständige Behörden“ nicht auf die Behörden der Mitgliedstaaten beschränkt, und zum anderen im Ziel dieses Gemeinsamen Standpunkts, der zur Umsetzung der Resolution 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen angenommen wurde, mit der die weltweite Bekämpfung des Terrorismus durch die systematische und enge Zusammenarbeit aller Staaten intensiviert werden soll (Urteile vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 23, vom 14. Dezember 2018, Hamas/Rat, T‑400/10 RENV, EU:T:2018:966, Rn. 245, und vom 6. März 2019, Hamas/Rat, T‑289/15, EU:T:2019:138, Rn. 44).

87      Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung muss der Rat jedoch, bevor er sich auf den Beschluss einer Behörde eines Drittstaats stützt, prüfen, ob dieser Beschluss unter Beachtung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz ergangen ist (Urteile vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 24 und 31, und vom 4. September 2019, Hamas/Rat, T‑308/18, EU:T:2019:557, Rn. 58).

88      Daher ist zunächst das Vorbringen zu prüfen, mit dem sich die Klägerin gegen diese vom Rat im vorliegenden Fall vorgenommene Überprüfung wendet. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Notwendigkeit, diese Überprüfung vorzunehmen, insbesondere aus dem Zweck ergibt, der mit dem in Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 festgelegten Erfordernis, die erstmalige Aufnahme einer Person oder Organisation in die Liste betreffend das Einfrieren von Geldern auf einen Beschluss einer zuständigen Behörde zu stützen, verfolgt wird. Dieses Erfordernis dient dem Schutz der betreffenden Personen und Organisationen, indem sichergestellt wird, dass ihre erstmalige Aufnahme in die Liste nur auf einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage erfolgt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. November 2012, Al-Aqsa/Rat und Niederlande/Al-Aqsa, C‑539/10 P und C‑550/10 P, EU:C:2012:711, Rn. 68). Dieses Ziel lässt sich aber nur erreichen, wenn die Beschlüsse von Drittstaaten, auf die der Rat die erstmalige Aufnahme von Personen oder Organisationen in die Liste stützt, unter Wahrung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz erlassen wurden (Urteil vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 26).

89      Im vorliegenden Fall führt der Rat in Anhang C – der in den Rechtsakten von 2015 bis 2017 und in den Beschlüssen von 2019 identisch ist – der Begründungen zu den Benennungen der PKK als FTO und SDGT durch die Behörden der Vereinigten Staaten insbesondere aus, die Benennung als FTO sei am 8. Oktober 1997 erfolgt und die Benennung als SDGT am 31. Oktober 2001 (Rn. 3 und 4).

90      Die Benennungen als FTO würden vom Außenminister der Vereinigten Staaten nach fünf Jahren von Amts wegen überprüft, wenn sie nicht in der Zwischenzeit Gegenstand eines Antrags auf Widerruf gewesen seien. Die betreffende Organisation selbst könne alle zwei Jahre verlangen, dass ihre Benennung widerrufen werde, wobei sie Beweise dafür vorlegen müsse, dass sich die Umstände, auf deren Grundlage sie als FTO benannt worden sei, grundlegend geändert hätten. Der Außenminister der Vereinigten Staaten und der United States Congress (Kongress der Vereinigten Staaten, Vereinigte Staaten von Amerika) könnten eine Benennung als FTO auch von Amts wegen widerrufen. Zudem könne die betreffende Organisation gegen die Benennung als FTO beim Circuit Court of Appeals for the District of Columbia (Bundesberufungsgericht für den District of Columbia, Vereinigte Staaten) Klage erheben. Benennungen als SDGT unterlägen keiner regelmäßigen Überprüfung, könnten jedoch vor den Bundesgerichten angefochten werden (Rn. 8 bis 11 von Anhang C der Begründungen). Die Benennungen der Klägerin als FTO und SDGT seien weder vor den Gerichten der Vereinigten Staaten angefochten worden noch Gegenstand eines laufenden Gerichtsverfahrens (Rn. 11 und 12 von Anhang C der Begründungen). Angesichts der Überprüfungsverfahren und der Beschreibung der zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe würden die Verteidigungsrechte und der Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz durch die geltenden Rechtsvorschriften der Vereinigten Staaten gewährleistet (Rn. 13 von Anhang C der Begründungen).

91      Das Gericht hat jedoch bereits in mehreren Urteilen, in denen es sich zu Begründungen geäußert hat, die mit den Begründungen in den Anhängen der Rechtsakte von 2015 bis 2017 und der Beschlüsse von 2019 identisch sind, entschieden, dass diese nicht ausreichten, um feststellen zu können, dass der Rat im erforderlichen Maß geprüft hat, ob in den Vereinigten Staaten von Amerika der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte beachtet wurde (Urteile vom 6. März 2019, Hamas/Rat, T‑289/15, EU:T:2019:138, Rn. 54 bis 65, vom 10. April 2019, Gamaa Islamya Égypte/Rat, T‑643/16, EU:T:2019:238, Rn. 93 bis 104, und vom 4. September 2019, Hamas/Rat, T‑308/18, EU:T:2019:557, Rn. 65 bis 76). Zudem hat der Gerichtshof im einzigen Rechtsmittelurteil, in dem er sich zu einem Rechtsmittelgrund geäußert hat, mit dem die Analyse des Rückgriffs des Rates auf die amerikanischen Beschlüsse durch das Gericht kritisiert wurde (Urteil vom 4. September 2019, Hamas/Rat, T‑308/18, EU:T:2019:557), entschieden, dass diese Einwände unzulässig sind und dass das angefochtene Urteil in Bezug auf die Analyse des Gerichts rechtskräftig ist (Urteil vom 23. November 2021, Rat/Hamas, C‑833/19 P, EU:C:2021:950, Rn. 36 bis 40 und 82).

92      Der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte gebietet es, dass Personen, die von Entscheidungen betroffen sind, die ihre Interessen spürbar beeinträchtigen, in die Lage versetzt werden, ihren Standpunkt zu den Gesichtspunkten, auf die sich die fraglichen Entscheidungen zu ihren Lasten stützen, in sachdienlicher Weise vorzutragen. Im Fall von Maßnahmen, die darauf abzielen, die Namen von Personen oder Organisationen in eine Liste betreffend das Einfrieren von Geldern aufzunehmen, impliziert dieser Grundsatz, dass die Gründe für die Maßnahmen den betreffenden Personen oder Organisationen gleichzeitig mit ihrem Erlass oder unmittelbar danach mitgeteilt werden (vgl. Urteil vom 4. September 2019, Hamas/Rat, T‑308/18, EU:T:2019:557, Rn. 65 und 66 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

93      Hinsichtlich der dem Beschluss von 2001 zugrunde liegenden Rechtsvorschriften der Vereinigten Staaten über die Benennung als SDGT wird in der vom Rat in den Begründungen gelieferten allgemeinen Beschreibung keinerlei Verpflichtung der Behörden der Vereinigten Staaten festgestellt, den Betroffenen eine Begründung zu übermitteln oder diese Beschlüsse zu veröffentlichen, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte beachtet wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. September 2019, Hamas/Rat, T‑308/18, EU:T:2019:557, Rn. 69 und 70).

94      Die dem Beschluss von 1997 zugrunde liegenden Rechtsvorschriften über die Benennung als FTO sehen zwar eine Veröffentlichung der in Rede stehenden Entscheidungen im Bundesregister vor. Aus den Begründungen geht jedoch nicht hervor, dass neben dem Tenor dieser Entscheidungen eine wie auch immer geartete Begründung veröffentlicht wird – wie im Übrigen die Auszüge aus dem Bundesregister belegen, die als Anlage zur Klagebeantwortung in der Rechtssache T‑316/14 RENV übermittelt worden sind – oder der Klägerin in irgendeiner Weise zur Verfügung gestellt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. September 2019, Hamas/Rat, T‑308/18, EU:T:2019:557, Rn. 71 bis 75). Die in den Begründungen erwähnte „Verwaltungsakte“ des Außenministeriums der Vereinigten Staaten über die PKK von 2013 oder 2019, über die die Behörden der Vereinigten Staaten verfügen sollen, wurde lange nach den Beschlüssen der Vereinigten Staaten von 1997 und 2001 erstellt, und es gibt keinen Hinweis darauf, dass sie Daten zu diesen Beschlüssen und ihren Gründen enthält. Überdies hat der Rat die Voraussetzungen für den Zugang zur Verwaltungsakte nicht dargelegt, sondern sich, und dies im Übrigen nur in seinen Schriftsätzen, auf die Behauptung beschränkt, dass die Klägerin ihr Recht auf Akteneinsicht nicht ausgeübt habe.

95      Eine solche Veröffentlichung des Tenors des Beschlusses von 1997 im Bundesregister und somit die bloße Erwähnung dieser Veröffentlichung in den Begründungen reicht aber nicht aus, um feststellen zu können, dass der Rat im erforderlichen Maß geprüft hat, ob in den Vereinigten Staaten von Amerika der Grundsatz der Verteidigungsrechte gewahrt wurde (Urteil vom 4. September 2019, Hamas/Rat, T‑308/18, EU:T:2019:557, Rn. 76).

96      Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall – wie das Gericht in seinen Urteilen vom 6. März 2019, Hamas/Rat (T‑289/15, EU:T:2019:138, Rn. 65), vom 10. April 2019, Gamaa Islamya Égypte/Rat (T‑643/16, EU:T:2019:238, Rn. 104), und vom 4. September 2019, Hamas/Rat (T‑308/18, EU:T:2019:557, Rn. 76), entschieden hat – davon auszugehen ist, dass die Beschlüsse der Vereinigten Staaten nicht als Beschlüsse zuständiger Behörden im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 die Grundlage für die Rechtsakte von 2015 bis 2017 und die Beschlüsse von 2019 bilden konnten, ohne dass die Frage der Wahrung des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz geprüft zu werden braucht.

97      Die Rechtsakte von 2014 sind erst recht mit diesem Mangel behaftet, da sich der Rat in den entsprechenden Begründungen darauf beschränkt, die gerichtlichen und behördlichen Kontrollen zu erwähnen, denen die in Rede stehenden Entscheidungen unterworfen sein können, ohne eine wie auch immer geartete Verpflichtung der Behörden der Vereinigten Staaten anzusprechen, den Betroffenen eine Begründung zu übermitteln oder die Beschlüsse zu veröffentlichen. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der Rat bei der Erwähnung der Beschlüsse der Vereinigten Staaten in den Rechtsakten von 2014 nicht einmal ihr Datum angibt, woraus sich ergibt, dass auch diese Rechtsakte den Anforderungen von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931, wonach genaue Informationen bereitzustellen sind, die zeigen, dass ein Beschluss von einer zuständigen Behörde erlassen wurde, nicht genügen (siehe oben, Rn. 74 und 75).

98      Nach alledem ist dem Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 gerügt wird, insoweit stattzugeben, als sich die angefochtenen Rechtsakte auf die Beschlüsse der Vereinigten Staaten von 1997 und 2001 stützen, während er zurückzuweisen ist, soweit sie sich auf die Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2001 stützen.

2.      Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931

99      Da dem Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 in Bezug auf die Beschlüsse der Vereinigten Staaten von 1997 und 2001 stattgegeben wird, ist der vorliegende Klagegrund nicht zu prüfen, soweit er sich gegen die Einstufung der in diesen Beschlüssen festgestellten Vorfälle als terroristische Handlungen richtet.

100    Die Klägerin trägt in den Rechtssachen T‑316/14 RENV und T‑148/19 zwei Arten von Argumenten zur Stützung des Klagegrundes eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 vor. Mit einer Reihe von ihnen bestreitet sie allgemein, bei ihren Handlungen im Rahmen eines bewaffneten Konflikts um die Selbstbestimmung ein terroristisches Ziel verfolgt zu haben, und mit anderen stellt sie speziell die in dieser Bestimmung genannten terroristischen Ziele in Abrede, die mit einigen der in den Begründungen aufgeführten Handlungen verfolgt worden sein sollen. Nur in der Rechtssache T‑148/19 macht sie zudem geltend, sie könne nicht als „terroristische Vereinigung“ im Sinne von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 eingestuft werden, da sie keinen organisierten Zusammenschluss bilde, der in Verabredung handle, um terroristische Handlungen zu begehen.

101    Da der Rat in der Rechtssache T‑148/19 sowohl die Zulässigkeit als auch die Erheblichkeit des vorliegenden Klagegrundes bestreitet, ist mit der Prüfung dieser Aspekte zu beginnen, bevor auf seine Begründetheit eingegangen wird.

a)      Zur Zulässigkeit des Klagegrundes

102    Der Rat macht geltend, der vorliegende Klagegrund sei unzulässig, da er durch keinerlei Beweise untermauert werde.

103    Diese Einrede der Unzulässigkeit ist zurückzuweisen.

104    Nach Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs, der gemäß ihrem Art. 53 Abs. 1 und Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, muss die Klageschrift den Streitgegenstand, die geltend gemachten Klagegründe und Argumente sowie eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Nach ständiger Rechtsprechung muss diese Darstellung hinreichend klar und deutlich sein, damit der Beklagte sein Verteidigungsvorbringen vorbereiten und das Gericht über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, entscheiden kann. Im Interesse der Rechtssicherheit und einer ordnungsgemäßen Rechtspflege ist eine Klage nur zulässig, wenn sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sie gestützt wird, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben. Hierzu ist es insbesondere erforderlich, dass der Kläger zur Stützung seines Klagegrundes eine Argumentation vorbringt, die es dem Beklagten sowie dem Unionsrichter ermöglicht, ihn zu verstehen und sich dazu zu äußern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Januar 2018, BSCA/Kommission, T‑818/14, EU:T:2018:33, Rn. 94 bis 96 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

105    Hingegen braucht der Kläger keine Beweise zur Stützung des von ihm geltend gemachten Klagegrundes vorzulegen, da die Frage, ob der Klagegrund durch solche Beweise untermauert wird, im Rahmen der Beurteilung seiner Begründetheit zu behandeln ist und das Fehlen von Beweisen zur Zurückweisung des Klagegrundes als unbegründet führen kann. Die Bezugnahme auf die „tatsächlichen Umstände“, die in der Klageschrift in gedrängter Form angeführt werden müssen, in der oben genannten Rechtsprechung bezieht sich nämlich auf die tatsächlichen Gründe, die es ermöglichen, die Klageschrift verständlich zu machen, unabhängig davon, ob diese tatsächlichen Gründe durch Beweise untermauert werden (siehe oben, Rn. 104).

106    Im vorliegenden Fall hat die Klägerin eine detaillierte Argumentation zur Stützung des ersten Klagegrundes vorgelegt, dem mehr als 60 Randnummern der Klageschrift in der Rechtssache T‑148/19 gewidmet sind; dies bestreitet der Rat nicht, und im Übrigen geht er auf jedes der von der Klägerin zur Stützung ihres Klagegrundes vorgetragenen Argumente detailliert ein. Der Klagegrund ist folglich zulässig.

b)      Zur Erheblichkeit des Klagegrundes

107    Die Klägerin macht geltend, sie bilde keinen organisierten Zusammenschluss, der in Verabredung handle, um terroristische Handlungen zu begehen. Mit „PKK“ würden sowohl eine Partei, die innerhalb eines vielschichtigen „Komplexes“ organisiert sei, als auch der „Komplex“ selbst und die kurdische soziale Bewegung bezeichnet; der Rat habe in den Beschlüssen von 2019 nicht klar zum Ausdruck gebracht, welche dieser Ausprägungen er auf den streitigen Listen belassen wolle. Weder der „Komplex“, der eine Vielzahl von Parteien und sonstigen Formen unabhängig organisierter Gruppierungen bezeichne, noch die kurdische soziale Bewegung, deren Mitglieder die Klägerin weder mittelbar noch unmittelbar kontrolliere, könne als organisierter Zusammenschluss und folglich als terroristische Vereinigung angesehen werden. Wenngleich die PKK als Partei innerhalb des „Komplexes“ hinreichend strukturiert sei, bezwecke sie nicht, terroristische Handlungen zu begehen, und begehe auch keine.

108    Der Rat vertritt die Ansicht, dass diese zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes vorgebrachte Rüge ins Leere gehe, da nach dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 die Einstufung als „terroristische Vereinigung“ und speziell als „Vereinigung“ im Sinne dieser Vorschrift keine Voraussetzung für die Anwendung des Gemeinsamen Standpunkts sei.

109    Aus dem Wortlaut des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 ergibt sich in der Tat, dass die Einstufung als „terroristische Vereinigung“ im Sinne seines Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 2, d. h. als „auf längere Dauer angelegter organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, die in Verabredung handeln, um terroristische Handlungen zu begehen“, keine allgemeine Voraussetzung für die Anwendung des Gemeinsamen Standpunkts darstellt.

110    Nach seinem Art. 1 Abs. 2 gilt der Gemeinsame Standpunkt 2001/931 für natürliche Personen sowie für Vereinigungen und Körperschaften, wobei in den dem Gemeinsamen Standpunkt und den Beschlüssen von 2019 beigefügten Listen, in denen zunächst „natürliche Personen“ und dann „Vereinigungen und Körperschaften“ aufgeführt sind, nicht zwischen Letzteren unterschieden wird. Mit der Definition der „terroristischen Vereinigung“ in Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 2 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 sollen nur zwei spezifische terroristische Ziele präzisiert werden, und zwar das „Anführen einer terroristischen Vereinigung“ (Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. j des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931) und die „Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung“ (Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. k des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931), die nicht seinen gesamten Anwendungsbereich abdecken und die im Übrigen vom Rat in den Beschlüssen von 2019 hinsichtlich der PKK nicht herangezogen wurden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 253).

111    Da die Klägerin im Einklang mit den Vorschriften des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 als „Vereinigung und Körperschaft“ in die streitigen Listen aufgenommen wurde und da sie ihre Einstufung als „Körperschaft“ nicht bestreitet, ist es unerheblich, dass die PKK nach ihren Angaben keine „terroristische Vereinigung“ ist.

112    Der vorliegende Klagegrund ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen, soweit die Einstufung der Klägerin als „terroristische Vereinigung“ gerügt wird.

113    Dagegen ist auf das Vorbringen des Rates, es sei nicht seine Sache, die von der zuständigen nationalen Behörde vorgenommene Einstufung der Tatsachen zu überprüfen, zu antworten, dass den Rat eine solche Pflicht trifft und dass das Vorbringen der Klägerin daher erheblich ist, soweit damit das Ergebnis der Prüfung beanstandet wird, die darin besteht, ob die von den nationalen Behörden herangezogenen Handlungen der Definition der terroristischen Handlung in Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 entsprechen.

114    Wie sich aus dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 4 Unterabs. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 ergibt, in dem u. a. von einer „Verurteilung“ wegen „einer terroristischen Handlung oder des Versuchs, eine terroristische Handlung zu begehen, daran teilzunehmen oder sie zu erleichtern“, die Rede ist, muss der Rat prüfen, ob die von den nationalen Behörden herangezogenen Handlungen tatsächlich terroristischen Handlungen im Sinne der Definition in Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 entsprechen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Oktober 2014, LTTE/Rat, T‑208/11 und T‑508/11, EU:T:2014:885, Rn. 191). Diese Prüfung ist umso notwendiger, als, wie sich aus einigen Rügen der Klägerin ergibt, die Definitionen der terroristischen Handlung von Staat zu Staat variieren und nicht notwendigerweise in allen Punkten der Definition im Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 entsprechen.

115    Wenn die betreffende Körperschaft im Verfahren vor dem Rat nicht substantiiert bestreitet, dass sich der nationale Beschluss auf terroristische Handlungen im Sinne von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 bezieht, ist der Rat allerdings nicht verpflichtet, sich eingehender zu dieser Frage zu äußern, und es genügt der Hinweis in den Begründungen, dass er geprüft habe, ob die Gründe für die Beschlüsse der zuständigen nationalen Behörden unter die Definition des Terrorismus im Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 fielen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 162 und 163 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

116    Ferner ist klarzustellen, dass diese vom Rat nach Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 vorzunehmende Prüfung nur Vorfälle betrifft, die in den Beschlüssen der nationalen Behörden herangezogen werden, auf denen die erstmalige Aufnahme der betreffenden Körperschaft in die Liste beruht. Wie sich aus dem Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat (T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 168 und 276), ergibt, muss der Rat, wenn er den Namen einer Körperschaft im Rahmen seiner gemäß Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 vorgenommenen Überprüfung auf den Listen betreffend das Einfrieren von Geldern belässt, nicht nachweisen, dass die Körperschaft terroristische Handlungen im Sinne von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts begangen hat, sondern, dass weiterhin die Gefahr ihrer Beteiligung an solchen Handlungen besteht, was nicht unbedingt heißt, dass sie diese begehen wird.

117    Der Verbleib der PKK auf der Liste erscheint jedoch umso gerechtfertigter, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sie nach ihrer erstmaligen Aufnahme terroristische Handlungen begangen hat.

118    Nach alledem geht der Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 gerügt wird, ins Leere, soweit er sich auf die Einstufung der Klägerin als „terroristische Vereinigung“ bezieht und die für die Belassung ihres Namens auf den streitigen Listen bei den Überprüfungen durch den Rat gemäß Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 herangezogenen Handlungen betrifft, während er erheblich ist, soweit er sich gegen die Einstufung der in den Beschlüssen der nationalen Behörden, auf denen ihre erstmalige Aufnahme in die Liste beruht, herangezogenen Vorfälle als terroristische Handlungen richtet.

c)      Zur Begründetheit des Klagegrundes

1)      Zur Argumentation, dass die Ziele von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 im Licht des legitimen bewaffneten Konflikts um die Selbstbestimmung des kurdischen Volkes auszulegen seien

119    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin, wenngleich sie ihren ersten Klagegrund in der Rechtssache T‑316/14 RENV, mit dem ein Verstoß gegen das Kriegsvölkerrecht geltend gemacht worden ist, zurückgenommen hat (siehe oben, Rn. 28), ihr Vorbringen aufrechterhält, dass es erforderlich sei, das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts bei der Auslegung und Anwendung von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 zu berücksichtigen.

120    Die Klägerin bestreitet somit, dass die ihr vom Rat angelasteten Handlungen in terroristischer Absicht begangen wurden, indem sie sich auf den bewaffneten Konflikt mit der Republik Türkei beruft. Sie trägt vor, es sei von grundlegender Bedeutung, den Kontext der angefochtenen Rechtsakte zu berücksichtigen, und zwar den legitimen bewaffneten Konflikt um die Selbstbestimmung des kurdischen Volkes, in dem sich die PKK und die türkischen Behörden gegenüberstünden, da die Anwendung von Gewalt in Zeiten eines bewaffneten Konflikts völkerrechtlich grundsätzlich zulässig sei. Im Einklang mit Art. 3 Abs. 5 und Art. 21 EUV sei Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 im Licht des Völkerrechts über die Selbstbestimmung, des humanitären Völkerrechts oder der Grundwerte der Demokratie und des Rechtsstaats auszulegen.

121    Die Klägerin bestreitet damit, dass mit den ihr zugeschriebenen Handlungen terroristische Ziele verfolgt wurden, und hebt die notwendige Unterscheidung zwischen der Vornahme einer Handlung und ihrer Vornahme mit einem terroristischen Ziel hervor. Insbesondere strebe sie weder die Destabilisierung noch die Zerstörung des türkischen Staates an, sondern wolle ihn lediglich verbessern und mit den in der Union anerkannten demokratischen Grundsätzen, einschließlich des Grundrechts auf Selbstbestimmung, in Einklang bringen. Im Übrigen wolle sie die türkische Regierung zwingen, eine Besserstellung der Kurden zu akzeptieren, so dass ihre Bemühungen nicht als unberechtigt angesehen werden könnten. Schließlich habe sich keine der ihr zugeschriebenen Handlungen gegen die Zivilbevölkerung gerichtet, sondern nur gegen legitime militärische Ziele, auch wenn es bisweilen zivile Opfer gegeben habe.

122    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung sowohl des Gerichtshofs als auch des Gerichts das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts im Sinne des humanitären Völkerrechts nicht ausschließt, dass unionsrechtliche Vorschriften über die Terrorismusprävention wie der Gemeinsame Standpunkt 2001/931 auf etwaige in diesem Rahmen begangene terroristische Handlungen angewandt werden können (Urteil vom 14. März 2017, A u. a., C‑158/14, EU:C:2017:202, Rn. 97 und 98; vgl. auch Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 294 und die dort angeführte Rechtsprechung).

123    Zum einen wird im Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 in Bezug auf seinen Geltungsbereich nämlich nicht danach unterschieden, ob die fragliche Handlung im Rahmen eines bewaffneten Konflikts im Sinne des humanitären Völkerrechts begangen wurde oder nicht. Zum anderen besteht das Ziel der Union und ihrer Mitgliedstaaten darin, den Terrorismus in all seinen Formen im Einklang mit den Zielen des geltenden Völkerrechts zu bekämpfen (Urteil vom 16. Oktober 2014, LTTE/Rat, T‑208/11 und T‑508/11, EU:T:2014:885, Rn. 58).

124    Die Klägerin bestreitet im Übrigen nicht, dass der Gemeinsame Standpunkt 2001/931 im Fall eines bewaffneten Konflikts anwendbar ist, sondern vertritt im Wesentlichen die Ansicht, dass seine Vorschriften unter Berücksichtigung des legitimen Charakters des bewaffneten Konflikts mit den türkischen Behörden um die Selbstbestimmung des kurdischen Volkes auszulegen seien.

125    Der Klägerin ist beizupflichten, dass der gewohnheitsrechtliche Grundsatz der Selbstbestimmung, auf den u. a. in Art. 1 der am 26. Juni 1945 in San Francisco unterzeichneten Charta der Vereinten Nationen hingewiesen wird, ein Grundsatz des Völkerrechts ist, der für alle Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung und für alle Völker, die noch nicht die Unabhängigkeit erlangt haben, gilt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario, C‑104/16 P, EU:C:2016:973, Rn. 88, und vom 4. September 2019, Hamas/Rat, T‑308/18, EU:T:2019:557, Rn. 217).

126    Ohne zu seiner Anwendung in der vorliegenden Rechtssache oder zur Rechtmäßigkeit des Rückgriffs auf Waffengewalt für die Erlangung von Selbstbestimmung Stellung zu nehmen, ist festzustellen, dass dieser Grundsatz nicht bedeutet, dass ein Volk oder die Einwohner eines Gebiets für die Ausübung des Rechts auf Selbstbestimmung auf Mittel zurückgreifen dürfen, die unter Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 fallen (Urteile vom 4. September 2019, Hamas/Rat, T‑308/18, EU:T:2019:557, Rn. 218, und vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 299).

127    Das Gericht hat nämlich bereits entschieden, dass eine Ausnahme vom Verbot terroristischer Handlungen in bewaffneten Konflikten zugunsten von Befreiungsbewegungen, die sich in einem bewaffneten Konflikt mit einer „unterdrückerischen Regierung“ befinden, weder im Unionsrecht noch im Völkerrecht eine Grundlage findet. Die Regeln des Völkerrechts, insbesondere die Resolution 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 28. September 2001, das Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten, die Zusatzprotokolle I und II zu den Genfer Abkommen vom 8. Juni 1977 über den Schutz der Opfer internationaler und nicht internationaler bewaffneter Konflikte sowie das am 9. Dezember 1999 in New York unterzeichnete Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus verurteilen terroristische Handlungen, ohne danach zu unterscheiden, wer die Handlung begeht und welche Ziele er verfolgt (Urteil vom 16. Oktober 2014, LTTE/Rat, T‑208/11 und T‑508/11, EU:T:2014:885, Rn. 68).

128    Überdies ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im vorliegenden Fall nur eine einzige – unionsrechtliche – Vorschrift erwähnt, auf die sie speziell ihre Behauptung stützt, dass es eine Ausnahme vom Verbot terroristischer Handlungen in bewaffneten Konflikten um Selbstbestimmung gebe, und zwar den Rahmenbeschluss 2002/475/JI des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung (ABl. 2002, L 164, S. 3), insbesondere dessen elften Erwägungsgrund; danach gilt er „nicht für die Aktivitäten der Streitkräfte bei bewaffneten Konflikten im Sinne des humanitären Völkerrechts, die diesem Recht unterliegen, und die Aktivitäten der Streitkräfte eines Staates in Wahrnehmung ihres offiziellen Auftrags, soweit sie anderen Regeln des Völkerrechts unterliegen“. Außerdem trägt die Klägerin vor, dass dem Rahmenbeschluss 2002/475 eine Erklärung des Rates beigefügt worden sei, wonach bewaffneter Widerstand, wie er von verschiedenen europäischen Widerstandsbewegungen im Zweiten Weltkrieg geleistet worden sei, ausdrücklich vom Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses ausgenommen sei.

129    Der Gemeinsame Standpunkt 2001/931 enthält jedoch ebenso wie die Resolution 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, die mit ihm auf Unionsebene umgesetzt wird, nichts, was mit dem elften Erwägungsgrund des Rahmenbeschlusses 2002/475 vergleichbar wäre, und das Fehlen eines solchen Erwägungsgrundes in diesem Gemeinsamen Standpunkt ist gerade dahin auszulegen, dass es den Willen des Rates zum Ausdruck bringt, keine Ausnahme von der Anwendung der Vorschriften des Gemeinsamen Standpunkts zuzulassen, wenn es darum geht, den Terrorismus dadurch zu verhindern, dass seine Finanzierung unterbunden wird (Urteil vom 16. Oktober 2014, LTTE/Rat, T‑208/11 und T‑508/11, EU:T:2014:885, Rn. 74 bis 76).

130    Daraus folgt, dass der Verweis der Klägerin auf den Rahmenbeschluss 2002/475 und eine ihm beigefügte Erklärung des Rates irrelevant ist.

131    Zudem ist zwischen den Zielen, die ein Volk oder die Einwohner eines Gebiets erreichen wollen, und den Handlungen zu ihrer Erreichung zu unterscheiden. Solchen Zielen, die als nachdrücklich oder grundlegend bezeichnet werden können, entsprechen die in Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 Ziff. i bis iii des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 genannten „Ziele“ nicht. Wie sich aus den verwendeten Begriffen (Einschüchterung, Zwang, Destabilisierung oder Zerstörung) ergibt, beziehen sie sich auf das Wesen der durchgeführten Handlungen, was zu der Annahme führt, dass Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 nur auf „Handlungen“ Bezug nimmt und nicht auf „Ziele“ (vgl. Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 300 und die dort angeführte Rechtsprechung).

132    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist somit das mit Anschlägen auf Grundstrukturen des türkischen Staates verfolgte Ziel (Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 Ziff. iii des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931), das darin bestehen soll, diese Strukturen zu verändern, um sie demokratischer zu machen – sein Vorliegen unterstellt –, nicht zu berücksichtigen. Ebenso ist der Ausdruck „unberechtigterweise“ (Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 Ziff. ii des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931) so zu verstehen, dass er die Rechtswidrigkeit des ausgeübten Zwangs, insbesondere durch die eingesetzten Zwangsmittel, betrifft und nicht im Licht des angeblich legitimen Charakters des mit der Ausübung dieses Zwangs verfolgten Ziels zu beurteilen ist. Was schließlich die Einschüchterung der Bevölkerung (Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 Ziff. i des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931) betrifft, zu der die Klägerin geltend macht, im bewaffneten Konflikt um die Selbstbestimmung des kurdischen Volkes würden von ihr nur militärische Ziele angegriffen, ist festzustellen, dass dieses Argument in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend ist, da mehrere in den Begründungen genannte Handlungen, insbesondere die Anschläge auf touristische Einrichtungen, in erster Linie und nicht bloß kollateral auf die Zivilbevölkerung abzielten (siehe unten, insbesondere Rn. 142 und 143).

133    Schließlich ist hervorzuheben, dass aus dem Vorstehenden nicht abgeleitet werden kann, dass das Instrument der Terrorismusbekämpfung in Form des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 und allgemeiner das gesamte System restriktiver Maßnahmen der Union ein Hindernis für die Ausübung des Rechts auf Selbstbestimmung der Bevölkerungen in repressiven Staaten wäre. Der Gemeinsame Standpunkt 2001/931 und seine Umsetzung durch den Rat sind auf die Bekämpfung des Terrorismus gerichtet und dienen nicht zur Klärung der Frage, wer in einem Konflikt zwischen einem Staat und einer Vereinigung recht oder unrecht hat (Urteil vom 16. Oktober 2014, LTTE/Rat, T‑208/11 und T‑508/11, EU:T:2014:885, Rn. 71). In einem solchen Fall ist es Sache des Rates, unter Ausübung des weiten Ermessens, das die Unionsorgane bei der Wahrnehmung der Außenbeziehungen der Union haben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Oktober 1982, Faust/Kommission, 52/81, EU:C:1982:369, Rn. 27, und vom 16. Juni 1998, Racke, C‑162/96, EU:C:1998:293, Rn. 52, sowie Beschluss vom 6. September 2011, Mugraby/Rat und Kommission, T‑292/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:418, Rn. 60), darüber zu entscheiden, gegen welche mit dem betreffenden Staat oder dem Volk, das sein Recht auf Selbstbestimmung ausüben möchte, verbundenen natürlichen und juristischen Personen restriktive Maßnahmen zu erlassen sind.

134    Folglich ist die Argumentation der Klägerin hinsichtlich der Berücksichtigung des legitimen bewaffneten Konflikts um die Selbstbestimmung des kurdischen Volkes bei der Auslegung der in Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 genannten Ziele zurückzuweisen.

135    Daraus folgt, dass auch alle Argumente der Klägerin zurückzuweisen sind, mit denen sie bei einigen der ihr zur Last gelegten Handlungen die Verfolgung terroristischer Ziele bestreitet, weil sie als Vergeltung gegen die türkische Armee begangen worden seien.

2)      Zur Bestreitung des terroristischen Charakters der Ziele, die mit einigen der Klägerin zugeschriebenen Handlungen verfolgt werden

136    Zunächst ist die Rüge zurückzuweisen, mit der im Wesentlichen ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen gerügt wird, der sich daraus ergeben soll, dass der Rat die angefochtenen Rechtsakte nicht auf Vorfälle vor Inkrafttreten des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 stützen könne. Angesichts des rein vorsorglichen Charakters des im Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 vorgesehenen Einfrierens von Geldern, das daher keine straf- oder verwaltungsrechtliche Sanktion darstellt (vgl. Urteil vom 7. Dezember 2010, Fahas/Rat, T‑49/07, EU:T:2010:499, Rn. 67 und 68 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), ist dieser allgemeine, in Art. 49 Abs. 1 Satz 1 der Charta verankerte Grundsatz des Unionsrechts, wonach „[n]iemand … wegen einer Handlung … verurteilt werden [darf], die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war“, im vorliegenden Fall nicht anwendbar (vgl. entsprechend Urteil vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat, T‑256/11, EU:T:2014:93, Rn. 70 bis 81).

137    Überdies ist die Rüge, dass einige der von den Behörden des Vereinigten Königreichs festgestellten Handlungen der Definition von Straftaten im Sinne der Rechtsvorschriften dieses Staates nicht entsprächen, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Aus der besonderen Form der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und dem Rat im Bereich der Bekämpfung des Terrorismus und der sich daraus ergebenden Verpflichtung des Rates, seinen Beschluss so weit wie möglich auf die Beurteilung der zuständigen nationalen Behörde zu stützen, ergibt sich, dass er dies auch bei der Einstufung des festgestellten Sachverhalts anhand der Vorschriften des nationalen Rechts tun muss. Auch wenn Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 verlangt, dass die Handlung „im innerstaatlichen Recht als Straftat definiert ist“, fällt diese Einstufung in den rein nationalen Bereich und ist als solche, wenn sie vorgenommen wird, von der Umsetzung des Gemeinsamen Standpunkts unabhängig.

138    Soweit bei einigen der PKK zugeschriebenen Handlungen in Abrede gestellt wird, dass sie den in Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 festgelegten Kriterien für die Definition des Begriffs der terroristischen Handlung entsprechen, ist vorab darauf hinzuweisen, dass sich entgegen dem Vorbringen der Klägerin gerade aus den zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes vorgetragenen und nachfolgend geprüften Kritikpunkten ergibt, dass die Klägerin in Bezug auf Vorfälle, deren Einstufung als terroristische Handlungen sie beanstandet, über hinreichende Daten verfügte, um dazu Argumente vorzutragen. Zudem kann aus der Feststellung des Gerichtshofs im Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK (C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 62 und 80), abgeleitet werden, dass die Darstellung der Vorfälle, auf denen die Rechtsakte von 2014 beruhen, ebenso wie die Darstellung in den Rechtsakten von 2015 bis 2017, die in den Beschlüssen von 2019 unverändert übernommen wurde, mit Ausnahme eines Vorfalls im August 2014 hinreichend begründet war, um der Klägerin genügend Daten für Argumente zur Stützung ihrer Anfechtung der Einstufung der betreffenden Vorfälle als terroristische Handlungen zu verschaffen.

139    Sodann kann davon ausgegangen werden, dass diese Beanstandungen ganz unabhängig davon, dass die Klägerin den terroristischen Charakter der von ihr verfolgten Ziele nur bei einigen der vom Rat festgestellten Handlungen bestreitet, die Beurteilungen des Rates nicht in Frage stellen können.

140    Hervorzuheben ist nämlich, dass jede der in Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. a bis k des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 genannten Arten von Handlungen terroristischen Charakter haben kann. Damit eine Handlung als terroristische Handlung eingestuft werden kann, müssen nicht alle elf Tatbestände erfüllt sein, die in dieser Vorschrift genannt sind.

141    Folglich ist es unerheblich, dass, wie die Klägerin geltend macht, bestimmte ihr zugeschriebene Handlungen nicht zu Todesfällen geführt haben (Buchst. a), dass dabei keine Schusswaffen verwendet wurden (Buchst. f), dass sie keine weitreichenden Zerstörungen verursacht haben (Buchst. d) oder dass es dabei zu keinen Entführungen kam (Buchst. c), da zum einen unstreitig ist, dass mit diesen Handlungen andere der in Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. a bis k des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 genannten terroristischen Zwecke verfolgt wurden, und da zum anderen weitere festgestellte Handlungen einen dieser Tatbestände erfüllen.

142    Was insbesondere die von den Behörden des Vereinigten Königreichs im Jahr 2001 festgestellten Handlungen betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der Rat sie in den Begründungen der Rechtsakte von 2015 bis 2017 und in den Beschlüssen von 2019 wie folgt erwähnt hat (Rn. 16 von Anhang A der Begründungen):

–        Entführung westlicher Touristen, darunter mehrere Bürger des Vereinigten Königreichs, Anfang der 1990er Jahre;

–        Anschlag auf eine Raffinerie in den Jahren 1993‑1994;

–        zwischen 1993 und 1994 eine Kampagne von Anschlägen auf touristische Einrichtungen, die zum Tod ausländischer Touristen führte, darunter Staatsbürger des Vereinigten Königreichs;

–        zwischen 1995 und 1999 Androhung von Anschlägen auf türkische touristische Einrichtungen.

143    Selbst wenn man davon ausgeht, dass es, wie die Klägerin geltend macht, nicht erwiesen ist, dass der Anschlag auf die Raffinerie in den Jahren 1993‑1994 im Sinne von Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. d des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 Menschenleben gefährdet hat, ändert dies somit nichts daran, dass weder die in dieser Vorschrift genannten weitreichenden Zerstörungen bestritten werden noch die unausweichliche Folge dieser Zerstörungen in Form erheblicher wirtschaftlicher Verluste, die neben der Gefährdung von Menschenleben als eine der beiden möglichen alternativen Folgen der genannten Zerstörungen angeführt werden. Selbst wenn der Klägerin, wie sie geltend macht, der Anschlag auf die Raffinerie nicht zugeschrieben werden könnte, kann desgleichen angemerkt werden, dass von den Behörden des Vereinigten Königreichs im Jahr 2001 andere Handlungen festgestellt wurden (siehe oben, Rn. 142), bei denen die Klägerin weder ihre Beteiligung noch die damit verfolgten terroristischen Ziele, darunter Anschläge auf das Leben von Menschen, bestreitet. Schließlich kann die Klägerin nicht mit Erfolg in Abrede stellen, dass die Androhung von Anschlägen auf türkische touristische Einrichtungen zwischen 1995 und 1999 der Definition terroristischer Handlungen in Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 entspricht, der in Buchst. i ausdrücklich auf die „Drohung mit der Begehung … der unter den Buchstaben a) bis h) genannten Straftaten“, wie beispielsweise mit Anschlägen auf das Leben von Menschen oder Zerstörungen, Bezug nimmt.

144    Zudem ist das Vorbringen der Klägerin zu verwerfen, mit dem sie die Einstufung der in Rede stehenden Handlungen als terroristische Handlungen mit der Begründung bestreitet, dass die Definition der terroristischen Handlung in den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs von der Definition in Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 abweiche. Das in Rede stehende nationale Recht, der UK Terrorism Act 2000, enthält die gleiche zweistufige Definition von terroristischen Handlungen wie der Gemeinsame Standpunkt und definiert diese Handlungen sowohl anhand der mit ihnen verfolgten „Ziele“ als auch anhand der dazu eingesetzten Mittel, wobei diese „Ziele“ und Mittel größtenteils übereinstimmen. Es fällt daher nicht ins Gewicht, dass das Kriterium der Schwere in den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs mit den Mitteln (beispielsweise schwere Gewalt, schwerer Schaden) und im Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 mit den „Zielen“ (beispielsweise der Einschüchterung der Bevölkerung auf schwerwiegende Weise, der ernsthaften Destabilisierung oder der Zerstörung) verknüpft ist.

145    In Bezug auf die von den Behörden des Vereinigten Königreichs im Jahr 2014 festgestellten Handlungen kann hinzugefügt werden (siehe oben, Rn. 116 und 117), dass der Rat die mit ihnen verfolgten terroristischen Ziele nicht im Einzelnen aufgeführt hat; alle diese Ziele (im vorliegenden Fall die in den Buchst. a, c, d und f bis i von Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 genannten) werden nur in einer allgemeinen Schlussfolgerung aufgezählt, und zwar sowohl für die 2001 festgestellten Handlungen als auch für die 2014 festgestellten Handlungen, die in den Begründungen genannt sind (Rn. 19 von Anhang A). Für die Einstufung als terroristische Handlungen im Sinne von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 sind daher die Argumente unerheblich, mit denen dem Rat vorgeworfen wird, nach seinen Angaben seien die im Jahr 2014 festgestellten Handlungen Anschläge auf das Leben von Personen gewesen (Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. a des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931), mit der Verwendung von Schusswaffen (Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. f des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931) verbunden gewesen oder hätten weitreichende Zerstörungen (Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. d des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931) verursacht, was nur drei der sieben festgestellten Ziele entspreche, wobei überdies in der Entscheidung der Behörden des Vereinigten Königreichs von 2001 rechtsgültig festgestellt wurde, dass die darin aufgeführten Handlungen terroristische Ziele verfolgten (siehe oben, Rn. 143).

146    Folglich ist der Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 zurückzuweisen.

3.      Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931

147    Im Rahmen einer Überprüfung nach Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 darf der Rat den Namen der betreffenden Person oder Körperschaft auf der Liste betreffend das Einfrieren von Geldern belassen, wenn er zu dem Ergebnis gelangt, dass die Gefahr ihrer Beteiligung an terroristischen Aktivitäten, die ihre erstmalige Aufnahme in die Liste gerechtfertigt hatte, fortbesteht, so dass der Verbleib auf der Liste der Sache nach eine Verlängerung der erstmaligen Aufnahme der betreffenden Person oder Körperschaft in die Liste darstellt. Zu diesem Zweck hat der Rat zu prüfen, ob sich seit der erstmaligen Aufnahme die Sachlage in einer Weise geändert hat, dass aus ihr in Bezug auf die Beteiligung der betreffenden Person oder Körperschaft an terroristischen Aktivitäten nicht mehr dieselbe Schlussfolgerung gezogen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 46 und 51 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, vom 20. Juni 2019, K. P., C‑458/15, EU:C:2019:522, Rn. 43, und vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 49).

148    Im Rahmen der Prüfung der Frage, ob die Gefahr einer Beteiligung der betreffenden Person oder Körperschaft an terroristischen Aktivitäten fortbesteht, ist gebührend zu berücksichtigen, was mit dem nationalen Beschluss, der ihrer erstmaligen Aufnahme in die Listen betreffend das Einfrieren von Geldern zugrunde lag, anschließend geschehen ist, insbesondere ob er wegen neuer Tatsachen oder einer geänderten Bewertung durch die zuständige nationale Behörde aufgehoben oder zurückgenommen wurde (Urteile vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 52, und vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 50).

149    Außerdem kann es sein, dass die bloße Tatsache, dass der nationale Beschluss, der als Grundlage für die erstmalige Aufnahme in die Liste diente, weiter in Kraft ist, in Anbetracht der verstrichenen Zeit und aufgrund der veränderten Umstände des konkreten Falles nicht ausreicht, um auf das Fortbestehen der Gefahr einer Beteiligung der betreffenden Person oder Körperschaft an terroristischen Aktivitäten zu schließen. In einer solchen Situation, insbesondere wenn der der erstmaligen Aufnahme zugrunde gelegte nationale Beschluss nicht Gegenstand einer Überprüfung durch die zuständige Behörde war, ist der Rat verpflichtet, die Belassung des Namens dieser Person oder Körperschaft auf der Liste betreffend das Einfrieren von Geldern auf eine aktualisierte Lagebeurteilung zu stützen und neuere Tatsachen zu berücksichtigen, die das Fortbestehen der Gefahr belegen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 52, 62 und 72, vom 26. Juli 2017, Rat/Hamas, C‑79/15 P, EU:C:2017:584, Rn. 40 und 50, vom 20. Juni 2019, K. P., C‑458/15, EU:C:2019:522, Rn. 52, 60 und 61, und vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 51).

150    Die Voraussetzungen, die diese Aktualisierungspflicht auslösen – die verstrichene Zeit und die veränderten Umstände des konkreten Falles – sind alternativer Natur, trotz der Verwendung des Bindeworts „und“ in der oben in Rn. 149 angeführten Rechtsprechung. Der Unionsrichter durfte somit die Aktualisierungspflicht des Rates aufgrund der verstrichenen Zeit bejahen, ohne notwendigerweise auch auf eine Änderung der Umstände während dieses Zeitraums einzugehen (Urteil vom 26. Juli 2017, Rat/Hamas, C‑79/15 P, EU:C:2017:584, Rn. 32 und 33), wobei er bisweilen sogar ausgeführt hat, dass die fragliche Zeitspanne „für sich genommen“ einen Umstand darstellt, der die Aktualisierung rechtfertigt (Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 176). Das bloße Verstreichen einer erheblichen Zeitspanne kann ausreichen, um eine Aktualisierung der Beurteilung des Rates zu rechtfertigen, da es darum geht, das Fortbestehen einer Gefahr und somit ihre zeitliche Entwicklung zu beurteilen. Ebenso kann ein Ereignis, das eine erhebliche Änderung der Umstände darstellt, schwerlich außer Acht gelassen werden, auch wenn es nur wenige Monate nach Erlass des Rechtsakts eingetreten ist, der die Belassung auf der Liste vorsieht.

151    Wenn dies wegen der verstrichenen Zeit oder der veränderten Umstände des konkreten Falles gerechtfertigt ist, kann sich der Rat bei der erforderlichen Aktualisierung seiner Beurteilung auf Informationen aus jüngerer Zeit stützen, die nicht nur den nationalen Beschlüssen zuständiger Behörden, sondern auch anderen Quellen und somit auch seiner eigenen Beurteilung entstammen können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 52, 62 und 72, vom 26. Juli 2017, Rat/Hamas, C‑79/15 P, EU:C:2017:584, Rn. 40 und 50, vom 20. Juni 2019, K. P., C‑458/15, EU:C:2019:522, Rn. 52, 60 und 61, und vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 51).

152    Insoweit ist dem von der Klägerin in der Rechtssache T‑316/14 RENV vorgetragenen Argument, die nationalen Behörden seien verpflichtet, eine Überprüfung durchzuführen, und der Rat müsse sich auf diese Überprüfungen stützen, entgegenzuhalten, dass gerade deshalb, weil das mit dem Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 geschaffene System restriktiver Maßnahmen keinen Mechanismus vorsieht, aufgrund dessen dem Rat bei Bedarf innerstaatliche Beschlüsse zur Verfügung stehen, die nach der erstmaligen Aufnahme in die Liste erlassen wurden, damit er die ihm nach Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts obliegenden Überprüfungen vornehmen kann, nicht davon ausgegangen werden kann, dass dieses System vom Rat verlangt, die Überprüfungen ausschließlich auf der Grundlage solcher innerstaatlicher Beschlüsse durchzuführen, da andernfalls die dem Rat hierfür zur Verfügung stehenden Mittel ungebührlich beschränkt würden (Urteile vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 63 und 64, und vom 26. Juli 2017, Rat/Hamas, C‑79/15 P, EU:C:2017:584, Rn. 45).

153    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter in Bezug auf neuere Gesichtspunkte, die bei der aktualisierten Beurteilung der Situation zutage treten – unabhängig davon, ob sie aus nationalen Beschlüssen oder anderen Quellen hergeleitet werden –, zum einen prüfen muss, ob die in Art. 296 AEUV vorgesehene Begründungspflicht eingehalten wurde und ob mithin die angeführten Gründe hinreichend präzise und konkret sind. Zum anderen hat er zu prüfen, ob diese Gründe belegt sind, was voraussetzt, dass er sich, wenn er ihre materielle Rechtmäßigkeit prüft, vergewissert, dass die Rechtsakte auf einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage beruhen, und die Tatsachen überprüft, die in der Begründung für den Verbleib auf den Listen betreffend das Einfrieren von Geldern angeführt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 118 und 119, vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 70, und vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 52).

154    Für die Zwecke dieser gerichtlichen Kontrolle kann die betreffende Person oder Körperschaft im Rahmen der Klage gegen den Verbleib ihres Namens auf der streitigen Liste betreffend das Einfrieren von Geldern sämtliche Angaben bestreiten, auf die sich der Rat zum Beleg dafür stützt, dass die Gefahr ihrer Beteiligung an terroristischen Aktivitäten fortbesteht, ohne dass es darauf ankäme, ob diese Angaben einem innerstaatlichen Beschluss einer zuständigen Behörde oder anderen Quellen entstammen. Im Bestreitensfall obliegt es dem Rat, die Stichhaltigkeit der festgestellten Tatsachen nachzuweisen, und dem Unionsrichter, ihre inhaltliche Richtigkeit zu prüfen (vgl. Urteil vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 53). Insoweit ist hervorzuheben, dass angesichts des mit dem Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 geschaffenen Systems der speziellen Zusammenarbeit zwischen dem Rat und den Mitgliedstaaten und der sich daraus ergebenden Verpflichtung des Rates, sich so weit wie möglich auf die Beurteilung der nationalen Behörden zu verlassen, den Beschlüssen dieser Behörden besondere Beweiskraft zukommt, wodurch die Tatsachenfeststellung durch den Rat und ihre Überprüfung durch den Unionsrichter erleichtert werden, wenn diese Tatsachen zuvor von den zuständigen nationalen Behörden festgestellt wurden.

155    Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Rechtsakte von 2014 und die Rechtsakte von 2015 bis 2017 sowie die Beschlüsse von 2019 unter Beachtung der Anforderungen von Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 erlassen wurden, wobei zwischen diesen drei Arten von Rechtsakten unter Berücksichtigung der verschiedenen Gesichtspunkte, die bei der Aktualisierung der Beurteilung des Rates in den ihnen beigefügten Begründungen herangezogen wurden, zu unterscheiden ist.

a)      Zu der vom Rat in den Rechtsakten von 2014 durchgeführten Überprüfung (Rechtssache T316/14 RENV)

156    Aus den Begründungen der Rechtsakte von 2014 ergibt sich, dass sich der Rat für die Zwecke der Belassung des Namens der Klägerin auf den streitigen Listen in Anbetracht ihrer terroristischen Aktivitäten seit dem Jahr 1984 und ihren vor allem seit 2009 einseitig erklärten Waffenstillständen nicht nur auf die Beschlüsse der amerikanischen und türkischen Behörden stützte, die alle vor 2009 gefasst wurden, sondern auch darauf, dass die Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2001, die als Grundlage für die erstmalige Aufnahme der PKK in diese Liste diente, noch in Kraft war, sowie auf eine Liste von 69 Vorfällen zwischen dem 14. November 2003 und dem 19. Oktober 2011, die nach Ansicht des Rates der Klägerin anzulastende „terroristische Handlungen“ im Sinne von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 darstellten (siehe oben, Rn. 11 und 12).

157    Die Klägerin wirft dem Rat vor, er habe die Belassung ihres Namens auf den streitigen Listen nicht auf eine aktualisierte Beurteilung ihrer Situation gestützt, wie er es nach Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 hätte tun müssen. Er habe sich nur auf veraltete Informationen aus nationalen Beschlüssen gestützt und die zahlreichen neuen von ihr gelieferten Informationen über den 2012 begonnenen Friedensprozess, den folgenden Waffenstillstand, den anschließenden Rückzug ihrer Truppen aus dem türkischen Hoheitsgebiet sowie ihre Beteiligung am Kampf gegen Daech, aufgrund deren es im Jahr 2014 mehrere Aufrufe gegeben habe, sie von den Terrorlisten zu streichen, außer Acht gelassen.

158    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass zwischen dem Erlass der Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2001 und der Rechtsakte von 2014 eine erhebliche Zeitspanne verstrichen ist, was an sich eine Aktualisierung der Beurteilung des Fortbestehens einer Gefahr der Beteiligung der PKK an terroristischen Aktivitäten rechtfertigt.

159    Zweitens gab es während der Zeitspanne von 13 Jahren zwischen dem Erlass der Verfügung von 2001 und der Rechtsakte von 2014 mehrere Ereignisse, die veränderte Umstände im Sinne der oben in Rn. 149 angeführten Rechtsprechung darstellen.

160    In den Rechtsakten von 2014 werden mehrere von der PKK 2005, 2006 und „seit 2009“ einseitig erklärte Waffenstillstände sowie ein von der PKK 2003 erstellter „dreistufiger Friedensplan“ angesprochen. Auch wenn in der Begründung der Rechtsakte von 2014 darauf nicht Bezug genommen wird, sind außerdem die Friedensverhandlungen zwischen der PKK und der türkischen Regierung in den Jahren 2012 und 2013 sowie der Friedensaufruf von Herrn Abdullah Öcalan, Gründungsmitglied und Führer der PKK, vom 21. März 2013 zu nennen, die beide von der Klägerin angeführt werden (siehe unten, Rn. 167 bis 171).

161    Hingegen stellt die Beteiligung der Klägerin am Kampf gegen Daech in diesem Stadium keinen veränderten, eine Aktualisierung rechtfertigenden Umstand dar, da sie nach den Angaben in der Akte im zweiten Halbjahr 2014, also nach Erlass der Rechtsakte von 2014, begann.

162    Daraus folgt, dass der Rat verpflichtet war, seine Beurteilung des Fortbestehens einer Gefahr der Beteiligung der Klägerin an terroristischen Aktivitäten zu aktualisieren.

163    Zu diesem Zweck zählte der Rat zahlreiche Vorfälle auf, die sich zwischen dem 14. November 2003 und dem 19. Oktober 2011 ereigneten, darunter 17 Vorfälle zwischen dem 17. Januar 2010 und dem 19. Oktober 2011, also nach den einseitig von der PKK seit 2009 erklärten Waffenstillständen.

164    Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK (C‑46/19 P, EU:C:2021:316), entschieden hat, dass diese Aktualisierung hinreichend begründet war; an seine Beurteilung ist das Gericht gebunden. Nach Ansicht des Gerichtshofs haben es die Begründungen zu den Rechtsakten von 2014 der PKK ermöglicht, Kenntnis von den spezifischen und konkreten Gründen zu erlangen, aus denen der Rat der Ansicht war, dass trotz der seit 2009 einseitig erklärten Waffenruhen weiterhin die Gefahr einer Beteiligung der PKK an terroristischen Aktivitäten bestehe. Der Gerichtshof hat hinzugefügt, dass die Angaben in diesen Begründungen somit ausreichten, um die PKK in die Lage zu versetzen, zu verstehen, was ihr vorgeworfen wurde, es gegebenenfalls zu bestreiten und dem Gericht die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe zu ermöglichen (Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 61 und 62).

165    Ferner kann festgestellt werden, dass die Klägerin nur bei einigen Vorfällen wirksam bestritten hat, dass sie tatsächlich stattgefunden hätten oder ihr zuzuschreiben seien. Auch wenn sich aus der Rechtsprechung ergibt, dass von der betreffenden Person oder Körperschaft nicht verlangt werden kann, dabei den negativen Nachweis zu erbringen, dass diese Gründe nicht stichhaltig sind (vgl. Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung), muss sie nämlich zumindest konkret angeben, welche Vorfälle sie bestreitet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. März 2019, Hamas/Rat, T‑289/15, EU:T:2019:138, Rn. 151 und die dort angeführte Rechtsprechung). Konkret bestreitet die Klägerin jedoch nur einige der 69 Vorfälle. Desgleichen kann sich die Klägerin angesichts der vorstehenden Beurteilung der Frage, ob der Rat seiner Begründungspflicht nachgekommen ist, durch den Gerichtshof nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die in Rede stehenden Vorfälle in den Begründungen nicht genau genug beschrieben seien, so dass sie nicht in der Lage sei, ihnen entgegenzutreten. Ebenso wenig kann sie dem Rat vorwerfen, die Informationsquellen für die festgestellten Vorfälle nicht angegeben zu haben, denn der Rat ist nicht zu einer solchen Angabe verpflichtet, da ihr Fehlen die Körperschaft, deren Name auf der Liste belassen wird, nicht daran hindert, die Gründe für die Belassung zu verstehen, und da die Körperschaft Einsicht in die Dokumente des Rates verlangen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 64; vgl. auch Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 378 bis 380 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daraus folgt im vorliegenden Fall, dass die Klägerin insbesondere von den 17 Vorfällen, die sich 2010 und 2011 ereigneten, nur eine begrenzte Zahl bestritten hat.

166    Daher kann, zumal angesichts dessen, dass die in Rede stehenden Vorfälle zu Recht als terroristische Handlungen eingestuft wurden (siehe oben, Rn. 116, 117 und 146), davon ausgegangen werden, dass der Rat seiner Aktualisierungspflicht bis 2011 nachgekommen ist. Daraus folgt auch, dass über den Einwand, der Rat habe sich auf die Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2006 berufen, mit der „KADEK“ und „KONGRA-GEL“ verboten worden seien, und über die Urteile der türkischen Staatssicherheitsgerichte, von denen die letzten berücksichtigten aus dem Jahr 2006 stammen, nicht entschieden zu werden braucht.

167    Zwischen 2011 und 2014, einem Zeitraum, der als solcher keine Aktualisierung erfordert (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 208 und die dort angeführte Rechtsprechung), erging allerdings ein Friedensaufruf von Herrn Abdullah Öcalan und fanden Friedensverhandlungen zwischen der PKK und den türkischen Behörden statt (siehe oben, Rn. 160), die weder in den Rechtsakten von 2014 und ihren Begründungen noch in den Schreiben erwähnt werden, mit denen der Klägerin diese Rechtsakte mitgeteilt wurden.

168    Solche Gesichtspunkte sind aber charakteristisch für veränderte Umstände, die eine aktualisierte Beurteilung der Situation rechtfertigen.

169    Zunächst war der Friedensaufruf von Herrn Öcalan keine isolierte Erklärung, sondern erging, als bereits seit mehreren Monaten Verhandlungen geführt wurden. Es ging somit nicht um eine bloß vorübergehende, definitionsgemäß einseitige Einstellung oder Aussetzung terroristischer Handlungen, sondern um Friedensverhandlungen im weiteren Sinne, die bilateraler Natur waren und in deren Rahmen eine solche Einstellung oder Aussetzung erklärt wurde. Daher ist die vom Rat angeführte Rechtsprechung irrelevant, bei der es um die Bedrohung geht, die eine Organisation, die in der Vergangenheit terroristische Handlungen begangen hat, unbeschadet der Aussetzung ihrer terroristischen Aktivitäten für einen mehr oder weniger langen Zeitraum oder der offenbaren Einstellung dieser Tätigkeiten, weiterhin darstellen kann (Urteil vom 23. Oktober 2008, People’s Mojahedin Organization of Iran/Rat, T‑256/07, EU:T:2008:461, Rn. 112). Außerdem hat der Gerichtshof zwar, wie der Rat geltend macht, in den Rn. 61 und 62 des Urteils vom 22. April 2021, Rat/PKK (C‑46/19 P, EU:C:2021:316), entschieden, dass der Rat das Fortbestehen der Gefahr einer Beteiligung der Klägerin an terroristischen Aktivitäten rechtswirksam begründet hatte, sich dabei aber auf Vorfälle gestützt, die nach den erklärten Waffenstillständen stattfanden.

170    Sodann hatten die Unionsbehörden, konkret die Hohen Behörden im Bereich der Außenpolitik – der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und das für die Erweiterung und die europäische Nachbarschaftspolitik zuständige Mitglied der Kommission –, den von ihnen selbst als „Friedensprozess“ eingestuften Vorgang anerkannt. In einer Pressemitteilung vom 21. März 2013 hatten der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und das für die Erweiterung und die europäische Nachbarschaftspolitik zuständige Mitglied der Kommission eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der sie den Aufruf von Herrn Öcalan begrüßten, die PKK solle die Waffen niederlegen und sich aus der Türkei zurückzuziehen, alle Parteien ermutigten, unermüdlich daran zu arbeiten, allen Bürgern der Türkei Frieden und Wohlstand zu bringen, und dem Friedensprozess ihre volle Unterstützung zusagten.

171    Schließlich kann festgestellt werden, dass dieser Prozess zum Zeitpunkt des ersten Rechtsakts von 2014 seit mehr als einem Jahr und zum Zeitpunkt des zweiten Rechtsakts von 2014 seit mehr als 18 Monaten begonnen hatte, ohne dass sich aus den Rechtsakten von 2014 oder aus der Akte ein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass er zum Zeitpunkt ihres Erlasses beendet gewesen wäre.

172    Damit wird – im Einklang mit dem Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK (C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 56, 57, 74 und 88) – aus dem Schweigen des Rates allerdings nicht der Schluss auf einen Begründungsmangel gezogen. Dagegen kann daraus, dass der Rat weder eine Überprüfung noch eine Berücksichtigung der oben genannten Gesichtspunkte erwähnt, geschlossen werden, dass die vorgenommene Überprüfung nicht den Anforderungen von Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 entspricht.

173    Diese Analyse wird dadurch bestätigt, dass der Rat die genannten Gesichtspunkte in seinen Schriftsätzen nicht ausdrücklich erwähnt und sich nur allgemein zur Beendigung terroristischer und bewaffneter Aktivitäten äußert, die, wie hervorzuheben ist, zum einen nicht die einzigen sind, die hier in Rede stehen, weil sich die betreffende Erklärung von Herrn Öcalan in einen Friedensprozess einfügt (siehe oben, Rn. 169), und zum anderen zuvor, insbesondere bei den Waffenstillständen von 2005 und 2006, dazu führten, dass der Rat die anschließende Fortsetzung der terroristischen Aktivitäten der PKK prüfte (siehe oben, Rn. 160 und 163), was nach den Verhandlungen und Erklärungen von 2012 und 2013 nicht der Fall war.

174    Im Übrigen ist insoweit die Erklärung von Herrn Öcalan vom 21. März 2015 irrelevant, in der er zur Veranstaltung eines kurdischen Kongresses aufrief, um über die Beendigung des bewaffneten Konflikts zu entscheiden; sie wird vom Rat in seinen Schriftsätzen als Beleg dafür angeführt, dass vor diesem Zeitpunkt kein dahin gehender Beschluss gefasst worden sei. Auch wenn die Beurteilung des Fortbestehens der Gefahr einer Beteiligung an terroristischen Aktivitäten eine teils zukunftsorientierte Analyse erfordert, kann sie die ständige, auch für den Bereich restriktiver Maßnahmen geltende Rechtsprechung nicht in Frage stellten, wonach die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses zu beurteilen ist (vgl. Urteile vom 3. September 2015, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Kommission, C‑398/13 P, EU:C:2015:535, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 4. September 2015, NIOC u. a./Rat, T‑577/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:596, Rn. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung), so dass nur die tatsächlichen Umstände berücksichtigt werden können, die zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte vorlagen (vgl. Urteil vom 24. November 2021, Al Zoubi/Rat, T‑257/19, EU:T:2021:819, Rn. 58 [nicht veröffentlicht] und die dort angeführte Rechtsprechung).

175    Daraus folgt, dass der Rat gegen Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 verstoßen hat; dies führt zur Nichtigerklärung der Rechtsakte von 2014, ohne dass der Klagegrund eines Verstoßes gegen die Art. 4 und 51 der Charta, der sich nur gegen die Berücksichtigung der Urteile der türkischen Staatssicherheitsgerichte richtet (siehe oben, Rn. 166), und die drei anschließenden zur Stützung des Antrags auf Nichtigerklärung der Rechtsakte von 2014 geltend gemachten Klagegründe geprüft zu werden brauchen.

b)      Zu der vom Rat in den Rechtsakten von 2015 bis 2017 durchgeführten Überprüfung (Rechtssache T316/14 RENV)

176    Zunächst ist festzustellen, dass der Rat in den Begründungen zu den Rechtsakten 2015 bis 2017 neue Umstände angeführt hat, die seiner Ansicht nach die Belassung des Namens der Klägerin auf den streitigen Listen rechtfertigten.

177    Insbesondere erwähnte der Rat einen neuen Beschluss des Innenministers des Vereinigten Königreichs vom 3. Dezember 2014 sowie, neben der erstmaligen Angabe des Datums der Beschlüsse der Behörden der Vereinigten Staaten, auf die sich die ursprüngliche Aufnahme stützte (1997 und 2001), die Überprüfung, die diese Behörden am 21. November 2013 vornahmen, und die ebenfalls von 2013 datierende „Verwaltungsakte“ des Außenministeriums der Vereinigten Staaten, wobei er nähere Angaben zu den Vorfällen machte, auf denen die betreffenden nationalen Beschlüsse beruhten und die in der Verwaltungsakte enthalten waren. Er stützte sich zudem erstmals auf mehrere französische Gerichtsentscheidungen aus den Jahren 2011 bis 2014. Ferner gab er an, vergeblich nach ihm vorliegenden Anhaltspunkten für die Streichung des Namens der PKK gesucht zu haben, so dass er zu der Auffassung gelangt sei, dass die Gründe für ihre Aufnahme fortbestünden (siehe oben, Rn. 13).

178    Die Klägerin bestreitet die Vorfälle, auf die der Beschluss des Vereinigten Königreichs von 2014 gestützt ist, und macht geltend, in dem Beschluss sei auf einen von ihr gestellten Antrag auf Aufhebung des Verbots nicht eingegangen worden, so dass er nicht auf der Grundlage aller relevanten Daten erlassen worden sei. In Bezug auf den Beschluss der Vereinigten Staaten von 2013 sei nicht erwiesen, dass die Verwaltungsakte des Außenministeriums der Vereinigten Staaten mit demselben Datum die Grundlage dafür gewesen sei. Zu den französischen Gerichtsentscheidungen von 2011, 2013 und 2014 macht die Klägerin geltend, sie sei an den Verfahren, in denen diese Entscheidungen ergangen seien, nicht beteiligt gewesen; überdies beruhten sie nicht auf unparteiischen, objektiven und substanziellen Beweisen, vor allem, weil sie größtenteils auf Informationen aus der Türkei zurückgingen, und stützten sich auf eine Definition der terroristischen Handlung, die weiter sei als die des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931, sowie auf Handlungen, die ihr vor 2007 angelastet worden seien. In ihrer Stellungnahme zum Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK (C‑46/19 P, EU:C:2021:316), kommt die Klägerin zu dem Schluss, dass die Erwägung des Gerichts, wonach die französischen Gerichtsentscheidungen keine hinreichende Grundlage für die Belassung ihres Namens auf den streitigen Listen seien, im Rechtsmittel des Rates nicht beanstandet und somit nicht in Frage gestellt werde. Die Klägerin wirft dem Rat schließlich vor, die detaillierten und durch Dokumente untermauerten Beweise in ihrer Klageschrift und ihrer Erwiderung, wonach sie ein wichtiger Partner der Koalitionskräfte der Vereinigten Staaten und Europas im Kampf gegen Daech sei, nicht berücksichtigt zu haben.

179    Daher ist zu klären, ob diese neuen Umstände in Anbetracht der von der Klägerin vorgetragenen Gegenargumente den Schluss zulassen, dass der Rat ihren Namen zu Recht auf den streitigen Listen belassen hat; zu beginnen ist mit den Argumenten, mit denen die Heranziehung des Beschlusses des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2014 durch den Rat gerügt wird.

180    In den Rechtsakten von 2015 bis 2017 weist der Rat darauf hin, dass dieser Beschluss auf folgende drei Umstände gestützt sei:

–        Anschlag auf die Baustelle eines neuen türkischen vorgeschobenen Militärpostens, bei dem zwei Militärs verletzt worden sein sollen, im Mai 2014;

–        Anschlag auf ein Kraftwerk und Entführung von drei chinesischen Ingenieuren im August 2014 (Rn. 17 von Anhang A der Begründungen);

–        Ankündigung der PKK, die Friedensgespräche mit der Republik Türkei zu unterbrechen, wenn diese nicht gegen Daech vorgehe, im Oktober 2014 (Rn. 18 von Anhang A der Begründungen).

181    Zunächst ist hervorzuheben, dass der Beschluss des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2014 von einer zuständigen Behörde im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 gefasst wurde, da er von derselben Behörde erlassen wurde wie die Verfügung von 2001 (siehe oben, Rn. 67). Der Rat muss sich zwar nicht auf Anhaltspunkte in Beschlüssen zuständiger nationaler Behörden stützen, um den Namen einer Körperschaft auf den Listen betreffend das Einfrieren von Geldern zu belassen (siehe oben, Rn. 151 und 152); tut er dies, kommt den Anhaltspunkten, die sich aus diesen Beschlüssen ergeben, jedoch besondere Beweiskraft zu (siehe oben, Rn. 154).

182    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK (C‑46/19 P, EU:C:2021:316), entschieden hat, dass der den Anschlag im August 2014 betreffende Vorwurf unzureichend begründet war, die die Handlungen im Mai und Oktober 2014 betreffenden Vorwürfe dagegen hinreichend (Rn. 78 bis 80). Außerdem hat er entschieden, dass, soweit das Gericht in Rn. 103 des Urteils vom 15. November 2018, PKK/Rat (T‑316/14, EU:T:2018:788), ausgeführt hat, dass die PKK Argumente vorgebracht hat, mit denen bestritten wird, dass die im Überprüfungsbeschluss des Innenministers von 2014 genannten, in Anhang A der Rechtsakte von 2015 bis 2017 beschriebenen Vorfälle der PKK zur Last gelegt und als terroristische Handlungen im Sinne von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 eingestuft werden können, diese Argumentation darauf gerichtet ist, die Richtigkeit der angeführten Tatsachen sowie deren rechtliche Würdigung in Frage zu stellen. Dies dient seines Erachtens nicht dazu, eine Verletzung der Begründungspflicht durch den Rat nachzuweisen, sondern die materielle Rechtmäßigkeit dieser Rechtsakte anzufechten und damit die Verpflichtung des Rates auszulösen, die Stichhaltigkeit der angeführten Begründung darzutun (Rn. 81).

183    Im vorliegenden Fall kann nach der Antwort der Klägerin auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung festgestellt werden, dass sie lediglich die im Oktober 2014 ausgesprochene Drohung mit dem Abbruch der Friedensgespräche bestreitet, indem sie geltend macht, sie habe die türkischen Behörden bloß vor der Gefahr eines Scheiterns der Friedensverhandlungen gewarnt, wenn sie nicht gegen Daech vorgingen, ohne mit ihrem Abbruch zu drohen. Dagegen ist im Protokoll der mündlichen Verhandlung festgehalten worden, dass die Klägerin eingeräumt hat, dass ihr die Handlungen der kurdischen Guerilla der Volksverteidigungskräfte (HPG) zugeschrieben werden können, woraus abgeleitet werden kann, dass sie den Anschlag im Mai 2014 nicht mehr bestreitet. In Bezug auf diesen Anschlag hatte sie nämlich in ihrem Anpassungsschriftsatz nur geltend gemacht, dass er der HPG und nicht der PKK anzulasten sei.

184    Was zudem das Vorbringen der Klägerin betrifft, wonach der Beschluss von 2014 nicht berücksichtigt werden könne, da mit ihm über einen nicht von der PKK stammenden Antrag auf Aufhebung des Verbots entschieden worden sei, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass gebührend zu berücksichtigen ist, was mit dem nationalen Beschluss, der der ursprünglichen Aufnahme zugrunde gelegt wurde, anschließend geschehen ist, und dass es insoweit mehr darauf ankommt, ob er wegen neuer Tatsachen oder Gesichtspunkte, einer geänderten Bewertung oder einer Ergänzung der Bewertung aufgehoben oder zurückgenommen oder aber bestätigt worden ist, als darauf, auf welche Körperschaft die neue Bewertung zurückgeht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 52, und vom 26. Juli 2017, Rat/Hamas, C‑79/15 P, EU:C:2017:584, Rn. 30). Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als der Innenminister des Vereinigten Königreichs seinen Beschluss von 2014 auf mehrere neue terroristische Handlungen gestützt hat, die im Jahr 2014 verübt wurden und von denen zumindest eine von der Klägerin nicht bestritten wird (siehe oben, Rn. 183). Jedenfalls kann festgestellt werden, dass der Rat in seinen Begründungen (Rn. 12 von Anhang A) ausgeführt hat, dass die PKK selbst dreimal (2001, 2009 und 2014) erfolglos die Aufhebung ihres Verbots beantragt habe, woraus abgeleitet werden kann, dass die zuständige Behörde insbesondere im Jahr 2014 über die von der PKK zur Stützung ihres Antrags vorgelegten Argumente und Beweise verfügte.

185    Daraus folgt, dass der Rat angesichts dessen, dass der Anschlag im Mai 2014 zu Recht als terroristische Handlung eingestuft wurde (siehe oben, Rn. 135 und 145), zutreffend von einer Beteiligung der PKK an terroristischen Handlungen bis zum 13. Mai 2014 ausgegangen ist, an dem die im Beschluss des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2014 herangezogene unbestrittene terroristische Handlung begangen wurde. Diese Handlung fand zudem nach den Ereignissen von 2012 und 2013 statt, die eine Aktualisierung der Beurteilung der Gefahr einer Beteiligung an terroristischen Aktivitäten rechtfertigten.

186    Der Rat hat daher seine Beurteilung der Gefahr einer Beteiligung an terroristischen Aktivitäten bis Mai 2014 ordnungsgemäß aktualisiert, was angesichts des „zeitlichen Abstands“ von weniger als fünf Jahren zu den Rechtsakten von 2015 bis 2017 – auch bei den letzten Rechtsakten – für die Feststellung ausreicht, dass die Überprüfung nach Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 ordnungsgemäß erfolgt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 208 und die dort angeführte Rechtsprechung).

187    Diese Erwägung wird durch die Beteiligung der Klägerin am Kampf gegen Daech ab der zweiten Hälfte des Jahres 2014, in der sie eine Änderung der Umstände sieht, die eine Aktualisierung der Beurteilung des Rates rechtfertigte (siehe oben, Rn. 178), und deren Berücksichtigung der Rat zu Recht für nicht erforderlich hielt, nicht in Frage gestellt. Diese Beteiligung fällt mit der oben erwähnten Warnung an die türkischen Behörden zusammen, mag diese Warnung auch nicht die in den Rechtsakten von 2015 bis 2017 angegebene Tragweite gehabt haben (siehe oben, Rn. 183). Sie lässt daher keine wie auch immer geartete Verbesserung der Beziehungen der PKK zur Republik Türkei erkennen und impliziert als solche keine Beendigung ihres Konflikts mit diesem Staat und der in diesem Rahmen durchgeführten, als terroristisch einstufbaren Aktivitäten. Daher kann daraus keine Änderung der Umstände abgeleitet werden, die den Rat verpflichten würde, sich zu vergewissern, ob die Gefahr einer Beteiligung der PKK an terroristischen Aktivitäten fortbesteht.

188    Daraus folgt, dass der Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 geltend gemacht wird, zurückzuweisen ist, soweit er die Rechtsakte von 2015 bis 2017 betrifft, ohne dass die Argumente geprüft zu werden brauchen, mit denen beanstandet wird, dass sich die vom Rat herangezogenen Beschlüsse der amerikanischen und französischen Behörden auf Ereignisse vor 2014 stützten.

c)      Zu der vom Rat im Rahmen der Beschlüsse von 2019 durchgeführten Überprüfung (Rechtssache T148/19)

189    Die Beschlüsse von 2019 stimmen mit den Rechtsakten von 2015 bis 2017 nahezu überein. Das Vorbringen der Klägerin gegen diese Beschlüsse ähnelt im Übrigen dem Vorbringen, mit dem die Überprüfung beanstandet wird, die zum Erlass der Rechtsakte von 2015 bis 2017 führte.

190    Der einzige Unterschied zwischen den Rechtsakten von 2015 bis 2017 und den Beschlüssen von 2019 betrifft allein den Beschluss 2019/1341, in dem ein weiterer der PKK zugeschriebener Vorfall vom 23. Oktober 2017 erwähnt wird. Es handelt sich um einen Sprengstoffanschlag auf ein türkisches Militärfahrzeug in der südlichen Provinz Hakkari, bei dem ein türkischer Soldat getötet wurde (Rn. 16 letzter Gedankenstrich der Begründung). Dieser Anschlag soll in der Verwaltungsakte der Behörden der Vereinigten Staaten von 2019 behandelt werden. Die Quelle, aus der diese Information stammt – die Presseagentur Reuters –, wird angeführt.

191    Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin nicht bestreitet, dass dieser Anschlag stattgefunden hat und von ihr begangen wurde. Sie rügt lediglich seine Einstufung als terroristische Handlung im Sinne von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 mit der irrelevanten Begründung, dass er sich in den bewaffneten Konflikt zwischen der PKK und der Republik Türkei einfüge (siehe oben, Rn. 134 und 135). Die Erwähnung dieses Anschlags im Beschluss 2019/1341 wird im Übrigen hinreichend begründet (siehe unten, Rn. 231).

192    Zudem ist hervorzuheben, dass der Umstand, dass die der Belassung auf den streitigen Listen zugrunde liegenden, als terroristisch eingeordneten Handlungen, bei denen die Klägerin weder Existenz noch Täterschaft bestreitet, von einer nationalen Behörde festgestellt wurden, die nicht als zuständige Behörde im Sinne des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 eingestuft werden kann, dem Rat nicht die Befugnis nimmt, sich im Rahmen seiner Überprüfung der Gefahr einer fortdauernden Beteiligung an terroristischen Aktivitäten auf solche Handlungen zu stützen. Bei der Überprüfung, ob die Aufnahme einer Körperschaft in die Liste begründet war, ist der Rat nämlich nicht verpflichtet, sich auf Gesichtspunkte zu stützen, die in einem Beschluss einer die Kriterien von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 erfüllenden zuständigen Behörde festgestellt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. September 2019, Hamas/Rat, T‑308/18, EU:T:2019:557, Rn. 150, und vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 143).

193    Im vorliegenden Fall ist es daher, wie oben in Rn. 96 dargelegt, nicht entscheidend, dass den Behörden der Vereinigten Staaten die Einstufung als zuständige Behörde versagt bleibt. Ebenso wenig ist das Vorbringen der Klägerin von Bedeutung, aus den Beschlüssen von 2019 gehe nicht klar hervor, dass die betreffenden Vorfälle neben ihrer Erwähnung in der Verwaltungsakte der Vereinigten Staaten auch die Grundlage für die Aufrechterhaltung ihrer Benennung als terroristische Organisation nach den Überprüfungen durch die Behörden der Vereinigten Staaten gebildet hätten.

194    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin, anders als in der Rechtssache T‑316/14 RENV, mit Ausnahme der Entführung von drei chinesischen Ingenieuren auch nicht bestreitet, dass die Handlungen, auf die der Beschluss des Innenministers des Vereinigten Königreichs von 2014 gestützt ist, tatsächlich stattgefunden haben und dass sie an ihnen beteiligt war.

195    Zudem ist die vom Gerichtshof festgestellte Unzulänglichkeit der Begründung in Bezug auf den Anschlag auf das Kraftwerk im August 2014, bei dem drei chinesische Ingenieure entführt wurden, zu berücksichtigen (Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 78). Auch wenn die Klägerin sie in der Rechtssache T‑148/19 in ihrer Stellungnahme zum Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK (C‑46/19 P, EU:C:2021:316), nicht rügt, ist diese Erwägung zwingendes Recht, und den Parteien wurde Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen.

196    Was erstens den Beschluss 2019/25 betrifft, folgt daraus, dass die letzte von der PKK begangene, vom Rat zutreffend herangezogene und als terroristisch eingestufte Handlung (siehe oben, Rn. 135 und 145), im Mai 2014 begangen wurde, was einem zeitlichen Abstand von etwa viereinhalb Jahren zu diesem Beschluss entspricht, so dass es keiner Aktualisierung bedurfte (siehe oben, Rn. 167).

197    Diese Handlung fand zudem nach den Ereignissen von 2012 und 2013 statt, die eine Aktualisierung der Beurteilung der Gefahr einer Beteiligung an terroristischen Aktivitäten rechtfertigten, die somit insoweit ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

198    Im Übrigen kann wie bei der Beurteilung, die in Bezug auf die Rechtsakte von 2015 bis 2017 vorgenommen worden ist, davon ausgegangen werden, dass der Rat zu Recht die Ansicht vertreten hat, dass die Beteiligung der PKK am Kampf gegen Daech nach dem Anschlag im Mai 2014 keine Änderung der Umstände darstelle, die ihn dazu verpflichtet hätten, sich zu vergewissern, ob die Gefahr einer Beteiligung der PKK an terroristischen Aktivitäten fortbestehe (siehe oben, Rn. 187). Dies gilt umso mehr, als die Klägerin in der Rechtssache T‑148/19 als weitere Änderung der Umstände die Umwandlung des türkischen Staates in einen totalitären Staat geltend macht, der das kurdische Volk unterdrücke, wodurch sie den Fortbestand ihrer Feindseligkeit gegenüber den türkischen Behörden deutlich macht. Da diese Unterdrückung im Übrigen im Wesentlichen zur Stützung des Vorbringens der PKK zum bewaffneten Konflikt zwischen ihr und der Republik Türkei geltend gemacht wird, kommt in ihr keine Entwicklung zum Ausdruck, die als solche eine Befriedung der PKK impliziert.

199    Gleiches gilt für die Erklärungen von Herrn Öcalan, in denen er seine Bereitschaft zu politischen Verhandlungen und die Notwendigkeit einer demokratischen Lösung statt der Beibehaltung konfrontativer Haltungen und der Anwendung physischer Gewalt bekundete. Abgesehen davon, dass diese von den Anwälten von Herrn Öcalan gesammelten und sodann veröffentlichten Erklärungen aus der Zeit von Mai bis August 2019 deutlich weniger feierlich und affirmativ sind als die oben genannte Erklärung von 2013, und davon, dass die PKK darin nicht erwähnt wird, wurden sie nach dem Beschluss 2019/25 abgegeben.

200    Was zweitens den Beschluss 2019/1341 angeht, wurde die letzte vom Rat zutreffend herangezogene und als terroristisch eingestufte Handlung der PKK (siehe oben, Rn. 191) im Jahr 2017 begangen, also weniger als zwei Jahre vor diesem Beschluss, so dass der zeitliche Abstand zu ihm erst recht keine Aktualisierung der Beurteilung des Fortbestehens der Gefahr einer Beteiligung an terroristischen Aktivitäten erforderlich machte.

201    Da der Anschlag von 2017 im Übrigen weit nach den Ereignissen von 2012 und 2013 und dem Beginn der Beteiligung der PKK am Kampf gegen Daech stattfand, kann auch davon ausgegangen werden, dass dieser Anschlag es rechtfertigte, dass der Rat am Ende seiner Überprüfung das Fortbestehen der Gefahr einer Beteiligung der PKK an terroristischen Aktivitäten bejahte und ihren Namen trotz dieser Ereignisse und dieser Beteiligung durch den Erlass des Beschlusses 2019/1341 auf der streitigen Liste beließ. Die oben genannten Erklärungen von Herrn Öcalan in der Zeit von Mai bis August 2019 sind im Hinblick auf den am 8. August 2019 erlassenen Beschluss 2019/1341 zu neu, um schon in diesem Stadium eine Aktualisierung der Beurteilung des Rates zu rechtfertigen, da noch nicht genug Zeit vergangen war, um abzuschätzen, welche Folgen diese Erklärungen in Bezug auf die Beendigung der Gewalt oder die Einleitung eines Friedensprozesses haben würden.

202    Daraus folgt, dass der Rat die Anforderungen von Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 bei seiner Überprüfung des Fortbestehens der Gefahr einer Beteiligung der PKK an terroristischen Aktivitäten in den Beschlüssen von 2019 beachtet hat.

203    Nach alledem ist dem Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 geltend gemacht wird, nur in Bezug auf die Rechtsakte von 2014 stattzugeben, ohne dass der nur gegen die Rechtsakte von 2014 gerichtete Klagegrund eines Verstoßes gegen die Art. 4 und 51 der Charta (siehe oben, Rn. 175) und die drei weiteren zur Stützung des Antrags auf Nichtigerklärung dieser Rechtsakte geltend gemachten Klagegründe geprüft zu werden brauchen. Hinsichtlich der Rechtsakte von 2015 bis 2017 und der Beschlüsse von 2019 ist der Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 dagegen zurückzuweisen.

4.      Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

204    Die Klägerin macht geltend, die Belassung ihres Namens auf den streitigen Listen stelle ein unverhältnismäßiges Mittel zur Verfolgung des Ziels der Bekämpfung des Terrorismus dar, wenn man die Änderung der Umstände seit 2002 sowie die Auswirkungen der Aufnahme in die Listen in den Mitgliedstaaten, auch in Bezug auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit, auf die politischen Aktionen der PKK und für die Kurden im Allgemeinen berücksichtige. Die in Rede stehende Aufnahme scheine überdies von unbegrenzter Dauer zu sein, und es gebe weniger einschneidende Maßnahmen, um den Terrorismus zu bekämpfen.

205    Angesichts der festgestellten Rechtswidrigkeit der Rechtsakte von 2014 wird der vorliegende Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aus Gründen der Verfahrensökonomie nur insoweit geprüft, als er sich auf die Rechtsakte von 2015 bis 2017 und die Beschlüsse von 2019 bezieht.

206    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Grundrechte, darunter das Eigentumsrecht, das Recht auf freie Meinungsäußerung oder das Versammlungsrecht, im Unionsrecht keinen uneingeschränkten Schutz genießen. Ihre Ausübung kann Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese erstens durch dem Gemeinwohl dienende Ziele der Union gerechtfertigt sind und zweitens keinen im Hinblick auf diese Ziele unverhältnismäßigen oder untragbaren Eingriff darstellen, der die Grundrechte in ihrem Wesensgehalt antasten würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. November 2012, Al-Aqsa/Rat und Niederlande/Al-Aqsa, C‑539/10 P und C‑550/10 P, EU:C:2012:711, Rn. 121 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

207    Was die erste Voraussetzung betrifft, wird nach ständiger Rechtsprechung mit dem Einfrieren von Geldern, Finanzvermögen und anderen wirtschaftlichen Ressourcen der Personen und Organisationen, die nach den in der Verordnung Nr. 2580/2001 und dem Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 festgelegten Regeln als an der Finanzierung des Terrorismus beteiligt identifiziert worden sind, ein dem Gemeinwohl dienendes Ziel verfolgt, das sich in den Kampf gegen die durch terroristische Handlungen auf dem Weltfrieden und der internationalen Sicherheit lastenden Bedrohungen einfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. November 2012, Al-Aqsa/Rat und Niederlande/Al-Aqsa, C‑539/10 P und C‑550/10 P, EU:C:2012:711, Rn. 123 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

208    Zur zweiten Voraussetzung ist festzustellen, dass bei Maßnahmen, die das Einfrieren von Geldern regeln, grundsätzlich nicht davon ausgegangen wird, dass sie unverhältnismäßig oder untragbar sind oder den Wesensgehalt aller oder bestimmter Grundrechte antasten.

209    Derartige Maßnahmen sind nämlich in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, um den Terrorismus zu bekämpfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Oktober 2008, People’s Mojahedin Organization of Iran/Rat, T‑256/07, EU:T:2008:461, Rn. 129 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zudem gelten die Maßnahmen betreffend das Einfrieren von Geldern nicht absolut, da die Art. 5 und 6 der Verordnung Nr. 2580/2001 die Möglichkeit vorsehen, zum einen die Verwendung eingefrorener Gelder zur Deckung von Grundbedürfnissen oder zur Erfüllung bestimmter Verpflichtungen zu genehmigen und zum anderen spezifische Genehmigungen zu erteilen, um eingefrorene Gelder, sonstige Vermögenswerte oder andere wirtschaftliche Ressourcen unter bestimmten Voraussetzungen freizugeben (vgl. Urteil vom 15. November 2012, Al-Aqsa/Rat und Niederlande/Al-Aqsa, C‑539/10 P und C‑550/10 P, EU:C:2012:711, Rn. 127 und die dort angeführte Rechtsprechung).

210    Überdies stellt das Einfrieren von Geldern keine permanente Maßnahme dar, da die Belassung der Namen der Personen und Organisationen auf den Listen betreffend das Einfrieren von Geldern nach Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 regelmäßig überprüft wird, um sicherzustellen, dass die Namen derjenigen gestrichen werden, die nicht mehr die Kriterien erfüllen, um auf den Listen zu stehen (Urteil vom 15. November 2012, Al-Aqsa/Rat und Niederlande/Al-Aqsa, C‑539/10 P und C‑550/10 P, EU:C:2012:711, Rn. 129).

211    Daraus folgt im vorliegenden Fall, dass davon ausgegangen werden kann, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt worden ist, da der Rat das Fortbestehen der Gefahr einer Beteiligung der Klägerin an terroristischen Aktivitäten ordnungsgemäß geprüft hat, wobei er in den Rechtsakten 2015 bis 2017 (siehe oben, Rn. 188) und in den Beschlüssen von 2019 (siehe oben, Rn. 202) insbesondere die von der Klägerin behaupteten Änderungen der Umstände berücksichtigte.

212    Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die in Rede stehenden Maßnahmen des Einfrierens von Geldern ineffizient und somit unangemessen sein sollen, da sie die Gewalt gegen die Kurden nicht verhindert und keine friedliche und demokratische Lösung des Konflikts zwischen den Kurden und den türkischen Behörden herbeigeführt hätten. Dies ist nicht das Ziel der Rechtsakte von 2015 bis 2017 und der Beschlüsse von 2019, wie auch aus einigen ihrer Titel, die den Titel des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 übernehmen, und aus der Erwähnung des Ziels der Bekämpfung des Terrorismus hervorgeht. Von der Klägerin wird im Übrigen weder die Existenz dieses Ziels noch dessen Legitimität in Frage gestellt, die zudem durch die oben in Rn. 207 angeführte Rechtsprechung bestätigt wird.

213    Unerheblich sind auch die geltend gemachten Auswirkungen auf die Kurden und allgemeiner auf jede Person, die die Kurden unterstützen möchte. Die Rechtsakte von 2015 bis 2017 und die Beschlüsse von 2019 betreffen ausschließlich die Bekämpfung des Terrorismus und die PKK, die nur in den Anhängen dieser Rechtsakte und Beschlüsse als Beteiligte an terroristischen Handlungen erwähnt wird. Selbst wenn die von der Klägerin beanstandeten Maßnahmen gegen nicht mit ihr in Verbindung stehende Personen, wie Festnahmen oder Beschränkungen der Freizügigkeit, erwiesen wären, könnten sie unabhängig davon, ob sie von Behörden der Mitgliedstaaten oder von türkischen Behörden – für die die Rechtsakte von 2015 bis 2017 und die Beschlüsse von 2019 im Übrigen nicht bindend sind – getroffen werden, nicht als Folge der Rechtsakte und Beschlüsse, die lediglich das Einfrieren von Geldern vorschreiben, angesehen werden, und erlauben somit nicht die Feststellung ihrer Unverhältnismäßigkeit.

214    Das Vorbringen der Klägerin, dass es weniger einschneidende Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus gebe, lässt offen, worin diese Maßnahmen bestehen sollen. Das Gericht ist daher nicht in der Lage, zu beurteilen, ob damit das angestrebte Ziel – die Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus – ebenso wirksam erreicht werden könnte wie durch das Einfrieren von Geldern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 317 und 318).

215    Daraus folgt, dass der Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zurückzuweisen ist, soweit er die Rechtsakte von 2015 bis 2017 und die Beschlüsse von 2019 betrifft.

5.      Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht

216    Nach ständiger Rechtsprechung muss die durch Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen in die Lage versetzt werden, ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme zu entnehmen, um ihre Rechtmäßigkeit beurteilen zu können, und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

217    Die somit erforderliche Begründung muss der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein. Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, insbesondere des Inhalts dieses Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses, das die Adressaten oder andere von dem Rechtsakt im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen insbesondere weder alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden noch muss auf die Erwägungen des Betroffenen bei seiner Anhörung vor Erlass des Rechtsakts im Einzelnen eingegangen werden, da die Frage, ob eine Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Ein beschwerender Rechtsakt ist folglich hinreichend begründet, wenn er in einem Kontext ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen (vgl. Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

218    Was speziell die Belassung des Namens einer Person oder Körperschaft auf einer Liste betreffend das Einfrieren von Geldern anbelangt, muss der Unionsrichter im Rahmen seiner Prüfung, ob die in Art. 296 AEUV vorgesehene Begründungspflicht beachtet wurde, klären, ob die angeführten Gründe hinreichend präzise und konkret sind (vgl. Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 52 und 56 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

219    Folglich musste der Rat im vorliegenden Fall, um seiner in Art. 296 AEUV vorgesehenen Begründungspflicht nachzukommen, hinreichend präzise und konkrete Gründe darlegen, damit die Klägerin die Gründe für die Belassung ihres Namens auf den streitigen Listen erkennen und das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann.

220    Die Klägerin stützt den Klagegrund, mit dem sie die Verletzung der Begründungspflicht durch die angefochtenen Rechtsakte geltend macht, im Wesentlichen auf sechs Rügen. Da dem Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 in Bezug auf die Beschlüsse der Behörden der Vereinigten Staaten von 1997 und 2001 und dem Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts in Bezug auf die Rechtsakte von 2014 stattgegeben worden ist, brauchen die Rügen, mit denen die Begründung dieser Rechtsakte beanstandet wird, und die Rüge der Bezugnahme auf die oben genannten Entscheidungen der Vereinigten Staaten nicht geprüft zu werden. Da die Klägerin dem Rat mit einer ihrer sechs Rügen vorwirft, dadurch seine Begründungspflicht verletzt zu haben, dass er nicht geprüft habe, ob die Verteidigungsrechte und der Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz von den Behörden der Vereinigten Staaten beim Erlass ihrer Beschlüsse von 1997 und 2001 garantiert worden seien, werden somit im Folgenden nur die fünf Rügen zur Stützung des Klagegrundes eines Verstoßes des Rates gegen die Begründungspflicht in Bezug auf die Rechtsakte von 2015 und 2017 sowie die Beschlüsse von 2019 geprüft.

221    Erstens macht die Klägerin geltend, der Rat habe dadurch gegen seine Begründungspflicht verstoßen, dass er nicht erläutert habe, warum die nationalen Beschlüsse, auf die er sich gestützt habe, Beschlüsse im Sinne von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 seien.

222    Das Gericht hat im Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat (T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 329 und 330), entschieden, dass der Rat nicht darzulegen braucht, inwiefern der nationale Beschluss, auf den er sich stützt, ein Beschluss einer zuständigen Behörde im Sinne des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 ist, und dass nur dann, wenn diese Einstufung von der betreffenden Person oder Körperschaft im Verwaltungsverfahren vor dem Rat substantiiert bestritten wird – was hier nicht der Fall ist –, der Rat die zu diesem Punkt erlassenen Maßnahmen näher begründen muss.

223    Jedenfalls hat der Rat eine solche Begründung in den Rechtsakten von 2015 bis 2017 sowie in den Beschlüssen von 2019 im Rahmen eines speziell der „Übereinstimmung mit den Anforderungen für die zuständige nationale Behörde im Sinne des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931“ gewidmeten Abschnitts der Begründungen geliefert, wobei er unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichts zur Prüfung ähnlicher Entscheidungen der Behörden des Vereinigten Königreichs anhand von Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts zu dem Schluss kam, dass eine solche Übereinstimmung vorliege (Rn. 3).

224    Daraus folgt im vorliegenden Fall, dass die erste Rüge, mit der eine unzureichende Begründung geltend gemacht wird, zurückzuweisen ist.

225    Zweitens macht die Klägerin geltend, der Rat habe gegen seine Begründungspflicht verstoßen, weil er die tatsächlichen und genauen Gründe, auf die sich die berücksichtigten nationalen Beschlüsse stützten, nicht angeführt habe. Diese zweite Rüge wird in Bezug auf sämtliche in den Rechtsakten von 2015 bis 2017 berücksichtigten Beschlüsse und allein in Bezug auf die in den Beschlüssen von 2019 berücksichtigten Beschlüsse der Vereinigten Staaten von 2013 und 2019 geltend gemacht.

226    Drittens macht die Klägerin geltend, der Rat habe gegen seine Begründungspflicht verstoßen, weil er die tatsächlichen und genauen Gründe für die Belassung ihres Namens auf den Listen nach der Überprüfung nicht angeführt habe. Diese dritte Rüge wird nur in Bezug auf die Rechtsakte von 2015 bis 2017 erhoben.

227    Hinsichtlich der zweiten und der dritten Rüge ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK (C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 76 bis 89), im Rahmen seiner Analyse des sechsten und des siebten Rechtsmittelgrundes entschieden hat, dass die Rechtsakte von 2015 bis 2017, abgesehen von einem der berücksichtigten Vorfälle, insofern hinreichend begründet waren, als sie sich auf den Beschluss des Vereinigten Königreichs von 2014 stützten und den Namen der Klägerin auf den streitigen Listen beließen; an diese Beurteilung ist das Gericht gebunden.

228    Hinsichtlich der Beschlüsse von 2019, deren Begründung insofern unzureichend sein soll, als sie sich auf die Beschlüsse der Behörden der Vereinigten Staaten, konkret auf die Überprüfungen durch diese Behörden in den Jahren 2013 und 2019, stützten, ist zwischen dem Beschluss 2019/25 und dem Beschluss 2019/1341 zu unterscheiden.

229    Im Fall des Beschlusses 2019/25 ist, da die Prüfung des Klagegrundes eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 ergeben hat, dass die Belassung des Namens der Klägerin auf den streitigen Listen durch diesen Beschluss unabhängig von der Heranziehung der Beschlüsse der Vereinigten Staaten mit dieser Vorschrift im Einklang steht (siehe oben, Rn. 196 und 198), über die behauptete Unzulänglichkeit der Begründung, die nur die letztgenannten Beschlüsse betrifft, nicht zu entscheiden.

230    Im Fall des Beschlusses 2019/1341 ist, da die Zurückweisung des Klagegrundes eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 u. a. auf der Berücksichtigung des von den Behörden der Vereinigten Staaten bei ihrer Überprüfung im Jahr 2019 festgestellten Anschlags von 2017 beruht (siehe oben, Rn. 191 und 200), zu prüfen, ob die Begründung hinsichtlich dieses Beweises hinreichend ist. Insoweit ist hinzuzufügen, dass dieser Beweis gemäß Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 berücksichtigt wird, so dass es unerheblich ist, dass die Feststellung nicht von einer zuständigen Behörde stammte, ebenso wie es folglich unerheblich ist, dass, wie die Klägerin geltend macht, aus der Begründung des Beschlusses 2019/1341 nicht klar hervorgeht, ob dieser Vorfall, der in der Verwaltungsakte des Außenministeriums der Vereinigten Staaten von 2019 festgehalten ist, auch die Grundlage für die Beibehaltung der Benennung als terroristische Organisation durch die Behörden der Vereinigten Staaten im Jahr 2019 war.

231    Was die relevanten Tatsachen betrifft, die den Verbleib auf den Listen betreffend das Einfrieren von Geldern rechtfertigen, so setzt die Einhaltung der Begründungspflicht voraus, dass ihre Art, ihr genauer Zeitpunkt (Tag) und der Ort ihrer Begehung angegeben werden, wobei insoweit eine gewisse Unschärfe zulässig ist, da nicht unbedingt die genaue Stadt angegeben werden muss, sofern das Gebiet oder die Provinz genannt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK, C‑46/19 P, EU:C:2021:316, Rn. 61, 62 und 78 bis 80). Solche Angaben sind in der Begründung des Beschlusses 2019/1341 enthalten, in dem die Art des in Rede stehenden Anschlags (Sprengstoffanschlag auf ein türkisches Militärfahrzeug), sein Zeitpunkt (23. Juni 2017) und der Ort, an dem er begangen wurde (südliche Provinz Hakkari), genannt werden. Das Vorbringen, der Beschluss 2019/1341 sei nicht hinreichend begründet, ist daher zurückzuweisen.

232    Viertens macht die Klägerin geltend, der Rat habe seine Begründungspflicht verletzt, weil er nicht überprüft habe, ob die von den nationalen Behörden angeführten Handlungen als terroristische Handlungen im Sinne von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 eingestuft werden könnten.

233    Fünftens soll sich ein Verstoß gegen die Begründungspflicht aus dem Fehlen eines Nachweises für die Relevanz der Beschlüsse des Vereinigten Königreichs sowie der berücksichtigten französischen Entscheidungen ergeben, insbesondere angesichts der verstrichenen Zeit.

234    In Bezug auf die beiden letztgenannten Rügen ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der in Art. 296 AEUV vorgesehenen Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis handelt, das von der Frage der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Die Begründung einer Entscheidung soll nämlich förmlich die Gründe zum Ausdruck bringen, auf denen sie beruht. Weisen die Gründe Fehler auf, beeinträchtigen diese die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung, nicht aber deren Begründung, die, obwohl die Gründe fehlerhaft sind, hinreichend sein kann. Daraus folgt, dass die Rügen und Argumente, die die Begründetheit eines Rechtsakts in Frage stellen sollen, im Rahmen eines Klagegrundes, mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung gerügt wird, unerheblich sind (vgl. Urteil vom 18. Juni 2015, Ipatau/Rat, C‑535/14 P, EU:C:2015:407, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 30. Juni 2016, Al Matri/Rat, T‑545/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:376, Rn. 143). Insoweit ist hinzuzufügen, dass die Unzulänglichkeit der vom Rat vorgenommenen Prüfung einen Fehler darstellt, der die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Rechtsakts beeinträchtigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 72).

235    Im vorliegenden Fall werden mit der vierten und der fünften Rüge der Klägerin zur Stützung ihres Klagegrundes einer Verletzung der Begründungspflicht in Wirklichkeit der Umfang und der Inhalt der Überprüfung beanstandet, die der Rat zum Zweck des Erlasses der angefochtenen Beschlüsse vorgenommen hat; dies zeigt im Übrigen der Verweis der Klägerin auf ihre früheren Klagegründe, mit denen sie materiell-rechtliche Fehler geltend macht.

236    So ist die Frage, ob der Rat seiner Verpflichtung nachgekommen ist, sich zu vergewissern, ob die von den nationalen Behörden festgestellten Handlungen der Definition der terroristischen Handlung im Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 entsprechen (vierte Rüge), im Rahmen des Klagegrundes eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 geprüft worden.

237    Gleiches gilt für die Verpflichtungen des Rates im Rahmen der Überprüfung der streitigen Listen und der dabei zu berücksichtigenden verstrichenen Zeit sowie der nationalen Beschlüsse, die nach den Beschlüssen gefasst wurden, auf denen die erstmalige Aufnahme beruhte (fünfte Rüge); sie sind im Rahmen des Klagegrundes eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 geprüft worden, dem teilweise stattgegeben worden ist, ohne dass zu diesem Zweck eine Prüfung der französischen Entscheidungen erforderlich gewesen wäre.

238    Nach alledem ist der Klagegrund eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht im Wesentlichen zurückzuweisen, mit Ausnahme der Begründung des von den Behörden des Vereinigten Königreichs festgestellten Vorfalls im August 2014, die im Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK (C‑46/19 P, EU:C:2021:316), für unzureichend befunden worden ist (siehe oben, Rn. 182 und 227).

6.      Zum Klagegrund einer Verletzung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz

239    Die Klägerin stützt diesen Klagegrund auf drei Rügen. Erstens habe der Rat ihr unter Missachtung der im Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi (C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518), herausgearbeiteten Kriterien die Beweise, auf die sich die Behörden des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten gestützt hätten, nicht übermittelt. Zweitens habe der Rat nicht nachgewiesen, dass die Verteidigungsrechte und der Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz vor den amerikanischen und französischen Behörden gewahrt worden seien. Drittens seien ihre Verteidigungsrechte und ihr Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz auch dadurch verletzt worden, dass der Rat das Urteil vom 15. November 2018, PKK/Rat (T‑316/14, EU:T:2018:788), in eklatanter Weise missachtet habe.

240    Was die erste Rüge betrifft, so verpflichtet der Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte den Rat nach ständiger Rechtsprechung nicht dazu, von sich aus Zugang zu den in seinen Akten enthaltenen Schriftstücken zu gewähren, wenn hinreichend genaue Informationen mitgeteilt wurden, die es der von einer restriktiven Maßnahme betroffenen Einrichtung erlauben, zu den ihr vom Rat zur Last gelegten Gesichtspunkten sachdienlich Stellung zu nehmen. Nur auf Antrag des Betroffenen ist der Rat verpflichtet, Einsicht in alle nicht vertraulichen Verwaltungspapiere zu gewähren, die die in Rede stehende Maßnahme betreffen (vgl. Urteil vom 24. November 2021, LTTE/Rat, T‑160/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:817, Rn. 367 und die dort angeführte Rechtsprechung).

241    Im vorliegenden Fall wurden der Klägerin zum einen hinreichend genaue Informationen über die ihr zur Last gelegten Gesichtspunkte mitgeteilt, die für die Zwecke der Belassung ihres Namens auf den streitigen Listen in den Begründungen im Anhang der Rechtsakte von 2015 bis 2017 und der Beschlüsse von 2019 – die hier angesichts der festgestellten Rechtswidrigkeit der Rechtsakte von 2014 aus Gründen der Verfahrensökonomie als einzige geprüft werden – herangezogen wurden. Zum anderen hat die Klägerin in Beantwortung einer Frage des Gerichts in Bezug auf diese Rechtsakte und Beschlüsse ein einziges Schreiben vom 6. März 2015 vorgelegt, das dem Rat vor dem Erlass der Rechtsakte von 2015 übersandt wurde. Dieses Schreiben beschränkt sich hinsichtlich der in den Beschlüssen der Behörden des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten, die der Rat für die Zwecke der Belassung auf den streitigen Listen herangezogen hat, behandelten Vorfälle – um die es in diesem Klagegrund allein geht, da die Klägerin nur bei ihnen bestreiten kann, dass sie stattgefunden haben und ihr zurechenbar sind (siehe oben, Rn. 37 und 80) – darauf, das Fehlen weiterer Angaben zu beanstanden (vierter und sechster Absatz des Schreibens), was einer Einstufung dieser Vorfälle als terroristische Handlungen entgegenstehe. Dies betrifft aber die Frage der Einstufung als terroristische Handlungen und nicht die Frage – die eine Übermittlung entsprechender Beweise rechtfertigen könnte –, wem die in Rede stehenden Vorfälle anzulasten sind oder ob sie tatsächlich stattgefunden haben. Zudem würde, wenn darin ein, sei es auch impliziter, Antrag auf Akteneinsicht gesehen würde, der Grundsatz der ausnahmsweisen und antragsgebundenen Akteneinsicht in Frage gestellt, wonach das Erfordernis einer spontanen Übermittlung des Inhalts der Akte zu weit ginge (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat, T‑390/08, EU:T:2009:401, Rn. 97).

242    Daraus folgt, dass der Rat im vorliegenden Fall nicht verpflichtet war, der Klägerin die relevanten, von ihr nicht angeforderten Beweise zu übermitteln, so dass die erste Rüge zurückzuweisen ist.

243    Die zweite Rüge deckt sich, was die Beschlüsse der Vereinigten Staaten betrifft, mit der zur Stützung des Klagegrundes eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 angeführten Rüge, mit der dem Rat vorgeworfen wird, er habe nicht geprüft, ob diese Beschlüsse unter Wahrung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz ergangen seien. Da der letztgenannten Rüge stattgegeben worden ist (siehe oben, Rn. 96), ist auch der vorliegenden Rüge stattzugeben, mit der dem Rat der gleiche Vorwurf gemacht wird.

244    Hinsichtlich der französischen Entscheidungen braucht über die in Rede stehende Rüge nicht entschieden zu werden, da über die vorliegende Klage entschieden werden kann, ohne sie zu berücksichtigen (siehe oben, Rn. 188).

245    Zur dritten Rüge, die nur in der Rechtssache T‑148/19 erhoben wird und mit der geltend gemacht wird, der Rat habe das Urteil vom 15. November 2018, PKK/Rat (T‑316/14, EU:T:2018:788), missachtet, hat die Klägerin auf eine Frage des Gerichts geantwortet, ihre Rüge könne dahin ausgelegt werden, dass sie auf einen Verstoß gegen Art. 266 AEUV gestützt sei, was im Sitzungsprotokoll festgehalten worden ist. Der Rat ist dieser Auslegung der Rüge im Übrigen nicht entgegengetreten.

246    Nach Art. 266 AEUV hat das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Nichtigkeitsurteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Diese Verpflichtung besteht für das Organ ab der Verkündung des Nichtigkeitsurteils, wenn mit ihm Beschlüsse für nichtig erklärt werden – wie es hier der Fall ist, da sich unter den Rechtsakten von 2014 und den Rechtsakten von 2015 bis 2017, die durch das Urteil vom 15. November 2018, PKK/Rat (T‑316/14, EU:T:2018:788), für nichtig erklärt wurden, mehrere Beschlüsse befinden –, während Urteile, mit denen Verordnungen für nichtig erklärt werden, nach Art. 60 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist oder, wenn ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, nach dessen Zurückweisung wirksam werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Februar 2018, Klyuyev/Rat, T‑731/15, EU:T:2018:90, Rn. 259 bis 262 und die dort angeführte Rechtsprechung).

247    Genauer gesagt verpflichtet die Feststellung der Rechtswidrigkeit in den Gründen des Nichtigkeitsurteils das Organ, das den Rechtsakt erlassen hat, nach Art. 266 AEUV, die Rechtswidrigkeit in dem Rechtsakt zu beseitigen, der an die Stelle des für nichtig erklärten Rechtsakts treten soll. Diese Verpflichtung kann jedoch für das Organ weitere Folgen nach sich ziehen, soweit sie eine Bestimmung feststehenden Inhalts in einem konkreten Sachgebiet zum Gegenstand hat, wie die Verpflichtung, in die neuen, nach dem Nichtigkeitsurteil zu erlassenden Rechtsvorschriften keine Bestimmung aufzunehmen, die mit der für rechtswidrig erklärten Bestimmung inhaltsgleich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 1988, Asteris u. a./Kommission, 97/86, 99/86, 193/86 und 215/86, EU:C:1988:199, Rn. 28 und 29).

248    Wenn der Rat, als er die Beschlüsse von 2019 erließ, den Namen der Klägerin auf den in Rede stehenden Listen belassen wollte, musste er somit, um seinen Verpflichtungen aus Art. 266 AEUV nachzukommen, einen im Einklang mit den Gründen des Urteils vom 15. November 2018, PKK/Rat (T‑316/14, EU:T:2018:788), stehenden Rechtsakt über die Wiederaufnahme in die Listen erlassen. Eine solche Pflicht bestand für den Rat vor allem angesichts der im vorliegenden Fall betroffenen Rechtsakte, deren Wirkungen zeitlich begrenzt sind, was bedeutet, dass der Rat den für nichtig erklärten Rechtsakt für den betreffenden Zeitraum nicht ersetzen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 1988, Asteris u. a./Kommission, 97/86, 99/86, 193/86 und 215/86, EU:C:1988:199, Rn. 29), und die überdies, was die Überprüfung des Fortbestehens der Gefahr einer Beteiligung an terroristischen Aktivitäten nach Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 betrifft, häufig dadurch gekennzeichnet sind, dass in den späteren Rechtsakten die in den früheren Rechtsakten enthaltenen Begründungen, gegebenenfalls in aktualisierter Form, wiederholt werden. Ohne diese Pflicht würde die Nichtigerklärung durch den Unionsrichter nämlich nicht verhindern, dass in den späteren Rechtsakten rechtswidrige Begründungen wiederholt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. März 2017, Bank Tejarat/Rat, T‑346/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:164, Rn. 31), und würde somit ihrer praktischen Wirksamkeit beraubt.

249    Im vorliegenden Fall hat der Rat in den Beschlüssen von 2019 die in den Rechtsakten von 2015 bis 2017 enthaltenen Gründe, die im Urteil vom 15. November 2018, PKK/Rat (T‑316/14, EU:T:2018:788), beanstandet worden waren, reproduziert. Der Rat hat zwar gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel eingelegt. Dieses Rechtsmittel hatte jedoch, was die Wirkungen der Nichtigerklärung der streitigen Beschlüsse durch das Gericht angeht, keine aufschiebende Wirkung. Zudem wurde kein Antrag auf Aussetzung der Wirkungen des Nichtigkeitsurteils gestellt, was der Rat hätte tun können. Eine solche Weigerung des Rates, die Konsequenzen aus der Rechtskraft zu ziehen, ist geeignet, das Vertrauen der Rechtsunterworfenen in die Beachtung gerichtlicher Entscheidungen zu untergraben.

250    Der Verstoß des Rates gegen seine Verpflichtungen aus Art. 266 AEUV kann gleichwohl im vorliegenden Fall nicht zur Nichtigerklärung der Beschlüsse von 2019 führen. Das Urteil vom 15. November 2018, PKK/Rat (T‑316/14, EU:T:2018:788), wurde durch das Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK (C‑46/19 P, EU:C:2021:316), u. a. insoweit aufgehoben, als darin die Rechtsakte von 2015 bis 2017 für nichtig erklärt worden waren. Angesichts der Rückwirkung dieser Aufhebung durch den Gerichtshof kann die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse von 2019 nicht mehr wegen Missachtung des Urteils vom 15. November 2018, PKK/Rat (T‑316/14, EU:T:2018:788), durch den Rat in Frage gestellt werden (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 14. April 2014, Manufacturing Support & Procurement Kala Naft/Rat, T‑263/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:228, Rn. 37). Die dritte Rüge ist daher zurückzuweisen.

251    Trotz der Zurückweisung dieser dritten Rüge war der Rat jedoch zum Zeitpunkt des Erlasses der Beschlüsse von 2019 und der Klageerhebung in der Rechtssache T‑148/19 verpflichtet, die Konsequenzen aus den im Urteil vom 15. November 2018, PKK/Rat (T‑316/14, EU:T:2018:788), festgestellten Rechtsfehlern zu ziehen, und durfte die mit ihnen behafteten Gründe nicht erneut in die Begründungen aufnehmen. Die Klägerin durfte daher davon ausgehen, zur Erhebung der vorliegenden Klage berechtigt zu sein, was bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen sein wird.

252    Daraus folgt, dass dem vorliegenden Klagegrund nur insoweit stattzugeben ist, als dem Rat vorgeworfen wird, nicht geprüft zu haben, ob die Beschlüsse der Behörden der Vereinigten Staaten unter Wahrung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz ergangen waren.

7.      Ergebnis

253    Aus alledem folgt, dass die Rechtsakte von 2014 für nichtig zu erklären sind, da in Bezug auf sie dem Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 stattgegeben worden ist.

254    Dagegen kann die nur teilweise Begründetheit der Klagegründe eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 sowie einer Verletzung der Begründungspflicht, der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz nicht zur Nichtigerklärung der Rechtsakte von 2015 bis 2017 und der Beschlüsse von 2019 führen. Die entsprechenden Rechtsfehler, ob sie nun die Beschlüsse der Behörden der Vereinigten Staaten von 1997 und 2001 oder den der PKK zugeschriebenen Vorfall im August 2014 betreffen, erlauben es nicht, die Beurteilung des Rates hinsichtlich des Fortbestehens der Gefahr einer Beteiligung der PKK an terroristischen Aktivitäten in Frage zu stellen, die weiterhin wirksam auf die Fortgeltung der Verfügung des Innenministers des Vereinigten Königreichs sowie auf weitere Vorfälle im Jahr 2014 bzw. einen Sachverhalt aus dem Jahr 2017 gestützt ist (siehe oben, Rn. 188 und 202). Daher ist auch der in der Rechtssache T‑148/19 gestellte Antrag, dem Rat aufzugeben, eine weniger restriktive Maßnahme als die Aufnahme in die streitigen Listen zu erlassen, zurückzuweisen, ohne dass über seine Zulässigkeit entschieden zu werden braucht.

IV.    Kosten

255    Nach Art. 133 der Verfahrensordnung wird im Endurteil über die Kosten entschieden. Nach Art. 219 der Verfahrensordnung obliegt es dem Gericht, wenn es nach Aufhebung und Zurückverweisung durch den Gerichtshof entscheidet, über die Kosten des Rechtsstreits vor dem Gericht und über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof zu entscheiden. Schließlich ist nach Art. 134 Abs. 1 und 3 der Verfahrensordnung die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen, und jede Partei trägt ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

256    Im vorliegenden Fall hat der Gerichtshof im Urteil vom 22. April 2021, Rat/PKK (C‑46/19 P, EU:C:2021:316), das Urteil vom 15. November 2018, PKK/Rat (T‑316/14, EU:T:2018:788), aufgehoben und die Kostenentscheidung vorbehalten. Daher ist im vorliegenden Urteil über die Kosten des ursprünglichen Verfahrens vor dem Gericht (Rechtssache T‑316/14), des Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof (Rechtssache C‑46/19 P), des vorliegenden Zurückverweisungsverfahrens (Rechtssache T‑316/14 RENV) sowie des Verfahrens in der Rechtssache T‑148/19 zu entscheiden.

257    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung der Rechtsakte von 2014 begründet ist, während sie mit ihren Anträgen in Bezug auf alle anderen angefochtenen Rechtsakte unterlegen ist.

258    Hinsichtlich der Beschlüsse von 2019 ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das Gericht nach Art. 135 Abs. 2 der Verfahrensordnung auch eine obsiegende Partei zur Tragung eines Teils der Kosten oder sämtlicher Kosten verurteilen kann, wenn dies wegen ihres Verhaltens, auch vor Klageerhebung, gerechtfertigt erscheint; dies gilt insbesondere für Kosten, die sie der Gegenpartei nach Ansicht des Gerichts ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat. Nach der Rechtsprechung ist Art. 135 Abs. 2 der Verfahrensordnung anzuwenden, wenn ein Unionsorgan durch sein Verhalten die Entstehung eines Rechtsstreits begünstigt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Mai 2019, Ertico – ITS Europe/Kommission, T‑604/15, EU:T:2019:348, Rn. 182 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wie oben in Rn. 249 dargelegt, konnte im vorliegenden Fall der Umstand, dass der Rat beim Erlass der Beschlüsse von 2019 seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, die Konsequenzen aus den im Urteil vom 15. November 2018, PKK/Rat (T‑316/14, EU:T:2018:788), festgestellten Rechtsfehlern zu ziehen, die Klägerin dazu veranlassen, die Klage in der Rechtssache T‑148/19 zu erheben.

259    Unter Berücksichtigung aller Umstände erscheint es daher angemessen, die Klägerin und den Rat zur Tragung ihrer eigenen Kosten in allen oben in Rn. 256 genannten Rechtszügen zu verurteilen.

260    Schließlich tragen nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Demgemäß haben die Kommission, die Französische Republik und das Königreich der Niederlande ihre eigenen Kosten in den Rechtszügen zu tragen, an denen sie mitgewirkt haben.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 125/2014 des Rates vom 10. Februar 2014 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 714/2013 sowie die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 790/2014 des Rates vom 22. Juli 2014 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung Nr. 125/2014 werden für nichtig erklärt, soweit sie die Kurdistan Workers’ Party (PKK) betreffen.

2.      Im Übrigen wird die Klage in der Rechtssache T316/14 RENV abgewiesen.

3.      Die Klage in der Rechtssache T148/19 wird abgewiesen.

4.      Die PKK und der Rat der Europäischen Union tragen ihre eigenen in den Rechtssachen T316/14, C46/19 P, T316/14 RENV und T148/19 entstandenen Kosten.

5.      Die Europäische Kommission, die Französische Republik und das Königreich der Niederlande tragen ihre eigenen Kosten.

Gervasoni

Madise

Nihoul

Frendo

 

      Martín y Pérez de Nanclares

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 30. November 2022.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis


I. Vorgeschichte des Rechtsstreits

II. Anträge der Parteien

III. Rechtliche Würdigung

A. Zur Zulässigkeit

B. Zur Begründetheit

1. Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931

a) Zum Beschluss des Vereinigten Königreichs

1) Zur Einstufung des Innenministers des Vereinigten Königreichs als „zuständige Behörde“

2) Zu den genauen Informationen bzw. einschlägigen Akten, aus denen sich ergibt, dass ein solcher Beschluss von einer zuständigen Behörde gefasst wurde

3) Zum Zeitpunkt der terroristischen Handlungen, die das Verbot der PKK durch den Innenminister des Vereinigten Königreichs begründeten

b) Zu den Beschlüssen in den Vereinigten Staaten

2. Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931

a) Zur Zulässigkeit des Klagegrundes

b) Zur Erheblichkeit des Klagegrundes

c) Zur Begründetheit des Klagegrundes

1) Zur Argumentation, dass die Ziele von Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 im Licht des legitimen bewaffneten Konflikts um die Selbstbestimmung des kurdischen Volkes auszulegen seien

2) Zur Bestreitung des terroristischen Charakters der Ziele, die mit einigen der Klägerin zugeschriebenen Handlungen verfolgt werden

3. Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931

a) Zu der vom Rat in den Rechtsakten von 2014 durchgeführten Überprüfung (Rechtssache T316/14 RENV)

b) Zu der vom Rat in den Rechtsakten von 2015 bis 2017 durchgeführten Überprüfung (Rechtssache T316/14 RENV)

c) Zu der vom Rat im Rahmen der Beschlüsse von 2019 durchgeführten Überprüfung (Rechtssache T148/19)

4. Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

5. Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht

6. Zum Klagegrund einer Verletzung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz

7. Ergebnis

IV. Kosten


*      Verfahrenssprache: Englisch.