Language of document : ECLI:EU:T:2012:352





Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 10. Juli 2012 –
TF1 u. a./Kommission

(Rechtssache T‑520/09)

„Staatliche Beihilfen – Öffentlich-rechtlicher Rundfunk – Beabsichtigte Beihilfe der Französischen Republik zugunsten von France Télévisions – Zuschuss aus Haushaltsmitteln für das Jahr 2009 – Entscheidung, keine Einwände zu erheben – Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse – Kriterium der Verhältnismäßigkeit – Keine ernsthaften Schwierigkeiten“

1.                     Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Prüfung durch die Kommission – Vorprüfungsphase und kontradiktorische Prüfungsphase – Entscheidungen, die die Kommission am Ende der Vorprüfungsphase erlassen könnte – Recht der Betroffenen auf Anhörung bei Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens (Art. 88 Abs. 2 und 3 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 6 Abs. 1 und Art. 20) (vgl. Randnrn. 38‑46)

2.                     Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Entscheidung der Kommission, mit der ohne Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens die Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird – Klage von Beteiligten im Sinne von Art. 88 Abs. 2 EG – Klage zur Wahrung der Verfahrensrechte der Beteiligten – Klagegründe, die geltend gemacht werden können – Beweislast – Gerichtliche Nachprüfung (Art. 88 Abs. 2 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 1 Buchst. h) (vgl. Randnrn. 47‑50, 152, 212‑213)

3.                     Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Prüfung durch die Kommission – Vorprüfungsphase – Dauer – Zwingender Charakter der Frist von höchstens zwei Monaten, die geschaffen wurde, um die Rechtssicherheit des notifizierenden Mitgliedstaats sicherzustellen – Berechnung der Dauer der Vorprüfung nach dem Eingang einer vollständigen Anmeldung – Begriff der vollständigen Anmeldung (Art. 88 Abs. 2 und 3 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 2 Abs. 2 und 4 Abs. 1 und 5) (vgl. Randnrn. 56‑58, 60‑63)

4.                     Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Prüfung durch die Kommission – Vorprüfungsphase – Dauer – Zwingender Charakter der Frist von höchstens zwei Monaten, die geschaffen wurde, um die Rechtssicherheit des notifizierenden Mitgliedstaats sicherzustellen – Folgen bei Überschreitung dieser Frist – Die beträchtliche Überschreitung der Frist kann einen Anhaltspunkt für das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten sein, die die Eröffnung der kontradiktorischen Prüfung erfordern – Einzelfallprüfung (Art. 88 Abs. 2 und 3 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 4 Abs. 6 EG) (vgl. Randnrn. 64‑68)

5.                     Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Prüfung durch die Kommission – Vorprüfungsphase und kontradiktorische Prüfungsphase – Verpflichtung der Kommission, bei Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten das kontradiktorische Verfahren einzuleiten – Die Einholung zusätzlicher Auskünfte deutet nicht per se auf das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten hin (Art. 88 Abs. 2 und 3 EG) (vgl. Randnrn. 76‑77)

6.                     Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Prüfung durch die Kommission – Vorprüfungsphase und kontradiktorische Prüfungsphase – Verpflichtung der Kommission, bei Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten das kontradiktorische Verfahren einzuleiten – Die Verlängerung der Vorprüfungsphase aufgrund der Unvollständigkeit der Anmeldung bedeutet nicht das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten im Hinblick auf eine loyale Zusammenarbeit des Mitgliedstaats (Art. 88 Abs. 2 und 3 EG) (vgl. Randnrn. 82, 86)

7.                     Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Prüfung durch die Kommission – Vorprüfungsphase und kontradiktorische Prüfungsphase – Verpflichtung der Kommission, bei Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten das kontradiktorische Verfahren einzuleiten – Umfang der Investition oder Beihilfe – Unerheblichkeit (Art. 88 Abs. 2 und 3 EG) (vgl. Randnr. 88)

8.                     Wettbewerb – Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind – Rundfunksektor – Auslegung der in Art. 86 Abs. 2 EG vorgesehenen Ausnahme im Licht des Art. 16 EG und des Protokolls über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Beihilfe, um die Überschreitung der Nettokosten zu vermeiden (Art. 16 EG und 86 Abs. 2 EG; Protokoll über den öffentlich‑rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten, dem EG‑Vertrag mit dem Vertrag von Amsterdam beigefügt; Mitteilung der Kommission 2001/C 320/04) (vgl. Randnrn. 92‑96, 101‑103, 139, 170)

9.                     Wettbewerb – Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind – Rundfunksektor – Freiheit der Mitgliedstaaten, die Form der Finanzierung dieses öffentlich‑rechtlichen Dienstes selbst festzulegen – Grenze (Art. 86 Abs. 2 EG; Protokoll über den öffentlich‑rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten, dem EG‑Vertrag mit dem Vertrag von Amsterdam beigefügt) (vgl. Randnrn. 117‑118)

10.                     Staatliche Beihilfen – Entscheidung der Kommission – Beurteilung der Rechtmäßigkeit anhand der bei Erlass der Entscheidung verfügbaren Informationen (Art. 87 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 135, 163)

11.                     Verfahren – Vorbringen neuer Angriffs‑ und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens – Voraussetzungen – Neues Vorbringen – Begriff (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 44 § 1 Buchst. c und 48 § 2) (vgl. Randnrn. 185, 208, 215)

Gegenstand

Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 1. September 2009 über einen Zuschuss aus Haushaltsmitteln für France Télévisions, soweit die Kommission in dieser Entscheidung keine Einwände gegen einen Zuschuss aus Haushaltsmitteln von höchstens 450 Mio. Euro für das Jahr 2009 erhebt

Tenor

1.

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

2.

Télévision française 1 (TF1), Métropole télévision (M6) und Canal + tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission und von France Télévisions.

3.

Die Französische Republik trägt ihre eigenen Kosten.