Language of document : ECLI:EU:T:2014:88

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

27. Februar 2014(*

„Wettbewerb – Kartelle – Weltmarkt für Flüssigkristallanzeigen (LCD) – Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen bezüglich der Preisfestsetzung und der Produktionskapazitäten – Interne Verkäufe – Verteidigungsrechte – Geldbußen – Teilerlass der Geldbuße – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Grundsatz ne bis in idem“

In der Rechtssache T‑128/11

LG Display Co. Ltd mit Sitz in Seoul (Südkorea),

LG Display Taiwan Co. Ltd mit Sitz in Taipeh (Taiwan),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Winckler und F.‑C. Laprévote,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch P. Van Nuffel und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte im Beistand von S. Kingston, Barrister,

Beklagte,

wegen teilweiser Nichtigerklärung des Beschlusses K(2010) 8761 endg. der Kommission vom 8. Dezember 2010 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/39.309 – LCD-Flüssigkristallanzeigen) und Herabsetzung der mit diesem Beschluss gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richter G. Berardis (Berichterstatter) und C. Wetter,

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2013

folgendes

Urteil(1)

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

 Betroffene Unternehmen

1        Die LG Display Co. Ltd (im Folgenden: LGD), vormals Philips LCD Co. Ltd, ist eine Gesellschaft koreanischen Rechts, die eine weltweit präsente Gruppe von in der Herstellung von Aktiv-Matrix-Flüssigkristallanzeigen tätigen Unternehmen kontrolliert.

2        LGD wurde am 26. Juli 1999 durch eine Vereinbarung über ein Gemeinschaftsunternehmen zwischen der Gesellschaft koreanischen Rechts LG Electronics, Inc. (im Folgenden: LGE) und der Gesellschaft niederländischen Rechts Koninklijke Philips Electronics NV (im Folgenden: Philips) gegründet.

3        Vom 26. Juli 1999 bis 23. Juli 2004 waren LGE und Philips mit jeweils 50 % an LGD beteiligt. Danach gingen ihre Anteile auf 37,9 % bzw. 32,87 % zurück.

4        Die LG Display Taiwan Co. Ltd (im Folgenden: LGDT), vormals LG Philips LCD Taiwan, ist eine Gesellschaft taiwanischen Rechts, die zu 100 % LGD gehört und in der Herstellung und im Vertrieb von LCD tätig ist.

[nicht wiedergegeben]

 Angefochtener Beschluss

[nicht wiedergegeben]

19      In dem angefochtenen Beschluss stellte die Kommission die Existenz eines Kartells fest, an dem sechs große internationale LCD-Hersteller, darunter die Klägerinnen, beteiligt gewesen seien und das die beiden folgenden Kategorien dieser Produkte ab Größe zwölf Zoll aufwärts betroffen habe: LCD für den Informationstechnologie-Bereich, wie zum Beispiel für kompakte tragbare Computer und Computer-Bildschirme, und LCD für Fernsehgeräte (zusammen im Folgenden: kartellierte LCD).

20      Nach dem angefochtenen Beschluss stellte dieses Kartell eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) dar, die vom 5. Oktober 2001 bis mindestens zum 1. Februar 2006 (im Folgenden: Zuwiderhandlungszeitraum) stattgefunden habe. In diesem Zeitraum hätten die Kartellbeteiligten hauptsächlich in taiwanischen Hotels zahlreiche multilaterale Zusammenkünfte abgehalten, die von ihnen so genannten „Crystal Meetings“ (Kristalltreffen). Diese Zusammenkünfte hätten einen eindeutig wettbewerbswidrigen Zweck gehabt, da sie den Teilnehmern u. a. Gelegenheit geboten hätten, Mindestpreise für die kartellierten LCD festzusetzen, ihre Prognosen für die Preise zu erörtern, um deren Rückgang zu vermeiden, und Preiserhöhungen sowie Produktionsmengen zu koordinieren. Während des Zuwiderhandlungszeitraums hätten sich die Kartellbeteiligten auch bilateral getroffen und hätten häufig Informationen über die bei den „Kristalltreffen“ behandelten Themen ausgetauscht. Im Übrigen hätten sie Maßnahmen getroffen, um die Umsetzung der bei diesen Treffen gefassten Beschlüsse nachzuprüfen (Erwägungsgründe 70 bis 74 des angefochtenen Beschlusses).

[nicht wiedergegeben]

22      Entsprechend den Leitlinien von 2006 bestimmte die Kommission erstens den von der Zuwiderhandlung unmittelbar oder mittelbar betroffenen Umsatz mit kartellierten LCD. Hierzu teilte sie den Umsatz der Kartellbeteiligten in die drei folgenden Kategorien ein:

–        „Unmittelbare Verkäufe im EWR“, d. h. Verkäufe von kartellierten LCD an ein anderes Unternehmen im EWR;

–        „Unmittelbare Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“, d. h. Verkäufe von kartellierten LCD als Bestandteil von an ein anderes Unternehmen im EWR verkauften Endprodukten, wobei der Einbau innerhalb des Konzerns, zu dem der Hersteller gehört, erfolgte;

–        „Mittelbare Verkäufe“, d. h. Verkäufe von kartellierten LCD an ein anderes, außerhalb des EWR ansässiges Unternehmen, das die Bildschirme dann in Endprodukte einbaut, die es im EWR verkauft (380. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

23      Die Kommission meinte jedoch, sie brauche nur die ersten beiden der in Rn. 22 genannten Kategorien zu berücksichtigen, da die Einbeziehung der dritten Kategorie nicht erforderlich sei, um Geldbußen in ausreichend abschreckender Höhe verhängen zu können (381. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

24      Statt den Umsatz des Unternehmens im letzten vollständigen Geschäftsjahr seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung zu verwenden, wie dies Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 als Regelfall vorsieht, hielt es die Kommission angesichts des exponentiellen Wachstums der Umsätze der meisten betroffenen Unternehmen in den Jahren, auf die sich der angefochtene Beschluss bezieht, für angebracht, im vorliegenden Fall den durchschnittlichen Jahresumsatz während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung heranzuziehen (384. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

25      In Bezug auf die Klägerinnen berücksichtigte die Kommission trotz deren Einwänden bei der Bestimmung des relevanten Umsatzes auch ihre Verkäufe an LGE und Philips. Denn zum einen seien die Verkäufe an diese Unternehmen ebenfalls Gegenstand der Gespräche zwischen den betroffenen Kartellbeteiligten gewesen, und zum anderen sei der Preis für diese Verkäufe durch die Marktumstände, d. h. das Bestehen von Preisabsprachen, beeinflusst worden. Somit wurde für die Klägerinnen der Gesamtwert der im Zuwiderhandlungszeitraum getätigten relevanten Verkäufe auf 2 296 240 479 Euro festgesetzt, was – gerechnet auf die Dauer des Kartells von 4,33 Jahren – einen Jahresdurchschnitt von 530 309 579 Euro ergibt (Erwägungsgründe 386 und 396 sowie Tabelle Nr. 4 des angefochtenen Beschlusses).

[nicht wiedergegeben]

31      Auf der Grundlage dieser Erwägungen erlegte die Kommission den Klägerinnen in Art. 2 des angefochtenen Beschlusses gesamtschuldnerisch eine Geldbuße von 215 000 000 Euro auf.

 Verfahren und Anträge der Parteien

32      Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 23. Februar 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

33      Nach Einreichung der Gegenerwiderung der Kommission am 8. Dezember 2011 haben die Klägerinnen gemäß Art. 48 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ein weiteres Beweismittel zur Stützung ihres in der Klageschrift geltend gemachten vierten Klagegrundes angeboten (im Folgenden: weiteres Beweisangebot).

34      Am 26. Januar 2012 hat die Kommission ihre Stellungnahme zu dem weiteren Beweisangebot eingereicht.

35      Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und es hat im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung den Parteien schriftlich Fragen gestellt, die sie fristgerecht beantwortet haben.

36      Die Parteien haben in der Sitzung vom 26. April 2013 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

37      Nach dieser Sitzung hat das Gericht in der immer noch offenen mündlichen Verhandlung den Parteien schriftlich weitere Fragen gestellt, die sie fristgerecht beantwortet haben.

38      Mit Entscheidung des Präsidenten der Sechsten Kammer des Gerichts vom 12. Juli 2013 ist die mündliche Verhandlung geschlossen worden.

39      Die Klägerinnen beantragen,

–        den angefochtenen Beschluss teilweise für nichtig zu erklären und die damit gegen sie festgesetzte Geldbuße deutlich herabzusetzen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen;

–        alle sonstigen rechtlich gebotenen Maßnahmen zu erlassen.

40      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

[nicht wiedergegeben]

 Zum ersten Klagegrund: Zu Unrecht und unter Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen erfolgte Einbeziehung ihrer internen Verkäufe bei der Berechnung der Geldbußenhöhe

[nicht wiedergegeben]

 Zum ersten Teil des Klagegrundes: Verstoß gegen die Leitlinien von 2006

[nicht wiedergegeben]

–       Zur Berücksichtigung der Verkäufe an mit den Klägerinnen verbundene Unternehmen

60      Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, der Umstand, dass sie mit LGE und Philips kein einheitliches Unternehmen im Sinne der oben in Rn. 54 angeführten Rechtsprechung bildeten, sei, auch wenn er zur Folge habe, dass LGE und Philips nicht gesamtschuldnerisch für ihre Zuwiderhandlung in Haftung genommen werden könnten, doch ohne Bedeutung für die Frage, ob die von ihnen an LGE und Philips verkauften kartellierten LCD zu den Verkäufen gehörten, die mit dem in dem angefochtenen Beschluss festgestellten Verstoß in Zusammenhang stünden im Sinne von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006.

61      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht geltend gemacht hat, die Verkäufe der Klägerinnen an LGE und Philips seien schon deshalb von dem Verstoß betroffen, weil es sich nicht um Verkäufe zwischen Unternehmen handle, die Teil eines einheitlichen Unternehmens im Sinne der oben in Rn. 54 angeführten Rechtsprechung seien.

62      Dass die Kommission in dem angefochtenen Beschluss nicht festgestellt hat, dass die Klägerinnen, LGE und Philips ein einheitliches Unternehmen bildeten, war nämlich notwendige Voraussetzung für die Einbeziehung der Verkäufe der Klägerinnen an LGE und Philips in die Kategorie „Unmittelbare Verkäufe im EWR“, der die Annahme zugrunde liegt, dass die fraglichen Verkäufe an unabhängige Dritte erfolgen. Die Kommission musste jedoch gleichwohl darlegen, wie die Verkäufe der Klägerinnen an LGE und Philips mit dem Kartell zusammenhingen.

63      Hierzu führte die Kommission im 396. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aus, dieser Zusammenhang habe erstens darin bestanden, dass die Verkäufe von kartellierten LCD an mit den Kartellbeteiligten verbundene Kunden wie LGE und Philips in den Gesprächen zwischen den Kartellbeteiligten mit erörtert worden seien, und zweitens darin, dass der Preis für die Verkäufe an diese Kunden durch die Marktumstände, d. h. das Bestehen von Preisabsprachen, beeinflusst worden sei.

[nicht wiedergegeben]

 Zum dritten Teil des Klagegrundes: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung

[nicht wiedergegeben]

136    In Bezug auf die Klägerinnen gelangte die Kommission schließlich zur Auffassung, dass sie nicht mit LGE und Philips ein einheitliches Unternehmen bildeten. Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerinnen keinerlei Anhaltspunkt gegen diese Schlussfolgerung der Kommission geliefert haben.

137    Somit wurden die Verkäufe der Klägerinnen an LGE und Philips in die Kategorie „Unmittelbare Verkäufe im EWR“ einbezogen.

138    Hätte die Kommission dies nicht getan, wären die Klägerinnen gegenüber den anderen Kartellbeteiligten, die wie sie nicht vertikal integriert waren, weil sie mit den Unternehmen, an die sie ihre kartellierten LCD verkauften, kein einheitliches Unternehmen bildeten, in den Genuss eines Vorteils gekommen.

139    Dass die Kommission bei Kartellbeteiligten, die anders als die Klägerinnen als vertikal integrierte einheitliche Unternehmen angesehen wurden, die betreffenden Verkäufe in die Kategorie „Unmittelbare Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ einordnete, ist unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der Gleichbehandlung nicht zu beanstanden, da bei einem einheitlichen Unternehmen eine andere Situation vorliegt, die es rechtfertigt, dass gegenüber den betreffenden Kartellbeteiligten diese andere Kategorie angewandt wurde.

140    Zur Rüge der Klägerinnen, es liege eine Ungleichbehandlung vor, je nachdem, ob die konzerninternen Verkäufe an Tochtergesellschaften oder an Muttergesellschaften erfolgt seien, genügt der Hinweis, dass die Kommission zu Recht den Begriff des einheitlichen Unternehmens anwandte. So wurden 100%ige Tochtergesellschaften als zu demselben Unternehmen wie die Kartellbeteiligten gehörend angesehen, während Unternehmen mit Anteilen an Kartellbeteiligten nicht als Muttergesellschaften angesehen wurden, soweit es an dem Nachweis fehlte, dass die dafür von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen erfüllt waren. Nach Feststellung der Kommission war dies bei LGE und Philips gegenüber den Klägerinnen, die diese Feststellung nicht in Frage gestellt haben, aber nicht der Fall. Dagegen wurden Verkäufe, die ein an dem Kartell beteiligtes Unternehmen an unabhängige Dritte im EWR tätigte, von der Kommission unabhängig davon berücksichtigt, welche zu diesem Unternehmen gehörende Gesellschaft (Mutter- oder Tochtergesellschaft) die kartellierten LCD konkret verkauft hatte.

141    Zur Entscheidung der Kommission, die dritte, im 380. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses definierte Kategorie der Verkäufe, nämlich die „mittelbaren Verkäufe“ (siehe oben, Rn. 22), bei der Berechnung der Geldbußenhöhe nicht zu berücksichtigen, ist festzustellen, dass zwar bestimmte kartellierte LCD, die von Kartellbeteiligten an außerhalb des EWR ansässige Dritte geliefert wurden, möglicherweise in im EWR verkauften Endprodukten enthalten waren, jedoch nicht zu bestreiten, dass die Verbindung zwischen dem Kartell und dem EWR-Gebiet im Sinne von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 schwächer war als jene, die im Fall der beiden Kategorien bestand, die im angefochtenen Beschluss berücksichtigt wurden.

142    Ferner kann, da der Ausschluss der „mittelbaren Verkäufe“ gegenüber allen Kartellbeteiligten galt, insoweit keine Rede von einer Ungleichbehandlung sein.

[nicht wiedergegeben]

 Zum zweiten Klagegrund: zu Unrecht verweigerter Erlass der Geldbuße für das Jahr 2005

155    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission hätte ihnen einen Teilerlass gemäß Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit nicht nur für das Jahr 2006, sondern auch für das Jahr 2005 gewähren müssen. Mit ihrem mündlichen Kronzeugenantrag vom 17. Juli 2006 sowie ihrer ergänzenden mündlichen Erklärung vom 20. Juli 2006 und den zahlreichen beigefügten Beweisunterlagen seien die Klägerinnen nämlich die ersten gewesen, die der Kommission Tatsachen mitgeteilt hätten, von der sie zuvor keine Kenntnis gehabt habe, nämlich dass das LCD-Kartell bis 2005 angedauert habe. Die Klägerinnen tragen hierzu vor, die von Samsung, nach ihrem mündlichen Antrag, am 18. Juli 2006 vorgelegten Unterlagen hätten keinen Aufschluss über die Organisation der „Kristalltreffen“ im Jahr 2005 gegeben, und der ergänzenden mündlichen Erklärung von Samsung vom 20. Juli 2006, in der zwar die Kontakte zwischen Wettbewerbern im Jahr 2005 beschrieben gewesen seien, seien keine Beweisunterlagen beigefügt gewesen.

[nicht wiedergegeben]

157    Rn. 23 der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit sieht Folgendes vor:

„23      Die Kommission wird in ihrer am Ende des Verwaltungsverfahrens erlassenen endgültigen Entscheidung darüber befinden,

a)      ob die von einem Unternehmen vorgelegten Beweismittel einen erheblichen Mehrwert gegenüber den Beweismitteln aufweisen, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Besitz der Kommission befanden,

b)      und in welchem Umfang die Geldbuße, die andernfalls verhängt worden wäre, ermäßigt wird:

–      für das erste Unternehmen, das die Voraussetzungen unter Randnummer 21 erfüllt, eine Ermäßigung zwischen 30 % und 50 %;

Falls ein Unternehmen Beweismittel für [Tatsachen] vorlegt, von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte und die die Schwere oder Dauer des mutmaßlichen Kartells unmittelbar beeinflussen, lässt die Kommission diese Faktoren bei der Festsetzung der Geldbuße gegen das Unternehmen, das diese Beweismittel geliefert hat, unberücksichtigt.“

[nicht wiedergegeben]

 Darlegung der allgemeinen Grundsätze

[nicht wiedergegeben]

166    Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit betrifft somit nicht die Fälle, in denen ein Unternehmen lediglich weitere oder ausführlichere Beweismittel hinsichtlich von Tatsachen vorgelegt hat, von denen die Kommission bereits Kenntnis hatte. Der genannte Absatz gilt auch nicht für die Fälle, in denen ein Unternehmen weitere Tatsachen mitteilt, diese die Beurteilung der Schwere oder der Dauer des Kartells durch die Kommission aber nicht ändern können. Diese Vorschrift findet vielmehr ausschließlich Anwendung auf die Fälle, in denen zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens muss das betreffende Unternehmen das erste sein, das einen Sachverhalt nachweist, von dem die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte, und zweitens muss dieser die Schwere oder die Dauer des mutmaßlichen Kartells unmittelbar beeinflussende Sachverhalt es der Kommission erlauben, zu neuen Erkenntnissen über die Zuwiderhandlung zu gelangen (Urteil [des Gerichts vom 5. Oktober 2011,] Transcatab/Kommission, [T‑39/06, Slg. 2011, II‑6831,] Rn. 382).

167    Die Voraussetzungen für die Anwendung von Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit sind eng auszulegen, und die Anwendung dieser Bestimmung ist auf die Fälle zu beschränken, in denen eine an einem Kartell beteiligte Gesellschaft der Kommission eine neue Information betreffend die Schwere oder Dauer der Zuwiderhandlung liefert und die Fälle ausschließt, in denen das Unternehmen nur Informationen liefert, die die Beweise für die Zuwiderhandlung untermauern. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kronzeugenregelung eine Ausnahme von dem Grundsatz darstellt, nach dem jeder Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht durch ein Unternehmen zu ahnden ist; deshalb sind die Regeln, die sich darauf beziehen, eng auszulegen. Im Übrigen würde die Wirksamkeit der Kronzeugenprogramme beeinträchtigt, wenn die Unternehmen die Anreize verlören, als Erste die Informationen vorzulegen, mit denen der Kommission ein Kartell angezeigt wird.

[nicht wiedergegeben]

 Anwendung auf den vorliegenden Fall

170    Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht den zeitlichen Ablauf der Ereignisse des Monats Juli 2006 bestreiten, wie ihn die Kommission zugrunde gelegt hat. So steht fest:

–        Die Klägerinnen haben am 17. Juli 2006 eine mündliche Erklärung abgegeben;

–        Samsung hat am 18. Juli 2006 Beweisstücke vorgelegt;

–        Samsung hat am 20. Juli 2006 um 9.40 Uhr eine mündliche Erklärung abgegeben;

–        die Klägerinnen haben am 20. Juli 2006 um 15.30 Uhr eine mündliche Erklärung abgegeben und Beweisstücke vorgelegt.

171    Folglich müssen die Klägerinnen, um einen Teilerlass für das Jahr 2005 in Anspruch nehmen zu können, nachweisen, dass die von ihnen am 17. Juli 2006 gelieferten Informationen den Voraussetzungen der Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit entsprechen, wie sie in Rn. 166 des vorliegenden Urteils zusammengefasst worden sind. Anderenfalls müssten sie nachweisen, dass zum einen die Kommission trotz der am 18. und 20. Juli 2006 von Samsung offenbarten Informationen keine Kenntnis davon hatte, dass die mit dem angefochtenen Beschluss geahndete Zuwiderhandlung 2005 andauerte, und zum anderen, dass ihre am 20. Juli 2006 vorgelegten Informationen den fraglichen Voraussetzungen entsprachen.

172    Es ist zu prüfen, ob die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes nachgewiesen haben, dass ihnen der Teilerlass für das Jahr 2005 hätte gewährt werden müssen.

173    Als Erstes tragen die Klägerinnen vor, die Kommission habe Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit falsch ausgelegt, indem sie von den Klägerinnen verlangt habe, hinreichende Beweise zum Nachweis des fraglichen Sachverhalts zu erbringen, um den Teilerlass zu erhalten. Nach dem Wortlaut dieser Mitteilung, wie ihn die Kommission in anderen Fällen ausgelegt habe, müssten diese Beweise nämlich nur einschlägig sein. Im Übrigen habe die Kommission Samsung günstiger behandelt, indem sie ihr den Erlass auf der Grundlage von Informationen gewährt habe, die qualitativ nicht besser gewesen seien als die der Klägerinnen.

174    Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission entsprechend den in den Rn. 161 bis 168 des vorliegenden Urteils dargestellten Grundsätzen die von den Klägerinnen am 17. Juli 2006 gelieferten Informationen zutreffend als zu vage ansah, um den Voraussetzungen der fraglichen Bestimmung in der Auslegung durch die Rechtsprechung zu genügen.

175    Angesichts des Inhalts der Erklärung der Klägerinnen vom 17. Juli 2006 konnte die Kommission nämlich im 467. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht Folgendes feststellen:

„… Im vorliegenden Fall genügen die am 17. Juli 2006 mündlich vorgetragenen bloßen Behauptungen, dass ähnliche Zusammenkünfte wie die vom 5. und 19. Oktober 2001 noch bis Anfang 2005 stattgefunden hätten und dass danach noch während einiger Zeit weiter Informationen ausgetauscht worden seien, oder dass gelegentlich Mindestpreise und Richtlinien für die Preisgestaltung erörtert oder vereinbart worden seien, sonst aber bei diesen Zusammenkünften lediglich Informationen über die Preise, die Kapazitäten und die Produktion ausgetauscht worden seien, nicht für den Nachweis, dass die Zuwiderhandlung während des ganzen Jahres 2005 andauerte. Als [LGD] derartige Beweise für 2005 und auch die ersten beiden Monate von 2006 insbesondere mit ihrer Erklärung vom 20. Juli 2006 vorlegte, hatte Samsung als Kronzeugin die Kommission bereits mit ihren Erklärungen vom 18. und 20. Juli 2006 hinreichend über die Fortdauer der Zuwiderhandlung im Jahr 2005 informiert …“

176    Anders als die Klägerinnen behaupten, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ihre Erklärung genaue und fundierte, unmittelbar auf die Dauer der Zuwiderhandlung bezogene Beweise im Sinne der in Rn. 168 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung dafür bot, dass die Zuwiderhandlung während des ganzen Jahres 2005 andauerte. Denn in der Erklärung ist zwar angegeben, dass bei den Zusammenkünften von Oktober 2001 bis Anfang des Jahres 2005 Informationen über die Preise, den Markt und die Bezugsbedingungen weltweit sowie Informationen über die Beziehungen mit bestimmten Kunden ausgetauscht worden seien, doch ist für die Zeit danach nur von einem „Austausch bestimmter Informationen“ während eines „bestimmten Zeitraums“ die Rede, ohne nähere Angabe, um welche Art von Informationen es sich handelte. Die Bezugnahmen in der Erklärung auf einen Austausch von Informationen über die Preise betreffen die bereits genannten Zusammenkünfte im Zeitraum 2001 bis Anfang des Jahres 2005. Die Erklärung enthält keinerlei Angabe über einen Austausch von Informationen über die Preise für die Zeit nach dem Anfang des Jahres 2005. Ebenso wenig ist in der Erklärung präzisiert, zu welchem Zeitpunkt im Jahr 2005 sich die Natur der Zusammenkünfte geändert habe, es wird lediglich angegeben, dass diese Änderung am Anfang des Jahres eingetreten sei.

177    Daher sind die in der Erklärung der Klägerinnen enthaltenen Informationen zum Jahr 2005 zu vage, um für die Dauer des Kartells unmittelbare Bedeutung zu haben.

178    Zu dem Umstand, dass die Kommission gegenüber Samsung, als sie ihr die Geldbuße vollständig erließ, weniger strenge Kriterien anwandte, genügt die Feststellung, dass sich der in Rn. 8 Buchst. b der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit beschriebene Maßstab hierfür von dem in Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz dieser Mitteilung vorgesehenen Maßstab unterscheidet. Nach der ersteren Bestimmung wird nämlich der vollständige Erlass dem Unternehmen gewährt, das als Erstes Beweismittel vorlegt, die es der Kommission ihrer Ansicht nach ermöglichen, ein Kartell festzustellen.

179    Dass die Maßstäbe unterschiedlich sind, stellt eine objektive Rechtfertigung dar, die es der Kommission ermöglicht, Samsung und die Klägerinnen ungleich zu behandeln, ohne gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zu verstoßen (vgl. die oben in Rn. 131 angeführte Rechtsprechung).

[nicht wiedergegeben]

189    Im Übrigen trifft es zwar zu, dass der letzte von Samsung beigebrachte, in Rn. 187 des vorliegenden Urteils genannte Beweis im angefochtenen Beschluss nicht erwähnt wird, in dem überwiegend die von den Klägerinnen für das Jahr 2005 beigebrachten Beweise zugrunde gelegt werden. Dass im angefochtenen Beschluss nicht jeder von Samsung beigebrachte Beweis herangezogen wurde, ändert jedoch nichts daran, dass der Kommission zum Zeitpunkt der Erklärung der Klägerinnen vom 20. Juli 2006 aufgrund der Angaben von Samsung nicht unbekannt war, dass die bilateralen Kontakte zwischen bestimmten Kartellbeteiligten im Jahr 2005 angedauert hatten.

190    Der Umstand, dass die Kommission häufig die von den Klägerinnen am 20. Juli 2006 gelieferten Informationen heranzog, bestätigt, dass diese tatsächlich höheren Beweiswert hatten als die vorher von Samsung gemachten Angaben. Gerade deshalb befand jedoch die Kommission, die Angaben der Klägerinnen stellten „einen erheblichen Mehrwert“ im Sinne der Rn. 21 und 22 der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit dar, der eine Ermäßigung der Geldbuße um 50 % rechtfertige. Insoweit ist hervorzuheben, dass sich die Beurteilungskriterien für die Gewährung dieser Ermäßigung von jenen (in Rn. 166 des vorliegenden Urteils angeführten) unterscheiden, nach denen sich beurteilt, ob die Erklärung der Klägerinnen vom 20. Juli 2006 auch für das Jahr 2005 zu einem Teilerlass führen konnte.

[nicht wiedergegeben]

192    Viertens ist zu dem Umstand, dass die Informationen von Samsung nicht die „Kristalltreffen“, sondern nur die bilateralen Kontakte betreffen, darauf hinzuweisen, dass sich die fragliche Zuwiderhandlung nach der Definition im angefochtenen Beschluss, u. a. im 70. Erwägungsgrund, nicht nur auf die „Kristalltreffen“, sondern auch auf die bilateralen Kontakte zwischen den Kartellbeteiligten erstreckte. Daher sind Beweise für das Bestehen dieser Kontakte im Jahr 2005 einschlägig für den Nachweis, dass die in dem angefochtenen Beschluss festgestellte einheitliche Zuwiderhandlung während dieses ganzen Jahres fortdauerte.

193    Zur Behauptung, die Beweise von Samsung beträfen nicht spezifisch die Beteiligung der Klägerinnen an dem Kartell im Jahr 2005, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass, wie in Rn. 185 des vorliegenden Urteils festgestellt, in einer der von Samsung vorgelegten E-Mails die Möglichkeit erwähnt ist, die Klägerinnen nach ihren Absichten hinsichtlich bestimmter Preise zu befragen, was zeigt, dass sie weiter an dem Kartell beteiligt waren. Zum anderen kann nach der Rechtsprechung im Fall einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung ein Unternehmen, das sich durch eigene Handlungen, die den Begriff von auf ein wettbewerbswidriges Ziel gerichteten Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV erfüllt haben und zur Mitwirkung an der Verwirklichung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit bestimmt waren, an einer solchen Zuwiderhandlung beteiligt hat, für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der genannten Zuwiderhandlung auch für das Verhalten verantwortlich sein, das andere Unternehmen im Rahmen der Zuwiderhandlung an den Tag legten (Urteile des Gerichts vom 12. Dezember 2007, BASF und UCB/Kommission, T‑101/05 und T‑111/05, Slg. 2007, II‑4949, Rn. 160, und vom 2. Februar 2012, Denki Kagaku Kogyo und Denka Chemicals/Kommission, T‑83/08, Rn. 242).

194    Demnach ist das auf Erlangung eines Teilerlasses für das Jahr 2005 gerichtete Vorbringen der Klägerinnen unbegründet.

195    Unter diesen Umständen ist schließlich das Hilfsvorbringen der Klägerinnen zu prüfen, der Teilerlass, den ihnen die Kommission für den Monat Januar 2006 gewährt habe, hätte dazu führen müssen, diesen Monat bei allen Schritten der Berechnung der Geldbußenhöhe in Bezug auf sie auszunehmen.

196    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie in der Tabelle Nr. 5 des angefochtenen Beschlusses angegeben, den Monat Januar 2006 bei der Berechnung des Koeffizienten für die Dauer des Verstoßes in Bezug auf die Klägerinnen ausgenommen hat. Auf die Klägerinnen wurde nämlich ein Koeffizient 4,16 angewandt, auf die anderen Kartellbeteiligten hingegen ein Koeffizient 4,25 entsprechend – abgerundet – der vollen Zuwiderhandlungsdauer.

197    Zur Bestimmung des Wertes der verkauften Waren, mit denen der Verstoß in Zusammenhang steht, dem Wert, von dem für die Ermittlung des Grundbetrags der Geldbuße ausgegangen wird, berechnete die Kommission allerdings für alle Kartellbeteiligten jeweils ihren Durchschnittsumsatz bezogen auf den gesamten Zuwiderhandlungszeitraum einschließlich des Monats Januar 2006.

198    Die Kommission berücksichtigte somit auch für die Klägerinnen den gesamten Umsatz während des vollen Zuwiderhandlungszeitraums einschließlich des Monats Januar 2006 und teilte das Ergebnis durch 4,33, den Wert, der – aufgerundet – dem vollen Zuwiderhandlungszeitraum entspricht.

199    Dass den Klägerinnen der Teilerlass für 2006 gewährt wurde, bedeutet, wie die Kommission im 468. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, dass sie für die Zwecke der Berechnung der Höhe der gegen sie zu verhängenden Geldbuße so zu behandeln sind, als hätten sie sich vom 5. Oktober 2001 bis zum 31. Dezember 2005 an der Zuwiderhandlung beteiligt. Näher am Wortlaut von Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit formuliert, sind die Ereignisse nach dem 31. Dezember 2005 bei der Festsetzung der Geldbuße unberücksichtigt zu lassen.

200    Durch ihre Vorgehensweise gegenüber den Klägerinnen hat die Kommission jedoch ihre selbst auferlegte Verpflichtung nicht eingehalten, den Zeitraum, für den der Teilerlass gemäß Rn. 23 Buchst. b letzter Absatz der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit gewährt wurde, unberücksichtigt zu lassen.

201    Diese Bestimmung sieht nämlich nicht vor, dass die Kommission den unter den Erlass fallenden Sachverhalt nur für die Zwecke der Berechnung des Koeffizienten für die Dauer des Verstoßes unberücksichtigt lässt, sondern hat eine allgemeinere Bedeutung, so dass eine Berücksichtigung dieses Sachverhalts für alle Aspekte der Festsetzung der Geldbuße einschließlich der Berechnung des Durchschnitts des relevanten Umsatzes ausgeschlossen ist. Der Teilerlass, wie er in der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit vorgesehen ist, läuft somit im Wesentlichen auf eine „rechtliche Fiktion“ hinaus, nach der die Kommission bei der Berechnung der Geldbußenhöhe so vorgehen muss, als hätte sich das Unternehmen, dem der Erlass gewährt wurde, während des Zeitraums, für den der Erlass gewährt wurde, nicht an der Zuwiderhandlung beteiligt.

202    Daher ist die Auffassung der Kommission zurückzuweisen, der Teilerlass habe auf die Wahl des Bezugsjahrs bzw. der Bezugsjahre für die Bestimmung des relevanten Umsatzes, von dem bei der Ermittlung des Grundbetrags der Geldbuße ausgegangen werde, keinen Einfluss, weil dieser Umsatz nur dazu diene, das Schädigungspotenzial des Kartellbeteiligten abzuschätzen.

203    Demnach greift der vorliegende Klagegrund teilweise durch, da die Kommission zu Unrecht den Monat Januar 2006 bei der Bestimmung des relevanten Umsatzes der Klägerinnen für die Zwecke der Berechnung der Höhe der gegen sie zu verhängenden Geldbuße berücksichtigte.

 Zum dritten Klagegrund: zu Unrecht verweigerte Berücksichtigung der Zusammenarbeit der Klägerinnen als mildernder Umstand bei der Berechnung der Geldbußenhöhe

[nicht wiedergegeben]

205    Nach Ziff. 29 vierter Gedankenstrich der Leitlinien von 2006 kann die „aktive Zusammenarbeit des Unternehmens mit der Kommission außerhalb des Anwendungsbereichs der [Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit] und über seine rechtliche Verpflichtung zur Zusammenarbeit hinaus“ einen mildernden Umstand darstellen, der zu einer Verringerung der Geldbuße führen kann.

206    Diese Bestimmung ist dahin auszulegen, dass sie es nicht zulässt, dass einem Unternehmen für ein und dieselbe Zusammenarbeit mit der Kommission eine doppelte Bußgeldermäßigung – eine nach der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit und eine nach den Leitlinien von 2006 – gewährt wird.

207    Nach der Rechtsprechung kann nämlich der Betroffene bei Zuwiderhandlungen, die in den Anwendungsbereich der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit fallen, der Kommission grundsätzlich nicht mit Erfolg vorwerfen, dass sie den Umfang seiner Zusammenarbeit nicht außerhalb des rechtlichen Rahmens dieser Mitteilung als mildernden Umstand berücksichtigt habe (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, Slg. 2006, II‑497, Rn. 586, und vom 14. Juli 2011, Arkema France/Kommission, T‑189/06, Slg. 2011, II‑5455, Rn. 178). Da die Kommission die Zusammenarbeit der Klägerinnen berücksichtigte, indem sie die Geldbuße gemäß der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit herabsetzte, kann ihr nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, die gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße nicht zusätzlich außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Mitteilung herabgesetzt zu haben.

208    Folglich ist die Rechtsprechung, wonach die Kommission in Ausnahmesituationen verpflichtet ist, einem Unternehmen eine Geldbußenermäßigung auf der Grundlage von Ziff. 29 vierter Gedankenstrich der Leitlinien von 2006 zuzubilligen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Mai 2011, Arkema France/Kommission, Rn. 170, und Urteil Transcatab/Kommission, Rn. 330), dahin zu verstehen, dass bei Vorliegen solcher Situationen die Zusammenarbeit des betreffenden Unternehmens, selbst wenn sie über dessen gesetzliche Pflicht zur Zusammenarbeit hinausgeht, ihm gleichwohl kein Anrecht auf eine Geldbußenermäßigung nach der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit gibt.

209    Da die Kommission den Klägerinnen die Beteiligung an einem Kartell vorwirft, handelt es sich im vorliegenden Fall unstreitig um eine Zuwiderhandlung, die sehr wohl in den Anwendungsbereich der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit fällt (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Rn. 381).

210    Ferner ist unstreitig, dass den Klägerinnen eine Geldbußenermäßigung nach dieser Mitteilung zugebilligt wurde.

211    Unter diesen Umständen könnten die Klägerinnen eine zusätzliche Ermäßigung aufgrund eines mildernden Umstands nur auf der Grundlage einer anderen Zusammenarbeit – als der bereits im Rahmen der Mitteilung von 2002 über Zusammenarbeit berücksichtigten – erhalten, die die Voraussetzungen für die Anwendung von Ziff. 29 vierter Gedankenstrich der Leitlinien von 2006 erfüllt.

[nicht wiedergegeben]

 Zum vierten Klagegrund: Ausschluss der japanischen LCD-Lieferanten von dem Verfahren

[nicht wiedergegeben]

 Zum Begriff der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung

[nicht wiedergegeben]

220    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff der einheitlichen Zuwiderhandlung eine Situation erfasst, in der mehrere Unternehmen an einer Zuwiderhandlung beteiligt waren, die aus einem kontinuierlichen Verhalten bestand, mit dem ein einziges wirtschaftliches Ziel verfolgt wurde, nämlich die Verfälschung des Wettbewerbs, oder aber an einzelnen Zuwiderhandlungen, die miteinander durch eine Übereinstimmung des Zwecks (ein und dieselbe Zielsetzung sämtlicher Bestandteile) und der Personen (Übereinstimmung der beteiligten Unternehmen, die sich der Beteiligung am gemeinsamen Zweck bewusst waren) verbunden waren (vgl. Urteil des Gerichts vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T‑446/05, Slg. 2010, II‑1255, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung).

221    Sodann ist hervorzuheben, dass sich ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem kontinuierlichen Verhalten ergeben kann. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses kontinuierlichen Verhaltens, auch für sich genommen und isoliert betrachtet, einen Verstoß gegen die genannte Vorschrift darstellen könnten. Fügen sich die verschiedenen Handlungen wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des einheitlichen Marktes in einen Gesamtplan ein, so ist die Kommission berechtigt, die Verantwortung für diese Handlungen den betroffenen Unternehmen je nach ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes aufzuerlegen (vgl. Urteil Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, Rn. 90 und die dort angeführte Rechtsprechung).

222    Hierzu ist als Erstes darauf hinzuweisen, dass diese Rechtsprechung es der Kommission zwar ermöglicht, mit einem einzigen Verfahren und einer einzigen Entscheidung gleichzeitig mehrere Verhaltensweisen zu verfolgen, gegen die auch einzeln hätte vorgegangen werden können, doch führt sie nicht dazu, dass die Kommission verpflichtet wäre, so zu verfahren. Somit kann der Kommission grundsätzlich nicht vorgeworfen werden, unterschiedliche Verhaltensweisen getrennt zu verfolgen, die sie zu einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung hätte zusammenfassen können. Im Übrigen könnte jede dieser Verhaltensweisen mehrere Zuwiderhandlungen in sich bergen.

223    Folglich verfügt die Kommission über ein Ermessen hinsichtlich des Umfangs der Verfahren, die sie einleitet. Nach der Rechtsprechung kann sie nämlich nicht verpflichtet sein, jedes wettbewerbswidrige Verhalten festzustellen und zu ahnden, noch könnten die Unionsgerichte entscheiden – wenn auch nur zur Herabsetzung der Geldbuße –, dass die Kommission angesichts der ihr zur Verfügung stehenden Beweise das Vorliegen einer Zuwiderhandlung eines bestimmten Unternehmens während eines bestimmten Zeitraums hätte feststellen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, Rn. 369 und 370).

224    Die Ausübung dieses Ermessens unterliegt der gerichtlichen Nachprüfung. Jedoch könnte nach der Rechtsprechung nur dann, wenn sich erweisen würde, dass die Kommission einen einheitlichen Lebenssachverhalt ohne sachlichen Grund zwei getrennten Verfahren zugeordnet hat, ihre Entscheidung als Ermessensmissbrauch angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 2010, Kommission/Alrosa, C‑441/07 P, Slg. 2010, I‑5949, Rn. 89).

225    Im vorliegenden Fall war die Kommission der Auffassung, sie verfüge nicht oder noch nicht über hinreichende Beweise gegen die japanischen Lieferanten und beschloss daher, sie nicht gleichzeitig mit den Klägerinnen und den anderen Adressaten des angefochtenen Beschlusses zu verfolgen. Dies stellt einen objektiven Grund dar, der die Entscheidung der Kommission rechtfertigt. Selbstverständlich hat die Kommission im Rahmen des gegen die japanischen Lieferanten eingeleiteten Verfahrens gegenüber den Klägerinnen den Grundsatz ne bis in idem zu beachten.

[nicht wiedergegeben]

228    Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass die Zuwiderhandlung, die die Kommission den Adressaten des angefochtenen Beschlusses zur Last legt, zum einen in ihrer Teilnahme an den „Kristalltreffen“ besteht, bei denen sie Mindestpreise für die kartellierten LCD festgesetzt hätten, ihre Prognosen für die Preise erörtert hätten, um deren Rückgang zu vermeiden, und Preiserhöhungen sowie Produktionsmengen koordiniert hätten, und zum anderen in ihrer Teilnahme an bilateralen Zusammenkünften, bei denen es um bei den „Kristalltreffen“ erörterte Themen gegangen sei (siehe oben, Rn. 20).

229    Die Klägerinnen räumen ein, dass die japanischen Lieferanten nicht an den „Kristalltreffen“, wohl aber an anderen Zusammenkünften teilnahmen, an denen jedoch die Adressaten des angefochtenen Beschlusses nicht teilnahmen.

230    Selbst wenn die japanischen Lieferanten untereinander oder auch mit Adressaten des angefochtenen Beschlusses ebenfalls ein Kartell errichtet hätten, mit dem der Preiswettbewerb bei LCD verfälscht werden sollte, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ihre Strategie hierzu automatisch zu demselben Gesamtplan gehört und sich derselben Methoden bedient wie die von den Adressaten des angefochtenen Beschlusses ersonnenen.

231    Das Fehlen eines Gesamtplans und gemeinsamer Methoden stellt einen objektiven Grund dar, der es der Kommission gestattete, die Zuwiderhandlung der Klägerinnen zu verfolgen, ohne eine etwaige Zuwiderhandlung der japanischen Lieferanten in dasselbe Verfahren einzubeziehen.

[nicht wiedergegeben]

234    Im Übrigen ist das Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen, die Kommission habe in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht behauptet, im angefochtenen Beschluss jeglichen Hinweis auf die japanischen Hersteller unterlassen zu haben, um den im Urteil des Gerichts vom 12. Oktober 2007, Pergan Hilfsstoffe für industrielle Prozesse/Kommission, (T‑474/04, Slg. 2007, II‑4225, Rn. 72 bis 81) aufgestellten Grundsätzen zu entsprechen, während sie die japanischen Hersteller in der Mitteilung der Beschwerdepunkte, die nicht an diese gerichtet gewesen sei, erwähnt habe.

235    Tatsächlich geht aus dem Urteil Pergan Hilfsstoffe für industrielle Prozesse/Kommission hervor, dass die Kommission im Rahmen der Unschuldsvermutung darauf zu achten hat, in ihren Entscheidungen keine Hinweise zu veröffentlichen, die ohne Weiteres geeignet wären, ein Unternehmen einer Zuwiderhandlung zu beschuldigen, wenn das Unternehmen nicht im verfügenden Teil der Entscheidung genannt ist. Dass die Kommission gemäß den in diesem Urteil aufgestellten Grundsätzen die japanischen Hersteller im angefochtenen Beschluss nicht erwähnt hat, bedeutet jedoch nur, dass sie die Unschuldsvermutung zugunsten dieser Hersteller beachtet hat. Dagegen kann diese Nichterwähnung nicht als, sei es auch nur stillschweigende, Stellungnahme der Kommission zur Beteiligung der japanischen Hersteller an wettbewerbswidrigen Praktiken betreffend kartellierte LCD gedeutet werden.

[nicht wiedergegeben]

 Zur geltend gemachten Verletzung der Begründungspflicht

[nicht wiedergegeben]

238    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht verpflichtet war, in dem angefochtenen Beschluss zu begründen, warum die japanischen Lieferanten nicht verfolgt wurden. Die Pflicht zur Begründung eines Rechtsakts kann nämlich das Unionsorgan, das ihn erlässt, nicht zur Angabe der Gründe verpflichten, aus denen es nicht gleichartige Rechtsakte gegenüber Dritten erließ (Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Rn. 414, und vom 4. Juli 2006, Hoek Loos/Kommission, T‑304/02, Slg. 2006, II‑1887, Rn. 63). Das Vorbringen der Klägerinnen ist daher zurückzuweisen.

 Zu den geltend gemachten Verstößen gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und den Grundsatz ne bis in idem

[nicht wiedergegeben]

242    Im vorliegenden Fall können sich die Klägerinnen nicht auf den Grundsatz ne bis in idem berufen, weil ihre Klage die Entscheidung betrifft, die das erste Verfahren beendet, das die Kommission wegen einer Zuwiderhandlung in Bezug auf die kartellierten LCD gegen sie eingeleitet hat. Dieser Grundsatz kann nämlich nur gegen eine Entscheidung geltend gemacht werden, mit der ein wegen derselben Zuwiderhandlung etwa gegen sie eingeleitetes zweites Verfahren beendet wird. Dagegen kann dieser Grundsatz hinsichtlich des angefochtenen Beschlusses keinerlei Rolle spielen, da dieser notwendige Voraussetzung für eine etwaige Geltendmachung des Grundsatzes gegenüber einem zweiten Verfahren ist.

243    Die Rechtssicherheit der Klägerinnen wird dadurch garantiert, dass jegliche Entscheidung der Kommission, mit der sie wegen derselben Zuwiderhandlung wie derjenigen belangt würden, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses ist, gegen den Grundsatz ne bis in idem verstoßen würde. Dessen Beachtung lässt sich offensichtlich nicht im Rahmen der vorliegenden, gegen den angefochtenen Beschluss gerichteten Klage präventiv sicherstellen.

244    Dass die Kommission ein Verfahren gegen die japanischen Lieferanten eingeleitet hat, in dessen Rahmen sie von den Klägerinnen Auskünfte verlangt hat, hat auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses oder die Höhe der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße keinen Einfluss. Der Umstand, dass die Klägerinnen wegen der in dem angefochtenen Beschluss festgestellten Zuwiderhandlung verfolgt wurden, enthebt sie nämlich nicht ihrer Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit der Kommission im Rahmen eines Verfahrens, das zur Feststellung einer Zuwiderhandlung führen könnte, die etwa von anderen Unternehmen oder auch ihnen selbst begangen wurde, sofern der von der Kommission hierbei berücksichtigte Sachverhalt ein anderer ist als der, auf den der angefochtene Beschluss gestützt ist, der, wohlgemerkt, nicht die japanischen Lieferanten betrifft.

[nicht wiedergegeben]

 Zum geltend gemachten Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

[nicht wiedergegeben]

248    Die Verhältnismäßigkeit einer Geldbuße ist anhand aller Umstände der Zuwiderhandlung zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 29. November 2005, SNCZ/Kommission, T‑52/02, Slg. 2005, II‑5005, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die von den Klägerinnen angeführten Risiken, infolge eines von der Kommission u. a. gegen die japanischen Lieferanten eingeleiteten zweiten Verfahrens zusätzliche Kosten tragen zu müssen, können nicht als Umstände angesehen werden, die die von den Klägerinnen begangene, im angefochtenen Beschluss festgestellte Zuwiderhandlung betreffen.

[nicht wiedergegeben]

 Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung

252    Zusätzlich zur teilweisen Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses beantragen die Klägerinnen, die von der Kommission gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen, und stützen dies darauf, dass die Kommission die mit den oben geprüften Klagegründen gerügten Fehler begangen habe, sowie außerdem darauf, dass nach dem Ausschluss der japanischen LCD-Lieferanten vom Verfahren den Klägerinnen durch die Einleitung eines Verfahrens gegen diese Lieferanten ein Schaden drohe.

253    Die Prüfung der Klagegründe hat nur einen Fehler der Kommission bei der Festsetzung der Geldbuße gegen die Klägerinnen ergeben, nämlich den, bei der Berechnung ihres Durchschnittsumsatzes den Monat Januar 2006 berücksichtigt zu haben (siehe oben, Rn. 195 bis 203). Im Übrigen kann aus den dargelegten Gründen (siehe oben, Rn. 244) nicht angenommen werden, dass den Klägerinnen durch die Einleitung eines Verfahrens gegen die japanischen Lieferanten ein Schaden entstanden ist. Jedenfalls hatte dieser Umstand keinen Einfluss auf die Schwere und die Dauer der von den Klägerinnen begangenen Zuwiderhandlung.

254    Unter diesen Umständen ist der Antrag der Klägerinnen zu prüfen, den Fehler betreffend den Monat Januar 2006 zu korrigieren und folglich die von der Kommission gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen.

255    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Kommission durch die dem Unionsrichter durch Art. 31 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) gemäß Art. 261 AEUV eingeräumte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ergänzt wird. Diese Befugnis ermächtigt den Richter über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen.

256    Es ist somit Sache des Gerichts, im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zum Zeitpunkt des Erlasses seiner Entscheidung zu beurteilen, ob die gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße der Schwere und der Dauer der in Rede stehenden Zuwiderhandlung angemessen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. September 2012, Shell Petroleum u. a./Kommission, T‑343/06, Rn. 117 und die dort angeführte Rechtsprechung).

257    Im vorliegenden Fall sind sich die Parteien darüber einig, dass der Ausschluss des Monats Januar 2006 von der Berechnung des Durchschnitts des relevanten Umsatzes der Klägerinnen bei Anwendung derselben Methode wie im angefochtenen Beschluss für die gegen die Klägerinnen zu verhängende Geldbuße einen Betrag von 210 000 000 Euro ergibt.

258    Somit ist der Betrag der im angefochtenen Beschluss gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße in Ermangelung sonstiger Faktoren, die eine weiter gehende Abänderung ihrer Höhe rechtfertigen könnten, unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Falles auf 210 000 000 Euro herabzusetzen.

259    Im Übrigen ist die Klage nach alledem abzuweisen.

[nicht wiedergegeben]

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Betrag der in Art. 2 des Beschlusses K(2010) 8761 endg. der Kommission vom 8. Dezember 2010 in einem Verfahren nach Art. 101 [AEUV] und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/39.309 – LCD-Flüssigkristallanzeigen) gegen die LG Display Co. Ltd und die LG Display Taiwan Co. Ltd verhängten Geldbuße wird auf 210 000 000 Euro festgesetzt.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      LG Display und LG Display Taiwan tragen ihre eigenen Kosten sowie drei Viertel der Kosten der Europäischen Kommission.

4.      Die Kommission trägt ein Viertel ihrer eigenen Kosten.

Kanninen

Berardis

Wetter

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. Februar 2014.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.


1–      Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.