Language of document : ECLI:EU:C:2023:761

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln)

11. Oktober 2023(*)

„Rechtsmittel – Unionsmarke – Zulassung von Rechtsmitteln – Art. 170b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Antrag, in dem die Bedeutsamkeit einer Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts nicht dargetan wird – Nichtzulassung des Rechtsmittels“

In der Rechtssache C‑342/23 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 31. Mai 2023,

Thomas Henry GmbH mit Sitz in Berlin (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt O. Spieker und Rechtsanwältinnen D. Mienert und J. Si-Ha Selbmann,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO),

Beklagter im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln)

unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Gerichtshofs L. Bay Larsen sowie der Richter M. Safjan und N. Jääskinen (Berichterstatter),

Kanzler: A. Calot Escobar,

auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts M. Campos Sánchez-Bordona

folgenden

Beschluss

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Thomas Henry GmbH die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 31. März 2023, Thomas Henry/EUIPO (MATE MATE) (T‑482/22, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2023:185), mit dem das Gericht ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 12. Mai 2022 (Sache R 406/2021-1) über die Anmeldung des Wortzeichens MATE MATE als Unionsmarke abgewiesen hat.

 Zum Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels

2        Nach Art. 58a Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union entscheidet der Gerichtshof vorab über die Zulassung von Rechtsmitteln gegen eine Entscheidung des Gerichts, die eine Entscheidung einer unabhängigen Beschwerdekammer des EUIPO betrifft.

3        Gemäß Art. 58a Abs. 3 der Satzung wird ein Rechtsmittel nach den in der Verfahrensordnung des Gerichtshofs im Einzelnen festgelegten Modalitäten ganz oder in Teilen nur dann zugelassen, wenn damit eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen wird.

4        Art. 170a Abs. 1 der Verfahrensordnung sieht vor, dass der Rechtsmittelführer in den Fällen von Art. 58a Abs. 1 der Satzung seiner Rechtsmittelschrift einen Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels als Anlage beizufügen hat, in dem er die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage darlegt, die mit dem Rechtsmittel aufgeworfen wird, und der sämtliche Angaben enthalten muss, die erforderlich sind, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, über diesen Antrag zu entscheiden.

5        Gemäß Art. 170b Abs. 1 und 3 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels so rasch wie möglich durch mit Gründen versehenen Beschluss.

6        Zur Stützung ihres Antrags auf Zulassung des Rechtsmittels macht die Rechtsmittelführerin geltend, darin würden bedeutsame Fragen für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts aufgeworfen.

7        Hierzu trägt sie vier Argumente hinsichtlich eines Verstoßes des Gerichts gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, c und g der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) vor.

8        Erstens wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, bei seiner Beurteilung der Anforderungen an Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 einen Fehler begangen zu haben. Zum einen sei ein Zeichen nicht beschreibend, soweit es einer Sprache nicht eindeutig zugeordnet werden könne, und zum anderen bedürfe die Annahme einer homogenen Gruppe einer gesonderten und umfassenden Begründung.

9        Zweitens habe das Gericht bei seiner Beurteilung der Anforderungen an Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 einen Fehler begangen. Diese Bestimmung ziele darauf ab, Zeichen von der Eintragung auszuschließen, die sich nicht zur Identifizierung der betrieblichen Herkunft der Waren oder Dienstleistungen eigneten. Dies sei hier jedoch nicht der Fall.

10      Drittens habe das Gericht bei seiner Beurteilung der Anforderungen an Art. 7 Abs. 1 Buchst. g der Verordnung 2017/1001 und insbesondere an den Begriff „Täuschung“ im Sinne dieser Bestimmung einen Fehler begangen. Genauer gesagt ist sie der Auffassung, dass eine „Täuschung“ nur dann vorliege, wenn eine tatsächliche Irreführung des Verbrauchers oder eine hinreichend schwerwiegende Gefahr einer solchen Irreführung bestehe. Infolgedessen genüge es aber nicht, wenn bloß die Möglichkeit eines irrigen Verständnisses bestehe.

11      Viertens wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht eine fehlerhafte Ermessensausübung vor, da es die vorgelegten Voreintragungen nicht berücksichtigt habe und sich auf die Feststellung beschränkt habe, dass sie irrelevant seien.

12      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es Sache des Rechtsmittelführers ist, darzutun, dass die mit seinem Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sind (Beschlüsse vom 10. Dezember 2021, EUIPO/The KaiKai Company Jaeger Wichmann, C‑382/21 P, EU:C:2021:1050, Rn. 20, und vom 11. Juli 2023, EUIPO/Neoperl, C‑93/23 P, EU:C:2023:601, Rn. 18).

13      Außerdem muss, wie sich aus Art. 58a Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Verbindung mit Art. 170a Abs. 1 und Art. 170b Abs. 4 der Verfahrensordnung ergibt, der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels sämtliche Angaben enthalten, die erforderlich sind, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, über die Zulassung des Rechtsmittels zu entscheiden und im Fall der teilweisen Zulassung des Rechtsmittels dessen Gründe oder Teile zu bestimmen, auf die sich die Rechtsmittelbeantwortung beziehen muss. Da der Mechanismus der vorherigen Zulassung von Rechtsmitteln nach Art. 58a der genannten Satzung die Kontrolle durch den Gerichtshof auf die Fragen beschränken soll, die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sind, sind vom Gerichtshof nämlich nur die Gründe im Rahmen des Rechtsmittels zu prüfen, die solche Fragen aufwerfen; diese Gründe müssen vom Rechtsmittelführer dargetan worden sein (Beschlüsse vom 10. Dezember 2021, EUIPO/The KaiKai Company Jaeger Wichmann, C‑382/21 P, EU:C:2021:1050, Rn. 21, und vom 11. Juli 2023, EUIPO/Neoperl, C‑93/23 P, EU:C:2023:601, Rn. 19).

14      Daher muss ein Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels in jedem Fall klar und genau die Gründe angeben, auf die das Rechtsmittel gestützt wird, ebenso genau und klar die von jedem Rechtsmittelgrund aufgeworfene Rechtsfrage benennen, erläutern, ob diese Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam ist, und speziell darlegen, warum diese Frage im Hinblick auf das geltend gemachte Kriterium bedeutsam ist. Was insbesondere die Rechtsmittelgründe betrifft, muss der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels nähere Angaben zu der Bestimmung des Unionsrechts oder der Rechtsprechung enthalten, gegen die durch das mit einem Rechtsmittel angefochtene Urteil oder durch den mit einem Rechtsmittel angefochtenen Beschluss verstoßen worden sein soll, in gedrängter Form darlegen, worin der vom Gericht angeblich begangene Rechtsfehler besteht, und Ausführungen dazu machen, inwieweit sich dieser Fehler auf das Ergebnis des mit einem Rechtsmittel angefochtenen Urteils oder Beschlusses ausgewirkt hat. Ist der gerügte Rechtsfehler das Ergebnis einer Verkennung der Rechtsprechung, muss der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels in gedrängter Form, aber klar und genau darlegen, erstens, wo der behauptete Widerspruch zu finden ist, indem sowohl die Randnummern des mit dem Rechtsmittel angefochtenen Urteils oder Beschlusses, die der Rechtsmittelführer in Frage stellt, als auch die Randnummern der Entscheidung des Gerichtshofs oder des Gerichts angegeben werden, die missachtet worden sein sollen, und zweitens die konkreten Gründe, aus denen ein solcher Widerspruch eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft (Beschlüsse vom 10. Dezember 2021, EUIPO/The KaiKai Company Jaeger Wichmann, C‑382/21 P, EU:C:2021:1050, Rn. 22, und vom 11. Juli 2023, EUIPO/Neoperl, C‑93/23 P, EU:C:2023:601, Rn. 20).

15      Ein Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels, der die in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Beschlusses angeführten Angaben nicht enthält, ist nämlich von vornherein nicht geeignet, zu belegen, dass das Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft, die seine Zulassung rechtfertigt (Beschluss vom 17. Juli 2023, Topcart/EUIPO, C‑270/23 P, EU:C:2023:614, Rn. 15 und die dort angeführte Rechtsprechung).

16      Im vorliegenden Fall ist in Bezug auf das in den Rn. 8 bis 11 des vorliegenden Beschlusses dargestellte Vorbringen festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin zwar die vom Gericht angeblich begangenen Rechtsfehler darstellt, sie aber keine Randnummer des angefochtenen Beschlusses angibt, die sie in Frage stellen will, und damit im vorliegenden Fall dieses Vorbringen seines Kontexts beraubt, was dazu führt, dass dieses nicht hinreichend genau ist.

17      Außerdem wird in dem Zulassungsantrag zum einen nicht erklärt, inwiefern sich die geltend gemachten Rechtsfehler auf das Ergebnis des mit dem Rechtsmittel angefochtenen Beschlusses ausgewirkt haben, und zum anderen wird darin nicht hinreichend erläutert und jedenfalls nicht dargetan, inwiefern diese Rechtsfehler, ihr Vorliegen unterstellt, für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Fragen aufwerfen würden, die die Zulassung des Rechtsmittels rechtfertigen würden.

18      Folglich erfüllt das Vorbringen der Rechtsmittelführerin nicht die in Rn. 14 des vorliegenden Beschlusses genannten Anforderungen.

19      Somit hat die Rechtsmittelführerin in ihrem Antrag nicht dargetan, dass mit dem Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen wird.

20      Nach alledem ist das Rechtsmittel nicht zuzulassen.

 Kosten

21      Nach Art. 137 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, wird über die Kosten in dem das Verfahren beendenden Beschluss entschieden.

22      Da der vorliegende Beschluss ergeht, bevor die Rechtsmittelschrift der anderen Partei des Verfahrens zugestellt worden ist und dieser Kosten entstehen konnten, ist zu entscheiden, dass die Rechtsmittelführerin ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln) beschlossen:

1.      Das Rechtsmittel wird nicht zugelassen.

2.      Die Thomas Henry GmbH trägt ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 11. Oktober 2023

Der Kanzler

Der Präsident der Kammer      für die Zulassung von

Rechtsmitteln

A. Calot Escobar

 

L. Bay Larsen


*      Verfahrenssprache: Deutsch.