Language of document : ECLI:EU:T:2001:173

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DER DRITTEN KAMMER DES GERICHTS ERSTER INSTANZ

28. Juni 2001(1)

„Streithilfe“

In der Rechtssache T-20/01

Maria Concetta Cerafogli,

Monika Esch-Leonhardt,

Marco Luigi Fassetta,

Tillmann Frommhold,

Johannes Priesemann,

und

Marc van de Velde,

Kläger,

gegen

Europäische Zentralbank,

Beklagter,

wegen Nichtigerklärung der Regelungen in Artikel 7.2.0 und 8.1.0 des EZB-Personalstatuts, Nichtigerklärung des “Administrative Circular 01/2001“ betreffend Regelungen für Geschäftsreisen, sowie Nichtigerklärung der vertraglichen Regelung in den Anstellungsschreiben der Kläger, der zu Folge künftige Änderungen in den Bestimmungen, die das Beschäftigungsverhältnis zur EZB regeln, Gegenstand vertraglicher Verpflichtungen der bei der EZB Beschäftigten werden.

erläßt

DER PRÄSIDENT DER DRITTEN KAMMER DES GERICHTS ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

folgenden

Beschluß

1. Verfahren

1.
    Mit ihrer, am 25. 1. 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen Klage beantragen die Kläger gemäß Artikel 236 EG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 36.2 ESZB-Satzung die Nichtigerklärung der Regelungen in Artikel 7.2.0 und 8.1.0. des Personalstatuts der Europäischen Zentralbank (“EZB-Staff Rules“), die Nichtigerklärung des “Administrative Circular 01/2001“ betreffend Regelungen für Geschäftsreisen, sowie die Nichtigerklärung der vertraglichen Regelung in den Anstellungsschreiben der Kläger, der zu Folge künftige Änderungen in den Bestimmungen, die das Beschäftigungsverhältnis zur EZB regeln, Gegenstand vertraglicher Verpflichtungen der bei der EZB Beschäftigten werden.

    

2.
    Mit Antragsschrift, die am 8. 3. 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat International and European Public Services Organisation (im Folgenden “IPSO“), vertreten durch ihre Geschäftsführer Wolfgang Hermann und Franz Fuchs, Frankfurt am Main, Prozessbevollmächtigte: Roth Rechtsanwälte, Frankfurt am Main, Zustellbevollmächtigter in Luxemburg: Marc Glesener, p.A. Association Luxembourgeoise des Employés de Banques et d‘Assurances, 29, Avenue Monterey, B.P. 325, L-2013 Luxembourg, beantragt, in der Rechtssache T-20/01 zur Unterstützung der Anträge der Kläger zugelassen zu werden.

    

3.
    Der Streithilfeantrag ist gemäß Artikel 115 der Verfahrensordnung des Gerichts eingereicht worden und stützt sich auf Artikel 37 Absatz 2 der EG-Satzung des Gerichtshofes, der nach Artikel 46 Absatz 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht entsprechend anwendbar ist.

4.
    Der Streithilfeantrag wurde, entsprechend der Bestimmung des Artikel 116 Absatz 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz den Parteien zugestellt.

5.
    Die Kläger ersuchen mit Schriftsatz, der am 26. 3. 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, dem Antrag der IPSO auf Zulassung als Streithelferin im Verfahren T-20/01 stattzugeben.

6.
    Die beklagte Partei hat mit Schriftsatz, der am 29. 3. 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, Zweifel daran geäußert, dass die Antragstellerin als Gewerkschaft ihr Kollektivinteresse am Ausgang des Rechtsstreites hinreichend konkret und glaubhaft dargelegt habe. Weder bestünden konkrete Angaben seitens der Antragstellerin über den Umfang, in welchem sie die Interessen der Mitarbeiter der EZB vertritt, noch über das Ausmaß, in dem das Personal der EZB im Rahmen der IPSO organisiert ist.

7.
    Mit am 21. 5. 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz präzisierte die Antragstellerin, auf Anfrage des Gerichts, die Anzahl ihrer Mitglieder, deren Arbeitgeber die EZB ist.

2. Entscheidung über die Zulassung des Streithilfeantrags

8.
    Gemäß Artikel 37 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofs steht das Recht, einem vor dem Gericht anhängigen Rechtsstreit beizutreten, jedem zu, der ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft machen kann.

9.
    Nach ständiger Rechtsprechung werden gewerkschaftlichen Organisationen sehr weitgehend als Streithelfer in beamtenrechtlichen Streitigkeiten zugelassen, wenn der Ausgang des Rechtsstreits geeignet ist, ein Kollektivinteresse zu berühren (Urteil des Gerichts vom 12. März 1992, in der Rechtssache T-84/91, Mireille Meskens/Europäisches Parlament, Slg. 1992, II-1565, Randnr. 9; Urteil des Gerichtshofes vom 18. März 1975 in der Rechtssache 72/74, Union Syndicale/Rat,Slg. 1975, 401, 410; Beschlüsse des Gerichts vom 8. Dezember 1989 in der Rechtssache T-48/89, Beltrante u. a./Rat; vom 13. Februar 1990 in der Rechtssache T-121/89, N. M. S./Kommission, und vom 5. Februar 1992 in der Rechtssache T-42/90, Bertelli/Kommission, Slg. 1992, II-181). Dabei müssen die Grundsatzfragen den Bereich betreffen, den die Gewerkschaft vertritt.

10.
    Gemäß Artikel 3 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 2 der Satzung von IPSO (im Folgenden “Satzung“) ist es ihre Aufgabe, die wirtschaftlichen, sozialen, beruflichen und kulturellen Interessen ihrer Mitglieder, somit Personen, die bei europäischen und internationalen öffentlichen Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland arbeiten, zu vertreten. Bewirkt wird diese Vertretung gemäß Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Satzung durch Mitbestimmung seitens IPSO bei der Gestaltung der Einkommens- und der übrigen Arbeitsbedingungen, insbesondere durch den Abschluss von Tarifverträgen, durch die Mitwirkung in betrieblichen Interessenvertretungen sowie durch Arbeitskampfmaßnahmen.

11.
    Es ist festzustellen, dass die mit der Klage angefochtenen Rechtsakte Grundsatzfragen der Gestaltung der Arbeitsbedingungen in der EZB betreffen und somit Kollektivinteressen der in der EZB Beschäftigten berühren: Die Artikel 7.2.0. und 8.1.0. der EZB-Staff Rules sehen neue Fristen für die Einleitung eines internen Beschwerdeverfahrens vor, der “Administrative Circular 01/2001“ sieht einen anderen Reisekostenabrechnungsmechanismus als bisher vor und die Anstellungsschreiben sehen in Form einer dynamischen Verweisung vor, dass künftige Änderungen der Bestimmungen, die das Beschäftigtenverhältnis zur EZB regeln, Gegenstand vertraglicher Verpflichtungen der bei der EZB Beschäftigten werden. Aus den oben genannten Bestimmungen der Satzung IPSOs ergibt sich überdies, dass die von IPSO unterstützten Klagebegehren inhaltlich ihrem Aufgabenbereich zuzuzählen sind.

12.
    Da IPSO als vereinsmäßig organisierte Gewerkschaft die Interessen ihrer bei der EZB beschäftigten Mitglieder vertritt und die im Verfahren aufgeworfenen Fragen Grundsatzfragen betreffen, die im Aufgabenbereich der IPSO liegen, hat sie ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Verfahrens.

13.
    Unter diesen Umständen ist dem Antrag von IPSO auf Zulassung als Streithelferin stattzugeben.

    3. Kosten

14.
    Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DER DRITTEN KAMMER DES GERICHTS

beschlossen:

1.    IPSO wird als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kläger zugelassen.

2.    Der Beteiligten wird eine Frist zur Einreichung ihrer Erklärung gesetzt.

3.     Der als Streithelferin zugelassenen Beteiligten werden durch die Kanzlei     abschriftlich alle Verfahrensunterlagen übermittelt.

4.    Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 28. Juni 2001

Der Kanzler

Der Präsident

H. Jung

J. Azizi


1: Verfahrenssprache: Deutsch.