Language of document : ECLI:EU:T:2016:418

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

19. Juli 2016(*)

„Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Unionsbildmarke CALCILITE – Ältere Unionswortmarke Calcilit – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Ähnlichkeit der Waren – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Maßgebliche Verkehrskreise – Gemeinsames Publikum für die betroffenen Waren“

In der Rechtssache T‑742/14

Alpha Calcit Füllstoffgesellschaft mbh mit Sitz in Köln (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt F. Hauck,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch S. Palmero Cabezas als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Materis Paints Italia SpA mit Sitz in Novate Milanese (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte P. L. Roncaglia, F. Rossi und N. Parrotta,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 4. September 2014 (Sache R 753/2013‑4) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen der Alpha Calcit Füllstoffgesellschaft und Materis Paints Italia

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richter F. Dehousse (Berichterstatter) und A. M. Collins,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 3. November 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 23. Februar 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 13. März 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund des Umstands, dass keiner der Beteiligten innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 15. Mai 2006 meldete die Streithelferin, die Materis Paints Italia SpA (damals Materis Coatings Italia SpA), nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Dabei handelt es sich um folgendes Bildzeichen:

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3        Die Marke wurde ursprünglich für folgende Waren der Klassen 2 und 19 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 2: „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen; Naturharze im Rohzustand; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler“;

–        Klasse 19: „Baumaterialien (nicht aus Metall); Rohre für Bauzwecke (nicht aus Metall); Asphalt, Pech und Bitumen; transportable Bauten (nicht aus Metall); Denkmäler (nicht aus Metall)“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 28/2008 vom 14. Juli 2008 veröffentlicht.

5        Nach Prüfung der Anmeldung sowie insbesondere eines von der Klägerin, der Alpha Calcit Füllstoffgesellschaft mbH, gemäß Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 gegen die Eintragung erhobenen Widerspruchs wurde das fragliche Zeichen am 9. Februar 2012 unter der Nr. 5074745 für folgende Waren der Klassen 2 und 19 als Unionsmarke eingetragen:

–        Klasse 2: „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen; Naturharze im Rohzustand; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler“;

–        Klasse 19: „Putze“.

6        Am 13. Februar 2012 stellte die Klägerin auf der Grundlage von Art. 53 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b sowie Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 einen Antrag auf Nichtigerklärung der unter der Nr. 5074745 eingetragenen Unionsmarke.

7        Die zur Begründung des Nichtigkeitsantrags angeführte Marke war die ältere Unionswortmarke Calcilit, die am 29. November 2000 unter der Nr. 1234822 für folgende Waren der Klassen 1 und 19 eingetragen wurde:

–        Klasse 1: „Kristallines Calciumcarbonat als Füllstoff“ (im Folgenden: KCCF);

–        Klasse 19: „Marmor in Form von Granulaten, Körnern und Mehl“.

8        Auf eine Mitteilung des EUIPO vom 20. Februar 2012 antwortete die Klägerin mit Schreiben vom 28. März 2012, dass sie ihren Nichtigkeitsantrag nicht auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 stütze.

9        Der Nichtigkeitsantrag richtete sich gegen alle oben in Rn. 5 genannten Waren.

10      Am 7. März 2013 wies die Nichtigkeitsabteilung den Nichtigkeitsantrag in Bezug auf die von der älteren Marke erfasste Ware der Klasse 19 gemäß Art. 57 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 zurück. Bezüglich der von der älteren Marke erfassten Ware der Klasse 1 wies sie den Nichtigkeitsantrag ebenfalls zurück, und zwar wegen fehlender Identität im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 sowie fehlender Ähnlichkeit dieser Ware mit den von der angemeldeten Marke erfassten Waren im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b derselben Verordnung.

11      Am 23. April 2013 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim EUIPO Beschwerde ein, ohne sich weiterhin auf die Identität der einander gegenüberstehenden Waren zu berufen.

12      Mit Entscheidung vom 4. September 2014 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück.

13      Die Beschwerdekammer war der Auffassung, der Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Wortmarke Calcilit sei zwar für das zur Klasse 1 gehörende KCCF erbracht worden, nicht aber für die zur Klasse 19 gehörende Ware „Marmor in Form von Granulaten, Körnern und Mehl“.

14      Was den Vergleich zwischen dem KCCF und den von der angegriffenen Marke erfassten Waren anging, war die Beschwerdekammer der Ansicht, diese Waren seien einander nicht ähnlich.

 Anträge der Beteiligten

15      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit sie folgende Waren der Klassen 2 und 19 betrifft:

–        Klasse 2: „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen; Naturharze im Rohzustand“;

–        Klasse 19: „Putze“;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

16      Das EUIPO und die Streithelferin beantragen jeweils,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

17      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 53 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend.

18      Sie trägt vor, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht festgestellt, dass zwischen dem KCCF und den von der angegriffenen Marke erfassten Waren der Klassen 2 und 19 mit der Beschreibung „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen; Naturharze im Rohzustand“ bzw. „Putze“ keine Ähnlichkeit bestehe.

19      KCCF werde gewöhnlich als Füllstoff für die Herstellung der von der angegriffenen Marke erfassten Waren verwendet und sei für einige von ihnen einer der wesentlichen Bestandteile. Es komme häufig vor, dass ein Unternehmen oder mehrere wirtschaftlich verbundene Unternehmen eine vertikale Integration verwirklichten und sowohl die Bestandteile eines Produkts als auch das Endprodukt selbst vertrieben. Es könne der Eindruck entstehen, dass es sich auch im vorliegenden Fall so verhalte, und die Kunden der Klägerin – u. a. Farbenhersteller, die bei ihr KCCF unter der ihnen bestens bekannten älteren Marke Calcilit kauften – wären sicherlich verwirrt, wenn sie das Erscheinen einer Farbenmarke namens Calcilit auf dem Markt bemerkten. Die Behauptung der Beschwerdekammer, dass zwischen fertigen und unfertigen Produkten keine Ähnlichkeit bestehen könne, sei folglich nicht zutreffend.

20      Die Beschwerdekammer habe zudem verkannt, dass sich eine Verwechslungsgefahr auch bei industriellen Marktteilnehmern ergeben könne, die gleichermaßen KCCF wie Farben und andere Überzugmittel für die Herstellung ihrer Produkte kauften.

21      Entgegenzutreten sei der in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellung, dass KCCF ein Rohstoff sei. Es handle sich vielmehr um ein halbfertiges Produkt, das an die Herstellungsbedürfnisse der verschiedenen Käufer angepasst werde. Aus diesem Grund bestehe zwischen dem KCCF und den von der angegriffenen Marke erfassten Waren eine engere Verbindung als zwischen letzteren Waren und einem echten Rohstoff, wie etwa Marmor.

22      Überdies stehe nicht fest, dass die von der angegriffenen Marke erfassten Waren Endprodukte seien. Bei vielen industriellen Anwendungen dienten sie als Zwischenprodukte. Das Argument der Beschwerdekammer, dass sich die von der angegriffenen Marke erfassten Waren an das Publikum der Endverbraucher richteten, während die von der älteren Marke erfassten Waren für die Industrie bestimmt seien, entbehre somit der Grundlage. Überschneidungen seien möglich, insbesondere bei den Käufern von Waren, die von den beiden streitgegenständlichen Marken erfasst seien.

23      Was den Vergleich zwischen KCCF und Naturharzen im Rohzustand angehe, so seien sich die Waren insoweit ähnlich, als sie sich ergänzten und demselben Zweck dienten, da beide für die Herstellung von Klebstoffen verwendet würden und sich somit an dasselbe Publikum richteten.

24      Was KCCF und Putze betreffe, so bestehe zwischen ihnen eine starke Ähnlichkeit, da KCCF oftmals ein wesentlicher Bestandteil von Putzen sei, ungeachtet der Tatsache, dass diese Waren zu verschiedenen Klassen gehörten.

25      Letztlich bestehe aufgrund der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke Calcilit, der ausgeprägten Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und der klaren Ähnlichkeit der Waren eine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen. Die Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 seien erfüllt, so dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben sei.

26      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

27      Was zunächst den Vergleich zwischen dem KCCF und den „Farben, Firnissen, Lacken; Rostschutzmitteln, Holzkonservierungsmitteln; Färbemitteln; Beizen“ angehe, so könne KCCF zwar ein Bestandteil dieser Waren sein, da es sich einerseits um einen Rohstoff und andererseits um Endprodukte handle, jedoch sei die Verbindung zwischen ihnen nicht eng genug, um sie als ähnlich ansehen zu können. Das Vorbringen der Klägerin, dass zum einen KCCF kein Rohstoff sei und zum anderen die von der angegriffenen Marke erfassten Waren nicht stets als Endprodukte vertrieben würden, sei unzutreffend. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Natur seien die fraglichen Waren weder austauschbar noch konkurrierten sie miteinander. Sie unterschieden sich auch in ihrer Bestimmung, da KCCF normalerweise zur Herstellung anderer Produkte verwendet werde, während die anderen Waren gewöhnlich von Endverbrauchern für dekorative Zwecke gekauft würden. Nach der Rechtsprechung unterschieden sich Rohstoffe, die einem Verarbeitungsprozess unterworfen würden, grundlegend von Endprodukten, die diese Rohstoffe beinhalteten oder mit ihnen überzogen seien, und zwar ebenso in ihrer Beschaffenheit wie in ihrem Zweck und ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung. Wenn Produkte in dieser Art von Beziehung stünden, könnten sie nicht als einander ergänzend angesehen werden. Zudem habe die Klägerin nicht die Existenz von Unternehmen nachgewiesen, die Rohstoffe wie das von der älteren Marke erfasste Produkt herstellten und Endprodukte wie die von der angegriffenen Marke erfassten vertrieben. Dem Vorbringen der Klägerin, dass es eine Überschneidung zwischen den Käufern von KCCF und den Käufern der von der angemeldeten Marke erfassten Waren gebe, sei entgegenzutreten. Die potenziellen industriellen Käufer würden jedenfalls die Unterschiede zwischen den in Rede stehenden Waren erkennen.

28      Was ferner den Vergleich zwischen dem KCCF und den Naturharzen im Rohzustand angehe, so könnten zwar beide Waren als Zwischenprodukte bei der Herstellung von Klebstoffen verwendet werden, jedoch hätten sie verschiedene Zwecke, da KCCF als Füllstoff und die Naturharze als Klebmittel dienten. Im Übrigen handle es sich weder um einander ergänzende noch um konkurrierende Waren.

29      Was schließlich den Vergleich zwischen dem KCCF und den Putzen anbelange, so sei KCCF zwar als Bestandteil von Putzen anzutreffen, jedoch seien diese Waren in ihrer Beschaffenheit, Funktion und Verwendungsweise unterschiedlich. Im Übrigen gelte die im Rahmen des Vergleichs zwischen dem KCCF und den „Farben, Firnissen, Lacken; Rostschutzmitteln, Holzkonservierungsmitteln; Färbemitteln; Beizen“ vorgebrachte Argumentation auch in diesem Zusammenhang.

30      Aufgrund der fehlenden Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren sei eine der Voraussetzungen für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr nicht erfüllt, so dass die Beschwerdekammer die Beschwerde zu Recht zurückgewiesen habe.

31      Die Streithelferin tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

32      Sie macht insbesondere geltend, die Beschwerdekammer habe zu Recht festgestellt, dass die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren untereinander keine Ähnlichkeit aufwiesen. Die Klägerin habe im Verwaltungsverfahren vorgetragen, dass KCCF ein Rohstoff sei. Dies sei in der Tat der Fall, woraus sich ergebe, dass KCCF den von der angegriffenen Marke erfassten Waren nicht ähnlich sei, da diese sich an die Endverbraucher richteten. Nach der unionsrichterlichen Rechtsprechung sei der Umstand, dass ein Produkt für die Herstellung eines anderen verwendet werde, nicht ausreichend, um die Produkte als ähnlich anzusehen. Die fraglichen Produkte unterschieden sich im Hinblick auf das angesprochene Publikum und die Vertriebswege. Das Vorbringen der Klägerin bezüglich einer möglichen vertikalen Integration zwischen Unternehmen, die die verschiedenen Arten der fraglichen Waren vertrieben, sei nicht substantiiert. Wie die Beschwerdekammer ausgeführt habe, seien die in Rede stehenden Waren einander nicht ähnlich. Eine mögliche Verwechslungsgefahr zwischen diesen Waren habe die Beschwerdekammer aufgrund der Unterschiede zwischen ihren Bestimmungen, Vertriebswegen, Verwendern und Verwendungsarten zu Recht ausgeschlossen.

 Vorbemerkungen

 Zu den fraglichen Waren

33      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht die Feststellungen der Beschwerdekammer beanstandet, dass der Nachweis der Benutzung der zur Klasse 19 gehörenden Ware „Marmor in Form von Granulaten, Körnern und Mehl“ unzureichend sei. Ebenso wenig beanstandet sie die in Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung getroffene Feststellung, dass nur diejenigen von der angegriffenen Marke erfassten Waren der Klasse 2 mit den von der älteren Marke erfassten Waren zu vergleichen seien, die eingetragen worden seien, und nicht alle Einträge der alphabetischen Liste zu dieser Klasse.

34      Zudem beantragt die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich insoweit, als die Beschwerdekammer die fehlende Ähnlichkeit zwischen den von der älteren Marke erfassten Waren und folgenden von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klassen 2 und 19 festgestellt hat:

–        Klasse 2: „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen; Naturharze im Rohzustand“;

–        Klasse 19: „Putze“.

35      Die Klägerin beanstandet also nicht die Feststellungen der Beschwerdekammer betreffend die von der angemeldeten Marke erfassten „Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler“.

36      Die Waren, die im Stadium der Klage vor dem Gericht noch in Streit stehen, sind folglich, was die angegriffene Marke betrifft, die oben in Rn. 34 genannten Waren und, was die ältere Marke betrifft, das KCCF.

 Zur Bekanntheit der älteren Marke

37      Die Klägerin macht in der Klageschrift geltend, ihre ältere Marke Calcilit sei unter den Käufern von KCCF – d. h. Hersteller von Farben, Gipsen und anderen Putzen – sehr bekannt. Sie zieht in diesem Zusammenhang einen Vergleich mit der Marke Caparol, die für Farben, Lacke und Putze bekannt sei.

38      Diese Erwägungen, die darauf hinauslaufen, vor dem Gericht die Bekanntheit der älteren Marke geltend zu machen, sind als unzulässig zurückzuweisen, da gemäß Art. 188 der Verfahrensordnung des Gerichts die im Rahmen des Verfahrens vor dem Gericht eingereichten Schriftsätze der Parteien den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand nicht ändern können.

39      Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens hat die Klägerin nämlich, nachdem sie sich in der Begründung ihres Nichtigkeitsantrags noch auf die Bekanntheit ihrer älteren Marke bezogen hatte, mit Schreiben vom 28. März 2012 ausdrücklich mitgeteilt, dass sie sich zur Stützung dieses Antrags nicht auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 berufe.

 Zur Verwechslungsgefahr

40      Nach Art. 53 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 wird die Unionsmarke auf Antrag des Inhabers einer älteren Marke für nichtig erklärt, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt.

41      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr entsprechend der Wahrnehmung der in Rede stehenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch das maßgebliche Publikum umfassend und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 16, 17 und 29 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert nämlich eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, EU:T:2006:397, Rn. 74).

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

43      Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Art von Waren abzustellen. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, EU:T:2007:46, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass nur die den fraglichen Waren gemeinsamen Verkehrskreise für den Vergleich dieser Waren zu berücksichtigen sind. Nach der Rechtsprechung besteht nämlich das maßgebliche Publikum aus Verbrauchern, von denen anzunehmen ist, dass sie sowohl die Waren der älteren Marke als auch diejenigen der angegriffenen Marke nutzen (Urteile vom 24. Mai 2011, ancotel/HABM – Acotel [ancotel.], T‑408/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:241, Rn. 38, vom 4. Februar 2013, Hartmann/HABM – Protecsom [DIGNITUDE], T‑504/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:57, Rn. 30, vom 2. Oktober 2013, Cartoon Network/HABM – Boomerang TV [BOOMERANG], T‑285/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:520, Rn. 19, vom 26. Juni 2014, Basic/HABM – Repsol YPF [basic], T‑372/11, EU:T:2014:585, Rn. 27, und vom 22. Januar 2015, Novomatic/HABM – Simba Toys [AFRICAN SIMBA], T‑172/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:40, Rn. 67).

45      Im vorliegenden Fall wird nicht in Abrede gestellt, dass das Fachpublikum, genauer das Fachpublikum des industriellen Sektors, das einzige Publikum darstellt, von dem anzunehmen ist, dass es das von der älteren Marke erfasste Produkt, nämlich KCCF, verwendet. Wie sich sowohl aus der Bezeichnung dieses Produkts als auch aus dem Vorbringen der Parteien ergibt, ist KCCF ein Produkt, das als Füllstoff bei der Herstellung zahlreicher Produkte verwendet wird, u. a. Produkte aus Kunststoff, Papierwaren, Überzüge, Farben und Putze. Unstreitig ist, wie im Wesentlichen auch in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt wird, dass KCCF weder für Privatleute noch für nicht in der Industrie tätige Fachleute bestimmt ist.

46      Daraus folgt, dass die für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Verkehrskreise sich jedenfalls nicht über das Fachpublikum des industriellen Sektors hinaus erstrecken können.

47      Nach dieser ersten Feststellung ist allerdings, um zu ermitteln, ob maßgebliche Verkehrskreise bestehen, noch zu prüfen, ob und inwieweit dieses Fachpublikum des industriellen Sektors auch die von der angegriffenen Marke erfassten Produkte verwendet.

48      Wie im Folgenden noch ausgeführt wird, hat die Beschwerdekammer, die sich mit der Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise nicht dezidiert auseinandergesetzt hat, diese Frage jedoch beim Vergleich der Waren zumindest in Bezug auf einen Teil der in Rede stehenden Waren nicht in zufriedenstellender Weise geprüft.

49      Die Prüfung der Klage ist im Kontext des von der Beschwerdekammer unmittelbar behandelten Vergleichs der Waren fortzusetzen.

 Zum Vergleich der Waren

–       Betreffend die „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen“

50      In den Rn. 33 bis 37 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer – im Anschluss an einige Erwägungen zu der Beschaffenheit und der bestimmungsgemäßen Verwendung der verglichenen Waren – im Wesentlichen ausgeführt, KCCF unterscheide sich von „Farben, Firnissen, Lacken; Rostschutzmitteln, Holzkonservierungsmitteln; Färbemitteln; Beizen“ zum einen, da es ein Rohstoff sei, wohingegen die anderen Waren Endprodukte seien, und zum anderen, da es für die Industrie und für die Herstellung von Endprodukten bestimmt sei, wohingegen „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen“ hauptsächlich von Endverbrauchern, seien es Fachleute oder Laien, zu Dekorations- und Schutzzwecken gekauft würden.

51      In Bezug auf diese Einschätzungen ist allerdings zum einen darauf hinzuweisen, dass die Einstufung eines Produkts als Endprodukt nicht ausschließt, dass dieses Produkt in der Industrie als Zutat, Rohstoff oder Bestandteil für die Herstellung eines weiteren Produkts verwendet wird. Der Begriff „Endprodukt“ bezeichnet nämlich ein vertriebsfertiges Produkt. Er kann also für Produkte verwendet werden, die gegenüber der Industrie vermarktet werden. Darüber hinaus kann der Begriff, selbst wenn er in einem engeren Sinn verwendet wird, um hergestellte Produkte von unverarbeiteten Rohstoffen zu unterscheiden, den Standpunkt der Beschwerdekammer nicht stützen. Auch ein hergestelltes Produkt kann nämlich Zutat, Rohstoff oder Bestandteil eines weiteren hergestellten Produkts sein.

52      Dementsprechend durfte die Beschwerdekammer aufgrund ihrer Einschätzung, dass „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen“ Endprodukte seien, keineswegs ausschließen, dass diese Produkte in einem industriellen Prozess zur Herstellung weiterer Produkte verwendet werden können. Die Tatsache, dass Farben, Firnisse oder Lacke an Privatleute oder Malerbetriebe aus der Bauwirtschaft verkauft werden können, schließt nicht aus, dass Produkte mit diesen Bezeichnungen für die Herstellung weiterer Produkte gegenüber der Industrie vermarktet werden können.

53      Zum anderen hat die Beschwerdekammer auf nicht überzeugende Weise, mit kategorischen und allgemeinen Worten, im Wesentlichen behauptet, „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen“ würden „hauptsächlich“ von Verbrauchern außerhalb der Industrie zu Dekorations- und Schutzzwecken gekauft.

54      Es ist zwar offenkundig, dass unter diesen Produkten die „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel“ von nicht industriellen Verbrauchern gekauft und verwendet werden, etwa von Malerbetrieben des Baunebengewerbes oder von privaten Heimwerkern.

55      Diese offenkundige Tatsache, die sich auf Malerbetriebe und das allgemeine Publikum bezieht, steht aber nicht in Zusammenhang mit dem industriellen Sektor und sagt nichts darüber aus, welche Produkte dieser Sektor mutmaßlich verwendet. Sie lässt also nicht die Schlussfolgerung zu, dass die Industrie diese Produkte nicht ebenfalls verbraucht.

56      Da sich aber die für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Verkehrskreise jedenfalls nicht über die Industrie hinaus erstrecken konnten (siehe oben, Rn. 46), hatte die Beschwerdekammer lediglich die Frage zu beantworten, ob anzunehmen ist, dass die Industrie als unstrittige Verwenderin von KCCF ebenfalls Produkte mit der Bezeichnung „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel“ zur Herstellung ihrer eigenen Produkte verwendet.

57      Diese Erwägungen gelten erst recht für die „Färbemittel“ und die „Beizen“, da diese Produkte von vornherein mehr von technischer Natur sind als viele Farben, Firnisse und Lacke, so dass nicht einmal offenkundig ist, dass sie, wie die Beschwerdekammer im Wesentlichen angenommen hat, für Malerbetriebe und das allgemeine Publikum bestimmt sind.

58      Nach alledem hat die Beschwerdekammer in den Rn. 34 bis 37 der angefochtenen Entscheidung, indem sie sich ohne konkrete Prüfung auf irrelevante und fragwürdige Erwägungen gestützt hat, im Wesentlichen geschlussfolgert, dass das Publikum der industriellen Verbraucher von KCCF nicht auch „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen“ verbrauche.

59      Die Klägerin wirft der Beschwerdekammer also zu Recht im Wesentlichen vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass die industriellen Verbraucher von KCCF auch Farben oder andere Überzugmittel zur Herstellung ihrer Endprodukte kauften. Diese Kritik, bei der sich die Klägerin unwidersprochen auf das Beispiel der Kunststoffindustrie bezogen hat, gilt in Anbetracht des Vorbringens der Parteien in gleicher Weise für industrielle Hersteller von Papier, Farben und Putzen.

60      Demzufolge hat die Beschwerdekammer die fehlende Ähnlichkeit zwischen den „Farben, Firnissen, Lacken; Rostschutzmitteln, Holzkonservierungsmitteln; Färbemitteln; Beizen“ und dem KCCF auf der Grundlage von irrelevanten und fragwürdigen Erwägungen festgestellt, da sie es unterlassen hat, zuvor das Publikum, das für die Prüfung der Gefahr einer Verwechslung zwischen diesen Waren maßgeblich war, zutreffend zu bestimmen.

61      Unter diesen Umständen ist dem einzigen von der Klägerin vorgebrachten Klagegrund stattzugeben, soweit die von der angegriffenen Marke erfassten „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel, Färbemittel; Beizen“ betroffen sind; die angefochtene Entscheidung ist in Bezug auf diese Waren aufzuheben.

–       Betreffend die „Naturharze im Rohzustand“

62      In Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ausgeführt, Naturharze im Rohzustand unterschieden sich in ihrer Beschaffenheit, ihrem Zweck und ihrer Verwendung von KCCF. Diese Harze seien klebrige, zähflüssige, nicht brennbare und nicht wasserlösliche Substanzen, die von bestimmten Bäumen ausgeschieden und bei der Herstellung von Firnissen und Klebstoffen verwendet würden. Auch wenn die in Rede stehenden Waren jeweils Rohstoffe seien, die bei der Herstellung von Firnissen oder Klebstoffen verwendet werden könnten, hätten sie sehr unterschiedliche Zwecke, nämlich einerseits das Erzeugen einer klebenden oder haftenden Eigenschaft, andererseits die Beimischung als Füllstoff, um Produkte zu verdicken oder zu verdünnen oder um ihre Viskosität zu verändern.

63      Zudem unterschieden sich die Unternehmen, die Naturharze aus Bäumen oder anderen Pflanzen gewönnen, im Allgemeinen von den Unternehmen, die KCCF aus Gestein herstellten. Überdies ergänzten sich diese Waren nicht. Ihre Funktionen seien ganz unterschiedlich und konkurrierten nicht miteinander. Folglich seien sich KCCF und Naturharze im Rohzustand nicht ähnlich (Rn. 40 der angefochtenen Entscheidung).

64      Die Klägerin trägt vor, es bestünden so enge Verbindungen zwischen KCCF und Naturharzen im Rohzustand, dass man ohne Weiteres von der Ähnlichkeit dieser Waren ausgehen könne. Beide würden nämlich als Zwischenprodukte bei der Herstellung von Klebstoffen verwendet. Sie ergänzten einander und hätten denselben Zweck, nämlich die Herstellung von Klebstoffen. Daher seien die Käufer dieser Waren identisch.

65      Hierzu ist erstens darauf hinzuweisen, dass im Gegensatz zu den oben geprüften Einschätzungen der Beschwerdekammer betreffend „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel, Färbemittel; Beizen“ die Feststellungen der Beschwerdekammer in Bezug auf KCCF und Naturharze im Rohzustand richtigerweise allein aus dem Blickwinkel des relevanten Publikums, nämlich des industriellen Fachpublikums, vorgenommen werden. In der angefochtenen Entscheidung ist nämlich nur von der Verwendung dieser Waren für die Herstellung von Klebstoffen die Rede, und somit von einer industriellen Verwendung.

66      Zweitens wird KCCF, anders als alle oder ein Teil der von der Beschwerdekammer in den Rn. 33 bis 37 der angefochtenen Entscheidung geprüften Produkte mit KCCF als möglichem Bestandteil, nicht bei der Herstellung von Naturharzen im Rohzustand verwendet, die, wie ihre Bezeichnung impliziert, natürliche Rohprodukte sind.

67      Drittens kann aus den von der Beschwerdekammer in Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung angeführten und oben in Rn. 62 wiedergegebenen Gründen nicht ernsthaft bestritten werden, dass Naturharze im Rohzustand und KCCF in ihrer Beschaffenheit und in ihrem Zweck sehr unterschiedlich sind. Sie konkurrieren keineswegs miteinander. Was die Behauptung der Klägerin angeht, dass diese Waren einander ergänzten, so ist diese gänzlich unsubstantiiert.

68      Viertens tritt die Klägerin nicht der Einschätzung der Beschwerdekammer entgegen, dass sich die Unternehmen, die Naturharze aus Bäumen gewinnen, im Allgemeinen von denjenigen unterscheiden, die KCCF aus Gestein herstellen.

69      Demnach ist der von der Klägerin geltend gemachte Umstand, dass dasselbe Publikum diese Waren zur Herstellung derselben Produkte, nämlich Klebstoffe, verwende, kein tragfähiger Grund, um die Ähnlichkeit der in Streit stehenden Waren im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 festzustellen. Die maßgeblichen Verkehrskreise, bestehend aus dem industriellen Fachpublikum, werden ohne Schwierigkeiten bemerken, dass diese Produkte, obwohl sie beide zu ihrer industriellen Tätigkeit der Herstellung von Klebstoffen beitragen, dennoch ganz unterschiedlich sind.

70      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der einzige von der Klägerin geltend gemachte Klagegrund zurückzuweisen, soweit die von der angegriffenen Marke erfassten „Naturharze im Rohzustand“ betroffen sind.

–       Betreffend die „Putze“

71      In Rn. 41 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ausgeführt, Putze seien schmückende Gipserwerkstoffe, die an Gebäudewänden angebracht oder zur Verstärkung von im Bau befindlichen Kaminrohren verwendet würden. Auch wenn diese Waren als einen ihrer Bestandteile KCCF enthalten könnten, hätten sie eine unterschiedliche Beschaffenheit, Funktion und Verwendung. Diese Produkte würde nämlich in der Bauwirtschaft für schmückende oder verschönernde Zwecke verwendet, wohingegen KCCF ein Rohstoff sei, der verschiedenen Endprodukten beigemischt werde, um den Verbrauch von teureren Bindemitteln zu begrenzen oder um bestimmte Eigenschaften von Mischmaterialien zu verbessern. Zudem würden Putze nicht von denselben Unternehmen gewonnen oder hergestellt und richteten sich nicht an dieselben Verbraucherkategorien. Folglich seien sich diese Produkte und KCCF nicht ähnlich.

72      Die Klägerin tritt dem Standpunkt der Beschwerdekammer entgegen und macht geltend, es bestehe eine starke Ähnlichkeit zwischen KCCF und Putzen. So bestünden kalkbasierte Putze, die in die Kategorie „Putze“ fielen, hauptsächlich aus Kalk als Füllstoff, wobei Kalk ein Synonym für Calciumcarbonat sei. Der Anteil von Calciumcarbonat in pastösem Gips könne bis zu 70 % betragen. Auch Calciumcarbonat, das als Füllstoff für Gipse verwendet werde, gehöre zur Kategorie KCCF.

73      Es ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin zwar, ohne dass es bestritten wird, vorträgt, zu den Putzen zählten auch Produkte, die KCCF enthielten, sie aber nicht der Einschätzung der Beschwerdekammer entgegentritt, dass das Publikum für Putze und das für KCCF verschieden seien.

74      Somit ist unstreitig, dass KCCF ein Produkt ist, das ausschließlich für das Fachpublikum der Industrie – hier diejenige, die Putze herstellt – bestimmt ist, wohingegen die von dieser Industrie hergestellten Putze für Bauunternehmen und gegebenenfalls das allgemeine Publikum bestimmt sind.

75      Unter diesen Umständen, die das Fehlen eines gemeinsamen Publikums für KCCF und Putze erkennen lassen, hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass diese Produkte nicht als ähnlich im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 angesehen werden können.

76      Diese Bewertung wird nicht durch das Argument der Klägerin in Frage gestellt, dass, wenn die Hersteller von Gipsen und anderen Putzen, denen die Klägerin KCCF unter der Marke Calcilit geliefert habe, Putze sähen, die von einem Dritten unter einer gleichlautenden Marke vertrieben würden, sie zwangsläufig annehmen müssten, dass ein und derselbe Hersteller begonnen habe, im Rahmen einer vertikalen wirtschaftlichen Integration und unter einer gemeinsamen Marke zugleich KCCF und Putze auf KCCF‑Basis zu verkaufen.

77      Dieses Argument beruht nämlich auf einer Verkennung der oben in Rn. 44 angeführten Rechtsprechung, nach der die maßgeblichen Verkehrskreise, die für den Vergleich der in Streit stehenden Waren zu berücksichtigen sind, aus den Verbrauchern bestehen, von denen anzunehmen ist, dass sie sowohl die Waren der älteren Marke als auch diejenigen der angegriffenen Marke nutzen. Es ist aber weder erwiesen noch überhaupt von der Klägerin vorgetragen, dass die industriellen Hersteller von Putzen, die für diese Herstellung KCCF verbrauchen, für dieselbe Herstellung auch Putze verwenden.

78      Demnach ist der einzige von der Klägerin geltend gemachte Klagegrund zurückzuweisen, soweit die von der angegriffenen Marke erfassten „Putze“ betroffen sind.

 Ergebnis

79      Nach alledem ist der Klage teilweise stattzugeben, und die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben, soweit die Beschwerdekammer in Bezug auf die von der angegriffenen Marke erfassten „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen“ die fehlende Ähnlichkeit mit KCCF festgestellt hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

 Kosten

80      Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint.

81      Da im vorliegenden Fall jede Partei teilweise unterlegen ist, ist zu entscheiden, dass jede ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 4. September 2014 (Sache R 753/2013‑4) wird aufgehoben, soweit die von der angegriffenen Marke erfassten Waren „Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen“ betroffen sind.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Die Alpha Calcit Füllstoffgesellschaft mbH, das EUIPO und die Materis Paints Italia SpA tragen jeweils ihre eigenen Kosten.

Frimodt Nielsen

Dehousse

Collins

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. Juli 2016.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.